Raum und Kraft  – Teil 2 –  Band 214e in der gelben Buchreihe – bei Jürgen Ruszkowski - Hermann von Helmholtz - E-Book
SONDERANGEBOT

Raum und Kraft – Teil 2 – Band 214e in der gelben Buchreihe – bei Jürgen Ruszkowski E-Book

Hermann von Helmholtz

0,0
11,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 11,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Der deutsche Physiologe, Physiker und Universalgelehrte Hermann von Helmholtz hielt zu unterschiedlichen Themen Vorträge, etwa über das Denken in der Medizin, über die Wechselwirkung der Naturkräfte und die darauf bezüglichen neuesten Ermittlungen der Physik, über die physiologischen Ursachen der musikalischen Harmonie, Optisches über Malerei, über den Ursprung und die Bedeutung der geometrischen Axiome, über Goethes Vorahnungen kommender naturwissenschaftlicher Idee, die in diesem Buch zusammen mit seiner Biographie und mit vielen Bildern und Zusatzinformationen neu veröffentlicht werden. – Rezession: Ich bin immer wieder begeistert von der "Gelben Buchreihe". Die Bände reißen einen einfach mit. Inzwischen habe ich ca. 20 Bände erworben und freue mich immer wieder, wenn ein neues Buch erscheint. oder: Sämtliche von Jürgen Ruszkowski aus Hamburg herausgegebene Bücher sind absolute Highlights. Dieser Band macht da keine Ausnahme. Sehr interessante und abwechslungsreiche Themen aus verschiedenen Zeit-Epochen, die mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt haben! Man kann nur staunen, was der Mann in seinem Ruhestand schon veröffentlicht hat. Alle Achtung!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 352

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Hermann von Helmholtz

Raum und Kraft – Teil 2 – Band 214e in der gelben Buchreihe – bei Jürgen Ruszkowski

Band 214e in der gelben Buchreihe

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Vorwort des Herausgebers

Die Autoren

Hermann von Helmholtz und Heinrich Hertz: Raum und Kraft

Optisches über Malerei

Über den Ursprung und die Bedeutung der geometrischen Axiome

Goethes Vorahnung kommender Ideen

Heinrich Hertz: Einleitende Übersicht zu den Untersuchungen über die Ausbreitung der elektrischen Kraft

Über die Beziehungen zwischen Licht und Elektrizität

Einleitung zu den Prinzipien der Mechanik

Julius Robert Mayer: Bemerkungen über die Kräfte der unbelebten Natur Annalen der Chemie und Pharmazie, herausgegeben von F. Wöhler und J. Liebig vom 31. Mai 1842

Aus einem Brief vom 14. Juni 1844

Anmerkungen

Die maritime gelbe Buchreihe

Weitere Informationen

Impressum neobooks

Vorwort des Herausgebers

Vorwort des Herausgebers

Von 1970 bis 1997 leitete ich das größte Seemannsheim in Deutschland am Krayenkamp am Fuß der Hamburger Michaeliskirche.

Dabei lernte ich Tausende Seeleute aus aller Welt kennen.

Im Februar 1992 entschloss ich mich, meine Erlebnisse mit den See­leuten und deren Berichte aus ihrem Leben in einem Buch zusammenzu­tragen. Es stieß auf großes Interesse. Mehrfach wurde in Leser-Reaktio­nen der Wunsch laut, es mögen noch mehr solcher Bände erscheinen. Deshalb folgten dem ersten Band der „Seemannsschicksale“ weitere.

* * *

2023 Jürgen Ruszkowski

Ruhestands-Arbeitsplatz

Hier entstehen die Bücher und Webseiten des Herausgebers

* * *

Die Autoren

Die Autoren

Hermann von Helmholtz

https://www.projekt-gutenberg.org/autoren/namen/helmholt.html

Hermann Ludwig Ferdinand Helmholtz, ab 1883 von Helmholtz, * 31. August 1821 in Potsdam – † 8. September 1894 in Charlottenburg bei Berlin, war ein deutscher Mediziner, Physiologe und Physiker. Als Universalgelehrter leistete er wichtige Beiträge zur mathematischen Theorie der Optik, Akustik, Elektrodynamik, Thermodynamik und Hydrodynamik.

* * *

Hermann Ludwig Ferdinand von Helmholtz wurde am 31. August 1821 in Potsdam geboren und starb am 08. September 1894 in Charlottenburg. Er war ein deutscher Physiologe und Physiker. Als Universalgelehrter war er einer der vielseitigsten Naturwissenschaftler seiner Zeit.

* * *

Hermann Ludwig Ferdinand von Helmholtz (1821-1894), deutscher Physiologe und Physiker

https://www.helmholtz-bi.de/unsere-schule/schulgeschichte/biografie-hermann-von-helmholtz/

Helmholtz war einer der vielseitigsten Naturwissenschaftler seiner Zeit; seine wissenschaftlichen Ergebnisse auf den Gebieten der Physiologie, Optik, Akustik und Elektrodynamik lieferten grundlegende, erkenntnistheoretische Fortschritte im 19. Jahrhundert.

Helmholtz wurde am 31. August 1821 als Sohn eines Gymnasiallehrers in Potsdam geboren. Ab 1838 besuchte er das Friedrich-Wilhelm-Institut für Medizin in Berlin und war Schüler des Physiologen Johannes Müller.

Johannes Peter Müller, * 14. Juli 1801 in Koblenz; † 28. April 1858 in Berlin, war ein deutscher Mediziner, Physiologe und vergleichender Anatom bzw. Zoologe sowie Meeresbiologe und Naturphilosoph. Er befasste sich vor allem mit der Nerven- und Sinnesphysiologie, baute die Reflexlehre weiter aus und gilt als der bedeutendste deutsche Physiologe des 19. Jahrhunderts.

Helmholtz vertrat die Auffassung, dass physiologische und auch anorganische Parameter beobachtbar sind und mit Mitteln der Mechanik erfasst und gemessen werden können. Diese Auffassung bildete die Grundlage für seine späteren Forschungen und die darauf beruhenden Erkenntnisse.

Während seiner Dienstzeit als Militärarzt verfasste Helmholtz 1847 seine Arbeit „Über die Erhaltung der Kraft“, in der er die Wärmeproduktion und Muskelkontraktion des Muskels beschreibt und auf physikalische und chemische Kräfte zurückführt. Bei seinen Untersuchungen an Nervenfasern von Fröschen gelang es ihm als erstem Naturwissenschaftler, die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Nervenleitung zu messen. Von 1856 bis 1866 wandte er sich als Professor für Anatomie Fragen der Sinnesphysiologie zu. Als Ergebnis seiner ausführlichen Untersuchungen veröffentlichte Helmholtz das mehrbändige Handbuch der Physiologischen Optik, das jahrzehntelang ein Standardwerk zur Physiologie und Physik des Gesichtssinnes blieb. Im Zuge seiner Forschung erfand er den Augenspiegel, mit dessen Hilfe man in das Innere des Auges blicken kann, und erweiterte die Theorie des Farbensehens.

Augenspiegel

Aufgrund seiner Untersuchungen zur Akustik formulierte er die Resonanztheorie des Hörens, der zufolge bestimmte Organe des Innenohres als Resonanzkörper zur Weiterleitung der Schallwellen dienen. Die Resultate sind in dem 1863 erschienenen Werk Lehre von den Tonempfindungen als Grundlage für die Theorie der Musik veröffentlicht. Durch dieses Werk widerlegte er ebenso wie in dem Handbuch der Physiologischen Optik den Vitalismus, indem er beispielsweise die Wahrnehmung von Musik durch die mechanische Aufnahme und Weiterleitung von Schallwellen durch das Ohr erklärt.

Herrmann von Helmholtz 1881

Seit 1870 war Helmholtz an der Universität Berlin Professor für Physik. Er wandte sich auch rein physikalischen Forschungen wie der Elektrodynamik zu, die er auf wenige mathematische Prinzipien zu reduzieren suchte. Auf dem Gebiet der Meteorologie wandte er ebenfalls den mechanistischen Ansatz an, wobei er auf seine früheren Entdeckungen der Bewegung von Wellen und der Energieübertragung aufbauen konnte. Helmholtz starb am 8. September 1894 in Berlin. Der entscheidende Erkenntniszuwachs, für den Helmholtz in seinem Jahrhundert gesorgt hatte, war schon bald durch die Entdeckung der Röntgenstrahlung und der Radioaktivität sowie durch die Formulierung der Relativitätstheorie, welche die Physik revolutionierten, überholt.

* * *

Heinrich Hertz

Heinrich Rudolf Hertz, * 22. Februar 1857 in Hamburg; † 1. Januar 1894 in Bonn, war ein deutscher Physiker. Er konnte 1886 als Erster elektromagnetische Wellen im Experiment erzeugen und nachweisen und gilt damit als deren Entdecker.

https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Hertz

* * *

Julius Robert Mayer

Julius Robert Mayer, * 25. November 1814 in Heilbronn; † 20. März 1878 ebenda, war ein deutscher Arzt und physiologisch forschender Mediziner.

https://en.wikipedia.org/wiki/Julius_von_Mayer 

* * *

Hermann von Helmholtz und Heinrich Hertz: Raum und Kraft

Hermann von Helmholtz und Heinrich Hertz: Raum und Kraft

https://www.projekt-gutenberg.org/helmholt/raumkraf/raumkraf.html

Aus der Werkstatt genialer Naturforscher

Eine Auswahl aus den gemeinverständlichen Vorträgen und Aufsätzen

Eingeleitet und erläutert von

Dr. E. Wildhagen

Teil 2

* * *

Optisches über Malerei

Optisches über Malerei

Ich fürchte, dass meine Ankündigung, über einen Zweig der bildenden Kunst sprechen zu wollen, bei manchem meiner Zuhörer ein gewisses Befremden erregt hat. In der Tat muss ich voraussetzen, dass viele unter Ihnen reichere Anschauungen von Kunstwerken gesammelt, eingehendere kunsthistorische Studien gemacht haben, als ich sie für mich in Anspruch nehmen kann, oder dass sie in Ausübung der Kunst sich praktische Erfahrung erworben haben, welche mir gänzlich abgeht. Ich bin zu meinen Kunststudien auf einem wenig betretenen Umweg, nämlich durch die Physiologie der Sinne, gelangt. Denen gegenüber, welche schon längst wohlbekannt und wohlbewandert sind in dem schönen Land der Kunst, muss ich mich mit einem Wanderer vergleichen, der seinen Eintritt über ein steiles und steiniges Grenzgebirge gemacht hat, dabei aber auch manchen Aussichtspunkt erreichte, von dem herab sich eine gute Überschau darbot. Wenn ich Ihnen also berichte, was ich erkannt zu haben glaube, so geschieht es meinerseits unter dem Vorbehalt, jeder Belehrung durch Erfahrenere zugänglich bleiben zu wollen.

In der Tat bietet das physiologische Studium der Art und Weise, wie unsere Sinneswahrnehmungen zustande kommen, wie von außen kommende Eindrücke in unseren Nerven verlaufen und der Zustand der letzteren dadurch verändert wird, mannigfache Berührungspunkte mit der Theorie der schönen Künste. Ich habe bei einer früheren Gelegenheit versucht, solche Beziehungen zwischen der Physiologie des Gehörsinns und der Theorie der Musik darzulegen. Dort sind dieselben besonders auffällig und deutlich, weil die elementaren Formen der musikalischen Gestaltung viel reiner von dem Wesen und den Eigentümlichkeiten unserer Empfindungen abhängen, als dies in den übrigen Künsten der Fall ist, bei denen die Art des zu verwendenden Materials und der darzustellenden Gegenstände sich viel einflussreicher geltend macht. Doch ist auch in diesen anderen Zweigen der Kunst die besondere Empfindungsweise desjenigen Sinnesorgans, durch welches der Eindruck aufgenommen wird, nicht ohne Bedeutung. Die theoretische Einsicht in die Leistungen dieser Empfindungsweise und in die Motive ihres Verfahrens wird nicht vollständig sein können, wenn man das physiologische Element nicht berücksichtigt. Nächst der Musik scheint es mir in der Malerei besonders hervorzutreten, und das ist der Grund, warum ich mir die Malerei heute zum Gegenstand meines Vortrags gewählt habe.

Der nächste Zweck des Malers ist, durch seine farbige Tafel in uns eine lebhafte Gesichtsanschauung derjenigen Gegenstände hervorzurufen, die er darzustellen versucht. Es handelt sich also darum eine Art optischer Täuschung zustande zu bringen; nicht zwar in dem Maße, dass wir, wie einst die Vögel, die an den gemalten Weinbeeren des Apelles pickten, glauben sollen, es sei in Wirklichkeit nicht das Gemälde, sondern der dargestellte Gegenstand vorhanden, aber doch insoweit, dass die künstlerische Darstellung in uns eine Vorstellung dieses Gegenstandes hervorruft, so lebensvoll und sinnlich kräftig, als hätten wir ihn in Wirklichkeit vor uns. Das Studium der sogenannten Sinnestäuschungen ist ein hervorragend wichtiger Teil der Physiologie der Sinne. Gerade solche Fälle, wo äußere Eindrücke der Wirklichkeit nicht entsprechende Vorstellungen in uns erregen, sind besonders lehrreich für die Auffindung der Gesetze der Vorgänge und Mittel, durch welche die normalen Wahrnehmungen zustande kommen. Wir müssen die Künstler als Individuen betrachten, deren Beobachtung sinnlicher Eindrücke vorzugsweise fein und genau, deren Gedächtnis für die Bewahrung der Erinnerungsbilder solcher Eindrücke vorzugsweise treu ist. Was die in dieser Hinsicht bestbegabten Männer in langer Überlieferung und durch zahllose nach allen Richtungen hin gewendete Versuche an Mitteln und Methoden der Darstellung gefunden haben, bildet eine Reihe wichti-ger und bedeutsamer Tatsachen, welche der Physiologe, der hier vom Künstler zu lernen hat, nicht vernachlässigen darf. Das Studium der Kunstwerke wird wichtige Aufschlüsse geben können über die Frage, welche Teile und Verhältnisse unserer Gesichtseindrücke die Vorstellung von dem Gesehenen vorzugsweise bestimmen, welche andere dagegen zurücktreten. Erstere wird der Künstler, soweit es innerhalb der Schranken seines Tuns möglich ist, bewahren müssen auf Kosten der letzteren.

Die aufmerksame Betrachtung der Werke großer Meister wird in diesem Sinne der physiologischen Optik ebenso förderlich sein, als die Aufsuchung der Gesetze der Sinnesempfindungen und sinnlichen Wahrnehmungen der Theorie der Kunst, d. h. dem Verständnis ihrer Wirkungen, förderlich sein werden.

Allerdings handelt es sich bei diesen Untersuchungen nicht um eine Besprechung der letzten Aufgaben und Ziele der Kunst, sondern nur um eine Erörterung der Wirksamkeit der elementaren Mittel, mit denen sie arbeitet. Aber selbstverständlich wird die Kenntnis der letzteren die unumgängliche Grundlage für die Lösung der tiefer eindringenden Fragen bilden müssen, wenn man die Aufgaben, welche der Künstler zu lösen hat, und die Wege, auf welchen er sein Ziel zu erreichen sucht, verstehen will.

Ich brauche nicht hervorzuheben, weil es sich nach dem Gesagten von selbst versteht, dass es meine Absicht nicht sein kann, Vorschriften zu finden, nach denen die Künstler handeln sollten. Ich halte es überhaupt für ein Missverständnis, zu glauben, dass irgendwelche ästhetischen Untersuchungen dies jemals leisten könnten; es ist aber ein Missverständnis, welches diejenigen, die nur für praktische Ziele Sinn haben, sehr gewöhnlich begehen.

* * *

I. Die Formen

Der Maler sucht im Gemälde ein Bild äußerer Gegenstände zu geben. Es wird die erste Aufgabe unserer Untersuchung sein, nachzusehen, welchen Grad und welche Art von Ähnlichkeit er überhaupt erreichen kann, und welche Grenzen ihm durch die Natur seines Verfahrens gesteckt sind. Der ungebildete Beschauer verlangt in der Regel nur täuschende Naturwahrheit; je mehr er diese erreicht sieht, desto mehr ergötzt er sich an dem Gemälde.  Ein Beschauer dagegen, der seinen Geschmack an Kunstwerken feiner ausgebildet hat, wird, sei es bewusst oder unbewusst, mehr und anderes verlangen. Er wird eine getreue Kopie roher Natur höchstens als ein Kunststück betrachten. Um ihn zu befriedigen, wird eine künstlerische Auswahl, Anordnung und selbst Idealisierung der dargestellten Gegenstände nötig sein. Die menschlichen Figuren im Kunstwerk werden nicht die alltäglicher Menschen sein dürfen, wie wir sie auf Fotografien sehen, sondern es werden ausdrucksvoll und charakteristisch entwickelte, womöglich schöne Gestalten sein müssen, die eine Seite des menschlichen Wesens in voller und ungestörter Entwicklung zur lebendigen Anschauung bringen.

Müsste nun ein Gemälde, auch wenn es idealisierte Typen darstellt, nicht wenigstens die wirklich getreue Abbildung der Naturobjekte geben, die es zur Erscheinung bringt?

Diese getreue Abbildung kann, da das Gemälde auf ebener Fläche auszuführen ist, selbstverständlich nur eine getreue perspektivische Ansicht der darzustellenden Objekte sein. Unser Auge, welches seinen optischen Leistungen nach einer Camera obscura, dem bekannten Instrument der Fotografen, gleich steht, gibt auf der Netzhaut, die seine lichtempfindliche Platte ist, auch nur perspektivische Ansichten der Außenwelt.

Camera obscura

Sie stehen fest, wie die Zeichnung auf einem Gemälde, so lange der Standpunkt des sehenden Auges nicht verändert wird. Wenn wir zunächst bei den Formen der gesehenen Gegenstände stehen bleiben und von der Betrachtung der Farben absehen, können einem Auge des Beschauers durch eine richtig ausgeführte perspektivische Zeichnung dieselben Formen des Gesichtsbildes gezeigt werden, welche die Betrachtung der dargestellten Objekte von entsprechendem Standpunkt aus demselben Auge gewähren würde.

Abgesehen davon, dass jede Bewegung des Beobachters, wobei sein Auge den Ort ändert, andere Verschiebungen des gesehenen Netzhautbildes hervorbringt, wenn er vor dem wirklichen Objekte als wenn er vor dem Gemälde steht, so konnte ich soeben nur von einem Auge des Beschauers sprechen, für welches die Gleichheit des Eindrucks herzustellen ist. Wir sehen aber die Welt mit zwei Augen an, welche etwas verschiedene Orte im Raum einnehmen und für welche sich deshalb die vor uns befindlichen Gegenstände in zwei etwas verschiedenen perspektivischen Ansichten zeigen. Gerade in dieser Verschiedenheit der Bilder beider Augen liegt eines der wichtigsten Momente zur richtigen Beurteilung der Entfernung der Gegenstände von unserem Auge und ihrer nach der Tiefe des Raums hin sich erstreckenden Ausdehnung; gerade dieses fehlt dem Maler oder kehrt sich selbst wider ihn, indem bei zweiäugigem Sehen das Gemälde sich unserer Wahrnehmung unzweideutig als ebene Tafel aufdrängt.

Sie werden alle die wunderbare Lebendigkeit kennen, welche die körperliche Form der dargestellten Gegenstände bei der Betrachtung guter stereoskopischer Bilder im Stereoskop gewinnt, eine Art der Lebendigkeit, welche jedem einzelnen dieser Bilder, außerhalb des Stereoskops gesehen, nicht zukommt. Am auffallendsten und lehrreichsten ist die Täuschung an einfachen Linienfiguren, Kristallmodellen und dergleichen, bei denen jedes andere Moment der Täuschung wegfällt. Der Grund für diese Täuschung durch das Stereoskop liegt eben darin, dass wir mit zwei Augen sehend die Welt gleichzeitig von etwas verschiedenen Standpunkten betrachten und dadurch zwei etwas verschiedene perspektivische Bilder derselben gewinnen. (siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Stereoskopie) Wir sehen mit dem rechten Auge von der rechten Seite eines vor uns liegenden Objektes etwas mehr und auch von den rechts hinter ihm liegenden Gegenständen etwas mehr als mit dem linken Auge, und umgekehrt mit diesem mehr von der linken Seite jedes Objektes und mehr von dem hinter seinem linken Rand liegenden, teilweise verdeckten Hintergrund. Ein flaches Gemälde aber zeigt dem rechten Auge absolut dasselbe Bild und alle darauf dargestellten Gegenstände ebenso wie dem linken. Verfertigt man dagegen für jedes Auge ein anderes Bild, wie das betreffende Auge nach dem Gegenstand selbst blickend es sehen würde, und kombiniert man beide Bilder im Stereoskop, so dass jedes Auge das ihm zukommende Bild sieht, so entsteht, was die Formen des Gegenstandes betrifft, genau derselbe sinnliche Eindruck in beiden Augen, welchen der Gegenstand selbst geben würde. Dagegen wenn wir mit beiden Augen nach einer Zeichnung oder einem Gemälde sehen, erkennen wir ebenso sicher, dass wir eine Darstellung auf ebener Fläche vor uns haben, unterschieden von derjenigen, die der wirkliche Gegenstand beiden Augen zugleich zeigen würde. Daher die bekannte Steigerung der Lebendigkeit des Eindruckes, wenn man ein Gemälde nur mit einem Auge betrachtet, und zugleich still stehend und durch eine dunkle Röhre blickend die Vergleichung seiner Entfernung mit der anderer benachbarter Gegenstände im Zimmer ausschließt. Wie man gleichzeitig mit beiden Augen gesehene verschiedene Bilder zur Tiefenwahrnehmung benutzt, so dienen auch die mit demselben Auge bei Bewegungen des Körpers nach einander von verschiedenen Orten aus gesehenen Bilder zu demselben Zwecke. So wie man sich bewegt, sei es gehend, sei es fahrend, verschieben sich die näheren Gegenstände scheinbar gegen die ferneren; jene scheinen rückwärts zu eilen, diese mit uns zu gehen. Dadurch kommt eine viel bestimmtere Unterscheidung des Nahen und Fernen zustande, als uns das einäugige Sehen von unveränderter Stelle aus jemals gewähren kann. Wenn wir uns aber dem Gemälde gegenüber bewegen, so drängt sich uns eben deshalb die sinnliche Wahrnehmung, dass es eine an der Wand hängende ebene Tafel sei, stärker auf, als wenn wir es stillstehend betrachten. Einem entfernteren großen Gemälde gegenüber werden alle diese Momente, welche im zweiäugigen Sehen und in der Bewegung des Körpers liegen, unwirksamer, weil bei sehr entfernten Objekten die Unterschiede zwischen den Bildern beider Augen, oder zwischen den Ansichten von benachbarten Standpunkten aus, kleiner werden. Große Gemälde geben deshalb eine weniger gestörte Anschauung ihres Gegenstandes, als kleine; während doch der Eindruck auf das einzelne ruhende unbewegte Auge von einem kleinen nahen Gemälde genau der gleiche sein könnte, wie von einem großen und fernen. Nur drängt sich bei dem nahen die Wirklichkeit, dass es eine ebene Tafel sei, fortdauernd viel kräftiger und deutlicher unserer Wahrnehmung auf.

Hiermit hängt es auch, wie ich glaube, zusammen, dass perspektivische Zeichnungen, die von einem dem Gegenstand zu nahen Standpunkt aus aufgenommen sind, so leicht einen verzerrten Eindruck machen. Dabei wird nämlich der Mangel der zweiten für das andere Auge bestimmten Darstellung, welche stark abweichen würde, zu auffallend. Dagegen geben sogenannte geometrische Projektion, d. h. perspektivische Zeichnungen, welche eine aus unendlich großer Entfernung genommenen Ansicht darstellen, in vielen Fällen eine besondere günstige Anschauung der Objekte, obgleich sie einer in Wirklichkeit nicht vorkommenden Weise ihres Anblicks entsprechen. Für solche nämlich sind die Bilder beider Augen einander gleich.

Sie sehen, dass in diesen Verhältnissen eine erste, nicht zu beseitigende, Inkongruenz zwischen dem Anblick eines Gemäldes und dem Anblicke der Wirklichkeit besteht. Dieselbe kann wohl abgeschwächt, aber nicht vollkommen überwunden werden. Durch die mangelnde Wirkung des zweiäugigen Sehens fällt zugleich das wichtigste natürliche Mittel fort, um den Beschauer die Tiefe der dargestellten Gegenstände im Gemälde beurteilen zu lassen. Es bleiben dem Maler nur eine Reihe untergeordneter Hilfsmittel übrig, teils von beschränkter Anwendbarkeit, teils von geringer Wirksamkeit, um die verschiedenen Abstände nach der Tiefe auszudrücken.

Zentralperspektive mit einem Fluchtpunkt – https://de.wikipedia.org/wiki/Perspektive#/media/Datei:Zentralperspektive.png

Es ist nicht uninteressant diese Momente kennenzulernen, wie sie sich aus der wissenschaftlichen Theorie ergeben, da dieselben offenbar auch in der malerischen Praxis einen großen Einfluss auf die Anordnung, Auswahl, Beleuchtungsweise der darzustellenden Gegenstände ausgeübt haben. Die Deutlichkeit des Dargestellten ist allerdings den idealen Zwecken der Kunst gegenüber scheinbar nur eine untergeordnete Rücksicht, aber man darf ihre Wichtigkeit nicht unterschätzen, denn sie ist die erste Bedingung, um mühelose und sich dem Beschauer gleichsam aufdrängende Verständlichkeit der Darstellung zu erreichen. Diese unmittelbare Verständlichkeit aber ist wiederum die Vorbedingung für eine ungestörte und lebendige Wirkung des Gemäldes auf das Gefühl und die Stimmung des Beobachters.!

Die erwähnten untergeordneten Hilfsmittel für den Ausdruck der Tiefendimensionen liegen zunächst in den Verhältnissen der Perspektive. Nähere Gegenstände verdecken teilweise fernere, können aber nie von letzteren verdeckt werden. Gruppiert der Maler daher seine Gegenstände geschickt, so dass das genannte Moment in Geltung kommt, so gibt dies schon eine sehr sichere Abstufung zwischen Näherem und Fernerem. Dieses gegenseitige Verdecken ist sogar imstande die zweiäugige Tiefenwahrnehmung zu besiegen, wenn man absichtlich stereoskopische Bilder herstellt, in welchen Nahes und Fernes sich widersprechen. Weiter sind an Körpern von regelmäßiger oder bekannter Gestalt die Formen der perspektivischen Projektion meist charakteristisch auch für die Tiefenausdehnung, die dem Gegenstande zukommt. Wenn wir Häuser oder andere Produkte des menschlichen Kunstfleißes sehen, so wissen wir von vornherein, dass ihre Formen überwiegend ebene rechtwinkelig gegeneinander gestellte Grenzflächen haben, allenfalls verbunden mit Teilen von drehrunden und kugelrunden Flächen. In der Regel genügt eine richtige perspektivische Zeichnung, um daraus die gesamte Körperform unzweideutig zu erkennen. Ebenso für Gestalten von Menschen und Tieren, welche uns wohl bekannt sind, und deren Körper außerdem zwei symmetrische seitliche Hälften zeigen. Dagegen nützt die beste perspektivische Darstellung nicht viel bei ganz unregelmäßigen Formen, z. B. rohen Stein- und Eisblöcken, Laubmassen durcheinander geschobener Baumwipfel. Es zeigt sich dies am besten an fotografischen Bildern, bei denen Perspektive und Schattierung absolut richtig sein können und doch der Eindruck undeutlich und wirr ist.

Werden menschliche Wohnungen in einem Gemälde sichtbar, so bezeichnen sie dem Zuschauer die Richtung der Horizontalflächen, und im Vergleich dazu die Neigung des Terrains, welche ohne sie oft schwer auszudrücken ist.

Weiter kommt in Betracht die scheinbare Größe, in der Gegenstände von bekannter wirklicher Größe in den verschiedenen Teilen eines Gemäldes erscheinen. Menschen und Tiere, auch Bäume bekannter Art, dienen dem Maler in dieser Weise. In dem entfernten Mittelgrund der Landschaft erscheinen sie kleiner als im Vordergrund, und so geben sie andererseits durch ihre scheinbare Größe einen Maßstab für die Entfernung des Ortes, wo sie sich befinden.

Weiter sind von hervorragender Wichtigkeit die Schatten, und namentlich die Schlagschatten. Dass eine gut schattierte Zeichnung viel deutlichere Anschauung gibt als ein Linienumriss, werden Sie alle wissen; eben deshalb ist die Kunst der Schattierung eine der schwierigsten und wirksamsten Seiten in der Leistungsfähigkeit des Zeichners und Malers.

Perspektive in einer Landschaft – im Vordergrund groß, im Mittel- und Hintergrund kleiner werdend

Er hat die außerordentlich feinen Abstufungen und Übergänge der Beleuchtung und Beschattung auf gerundeten Flächen nachzuahmen, welche das Hauptmittel sind, um die Modellierung derselben mit allen ihren feinen Krümmungsänderungen auszudrücken; er muss dabei die Ausbreitung oder Beschränkung der Lichtquelle, die gegenseitigen Reflexe der Flächen aufeinander berücksichtigen. Vorzugsweise wirksam sind auch die Schlag-schatten. Während oft die Modifikationen der Beleuchtung an den Körperflächen selbst zweideutig sind, der Hohlabguss einer Medaille bei bestimmter Beleuchtung z. B. den Eindruck vorspringender Formen machen kann, die von der anderen Seite her beleuchtet werden: so sind dagegen die Schlagschatten unzweideutige Anzeichen, dass der schattenwerfende Körper der Lichtquelle näher liegt, als der, welcher den Schatten empfängt. Diese Regel ist so ausnahmslos, dass selbst in stereoskopischen Ansichten ein falsch gelegter Schlagschatten die ganze Täuschung aufheben oder in Verwirrung bringen kann.

Um die Schatten in ihrer Bedeutung gut benutzen zu können, ist nicht jede Beleuchtung gleich günstig. Wenn der Beschauer auf die Gegenstände in derselben Richtung blickt, wie das Licht auf sie fällt, so sieht er nur ihre beleuchtenden Seiten, und nichts von ihren Schatten; dann fällt fast die ganze Modellierung fort, welche die Schatten geben könnten. Steht der Gegenstand zwischen der Lichtquelle und dem Beschauer, so sieht er nur die Schatten. Also brauchen wir seitliche Beleuchtung für eine malerisch wirksame Beschattung, und namentlich bei Flächen von nur schwach bewegten Formen ebenen oder hügeligen Landes zeigen sie eine fast in der Richtung der Fläche streifende Beleuchtung, weil nur eine solche überhaupt noch Schatten gibt. Dies ist eine der Ursachen, welche die Beleuchtung durch die aufgehende und untergehende Sonne so wirksam machen. Die Formen der Landschaft werden deutlicher. Dazu kommt dann freilich noch der später zu besprechende Einfluss der Farben und des Luftlichtes.

Direkte Beleuchtung von der Sonne oder einer Flamme macht die Schatten scharf begrenzt und hart. Beleuchtung von einer sehr breiten leuchtenden Fläche, wie vom wolkigen Himmel, macht die Schatten verwaschen oder beseitigt sie fast ganz. Dazwischen gibt es Übergänge; Beleuchtung durch ein Stück der Himmelsfläche, abgegrenzt durch ein Fenster oder Bäume usw. lässt die Schatten, je nach der Art des Gegenstandes, in erwünschter Weise mehr oder weniger hervortreten. Wie wichtig das ist, werden Sie bei den Fotografen gesehen haben, die ihr Licht durch allerlei Schirme und Vorhänge abgrenzen müssen, um gut modellierte Portraits zu erhalten.

Viel wichtiger aber als die bisher aufgezählten Momente für die Darstellung der Tiefenausdehnung, welche mehr von lokaler und zufälliger Bedeutung sind, ist die sogenannte Luftperspektive. Darunter versteht man die optische Wirkung des Lichtscheines, welchen die zwischen dem Beschauer und entfernten Gegenständen liegenden beleuchteten Luftmassen geben. Dieser Schein rührt von einer nie ganz schwindenden feinen Trübung der Atmosphäre her. Sind in einem durchsichtigen Mittel feine durchsichtige Teilchen von abweichender Dichtigkeit und abweichendem Lichtberechnungsvermögen verteilt, so lenken sie das durch ein solches Mittel hindurchgehende Licht, soweit sie davon getroffen werden, teils durch Zurückwerfung, teils durch Brechung von seinem geradlinigen Weg ab und zerstreuen es, wie es die Optik ausdrückt, nach allen Seiten hin. Sind die trübenden Partikelchen sparsam verteilt, so dass ein großer Teil des Lichtes zwischen ihnen durchgehen kann, ohne abgelenkt zu werden, so sieht man ferne Gegenstände noch in guten und deutlichen Umrissen durch ein solches Medium, daneben aber auch einen Teil des Lichtes, nämlich den abgelenkten, als trübenden Lichtschein in der durchsichtigen Substanz selbst verbreitet. Wasser, welches durch wenige Tropfen Milch getrübt ist, zeigt eine solche Zerstreuung des Lichtes und eine nebelige Trübung sehr deutlich.

In der gewöhnlichen Luft unserer Zimmer wird die Trübung deutlich sichtbar, wenn wir das Zimmer verdunkeln und einen Sonnenstrahl durch eine enge Öffnung eintreten lassen. Wir sehen dann teils größere für unser Auge wahrnehmbare Sonnenstäubchen, teils eine feine nicht auflösbare Trübung. Aber auch diese letztere muss der Hauptsache nach von schwebenden Staubteilchen organischer Stoffe herrühren, denn sie können nach einer Bemerkung von Tyndall verbrannt werden.

John Tyndall, * 1820 – † 1893. Er untersuchte unter anderem die Lichtstreuung in trüben Medien.

Bringt man eine Spiritusflamme dicht unter die Bahn des Sonnenstrahles, so zeichnet die von der Flamme aufsteigende Luft ihren Weg ganz dunkel in die helle Trübung hinein; das heißt: die durch die Flamme aufsteigende Luft ist vollkommen staubfrei geworden. Im Freien kommt neben dem Staub oder gelegentlichem Rauch auch die Trübung durch beginnende Wasserniederschläge in Betracht, da, wo die Temperatur feuchter Luft so weit sinkt, dass die in ihr enthaltene Wassermenge nicht mehr als unsichtbarer Dunst bestehen kann. Dann scheidet sich ein Teil des Wassers in Form feinster Tröpfchen (Bläschen?) aus, als eine Art feinsten Wasserstaubes, und bildet feinere oder dichtere Nebel, beziehlich Wolken. Die Trübung, welche bei heißem Sonnenschein und trockener Luft entsteht, mag teils von Staub herrühren, welchen die aufsteigenden warmen Luftströme aufwirbeln, teils von der unregelmäßigen Durchmischung kühlerer und wärmerer Luftschichten von verschiedener Dichtigkeit, wie sie sich in dem Zittern der unteren Luftschichten über sonnenbestrahlten Flächen verrät. Wovon endlich jene Trübung in der reinsten und trockenen Luft der höheren Schichten der Atmosphäre zurückbleibt, welche das Blau des Himmels hervorbringt – ob wir es auch da mit schwebenden Stäubchen fremder Substanzen zu tun haben, oder ob die Molekeln der Luft selbst als trübende Teilchen im Lichtäther wirken –; darüber weiß die Wissenschaft noch keine sichere Auskunft zu geben.

Die Farbe des Lichtes, welches durch die trübenden Teilchen zurückgeworfen wird, hängt wesentlich von der Größe der Teilchen ab. Wenn ein Scheit Holz auf dem Wasser schwimmt, und wir in seiner Nähe durch einen fallenden Tropfen kleine Wellenringe erregen, so werden diese von dem schwimmenden Holz zurückgeworfen, als wäre dasselbe eine feste Wand. Auf den langen Meereswogen aber wird ein Scheit Holz mitgeschaukelt werden, ohne die Wellen dadurch merklich in ihrem Fortschreiten zu stören. Auch das Licht ist bekanntlich eine wellenartig sich ausbreitende Bewegung in dem den Weltraum füllenden Äther. Die roten und gelben Lichtstrahlen haben die längsten, die violetten und blauen die kürzesten Wellen. Sehr feine Körperchen, welche die Gleichmäßigkeit des Äthers stören, werden daher merklicher die violetten und blauen Strahlen zurückwerfen als die roten und gelben. Je feiner die trübenden Teilchen, desto blauer ist in der Tat das Licht trüber Medien; während größere Teilchen Licht von jeder Farbe gleichmäßiger zurückwerfen und deshalb weißlichere Trübung geben. Solcher Art ist das Blau des Himmels, das heißt der trüben Atmosphäre, gesehen gegen den dunklen Weltraum. Je reiner und durchsichtiger die Luft ist, desto blauer erscheint der Himmel. Ebenso wird er blauer und dunkler, wenn man auf hohe Berge steigt, teils weil die Luft in der Höhe freier von Trübung ist, teils weil man überhaupt weniger Luft über sich hat. Aber dasselbe Blau, welches man vor dem dunklen Weltraum erscheinen sieht, tritt auch vor dunklen irdischen Objekten, z. B. fernen beschatteten oder bewaldeten Bergen, auf, wenn zwischen diesen und uns eine tiefe Schicht beleuchteter Luft liegt. Dasselbe Luftlicht macht den Himmel wie die Berge blau; nur ist es vor dem Himmel rein, vor den Bergen hingegen mit anderem von den hinterliegenden Gegenständen ausgehendem Licht gemischt, und gehört außerdem der gröberen Trübung der unteren Schichten der Atmosphäre an, weshalb es weißlicher ist. In wärmeren Ländern bei trockener Luft ist die Lufttrübung feiner auch in den unteren Schichten der Atmosphäre, und daher das Blau vor entfernten irdischen Gegenständen dem Blau des Himmels ähnlicher. Die Klarheit und die Farbensättigung italienischer Landschaften rührt wesentlich von diesem Umstand her. Auf hohen Bergen dagegen ist die Lufttrübung des Morgens oft so gering, dass die Farben der fernsten Objekte sich kaum von denen der nächsten unterscheiden. Dann kann auch der Himmel fast schwarzblau erscheinen.

Umgekehrt sind dichtere Trübungen meist aus gröberen Teilchen gebildet, und deshalb weißlicher. Dies ist in der Regel der Fall in den unteren Luftschichten und bei Witterungszuständen, wo der in der Luft enthaltene Wasserdunst dem Punkte seiner Verdichtung nahe kommt.

Andererseits ist dem Licht, welches geraden Weges von fernen Gegenständen durch eine lange Luftschicht in das Auge des Beobachters gelangt, ein Teil seines Violett und Blau durch zerstreuende Reflexion entzogen; es erscheint deshalb gelblich bis rotgelb oder rot; ersteres bei feinerer Trübung, letzteres bei gröberer. So erscheinen Sonne und Mond bei ihrem Auf- und Untergang, ebenso ferne hell beleuchtete Bergspitzen, namentlich Schneeberge, gefärbt.

Übrigens sind diese Färbungen nicht nur der Luft eigentümlich, sondern kommen bei allen Trübungen einer durchsichtigen Substanz durch fein verteilte Partikelchen einer anderen durchsichtigen Substanz vor. Wir sehen sie in verdünnter Milch und in Wasser, dem man einige Tropfen Kölnischen Wassers zugesetzt hat, wobei die im Alkohol des letzteren aufgelösten ätherischen Öle und Harze sich ausscheiden und die Trübung bilden. Außerordentlich feine blaue Trübungen, noch blauer als die der Luft, kann man nach Tyndalls Beobachtungen hervorbringen, wenn man Sonnenlicht auf Dämpfe gewisser kohlenstoffhaltiger Substanzen zersetzend einwirken lässt.  Goethe hat schon auf die Allgemeinheit der Erscheinung aufmerksam gemacht und seine Farbentheorie auf sie zu gründen gesucht.

Als Luftperspektive bezeichnet man die künstlerische Darstellung der Lufttrübung, weil durch stärkeres oder geringeres Hervortreten der Luftfarbe über der Farbe der Gegenstände die verschiedene Entfernung derselben sehr bestimmt angezeigt wird, und Landschaften wesentlich dadurch ihre Tiefe erhalten. Je nach der Witterung kann die Lufttrübung größer oder geringer sein, weißlicher oder blauer. Sehr klare Luft, wie sie nach längerem Regen zuweilen vorkommt, lässt ferne Berge nahe und klein erscheinen, dunstigere fern und groß.

Für den Maler ist das letztere vorteilhaft. Die hohen klaren Landschaften des Hochgebirges, welche den Bergwanderer so häufig verleiten, Entfernung und Größe der vorliegenden Bergspitzen zu unterschätzen, sind malerisch schwer zu verwerten; desto besser die Ansichten von unten herauf aus den Tälern, von den Seen und Ebenen her, wo die Luftbeleuchtung zart aber merklich entwickelt ist und eben sowohl die verschiedenen Entfernungen und Größen des Gesehenen deutlich hervortreten lässt, als sie der künstlerischen Einheit der Färbung günstig ist.

Obgleich die Luftfarbe vor den größeren Tiefen der Landschaft deutlicher hervortritt, fehlt sie bei hinreichend intensiver Beleuchtung nicht ganz vor den nahen Gegenständen eines Zimmers. Was man isoliert und wohlabgegrenzt sieht, wenn Sonnenlicht durch eine Öffnung des Ladens in ein verdunkeltes Zimmer fällt, fehlt natürlich nicht ganz, wenn das ganze Zimmer beleuchtet ist. Auch hier muss sich die Luftbeleuchtung, wenn sie stark genug ist, vor dem Hintergrund geltend machen und dessen Farben im Vergleich zu denen der näheren Gegenstände etwas abstumpfen; auch diese Unterschiede, obgleich viel zarter als vor dem Hintergrund einer Landschaft, sind für den Historien-, Genre- oder Porträtmaler von Bedeutung und steigern, wenn sie fein beobachtet und nachgeahmt sind, die Deutlichkeit seiner Darstellung in hohem Grad.

* * *

II. Helligkeitsstufen

Die bisher besprochenen Verhältnisse zeigen uns zunächst einen tiefgreifenden und für die Auffassung der körperlichen Formen äußerst wichtigen Unterschied zwischen dem Gesichtsbild, welches unsere Augen uns zuführen, wenn wir vor den Objekten stehen, und demjenigen, welches das Gemälde uns gibt. Dadurch wird die Auswahl der in den Gemälden darzustellenden Gegenstände schon vielfach beschränkt. Die Künstler wissen sehr wohl, dass für ihre Hilfsmittel vieles nicht darstellbar ist. Ein Teil ihrer künstlerischen Geschicklichkeit besteht darin, dass sie durch passende Anordnung, Stellung und Wendung der Objekte, durch passende Wahl des Gesichtspunktes und durch die Art der Beleuchtung die Ungunst der Bedingungen, die ihnen in dieser Beziehung aufgelegt sind, zu überwinden wissen.

Wie es zunächst scheinen könnte, würde nun doch von der Forderung der Naturwahrheit eines Gemäldes so viel stehenbleiben können, dass dasselbe, vom richtigen Ort angeschaut, wenigstens einem unserer Augen dieselbe räumliche Verteilung von Licht, Farben und Schatten in seinem Gesichtsfeld darbieten und also auch im Inneren dieses Auges genau dasselbe Netzhautbild entwerfen solle, wie es der dargestellte Gegenstand tun würde, wenn wir ihn wirklich vor uns hätten und von einem bestimmten unveränderlichen Standpunkt aus betrachten. Es könnte als Aufgabe der malerischen Technik erscheinen, unter den genannten Beschränkungen durch das Gemälde wirklich den gleichen Eindruck auf das Auge zu erzielen, welchen die Wirklichkeit gibt.

Gehen wir nun daran zu untersuchen, ob und wie weit die Malerei einer solchen Forderung wirklich gerecht werde oder auch nur gerecht werden könne, so treffen wir auch hier wieder auf Schwierigkeiten, vor denen wir vielleicht zurückschrecken würden, wenn wir nicht wüssten, dass sie schon überwunden sind.

Beginnen wir mit dem Einfachsten, mit den quantitativen Verhältnissen der Lichtstärken. Soll der Künstler den Eindruck seines Gegenstandes auf unser Auge genau nachahmen, so müsste er auch auf seinem Bild gleich große Helligkeit und gleich große Dunkelheit verwenden können, wie die Natur sie darbietet. Aber daran ist nicht im Entferntesten zu denken. Erlauben Sie mir ein passendes Beispiel zu wählen. In einer Galerie möge ein Wüstenbild hängen, auf dem ein Zug weiß verhüllter Beduinen und dunkler Neger durch den brennenden Sonnenschein dahinzieht; dicht daneben sei eine bläuliche Mondlandschaft aufgehängt, wo sich der Mond im Wasser spiegelt, und man Baumgruppen, menschliche Gestalten in der Dunkelheit leise angedeutet erkennt. Sie wissen aus Erfahrung, dass beide Bilder, wenn sie gut gemacht sind, in der Tat mit überraschender Lebendigkeit die Vorstellung ihres Gegenstandes hervorzaubern können, und doch sind in beiden Bildern die hellsten Stellen mit demselben Kremser Weiß nur wenig durch Zumischungen verändert, die dunkelsten mit demselben Schwarz ausgeführt. Beide teilen an derselben Wand dieselbe Beleuchtung, und die hellsten wie die dunkelsten Stellen beider sind deshalb, was den Grad ihrer Helligkeit betrifft, kaum wesentlich unterschieden.

Wie verhält es sich nun mit den dargestellten Helligkeiten in der Wirklichkeit? Das Verhältnis zwischen der Helligkeit der Beleuchtung durch die Sonne und der durch den Vollmond ist von Wollaston gemessen worden, indem er beide, ihrer Stärke nach, mit dem Licht gleich beschaffener Kerzen verglich.

William Hyde Wollaston, * 6. August 1766 in East Dereham (Norfolk, England) – † 22. Dezember 1828 in London, war ein englischer Arzt, Physiker und Chemiker, der die chemischen Elemente Palladium und Rhodium entdeckte.

Es hat sich ergeben, dass die Beleuchtung durch die Sonne achthunderttausendmal stärker ist, als die hellste Vollmondbeleuch-tung.

Jeder undurchsichtige Körper, der von irgendeiner Lichtquelle beleuchtet wird, kann im günstigsten Fall nur so viel Licht wieder aussenden, als auf ihn fällt. Indessen scheinen nach Lamberts Beobachtungen selbst die weißesten Körper nur etwa zwei Fünftel des auffallenden Lichtes zurücksenden. Die Sonnenstrahlen, welche nebeneinander von der Sonne ausgehen, deren Halbmesser nicht ganz hunderttausend Meilen beträgt, sind, wenn sie bei uns ankommen, schon gleichmäßig über eine Kugelfläche von zwanzig Millionen Meilen Halbmesser ausgebreitet; ihre Dichtigkeit und Beleuchtungskraft ist hier nur noch der vierzigtausendste Teil von derjenigen, mit welcher sie die Sonnenoberfläche verlassen, und jene Lambertsche Zahl lässt schließen, dass auch die hellste weiße Fläche, von senkrechten Sonnenstrahlen getroffen, nur den hunderttausendsten Teil von der Helligkeit der Sonnenscheibe hat.

Johann Heinrich Lambert, * 8. August 1728 – 25. September 1777

Der Mond aber ist ein grauer Körper, dessen mittlere Helligkeit nur etwa ein Fünftel von der des hellsten Weiß beträgt.

Bescheint der Mond nun seinerseits einen Körper von hellstem Weiß hier auf Erden, so ist dessen Helligkeit wiederum nur der hunderttausendste Teil von der Helligkeit des Mondes selbst; demnach ist die Sonnenscheibe achtzigtausend millionenmal heller als ein solches vom Vollmond beleuchtetes Weiß.

In einer Galerie werden die Gemälde nicht von direktem Sonnenlicht, sondern nur von reflektiertem Himmels- oder Wolkenlicht beschienen. Direkte Messungen von der Helligkeit der Beleuchtung im Innern einer Bildergalerie sind mir nicht bekannt; indessen lassen sich Schätzungen derselben aus bekannten Daten wohl anstellen. Bei recht großem Oberlicht und heller Wolkenbeleuchtung könnte das hellste Weiß auf einem Gemälde wohl ein Zwanzigstel von der Helligkeit des direkt von der Sonne beleuchteten Weiß haben; meist wird es nur ein Vierzigstel oder weniger sein.

Der Wüstenmaler also, selbst wenn er auf die Darstellung der Sonnenscheibe verzichtet, die immer nur sehr unvollkommen gelingt, wird die grell beleuchteten Gewänder seiner Beduinen mit einem Weiß darstellen müssen, welches günstigen Falles nur dem zwanzigsten Teil der Helligkeit der Wirklichkeit entspricht. Könnte man dasselbe mit unveränderter Beleuchtung in die Wüste hinausbringen, so würde es neben dem dortigen Weiß wie ein recht dunkles Grauschwarz erscheinen. In der Tat zeigte mir ein Versuch, dass sonnenbeleuchteter Lampenruß noch halb so hell ist, wie beschattetes Weiß im helleren Teil eines Zimmers.

Auf dem Mondscheinbild wird dasselbe Weiß, mit welchem die Beduinenmäntel ausgeführt wurden, mit geringer Zumischung benutzt werden müssen um die Mondscheibe und ihre Wasserreflexe darzustellen, obgleich der wahre Mond nur ein Fünftel dieser Helligkeit, seine Wasserreflexe noch viel weniger haben sollten. Dagegen werden weiße vom Mond beschienene Gewänder oder Marmorflächen, wenn der Künstler sie auch stark in Grau abtönt, immerhin auf seinem Bild noch zehn- bis zwanzigtausendmal heller sein, als sie es unter Vollmondbeleuchtung in Wirklichkeit sind.

Andererseits würde das dunkelste Schwarz, welches der Künstler verwenden könnte, kaum zureichen, um die wahre Beleuchtungsstärke eines vom Vollmond beschienenen weißen Gegenstandes genügend gering darzustellen. Auch das dunkelste Schwarz, Rußüberzüge, schwarzer Samt, kräftig beleuchtet, erscheinen grau, wie wir bei optischen Versuchen oft genug zu unserem Schaden erfahren, wenn wir überflüssiges Licht abzublenden haben. Die Helligkeit eines von mir untersuchten Rußüberzuges war etwa ein Hundertstel von der Helligkeit weißen Papiers. Die hellsten Farben des Malers sind überhaupt etwa nur hundertmal so hell, als seine dunkelsten Schatten.

Die gemachten Angaben werden Ihnen vielleicht übertrieben erscheinen. Aber sie beruhen auf Messungen, und können durch wohlbekannte Erfahrungen kontrolliert werden. Nach Wollaston ist die Beleuchtung durch den Vollmond gleich derjenigen durch eine in zwölf Fuß Entfernung gestellte brennende Kerze. Sie werden wissen, dass man im Vollmondschein nicht mehr lesen kann, wohl aber in drei bis vier Fuß Entfernung von einer Kerze. Nun nehmen Sie an, Sie treten aus einem tageshellen Zimmer plötzlich in ein von einer einzigen Kerze beleuchtetes, übrigens absolut lichtloses Gewölbe. Im ersten Augenblick würden Sie glauben, in absolute Dunkelheit einzutreten und würden höchstens die Kerzenflamme selbst wahrnehmen. Jedenfalls würden Sie von Gegenständen, die zwölf Fuß von der Kerze entfernt sind, nicht die geringste Spur erkennen. Diese Gegenstände aber sind so hell, wie vom Vollmond beleuchtet. Erst nach geraumer Zeit würden Sie sich an das Dunkel gewöhnt haben und sich dann allerdings ohne Schwierigkeit zurechtfinden.

Kehren Sie an das Tageslicht zurück, wo Sie früher in voller Bequemlichkeit verweilten: so wird Ihnen dasselbe so blendend erscheinen, dass Sie vielleicht die Augen schließen müssen und nur mit schmerzhafter Lichtscheu umherzublicken imstande sind. Sie sehen also: es handelt sich hier nicht um kleinliche, sondern um kolossale Unterschiede. Wie ist unter solchen Umständen überhaupt eine Ähnlichkeit des Eindruckes zwischen Gemälde und Wirklichkeit denkbar?

Unsere Erörterung über das, was wir im Keller anfangs nicht wahrnehmen, später aber unterscheiden konnten, lässt uns schon das wichtigste Moment der Ausgleichung erkennen; es ist die verschiedene Abstumpfung unseres Auges durch Licht, ein Vorgang, den wir mit demselben Namen der Ermüdung, wie den entsprechenden in den Muskeln belegen können. Jede Tätigkeit unserer Nervenapparate setzt vorübergehend deren Leistungsfähigkeit herab. Der Muskel wird ermüdet vom Arbeiten, das Hirn ermüdet vom Denken und von Gemütsbewegungen, das Auge ermüdet vom Licht, desto mehr, je stärker dieses ist. Die Ermüdung macht es stumpf und unempfindlich gegen neue Lichteindrücke, so dass es starke nur mäßig, schwache gar nicht mehr empfindet.

Jetzt aber sehen Sie, wie anders sich bei Berücksichtigung dieser Umstände die Aufgabe des Künstlers stellt. Das Auge des Wüstenfahrers, der der Karawane zusieht, ist selbst durch den blendenden Sonnenschein auf das äußerste abgestumpft, das des Mondscheinwanderers in der Dunkelheit zur größten Höhe der Empfindlichkeit erholt. Von beiden unterscheidet sich der Zustand des Beschauers der Gemälde durch einen gewissen mittleren Grad der Empfindlichkeit des Auges. Der Maler muss also streben, durch seine Farben auf das mäßig empfindliche Auge seines Beschauers denselben Eindruck hervorzubringen, wie ihn einerseits die Wüste auf das geblendete, andererseits die Mondnacht auf das vollkommen ausgeruhte Auge ihres Beschauers macht. Neben den wirklichen Beleuchtungsverhältnissen der Außenwelt spielen also unverkennbar die verschiedenen physiologischen Zustände des Auges eine außerordentlich einflussreiche Rolle bei dem Werk des Künstlers. Was er zu geben hat, ist hiernach nicht mehr eine reine Abschrift des Objektes, sondern die Übersetzung seines Eindruckes in eine andere Empfindungsskala, die einem anderen Grad von Erregbarkeit des beschauenden Auges angehört, bei welchem das Organ in seinen Antworten auf die Eindrücke der Außenwelt eine ganz andere Sprache spricht.

Um Ihnen die Folgen hiervon verständlich zu machen, muss ich Ihnen zunächst das von Fechner gefundene Gesetz für die Empfindungsskala des Auges auseinandersetzen; dasselbe bildet einen einzelnen Fall des von diesem geistreichen Forscher für die Beziehungen mannigfaltiger sinnlicher Empfindungen zu den sie erregenden Reizen aufgestellten allgemeineren psycho-physischen Gesetzes.

Gustav Theodor Fechner, * 19. April 1801 – † 18. November 1887,war ein deutscher Mediziner, Physiker und Naturphilosoph. Fechner gilt als Begründer der Psychophysik.

Dieses Gesetz kann in folgender Weise ausgesprochen werden: Innerhalb sehr breiter Grenzen der Helligkeit sind Unterschiede der Lichtstärke gleich deutlich, oder erscheinen in der Empfindung gleich groß, wenn sie den gleichen Bruchteil der gesamten verglichenen Lichtstärken ausmachen. So zeigt es sich zum Beispiel, dass man Unterschiede der Helligkeit von einem Hundertstel ihrer gesamten Stärken der Beleuchtung erkennen kann, ohne dass die Sicherheit und Leichtigkeit dieser Unterscheidung erhebliche Unterschiede zeigt, sei es, dass man hellstes Tageslicht oder gute Kerzenbeleuchtung anwendet.

Das leichteste Hilfsmittel, um genau messbare Unterschiede der Helligkeit zwischen zwei weißen Flächen hervorzubringen, beruht auf der Anwendung schnell rotierender Scheiben. Wenn man eine Scheibe, wie die umstehende Figur 1, sehr schnell umlaufen lässt (das heißt zwanzig- bis dreißigmal in der Sekunde), so erscheint sie dem Auge, ähnlich wie Figur 2, mit drei grauen Ringen bedeckt zu sein; nur muss sich der Leser das Grau dieser Ringe, wie es auf der rotierenden Scheibe Figur 1 erscheint, als eine kaum sichtbare Beschattung des Grundes vorstellen. Es erscheint nämlich bei schnellem Umlauf der Scheibe jeder Kreis der Scheibe so beleuchtet, als wäre das gesamte Licht, welches ihn trifft, gleichmäßig über seinen ganzen Umfang ausgebreitet. Diejenigen Kreisringe nun, in denen die schwarzen Striche liegen, haben etwas weniger Licht, als die ganz weißen, und wenn man die Breite der Striche mit der Länge des halben Umfanges des betreffenden Kreisringes vergleicht, erhält man den Bruchteil, um den die Lichtstärke des weißen Grundes der Scheibe in dem betreffenden Ringe vermindert ist. Sind die Striche alle gleich breit, wie in Figur 1, so sind die inneren Ringe dunkler als die äußeren, weil sich der gleiche Lichtverlust auf jenen über eine kleinere Fläche verteilt, als bei diesen. Man kann auf diese Weise außerordentlich zarte Abstufungen der Helligkeit erhalten, und zwar wird bei diesem Verfahren in demselben Ring bei wechselnder Beleuchtungsstärke die Helligkeit immer um den gleichen Bruch-teil ihres ganzen Wertes vermindert. Dem Fechnerschen Gesetze entsprechend zeigt sich nun in der Tat, dass die Deutlichkeit der Ringe bei sehr verschiedenen Beleuchtungsstärken nahezu dieselbe bleibt. Nur muss man nicht allzu blendende oder allzu schwache Beleuchtung anwenden. In beiden Fällen verschwinden die feineren Unterschiede dem Auge.

Figur 1 Figur 2