Regenwasserversickerung, Regenwassernutzung - Mehdi Mahabadi - E-Book

Regenwasserversickerung, Regenwassernutzung E-Book

Mehdi Mahabadi

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Beschreibung

Dieses Buch beschreibt Ihnen die Planungsgrundsätze und Bauweisen für Regenwasserversickerungsanlagen und Regenwassernutzungsanlagen. Dazu gehören Ausführungen zu rechtlichen Aspekten, zur Bestimmung des Wasserdurchlässigkeitsbeiwertes der Böden und zur Berechnung der Starkniederschlagshöhen für jeden Standort. Weiterhin finden Sie Informationen zu Bemessungsgrundlagen und Ausbildungsformen offener Abflussrinnen und zur hydraulischen Bemessung von Rohrleitungen. Viele Beispiele zu Formen von dezentralen Anlagen zur Versickerung, zur Versickerung von Niederschlagswasser sowie zur Planung und zum Bau von Regenwassernutzungsanlagen verdeutlichen die Thematik.

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Mehdi Mahabadi

Regenwasserversickerung Regenwassernutzung

Planungsgrundsätze und Bauweisen

Ulmer E-Books

Mit einem Beitrag von Prof. Dr. Inés Maria Rohlfing

und einem Bodengutachten der Ingenieurgesellschaft KOSTER & KREMKE

 

Redaktionelle Überarbeitung der Zeichnungen Dipl.-Ing. Stefanie Kathrin Hachenberg

 

226 Abbildungen

46 Tabellen

Inhaltsverzeichnis

WidmungHerausgeberVorwortTeil 1 Regenwasserversickerung1 Einleitung2 Rechtliche Aspekte (Inés Maria Rohlfing)3 Antragstellung, Vorgehensweise und notwendige Unterlagen4 Bestimmung der Wasserdurchlässigkeit von Böden5 Bemessungsgrundsätze zur Berechnung des Regenabflusses von Flächen6 Offene Abflussrinnen, Bemessungsgrundlagen und Ausbildungsformen7 Abflussrohre, Materialien, Verlegung und Bemessungsgrundlagen8 Formen der dezentralen Niederschlagswasser-VersickerungsanlagenTeil 2 Regenwassernutzung9 Normative Grundlagen und Anforderungen an das Regenwasser10 Verwendung von Regenwasser in verschiedenen Bereichen11 Auffangflächen für Regenwasser12 Bestandteile der Regenwassernutzungsanlagen13 Planung und Dimensionierung von RegenwassernutzungsanlagenTeil 3 Innerörtliche Überflutung14 Ursachen und GegenmaßnahmenServiceHinweise zur Dimensionierungsberechnung mithilfe eines DatenbankprogrammsListen relevanter RechtsvorschriftenListe der relevanten RichtlinienListen der relevanten NormenListe der deutsch-englischen FachbegriffeLiteraturBildquellen
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Für Amir, Minu, Benny und für meine Frau

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Dieses Buch ist Bestandteil der Reihe „Fachbibliothek grün“, die von Prof. Dipl.-Ing. Alfred Niesel begründet wurde. In dieser Reihe erscheinen Fach- und Lehrbücher für den Garten- und Landschaftsbau, für Landschaftsarchitekten sowie Garten- und Umweltämter.

 

Herausgeber dieser Reihe sind

Prof. Dipl.-Ing. Bjørn-Holger Lay,

Prof. em. Dr.-Ing. Mehdi Mahabadi,

Prof. Dipl.-Ing. (FH) Martin Thieme-Hack.

 

Prof. em. Dipl.-Ing. Alfred Niesel

Hochschule Osnabrück

Fakultät Agrarwissenschaften und Landschaftsarchitektur

Lehrgebiet Landschaftsbau/Baubetrieb

Hesselkamp 79

49088 Osnabrück

 

Prof. Dipl.-Ing. Bjørn-Holger Lay

Hochschule Osnabrück

Fakultät Agrarwissenschaften und Landschaftsarchitektur

Lehrgebiet Baukonstruktion und Bautechnik

Oldenburger Landstraße 24

49090 Osnabrück

 

Prof. em. Dr.-Ing. Mehdi Mahabadi

Hochschule Ostwestfalen-Lippe

Lehr- und Forschungsgebiet Technik des Garten- und Landschaftsbaus

Hellerkamp 26

42555 Velbert

 

Prof. Dipl.-Ing. (FH) Martin Thieme-Hack

Hochschule Osnabrück

Fakultät Agrarwissenschaften und Landschaftsarchitektur

Lehrgebiet Baubetrieb im Landschaftsbau

Oldenburger Landstraße 24

49090 Osnabrück

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Vorwort

Der Mensch und alle anderen Lebewesen – sowohl Fauna als auch Flora – sind Schöpfungen Gottes. Nach der Systematik der Schöpfung hat Gott unseren „blauen“ Planeten für ihr Dasein ausgestattet. Zu den elementarsten Grundlagen der Existenz der Lebewesen gehört das Wasser. Ohne Wasser ist kein Leben möglich. Von diesem Standpunkt aus betrachtet, erhalten das Schützen, das Bewahren und der verantwortungsvolle Umgang mit dem Wasser mindestens zwei Dimensionen: ethisch-religiöse und funktionale, der Notwendigkeit entsprechende.

Wasser bedeckt heute zu ca. 71 % die Erde und ist somit die häufigste chemische Verbindung auf der Erdoberfläche. Man könnte annehmen, dass es im Überfluss vorhanden sei. Dass diese Annahme nicht zutrifft und in vielen Teilen der Welt Wasserknappheit herrscht, belegen folgende Sachverhalte:

1. Das Wasser der Meere ist zwar für die Beherbergung der Meereslebewesen und für die Produktion des atmosphärischen Wasserdampfs unumgänglich, aber als Trinkwasser oder zur Bewässerung der landwirtschaftlichen und gartenbaulichen Flächen ist es unbrauchbar.

2. Durch übermäßigen Einsatz von Schädlings- und Unkrautbekämpfungsmitteln und aufgrund der Überdüngung in der Landwirtschaft werden viele Oberflächengewässer und Teile der Grundwasservorräte als Trinkwasserreservoir bedingt bzw. gänzlich unbrauchbar gemacht.

3. Die Erhöhung des Versiegelungsgrads der Erdoberfläche verringert die Grundwasserneubildung durch den

Bau von Verkehrsflächen,

Bau von Siedlungen und

Bau von Industrie- und Gewerbeanlagen.

Allein in der Bundesrepublik werden täglich ca. 80 ha Land versiegelt, was vielerorts zur Störung des ökologischen Gleichgewichts führt. Weitere Folgen sind

die Reduktion der Grundwasserneubildung,

die Vernichtung der Lebensräume für bedrohte Fauna und Flora,

die zunehmende Minimierung fruchtbaren Lands,

die zunehmende Überlastung der Entwässerungsnetze und die

Zunahme gravierender Überschwemmungen nach großen Regenschauern.

In dem von der Europäischen Kommission herausgegebenen Magazin für die europäische Forschung heißt es: „Seit 1970 ist die pro Kopf verfügbare Wassermenge um 40 % zurückgegangen, und zwei von fünf Bewohnern unserer Erde sind mit Versorgungsproblemen konfrontiert.“

4. Ca. 3 % der Erdbevölkerung lebten im Jahr 1800 in den Städten. Dieser Anteil hat sich bis heute auf ca. 50 % erhöht. Diese Entwicklung wird sich nach heutigen Prognosen fortsetzen und der Anteil bis zum Jahr 2025 auf 65 % steigen. Demnach werden dann zwei Drittel der Menschen Stadtbewohner sein (Wissenschaftlicher Beirat „Stadtökologie“ des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF) in: Naturnahe Regenwasserbewirtschaftung, Hrsg. FRIEDHELM SIEKER 1998).

5. Die Zunahme der Erdbevölkerung – nach Angaben der UN hat die Erdbevölkerung am 31. Oktober 2011 die 7-Milliarden-Grenze überschritten – führt zur Verschärfung der geschilderten Sachlage.

Die verursachten globalen Probleme, mit denen die Menschheit konfrontiert ist – dazu gehören die Erhöhung der Erdwärme und Verschiebung des Makroklimas sowie deren negative Folgeerscheinungen wie Überschwemmungen, Ausbreitung der Wüstengebiete, immer knapper werdende Trink- und Brauchwasserreservoirs etc. –, können nicht nur durch eine einzige Gegenmaßnahme bekämpft werden. Die Maßnahmen sollten vielmehr aus einem Bündel von Teilaktionen bestehen, die gemeinsam die genannten Probleme zu mildern helfen.

Der Bau von dezentralen Versickerungsanlagen gehört ebenfalls zu diesen Teilaktionen, die mosaikartig besonders in dichtbesiedelten Gebieten mit sehr hohem Versiegelungsgrad zum Ausgleich der sinkenden Grundwasserstände führen und dementsprechend ebenfalls zur Reduzierung der Überschwemmungen beitragen können. Darüber hinaus hat der Bau von dezentralen Versickerungsanlagen weitere positive Auswirkungen, die in Kapitel 1, der Einleitung, beschrieben werden.

Die vorliegende Veröffentlichung richtet sich in erster Linie an Garten- und Landschaftsarchitekten, Garten-, Landschafts- und Sportplatzbaufirmen, kommunale Fachbehörden sowie andere Verbände und Organisationen der grünen Branche.

Bei der Überarbeitung und Erweiterung dieser Auflage sind die Inhalte der gültigen Regelwerke sowie die Inhalte der dem Verfasser bekannten Publikationen zu den Themenbereichen Regenwasserversickerung und Regenwassernutzung berücksichtigt worden. Entsprechend können nach den genannten Inhalten Anlagen geplant bzw. gebaut werden. Jedoch entzieht sich kein(e) Benutzer(in) dieses Buches der Verantwortung für das eigene Handeln, besonders im Hinblick auf die Berechnung der Dimensionierung der Anlagen sowie den Einsatz von Materialien.

Bei der Bearbeitung der ersten im Verlag Thalacker Medien erschienenen Auflage haben Frau Alexandra Mayer und Frau Agnieszka Halina Schiebener (Umsetzung der Details in CAD-Zeichnungen), Frau Kerstin Goerke (redaktionelle Hilfestellungen), Herr Andreas Gniesmer (Einsatz bei den EDV-bezogenen Fragestellungen und dem Scannen von Fotos), Frau Susanne Keck (Hilfestellung bei der Anfertigung der Liste deutsch-englischer Fachbegriffe sowie redaktionelle Hilfestellungen), Herr Sebastian Obst (Hilfestellung bei der Zusammenstellung der Liste der relevanten Normen und Richtlinien und Mitwirkung bei der Umsetzung der technischen Details in CAD-Zeichnungen) und Frau Annette Klippstein (Unterstützung beim Schreiben der Texte) mitgewirkt. An dieser Stelle möchte ich ihnen herzlich danken.

Mein Dank gilt auch Herrn Dr. Samer El-Safadi für die Bereitstellung der Fotos im Zusammenhang mit einer gebauten Regenwassernutzungsanlage.

Frau Prof. Dr. Inés Maria Rohlfing danke ich für die Be- und Überarbeitung des Kapitels 2 „Rechtliche Aspekte“ und für die uneingeschränkte Unterstützung beim Gelingen der ersten Auflage dieser Veröffentlichung. Herrn Dipl.-Geologen Norbert Koster danke ich für die Bereitstellung eines Bodengutachtens für die Veröffentlichung in diesem Buch. Für die redaktionelle Überarbeitung der CAD-Zeichnungen für die jetzige Auflage danke ich besonders Frau Dipl.-Ing. Stefanie Kathrin Hachenberg.

Frau Dr. Angelika Jansen, Herrn Michael Kokoscha und Frau Birgit Schüller bin ich für die hervorragende Lektoratsarbeit zu Dank verpflichtet. Außerdem danke ich Herrn Kokoscha für die außerordentlich gute und angenehme Zusammenarbeit im Zusammenhang mit der Layoutgestaltung dieses Buchs sowie für zahlreiche Anregungen.

 

Velbert, im Frühjahr 2012

 

Mehdi Mahabadi

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Teil 1Regenwasserversickerung

1Einleitung

Durch den Bau von dezentralen Niederschlagswasser-Versickerungsanlagen versickert das anfallende Niederschlagswasser fast am Ort des Anfallens. Dadurch wird eine geringstmögliche Veränderung des Wasserhaushalts eines Standorts – quasi wie vor der Bebauung – bewirkt. Hier kann es beispielsweise – trotz Bebauung – zu keinerlei versiegelungsbedingten Veränderungen des Grundwasserspiegels kommen. Folgerichtig würde die dezentrale Regenwasserversickerung bei bestehenden Siedlungen zur Renaturierung des Wasserhaushalts beitragen.

Ebenfalls wird durch Maßnahmen der Regenwassernutzung das kostenlos anfallende Regenwasser für verschiedene Zwecke genutzt. Damit wird gleichzeitig eine Reihe von positiven Effekten für die Natur und die Umwelt erzielt.

Die naturnahe Regenwasserbewirtschaftung, zu der die Regenwasserversickerung und -nutzung gehören und deren Anfänge bis zum Ende der 1970er-Jahre zurückzuführen sind, ist von verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen angenommen worden:

Bauingenieurwesen,

Städtebau/Stadtplanung,

Landschaftsarchitektur/Ökologie,

Bodenkunde und

Geografie.

Inzwischen liegen zahlreiche Buchveröffentlichungen, wissenschaftliche Beiträge und Forschungsergebnisse vor. Eine vom IRB (Informationszentrum Raum und Bau) bereits 1999 herausgegebene Literaturdokumentation unterstreicht diesen Sachverhalt. Regenwasserversickerung und -nutzung führen ökologisch gesehen vor allem

zur lokalen Grundwasserneubildung sowie

zur Entlastung des kommunalen Entwässerungsnetzes und dementsprechend

zur Reduzierung der Überschwemmungen.

Für die Bewohner einer Siedlung sind bedeutend:

die Reduzierung der Grundabgaben und

die Attraktivierung des Wohnumfelds (Einsatz des Elements Wasser).

Für die Wohnungsbauwirtschaft spielen eine Rolle:

die Erhöhung der Gestaltqualität der Siedlung und dementsprechend die Reduzierung der Fluktuation sowie

die Reduzierung der Wohn- und Nebenkosten und dementsprechend die Verbesserung der Vermietung von Wohnungen.

Das Thema Regenwasserversickerung und -nutzung geht den Garten- und Landschaftsarchitekten und -bauer direkt an. Die Anlagen der dezentralen Regenwasserversickerung und oft auch der Regenwassernutzung werden nämlich in privaten, halböffentlichen und öffentlichen Freiflächen – also im Aktionsraum der „grünen Branche“ – gebaut. Sowohl die Garten- und Landschaftsarchitekten als auch die Firmen des Garten- und Landschaftsbaus müssen sich dieser Herausforderung stellen und vor allem die Regenwasserversickerung als neue Chance – als neuen Markt – annehmen. Dies gilt für den Bau von Neuanlagen und für die Sanierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen gleichermaßen.

Die Formeln und Tabellen in den Richtlinien für die Dimensionierung der Anlagen zur dezentralen Regenwasserversickerung stammen aus dem Bereich der Stadtentwässerung und wurden ursprünglich für die Dimensionierung der kommunalen Entwässerungssysteme genutzt.

Die meisten zu verwendenden Formeln zur Berechnung der Dimensionierung der dezentralen Versickerungsanlagen sind einfache, mathematische Gleichungen (meist Gleichungen mit einer Unbekannten). Die Beherrschung der Sachverhalte erfordert jedoch die tiefgreifende Auseinandersetzung mit der erwähnten Thematik. Nur so kann man die genannten Anlagen adäquat planen und bauen. Die Nichtbeachtung der anerkannten Regeln der Technik kann dagegen zu gravierenden Fehleinschätzungen und dementsprechend zu großen Bauschäden bzw. zur unnötigen Überdimensionierung und Verteuerung der Anlagen führen. Dies gilt auch für die Ermittlung des Wasserdurchlässigkeitsbeiwerts der Standorte der dezentralen Regenwasserversickerungsanlagen.

Grundsätzlich wird die vorliegende Veröffentlichung in die drei Abschnitte Regenwasserversickerung, Regenwassernutzung und innerörtliche Überflutung eingeteilt. Die einzelnen Kapitel sind so zusammengestellt und inhaltlich erläutert, dass jedes in sich schlüssig ist.

In Kapitel 2 bis 8 werden in erster Linie die Aspekte der Regenwasserversickerung behandelt, die Kapitel 9 bis 13 befassen sich mit den Inhalten der Regenwassernutzung und das Kapitel 14 hat die relevanten Aspekte der innerörtlichen Überflutung zum Gegenstand.

Die Gesetze schaffen die Rahmenbedingungen für die Planung und für den Bau von dezentralen Regenwasserversickerungsanlagen. Deshalb werden im zweiten Kapitel des Buchs – unterschieden nach Bundesebene, Landesebene und kommunaler Ebene – die relevanten Gesetze und deren wichtigste Paragrafen beschrieben.

Da in der Regel der Bau von dezentralen Regenwasserversickerungsanlagen genehmigungspflichtig oder mindestens anzeigepflichtig ist, werden im dritten Kapitel die Vorgehensweise bei der Antragsstellung und die hierzu erforderlichen Unterlagen beschrieben.

Die Versickerung von Wasser im Boden ist maßgeblich von der Durchlässigkeit des Standorts abhängig. Deshalb wird im vierten Kapitel der genannte Sachverhalt ausführlich beschrieben, sodass der Leser in die Lage versetzt wird, die Bestimmung des kf-Werts eines Standorts selbst durchzuführen.

Beim Bau von dezentralen Versickerungsanlagen wird die Zuleitung meist über offene Gerinne gestaltet, um dadurch das fließende Wasser als Gestaltungselement im Wohnumfeld erlebbarer zu machen. Deshalb werden in Kapitel 5 und 6 die Bemessungsgrundsätze zur Berechnung des Regenabflusses von Flächen und die Bemessung der Abflussrinnen sowie deren Ausbildungsformen behandelt. Die Durchflussrate (Bemessungsgrundlagen) und Materialien der Abflussrohre werden in Kapitel 7 behandelt, da viele unterirdische dezentrale Versickerungsanlagen durch Leitungen (erdverlegte Rohre) erschlossen werden.

Nach DWA-A 138 ist die Ermittlung der Dimensionierung der Anlagen der dezentralen Regenwasserversickerung nur iterativ und unter Zugrundelegung der örtlichen Regenstatistiken nach dem Atlas des Deutschen Wetterdienstes (DWD) bzw. nach den Starkniederschlagstabellen der örtlichen Wetterinstitutionen vorzunehmen. Deshalb wird ebenfalls im Kapitel 5 die Berechnung der örtlichen Starkniederschlagshöhen nach dem genannten Atlas beschrieben.

Den Kern dieser Veröffentlichung bildet das Kapitel 8, in dem die verschiedenen dezentralen Regenwasserversickerungsanlagen unter Berücksichtigung der Aspekte Vorteile, Nachteile, Planungs- und Bauhinweise sowie Bemessung der Dimensionierung der genannten Anlagen ausführlich beschrieben und beispielhaft für eine Siedlung dargestellt werden.

Die in dieser Veröffentlichung erbrachten Berechnungen zur Dimensionierung der dezentralen Regenwasserversickerungsanlagen für diese Beispielsiedlung (genannt IES-Siedlung) sind unter Anwendung der in der DWA-A 138 aufgeführten Formeln manuell, mithilfe des Tabellenkalkulationsprogramms Excel bzw. der damit erstellten Formeln und mithilfe eines für die Bemessung der Dimensionierung der dezentralen Regenwasserversickerungsanlagen am Markt erhältlichen EDV-Programms mit bestem Wissen und Gewissen durchgeführt worden. Aufgrund der Fülle der Berechnungen können dennoch Rechen- bzw. Druckfehler nicht ausgeschlossen werden, sodass hierfür keine Haftung übernommen werden kann.

Im zweiten Abschnitt werden – wie erwähnt – die Aspekte der Regenwassernutzung behandelt, indem neben der Einleitung überblickartig die relevanten Inhalte der Auffangflächen, der Verwendung von Regenwasser in verschiedenen Bereichen, der Anforderungen an Regenwasser für die Verwendung im privaten Bereich und der Bestandteile der Regenwassernutzungsanlagen beleuchtet werden.

Die Vorgehensweise bei der Planung und Dimensionierung von Regenwassernutzungsanlagen wird in Kapitel 13 thematisiert. Den Abschluss des Buchs bildet das Kapitel 14, in dem die Gründe für die in den letzten Jahren häufig aufgetretenen innerörtlichen Überflutungen aufgezählt werden und – darauf aufbauend – Gegenmaßnahmen aufgezeigt werden.

Die in dieser Veröffentlichung verwendeten Formeln zur Berechnung der Dimensionierungen der Anlagen sind mathematische Gleichungen, in der Regel mit einer Unbekannten. Zur Lösung der Gleichungen könnte man theoretisch mit einem Taschenrechner auskommen. Zur Erleichterung der Durchführung der Rechenaufgaben empfiehlt sich allerdings die Benutzung eines Datenbank-Programms. Die diesbezügliche Vorgehensweise wird sowohl im Anhang als auch in den jeweiligen Kapiteln erläutert.

Die Planung von Regenwasserversickerungs- und -nutzungsanlagen kann von Garten- und Landschaftsarchitekten vorgenommen werden. In diesem Zusammenhang ist es von besonderer Bedeutung, dass entsprechend Kapitel 3 die Aspekte der Antragstellung und der Dimensionierung der Anlagen eingehalten werden. Der Bau von dezentralen Regenwasserversickerungsanlagen (Mulden, Rigolen, Mulden-Rigolen, Schächte) und den dazugehörigen Leitungen kann von einer Garten-Landschaftsbau-Firma vorgenommen werden, soweit sich die Anlagen nicht im öffentlichen Straßenraum befinden.

2Rechtliche Aspekte (Inés Maria Rohlfing)

Die gezielte Versickerung von Niederschlagswasser und die dazugehörigen Anlagen berühren sowohl Belange des Umweltschutzes als auch Bereiche des Bau- und Wasserrechts. Aufgrund dessen finden sich Regelungen und Vorgaben in vielen verschiedenen Rechtsnormen.

Den Überblick zu bewahren ist dabei nicht immer ganz einfach. Daher soll in dem folgenden Kapitel ein kurzer Abriss über die einzelnen Vorschriften und deren Bedeutung gegeben werden. Dabei werden auch länderspezifische und ortsspezifische Unterschiede erläutert. Im Anhang findet sich zudem eine Liste relevanter Gesetze und Verordnungen.

Die rechtliche Fassung der Thematik „Versickerung“ richtet sich nicht zuletzt nach der neuen Zuordnung von Gesetzen zur konkurrierenden Gesetzgebung bzw. ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes. Die ehemalige Rahmengesetzgebung ist weggefallen, sodass sich nun alle zentralen Vorgaben sowie Legaldefinitionen auf Bundesebene finden, insbesondere im Wasserhaushaltsgesetz (WHG), im Abwasserabgabengesetz (AbwAG), im Baugesetzbuch (BauBG) sowie im Bundesnaturschutzgesetz (BNatschG). Die Bundesgesetze sind Vollregelungen und keine Rahmengesetze mehr und daher für Planer/Architekten eine zentralere Informationsquelle als früher.

Die Länder können ergänzende oder abweichende Regelungen schaffen, sofern das Bundesgesetz ihnen die Möglichkeit dazu gibt. So sieht das Abwasserabgabengesetz in § 7 Abs. 2 vor, dass die Länder bestimmen können, „unter welchen Voraussetzungen die Einleitung von Niederschlagswasser ganz oder zum Teil abgabefrei bleibt.“ Vielfach betreffen Länderregelungen die Kostenseite, ebenso nähere Vorgaben über die Genehmigungspflicht sowie bauliche Vorgaben.

Während die Länder Verfahrensweisen zur Versickerung regeln, legen die Kommunen konkrete Vorschriften in örtlichen Satzungen und Vorschriften fest. Hier können beispielsweise die Art der Versickerung sowie Anschlussmöglichkeiten und -zwänge geregelt sein. Bedeutsam sind diese Vorschriften wiederum für Planer/Architekten, ausführende Betriebe und Bauherren.

Zu beachten ist, dass mit dem neuen Wasserhaushaltsgesetz des Bundes (2009) auch eine Überarbeitung der Landesgesetze zu erwarten ist. Die folgende Übersicht stellt nur eine Momentaufnahme dar. Insofern sei dem Leser empfohlen, sich jeweils aktuell über die Rechtslage zu informieren.

Grundsätzliche bundesweite Zielrichtung in der Abwasserbeseitigung ist, dass Niederschlagswasser möglichst ortsnah versickert bzw. verrieselt oder über eine Regenwasserkanalisation in ein Gewässer eingeleitet werden soll (vgl. § 55 WHG). Insofern hat der Gesetzgeber eine Wende in der Wasserpolitik vollzogen, die bereits vorher in einigen Bundesländern wie NRW manifestiert war.

2.1Rechtliche Vorgaben durch die Bundesgesetzgebung

2.1.1Rechtliche Definition von Niederschlagswasser als Abwasser

Die rechtliche Definition von Abwasser gibt das Abwasserabgabengesetz (AbwAG) vor: „Abwasser im Sinne dieses Gesetzes sind das durch häuslichen, gewerblichen, landwirtschaftlichen oder sonstigen Gebrauch in seinen Eigenschaften veränderte und das bei Trockenwetter damit zusammen abfließende Wasser (Schmutzwasser) sowie das von Niederschlägen aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen abfließende und gesammelte Wasser (Niederschlagswasser). Als Schmutzwasser gelten auch die aus Anlagen zum Behandeln, Lagern und Ablagern von Abfällen austretenden und gesammelten Flüssigkeiten“ (§ 2 Abs. 1 Satz 1 AbwAG).

Fast gleichlautend ist die Definition im Wasserhaushaltsgesetz (WHG): „Abwasser ist (…) 2. das von Niederschlägen aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen gesammelt abfließende Wasser (Niederschlagswasser)“ (§ 54 Abs. 1 Pkt. 2 WHG).

Niederschlagswasser ist demnach nur dann Abwasser, wenn es von bebauten oder befestigten Flächen abfließt und gesammelt wird. Dies ist in Bezug auf das Niederschlagswasser bei Versickerungsanlagen in aller Regel gegeben.

Im Folgenden wird unter Versickerung grundsätzlich die zielgerichtete, technische Versickerung verstanden, nicht das natürliche Versickern von ungesammeltem Regenwasser, das nicht unter das Abwasser- bzw. Wasserrecht fällt. Ferner wird unter Niederschlagswasser ausschließlich das von Flächen abfließende, gesammelte Niederschlagswasser verstanden.

Die rechtliche Definition von Niederschlagswasser als Abwasser hat weitreichende Konsequenzen, da hiermit die Pflicht zur ordnungsgemäßen Beseitigung sowie die Entrichtung einer Abwasserabgabe verbunden ist.

Die Verpflichtung zur Beseitigung des Niederschlagswassers beruht auf § 56 WHG: Demnach ist das Abwasser von juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu beseitigen, die nach Landesrecht hierzu verpflichtet sind (Abwasserbeseitigungspflichtige). Die Länder können jedoch auch anderen Personen diese Pflicht auferlegen oder zur Erfüllung der Pflicht sich Dritter bedienen.

In der Konsequenz heißt das, dass in aller Regel die Kommunen abwasserbeseitigungspflichtig sind und dass Grundstückseigentümer, auf deren Grundstück das Niederschlagswasser anfällt, dem Anschluss- und Benutzungszwang unterliegen, da sonst die Kommune ihrer Verpflichtung nicht nachkommen kann. Zu dieser Regelung gibt es länderspezifische Besonderheiten aufgrund von § 56 WHG, die weiter unten erläutert werden.

Die Versickerung kann eine Maßnahme der Abwasserbeseitigung sein. Dies bedeutet jedoch nicht, dass diese Form der Abwasserbeseitigung immer zulässig ist. Es gilt vielmehr die Maßgabe, „dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird“ (Grundsätze der Abwasserbeseitigung: § 55 Abs. 1 Satz 1 WHG). Wenn Niederschlagswasser verunreinigt und eine Verschmutzung von Boden und/oder Grundwasser durch die Versickerung zu befürchten ist, so muss das Niederschlagswasser auf anderem Wege beseitigt werden.

Die Definition von Niederschlagswasser als Abwasser hat auch zur Folge, dass Versickerungsanlagen Abwasserbeseitigungsanlagen sind. Demzufolge sind Versickerungsanlagen „so zu errichten, zu betreiben und zu unterhalten, dass die Anforderungen an die Abwasserbeseitigung eingehalten werden. Im Übrigen dürfen Abwasseranlagen nur nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik errichtet, betrieben und unterhalten werden“ (§ 60 Abs. 1 WHG).

Inwieweit darüber hinaus Versickerungsanlagen einer bauordnungsrechtlichen Genehmigung bedürfen, geben die jeweiligen Landesbauordnungen vor, wie später noch erläutert wird.

2.1.2Rechtliche Definition von Versickerung als Benutzung eines Gewässers

Bei der Versickerung wird Niederschlagswasser als Abwasser im rechtlichen Sinne in den Untergrund eingeleitet. Dabei spielt es nach dem Abwasserabgabengesetz keine Rolle, ob und wie viel Niederschlagswasser ins Grundwasser gelangt. Dies ergibt sich aus § 2 Abs. 2 2. Halbsatz AbwAG, in dem es heißt: „Das Verbringen in den Untergrund gilt als Einleiten in ein Gewässer.“ Der Vorgang des Versickerns selbst stellt somit eine Benutzung eines Gewässers dar.

Auch im Sinne des Wasserhaushaltsgesetzes stellt die Versickerung eine Benutzung eines Gewässers, hier des Grundwassers dar, da Stoffe in das Grundwasser eingeleitet werden (§ 9 Abs. 1 Pkt. 4 WHG) bzw. Versickerungen zu den Maßnahmen gehören, „die geeignet sind, dauernd oder in einem nicht nur unerheblichen Ausmaß nachteilige Veränderungen der Wasserbeschaffenheit herbeizuführen.“ (§ 9 Abs. 2 Pkt. 2 WHG).

Aus der Benutzung resultiert die Notwendigkeit, eine wasserrechtliche Erlaubnis oder Bewilligung bei der zuständigen Behörde (in der Regel: Untere Wasserbehörde) einzuholen. Die Erlaubnis gewährt die widerrufliche Befugnis, „ein Gewässer zu einem bestimmten Zweck in einer nach Art und Maß bestimmten Weise zu benutzen“ (§ 10 Abs. 1 WHG). Demgegenüber gewährt die Bewilligung das Recht zur Benutzung, wobei das Recht befristet ist (nur in besonderen Fällen über 30 Jahre). An die Bewilligung werden hohe Anforderungen gestellt, sodass im Normalfall nur eine wasserrechtliche Erlaubnis erteilt wird. Die Erlaubnis zum Betreiben einer Versickerungsanlage kann daher widerrufen werden, wenn das Gemeinwohl gefährdet ist (Verschmutzung von Boden, Verschmutzung des Grundwassers etc.).

Der Bund kann durch Rechtsverordnung weitere Regelungen zur Regenwasserversickerung treffen. Rechtsgrundlage hierzu ist § 46 Abs. 2 WHG: „Keiner Erlaubnis bedarf ferner das Einleiten von Niederschlagswasser in das Grundwasser durch schadlose Versickerung, soweit dies in einer Rechtsverordnung nach § 23 Absatz 1 bestimmt ist.“

Von diesem Recht hat der Gesetzgeber bisher keinen Gebrauch gemacht. Das Wasserhaushaltsgesetz eröffnet zudem auch den Ländern zu bestimmen „dass weitere Fälle von der Erlaubnis- oder Bewilligungspflicht ausgenommen sind …“ (§ 46 Abs. 3 1. Alternative WHG).

2.1.3Verpflichtung zur Abwasserabgabe

Für die Einleitung von Abwasser in ein Gewässer ist eine Abgabe zu entrichten. Dies ergibt sich aus § 1 AbwAG: „Für das Einleiten von Abwasser in ein Gewässer im Sinne von § 3 Nummer 1 bis 3 des Wasserhaushaltsgesetzes ist eine Abgabe zu entrichten (Abwasserabgabe). Sie wird durch die Länder erhoben“ (§ 1 AbwAG).

Da Niederschlagswasser Abwasser ist und die Versickerung eine Benutzung eines Gewässers darstellt, ist eine Abwasserabgabe zu entrichten, die auf Grundlage von Schadeinheiten berechnet wird. Das Abwasserabgabengesetz eröffnet jedoch den Ländern die Möglichkeit, darüber zu „bestimmen, unter welchen Voraussetzungen die Einleitung von Niederschlagswasser ganz oder zum Teil abgabefrei bleibt“ (§ 7 Abs. 2 AbwAG).

2.1.4Versickerung im Zusammenhang mit der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung

Die Versickerung hat neben der wasserrechtlichen Bedeutung auch eine besondere Bedeutung im Naturschutzrecht, da sie eine Möglichkeit darstellt, Eingriffe nach § 14 BNatSchG zu minimieren bzw. zu kompensieren.

Eingriffe im Sinne des Naturschutzrechts sind „Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen oder Veränderungen des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels, die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können“ (§ 14 BNatSchG).

Soll beispielsweise durch eine Baumaßnahme eine Fläche versiegelt werden, sodass der Grundwasserspiegel aufgrund der fehlenden Grundwasserneubildung beeinträchtigt wird, so liegt ein Eingriff vor. „Der Verursacher [des Eingriffs] ist verpflichtet, unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen (Ausgleichsmaßnahmen) (…)“ (§ 15 Abs. 2 1. Halbsatz BNatSchG). Eine solche Ausgleichsmaßnahme stellt die Versickerung dar, da sie geeignet ist, die Beeinträchtigung des Grundwassers auszugleichen.

Umgekehrt können größere Anlagen zur Regenwasserversickerung selbst einen Eingriff im Sinne des Naturschutzrechts darstellen. Diese Anlagen stellen jedoch die Ausnahme dar.

2.2Rechtliche Vorgaben der Länder

2.2.1Regelungen zur Befreiung von der Abwasserbeseitigungspflicht der Gemeinde

Wie oben bereits erläutert, sind juristische Personen öffentlichen Rechts zur Abwasserbeseitigung verpflichtet, sofern die Länder nicht anderen Personen diese Pflicht übertragen haben (vgl. § 56 WHG).

Die Möglichkeit, „anderen“ die Pflicht zur Abwasserbeseitigung zu übertragen, haben viele Länder genutzt, wobei man unterscheiden muss zwischen Ländern, die die Pflicht zur Regenwasserversickerung allen Grundstückseigentümern des Bundeslands verbindlich übertragen, und Ländern, die den Gemeinden eröffnen, diese Pflicht für ihr jeweiliges Gemeindegebiet vorzusehen.

Verbindlich geregelt ist die Regenwasserbeseitigung durch den Grundstückseigentümer beispielsweise in Berlin (§ 29e Abs. 3 Berl. WG), in Baden-Württemberg (§ 45b Abs. 2 Wassergesetz BW), in Bremen (§ 45 Abs. 4 BremWG), in Mecklenburg-Vorpommern (§ 40 Abs. 3 LWaG Mecklenburg-Vorpommern), in Sachsen (§ 63 Abs. 6 SächsWG), im Saarland (§ 50b Abs. 3 SWG), in Thüringen (§ 58 Abs. 3 ThürWG), in Niedersachsen (§ 96 Abs. 3 NWG) und in Sachsen-Anhalt (§ 78 Abs. 3 WG LSA). In Niedersachsen und Sachsen-Anhalt können die Gemeinden wiederum ihr Gemeindegebiet von der Landesregelung per Satzung ausnehmen.

In manchen Bundesländern sind die Bestimmungen als Soll-Bestimmungen gefasst. Ein Beispiel hierfür ist Hessen. Im dortigen Gesetz heißt es: „Abwasser, insbesondere Niederschlagswasser, soll von der Person, bei der es anfällt, verwertet werden, wenn wasserwirtschaftliche und gesundheitliche Belange nicht entgegenstehen. Die Gemeinden können durch Satzung regeln, dass im Gemeindegebiet oder in Teilen davon Anlagen zum Sammeln oder Verwenden von Niederschlagswasser oder zum Verwenden von Grauwasser vorgeschrieben werden, um die Abwasseranlagen zu entlasten, Überschwemmungsgefahren zu vermeiden oder den Wasserhaushalt zu schonen, soweit wasserwirtschaftliche oder gesundheitliche Belange nicht entgegenstehen“ (§ 37 Abs. 4 HWG, siehe dort auch Abs. 5 HWG).

Andere Länder überlassen es den Gemeinden, ob sie die Abwasserbeseitigungspflicht für Regenwasser den Grundstückseigentümern übertragen möchten. Hierzu zählt Brandenburg. Im brandenburgischen Wassergesetz heißt es: „Anstelle der Gemeinden sind zur Beseitigung von Niederschlagswasser verpflichtet: 1. die Grundstückseigentümer, Erbbauberechtigten oder Nutzer der Grundstücke nach § 9 des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes, soweit die Satzung der Gemeinde nach § 54 Abs. 4 dies vorsieht“ (§ 66 Abs. 2 Pkt. 1 BrgWG).

Weitere Länder mit einer solchen oder ähnlichen Regelung sind Bayern (Art. 34 Abs. 2 BayWG), Nordrhein-Westfalen (§ 53 Abs. 3a LGW NRW), Schleswig-Holstein (§ 31 Abs. 1 LandeswasserG SH) und im weiteren Sinne Rheinland-Pfalz (§ 51 Abs. 2 Pkt. 2 LWG Rheinland-Pfalz).

In Hamburg finden sich Vorschriften zur Regenwasserversickerung nicht im Wassergesetz, sondern im Abwassergesetz. Dort finden sich Regelungen, die aufgrund der schwierigen hydrologischen Verhältnisse sehr dezidiert vorgeben, ob versickert werden darf, kann oder gar muss, wobei der Senat durch Rechtsverordnung gebietsspezifische Vorgaben machen kann (vgl. § 9 ff HmbAbwG). Bei einer Versickerung entfällt der Anschluss- und Benutzungszwang.

Grundsätzlich ist inzwischen in allen Bundesländern die Regenwasserversickerung und damit die Abwasserbeseitigung durch Private rechtlich möglich.

2.2.2Regelungen zur Befreiung vom Erlaubniszwang

Da die Versickerung zunächst als Benutzung eines Gewässers gilt, muss der Grundstückseigentümer für die Versickerung einen wasserrechtlichen Antrag auf Erlaubnis bei der zuständigen Behörde stellen.

Das Wasserhaushaltsgesetz ermächtigt den Gesetzgeber, durch Rechtsverordnung des Bundes „das Einleiten von Niederschlagswasser in das Grundwasser durch schadlose Versickerung“ vom Erlaubniszwang zu befreien (siehe § 46 Abs. 3 WHG). Von dieser Möglichkeit hat der Gesetzgeber bisher keinen Gebrauch gemacht, sodass solche Regelungen bisher nur auf Länderebene zu finden sind. Die Länder regeln Ausnahmen vom Erlaubniszwang auf Grundlage von § 46 Abs. 3 WHG.

Von dieser Möglichkeit haben zahlreiche Länder Gebrauch gemacht. Die Regelungen finden sich beispielsweise im jeweiligen Landeswassergesetz, so in Schleswig-Holstein (§ 21 Abs. 1 Pkt. 3a LandeswasserG SH) oder Sachsen-Anhalt (§ 69 Abs. 1 WG LSA).

In einigen Bundesländern gibt es darüber hinaus Verordnungen oder Erlasse zur Regenwasserversickerung, so in Bayern (Niederschlagswasserfreistellungsverordnung – NWFreiV), Berlin (Niederschlagswasserfreistellungsverordnung Berlin NWFreiV), Baden-Württemberg (Verordnung des Umweltministeriums über die dezentrale Beseitigung von Niederschlagswasser), Bremen (Anforderungen an die dezentrale Beseitigung von Niederschlagswasser), Hamburg (Niederschlagswasserversickerungsverordnung), NRW (Runderlass des MURL vom 18. Mai 1998), Sachsen (Erlaubnisfreiheits-Verordnung) und Thüringen (Thüringer Niederschlagswasserversickerungsverordnung).

In diesen Rechtsnormen werden in der Regel Anforderungen an die Qualität des zu versickernden Wassers, an den Ort der Versickerung sowie an die angeschlossenen Flächen gestellt, mitunter auch an die Art der Versickerung. Die generelle Erlaubnisfreiheit wird somit immer eingeschränkt, da das Wasserhaushaltsgesetz als Grundsatz das Wohl der Allgemeinheit vorgibt. Mit einer pauschalen Befreiung vom Erlaubniszwang könnten die Länder diesem Grundsatz nicht gerecht werden, da die Versickerung eine Beeinträchtigung von Boden und Grundwasser nach sich ziehen kann.

Die Regelungen zur Befreiung in den Landesgesetzen bzw. Verordnungen haben zur Konsequenz, dass kein wasserrechtlicher Antrag gestellt werden muss, sofern man die Bedingungen zur erlaubnisfreien Benutzung einhält. Dies bedeutet in der Praxis für die Planung und Ausführung von Versickerungsanlagen eine Vereinfachung sowie eine Zeit- und Kostenersparnis. Für Grundstückseigentümer, die selbst im kleinen Rahmen eine Versickerungsanlage bauen wollen, ist dies darüber hinaus eine große Vereinfachung, zumal sie normalerweise wenig Erfahrung mit wasserrechtlichen Anträgen haben.

2.2.3Regelungen zur Anzeigepflicht von Versickerungsanlagen

Unabhängig von der Befreiung vom Erlaubniszwang kann es eine Anzeigepflicht hinsichtlich des Baus von Versickerungsanlagen geben. So gilt nach Verordnung des Umweltministeriums über die dezentrale Beseitigung von Niederschlagswasser in Baden-Württemberg: „Die erlaubnisfreie Einleitung von Niederschlagswasser, welches von befestigten oder bebauten Flächen von mehr als 1200 m2 stammt, ist der unteren Wasserbehörde anzuzeigen, soweit die Wasserbehörde nicht bereits in anderen Verfahren Kenntnis von dem Vorhaben erlangt hat. Die Wasserbehörde hat den Eingang der Anzeige zu bestätigen. Mit dem Vorhaben darf nicht vor Ablauf eines Monats nach Eingang der Anzeige begonnen werden“ (§ 1 Abs. 2 VO).

In manchen Ländern ist die Anzeigepflicht nicht von der Größe der Anlage abhängig. So in Hamburg: „Wer auf Wohngrundstücken Anlagen errichtet, um im Rahmen des § 32a Niederschlagswasser in das Grundwasser zu versickern, hat dies spätestens einen Monat vor Baubeginn der zuständigen Behörde anzuzeigen“ (§ 32b Abs. 1 HWaG).

Mit der Anzeigepflicht behält sich die Behörde eine Kontrolle über das Ausmaß an privater Versickerung vor und kann darüber hinaus im Bedarfsfall Anforderungen an die Art und Weise der Versickerung stellen. Es empfiehlt sich, vor dem Bau von Versickerungsanlagen sich bei der zuständigen Behörde zu informieren, inwieweit eine Anzeigepflicht besteht.

2.2.4Regelungen zur Genehmigung von Versickerungsanlagen

Versickerungsanlagen selbst sind Abwasserbeseitigungsanlagen und stellen somit bauliche Anlagen dar. Sie unterliegen damit den Bestimmungen des Baurechts. Dies bedeutet in der Praxis, dass in aller Regel der Bau von Versickerungsanlagen bei der zuständigen Baubehörde angezeigt werden muss und – je nach Landesrecht – auch genehmigungsbedürftig ist.

Einige Bundesländer haben Abwasseranlagen, hier Regenwasserversickerungsanlagen, baurechtlich als genehmigungsfreie Vorhaben definiert, es muss also kein Bauantrag gestellt werden. So hat Nordrhein-Westfalen Abwasseranlagen über den § 66 BauO von der Genehmigungspflicht ausgenommen.

Grundsätzlich müssen Versickerungsanlagen die Bestimmungen für Abwasserbeseitigungsanlagen einhalten. Die einwandfreie Beseitigung des Niederschlagswassers muss dauernd gesichert sein, die Anlagen sind so anzuordnen, herzustellen und instand zu halten, dass sie betriebssicher sind und Gefahren oder unzumutbare Belästigungen nicht entstehen. Diese Grundsätze finden sich häufig explizit in den Bauordnungen wieder, so im § 43 SächsBO („… Anlagen für Schmutz- und Niederschlagswasser (Abwasser) sind so herzustellen und zu unterhalten, dass sie betriebssicher sind und Gefahren oder unzumutbare Belästigungen nicht entstehen können“).

Einige Bauordnungen geben zudem bauliche Anforderungen für Abwasseranlagen vor. Hierzu gehören Vorschriften über Grenzabstände, Abdeckungen, Reinigungs- und Entleerungsöffnungen. Als Beispiel mögen die Länder Hamburg (§ 42 HBauO) und Brandenburg dienen (§ 38 BbgBO; hier Grenzabstand zu Aufenthaltsräumen mind. 5 m und zu den Grundstücksgrenzen mind. 2 m). Im Saarland darf das Niederschlagswasser nicht in Kleinkläranlagen geleitet werden.

In Bezug auf die Grenzabstände greift das Baurecht in das Nachbarrecht ein. Auf die Vorgaben des Nachbarrechts wird im Folgenden jedoch getrennt eingegangen.

2.2.5Regelungen zur Versickerungsart

Auf Länderebene werden meist keine Vorgaben über die Art der Versickerung bzw. die Technik des Versickerns gemacht. Auch von dieser Regel gibt es länderspezifische Ausnahmen.

So sieht die Niedersächsische Bauordnung für Stellplätze und Zu- und Abfahrten eine Flächenversickerung z. B. durch eine wasserdurchlässige Befestigung vor, wenn das anfallende Niederschlagswasser nicht auf andere Weise versickert wird.

Waren es vor einigen Jahren noch wenige Bundesländer, so sind es heute eine Reihe von Bundesländern, die Erlasse und Verordnungen speziell für die Regenwasserversickerung bzw. die Niederschlagswasserbeseitigung erlassen haben. Hierzu gehören beispielsweise Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen. Diese Entwicklung zeigt, wie zentral das Thema Regenwasserversickerung geworden ist. Die mit der Versiegelung einhergehenden Probleme (stark schwankende oder sinkende Grundwasserstände, Überschwemmungen etc.) sind in immer zahlreicheren Regionen unübersehbar, sodass der Gesetzgeber reagieren musste und nach wie vor reagieren muss.

In Bayern gibt es zwei Rechtsnormen, die TRENGW und die NWFreiV. Primär muss flächenhaft versickert werden. Erst wenn dies nicht möglich ist, sind andere Versickerungsarten zulässig (vgl. § 3 NWFreiV). Weitergehende Bestimmungen finden sich in den Technischen Regeln, die hierzu erlassen wurden. Sie formulieren die Voraussetzungen und Anforderungen an das erlaubnisfreie, schadlose Versickern von Niederschlagswasser und berücksichtigen sowohl Flächenermittlungen, technische Vorgaben (Mindestdicke des Oberbodens, Tongehalte, pH-Werte etc.) als auch Mindestflächen für die Versickerung.

Auch in Thüringen soll das Niederschlagswasser vorrangig flächig versickert werden. Die Mächtigkeit der Bodenschicht (Ober- und Unterboden) muss mind. 30 cm betragen. Ferner muss die technische Konstruktion gewährleisten, dass keine Bodenabträge (Erosionen) oder Verschlämmungen entstehen (vgl. § 3 ThürVersVO).

In Sachsen sind die Vorgaben unschärfer gefasst. Die ErlFreihVO sieht vor, dass die Versickerungsart zu wählen ist, die „im höheren Maße das Schutzpotenzial des Bodens einbezieht“ (§ 6 ErlFreihVO), ohne eine konkrete Versickerungsart vorzuschreiben. Eine weitere länderspezifische Besonderheit ist der Ort der Versickerung. So kann das anfallende Niederschlagswasser sowohl auf dem eigenen Grundstück als auch auf in gemeindlichen Satzungen besonders dafür ausgewiesenen Flächen versickert werden, sofern insoweit das Einvernehmen mit der zuständigen Wasserbehörde hergestellt worden ist.

Die Landeswassergesetze ermöglichen im Übrigen den Kommunen, eigene Abwassersatzungen (in Nordrhein-Westfalen Niederschlagswasserbeseitigungssatzung genannt) zu erlassen. Hier können die Gemeinden unter anderem auch festlegen, auf welche Weise Niederschlagswasser versickert werden soll. Als Beispiel mag das Saarland dienen, hier findet sich die Vorgabe im saarländischen Wassergesetz (§ 49a Abs. 3 SWG). Solche Satzungen bedürfen allerdings der Zustimmung der zuständigen Wasserbehörde. Es empfiehlt sich, vor dem Bau von Versickerungsanlagen bei der Kommune nach einer Abwassersatzung zu fragen.

Fast alle Rechtsnormen verweisen auf die allgemein anerkannten Regeln der Technik. Diese umfassen im Wesentlichen die Regelwerke DWA-A 138 und DWA-M 153.

2.2.6Regelungen im Nachbarrecht

Um Unstimmigkeiten zu vermeiden, ist es sicherlich immer empfehlenswert, angrenzende Nachbarn rechtzeitig über die Planung von Versickerungsanlagen zu informieren. Kenntnisse über nachbarrechtliche Bestimmungen helfen darüber hinaus, manchen Ärger und Streit im Vorfeld zu verhindern.