Rechtsfragen in der Automobil- und Zulieferindustrie -  - E-Book

Rechtsfragen in der Automobil- und Zulieferindustrie E-Book

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Beschreibung

Dieses Praxisbuch erläutert in 13 Kapiteln alle wichtigen Rechtsthemen, die in der Automobilindustrie täglich eine Rolle spielen. Die Autorinnen und Autoren greifen typische Konstellationen bei Vertragsabschlüssen und Vertragsabwicklungen in der Automobilbranche auf und stellen verständlich die Rechtslage dar. Die Themen im Einzelnen: Vertragsabschluss, AGB, Haftung für Lieferverzug, Qualitätssicherungsvereinbarungen, Mängelansprüche, Gewährleistung, Garantien, Produkthaftung, Werkzeugverträge, Geheimhaltungsvereinbarungen, internationale Lieferbeziehungen, UN-Kaufrecht, Insolvenzrecht, Versicherungen, autonomes Fahren, Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Das Buch richtet sich vor allem an Unternehmen aus dem Bereich Automotive (Einkauf, Vertrieb, Qualitätssicherung, Recht), aber auch an Versicherer und Unternehmensberater mit Kunden aus dem Bereich Automotive.

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Seitenzahl: 757

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Rechtsfragen in der Automobil- und Zulieferindustrie

Herausgegeben von

Wolfgang Gaess

Rechtsanwalt, Frankfurt am Main

Sven Regula

Rechtsanwalt, Cebu (Philippinen)

und

Angelika Schaeuffelen

Rechtsanwältin und Wirtschaftsmediatorin (IHK), Frankfurt am Main

Mit Beiträgen von

Dr. Eike Happe; Dr. Sven Hartung; Sven Regula; Angelika Schaeuffelen; Andrea Schlitter; Christian Vietmeyer, LL.M.

3., aktualisierte und erweiterte Auflage 2024

Fachmedien Recht und Wirtschaft | dfv Mediengruppe | Frankfurt am Main

Alle im Buch verwendeten Begriffe verstehen sich geschlechterneutral. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf eine geschlechtsspezifische Differenzierung verzichtet – entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat lediglich redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN: 978-3-8005-1859-3

© 2024 Deutscher Fachverlag GmbH, Fachmedien Recht und Wirtschaft, Frankfurt am Main www.ruw.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Satzkonvertierung: Lichtsatz Michael Glaese GmbH, 69502 Hemsbach

Druck und Verarbeitung: Beltz Grafische Betriebe GmbH, 99947 Bad Langensalza

Vorwort

Seit dem Erscheinen der Vorauflage sind fünf Jahre vergangen. In diesem Zeitraum haben sich die juristischen Rahmenbedingungen der Automobilindustrie verändert. Als die 2. Auflage im Jahr 2018 erschien, hatte die juristische Aufarbeitung des Dieselskandals gerade begonnen. Zwischenzeitlich liegen richtungsweisende Urteile des Bundesgerichtshofs vor und der europäische Gesetzgeber hat das Typgenehmigungsverfahren auf neue Füße gestellt.

Das in den bisherigen Auflagen abgedruckte Kapitel „Kartellrecht“ wird in der 3. Auflage durch das erstmals aufgenommene Kapitel „Insolvenzrecht“ ersetzt. Damit entsprechen wir einem Wunsch der Leserinnen und Leser.

Neu aufgenommen wurde des Weiteren das Kapitel „Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz“. In diesem Kapitel erhalten alle Unternehmen (also auch solche, die nichts mit der Automobilindustrie zu tun haben), die gesetzlich oder vertraglich zur Beachtung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes verpflichtet sind, praktische Anwendungshilfen. Dieses Kapitel wird durch Download-Dateien u.a. zur Risikoanalyse, zur Grundsatzerklärung und zum Beschwerdeverfahren ergänzt.

Deutlicher als in der 2. Auflage wird in dieser Auflage an vielen Stellen erörtert, wie sich Teile der Automobilindustrie vom Recht entkoppelt haben. Dies beginnt bereits bei den ersten beiden Kapiteln zum Vertragsabschluss und zur Ausgestaltung von Verträgen und setzt sich fort bei der Regressierung von Beanstandungen.

In dem Kapitel zum autonomen Fahren wird dargelegt, wie der Gesetzgeber sich in dem für gegenwärtige und zukünftige Fahrzeuge bedeutenden Bereich der Cyber- und Datensicherheit von der jahrzehntelang geübten Praxis verabschiedet hat, die von internationalen Expertengruppen erarbeiteten UN-Regelungen zum Maßstab der technischen Anforderungen an die Sicherheit zu machen.

Auch für die 3. Auflage dieses Buches gilt unverändert, dass wir keine wissenschaftliche Ausarbeitung vorlegen wollen, sondern den Leserinnen und Lesern anhand verständlicher Erklärungen, anschaulicher Beispielsfälle und nützlicher Formulierungshilfen das Grundwissen vermitteln möchten.

Die Inhalte der einzelnen Kapitel werden von den jeweiligen Autorinnen und Autoren verantwortet. Sie stimmen nicht notwendig in jeder Hinsicht mit den Auffassungen der Herausgeber überein.

Frankfurt am Main/Cebu (Philippinen), im November 2023

Dr. Sven Hartung

Sven Regula

Angelika Schaeuffelen

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Autorenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Kapitel: Vertragsabschlüsse in der Automobilindustrie

I. Abweichungen in der Auftragsbestätigung

Wurde ein wirksamer Vertrag zwischen den beiden Unternehmen geschlossen?

Wer hat nun „Recht“?

Besonderheiten beachten!

II. Bedeutung des Schweigens im Rechtsverkehr

1. Treu und Glauben

2. Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben

3. Schriftformklauseln in Rahmenverträgen

III. Kann auf Auftragsbestätigungen verzichtet werden?

IV. Abrufe aus Rahmenverträgen

V. Vertragsabschlussklauseln in Rahmenverträgen

VI. Untergeschobene Änderungen in Vertragsentwürfen

VII. Bindung an ein Angebot

VIII. Wie lange gilt ein Angebot?

IX. Die Praxis der Vertragsabschlüsse in der Automobilindustrie

X. Anfechtung von Willenserklärungen

XI. Vertragsabschlüsse mit und ohne Vollmacht

1. Vertragsschluss durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht

2. Anscheinsvollmacht

3. Unterschriftenzusätze von „ppa“ bis „i.A.“ und was rechtlich dahintersteckt

a) Innenwirkung

b) Außenwirkung

aa) Per procura

bb) In Vertretung

cc) Im Auftrag

4. Interne Beschränkungen von Handlungsvollmachten

XII. Formerfordernisse/Schriftformklauseln

XIII. Zugangsnachweis wichtiger Schreiben

1. Telefax-Sendeprotokoll: Welche Beweiskraft kommt dem „OK-Vermerk“ auf der Sendebestätigung zu?

2. Einschreiben mit Rückschein

3. Einwurfeinschreiben

4. E-Mail

2. Kapitel: Allgemeine Geschäftsbedingungen in der Automobilindustrie

I. Einbeziehung Ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) in Ihre Verträge

1. Deutlicher Hinweis in den Vertragsunterlagen

2. Möglichkeit zur Kenntnisverschaffung

3. Annahme durch den Vertragspartner

II. Kollidierende AGB

1. Die Bedeutung der Abwehrklausel

2. Zustandekommen des Vertrags bei kollidierenden AGB mit Abwehrklausel

3. Vertragsinhalt bei kollidierenden AGB mit Abwehrklausel

III. AGB-Kontrolle

1. Wann sind AGB unwirksam?

2. Warum die Unterscheidung zwischen AGB und Individualvereinbarung so wichtig ist

3. Was fällt alles unter „AGB“ im Sinne des Gesetzes?

a) Die gesetzliche Definition von AGB

b) AGB durch Ausschreibung?

c) AGB-Charakter auch bei einmaliger Verwendung?

d) AGB-Charakter auch bei Mehrfachverwendung nur einem Vertragspartner gegenüber!

4. Wann sind AGB ausgehandelt?

a) Auslegung des Begriffs „aushandeln“

b) Auswirkung einer ausgehandelten Klausel auf das Gesamtwerk

c) Übersendung von Vertragsentwürfen mit Korrekturmöglichkeit: Individualvereinbarung?

d) Individuelle Vereinbarung eines Werkvertrages als Individualvertrag: Greift AGB-Kontrolle trotzdem?

e) Was gilt, wenn eine mit dem Vertragspartner ausgehandelte Klausel in einen neuen Vertrag mit demselben Vertragspartner übernommen wird?

5. Wer trägt hinsichtlich des Vorliegens von AGB die Beweislast?

6. Die Bedeutung salvatorischer Klauseln

7. Verbot der „geltungserhaltenden Reduktion“

8. Auswege aus der AGB-Kontrolle

9. Initiative großer Wirtschaftsverbände gegen das AGB-Recht

10. Die VDA-Einkaufsbedingungen

3. Kapitel: Die Haftung für den Verzug

I. Der Verzug mit der Lieferung

1. Einleitung

2. Gesetzliche Grundlagen

a) Die Fälligkeit der Leistung, der Eintritt des Verzugs und die Rechtsfolgen des Verzugs

b) Der Ersatz des Verzugsschadens

aa) Der kausale und ersatzfähige Schaden sowie typische Schadenskonstellationen beim Lieferverzug

bb) Der Einwand des mangelnden Verschuldens und die Höhere Gewalt

c) Der Verzug mit einzelnen Lieferungen im Zulieferverhältnis

d) Der Verzug mit der Annahme der Lieferung

e) Der Verzug im UN-Kaufrecht

3. Vertragliche Regelungen

a) Der Vertrag im Zulieferverhältnis

b) Die rechtlichen Schranken vertraglicher Regelungen

aa) Die Wirksamkeitskontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen

bb) Die Wirksamkeitskontrolle nach anderen Vorschriften

c) Häufig verwendete vertragliche Regelungen zur Fälligkeit und zum Lieferverzug

aa) Die vertragliche Vereinbarung zur Fälligkeit der Leistung

bb) Der vertragliche Selbstbelieferungsvorbehalt

cc) „Force Majeure“-Klauseln

dd) Die vertraglich vereinbarten Sanktionen bei Eintritt des Verzugs

(1) Vertragsstrafen

(2) Vertraglicher Schadensersatz und Kostenpauschalen

(3) Kündigungsrechte

II. Der Verzug mit der Zahlung

1. Gesetzliche Grundlagen

a) Die Fälligkeit der Zahlung und der Eintritt des Verzugs

b) Die gesetzlichen Folgen des Zahlungsverzugs

2. Vertragliche Zahlungsziele

a) Die Vereinbarung von Zahlungszielen durch Individualvereinbarungen

b) Die Vereinbarung von Zahlungszielen durch Einkaufsbedingungen

c) Vertragliche Sanktionen bei Eintritt des Zahlungsverzugs

III. Konditionenempfehlungen

4. Kapitel: Vertragliche Ansprüche bei der Lieferung von mangelhaften Sachen

I. Einleitung

II. Einseitige Erklärungen

III. Gewährleistungsvereinbarungen

IV. Sachmängelhaftung gemäß BGB

1. Wann ist ein Teil mangelhaft im Sinne des BGB?

a) Objektive Anforderungen an eine Sache

b) Subjektive Anforderungen an eine Sache

aa) Beschaffenheitsvereinbarung

bb) Vertraglich vorausgesetzter Verwendungszweck

cc) Vereinbartes Zubehör und vereinbarte Anleitungen

dd) Montagevereinbarung

ee) Andere Sachen und zu geringe Menge

c) Montageanforderungen

d) Zeitpunkt des Gefahrübergangs

e) Der Sachmangelbegriff im Lichte von DIN-, EN- und Werksnormen

2. Rechte des Käufers bei Mängeln

a) Nacherfüllung

aa) Kosten der Nacherfüllung bei Verträgen die vor dem 1.1.2022 abgeschlossen wurden

bb) Kosten der Nacherfüllung bei Verträgen die nach dem 31.12.2021 abgeschlossen wurden

b) Rücktritt

c) Minderung

d) Schadensersatz

aa) Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB

(1) Vertragsverletzung

(2) Verschulden

(aa) Der sonstige Inhalt des Schuldverhältnisses

(bb) Garantie

(dd) Mildere Haftung

(ee) Vorsatz und Fahrlässigkeit

bb) Schadensersatz statt Leistung nach § 280 Abs. 3 BGB

e) Pauschalierte Bearbeitungskosten

f) Aufwendungsersatz

g) Selbsthilferecht

h) Das Recht der Annahmeverweigerung zukünftiger Lieferungen

i) Das Recht, bei noch nicht ausgelieferter Ware zusätzliche Kontrollen durch den Lieferanten zu verlangen

j) Die Freistellung von Rechten Dritter

3. Verjährung von Ansprüchen wegen mangelhafter Leistung

4. Gewährleistungsfrist

5. Garantie

a) Der Garantiebegriff

b) Der Erstmusterprüfbericht als besondere Form der Garantie

c) Die Verjährung von Garantieansprüchen

d) Das Unwort „Garantie“

V. Verhaltenspflichten des Einkäufers bei der Annahme der Ware als Voraussetzung für die Geltendmachung von Rechten

VI. Rechtsprobleme im Zusammenhang mit Belastungsanzeigen

VII. Vertrag mit digitalen Elementen

1. Anwendungsbereich der §§ 327ff. BGB

2. Der Produktmangel bei digitalen Produkten

3. Verjährung von Ansprüchen wegen Produktmängeln

4. Zeitpunkt, zu dem der Produktmangel vorliegen muss

VIII. Der Diesel-Abgasskandal

1. Einleitung

2. Die sachmängelhaftungsrechtliche Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes

3. Die Reaktion des Gesetzgebers auf den Dieselskandal

a) Rechtslage hinsichtlich der Fahrzeug-Typgenehmigung vor dem Dieselskandal

b) Die Rechtslage hinsichtlich der Fahrzeug-Typgenehmigung nach dem Dieselskandal

5. Kapitel: Produkthaftung

I. Einleitung

II. Grundlagen des europäischen Produkthaftungsrechts im Hinblick auf Fahrzeuge, die in der europäischen Gemeinschaft in Verkehr gebracht werden

III. Die produkthaftungsrechtlichen Anspruchsnormen

1. Haftung nach dem ProdHaftG

a) Schadensersatzanspruch im ProdHaftG

b) Produkt im Sinne des ProdHaftG

c) Fehler im Sinne des ProdHaftG

aa) Konstruktionsfehler

bb) Instruktionsfehler

cc) Fabrikationsfehler

dd) Produktbeobachtungsfehler

d) Hersteller im Sinne des ProdHaftG

e) Summenmäßige Haftungsbegrenzung

f) Selbstbeteiligung bei Sachbeschädigung

g) Verjährung

h) Absolute Ausschlussfrist

i) Unabdingbarkeit

2. Die Haftung des Herstellers für fehlerhafte Produkte aufgrund von §§ 823ff. BGB

a) Hersteller, Fehler

b) Rechtsgutverletzung

c) Ersatzberechtigte

d) Umfang des Schadensersatzanspruchs

e) Verschulden

f) Verjährung

IV. Rechtliche Aspekte im Zusammenhang mit Rückrufaktionen

V. Der Dieselskandal aus deliktsrechtlicher Perspektive

VI. Strafrechtliche Produktverantwortung

6. Kapitel: Qualitätsmanagement in der Automobilindustrie

I. Einleitung

II. ISO 9001:2015 – Der Paradigmenwechsel

1. Einbeziehung externer Themen in das Qualitätsmanagementsystem

2. Risikobasierter Denkansatz

III. Die IATF 16949:2016 – Qualitätsmanagementsystemnorm der Automobilindustrie

1. IATF 16949 – Der Paradigmenwechsel

2. Das Vertragsmanagement im Zertifizierungsaudit

IV. Werkzeuge des Qualitätsmanagements

1. Dokumentation qualitätsrelevanter Informationen

2. Risikoanalyse

3. Herstellbarkeitsanalyse

4. Besondere Merkmale

5. Lieferantenbewertung

6. Die Steuerung von extern bereitgestellten Prozessen, Produkten und Dienstleistungen

7. Produktionslenkungsplan

8. Freigabe von Produkten

V. Qualitätssicherungsvereinbarungen früher und heute

1. Einleitung

2. Inhalt einer Qualitätssicherungsvereinbarung

a) Regelungsbereich einer Qualitätssicherungsvereinbarung

b) Kerninhalte einer Qualitätssicherungsvereinbarung:

c) Allgemeine Bestimmungen in Verträgen:

aa) Präambel:

bb) Verantwortlichkeit

cc) Qualitätsmanagementsystem

dd) Audits

ee) Kommunikation mit dem Kunden des Auftraggebers

ff) Geheimhaltung

gg) Rechtsbehelfe wegen der Verletzung der QSV

hh) Mitgeltende Unterlagen

ii) Allgemeine Bestimmungen

jj) Datenschutzklausel

kk) Vertragsdauer, Änderung, Kündigung

ll) Anzuwendendes Recht

mm) Gerichtsstand

nn) Teilnichtigkeitsklausel

7. Kapitel: Geheimhaltungsvereinbarungen

I. Einführung

II. Einseitige oder wechselseitige Gestaltung der Vereinbarung?

III. Welche Informationen sind überhaupt geschützt?

IV. Welche Ausnahmen sind erforderlich?

V. Welche Verbote oder Beschränkungen sind sinnvoll?

VI. Welche Sanktionen drohen bei Verstößen?

1. Gesetzliche Ansprüche

2. Vereinbarung einer Vertragsstrafe

VII. Wann endet die Geheimhaltungsvereinbarung?

VIII. Wie lange dauert die Verpflichtung zur Geheimhaltung?

IX. Wie werden Streitigkeiten entschieden?

1. Staatliche Gerichtsbarkeit

2. Schiedsgericht

X. Grenzen von Geheimhaltungsvereinbarungen

8. Kapitel: Werkzeugverträge

I. Einleitung

II. Interessen der Beteiligten und typische Konstellationen in Zulieferverhältnissen

III. Der Abschluss des Werkzeugvertrags und das Werkzeug in der Insolvenz

1. Der Vertragsabschluss

2. Die gesetzlichen Schranken vertraglicher Regelungen

a) Die Wirksamkeitskontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und andere zwingende Rechtsvorschriften

b) Das Werkzeug in der Insolvenz

aa) Das Werkzeug in der Insolvenz des Lieferanten

(1) Der Lieferant ist Eigentümer

(2) Der Abnehmer ist Eigentümer

bb) Das Werkzeug in der Insolvenz des Abnehmers

IV. Häufig verwendete vertragliche Regelungen über Werkzeuge in Zulieferverhältnissen

1. Vereinbarungen zum Eigentum und zur Herausgabe

2. Vereinbarungen zur Instandhaltung, Einlagerung etc.

3. Vereinbarungen zur Ausschließlichkeit

a) Der Abnehmer ist Eigentümer des Werkzeugs und der Lieferant „verlängerte Werkbank“

b) Der Lieferant ist Inhaber von Werkzeug und Know-how

4. Sonstige Vereinbarungen

V. Konditionenempfehlungen

9. Kapitel: Grenzüberschreitende Lieferbeziehungen

I. Welches staatliche Recht gilt?

1. Verträge zwischen deutschen Vertragspartnern

2. Verträge zwischen einem deutschen Unternehmen und einem Vertragspartner im Ausland

II. UN-Kaufrecht

1. Rechtsnatur des UN-Kaufrechts

2. Anwendungsvoraussetzungen

3. Was regelt das UN-Kaufrecht?

4. Ist das UN-Kaufrecht gegenüber BGB und HGB eher käuferfreundlich oder begünstigt es eher den Lieferanten?

5. Ausschluss des UN-Kaufrechts

III. Gerichtsstandsvereinbarungen

IV. Schiedsgerichtsverfahren

1. Institutionelle Schiedsgerichte und Ad-hoc-Schiedsgerichte

2. Vorteile und Nachteile von Schiedsgerichtsverfahren

3. Die Schiedsklausel im Vertrag

V. INCOTERMS®

10. Kapitel: Insolvenz des Vertragspartners

I. Einleitung

II. Das Antragsverfahren

1. Allgemeines

2. Insolvenzgründe

3. Sicherungsmaßnahmen

4. Eröffnungsbeschluss

III. Rangstufen von Forderungen

1. Insolvenzforderungen

2. Masseverbindlichkeiten und Masseunzulänglichkeit

3. Aus- und Absonderungsrechte

IV. Forderungsanmeldung und Prüfungsverfahren

V. Gläubigerautonomie

1. Gläubigerversammlung

2. Gläubigerausschuss

VI. Erfüllungswahlrecht und Lösungsklauseln

VII. Insolvenzanfechtung

1. Gläubigerbenachteiligung

2. Bargeschäft

3. Die Anfechtungstatbestände

a) §§ 130, 131 InsO

b) § 133 InsO

VIII. Aufrechnung

IX. Insolvenzplanverfahren

X. Eigenverwaltung und Schutzschirmverfahren

XI. Zusammenfassung und Fragenkatalog

11. Kapitel: Versicherungen

I. Einleitung

II. Haftungsgrundlagen

1. Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung

2. Schadensersatzansprüche nach dem Produkthaftungsgesetz

3. Haftung wegen vertraglicher Pflichtverletzung

a) Mangelfolgeschäden

b) Verschulden bei Vertragsschluss

c) Schadensersatz statt der Leistung

III. Betriebliche Haftpflichtversicherungen und deren Bedingungswerke

1. Grundlagen

2. Gegenstand der Versicherung (Personen- und Sachschäden)

3. Einschluss von echten Vermögensschäden

a) Versicherungsschutz für vertraglich begründete Schadensersatzansprüche

b) Einzelheiten zum Schadensersatz aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen

c) Einzelheiten zum Versicherungsschutz für echte Vermögensschäden

aa) Verbindungs-, Vermischungs- und Verarbeitungsschäden

bb) Weiterver- oder -bearbeitungsschäden

cc) Aus- und Einbaukosten

dd) Prüf- und Sortierkosten

4. Einbeziehung von Auslandsschäden

5. Die wichtigsten Ausschlüsse

6. Die Kfz-Rückrufkostendeckung bzw. Kfz-Zulieferpolice

a) Gegenstand der Versicherung (Ziffer 1 der Kfz-Zulieferpolice)

b) Deckungsvoraussetzungen

12. Kapitel: Rechtsfragen im Zusammenhang mit autonomen Fahrzeugen

I. Einleitung

II. Der rechtliche Fokus beim autonomen Fahren

III. Sicherheitsanforderungen beim autonomen Fahrzeug

IV. Typgenehmigung

V. Leistungsfähigkeit des autonomen Fahrens gegenüber dem manuellen Fahren

VI. Datenschutz und IT-Sicherheit

VII. StVO/StVG

VIII. Haftung

IX. Ausblick

13. Kapitel: Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz

I. Einleitung

II. Welche Unternehmen sind zur Anwendung des LkSG verpflichtet?

1. Verpflichtung nach dem Gesetz

2. Verpflichtung zur Beachtung des LkSG aufgrund vertraglicher Vereinbarung

III. Verpflichtungen der Unternehmen, welche sich aus dem LkSG ableiten

1. Die Einrichtung eines Risikomanagements

2. Die Festlegung einer betriebsinternen Zuständigkeit

3. Die Durchführung regelmäßiger Risikoanalysen

4. Die Grundsatzerklärung

5. Die Verankerung von Präventionsmaßnahmen

a) Die Verankerung von Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich

b) Die Verankerung von Präventionsmaßnahmen im Verhältnis zu unmittelbaren Zulieferern

6. Das Ergreifen von Abhilfemaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich und bei unmittelbaren Zulieferern

a) Abhilfemaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich

b) Abhilfemaßnahmen bei unmittelbaren Zulieferern

7. Die Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens

8. Die Umsetzung von Sorgfaltspflichten in Bezug auf Risiken bei mittelbaren Zulieferern

9. Die Dokumentationspflicht

10. Die Berichtspflicht

IV. Sanktionen

1. Der Bußgeldkatalog des § 24 Abs. 1 und 2 LkSG

2. Sonderregel für Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 400 Mio. EUR

3. Sonderregel für Unternehmen, die an öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen

Sachverzeichnis

Download des Zusatzmaterials

Autorenverzeichnis

Dr. Eike Edo Happe ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht. Er ist Partner der Eckert Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft mbB und leitet deren Standorte in Frankfurt am Main und Wiesbaden.

Im Rahmen seiner Tätigkeit berät er insbesondere Gläubiger, Übernahmeinteressenten und Unternehmen mit Restrukturierungs- oder Sanierungsbedarf bei insolvenzrechtlichen Fragen. Zusätzlich ist Dr. Happe als Insolvenzverwalter und Sachwalter tätig.

Als Mitautor eines Standardkommentars zur Insolvenzordnung bearbeitet er dort das Insolvenzsteuerverfahrensrecht. Seit 2018 nimmt Dr. Happe einen Lehrauftrag an der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover wahr.

Dr. Sven Hartung ist Rechtsanwalt mit Schwerpunkten im Kauf- und Werkvertragsrecht sowie im Handelsrecht. Seit 1996 ist er in der Beratung von Unternehmen und Unternehmern tätig. Zu seinen Auftraggebern gehören viele Automobilzulieferer und Verbände.

Herr Dr. Hartung ist Geschäftsführer der ANKIN Rechtsanwaltsgesellschaft mbH und Lehrbeauftragter an der Hochschule RheinMain, Fachbereich Ingenieurwissenschaften. Er tritt regelmäßig als Referent bei Seminaren und Inhouse-Schulungen auf und ist Autor zahlreicher Veröffentlichungen, unter anderem in der F.A.Z. und in juristischen Fachzeitschriften.

Sven Regula ist ein in Deutschland zugelassener Rechtsanwalt mit Kanzleisitz in Cebu auf den Philippinen. Sein Arbeitsleben hat er vor knapp 50 Jahren als Mitarbeiter im Kundendienst eines lokalen Radio- und Fernsehfachgeschäfts angefangen und arbeitete dort fast zehn Jahre. Der während dieser Zeit stattgefundene technische Wandel verdunkelte die Zukunftsaussichten für Kundendienstmitarbeitende, woraufhin er sich zum Studium der Rechtswissenschaft entschied. Seine Passion für Technik führte ihn als Rechtsanwalt in die Automobilindustrie und dort insbesondere in die Qualitätssicherung, sein Kundendienstgen in die Lehre, wo er seit mehr als 30 Jahren als Referent zahlloser Seminare und Vorträge und über 20 Jahre lang als Lehrbeauftragter an der Fachhochschule Rhein-Main komplizierte Sachverhalte verständlich vermittelt. Seit Januar 2020 lebt er in Cebu auf den Philippinen. Von dort aus berät er ausgewählte Mandate und hält Online-Seminare.

Angelika Schaeuffelen ist Rechtsanwältin in Frankfurt und schwerpunktmäßig in der rechtlichen Beratung von Mittelstands- und Großunternehmen tätig. Sie ist außerdem Wirtschaftsmediatorin, Kommunikationstrainerin und Autorin zahlreicher Fachbeiträge sowie Mitherausgeberin von Fachbüchern zum Vertragsrecht und Konfliktmanagement. Als Seminarreferentin für Vertrags- und Baurecht vermittelt Angelika Schaeuffelen Einkäufern seit vielen Jahren juristisches Know-how.

Andrea Schlitter ist Rechtsassessorin und langjährige Kundenberaterin bei Funk Internationaler Versicherungsmakler und Risk Consultant (Funk-Gruppe). In dieser Funktion berät sie seit über 30 Jahren Industriekunden, vorwiegend aus der Automobilzulieferindustrie, bei versicherungsrechtlichen Fragen rund um deren Verträge mit ihren Abnehmern. Sie begleitet diese Unternehmen auch im Schadenfall bis hin zur Regulierung durch den Haftpflicht-Versicherer.

Christian Vietmeyer, LL.M., ist Rechtsanwalt sowie Syndikusrechtsanwalt und Hauptgeschäftsführer des WSM Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung e.V. Seit zwölf Jahren berät er dort mittelständische Automobilzulieferer. Er ist zudem Sprecher der ArGeZ Arbeitsgemeinschaft Zulieferindustrie. Zuvor war er acht Jahre Partner einer auf das Wirtschaftsrecht spezialisierten Kanzlei und davor vier Jahre für ein großes Beratungs- und Prüfungsunternehmen tätig. Er organisiert und spricht regelmäßig auf Veranstaltungen für die Automobilzulieferindustrie und setzt sich für deren Interessen ein.

Abkürzungsverzeichnis

a.a.O.

am angegebenen Ort

a.F.

alte Fassung

ABl.

Amtsblatt

Abs.

Absatz

AEUV

Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union

AGB

Allgemeine Geschäftsbedingungen

AI

Artificial Intelligence

Art.

Artikel

Aufl.

Auflage

Az.

Aktenzeichen

BAFA

Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle

BB

Betriebs-Berater (Zeitschrift)

Bd.

Band

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl.

Bundesgesetzblatt

BGH

Bundesgerichtshof

BGHZ

Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen

bzw.

beziehungsweise

c.i.c.

culpa in contrahendo

ca.

circa

CAM

Center of Automotive Management

d.h.

das heißt

DSGVO

Datenschutz-Grundverordnung

e.V.

eingetragener Verein

EDI

Electronic Data Interchange

etc.

et cetera

EuGH

Europäischer Gerichtshof

EUR

Euro

evtl.

eventuell

f./ff.

folgende

gem.

gemäß

GeschGehG

Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen

ggf.

gegebenenfalls

GHV

Geheimhaltungsvereinbarung

GmbH

Gesellschaft mit beschränkter Haftung

gr.

griechisch

HGB

Handelsgesetzbuch

Hrsg.

Herausgeber

i.A.

im Auftrag

i.V.

in Vollmacht/in Vertretung

IBR

Immobilien- & Baurecht (Zeitschrift)

ICC

Internationale Handelskammer

IHK

Industrie- und Handelskammer

inkl.

inklusive

insbes.

insbesondere

InsO

Insolvenzordnung

IPR

Internationales Privatrecht

Kap.

Kapitel

KBA

Kraftfahrtbundesamt

Kfz

Kraftfahrzeug

KMU

kleine und mittlere Unternehmen

LAG

Landesarbeitsgericht

lat.

lateinisch

lfd.

laufend

LG

Landgericht

lit.

litera

LkSG

Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz

m.w.N.

mit weiteren Nachweisen

Mio.

Millionen

n.F.

neue Fassung

NEFZ

Neuer Europäischer Fahrzyklus

NJW

Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift)

Nr.

Nummer

NZM

Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht

OEM

Original Equipment Manufacturer

OLG

Oberlandesgericht

p.a.

per annum

ppa

per procura

PPAP

Production Part Approval Process (Produktionsteil-Freigabeverfahren)

ProdHaftRL

Produkthaftungsrichtlinie

ProdHaftG

Produkthaftungsgesetz

ProdSG

Produktsicherheitsgesetz

QSV

Qualitätssicherungsvereinbarung

r+s

Recht und Schaden (Zeitschrift)

Rn.

Randnummer

S.

Seite

s.

siehe

s.o.

siehe oben

s.u.

siehe unten

StVO

Straßenverkehrs-Ordnung

TÜV

Technischer Überwachungsverein

u.a.

und andere/unter anderem

u.Ä.

und Ähnliche

UNECE

United Nations Economic Commission for Europe

UWG

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb

v.

vom

VDA

Verband der Automobilindustrie e.V.

VDMA

Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V.

vgl.

vergleiche

VO

Verordnung

VVG

Versicherungsvertragsgesetz

z.B.

zum Beispiel

ZVEI

ZVEI e.V. Verband der Elektro- und Digitalindustrie

1. Kapitel: Vertragsabschlüsse in der Automobilindustrie

Liest man das Gesetz, klingt es eigentlich ganz einfach. Es bedarf lediglich zweier übereinstimmender Willenserklärungen, damit ein Vertrag zustande kommt. Doch sobald man sich die Praxis etwas genauer anschaut, stellen sich nicht nur den Juristen, sondern wohl auch Ihnen einige Fragen.

I. Abweichungen in der Auftragsbestätigung

Ob Sie nun als Einkäufer oder als Verkäufer in einem Unternehmen der Automobilindustrie tätig sind, in jedem Fall dürfte Ihnen folgende Situation bekannt vorkommen:

Wir nennen den Einkäufer im Folgenden K und den Verkäufer V. Je nachdem können Sie sich so in Ihre jeweilige Lage als Einkäufer oder Verkäufer versetzen.

Ausgangsfall:

K (Einkäufer eines Automobilherstellers) bestellt bei V (Verkäufer eines Automobilzulieferers) Produktionsmaterial zum Listenpreis, Liefertermin 1.3.2023. V bestätigt das bestellte Material und den Preis, ändert den Liefertermin allerdings auf den 1.4.2023 ab. K fragt daraufhin in der Produktion seines Unternehmens nach, ob der 1.4.2023 als Liefertermin ausreichend ist und bekommt von der Produktion das o.k. Daraufhin korrigiert K im SAP-System den Termin auf den 1.4.2023.

Nun verstreicht der 1.4.2023, aber kein Wareneingang ist zu verbuchen. Nachdem auch eine schriftliche Mahnung von Seiten K fruchtlos verstreicht, ruft K bei V an, welcher ihm mitteilt, dass eine Lieferung des Materials wegen eines überraschend aufgetretenen Lieferengpasses frühestens im Juni 2023 möglich sein wird. Von der Produktion seines Unternehmens muss sich K dann sagen lassen, dass es zu erheblichen Produktionsausfällen, im Worst Case sogar zu Bandstillständen kommen wird, wenn das Material im Mai 2023 nicht zur Verfügung steht.

Natürlich werden nun beide Seiten erstmal einvernehmlich versuchen, die „Kuh vom Eis“ zu bekommen, doch wie sieht es rechtlich aus, wenn dies nicht gelingt und es kommt tatsächlich zu einem erheblichen Folgeschaden? Kann dann K für sein Unternehmen von dem liefernden Unternehmen Schadensersatz verlangen?

Jeglicher Anspruch aus Lieferverzug setzt erst einmal einen wirksamen Vertrag voraus (zu den weiteren Voraussetzungen und Umfang des Schadensersatzanspruches siehe Kapitel 3 „Die Haftung für den Verzug“).

Wie sieht das nun in unserem Ausgangsfall aus?

Wurde ein wirksamer Vertrag zwischen den beiden Unternehmen geschlossen?

Anstelle des Verkäufers würden Sie bestreiten, dass ein Vertrag zustande gekommen ist und wie folgt argumentieren:

– Es liegen keine zwei übereinstimmenden Willenserklärungen vor, denn in der Auftragsbestätigung haben Sie den von K genannten Termin abgeändert und dieser neue Termin ist von Seiten K nicht bestätigt worden.

– Laut Gesetz gilt die Annahme eines Antrages unter Abänderungen des Antrages als Ablehnung des Antrages, verbunden mit einem neuen Antrag. Wenn Sie wollen, untermauern Sie diese Aussage mit dem fast wortgleichen § 150 Abs. 2 BGB.

– Da K den abweichend genannten Termin vom 1.4.2023 nicht rückbestätigt hat, ist der neue Antrag von V nicht angenommen worden, also kein Vertrag zustande gekommen. Daran scheitern dann auch jegliche Verzugsansprüche.

Anstelle des Einkäufers kontern Sie wie folgt:

– Indem Sie auf die abgeänderte Auftragsbestätigung nicht reagiert haben, haben Sie der Abänderung „stillschweigend“ zugestimmt. Deshalb ist in diesem Fall durch „Schweigen“ der Vertrag zustande gekommen.

Wer hat nun „Recht“?

Die Rechtsprechung orientiert sich diesbezüglich zunächst streng am Wortlaut des bereits oben erwähnten § 150 Abs. 2 BGB: Die Annahme mit Änderungen gilt als Ablehnung und neuer Antrag. Gleichgültig ist dabei, ob es sich um eine wesentliche oder unwesentliche Abänderung handelt, so auch der Bundesgerichtshof (BGH, 18.10.2000 – XII ZR 179/98, NJW 2001, 221, 222):

„Auch geringfügige unwesentliche Änderungsvorschläge gegenüber dem unterbreiteten Vertragsangebot führen dazu, dass es für das Zustandekommen des Vertrages einer neuen Erklärung des Vertragspartners bedarf.“

Dies gilt im Übrigen selbst dann, wenn diese Wirkung dem Erklärenden nicht bewusst ist, wie wohl auch dem Verkäufer in unserem Ausgangsfall.

Die dargestellte Rechtsprechung legt nahe, dass jedenfalls mit Zugang der Auftragsbestätigung des V bei K wegen der darin enthaltenen Abweichung im Liefertermin noch kein Vertrag zustande gekommen ist.

Doch Vorsicht: Nicht umsonst werden Juristen im Rahmen ihrer Beratung manchmal lästig und wollen stets sämtliche Schreiben, Vorfälle und Gegebenheiten rund um den Vertragsabschluss übermittelt bekommen. Denn der Teufel steckt oft im Detail. Und stets verweisen auch die Richter auf die „Besonderheiten des Einzelfalls“. Also ist vor vorschnellen Einschätzungen zu warnen.

Besonderheiten beachten!

So könnte zum Beispiel die Rechtslage in unserem Ausgangsfall anders zu beurteilen sein, wenn die Abänderung des Termins für V sichtbar gewesen wäre.

Beispiel: Beide Unternehmen sind, wie dies in der Automobilindustrie durchaus üblich ist, über ein gemeinsames Kommunikationstool miteinander vernetzt.

In diesem Fall wäre die Abänderung des Termins gleichzeitig die Bestätigung der Abweichung gegenüber V, denn dann wäre im Unterschied zu einer rein systeminternen Abänderung des Termins die Erklärung V auch zugegangen.

Dies setzt jedoch voraus, dass eine Änderung des Liefertermins in dem zwischen den Parteien verwendeten Kommunikationstool überhaupt möglich ist. Manche Kunden verwenden Softwareprogramme, in denen der vom Kunden nachgefragte Termin lediglich bestätigt werden kann. Eine Eingabemaske für Terminänderungen fehlt. In diesen Fällen bleibt dem Lieferanten nur die Wahl, den Termin zu bestätigen oder nicht zu bestätigen. Den Termin nicht zu bestätigen, bringt ihn in der Regel in Konflikt mit dem Rahmenvertrag, in dem er sich verpflichtet hat, eingehende Termine im Rahmen einer vereinbarten Kapazität zu bestätigen. Bestätigt er den Termin in der Kenntnis, dass ihm das von seinem Lieferanten zu liefernde Rohmaterial nicht zur Verfügung stehen wird, dann kommt er höchst wahrscheinlich mit den Regeln des Verzuges in Konflikt, es sei denn, es ist ihm gelungen, diesen Fall bereits im Rahmenvertrag zu regeln. Zusagen in Rahmenverträgen, den Kunden im Rahmen einer vereinbarten Kapazität zu den vom Kunden vorgegebenen Terminen zu beliefern, kann ein Lieferant im Grunde nur dann abgeben, wenn er mit allen für die Herstellung seines Produkts relevanten Vorlieferanten entsprechende Vereinbarungen treffen konnte. Ist dies nicht der Fall, muss ein nach ISO 9001:2015 zertifizierter Lieferant aufgrund von Abschnitt 6.1.2 ISO 9001:2015 das Risiko bewerten, von einem Zulieferanten nicht rechtzeitig beliefert zu werden, während er gleichzeitig dem Kunden gegenüber zur Lieferung verpflichtet ist.

Verweigert der Lieferant die Bestätigung des Liefertermins im Kommunikationstool des Kunden, wird der Kunde in der Regel anrufen und versuchen, das Problem zu lösen und zu einem einvernehmlichen Vertragsabschluss zu kommen.

II. Bedeutung des Schweigens im Rechtsverkehr

Wie sieht es aber in dem Ausgangsfall (also ohne Verwendung eines Kommunikationstools) mit dem Argument des K aus? Hat möglicherweise das Schweigen des K auf die abweichende Auftragsbestätigung zu einem Vertragsabschluss geführt?

Zur Beantwortung dieser Frage ist zunächst ein weit verbreiteter Irrtum zu korrigieren, der schlichtweg auch auf entsprechend gelebter Praxis beruht.

In der Praxis gehen meist sowohl Einkäufer als auch Verkäufer davon aus, dass Abweichungen in der Auftragsbestätigung als anerkannt gelten, wenn der Käufer darauf nicht reagiert. Fast immer liefert der Verkäufer deshalb in solchen Fällen zu dem abweichend genannten Termin und der Käufer nimmt die Ware auch dankbar an. Doch bekanntermaßen besteht zwischen gelebter Praxis und Rechtsprechung nicht immer Übereinstimmung, so auch hier:

Merke:

Schweigen heißt grundsätzlich nicht Zustimmung!

Und dies gilt – entgegen weit verbreiteter Auffassung – auch zwischen Kaufleuten!

Entsprechend hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass allein in der widerspruchslosen Hinnahme einer modifizierten Auftragsbestätigung grundsätzlich keine stillschweigende Annahmeerklärung zu sehen ist (BGH, 22.3.1995 – VIII ZR 20/94; BB 1995, 950; so auch OLG Stuttgart, Urteil vom 11.7.2019 – 13 U 230/18, IBRRS 2020, 1499).

Konkludenter Vertragsabschluss durch Lieferung und Annahme

Allerdings ist in der Regel in der widerspruchlosen Entgegennahme der Lieferung eine konkludente Annahme des modifizierten Angebots zu sehen. Dabei spielt es keine Rolle, wenn zwischen modifizierter Auftragsbestätigung und Lieferung ein längerer Zeitraum liegt, denn in der Lieferung der Ware ist eine konkludente Wiederholung des modifizierten Angebots zu sehen, welches der Käufer dann durch die widerspruchslose Entgegennahme der Lieferung annimmt.

Das hilft K in unserem Eingangsfall allerdings auch nicht weiter, da hier ja die Lieferung gerade nicht erfolgt. In diesem Fall ist demnach entsprechend der dargestellten Rechtsprechung davon auszugehen, dass durch das Schweigen des K auf die Abweichung in der Auftragsbestätigung des V kein Vertrag zustande gekommen ist.

Doch sollte man angesichts mannigfaltiger Rechtsprechung auch hier nicht zu vorschnell urteilen. Denn auch von dem Grundsatz, dass Schweigen im Rechtsverkehr keine Auswirkung hat, gibt es Ausnahmen. Und diese Ausnahmen spielen sich dann hauptsächlich auch im kaufmännischen Bereich ab.

An dieser Stelle soll nur auf die für Sie als Einkäufer und Verkäufer wichtigsten, weil praxisrelevantesten Ausnahmen eingegangen werden.

1. Treu und Glauben

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann das Schweigen ausnahmsweise eine Erklärungswirkung entfalten, wenn der Schweigende nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verpflichtet gewesen wäre, seinen abweichenden Willen zu äußern.

Dies könnte zum Beispiel bei länger andauernden Geschäftsbeziehungen der Fall sein, wenn über einen längeren Zeitraum so verfahren wurde, dass der Lieferant die Bestellung des Käufers immer wieder abweichend bestätigt, der Käufer darauf schweigt und der Lieferant dann trotz fehlendem Vertragsschluss jeweils liefert.

Hätten also unsere beiden Protagonisten aus dem Ausgangsfall, bzw. die von ihnen vertretenen Unternehmen, bereits eine länger andauernde Geschäftsbeziehung und wären sie bereits über einen längeren Zeitraum ständig so verfahren, dass V die Bestellungen des K mit einem abweichenden Liefertermin bestätigte und dann auch entsprechend lieferte, könnte K bei der Geltendmachung von Verzugsansprüchen rechtlich gesehen mit besseren „Karten spielen“.

Dabei ist aber zu bedenken, dass der Käufer in einem solchen Ausnahmefall nicht nur die Dauer der Geschäftsbeziehung beweisen muss. Er müsste auch sämtliche Verträge und Vertragsabwicklungen im Rahmen dieser Geschäftsbeziehung als Beweis vorlegen, was kein einfaches Unterfangen sein dürfte.

Merke:

Neben gesetzlich explizit geregelten Ausnahmefällen, beispielsweise in § 516 Abs. 2 BGB (Schenkung) oder § 362 Handelsgesetzbuch (Schweigen auf einen Antrag auf Geschäftsbesorgung im Handelsgewerbe bei laufender Geschäftsverbindung), gibt es noch weitere Ausnahmefälle, in denen der Bundesgerichtshof dem Schweigen im Hinblick auf Treu und Glauben Erklärungswert beigemessen hat, unter anderem in folgenden Fällen:

– bei einem Angebot aufgrund von Vorverhandlungen, in denen über die wesentlichen Vertragsbedingungen bereits Einigkeit erzielt worden war (BGH, 14.2.1995 – XI ZR 65/94, NJW 1995, 1281)

– in einem Fall, wo beide Parteien fest mit einem Vertragsabschluss rechneten (BGH, 2.11.1995 – X ZR 135/93, NJW 1996, 920)

– bei nur unwesentlicher Abweichung vom ursprünglich gestellten Antrag (BGH DB 56, 474) – Preisänderungen sind aber i.d.R. nicht unwesentlich (LG Gießen, NJW-RR 1997, 1210). Allerdings soll es bei wichtigen Verträgen immer einer eindeutigen Annahmeerklärung bedürfen (BGH, 1.6.1994 – XII ZR 227/92, NJW-RR 1994, 1163, 1165)

– bei einer verspäteten Annahmeerklärung (BGH, 31.1.1951 – II ZR 46/50, NJW 1951, 313, BGH, NJW-RR 1994, 1163, 1165)

– bei einer Bestellung auf ein freibleibendes oder ausdrücklich als unverbindlich bezeichnetes Angebot. In diesem Fall ist das freibleibende bzw. unverbindliche Angebot nur eine Aufforderung, ein Angebot abzugeben; die Bestellung ist dann der Antrag auf Vertragsabschluss, und wenn der Lieferant auf diesen Antrag schweigt, gilt sein Schweigen als Annahme.

2. Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben

Der in der Praxis sicherlich wichtigste Ausnahmefall vom Grundsatz, dass dem Schweigen kein Erklärungswert zukommt, ist das sogenannte „kaufmännische Bestätigungsschreiben“. Es geht hierbei um ein Schreiben, in welchem die zwischen Kaufleuten bereits mündlich ausgehandelten Vertragsbedingungen schriftlich noch einmal zusammengefasst werden (ständige Rechtsprechung, unter anderem BGH, 27.1.2011 – VII ZR 186/09, NJW 2011, 1965).

Solche Schreiben lauten beispielsweise wie folgt:

„Ich nehme Bezug auf unser gestriges Telefonat, in welchem wir Folgendes vereinbart haben: ...“

Erhalten Sie ein solches Schreiben, was auch in Form eines Telefaxes oder per E-Mail erfolgen kann, sollten Ihre „Alarmglocken klingeln“. Denn ausnahmsweise führt hier Schweigen dazu, dass der Inhalt des Schreibens als richtig fingiert wird, wenn Sie nicht unverzüglich widersprechen. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sogar für den Fall, dass bislang lediglich verhandelt, also noch kein Vertrag geschlossen wurde. In diesem Fall wird dann sogar der Vertragsabschluss fingiert! Dies bedeutet für Sie:

Eine sofortige Überprüfung des Inhalts eines solchen kaufmännischen Bestätigungsschreibens ist dringend angesagt!

Sind Sie selbst im Urlaub oder aus sonstigen Gründen abwesend, sollte Ihr Vertreter auf das Bestätigungsschreiben reagieren. Ob eine automatische Abwesenheitsnotiz (Abwesenheitsassistent) ausreicht, um das Eintreten der Fiktion durch Schweigen zu verhindern, ist von der Rechtsprechung noch nicht entschieden worden.

Um die beschriebene Wirkung zu entfalten, muss sich das kaufmännische Bestätigungsschreiben allerdings zeitlich unmittelbar an die Vertragsverhandlungen anschließen. 5 Tage können noch unbedenklich sein, nahezu 3 Wochen sind es nicht mehr, wobei die Länge der Frist wie so oft vom Einzelfall abhängt.

Auf die Bezeichnung des Schreibens kommt es nicht an!

Entscheidend ist, dass das Schreiben Bezug nimmt auf eine bereits mündlich getroffene Vereinbarung, um den Inhalt dieser Vereinbarung verbindlich festzulegen.

Die Grundsätze über das kaufmännische Bestätigungsschreiben sind im Gesetz nicht verankert. Sie sind als Handelsbrauch im Verkehr unter Kaufleuten entstanden und gelten als Gewohnheitsrecht.

Im kaufmännischen Bereich bewegen Sie sich immer dann, wenn Sie für Ihr Unternehmen tätig sind.

Unterscheiden Sie das kaufmännische Bestätigungsschreiben von der Auftragsbestätigung!

Das kaufmännische Bestätigungsschreiben bezieht sich auf eine bereits mündlich geschlossene Vereinbarung. Dagegen ist die Auftragsbestätigung die schriftliche Annahme eines Angebotes, sodass durch die Auftragsbestätigung – jedenfalls bei Übereinstimmung mit der Bestellung – zumeist überhaupt erst ein Vertrag zustande kommt. Anders als beim kaufmännischen Bestätigungsschreiben gilt Schweigen auf eine Auftragsbestätigung nur dann als Zustimmung, wenn die oben in Abschnitt II. 1. genannten von der Rechtsprechung entwickelten zusätzlichen Voraussetzungen erfüllt sind!

Form und Inhalt des Widerspruchs:

– Der Widerspruch bedarf keiner Form, ist also auch mündlich oder konkludent (durch schlüssiges Handeln) möglich.

– Sind Sie Empfänger des kaufmännischen Bestätigungsschreibens, müssen Sie allerdings den Zugang des Widerspruchs beweisen können!

– Der Widerspruch muss unverzüglich, das heißt ohne schuldhaftes Zögern erfolgen, das heißt in der Regel binnen 1 bis 2 Tagen, 3 Tage können noch ausreichen. Dagegen ist eine Woche in der Regel zu lang! Aber auch hier entscheidet der Einzelfall, insbesondere auch die Zeitspanne zwischen den Vertragsverhandlungen und dem Zugang des Bestätigungsschreibens.

Ein Widerspruch ist ausnahmsweise entbehrlich, wenn der Absender bewusst unrichtig bestätigt hat oder wenn er mit dem Einverständnis der anderen Seite verständlicherweise nicht rechnen konnte.

Beispiel: Der Inhalt des Bestätigungsschreibens weicht derart von den bereits getroffenen Vereinbarungen ab, dass der Absender mit dem Einverständnis des Empfängers nicht rechnen musste (BGH, Urteil vom 31.1.1994 – II ZR 83/93, NJW 1994, 1288). Dies muss der Empfänger allerdings beweisen, was insbesondere bei Telefonaten ohne weitere Zeugen schwierig sein dürfte!

Kreuzen sich zwei inhaltlich voneinander abweichende Bestätigungsschreiben, so ist in der Regel kein Widerspruch erforderlich.

Die Beweislast ist wie folgt verteilt:

– Derjenige, der sich auf den Inhalt des Bestätigungsschreibens beruft, muss beweisen, dass der Vertragspartner das Schreiben bekommen hat und dass dem Bestätigungsschreiben Vertragsverhandlungen vorausgegangen waren. Hierzu muss zumindest ein geschäftliches Gespräch über den schriftlich bestätigten Vorgang stattgefunden haben (BGH, Urteil vom 8.2.2001 – III ZR 268/00, NJW-RR 2001, 680).

Der Empfänger des Bestätigungsschreibens muss beweisen, dass er unverzüglich widersprochen hat.

Praxistipp:

– Nach dem altbewährten Motto „wer schreibt der bleibt“ empfiehlt es sich, selbst das Bestätigungsschreiben anzufertigen. Dann gilt bei widerspruchsloser Hinnahme das von Ihnen Geschriebene als Vertragsinhalt.

– Beachten Sie, dass sich die Grundsätze über das kaufmännische Bestätigungsschreiben auch auf Nebenabreden beziehen. So können z.B. im Rahmen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens auch Allgemeine Geschäftsbedingungen zum Vertragsinhalt gemacht werden! Also verweisen Sie selbst in einem solchen Schreiben auf Ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen, aber widersprechen Sie, wenn Ihr Vertragspartner in einem Bestätigungsschreiben auf seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen verweist.

– Kaufmännische Bestätigungsschreiben immer unverzüglich und genau prüfen und bei Widersprüchen oder auch unliebsamen Ergänzungen unverzüglich widersprechen!

Ergänzender Hinweis:

Die Rechtsprechung wendet die Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens inzwischen auch auf Verhandlungsprotokolle und Besprechungsprotokolle an (BGH, Urteil vom 27.1.2011 – VII ZR 186/09; KG, Urteil vom 18.9.2012 – 7 U 227/11, IBR 2014, 9).

Praxistipp:

Protokolle jeder Art, seien es nun solche über Besprechungen hinsichtlich der Spezifikation der Ware, Projektsitzungen, Vertragsverhandlungen oder Protokolle bezüglich der Abwicklung von Reklamationen, sind unverzüglich nach ihrem Eingang zu prüfen! Sind Sie mit irgendwelchen Ausführungen aus dem Protokoll – und das können auch Nebenpunkte sein – nicht einverstanden, müssen Sie unverzüglich, das heißt spätestens innerhalb von 2 bis 3 Tagen ab Zugang des Protokolls, widersprechen.

3. Schriftformklauseln in Rahmenverträgen

In Rahmenverträgen mancher Unternehmen in der Automobilindustrie sind Klauseln wie die folgende enthalten:

„Der Lieferant bestätigt die Bestellung des Käufers und die nachfolgenden Lieferabrufe schriftlich oder durch elektronische Datenübertragung.“

Durch diese Klausel wird eine Annahme der Bestellung oder eines Lieferabrufs durch Schweigen ausgeschlossen. Vielmehr ist eine schriftliche Bestätigung (also mit Unterschrift) oder eine elektronische Bestätigung ausdrücklich erforderlich. An anderer Stelle steht im Rahmenvertrag häufig: „Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages oder der auf der Basis dieses Vertrages abgeschlossenen Verträge bedürfen der Schriftform.“

Obwohl diese Klauseln in einer Vielzahl von Verträgen stehen, werden sie in der Praxis häufig übersehen. Man beruft sich dann doch auf mündliche Zusagen der anderen Partei oder darauf, dass das Schweigen der anderen Partei (z.B. auf den Empfang eines oben erwähnten Protokolls) zu einem Vertragsabschluss oder zu einer Änderung des Vertrages geführt habe. Beides soll durch solche Klauseln aber gerade ausgeschlossen werden. Die Rechtslage wird dann rechtlich kompliziert, was in der Regel die Verhandlungsposition der Partei erschwert, die sich auf die angeblich getroffene Vereinbarung beruft. In der Praxis der Automobilindustrie werden solche „Komplikationen“ auf der Ebene der wirtschaftlichen Macht entschieden, wobei der Begriff „Macht“ häufig, aber durchaus nicht immer als „Nachfragemacht“ zu verstehen ist.

III. Kann auf Auftragsbestätigungen verzichtet werden?

Manche Unternehmen der Automobilindustrie verzichten generell auf Auftragsbestätigungen. Dies geschieht zum Teil aus wirtschaftlichen Erwägungen, zum Teil aber auch, um Abweichungen in den Auftragsbestätigungen von der Bestellung zu vermeiden. Es stellt sich dann die Frage, wie sich eine solche Vorgehensweise rechtlich auswirkt.

Ist der Bestellung ein verbindliches Angebot von Seiten des Lieferanten vorausgegangen und weicht die Bestellung nicht von diesem Angebot ab, so stellt die Bestellung des Käufers die Annahme des Angebotes des Lieferanten dar, sodass bereits mit Zugang der Bestellung beim Lieferanten ein Kaufvertrag zustande gekommen ist.

Anders stellt sich die Rechtslage dar, wenn der Bestellung kein verbindliches Angebot des Lieferanten vorausgegangen ist, beispielsweise wenn der Käufer aufgrund von Preislisten, Katalogen etc. bestellt. Dann stellt die Bestellung des Käufers das Angebot auf Vertragsabschluss dar.

Auch hier gilt wieder der Grundsatz, dass Schweigen keinen Erklärungswert hat, andererseits aber die oben in Abschnitt II. 1. genannten Besonderheiten, bei denen Schweigen Zustimmung bedeutet, zu beachten sind.

Das Risiko dieser Vorgehensweise liegt, ähnlich wie bei abweichender Auftragsbestätigung,

– für den Verkäufer vor allem darin, dass er seine bereits produzierte oder für den Käufer bezogene Ware nicht loswird, wenn der Käufer wegen Fehlens eines Vertrages die Annahme verweigert,

– für den Einkäufer darin, dass der Verkäufer zum bestellten Termin nicht liefert und er wegen Fehlens eines Vertrages keinerlei Verzugsschäden geltend machen kann.

IV. Abrufe aus Rahmenverträgen

Handelt es sich bei der Bestellung um einen Abruf aus einem zuvor mit dem Lieferanten abgeschlossenen Rahmenvertrag, so hängt die rechtliche Auswirkung der Bestellung vom Inhalt des Rahmenvertrages ab:

Wurde im Rahmenvertrag die abzurufende Menge bereits verbindlich festgelegt, so ist in der Regel bereits dieser Rahmenvertrag rechtlich als Kaufvertrag zu bewerten. Die Abrufe legen dann lediglich den konkreten Zeitpunkt der Einzellieferungen fest.

Ist die Menge im Rahmenvertrag dagegen noch nicht festgelegt, stellt der Rahmenvertrag selbst noch nicht den konkreten Kaufvertrag dar, sondern regelt lediglich die Rahmenbedingungen für künftig erst noch abzuschließende Kaufverträge. Dementsprechend kann in diesem Fall der Abruf lediglich als Angebot auf Vertragsabschluss bewertet werden, welches vom Lieferanten wiederum, beispielsweise in Form einer Auftragsbestätigung, angenommen werden muss. Allerdings verpflichten sich die Lieferanten in solchen Verträgen in der Regel dazu, ein bestimmtes Kontingent an Produktionskapazitäten für den Kunden freizuhalten und im Rahmen dieses Kontingents innerhalb einer bestimmten vertraglich vereinbarten Zeit in dem vertraglich vereinbarten Umfang Lieferungen durchzuführen, wobei der Kunde sich ausdrücklich vorbehält, keine Abrufe oder nur Abrufe unter dem vereinbarten Maximal-Kontingent zu tätigen. Solche Verträge können für den Lieferanten insbesondere dann existenzbedrohend werden, wenn er im Vertrauen auf die in Aussicht gestellten Abrufe Investitionen tätigt und der Kunde dann das Produkt einstellt, sodass es zu keinen Abrufen kommt. Da die Rechtslage hinsichtlich der betroffenen Produkte in der Regel eindeutig zugunsten des Kunden ist, kann ein Lieferant in solchen Fällen nur versuchen, über andere abgeschlossene Verträge Druck auszuüben.

V. Vertragsabschlussklauseln in Rahmenverträgen

In der Praxis erfolgen allerdings bei der Abwicklung von Rahmenverträgen häufig keine Auftragsbestätigungen auf die Abrufe. Deswegen nehmen die Parteien zum Teil bereits im Rahmenvertrag eine entsprechende Vereinbarung auf:

Beispiel für eine Vertragsabschlussklausel:

„Abrufe (Bestellungen) von Seiten des Bestellers sind unverzüglich, spätestens .... Werktage nach Erhalt vom Lieferanten schriftlich, per Telefax oder elektronisch zu bestätigen. Sollte es ausnahmsweise an einer Auftragsbestätigung von Seiten des Lieferanten fehlen, gilt die Bestellung als vom Lieferanten angenommen, wenn der Lieferant dieser Bestellung nicht innerhalb von ... Werktagen nach Erhalt der Bestellung schriftlich widerspricht.“

Allerdings werden von der Rechtsprechung solche Klauseln, die trotz fehlender Willenserklärung einen Vertrag als zustande gekommen ansehen, jedenfalls als Allgemeine Geschäftsbedingung kritisch betrachtet. Die Chance, eine solche Vertragsabschlussregelung wirksam zu vereinbaren, ist deutlich höher, wenn diese Regelung individualvertraglich erfolgt (zur Abgrenzung siehe Kapitel 2 „Allgemeine Geschäftsbedingungen in der Automobilindustrie“).

VI. Untergeschobene Änderungen in Vertragsentwürfen

Was gilt, wenn der Annehmende in seiner Annahmeerklärung die Änderungen so gut versteckt, dass sie dem Anbietenden gar nicht auffallen?

Der Bundesgerichtshof hatte über einen Fall zu entscheiden, in welchem der Lieferant im Vertragsentwurf des Käufers die Bestimmungen zur Zahlungsweise gelöscht und stattdessen mit identischem Schrifttyp einen anderen Text eingefügt hatte.

Während das Oberlandesgericht noch getreu der Regelung in § 150 Abs. 2 BGB entschieden hatte, dass die Abänderung des Textes durch den Lieferanten ein neues Angebot sei, welches vom Käufer durch Gegenzeichnen des Vertrages angenommen worden sei, half der Bundesgerichtshof wieder mal mit den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nach. Diese erfordern – so der Bundesgerichtshof –, dass Abweichungen in der Annahmeerklärung kenntlich gemacht werden müssen! Sind Abweichungen nicht zu erkennen, gilt das ursprüngliche Angebot! Anders könne – so der Bundesgerichtshof – die Rechtslage allerdings zu beurteilen sein, wenn die Parteien über die vom Lieferanten vorgenommenen Änderungen verhandelt hätten. Denn dann hätte der Käufer mit deren Aufnahme in den Vertragstext rechnen müssen (BGH, 14.5.2014 – VII ZR 334/12, NJW 2014, 2100).

Das Urteil des Bundesgerichtshofs hat große Praxisrelevanz. Denn nicht selten werden in Bestellungen Änderungen vom Angebot oder in Auftragsbestätigungen Änderungen von der Bestellung vorgenommen, die mangels sorgfältiger Prüfung durch die jeweilige andere Vertragspartei nicht erkannt werden. Hier kann das dargestellte Urteil dem „Unachtsamen“ im Streitfall helfen.

Relevant ist dieses Urteil auch für die in der Automobilindustrie übliche Praxis der Kunden, von den Lieferanten zu erwarten, dass diese quasi täglich die aktuell gültigen Fassungen von Verträgen und Werksnormen vom Lieferantenportal herunterladen und diese selbstständig auf Änderungen überprüfen. Im Hinblick auf das oben zitierte Urteil wird man davon ausgehen können, dass eine solche Praxis vom Bundesgerichtshof nicht toleriert wird.

Praxistipp:

Prüfen Sie zurückgesandte Vertragsentwürfe vor Unterzeichnung sorgfältig auf mögliche Abänderungen, denn zunächst zählt das, was in dem von beiden unterzeichneten Vertrag steht. Auf den „Rettungsanker“ Treu und Glauben sollte man tatsächlich nur im Notfall zurückgreifen müssen.

Nehmen Sie selbst in Ihrer Annahmeerklärung Änderungen vom Antrag vor, sollten Sie – jedenfalls wenn sich die vorgenommene Änderung nicht klar und deutlich aus Ihrer Annahmeerklärung selbst ergibt – auf diese explizit hinweisen.

Fehlende Vertragsabschlüsse stellen für Einkäufer und Verkäufer eine Gefahr dar!

Praxistipp für Einkäufer

Praxistipp für Verkäufer

Besonders bei der Bestellung von terminrelevanten Produkten, bei deren Nichtlieferung oder verzögerter Lieferung empfindlich hohe Folgeschäden drohen, sollten Sie stets Auftragsbestätigungen einholen und abweichende Auftragsbestätigungen nochmals rückbestätigen!

Besonders wenn Sie bestimmte Produkte speziell nach den Wünschen des Käufers fertigen, also diese nicht so ohne Weiteres anderweitig loswerden, sollten Sie im Falle einer von der Bestellung abweichenden Auftragsbestätigung eine Rückbestätigung vom Käufer einfordern oder, wenn die Bestellung von Ihrem Angebot abweicht, diese Abweichung in Ihrer Auftragsbestätigung bestätigen.

Ansonsten riskieren Sie, dass

– Ihr Unternehmen auf den entstandenen Verzugsschäden sitzen bleibt,

– Ihnen ein wichtiges „Druckmittel“ entgeht und

– vereinbarte Vertragsstrafen nicht zum Einsatz kommen.

Ansonsten riskieren Sie, dass der Käufer wegen Fehlens eines Vertrages die Annahme der Lieferung verweigert und Sie auf Ihrer bereits produzierten oder für den Käufer fremdbezogenen Ware sitzen bleiben.

VII. Bindung an ein Angebot

Ob Sie nun als Einkäufer oder Verkäufer tätig sind: Wenn Sie einem anderen den Abschluss eines Vertrages anbieten, sollten Sie bedenken, dass Sie gemäß § 145 BGB grundsätzlich an Ihr Angebot gebunden sind.

Beachten Sie:

Angebote können nicht einfach zurückgenommen werden!

Das bekam ein Bieter teuer zu spüren, der sich in einem Ausschreibungsverfahren ernsthaft und endgültig weigerte, sich an seinem Vertragsangebot festhalten zu lassen. Der Bundesgerichtshof verurteilte den Bieter zum Ersatz des Schadens, welcher dem Angebotsempfänger dadurch entstanden war, dass der Vertrag mit diesem Bieter nicht zustande kam, sondern er einen anderen Bieter beauftragen musste (BGH, 24.11.2005 – VII ZR 87/04, MDR 2006, 510).

Unberechtigter Rücktritt von einem Angebot löst möglicherweise Schadensersatzansprüche des Angebotsempfängers aus!

Ähnlich erging es einem Lieferanten, der von seinem Angebot zur Lieferung von Betonfertigteilen noch innerhalb der Bindefrist zurücktrat. Daraufhin erhielt der Käufer (Angebotsempfänger) den erwarteten, nahezu sicheren Auftrag von seinem Kunden nicht und machte deshalb Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns geltend. Das Oberlandesgericht Köln verurteilte den Lieferanten zum Ersatz des gesamten dem Käufer durch Verlust des Auftrages entstandenen Schaden (OLG Köln, Beschluss vom 21.7.2014 – 11 U 10/14, IBR 2014, 716). Auf die Automobilindustrie übertragen bedeutet dieses Urteil: Tritt ein Komponentenlieferant noch innerhalb der Bindefrist von seinem Angebot zurück, welches er an einen Systemlieferanten geschickt hatte und verliert der Systemlieferant deshalb einen nahezu sicheren Auftrag seines OEM, dann kann der Systemlieferant vom Komponentenlieferant Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns, ggf. über lifetime des entgangenen Auftrags verlangen.

Auch den Einkäufer kann es teuer zu stehen kommen, wenn er eine Bestellung einfach „storniert“. Wenn der Bestellung ein verbindliches Angebot zugrunde lag und die Bestellung nicht vom Angebot abwich, ist ohnehin ein Kaufvertrag zustande gekommen, von dem nur unter besonderen Umständen zurückgetreten werden kann (beispielsweise bei Pflichtverletzungen von Seiten des Lieferanten). Aber auch wenn die Bestellung ohne vorheriges Angebot erfolgte, beispielsweise aufgrund von Preislisten oder auf Basis von Rahmenverträgen, liegt in der Bestellung ein verbindliches Angebot, das ebenfalls nicht einfach zurückgenommen werden kann, jedenfalls nicht, solange mit einer Antwort des Lieferanten zu rechnen ist (siehe unten Ziffer VIII).

Von dem Grundsatz, dass Angebote nach § 145 BGB bindend sind, gibt es zwei Ausnahmen:

– Der Anbietende hat bei der Abgabe des Angebots seine Gebundenheit z.B. durch den Zusatz „unverbindlich“ oder „freibleibend“ ausgeschlossen. Dann liegt in der Bestellung des Käufers das eigentliche Angebot zum Vertragsschluss.

– Der Widerruf des Angebots geht dem Empfänger gleichzeitig mit dem Angebot zu.

VIII. Wie lange gilt ein Angebot?

Enthält ein Angebot eine Bindefrist, so erlischt es mit Ablauf dieser Frist. Doch wie lange gilt ein Angebot, das keine Bindefrist enthält? Da man nicht bis an sein Lebensende an sein einmal erklärtes Angebot gebunden sein kann, sieht das Gesetz Fristen für die Annahme eines Angebotes vor. Dabei wird unterschieden, ob das Angebot unter Anwesenden oder unter Abwesenden abgegeben wird.

Bei einem Angebot unter Anwesenden (mündlich oder am Telefon) kann das Angebot nur sofort angenommen werden, § 147 Abs. 1 BGB. Dies bedeutet, dass die Annahme nur in demselben Gespräch erfolgen kann.

Erfolgt das Angebot dagegen unter Abwesenden, d.h. schriftlich (auch Telefax, E-Mail etc.), so kann dieses Angebot nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Anbietende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf, § 147 Abs. 2 BGB. Diese Annahmefrist ergibt sich aus der Zeit für die Übermittlung des Angebots an den Empfänger, dessen Bearbeitungs- und Überlegungszeit sowie aus der Zeit, die für die Übermittlung der Antwort zurück an den Anbietenden gebraucht wird. Bei einfachen Bestellungen beträgt diese Zeit ggf. nur wenige Tage, bei komplizierten Aufträgen vielleicht auch mal mehrere Wochen.

Praxistipp:

Für Lieferanten:

– Sie sollten Ihre Angebote vor Abgabe genau prüfen, denn Sie sind an diese über die Dauer der Bindefrist gebunden. Dies gilt für alle Angaben im Angebot, auch für angebotene Liefertermine!

– Haben Sie Ihr Angebot ausdrücklich als unverbindlich oder freibleibend gekennzeichnet, sind Sie an dieses Angebot nicht gebunden. Allerdings müssen Sie unverzüglich widersprechen, wenn der Käufer auf ein solches Angebot bestellt, sonst gilt Ihr Schweigen womöglich als Zustimmung.

Für Käufer:

Beachten Sie, dass auch Bestellungen verbindlich sind und nicht einfach storniert werden können, auch nicht, wenn Ihr eigener Kunde abspringt.

IX. Die Praxis der Vertragsabschlüsse in der Automobilindustrie

Die obigen Abschnitte I. bis einschließlich VIII. zeigen im Wesentlichen die juristische Theorie eines Vertragsabschlusses bei Anwendung des BGB. Die Kenntnis dieser Theorie ist wichtig, weil die Praxis sich – wie so oft in der Automobilindustrie – vielfach im „rechtsfreien Raum“ bewegt. Kommt es aber zu einem Prozess, verlassen beide Parteien sofort diesen „rechtsfreien Raum“ und betreten die Räume des Gesetzes. In den „rechtsfreien Raum“ gelangen die Parteien in der Regel, indem der Kunde ein Lieferantenportal zur Nutzung durch die Lieferanten zur Verfügung stellt, über welches per EDI (Electronic Data Interchange) auf elektronischem Wege, in der Regel in einem globalen Netzwerk, Geschäftsdokumente ausgetauscht werden. Als EDI vor ca. 40 Jahren Einzug in die global ausgerichtete Automobilindustrie hielt, haben die Parteien häufig noch Nutzungsverträge hinsichtlich der Nutzung von EDI abgeschlossen. Darin waren dann z.B. der Zugang von Willenserklärungen, Formvorschriften hinsichtlich der Willenserklärungen, das anzuwendende Recht und vieles mehr geregelt. Je mehr sich aber Juristen mit diesen Verträgen beschäftigten, umso unübersichtlicher wurden sie. Schlimmer war aber, dass die Verträge letztlich nicht das widerspiegelten, was die Parteien in der Praxis lebten.

Die durch die Verträge entstandenen Widersprüche zur Praxis gefährdeten das eigentliche Ziel von EDI, den Austausch von Dokumenten global effizient zu managen. Deshalb praktizieren heute die meisten Unternehmen der Automobilindustrie EDI ohne Nutzungsverträge oder auf der Basis von Verträgen, die rechtlich häufig einen zumindest fragwürdigen Inhalt haben. Auf diese Weise funktioniert EDI in der Praxis reibungslos und höchst effizient. Kommt es in einem Streitfall aber zu der Frage, ob überhaupt ein Vertrag abgeschlossen wurde, dann lässt sich diese Frage zumindest insoweit positiv beantworten, als dass beide Seiten Dokumente vorlegen können, aus denen sich ein Angebot und eine Annahme des Angebots ableiten lassen. Schwierig wird es aber bereits bei der Frage, ob es rechtlich zulässig war, dem Lieferanten lediglich die Wahl zwischen Vertragsabschluss und nicht Vertragsabschluss zu lassen, geschweige denn, ob die in den Dokumenten erwähnten mitgeltenden Dokumente überhaupt wirksam Vertragsbestandteil wurden. Dies betrifft auch die Frage der Einbeziehung der Allgemeinen Einkaufsbedingungen und damit die Frage des anwendbaren Rechts, wenn die Parteien ihre Niederlassung in unterschiedlichen Staaten haben. Nur weil der Käufer in seinem Lieferantenportal vorschreibt, dass für alle abgegebenen Angebote des Lieferanten ausschließlich seine eigenen Geschäftsbedingungen gelten und die Lieferanten im Grunde nur einige wenige kaufmännische Erklärungen zum Preis, zur Kapazität und zu Lieferbedingungen abgeben können, bedeutet dies nicht, dass Gerichte einen solchen Vertrag als auf der Basis der Allgemeinen Einkaufsbedingungen abgeschlossen betrachten. Zweifel daran bestehen insbesondere, wenn eine Partei ihren Sitz außerhalb Deutschlands hat. Schwierigkeiten ergeben sich häufig aber auch aus dem Umstand, dass auf den Dokumenten verschiedene juristische Personen genannt sind. Dies passiert insbesondere dann, wenn auf beiden Seiten konzernverbundene Unternehmen über ein Portal Geschäftsdokumente austauschen.

Bei der Nutzung von EDI muss man im Falle eines Rechtsstreits also generell davon ausgehen, dass jeder einzelne Vertragsabschluss individuell aus dem Blickwinkel des Gesetzes zu betrachten wäre. Dies kann in der Praxis auf beiden Seiten zu Überraschungen führen.

X. Anfechtung von Willenserklärungen

Nachdem Sie nun wissen, dass Sie grundsätzlich an Ihre Angebote gebunden sind, stellt sich noch die Frage, ob Sie in bestimmten Fällen Ihr Angebot anfechten können und auf diese Weise der Bindung entgehen können.

Doch auch hier ist Ihr Spielraum sehr eng:

Grundsätzlich kommt eine Anfechtung von Willenserklärungen nur dann in Betracht, wenn der Erklärende objektiv etwas anderes erklärt hat, als er subjektiv erklären wollte, das heißt Sie haben etwas erklärt, was Sie in diesem Moment aber gar nicht erklären wollten.

Dies ist in folgenden Fällen gegeben:

Inhaltsirrtum: Der Erklärende war bei der Abgabe seiner Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum (§ 119 Abs. 1 1. Fall BGB)

Beispiel: Der Käufer gibt bei der Bestellung versehentlich eine falsche E-Mail-Adresse ein und beauftragt somit einen „falschen“ Lieferanten, der die Bestellung umgehend bestätigt.

Erklärungsirrtum: Der Erklärende wollte eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben (§ 119 Abs. 1 2. Fall BGB)

Beispiel: Der Käufer gibt bei der Bestellmenge versehentlich eine 0 zu viel ein. Der Lieferant bestätigt sofort.

Übermittlungsirrtum: Die Willenserklärung des Erklärenden wird durch die zur Übermittlung verwendete Person oder Einrichtung unrichtig übermittelt (§ 120 BGB)

Beispiel: Ein Diensteanbieter, welcher dem Käufer E-Mails weiterleitet, übermittelt diesem ein Angebot von Seiten des Lieferanten, welches aufgrund eines Übertragungsfehlers nicht den korrekten Kaufpreis wiedergibt. In diesem Fall kann der Lieferant seine Willenserklärung wegen falscher Übermittlung anfechten.

Täuschung oder Drohung: Der Erklärende wird durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung zur Abgabe seiner Willenserklärung bestimmt (§ 123 Abs. 1 BGB).

Die Anfechtung wegen Irrtums muss unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern nach Kenntniserlangung von dem Anfechtungsgrund erfolgen (§ 121 Abs. 1 BGB). Die wirksame Anfechtung führt zur Aufhebung der Willenserklärung und damit auch des Vertrages. Allerdings muss der Erklärende dem Anfechtungsgegner den Schaden ersetzen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf die Gültigkeit der Erklärung vertraut hat (Vertrauensschaden). Dieser Anspruch ist jedoch begrenzt durch den Betrag des Interesses, den der Anfechtungsgegner an der Gültigkeit der Erklärung hatte (§ 122 BGB).

Willenserklärungen, die auf einem sog. Motivirrtum beruhen, berechtigen grundsätzlich nicht zur Anfechtung.

Beispiel: Der Lieferant hat sich bei seinem Angebot verkalkuliert. Dieses Angebot kann der Lieferant grundsätzlich nicht anfechten. Das gilt sogar für einen vom Auftraggeber erkannten oder von ihm treuwidrig nicht zur Kenntnis genommenen Irrtum! BGH, Urteil vom 7.7.1998 – X ZR 17/97, IBR 1998, 419.

Praxistipp für Lieferanten:

Prüfen Sie Ihre Angebote genau! Kalkulationsfehler berechtigen Sie nicht zur Anfechtung!

Die Ausnahmen von diesem Grundsatz zieht die Rechtsprechung sehr eng: Eine vertragliche Bindung des Anbietenden an sein Angebot kann wegen unzulässiger Rechtsausübung des Auftraggebers insbesondere dann entfallen,

– wenn die Ausführung für den Auftragnehmer/Lieferanten schlechthin unzumutbar wäre, weil sie ihn in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten bis hin zur Existenzgefährdung bringen würde. Dies muss der Anbieter dem Auftraggeber aber unaufgefordert darlegen, außer wenn sie sich dem Auftraggeber geradezu aufdrängen (BGH, Urteil vom 7.7.1998 – X ZR 17/97, IBR 1998, 419); oder

– wenn dem Anbietenden aus Sicht eines verständigen Auftraggebers bei wirtschaftlicher Betrachtung schlechterdings nicht mehr zugemutet werden kann, sich mit dem irrig kalkulierten Preis für die zu erbringende Leistung zu begnügen (BGH, Urteil vom 11.11.2014 – X ZR 32/14, IBR 2015, 84).

XI. Vertragsabschlüsse mit und ohne Vollmacht

Ausgangsfall:

Wie in vielen Unternehmen der Automobilindustrie, insbesondere der Automobilhersteller, ist in dem einkaufenden Unternehmen K klar geregelt, dass grundsätzlich alle Produkte über die Einkaufsabteilung bestellt werden müssen. Die Bedarfsträger selbst haben hierzu keine Vollmacht. Die Beschaffung über den Einkauf dauert dem Produktionsleiter, Herr Stark, aber oft zu lang, Deshalb hat er bereits mehrfach die Einkaufsabteilung „umgangen“ und selbst direkt die von ihm benötigten Bleche beim Lieferanten L bestellt. Die Einkaufschefin, Frau Sauer, hatte zwar jeweils die Rechnungen an den Lieferanten angewiesen, aber Herrn Stark schon mehrfach gebeten, seine Direktbestellungen einzustellen. Als sie nun sieht, dass Herr Stark schon wieder direkt beim Lieferanten bestellt hat, bezahlt sie die entsprechende Rechnung nicht.

Hat der Lieferant L einen Anspruch auf Bezahlung der Rechnung?

1. Vertragsschluss durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht

Hat derjenige, der im Namen eines Unternehmens einen Vertrag abschließt, hierfür keine Vertretungsmacht, so ist der abgeschlossene Vertrag zunächst schwebend unwirksam. Genehmigt das vertretene Unternehmen den Vertrag nachträglich nicht, so ist kein wirksamer Vertrag mit dem Unternehmen zustande gekommen (§ 177 Abs. 1 BGB). Allerdings haftet in diesem Fall der Vertreter ohne Vertretungsmacht dem Vertragspartner gegenüber persönlich (§ 179 Abs. 1 BGB), es sei denn der Vertragspartner kannte den Mangel der Vertretungsmacht oder musste diesen kennen (§ 179 Abs. 3 BGB). Grundsätzlich darf der Vertragspartner aber daran glauben, dass der Vertreter die erforderliche Vertretungsmacht hat, wenn der Vertreter ausdrücklich oder schlüssig dies behauptet (BGH, Urteil vom 2.2.2000 – VIII ZR 12/99, NJW 2000, 1407, 1408).

Nach dem Wortlaut des Gesetzes wäre demnach kein wirksamer Vertrag zwischen dem einkaufenden Unternehmen K und Lieferant L zustande gekommen, wenn Frau Sauer mit der Begründung fehlender Vollmacht des Produktionsleiters die Zahlung der Rechnung gegenüber L verweigert. In diesem Fall würde der Produktionsleiter gegebenenfalls sogar persönlich für die Bezahlung haften. Allerdings besteht in unserem Ausgangsfall die Besonderheit, dass der Produktionsleiter schon mehrfach bei L bestellt hatte und das Unternehmen K die Lieferung jeweils auch bezahlt hat.

Hier könnte eine sogenannte „Anscheinsvollmacht“ vorliegen, eine wichtige und höchst praxisrelevante Kreation der Rechtsprechung als Ergänzung zu § 177 BGB.

2. Anscheinsvollmacht

Eine Anscheinsvollmacht liegt vor, wenn jemand sich die Willenserklärungen eines anderen, den er nicht bevollmächtigt hat, nach Treu und Glauben zurechnen lassen muss, weil er dies bei Anwendung der verkehrsüblichen Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können.

Eine solche Anscheinsvollmacht kann nur auf das Verhalten des Vertretenen, niemals auf das Verhalten des (angeblichen) Vertreters selbst gestützt werden!

Voraussetzungen der Anscheinsvollmacht:

– Der nach außen Handelnde (Vertreter) hat keine Vollmacht.

– Der Vertreter tritt so auf, als wäre er bevollmächtigt.

–Der Vertretene hätte dies erkennen und verhindern können (!).

– Der Vertragspartner weiß nichts vom Fehlen der Vollmacht.

In unserem Ausgangsfall ließe sich Anscheinsvollmacht daraus ableiten, dass das vertretene Unternehmen K die (früheren) Lieferungen auf die Bestellungen des Produktionsleiters jeweils bezahlt hatte. Dadurch hat K gegenüber dem Lieferanten L selbst fahrlässig den Anschein gesetzt, dass der Produktionsleiter Vollmacht für dieses Geschäft hat.

Eine Anscheinsvollmacht hat der Bundesgerichtshof beispielsweise auch daraus abgeleitet, dass ein Unternehmen einen mit der Sache befassten und sachkundigen Mitarbeiter in eine Vertragsverhandlung über den durch Zuschlag zustande gekommenen Vertrag entsendet hat. Der Vertragspartner müsse nicht damit rechnen, dass auf eine Einladung zu einer Vertragsverhandlung ein vollmachtloser Vertreter geschickt werde, wenn nicht besondere Umstände vorliegen oder ihm dies sonst verdeutlicht wird.

Im gleichen Urteil hat der Bundesgerichtshof außerdem entschieden, dass einem Verhandlungsprotokoll, welches dem Vertragspartner zur Kenntnis übersendet wird, unverzüglich widersprochen werden muss, wenn sich der Vertragspartner auf fehlende Vollmacht eines an der Verhandlung beteiligten Mitarbeiters berufen möchte. Ansonsten erlangt die Erklärung ungeachtet einer etwa fehlenden Vertretungsmacht des Mitarbeiters für und gegen das Unternehmen Wirksamkeit und die Vereinbarung kommt mit dem protokollierten Inhalt zustande.

Das Verhandlungsprotokoll sei – so der Bundesgerichtshof – insoweit vergleichbar mit einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben (BGH, 27.1.2011 – VII ZR 186/09, NJW 2011, 1965).

Praxistipps:

– Um Streitigkeiten bei der Abwicklung von Verträgen zu vermeiden, sollten Sie bereits im Rahmen von Projektverträgen oder Rahmenverträgen die Vollmachten genau regeln. Hierbei genügt es nicht, für Auftraggeber und Auftragnehmer die jeweiligen „Ansprechpartner“ festzulegen, sondern es sollte auch klar geregelt werden, wie weit die Vollmacht dieser Ansprechpartner jeweils geht!

– Einmal entstandene Anscheinsvollmacht muss gegenüber dem Vertragspartner ausdrücklich entkräftet werden, damit diese nicht fortwirkt.

– Vom Vertragspartner zur Kenntnis übermittelte Verhandlungsprotokolle sollten Sie unverzüglich prüfen!

– Wichtige Erklärungen/Vereinbarungen, bei denen Sie nicht ohne Weiteres von einer entsprechenden Handlungsvollmacht Ihres Gegenübers ausgehen können, z.B. Geheimhaltungsvereinbarungen, sollten Sie sicherheitshalber vom Geschäftsführer oder Prokuristen unterschreiben lassen.

3. Unterschriftenzusätze von „ppa“ bis „i.A.“ und was rechtlich dahintersteckt

Vielleicht kommen auch Sie manchmal ins Grübeln, wenn es ans Unterschreiben geht: i.V. oder i.A.? Was ist nun eigentlich der richtige Zusatz, beziehungsweise was bedeuten solche Zusätze auf den Geschäftsbriefen Ihrer Vertragspartner?