Redwood Love – Es beginnt mit einem Kuss - Kelly Moran - E-Book
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Redwood Love – Es beginnt mit einem Kuss E-Book

Kelly Moran

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Beschreibung

Redwood, Oregon. Eine kleine Stadt zwischen Bergen und Meer. Hier betreibt Flynn O'Grady gemeinsam mit seinen beiden Brüdern eine Tierarztpraxis. Da er von Geburt an taub ist, muss Flynn sich bei der Arbeit mit den Tieren auf seine anderen Sinne verlassen. Und auf Gabby, seine Assistentin. Die beiden sind ein perfekt eingespieltes Team und auch privat beste Freunde. Deshalb ignoriert Flynn sein Herzklopfen, wann immer er sie zu lange ansieht. Nur lassen sich manche Dinge nicht für immer ignorieren. Vor allem, wenn man in einer Kleinstadt voller schamloser Kuppler wohnt … Ein Ort zum Wohlfühlen, drei Tierärzte zum Verlieben. Der zweite Band der Redwood-Love-Trilogie

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Kelly Moran

Redwood Love – Es beginnt mit einem Kuss

Roman

 

 

Aus dem Englischen von Vanessa Lamatsch

 

Über dieses Buch

Redwood, Oregon. Eine kleine Stadt zwischen Bergen und Meer. Hier betreibt Flynn O’Grady gemeinsam mit seinen beiden Brüdern eine Tierarztpraxis. Da er von Geburt an taub ist, muss Flynn sich bei der Arbeit mit den Tieren auf seine anderen Sinne verlassen. Und auf Gabby, seine Assistentin. Die beiden sind ein perfekt eingespieltes Team und auch privat beste Freunde. Deshalb ignoriert Flynn sein Herzklopfen, wann immer er sie zu lange ansieht. Nur lassen sich manche Dinge nicht für immer ignorieren. Vor allem, wenn man in einer Kleinstadt voller schamloser Kuppler wohnt …

Ein Ort zum Wohlfühlen, drei Tierärzte zum Verlieben.

Der zweite Band der Redwood-Love-Trilogie

Vita

Kelly Moran stammt aus den Südstaaten der USA, lebt heute aber mit ihren drei Söhnen in Wisconsin. Sie gehört der Autorenvereinigung der Romance Writers of America an und wurde schon mit diversen Awards ausgezeichnet. Ihre Trilogie «Redwood Love» ist ihre erste Veröffentlichung in Deutschland. Die Reihe wurde in den USA von Kritikern und Lesern begeistert aufgenommen.

Dieses Buch ist für all die Mädels, die übersehen wurden oder in der Friendzone gelandet sind. Liebe ist möglich.

1

Gabby Cosette strich mit der Hand über das babyblaue Trägerkleid, das sie sorgfältig für diesen Abend ausgesucht hatte, und versuchte, nicht zu eifrig zu wirken. Oder sich zu übergeben. Auch das wäre nicht gut.

Sie saß in einer der Nischen im hinteren Teil des einzigen italienischen Restaurants in Redwood und sah sich um. Dabei tröstete sie sich mit dem Gedanken, dass es noch zu früh war für den Ansturm zum Abendessen. Der Laden war eine gute Wahl. Oder etwa nicht? Nicht so zwanglos wie das Shooters – die Bar, die sie und ihre Freunde normalerweise besuchten –, aber auch nicht so formell wie eines der Fischrestaurants, von denen es in ihrer Kleinstadt an der Küste von Oregon gleich mehrere gab. Das hier war ein bisschen verbindlicher als ein Treffen auf einen Kaffee oder ein Bier, ohne gleich nach Verzweiflung zu riechen.

War eine Nische im hinteren Teil zu offensichtlich? Hatte sie es mit ihrem Make-up übertrieben? Vielleicht hätte sie ihr Haar aufstecken sollen, statt es offen zu tragen?

Nein, nein und nochmals nein. Sie hatte sich ganz bewusst für einen natürlichen Look entschieden. Die Menschen hier in Redwood kannten sie schon ihr ganzes Leben lang. Es war nicht allzu ungewöhnlich, dass Gabby ein Kleid und ein wenig Make-up trug. Sie machte sich unnötig Gedanken.

Es war nur … Na ja, sie hatte seit einem Jahr kein Date mehr gehabt. Seit einem Jahr!

Um ihre Nerven zu beruhigen, atmete sie tief durch und konzentrierte sich auf das rot karierte Tischtuch. Auf dem Fensterbrett rechts von ihr flackerte ein Windlicht, die Flamme der Kerze schimmerte sanft durch das gefärbte Glas. Hinter der Fensterscheibe erstreckte sich der Parkplatz, doch das Auto ihres Dates war bisher noch nicht aufgetaucht.

Es war dämlich, sich wegen einer ersten Verabredung so verrückt zu machen, besonders da es um Tom ging. Sie waren zusammen in die Grundschule und in die Highschool gegangen. Seine Eltern lebten auch heute noch nur ein kleines Stück von ihren entfernt. Es war ein wenig seltsam, dass er nie ein romantisches Interesse an ihr gezeigt, sie aber diese Woche plötzlich um eine Verabredung gebeten hatte.

Andererseits … fast alle in der Stadt betrachteten sie als das nette Cosette-Mädchen, die gute Freundin. Daher die Date-Flaute. Es war schwer, einen Mann auf den Gedanken zu bringen, sie zu küssen – geschweige denn sie sich nackt vorzustellen –, wenn sie doch quasi das Wort ‹platonisch› auf die Stirn tätowiert trug.

Die Kellnerin schlenderte mit dem Notizblock in der Hand heran. «Wartest du auf jemanden, Kleine?»

«Ja.» Sie lächelte und griff nach ihrem Handy, das auf dem Tisch lag. Tom war schon fünf Minuten zu spät. «Er sollte gleich da sein.»

«Oooh. Ein Date?» Mavis stemmte eine Hand in ihre volle Hüfte und grinste, sodass die Falten um ihre Augen sich zu Schluchten vertieften. Gabby war sich nicht sicher, wie alt Mavis war – das wusste niemand –, aber irgendwie schien sie seit Gabbys Kindheit nicht weiter gealtert zu sein.

Gabby öffnete den Mund, um zu antworten, doch in diesem Moment entdeckte sie Tom, der sich zwischen den Tischen hindurchschlängelte, um sich schließlich ihr gegenüber auf die Bank fallen zu lassen.

«Hab dich an der Bar nicht entdeckt. Mit einem Tisch hatte ich gar nicht gerechnet.»

Es war noch ziemlich früh, und selbst am Freitag war das Bella Italia selten besonders voll. Wie schwer war es da wohl, sie zu finden? «Wir brauchen noch einen Moment», sagte sie zu Mavis und wartete, bis die Kellnerin gegangen war.

Tom trug sein blondes Haar für ihren Geschmack zu kurz, und seine Lippen waren zu dünn. Sie betrachtete seine unscheinbar braune Augen, während er seinen Blick unruhig über das Restaurant gleiten ließ, bevor er sich wieder auf Gabby konzentrierte. Er versuchte nicht, sich dafür zu entschuldigen, dass er zu spät dran war. Anscheinend kam er direkt von der Arbeit. Auf seinen Jeans und dem T-Shirt prangten Farbflecken. So was passierte, wenn man für die Maler- und Dachdecker-Firma des eigenen Vaters arbeitete.

«Danke, dass du dir Zeit für mich nimmst.» Er nahm seine Baseballmütze ab und kratzte sich am Kopf.

Wieso klang das so gar nicht nach einem Date? «Ähm … ist doch selbstverständlich. Wie läuft es bei der Arbeit?» Ihr Blick fiel auf seine Hände, die keinen Deut besser aussahen als seine Kleidung. Vielleicht hätte sie sich doch für das Shooters entscheiden sollen.

Gabbys Magen verkrampfte sich, weil irgendetwas hier absolut nicht stimmte. Und diesmal hatte es nichts mit ihrer Nervosität zu tun. Verwirrt, wie sie war, rief sich Gabby das Gespräch noch einmal in Erinnerung, das sie Anfang der Woche mit Tom geführt hatte, als er seinen Hund in die Tierklinik gebracht hatte, in der sie arbeitete. Beim Bezahlen hatte er sich plötzlich zu ihr umgedreht und sie gefragt, ob sie sich mit ihm treffen könnte.

«Gut. Bei der Arbeit läuft alles prima.» Er setzte die Kappe wieder auf und warf einen Blick nach draußen. «Langsam wird es wärmer, also bessert sich die Auftragslage wieder.»

Vielleicht war er auch nervös. Dieser Gedanke entspannte sie ein wenig.

Mavis kehrte zurück und fragte, was sie trinken wollten.

Tom hob abwehrend eine Hand. «Für mich nichts, danke. Ich kann nicht lange bleiben. Ich spiele heute Abend noch mit den Jungs Poker. Und vorher muss ich noch duschen.»

Das gezwungene Lächeln, das Gabby sich ins Gesicht gekleistert hatte, welkte dahin wie die Petunien ihrer Mutter im Herbst. Was meinte er damit, dass er nicht lange bleiben konnte? Warum verabredete er sich mit ihr und vereinbarte eine Pokerrunde für denselben Abend? Und wieso duschte er für seine Freunde, aber nicht für sie?

Mavis blickte in einer Mischung aus Verwirrung und Ärger von einem zum anderen. In dem Schweigen, das folgte, trommelte sie mit dem Stift auf ihren Block. «Kann ich dir etwas bringen?» Sie richtete den Blick auf Gabby, und ihr Tonfall ließ keinen Zweifel daran, dass Gabby besser etwas bestellen sollte.

«Ich nehme einen Eistee. Danke.» Als die Kellnerin gegangen war, sah Gabby Tom an. Er hatte einen Arm über die Rückenlehne der Bank gelegt und die Beine ausgestreckt. Der Geruch von Eau de Farbverdünner wehte über den Tisch. «Also …?»

«Richtig. Stimmt.» Tom beugte sich vor. «Ich weiß zu schätzen, dass ich das persönlich erledigen kann.»

Sie erstarrte. «Erledigen?» Es war kaum mehr zu leugnen, dass es sich hier für Tom offensichtlich nicht um ein Date handelte.

Plötzlich wurde ihr Körper zu einem Kriegsgebiet der gegensätzlichen Gefühle. Innerlich wurde ihr eiskalt, während ihre Haut sich erhitzte. Gabby hoffte inständig, dass sie nicht rot wurde. Ihre helle Haut verriet ihre Gefühle sofort, was sie mehr hasste als Algebra – und Mathe war wirklich grauenerregend.

Tom stieß ein angespanntes Lachen aus, das eher wie ein Wiehern klang und dafür sorgte, dass mehrere andere Gäste sich zu ihnen umdrehten. «Es ist nicht gerade die Art von Gespräch, das man am Telefon führen will oder so, verstehst du?»

Nein. Sie verstand nicht. «Vielleicht solltest du mir einfach sagen, worum es geht?»

Er spielte mit dem Parmesantöpfchen herum, ohne sie anzusehen. «Na ja, die ganze Stadt spricht von Rachels und Jeffs Trennung.»

Gabby runzelte die Stirn, weil sie die Teile dieses irren Puzzles einfach nicht zusammensetzen konnte. Ihre ältere Schwester war nur ein paar Wochen mit Jeff ausgegangen, was nach Rachel-Standard schon fast einer Ehe gleichkam. Rachel hielt sich gern alle Möglichkeiten offen. Und für die meisten Männer hielt sie auch die Schlafzimmertür weit offen.

Bei diesem Gedanken stiegen sofort Schuldgefühle in ihr auf, doch das änderte nichts an der Wahrheit. Sie und Rachel hätten nicht unterschiedlicher sein können. Rachel war stolz und sexy. Gabby war das nette Mädchen von nebenan. Die Männer begehrten Rachel. Das Einzige, was sie von Gabby wollten, war eine Schulter zum Ausheulen, wenn Rachel sie abserviert hatte.

Nervös wickelte Gabby sich eine Strähne um den Zeigefinger. «Ich verstehe nicht, was Rachel und Jeff mit …» Sie wedelte hilflos mit der Hand, weil sie unfähig war, den Satz zu Ende zu führen. Sie hatte wirklich keine Ahnung, worum es hier ging.

«Na ja», sagte Tom so beiläufig, dass sie am liebsten mit den Zähnen geknirscht hätte, «jetzt, wo Rachel wieder zu haben ist, dachte ich, du könntest vielleicht ein gutes Wort für mich einlegen?» Er blinzelte und sah sie hoffnungsvoll an.

Sie konnte ihn ein paar Sekunden lang nur fassungslos anstarren.

Die Erkenntnis, worum es hier wirklich ging, bohrte sich langsam und schmerzhaft in ihren Kopf. Als er sie Anfang der Woche gebeten hatte, sich mit ihm zu verabreden, hatte er sich nicht wirklich mit ihr verabredet. Er hatte etwas gesagt wie: Kannst du dich am Freitag mit mir treffen?

Und dumm, wie sie war, hatte sie daraus geschlossen, dass er mit ihr ausgehen wollte.

Als ob. Es würde sich niemals ein Mann für sie interessieren, da ihre Schwester alle guten Gene abbekommen hatte und nicht in dem Ruf stand, nur ein guter Kumpel zu sein. Sie war nicht wie die gute alte Gabby.

«Das hier war nie ein Date», murmelte sie leise, eher um die Situation zu verarbeiten, als um sich ihre Vermutung bestätigen zu lassen.

«Was?»

Sie schloss die Augen und schüttelte den Kopf, um Tom zu signalisieren, dass es keine Rolle spielte. Was es für ihn ja auch nicht tat, da sie nicht diejenige war, um die es ihm ging. Es hatte keinen Sinn, ihre Demütigung noch zu vergrößern. Es war nicht seine Schuld, dass sie sich etwas eingeredet hatte.

Gott, sie war eine Idiotin.

Enttäuschung machte sich in ihr breit, als all ihre Hoffnungen endgültig in sich zusammenfielen. Eigentlich sollte sie das nicht überraschen. Es war wirklich nicht das erste Mal, dass jemand versuchte, sie als Vermittlerin einzuschalten. Wenn es nicht um ihre Schwester ging, dann um ihre Freundinnen. Aber sie hatte sich auf den heutigen Abend gefreut, hatte gehofft, es wäre ein kurzer Regenschauer in einer langen Dürreperiode.

Ein Kloß bildete sich in ihrer Kehle, und ihre Augen wurden feucht. Sie ließ ihren Blick durch den Raum schweifen, um ihre erbärmlichen Gefühle endlich wieder unter Kontrolle zu bringen. Seit ihrer Ankunft hatten sich die meisten Tische gefüllt. Himmel, wenn sie jetzt anfing zu weinen …

«Also, was sagst du?» Tom stellte das Parmesantöpfchen zur Seite. «Könntest du einem Kumpel ein wenig unter die Arme greifen?»

Kumpel. Das Wort traf sie wie ein Schlag. Doch statt zusammenzuzucken, räusperte sie sich und lächelte. Wer war sie schon, sich wahrer Liebe in den Weg zu stellen? «Natürlich. Ich werde morgen mit ihr reden.»

Sein nervöses Grinsen verwandelte sich in ein echtes Lächeln, sodass seine leicht schief stehenden Vorderzähne sichtbar wurden. «Du bist die Beste, Gabby.»

Jep. Das war sie. Sie widerstand nur mit Mühe der Versuchung, sich selbst sarkastisch auf die Schulter zu klopfen.

Hätte sie überhaupt ernsthaft eine Beziehung mit ihm gewollt? Wahrscheinlich nicht. Tom war nicht übermäßig gutaussehend, besaß aber einen gewissen Charme. Und sein Aussehen spielte ohnehin keine große Rolle, solange er ein gutes Herz oder Sinn für Humor besaß. Sie hatte einfach darauf gehofft, irgendjemanden zu haben.

Was nicht passieren würde. Nicht heute Abend.

Tom stand auf und tippte sich an die Baseballkappe, als wäre es ein Cowboyhut. «Vielen Dank noch mal. Ich muss jetzt los.»

Natürlich. Und sie blieb wieder allein zurück. Vielleicht sollte sie anfangen zu schreiben. Bei Hemingway hatte es funktioniert.

Sie nickte. Dann sah sie Tom hinterher, als er das Restaurant verließ, bevor sie zur Bar schaute, weil sie darüber nachdachte, sich eine kleine Tequila-Therapie zu gönnen.

Flynn lehnte an der Bar und sah sie an. Seine Haltung war entspannt, wie es typisch für ihn war. Er trug noch seine dunkelblaue Praxiskleidung. Das war mal ein attraktiver Mann. So groß, dass sie ihm gerade bis ans Kinn reichte. Athletischer Körperbau, sehnige Muskulatur, breite Schultern, schmale Hüften.

Alle drei O’Grady-Brüder waren auf ihre ganz eigene Art sexy. Aber Gabby war mit ihnen aufgewachsen, und es hatte nie zwischen ihnen gefunkt. Cade, der jüngste Bruder, war seit kurzem mit ihrer Praxismanagerin verlobt, und Drake, der älteste Bruder, war Witwer. Gabby konnte sich einfach nicht vorstellen, dass er sich wieder verabredete, zumindest nicht in nächster Zeit. Auch Flynn ging aktuell mit niemandem aus.

Nicht, dass es eine Rolle gespielt hätte. Sie arbeitete für Flynn und seine Brüder in der Tierklinik, also war das sowieso absolut ausgeschlossen.

Am anderen Ende des Raums kniff Flynn die Augen zusammen und nickte fragend Richtung Tür. Wo ist deine Verabredung hin?

Flynn war taub. Nach all den gemeinsamen Jahren verstand sie mühelos, was er meinte, selbst wenn sie keine Gebärdensprache benutzten wie normalerweise. Zwischen ihnen hatte es immer eine starke Verbindung gegeben, sodass sie sich auch ohne Worte verstanden. Zum Teil hing das damit zusammen, dass sie gute Freunde waren, der Rest war dem Umstand zu verdanken, dass sie seit vielen Jahren eng zusammenarbeiteten.

Sie zuckte nur mit den Achseln, ohne ihre enttäuschte Miene zu verbergen. Es war manchmal zum Kotzen, sie zu sein.

Flynns Brauen senkten sich, und er stieß sich von der Bar ab, um zu ihr zu kommen. Doch im selben Moment tippte ihm der Barmann auf die Schulter und gab ihm eine Tüte. Flynn bezahlte sein Essen und nahm es mit zu ihrer Nische, wo er die Tüte auf den Tisch stellte, bevor er sich setzte.

Er sah sie aus seinen haselnussbraunen Augen an, die von unanständig langen Wimpern umrahmt wurden, dann glitt sein Blick über ihr Gesicht. «Was ist passiert?», fragte er in Gebärdensprache. «Ich dachte, du hättest eine Verabredung?»

Wie immer antwortete sie gleichzeitig mit Worten und mit den Händen. «Das dachte ich auch. Aber es hat sich herausgestellt, dass er nur meine Hilfe wollte, um an meine Schwester heranzukommen.» Als Flynns Miene sich verfinsterte, zuckte sie mit den Achseln. Die Sache war auch so schon peinlich genug. «Meine Schuld. Ich habe zu viel in unser Gespräch hineininterpretiert.»

Flynn starrte sie einen Augenblick ungläubig an, dann schüttelte er den Kopf. Sein attraktives, kantiges Gesicht wirkte irritiert, und er hatte die vollen Lippen angewidert verzogen. Mit einer Hand fuhr er sich durch das rotblonde Haar, das so lang war, dass es sich an den Enden leicht lockte. Flynn neigte dazu, Friseurbesuche aufzuschieben.

Mavis kam wieder zum Tisch. Sie richtete den Blick auf Flynn. «Isst du doch hier?»

Aus Gewohnheit sah er zu Gabby. Flynn konnte Lippen lesen, aber manchmal sprachen die Leute zu schnell oder sahen ihn nicht direkt an, sodass er nicht erkennen konnte, was sie sagten. Gabby wiederholte Mavis’ Frage in Gebärdensprache.

Er grinste, sein ganz normales, gut gelauntes Selbst hatte wieder die Oberhand gewonnen, dann nickte er.

Nun, es mochte keine Verabredung sein, aber Flynn war ihr trotzdem lieber als Tom. Gabby sah die Kellnerin an. «Ich nehme ein Bier vom Fass. Und könntest du mir das größte Stück Tiramisu bringen, das du finden kannst?»

«Geht klar, Kleine.»

Gabby sah ihr kurz hinterher, bevor sie ein tiefes Seufzen ausstieß. Als sie Flynn ansah, verriet seine Miene, dass er geduldig darauf wartete, dass sie ihn wieder beachtete.

Er beugte sich vor, als wollte er seine Aussage betonen. «Er ist ein Arschloch.»

Sie lachte. «Sind sie das nicht alle?»

«Nicht alle.» Er holte einen Styropor-Behälter mit Lasagne aus seiner Tüte, klappte ihn auf und nahm ihre Gabel von der Serviette. Dann drückte er ihr das Besteck in die Hand und gebärdete: «Iss.»

Er griff nach seiner eigenen Gabel und nahm einen Bissen. Als sie selbst nur im Essen herumstocherte, musterte er sie fragend. «Hey. Geht es dir gut?»

«Wird schon wieder. Aber heute noch nicht. Heute tu ich mir noch selber leid.» Er gehörte zu den wenigen Menschen, denen gegenüber sie so etwas zugab. Und da sein Blick sofort weicher wurde und er besorgt die Stirn runzelte, zwang sie sich, einen Bissen Lasagne zu essen. «Danke, Flynn.»

Er nickte, ohne sie aus den Augen zu lassen. «Kinoabend. Bei mir. Du kannst den Film aussuchen.»

Wieso zur Hölle war er nicht vergeben? Ernsthaft?

Die traurige Wahrheit lautete, dass Frauen Flynn wegen seiner Behinderung oft übersahen, genauso wie Männer Gabby übersahen, weil sie immer als die gute Freundin wahrgenommen wurde. Menschen waren dämlich. «Vielleicht sollten wir so einen Pakt schließen. Du weißt schon … dass wir uns gegenseitig heiraten, wenn keiner von uns beiden mit dreißig unter der Haube ist.»

Er zog eine Augenbraue hoch, wie er es immer tat, wenn er sagen wollte ‹Jetzt bist du vollkommen durchgeknallt›. «Ich bin schon dreißig, und du hast in ein paar Wochen deinen runden Geburtstag. Dieser Zug ist abgefahren.»

Okay. «Schön. Zerstör meine Phantasien nur mit deiner Logik.»

Seine Schultern zuckten in einem stummen Lachen.

Sie lächelte. «Na dann, zurück zu unserem heißen Date. Was, wenn ich eine Schnulze aussuche?»

Er zuckte mit den Achseln. «Dann lege ich meine Eier solange in den Kühlschrank. Aber sag’s nicht weiter.»

Sie schlug die Hände vors Gesicht und lachte, bis ihr Bauch weh tat. Als sie sich wieder fing, hatte sich ihre Laune deutlich gebessert. Gott sei gedankt für gute Freunde. «Allein schon deswegen werde ich mein Tiramisu mit dir teilen.»

«Abgemacht.» Er aß noch ein paar Bissen, bevor sein Lächeln leicht verrutschte und sich ein Hauch von Ernst in seinem Blick spiegelte. «Nur fürs Protokoll, ich hätte den Pakt akzeptiert.»

Sie stützte ihr Kinn in die Hand, bevor sie den Kopf wieder hob, um die Hände zum Sprechen frei zu haben: «Wir hätten so süße Babys bekommen.»

«Wem sagst du das. Und jetzt iss, oder ich zwinge dich, noch mal Stirb langsam mit mir zu schauen.»

Sie schaufelte sich mehr von der wunderbaren Kohlenhydrat-Käse-Mischung auf die Gabel. An grauenhaften Tagen zählten Kalorien nicht. «Welchen Teil?»

Er musterte sie mitleidig. «Alle.»

Tod durch Bruce Willis. Es gab Schlimmeres.

2

Flynn konnte sich nur mit Mühe davon abhalten, die Augen zu verdrehen. Er saß in seinem Wohnzimmer auf der Couch, Gabbys nackte Füße lagen auf seinem Schoß, während die lächerlichste romantische Komödie aller Zeiten auf ihr Ende zusteuerte. Er zählte die letzten fünf Minuten des Irrsinns herunter. Der einzige Lichtblick war Meg Ryans vorgetäuschter Orgasmus gewesen. Unglaublich witzig.

Er musste Gabby, die neben ihm lag, nicht einmal ansehen, um zu wissen, dass in ihren Augen Tränen glänzten. Frauen und ihre Liebesgeschichten. Zumindest hatte er es geschafft, sie von ihrem Nicht-Date heute Abend abzulenken. Er hätte Tom gerne die Faust ins Gesicht gerammt, weil er schuld daran war, dass Gabby so geknickt wirkte.

Sie tippte ihm mit dem Fuß auf die Brust, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. «Bin ich unattraktiv?»

Er hatte ihre Fußsohlen massiert, doch jetzt hielt er inne. Wie auch immer er diese Frage beantworten würde, er hätte ein Problem. Zu lügen und ihr zu erklären, dass sie nichts Besonderes sei, würde sie nur tiefer in ihre Depression stürzen. Aber Ehrlichkeit barg die Gefahr, etwas preiszugeben, was er lange versteckt hatte … sogar vor sich selbst.

Die Wahrheit lautete, dass er immer ein wenig für Gabby geschwärmt hatte. Es war nichts Ernstes, nichts Monumentales. Er litt nicht. Die Gefühle waren nur … da. Am Rande seines Bewusstseins. Er war sich Gabbys Existenz immer bewusst.

Die Schwärmerei hatte am ersten Tag der Vorschule ihren Anfang genommen, um sich in der Highschool zu beruhigen, weil er sich gezwungen hatte, die Gefühle zu ignorieren. Und es hatte begonnen, weil eine fünfjährige blonde Elfe mit mitfühlendem Blick nach der Schule nach Hause gestiefelt war, um ihren Eltern mitzuteilen, dass sie im Freizeitzentrum einen Kurs für Gebärdensprache machen wolle, weil sie einen tauben Jungen in der Klasse habe. So war Gabby. Sie dachte immer an andere. Und aus ebendiesem Grund hatte er seine Schwärmerei irgendwann unterdrückt. Gabby hatte alles für ihn getan und irgendwann gar keine anderen Jungs mehr wahrgenommen. Aber jede romantische Verstrickung hätte nur das zerstört, was sie als Freunde hatten.

Sie zog ihre Füße von seinem Schoß. Ihre Miene verriet ihm, dass sie aus seinem Schweigen ganz eigene Schlüsse zog. Verdammt.

Er entschied sich für eine humorvolle Antwort. «Du bist scheußlich. Ich kann dich kaum ansehen, ohne zu würgen.»

Sie verzog ihren hübschen, pinkfarbenen Mund und kniff schlecht gelaunt die babyblauen Augen zusammen. «Ich meine das ernst.»

«Ich auch. Könnte sein, dass ich gleich auf die Toilette muss, um mich zu übergeben.»

Sie seufzte. Er konnte es natürlich nicht hören, aber er fühlte ihren Atem wie eine warme Liebkosung auf seiner Wange. Was zur Hölle stimmte nicht mit Tom? Gabby war zehnmal besser als ihre Schwester. Dieser Idiot hatte heute Abend der puren Perfektion gegenübergesessen, nur um gleich wieder zu verschwinden.

Flynn zog an dem Pferdeschwanz, den Gabby sich gemacht hatte, als sie bei ihm angekommen waren. Sie hatte ihr Kleid aus- und eine seiner alten Jogginghosen angezogen, die sie an der Hüfte dreimal umschlagen musste, damit sie ihr nicht herunterrutschte.

«Du bist bezaubernd.» Mit dieser Antwort war er auf der sicheren Seite. Aber so war sie wirklich – bezaubernd.

«Das ist das Problem.» Sie wedelte mit den Armen, als wollte sie einen Zyklon erzeugen. «Die bezaubernde kleine Gabby.»

Flynn verstand nicht, was daran schlecht sein sollte, also hielt er lieber den Mund.

«Kein Mensch will jemanden flachlegen, der bezaubernd ist. Ich werde niemals Sex haben, oder?»

Auf diese Frage wäre er nicht einmal eingegangen, wenn sein Leben davon abgehangen hätte. Er hob die Hände, um ihr eine beruhigende Antwort zu geben – dass sie eines Tages schon noch den Richtigen finden würde oder irgendwas in der Art –, aber sie war noch nicht fertig.

«Ich meine … ich will, dass ein Mann mich so ansieht, wie Cade Avery ansieht.» Ihr Gesicht nahm einen entspannten, leicht verklärten Ausdruck an, als würde sie sich gerade vorstellen, wie Flynns Bruder und seine Verlobte durchs La-La-Land tanzten. «Als wäre sie sein Ein und Alles.» Ihr Blick glitt zurück zu ihm. Trauer lag darin, und es versetzte ihm einen Stich. «Ich war noch nie das Irgendwas von irgendwem.»

Erster Gedanke? Liebeskomödien waren schlecht für ihr seelisches Gleichgewicht.

Er musste seine Hände dazu zwingen, ihr nicht zu antworten, dass sie sein Ein und Alles war. Diese Reaktion war direkt, fast instinktiv – aber dennoch wahr. Sie war seine beste Freundin, sein Garant für geistige Gesundheit, seine Tierarzthelferin, die ihn im Beruf mehr als jeder andere unterstützte. Nichts davon klang romantisch. Dabei wusste er genau, was sie sagen wollte. In seinem Schlafzimmer herrschte auch nicht gerade reger Verkehr. Und von Liebeserklärungen konnte er nur träumen.

«Ich entschuldige mich für meine Hälfte der Spezies.»

Sie lächelte, doch ihre Augen blieben traurig. «Du bist eigentlich auch kein schlechter Fang. Also entschuldige ich mich ebenso für meine Hälfte der Spezies.»

Genau. Das war Gabby. Sie verstand ihn, selbst wenn er sich gar nicht beschwerte. An den meisten Tagen hatte er fast das Gefühl, sie könnte seine Gedanken lesen. Jetzt zuckte er mit den Schultern, als wäre ihm das vollkommen egal.

«Wieso springen die Frauen dich nicht reihenweise an?»

Ihre Frage war rhetorisch und nicht notwendigerweise an ihn gerichtet. Und sie kannte die Antwort. Flynn mochte genauso gut aussehen wie seine beiden Brüder, aber keine Frau wollte eine dauerhafte Beziehung mit jemandem, der nicht zuhören konnte. «Die Leute neigen dazu, den zu beachten, der schreit, und denjenigen zu ignorieren, der flüstert.»

Ihre Schultern hoben und senkten sich in einem tiefen Atemzug. Das Verständnis in ihren Augen machte ihm klar, dass sie besser zu einem sicheren Thema wechseln sollten. Er warf einen Blick auf den Fernseher und bemerkte, dass der Film zu Ende war. Es war fast Mitternacht, aber sie mussten morgen beide nicht arbeiten. Er fragte sich, ob er einen weiteren Frauenfilm einlegen sollte oder ob Gabby sich inzwischen besser fühlte und aufbrechen wollte.

Fletch, sein Golden Retriever, erhob sich vom Boden vor dem Kamin und kam herüber, um seinen Kopf auf Gabbys Schoß zu legen.

Ihre runden Wangen hoben sich in einem breiten Grinsen, und sie kraulte den Hund hinter den Ohren. Ihr Mund bewegte sich, als sie mit ihm sprach, aber Flynn konnte die Worte nicht erkennen. Dünne Strähnen hatten sich aus ihrem Pferdeschwanz gelöst und fielen ihr über den Hals.

Gabby war auf den ersten Blick nicht sexy oder verführerisch, aber sie leuchtete förmlich von innen, strahlte eine Wärme aus, die die meisten Leute für selbstverständlich hielten und daher einfach übersahen. Ihr Inneres war so verdammt schön, dass es eigentlich keine Rolle spielte, wie sie aussah. Aber unattraktiv? Gabby? Nicht im Geringsten.

Er mochte taub sein, aber die anderen Männer in dieser Stadt waren blind.

«Dein Hund hat zugestimmt, mich zu heiraten.»

Wie gewöhnlich brachte sie ihn zum Lachen. «Du hast ihn mit Speck bestochen. Gib es zu.»

«Er hat seine Entscheidung ausschließlich aufgrund meiner Vorzüge getroffen.»

Dagegen ließ sich nichts sagen. Sie besaß jede Menge Vorzüge. «Diese Diskussion hatten wir schon einmal. Wenn du meinen Hund heiratest, gehöre ich mit zum Gesamtpaket.» Was für ein lächerliches Gespräch, aber er spürte, dass ihr heute Abend ein wenig Unsinn guttat.

Ihr Blick glitt über seinen Körper, als zöge sie … ihn … in Erwägung. Einen Augenblick später wandte sie den Blick ab, und er hatte keine Ahnung, wie ihr Urteil ausgefallen war. «Wer begleitet dich auf Cades Hochzeit?»

Sein Bruder und Avery wollten sich Ende nächsten Monats das Jawort geben. Und da es Averys zweite Ehe war und sie nicht gerne im Mittelpunkt stand, hatten die beiden ursprünglich eine kleine Zeremonie in Moms Haus geplant, das nicht weit von seinem Haus entfernt lag. Drakes und Flynns Häuser lagen an derselben Privatstraße. Doch das Drachentrio – wie Cade ihre Mutter und ihre zwei Tanten nannte – hatte von den Hochzeitsplänen erfahren, und so hatte sich diese kleine Zeremonie inzwischen in einen Zirkus verwandelt. Die Feier sollte jetzt im Veranstaltungssaal des botanischen Gartens stattfinden, und fast die ganze Stadt war eingeladen.

Er hatte bisher nicht groß über die Feier nachgedacht. Wenn Gabby und er nicht gerade ein Date hatten, gingen sie normalerweise zusammen auf solche Feierlichkeiten. Wenn Flynn jetzt so darüber nachdachte, wurde ihm klar, dass er öfter ihre Begleitung gewesen war als irgendjemand sonst. «Möchtest du mich begleiten, wenn dich bis dahin nicht irgendein Neandertaler an den Haaren in seine Höhle geschleppt hat?»

«Wir sind ja auch in der Hochzeitsgesellschaft einander zugeteilt. Warum nicht?»

Was ihn an eine weitere kleine Sorge erinnerte. Okay, eine große Sorge.

«Was ist los?» Gabby hörte auf, Fletch zu streicheln, sehr zum Missfallen des Hundes. Stattdessen richtete sie ihre blauen Augen auf Flynn, und wie jedes Mal machte sein Herz einen Sprung. Eine Mischung aus Kornblume und Saphir – bei diesem Anblick konnte er einfach nicht anders, als alles auszuplaudern.

Er seufzte. «Von der Hochzeitsgesellschaft wird erwartet, dass sie den ersten Tanz tanzt, stimmt’s?»

Sie runzelte die Stirn. «Sicher.» Sie musterte ihn. «Wir haben schon hundertmal miteinander getanzt. Beim Abschlussball und bei den Veranstaltungen in der Stadt.»

Obwohl die ganze Sache eigentlich dämlich war, erwiderte er ihren Blick, bis sie verstand. Es dauerte nicht lang.

Langsam nickte sie. «Aber nie einen langsamen Tanz, bei dem uns alle anstarren.»

Jep. Es war eine Sache, die Menge zu beobachten und die Bewegungen der anderen nachzuahmen, aber etwas vollkommen anderes, komplizierte Tanzschritte zu einer Melodie auszuführen, die er nicht hören konnte.

Gabby hatte ihr Handy herausgezogen und tippte eilig eine Nachricht. Dann wartete sie auf die Antwort.

«Mit wem unterhältst du dich?»

«Brent. Er wird wissen, welches Lied Avery für unseren Tanz ausgesucht hat.»

Brent war Cades Tierarzthelfer in der Klinik und hatte Avery bei den Hochzeitsvorbereitungen geholfen. Aber wieso war es wichtig, welches Lied gespielt wurde?

Gabbys Daumen flogen über das Display, um YouTube aufzurufen. Sie rutschte näher an Flynn heran, sodass ihr frischer Duft nach Honig ihn umhüllte. «Wir tanzen zu Ed Sheerans ‹Thinking Out Loud›. Im Video läuft der Liedtext mit.»

Weil er die Stimmung des Liedes einschätzen konnte, wenn er den Text kannte. Flynn starrte Gabby an und fragte sich zum x-ten Mal in seinem Leben, was er ohne sie tun würde. Um nichts Dummes anzustellen – wie sie aus Dankbarkeit zu küssen –, konzentrierte er sich auf das Handy.

Als er den Text las, merkte er, dass die Worte perfekt seine Gefühle für Gabby beschrieben. Natürlich aus rein freundschaftlicher Sicht. Auf keinen Fall durfte er diese unsichtbare Grenze überschreiten. Sein Leben lief nur so glatt, ergab nur deshalb Sinn, weil sie diese Einheit bildeten. Er war sich sicher, dass sein gesamtes Leben implodieren würde, sollte irgendetwas diesen Status quo gefährden.

Sobald das Video zu Ende war, legte sie ihr Handy zur Seite und stand auf. Die Jogginghose, die er ihr geliehen hatte, hing tief auf ihren perfekt geformten Hüften und drohte, jeden Moment nach unten zu rutschen. Sein altes T-Shirt versteckte all ihre eleganten Kurven. Sie hielt ihm erwartungsvoll die Hand hin.

«Was?»

«Wir üben jetzt.» Sie nahm sein Handgelenk und zog ihn auf die Beine – oder vielmehr ließ er sich von ihr auf die Beine ziehen. Er war gute dreißig Zentimeter größer und wog vierzig Kilo mehr als sie. Sie sah sich im Zimmer um und schürzte die Lippen, als dächte sie darüber nach, wo sie am besten ‹üben› konnten.

Nachdem Flynn und seine Brüder ihren Abschluss als Tierärzte in der Tasche gehabt hatten, hatte jeder von ihnen ein Haus auf dem verwilderten Familiengrundstück am Rand der Stadt gebaut. Im Vergleich zu den Häusern seiner Brüder war Flynns Zuhause relativ bescheiden. Ein einstöckiges Gebäude mit drei Schlafzimmern und einer Küche, die nur halb so groß war wie die von Cade. Drake hatte es richtig krachen lassen, weil er und seine Frau Heather geplant hatten, jede Menge Kinder zu bekommen. Bis Heather vor ein paar Jahren an Krebs gestorben war. Obwohl ihre Geschmäcker sich unterschieden und die Grundrisse ganz anders waren, wiesen alle drei Häuser typisch männliche Einrichtungselemente auf. Riesige, aus Naturstein gemauerte Kamine, unbehandelte Holzböden, Deckenbalken aus Birkenholz, deckenhohe Fenster und klare Linien.

Gabby nahm ihr Handy und führte ihn um die Couch herum in den offenen Bereich zwischen Wohnzimmer und Küche. Vermutlich, damit sie nicht über den Teppich stolperten. Die Holzdielen fühlten sich kühl unter seinen Füßen an, obwohl die Temperaturen draußen langsam stiegen, weil der Frühling nahte.

Sie spielte an ihrem Handy herum, dann ergriff sie seine Hand. «Fühlst du die Vibrationen?»

Kaum. Die Bässe aus einem Lautsprecher waren einfacher zu spüren. Er schüttelte den Kopf.

Sie veränderte etwas an den Einstellungen und sah ihn an. «Und jetzt?»

Besser, ja. Die tiefen Töne pulsierten in stetigem Rhythmus an seiner Hand. Er nickte.

Sie steckte das Handy in die Tasche seines Hemdes, sodass er die Bässe an seiner Brust fühlte. Dann schob sie seinen rechten Arm um ihre Taille und hob seine linke Hand nach oben. Die Position brachte sie näher zueinander, als er erwartet hatte. Ihr sanfter Honigduft umhüllte ihn, und ihre Wärme übertrug sich einladend auf seinen Körper.

Flynn erstarrte, und sein Nacken begann zu kribbeln. Er hätte nicht vermutet, dass irgendetwas, das er in Gabbys Beisein tat, je peinlich sein würde. Aber es war seltsam, ihr so nahe zu sein. Und es war …

Verdammt. Er konzentrierte sich lieber auf seine Atmung.

«Ich habe es so eingestellt, dass der Song immer wieder läuft, also haben wir Zeit.» Gabby lächelte beruhigend, und sofort machte sein Herz wieder einen Sprung. Als er keine Anstalten machte, sich zu bewegen, legte sie den Kopf schräg. «Wir müssen eigentlich nichts anderes tun, als uns hin und her zu wiegen. Fang mit dem linken Fuß an und lass dich von mir führen.»

Es fiel ihm schwer, ihre Lippen zu lesen, während das Blut so heiß durch seine Adern strömte, dass sein Blick verschwamm. Er wusste, dass ihm gleich der kalte Schweiß ausbrechen würde.

Himmel, es war doch nur Gabby.

Vorsichtig setzte sie zum ersten Schritt an, einer leichten Bewegung nach links. Er verstand und folgte. Doch statt anschließend einen Schritt nach hinten zu machen, bewegte er sich gleichzeitig mit ihr nach vorne, sodass sie zusammenstießen. Wobei er ihr auf den Fuß trat. Heftig.

Er schloss fest die Augen. Das war dämlich. Niemand würde auf der Hochzeit auf sie achten, wenn Avery und Cade gleichzeitig auch tanzten und der ganze Saal über und über geschmückt war. Es spielte keine Rolle, ob er tanzen konnte oder nicht.

Er spürte die Erschütterung von Gabbys Lachen an seiner Brust. Sie drückte seine Finger, und pflichtbewusst öffnete er die Augen. «Entspann dich.»

Es war ja nicht so, als versuchte er das nicht. Tut mir leid, formte er mit den Lippen.

Sie schüttelte den Kopf, als wollte sie sagen Du armer, armer Mann, dann legte sie ihre freie Hand in seinen Nacken. Die Hitze ihrer Finger übertrug sich auf seine Wirbelsäule und schoss nach unten in einen Körperteil, der besser aus dem Spiel bleiben sollte. Bevor Flynn wirklich verarbeiten konnte, dass er Gefahr lief, nicht mehr mit dem Hirn zu denken, stellte Gabby ihre kleinen Füße auf seine, sodass ihre Brüste sich an ihn drückten und ihre Körper sich fast auf ganzer Länge berührten. So tanzte ein kleines Mädchen mit seinem Vater, nur dass … er definitiv nicht ihr Vater war.

Plötzlich bekam er kaum noch Luft.

Es war viel zu lange her, seit der das letzte Mal Sex gehabt hatte.

Sie legte den Kopf in den Nacken, um zu ihm aufzusehen, dann grinste sie breit, ohne sich darüber im Klaren zu sein, welche gefährliche Richtung seine Gedanken eingeschlagen hatten. «Jetzt kannst du mir nicht mehr auf die Füße treten. Wo du auch hingehst, ich folge dir.»

Er starrte auf die winzige, runde Narbe über ihrer Augenbraue, die er bisher noch nie bemerkt hatte. Wahrscheinlich ein Überbleibsel der Windpocken, die sie in der zweiten Klasse gehabt hatte. Jetzt kannten sie sich schon all diese Jahre, und er hatte diesen kleinen Punkt gerade zum ersten Mal wahrgenommen. Die Stelle war kaum zu erkennen, war nur noch ein wenig weißer als die helle Haut drum herum.

Sie waren sich so nah, dass sie dieselbe Luft atmeten. Ihr warmer Atem glitt über sein Kinn. Er hätte seinen rechten Hoden darauf verwettet, dass ihre Haut so gut schmeckte, wie sie roch. Sommer und Honig und Süße …

Verdammt. Doppelt verdammt.

Er war erregt. Aber dieses Gefühl hatte nichts mit der Frau zu tun, sondern nur mit biologischen Tatsachen. Die Berührung war einfach so eng, so intim. Er reagierte auf die Berührungen einer Frau. Sonst nichts.

Durch reine Willenskraft – und indem er sich seine Großtante in einem Bikini vorstellte – zügelte Flynn seine Reaktion, bevor Gabby etwas bemerken konnte. Dann machte er die ersten Schritte, vollkommen planlos – einfach, um etwas zu tun.

Sie glitten in drehenden Bewegungen durch den Raum. Gabby stand sicher auf seinen Füßen und drückte sich an ihn. Er hatte einen Arm um ihren Rücken geschlungen, damit sie nicht das Gleichgewicht verlor. Er wirbelte auf der freien Fläche herum, bis ihnen beiden schwindelig war und er sich nicht länger wie ein Schuft fühlte, weil unkeusche Gedanken in ihm aufgekommen waren.

Als er anhielt und nach Luft schnappte, warf sie den Kopf in den Nacken und lachte. Ihr Pferdeschwanz löste sich, sodass ihre Haare sich um ihren Kopf verteilten. Flynn schob ihr ein paar Strähnen aus dem Gesicht und widerstand nur mit Mühe dem Drang, seinen Daumen über ihre Lippen gleiten zu lassen. Jetzt, da ihre Wangen gerötet waren und ihre Augen leuchteten, war ‹bezaubernd› nicht mehr das erste Wort, das ihm in den Sinn kam. Ihm fielen vollkommen andere Adjektive ein, um sie zu beschreiben, doch er verdrängte diese Gedanken schnell. Er konnte nur hoffen, dass seine Miene so ausdruckslos war, wie er es sich wünschte.

Gabbys Lächeln verrutschte leicht, und etwas in ihrem Blick veränderte sich. Sie grub die Finger in seinen Nacken und erstarrte, um sich dann langsam, fast widerwillig, von ihm zu lösen. Sie rückte umständlich das zu große T-Shirt zurecht, das sie sich geliehen hatte, und vermied es, ihn anzusehen.

Mit einer schnellen Bewegung, als könnte sie sich bei der Berührung seines Körpers verbrennen, zog sie ihr Handy aus seiner Brusttasche. «Morgen mit den anderen im Shooters?»

Sie hatten das heute im Laufe des Tages besprochen, also musste sie ihn eigentlich nicht daran erinnern. Er nickte, obwohl ihm der Graben, der sich plötzlich zwischen ihnen aufgetan hatte, gar nicht gefiel. «Ich werde da sein.»

«Ich gehe dann mal …» Sie wedelte mit der Hand Richtung Tür. «Danke, dass du mich aufgemuntert hast.»

Fast hätte er ‹Danke für die Tanzstunde› geantwortet, doch im letzten Moment überlegte er es sich anders.

3

Das Shooters war gerammelt voll mit dem üblichen Samstagabend-Publikum. Aus den Lautsprechern unter der Decke schallte Rockmusik. Mehrere Gäste tanzten auf der improvisierten Tanzfläche ganz hinten im Raum. Das Klicken der Billardkugeln war über den Lärm hinweg nur schwach zu hören. Verzweiflung hing in der Luft wie billiges Parfüm.

Gabby saß an einem Ecktisch und spielte an ihrer Bierflasche herum, während Avery sich darüber beschwerte, dass das Drachentrio sich in ihre Hochzeitsvorbereitungen eingemischt hatte.

«Und jetzt behauptet Marie, das Beste am Kuchen sei, dass man ihn sich gegenseitig ins Gesicht klatscht.»

Marie war die Bürgermeisterin der Stadt und die Tante der O’Grady-Jungs. Als die Älteste der drei ‹Drachen›, wie Cade sie getauft hatte, mischte sie sich schon seit Gabbys Babytagen in die Leben der Bewohner von Redwood ein.

Sie zuckte mit den Achseln. «Ich finde das süß. Cade ist ein witziger Kerl. Warum also nicht?»

Avery schob sich eine braune Strähne aus dem Gesicht. «Dem widerspreche ich ja nicht. Aber ich fühle mich wie ein Zirkusclown. Ich meine, wir wollten eine kleine Zeremonie, und jetzt wird alles durchorganisiert wie eine Musical-Aufführung in einem Irrenhaus.»

Brent lachte und vollführte eine dramatische Geste mit den Händen, wie es nur ein offen schwul lebender Mann tun konnte. «Püppchen, das hier ist ein Irrenhaus. Spiel einfach mit.»

Flynn erhob sich von seinem Stuhl und deutete auf seine leere Flasche, um auf diese Weise zu fragen, ob die anderen auch noch etwas wollten. Die Hälfte des Tisches hob die Hand, dann zog Flynn Richtung Bar ab.

Cade drückte Avery einen Kuss auf die Wange. «Alle sind total aufgeregt, weil du mich tatsächlich dazu gebracht hast, dir einen Antrag zu machen. Niemand hat geglaubt, das je zu erleben. Es wird perfekt. Du wirst schon sehen.»

Avery kniff die Augen zusammen. «Dich dazu gebracht habe? Wer hat hier wen gejagt?»

Cade lachte auf diese unbekümmerte Art, die der Grund dafür war, dass die Frauen ihm zu Füßen lagen. «Details.»

Drake, der älteste O’Grady-Bruder, stellte sein Glas ab und bedachte Cade mit einem strengen Blick. «Ich warne dich. Sollte sie deinetwegen auch nur für eine Sekunde unglücklich sein, werde ich dir das Leben zur Hölle machen.»

Gabby grinste. Bevor Avery nach Redwood gezogen war, war Cade der Playboy der Stadt gewesen und hätte echte Hingabe selbst dann nicht erkannt, wenn sie ihn in den Hintern gebissen hätte. Drake dagegen hatte quasi als Einsiedler gelebt, seitdem er Witwer geworden war. Aber zu Avery war eine enge Verbindung entstanden – Beschützerrolle beschrieb es nicht einmal ansatzweise, auch wenn das seinem jüngeren Bruder gegenüber gar nicht nötig war.

Avery verpasste Drake unter dem Tisch einen Tritt gegen das Schienbein. «Sei still.»

Einer von Drakes Mundwinkeln hob sich. Das kam einem Grinsen näher als alles, was Gabby seit langer Zeit bei ihm gesehen hatte. Dann prostete er Avery spöttisch mit seinem Glas zu.

Gabby ließ ihren Blick zur Bar gleiten, um sicherzustellen, dass Flynn keine Hilfe beim Tragen ihrer Getränke brauchte. Er hatte sich mit dem Rücken zum Tisch auf den Tresen gestützt, ohne sich der attraktiven Rothaarigen in dem ziemlich offenherzigen schwarzen Kleid bewusst zu sein, die neben ihm auf einem Hocker saß. Gabby kannte die Frau nicht, also musste sie eine Touristin sein.

Nun gut. Vielleicht hielt diese Nacht noch Sex für Flynn bereit. Ihr Magen verkrampfte sich, als gefiele ihm diese Vorstellung nicht. Was lächerlich war. Sie wollte doch, dass er jemanden fand und glücklich wurde. Oder nicht?

Sie dachte an diesen Moment in Flynns Haus zurück, dann zog sie ihr Handy heraus, um die Erinnerung zu vertreiben. Sie musste sich eingebildet haben, dass plötzlich Verlangen in seinen Augen aufblitzte. Das hatte sie sich zumindest die ganze Nacht lang eingeredet, nachdem sie sein Haus verlassen hatte. Und dass ihr bei dem Gedanken ganz heiß geworden war und Sehnsucht sie erfasste, hatte sie sich ebenfalls nur eingebildet.

Hinter dir. Heißer-Feger-Alarm.

Sie beobachtete, wie Flynn sein Handy herauszog, aufs Display sah und sich zu Gabby umschaute, bevor er die Rothaarige bemerkte. Er grinste breit und nickte ihr zu.

Zoe, die Hundefriseuse in ihrer Klinik, kippte einen Schnaps hinunter und sah Gabby an. «Wie ist dein Date gestern Abend gelaufen?» Sie schob sich eine Strähne ihres schulterlangen, leuchtend grünen Haars hinters Ohr. Vor einem Jahr hatte sie angefangen, ihre Haare in unnatürlichen Farben zu färben. Niemand wusste, warum, aber es fragte auch niemand nach.

Gabby öffnete den Mund, um zu antworten, und stellte dabei fest, dass sie den Blick nicht von Flynn abwenden konnte. Brachte er die Sache unter Dach und Fach? Sie hatte ihn schon seit einer Weile mit niemandem mehr gesehen. Die Rothaarige lehnte sich zu ihm herüber. Er kommentierte etwas, was sie sagte, mit seinem üblichen, strahlenden Lächeln.

Die Dinge schienen ziemlich gut zu laufen. Aber das war ganz sicher nicht der Grund dafür, dass ihr plötzlich das Herz in die Hose sank.

Flynn legte die Hände über die Ohren, um die Frau wissen zu lassen, dass er taub war. Gabbys Herz raste, weil sie für ihn hoffte, dass die Frau nicht so oberflächlich war wie die meisten. Doch kaum einen Herzschlag später verkrampfte sich die Frau, sie nahm ihren Drink und stapfte davon. Gabby knirschte mit den Zähnen.

«Gabby?»

«Was?» Sie sah Zoe an. «Oh. Tut mir leid.» Sie nahm den letzten Schluck Bier und stellte die Flasche ab, wobei sie um Fassung rang. Worüber hatten sie gerade gesprochen? Ach ja. «Es hat sich herausgestellt, dass es gar kein Date war. Also habe ich zu Therapiezwecken Tiramisu gegessen und einen Film geschaut.» Bei Flynn. Wo sie versucht hatte, ihm die Grundlagen des Tanzens beizubringen, was in vollkommener emotionaler Verwirrung geendet hatte.

Flynn kehrte zum Tisch zurück und stellte die Drinks ab. Für jeden anderen wirkte er wahrscheinlich unverändert – aufmerksam, sorglos und locker. Aber sie kannte all seine kleinen Eigenheiten und Ticks. In der Zeit, in der sie befreundet waren und zusammenarbeiteten, hatte sie gelernt, seine Körpersprache zu lesen. Und seine hängenden Schultern verrieten ihn.

Verdammt. Fast war sie in Versuchung, zur Bar zu stürmen und dem Rotschopf genau zu erklären, was für eine oberflächliche Zicke sie war.

«Ähem.» Brent zog die Augenbrauen hoch. «Wie kann ein Date plötzlich kein Date sein? Erleuchte mich, Zuckerpopo.»

Die Geschichte ihres Lebens. Selbst hier, wo sie von mehr als der Hälfte aller ungebundenen Männer aus Redwood umgeben war, glitten die Blicke der meisten Y-Chromosomenträger einfach über sie hinweg, um Zoe abzuchecken. «Es war einfach ein Missverständnis.»

«Aha. Hm.» Brent verschränkte die Arme. «Was im Namen von Gucci ist tatsächlich passiert?»

Avery verschluckte sich an ihrem Drink.

Gabby gab auf. «Er war an jemand anderem interessiert.» Sie sah kurz zu Flynn, bevor sie den Blick wieder abwandte. Sie war es wirklich leid, dass die Männer sie nicht bemerkten. Zuflucht bei Flynn zu suchen würde daran nichts ändern. «Vielleicht sollte ich mich richtig betrinken und auf der Bar tanzen. Glaubt ihr, dann würden die Männer mich nicht mehr nur als das nette Mädchen sehen?»

Cade rieb sich den Nacken. «Ähm, du bist das nette Mädchen.»

Sie verschränkte die Arme. «Ich kann wild sein.» Konnte sie absolut nicht.

Brent lachte. «Zuckerpopo, deine Vorstellung von wild und meine Vorstellung von wild sind zwei vollkommen verschiedene Dinge.»

Drake richtete den Blick an die Decke, als wünschte er sich, irgendwo anders zu sein, dann rieb er sich das Gesicht, als müsste er ein unangenehmes Bild von seiner Netzhaut vertreiben.

«Ich kann das. Ich kann auf der Bar tanzen. Ich kann mich bewegen wie Jagger», zitierte sie den Song, der gerade lief, während sie inständig hoffte, dass niemand sie beim Wort nahm, weil sie danach vor lauter Scham wahrscheinlich ein Jahr ihr Haus nicht mehr verlassen konnte. Die Nachbarn würden nach ihr sehen müssen, um herauszufinden, ob sie noch lebte.

Sie musste sich wirklich zusammenreißen und diese einsame Selbstmitleidsorgie beenden. Ihr nicht vorhandenes Sexualleben war schließlich nichts Neues. Sie war früher damit klargekommen und würde auch jetzt damit klarkommen. Sich selbst bedauern half auch nicht weiter.

Brent schüttelte dramatisch den Kopf. «Du bewegst dich wie die Typen in Walking Dead, aber wir lieben dich trotzdem.»

Sie lachte. «Okay. Kein Tänzchen auf der Bar.» Sie nahm einen Schluck von ihrem frischen Bier und beäugte Brent über den Rand der Flasche hinweg. «Vielleicht sollte ich die Seiten wechseln?»

Diesmal war es Cade, der sich an seinem Bier verschluckte und heftig husten musste.

Zoe stieß sie mit der Schulter an. «Ich würde es absolut mit dir treiben.»

Gabby grinste. Zoe hatte genauso wenig lesbische Tendenzen wie Gabby selbst. «Oh. Wirklich? Meinst du das ernst?»

«Zur Hölle, ja!» Sie klatschten sich ab.

«Himmel.» Drake massierte sich den Nasenrücken. «Dieses Bild werde ich nie wieder los.»

«Wem sagst du das», murmelte Cade, was ihm einen Knuff von Avery einbrachte. «Was? Zwei Frauen beim Sex. Ich bin schließlich auch nur ein Mann. Selbst wenn ich diese beiden hier schon mein Leben lang kenne, ist das eine heiße Vorstellung.»

«Verdammt, diese Bilder.» Drake rieb sich die Stirn.

Zoes Augenbrauen schossen so weit nach oben, dass sie fast ihre Haare berührten. «Statistisch gesehen stellen sich Männer Frauen bereits innerhalb der ersten fünf Minuten nach dem Kennenlernen nackt vor.»

Drake warf ihr einen herablassenden Blick zu, der fast schon an … na ja, Herablassung grenzte. «Wir haben uns als Kleinkinder kennengelernt.» Dann deutete er mit dem Daumen auf Gabby. «Sie kenne ich, seit sie in die erste Klasse ging.»

Zoe zuckte unbeeindruckt mit den Schultern. «Dann hast du eben früh angefangen.»

Avery beugte sich vor. «Mich kennst du erst seit ein paar Monaten.»

Drakes böser Blick, der ihr deutlich sagte, dass er ihren Kommentar für wenig hilfreich hielt, sorgte nur dafür, dass Avery noch breiter grinste.

Da er wusste, dass er dieses Wortgefecht nicht gewinnen konnte und Zoe ihn nur reizen wollte, richtete Drake den Blick an die Decke und hielt weise den Mund.

Gabby lachte, bis ihr der Bauch weh tat, und fing Flynns amüsierten Blick auf. «Hast du etwas dazu zu sagen?»

Einer seiner Mundwinkel zuckte. «Vergesst nicht, Fotos zu machen.»

Cade schlug mit der Hand auf den Tisch. «Genau meine Meinung.»

***

Flynn fuhr Brent nach Hause – nicht, weil sein Kumpel betrunken war, sondern weil er mit Avery zusammen ins Shooters gekommen war und deshalb kein Auto dabeihatte. Auf der kurzen Fahrt gab Flynn sein Bestes, das Bild von Gabby, wie sie mit ihren gemeinsamen Freunden gelacht hatte, aus seinem Kopf zu verbannen, denn es hatte ihn heftiger angemacht als die muntere Rothaarige an der Bar.

Gabby war jetzt schon fast drei Jahrzehnte seine beste Freundin. Und plötzlich reichte eine kurze Tanzstunde, um all das zum Teufel zu jagen. Sicher, er hatte über die Jahre immer mal wieder darüber nachgedacht. Es waren kurze Was-wäre-wenn-Gedanken. Aber nie hatte er sich gefühlt wie in letzter Zeit. Wie gestern Nacht.

Aber das würde nicht passieren. Absolut ausgeschlossen. Er musste damit aufhören, sich mehr vorzustellen als das, was sie immer gehabt hatten. Musste aufhören, mit seinem Schwanz zu denken. Ein Ständer war kaum ein ausreichender Grund dafür, alles aufs Spiel zu setzen.

Er kurvte durch Brents Viertel, das überwiegend aus pseudo-viktorianischen Häusern und Zedern am Straßenrand bestand, während sich dichter Nebel in die Stadt schob. Sobald er in Brents Einfahrt stand, drehte er sich zu seinem Freund um – und zuckte zusammen. Brents Augen funkelten unheilverkündend.

Flynn musterte ihn wachsam und wartete darauf, dass er ihm wie üblich eine als beiläufige Konversation getarnte tiefere Weisheit präsentierte. Brent schaltete das Licht im Innenraum ein, damit Flynn seine Lippen lesen konnte. Brent beherrschte die Gebärdensprache, aber für einen Großteil seines Vokabulars gab es einfach keine Gesten.

«Wieso hatten du und Gabby eigentlich nie etwas miteinander?»

Flynns erster Gedanke war Oh Scheiße. Verhielt er sich so offensichtlich, dass es den anderen auffiel? Doch dann verwarf er diese Vermutung schnell wieder. Oberflächlich betrachtet, hatte er sich nicht anders benommen als sonst. Vielleicht hatte Brent doch ordentlich einen in der Krone. Um auf Nummer sicher zu gehen, antwortete Flynn einfach nicht.

«Ihr beide könnt ohneeinander gar nicht funktionieren. Für mich ergibt das einfach Sinn.»

Sein Atem stockte. «Wovon redest du?» Er funktionierte ganz wunderbar ohne Gabby. Und andersherum galt dasselbe.

«Du siehst es nicht, oder?» Brent drehte sich ganz zu ihm um und machte es sich in seinem Sitz gemütlich, als wollte er noch eine Weile bleiben. «Ist dir je aufgefallen, dass du dich, wenn wir als Gruppe unterwegs sind, mehr auf sie konzentrierst als auf irgendjemand anderen? Sie übersetzt jedes Wort für dich, das die Leute sagen, damit du nichts verpasst.»

Das tat Gabby schon seit Jahren, weil sie wusste, dass er manchmal Probleme hatte, Lippen zu lesen, wenn mehrere Leute gleichzeitig sprachen. Je größer die Gruppe, desto schwerer fiel es ihm. Er hatte sich so sehr daran gewöhnt, dass er inzwischen meist nur noch sie ansah. Flynn rieb sich das Gesicht. Himmel, das war ihm zur zweiten Natur geworden.

«Weißt du, dass sie das manchmal sogar tut, wenn du nicht dabei bist? Sie sagt ein Wort in Gebärdensprache hier, ein Wort da, auch wenn sie mit anderen redet.»

Natürlich wusste er das nicht. Wie sollte er? Ein schweres Gefühl nistete sich in seinem Magen ein. Vielleicht waren es Schuldgefühle. Die Waage war nicht im Gleichgewicht. Er fragte sich, was Gabby eigentlich von ihrer Freundschaft hatte.

«Ich glaube, das ist einer der Gründe, warum die Männer sie nicht bemerken. Seien wir doch ehrlich. Sie ist unglaublich süß. Aber alle, die sie länger kennen, sehen dich und sie als Einheit. Und damit ist sie quasi tabu.»

Verdammt. Stimmte das? War es seine Schuld, dass andere Kerle sich nicht an sie herantrauten? Plötzlich fühlte er sich wie ausgehöhlt, als hätte jemand seinen Brustkorb ausgeräumt. Er spürte, wie ihm das Blut aus dem Gesicht wich.

«Also habt ihr beide nie …? Nicht ein einziges Mal?»

Flynn musterte Brents Gesicht, während er sich bemühte – und dabei vollkommen versagte –, sich nicht von der Schuld übermannen zu lassen. Brent war, wenn er sich einmal an einer Idee festgebissen hatte, unerbittlich wie ein Terrier. Flynn musste ihn dringend ablenken. «Ich kenne dich auch schon ziemlich lange, und mit dir hatte ich auch noch nie was. Dasselbe in Grün.»

«Oh, Süßer. Ich wäre begeistert, falls du je in meine Richtung abbiegen solltest.» Er schnippte mit den Fingern und legte ein kleines Sitztänzchen hin. «Gibt einfach keine sexuelle Spannung zwischen Gabs und dir, hm? Deswegen habt ihr nie den horizontalen Tango getanzt. Jetzt verstehe ich.»

Flynn hob die Hände, nur um festzustellen, dass ihm keine Antwort einfiel. Sexuelle Anziehung war nicht das Problem, zumindest nicht von seiner Seite. Und wieso sprach er überhaupt mit Brent darüber?

«Keine Bange.» Brent klopfte Flynn beruhigend auf die Brust. «Ich habe Pläne.»

Flynns Schläfen begannen zu pulsieren. «Was meinst du mit, du hast Pläne?»

«Du weißt schon, um Gabby ein wenig Spaß zu verschaffen. Jetzt, wo ich weiß, dass du nicht interessiert bist, werde ich meine gesamte Energie darauf konzentrieren. Und ich bin sehr energetisch.» Er riss die Augen auf, um seine Aussage zu betonen.

Verdammt. Doch Brent war bereits ausgestiegen und ging Richtung Haus, bevor Flynn auch nur schlucken konnte.

Flynn setzte auf die Straße zurück und fuhr Richtung zu Hause. Doch als er den Motor ausschaltete, fand er sich vor Cades Haus wieder, nicht vor seinem eigenen. Er konnte sich nicht mal an die Fahrt hierher erinnern.

Kleine Fichten und Redwood-Bäume erhoben sich rund um die Hütte, sodass das Haus im Schatten lag, weil kaum Mondlicht durch das dichte Blätterdach drang. Der Schnee war Anfang des Frühlings geschmolzen, doch die Blätter begannen gerade erst zu sprießen. Flynn kurbelte das Fenster herunter und sog tief die frische, nach Kiefern duftende Luft in die Lunge, aber sein Kopf wurde nicht klarer.

Er wurde einfach nicht schlau aus dem, was in den letzten vierundzwanzig Stunden passiert war, also stieg er aus und klopfte an Cades Tür. Im Haus brannte noch Licht, also hatte er seinen Bruder noch erwischt, bevor er ins Bett ging. Sie zogen sich ständig gegenseitig auf und machten sich die Hölle heiß, aber er konnte mit seinen beiden Brüdern immer über alles sprechen.

Auch wenn es ihm darum ja gar nicht ging. Er schaute einfach nur mal vorbei. Um – er blickte auf die Uhr – Mitternacht. Und kaum eine halbe Stunde, nachdem er Cade in der Bar gesehen hatte.

Aber Flynn ging es gut. Alles war in Ordnung. Sein Herz raste nicht, und er umklammerte den Türrahmen auch nicht so fest, dass das Holz zu splittern drohte. Und er stand absolut nicht kurz davor, sich von seinem Mageninhalt zu verabschieden.

Die Tür schwang nach innen auf, und Cade trat in den Türrahmen. «Was …»

«Ich habe ein Problem.»

Cade zuckte zusammen. «Geht es Mom gut?»

«Ja», antwortete er sofort.

Cade atmete tief durch, dann hielt er inne, um Flynns Gesicht zu mustern. Er nickte langsam, dann deutete er auf die Schaukelstühle auf der Veranda. Sofort setzte Flynn sich in einen davon.

«Ist etwas passiert?»

Flynn rieb sich das Gesicht, dann sagte er wieder: «Ja.» Er schluckte schwer und sah über den Vorgarten hinweg, wo hier und da nachtaktive Falter flatterten. «Ich glaube, es könnte sein … vielleicht … hege ich …» Zur Hölle damit. «Gefühle für Gabby.»

Cades Lachen fing langsam an, um immer heftiger zu werden, bis er die Arme über den Bauch schlug und sich die Tränen aus den Augen wischen musste.

Flynn warf ihm einen bitterbösen Blick zu.

Cade beruhigte sich sofort, dann beugte er sich langsam vor. Er öffnete den Mund, nur um ihn sofort wieder zu schließen. Dann stand er auf und ging ins Haus, um mit einer Flasche Whiskey zurückzukehren – dem guten Zeug, das sie von entfernten Verwandten in Irland zugeschickt bekamen. Er gab Flynn die Flasche.

Und damit war eigentlich alles gesagt.

4

Gabby betrat die Klinik zehn Minuten vor ihrem Arbeitsbeginn, nur um direkt hinter der Tür wie angewurzelt stehen zu bleiben.

Die Drachen standen gemeinsam mit Flynn, Brent und Avery am Empfang und unterhielten sich. Verdammt. Wenn Flynns Mutter und Tanten hier waren, noch bevor die Klinik öffnete, dann ging etwas vor sich. Nicht gut.

Sie sah Flynn fragend an, doch er zuckte nur mit einer breiten Schulter und warf ihr einen Ich-weiß-gar-nichts-Blick zu.

«Gabby! Genau das Mädchen, das wir sehen wollten.» Marie schlang einen Arm um Gabbys Schulter, sodass eine Strähne von Maries kurzem, dunklem Bob Gabby ins Auge flog.

Doppelt verdammt und Mist obendrauf. Fast alle in der Stadt wussten, dass man besser floh, wenn die Drachen auf einen zukamen. Diese Frauen mischten sich ein. Ständig. Es war nicht nur ihr Hobby, sie betrachteten es als ihre Mission. Gabby allerdings belästigten sie selten. Es musste schon ein kalter Tag in der Hölle sein, wenn sie es für nötig hielten, sie zu belästigen. Wo sie doch das liebe Mädchen war und alles.

«Ähm, okay. Wobei kann ich euch helfen?»

Rosas Grinsen erinnerte an die Cartoon-Version des Grinch. Flynns Tante – die mittlere der drei Schwestern – war ihre Klinikmanagerin gewesen, bevor sie Avery angestellt hatte, also kannte Gabby diesen Blick gut. Und er sorgte dafür, dass ihr kalter Schweiß über den Rücken rann.

Marie trat zurück und verschränkte die Finger ineinander. «Wie du weißt, rückt der Spring Fling näher.»

«Hmm mmm.» Redwood feierte im Laufe des Jahres verschiedene Feste. Der Spring Fling fand im Park in der Nähe der Küste statt und drehte sich thematisch um Ostern. Eigentlich war es Gabbys Lieblingsfest, weil es immer um ihren Geburtstag herum stattfand.

«Und du weißt auch, dass dem Regelwerk zufolge der Kuss-Stand von einem alleinstehenden Mitglied der Gemeinde besetzt werden muss. Avery wollte es machen, aber sie ist nicht mehr alleinstehend. Also haben wir uns für dich entschieden.»

Flynn riss die Augen auf und suchte ihren Blick.

«Ähm …» Gabby rieb sich die Stirn. «Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist.» Wer würde schon dafür zahlen, sie zu küssen, wenn sie nicht mal jemanden dazu bringen konnte, es umsonst zu tun? Der Stand würde der Stadt keinen müden Penny einbringen.

«Quatsch», warf Gayle ein. Flynns Mutter war normalerweise das zurückhaltendste Mitglied des Trios, doch jetzt konnte man ihr deutlich ansehen, dass sie es ernst meinte. «Du bist ein hübsches Mädchen, und die Kerle werden Schlange stehen, um dir einen Schmatzer verpassen zu dürfen.»

Rosa verschränkte die Arme. «Du willst doch das Veranstaltungskomitee oder die alleinstehenden Männer von Redwood nicht enttäuschen, oder?»

Ihr Puls raste. «Nein, natürlich nicht. Es ist nur …»

«Gut.» Rosa nickte, wobei ihre Daumen bereits über ihr Handy tanzten, das sie plötzlich in der Hand hielt.

«W-was tust du?»

«Ich tweete.» Sie grinste. «So, jetzt ist es offiziell. Du bist die Kuss-Königin.» Gabby öffnete den Mund, doch Rosa kam jedem möglichen Kommentar zuvor. «Oh, schaut mal, wir haben schon zwei Antworten.»

Die Drachen unterhielten einen Twitter- und einen Pinterest-Account für die Stadt, die sie beide regelmäßig nutzten, um Neuigkeiten zu verbreiten – oder das, was hier in der Gegend als Neuigkeit durchging. Gabby starrte sehnsüchtig in den hinteren Teil der Klinik. Wenn sie jetzt einfach schreiend weglief, würden die Drachen sie dann in Ruhe lassen?

Flynn richtete sich auf. «Es wirkt nicht so, als wollte sie an dem Stand stehen. Wieso sucht ihr euch nicht jemand anderen?»

Gott. Ihn hätte sie vor Dankbarkeit gerne geküsst, doch das hätte die drei Frauen nur ermuntert.

«Pah.» Marie wedelte wegwerfend mit der Hand.

Flynn wirkte selbst ein wenig verstört von der Idee. Sein Blick huschte zwischen Gabby und seinen Tanten hin und her, seine Schultern spannten sich unter dem blauen Praxishemd an. Er hob die Hände, um sich mitzuteilen, doch Gabby verpasste seine Gesten, als ihr Blick zu Brent huschte, weil er sich jetzt einschaltete.

«Ich habe es dir doch gesagt.» Brents singender Tonfall sorgte dafür, dass die Alarmglocken in Gabbys Kopf schrillten. Das Schrillen wurde noch lauter, als Brent Marie ansah und bedeutungsvoll die Augenbrauen hochzog.

Was ging hier vor sich? «Was hast du ihr gesagt?»

Marie ignorierte sie. «Das hast du. Und ich glaube, du hattest recht.»

«Recht womit?» Das alles wurde immer absurder.

«Da wäre noch was», sagte Marie. «Wie immer in der Vergangenheit sollen jeweils zwei Mitarbeiter von allen Unternehmen in der Stadt an den Wettbewerben teilnehmen, die während der Feier stattfinden. Du und Flynn, ihr werdet für Animal Instincts antreten.»

Es ging hierbei um so etwas wie Staffellauf und Eier-Weitwurf. Nichts allzu Verrücktes. Doch trotzdem stellten sich Gabby die Nackenhaare auf. Langsam sah es so aus, als versuchte das Drachentrio, Amor zu spielen. Vor ein paar Monaten hatten sie ähnliche ‹Zufälle› für Avery und Cade arrangiert. Aber … wieso sie und Flynn? Und wieso jetzt?

Sie sah Brent an. «Ich dachte, du und Zoe vertreten die Klinik.»

«Sehr seltsame Geschichte», meinte Avery trocken. «Er hat sich den Knöchel verstaucht.» Ihre Miene verriet deutlich, dass sie dieser Behauptung ungefähr genauso viel Glauben schenkte wie der Geschichte von der Zahnfee.

Gabby kniff die Augen zusammen und sprach durch die zusammengebissenen Zähne. «Bis zum Spring Fling vergehen noch ein paar Wochen. Bis dahin solltest du dich erholt haben. Falls nicht, nehme ich mit Zoe teil.»