Reise ans Ende der Nacht - Louis-Ferdinand Céline - E-Book
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Reise ans Ende der Nacht E-Book

Louis-Ferdinand Céline

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Beschreibung

Der erbarmungsloseste Roman des 20. Jahrhunderts Mit «Reise ans Ende der Nacht» begann ein neues Kapitel in der Geschichte des Romans: ein wilder Aufschrei gegen die Verkommenheit einer Welt, die alle ihre Rechnungen auf Kosten der Armen begleicht, einer Welt, in der Hass und Niedertracht regieren. Kein anderer Roman räumt so radikal mit dem schönen Schein des Bürgertums auf; vor Céline hat kein Autor eine so unversöhnlich wütende Sprache gefunden. «Ein Übersetzungs-Meisterwerk.» (Frankfurter Allgemeine Zeitung) Erzählt wird die Lebensreise des Ferdinand Bardamu. Der Medizinstudent meldet sich zur Mobilmachung 1914 als Freiwilliger, doch schnell lernt er den Krieg als einen apokalyptischen Kreuzzug zur Vernichtung der «lästigen Armen» kennen. Nach dem Krieg verschlägt es Bardamu nach Afrika; er erlebt Lüge und Elend des Kolonialismus und wird schließlich todkrank von Eingeborenen auf eine Galeere Richtung Amerika verschachert. Schließlich kehrt er nach Frankreich zurück und wird Armenarzt. Auch dort hat er die gleichen Erlebnisse, die nach Célines Erfahrung das menschliche Dasein ausmachen: Armut und daraus folgend: Hass, Gemeinheit und Verbrechen – die «Reise» zeichnet sich durch eine schockierend genaue und düstere Wiedergabe sozialer Verhältnisse aus. Um diese «höllisch reale» Menschenwelt entstehen zu lassen, schuf Céline eine eigene Sprache voller Stilbrüche, zwischen Argot, Hoch- und Kunstsprache, die erst in der Übersetzung von Hinrich Schmidt-Henkel auch auf Deutsch zu ihrem Recht kommt.

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Seitenzahl: 914

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Louis-Ferdinand Céline

Reise ans Ende der Nacht

Roman

Aus dem Französischen von Hinrich Schmidt-Henkel

Der Verlag dankt der Französischen Botschaft, dem Französischen Kulturministerium und dem Deutschen Literaturfonds e.V. für die Förderung der Übersetzung. Der Übersetzer dankt der Direction du Livre, Paris, für ein Aufenthaltsstipendium und dem Deutschen Übersetzerfonds für die großzügige Unterstützung seiner Arbeit

Elizabeth Craig gewidmet

Unser Leben ist eine Reise

Durch den Winter und die Nacht.

Wir suchen, was den Weg uns weise,

Am Himmel, wo kein Stern uns lacht.

(Lied der Schweizer Garden, 1793)

Reisen, das ist mal was Nützliches, da kriegt die Phantasie zu tun. Alles andere bringt nichts als Enttäuschungen und Mühsal. Unsere Reise hier findet ganz und gar in der Phantasie statt. Das ist ihre Stärke.

Sie führt vom Leben zum Tod. Menschen, Tiere, Städte und Dinge, alles ist erdacht. Dies ist ein Roman, eine ganz und gar fiktive Geschichte. Littré sagt das, und der irrt sich nie.

Und außerdem kann jeder es halten, wie er will. Man braucht nur die Augen zuzumachen.

Es ist auf der anderen Seite des Lebens.

Sieh an! Die Reise wird wieder losgeschickt.

Das rührt mich.

In den letzten vierzehn Jahren ist so allerhand passiert…

Wenn ich es nicht derart nötig hätte, nicht meine Brötchen verdienen müsste, dann, das sag ich Ihnen gleich, dann würde ich das Ganze vernichten. Keine einzige Zeile würde ich mehr rausgeben.

Alles wird verkehrt aufgefasst. Ich habe allzu viele Bosheiten bewirkt.

Schauen Sie sich nur mal um, all die vielen Toten, der ganze Hass ringsum… diese Niedertracht… die reinste Kloake ist das… diese Ungeheuer…

Ah, besser, man wäre blind und taub!

Sie werden zu mir sagen: Aber nein, doch nicht wegen der Reise! Wegen Ihrer Verbrechen da krepieren Sie, da gibt es nichts! Das ist Ihr selbst heraufbeschworener Fluch! Ihre Bagatellen! Ihr ungeheuerliches Geschäume! Ihre bunte, ulkige Schändlichkeit! Die Justiz stellt Ihnen nach? würgt Sie? Na Scheiße, warum das Gewinsel? Sie Clown!

Ah, tausend Dank! tausend Dank! Ich tobe! Toberei! Ich keuche! fluche! Scheinheilige! Falsche Fuffziger! Ihr könnt mir nichts vormachen! Wegen der Reise stellt man mir nach! Auf dem Schafott noch schreie ich das! die Abrechnung zwischen mir und «denen»! ganz eigentlich… nicht zu sagen… Eine Mordswut haben wir auf diese ganze Mystik! Was für eine Geschichte!

Wenn ich es nicht derart nötig hätte, nicht meine Brötchen verdienen müsste, dann, das sag ich Ihnen gleich, dann würde ich das Ganze vernichten. Ich habe den Schakalen die Ehre erwiesen!… Ich bin ja guten Willens!… Liebenswürdig!… Zuerst die milde Gabe… «Gottestaler»!… Ich habe mich vom Glück losgemacht… seit 36… den Henkersknechten vorgeworfen! den Pfaffen! den kleinen Gaunern!… Ein, zwei, drei wunderbare Bücher, mit denen man mich meucheln kann! Und wie ich wimmere! Ich habe schon gegeben! Bin mildtätig gewesen, jawoll!

Die Welt der guten Absichten amüsiert mich… hat mich mal amüsiert… sie amüsiert mich nicht mehr…

Wenn ich nicht derart genötigt wäre, nicht meine Brötchen verdienen müsste, dann, das sag ich Ihnen gleich, dann würde ich das Ganze vernichten… vor allem die Reise … das einzige wirklich böse von allen meinen Büchern ist die Reise … Ich verstehe mich… Der heikle Inhalt…

Alles wird jetzt wieder losgehen! Der ewige Hexensabbat! Sie werden es von oben zischen hören, von ferne, von namenlosen Orten: Wörter, Befehle…

Sie werden schon sehen, was das für Machenschaften werden!… Sie werden mir schon was erzählen…

Ah, denken Sie bloß nicht, ich spiele! Ich spiele nicht mehr!… ich bin nicht mal mehr liebenswürdig.

Wenn ich dastünde, in die Enge getrieben, sozusagen aufrecht, mit dem Rücken gegen etwas… ich würde alles vernichten.

[Vorbemerkung Célines zur französischen Ausgabe nach dem 2.Weltkrieg]

Angefangen hat das so. Ich hatte ja nie was gesagt. Nie. Erst Arthur Ganate hat mich zum Reden gebracht. Arthur, ein Student, ebenfalls Mediziner, ein Kollege. Wir laufen uns also auf der Place Clichy über den Weg. Nach dem Mittagessen. Er will mir was erzählen. Ich bin ganz Ohr. «Aber nicht draußen», sagt er, «wir gehen wo rein.» Ich gehe mit. So. «Draußen», fängt er an, «das ist ja der reinste Backofen. Komm.» Dann plaudern wir noch darüber, dass kein Mensch auf der Straße zu sehen war, wegen der Hitze; keine Autos, nichts. Wenn es sehr kalt ist, dann ist auch kein Mensch auf der Straße; er wars auch, das weiß ich noch, der dazu sagte: «Die Pariser sehen immer so beschäftigt aus, aber in Wirklichkeit gehen sie von morgens bis abends nur spazieren; der Beweis: Wenn es zu kalt oder zu warm ist, kein Wetter zum Spazierengehen, sind sie nicht zu sehen; dann sitzen sie alle drinnen und trinken Milchkaffee oder ein kleines Helles. So ist es! Jahrhundert der Geschwindigkeit!, tönen sie. Wo denn? Große Umwälzungen!, erzählen sie. Wie denn? In Wahrheit bleibt alles beim Alten. Sie bewundern sich selber die ganze Zeit, fertig. Und das ist auch nichts Neues. Ein paar Wörter, nicht mal viele, nur ein paar Wörter haben sich verändert! Zwei, drei, mal hier, mal da, kleine…» Voller Stolz, diese nutzbringenden Wahrheiten verkündet zu haben, saßen wir da, ganz begeistert, und beäugten die weiblichen Gäste.

Hernach wandte das Gespräch sich dem Präsidenten Poincaré zu, der an diesem Vormittag gerade eine Ausstellung von Schoßhündchen eröffnet hatte; sodann, vom Stock aufs Stöckchen, dem Temps, in dem das geschrieben stand. «Das ist doch mal eine fabelhafte Zeitung, der Temps!», neckt mich Arthur Ganate. «Keine verteidigt wie er die französische Rasse!» – «Das hat die französische Rasse auch bitter nötig, wo es sie doch gar nicht gibt!», gab ich zurück, um zu beweisen, dass ich informiert war und schlagfertig dazu.

«Doch, doch! wohl gibt es sie! Und eine schöne Rasse ist das!», beharrte er, «die schönste Rasse der Welt sogar, und wer das leugnet, ist ein Hundsfott!» Und schon schimpfte er auf mich ein. Natürlich gab ich ihm ordentlich Kontra.

«Woher denn! Was du da Rasse nennst, das ist doch nichts als ein Haufen armer Schlucker, so, wie ich einer bin, triefäugig, verlaust und verzagt, die hier gestrandet sind auf der Flucht vor Hunger, Pest, Geschwüren und der Kälte, lauter Verlierer von allen Enden der Welt. Weiter sind sie nicht gekommen, das Meer war im Weg. Das ist Frankreich, und das sind die Franzosen.»

«Bardamu», meint er ernst und ein wenig traurig, «unsere Väter waren bestimmt nicht schlechter als wir, sag nichts Böses über sie!…»

«Da hast du Recht, Arthur, da hast du wirklich mal Recht! Gehässig und fügsam, genotzüchtigt, ausgeraubt, geschunden und immer nur gelackmeiert, die waren kein bisschen schlechter als wir! Das kannst du laut sagen! Wir ändern uns nicht! Wir wechseln weder die Strümpfe noch die Herren, noch die Meinungen, und wenn, dann so spät, dass es nichts mehr hilft. Wir sind treu geboren, und daran verrecken wir! Soldaten für umsonst sind wir, Helden für jedermann und sprechende Affen, die die Wörter quälen, wir sind die Lustknaben von König Elend. Ihm gehören wir! Wenn wir nicht brav sind, drückt er zu… Wir haben seine Finger an der Gurgel, immerzu, das stört beim Reden, wir müssen uns zusammenreißen, wenn wir was zu essen haben wollen… Für nichts und wieder nichts erwürgt er einen… Das ist doch kein Leben…»

«Aber es gibt noch die Liebe, Bardamu!»

«Arthur, die Liebe, das ist die Unendlichkeit, für Pudel zurechtgestutzt, und ich habe auch meine Würde!», entgegne ich ihm.

«Ja, reden wir von dir! Du bist ein Anarchist, und fertig!»

Immer so ein kleiner Schlauberger, das muss man sich mal vorstellen, und mit seinen Meinungen auf dem allerneusten Stand.

«Du sagst es, du aufgeblasener Schwätzer, ich bin Anarchist! Und der beste Beweis dafür: Ich habe eine Art Rache- und Gesellschaftsgebet verfasst, du wirst mir gleich sagen, wie dir das gefällt: Die goldenen Flügel! So lautet sein Titel!…» Und ich sags ihm auf:

Ein Gott, der Minuten und Münzen zählt, ein hoffnungsloser Gott, sinnlich und grunzend wie ein Schwein. Ein Schwein mit goldenen Flügeln, das überall hinplumpst, auf den Rücken, um Liebkosungen bettelnd, das ist er, das ist unser Herr. Küssen wir uns!

«Dein Textchen wird vom Leben widerlegt, ich, ich bin für die herrschende Ordnung und kann Politik nicht leiden. Und außerdem, an dem Tag, da das Vaterland verlangt, dass ich mein Blut für es vergieße, werde ich zur Stelle sein, ohne Zaudern bereit, es hinzugeben.» Das antwortete er mir.

Und genau, der Krieg kam gerade auf uns beide zu, ohne dass uns das bewusst war, und ich hatte keinen so ganz klaren Kopf mehr. Diese kurze, aber heftige Diskussion hatte mich erschöpft. Außerdem war ich zusätzlich erregt, weil der Kellner mich ein bisschen als Geizhals behandelt hatte, wegen dem Trinkgeld. Am Ende vertrugen Arthur und ich uns wieder ganz und gar. Wir waren ja über fast alles einer Meinung.

«Stimmt schon, aufs Ganze gesehen hast du Recht», lenkte ich ein, «aber schließlich sitzen wir alle in einer großen Galeere und rudern, was das Zeug hält, komm bloß nicht an und behaupte das Gegenteil!… Wir sitzen uns die Furunkel breit und halten das Schiff am Laufen! Und was haben wir davon? Nichts! Knüppelhiebe, weiter nichts, Mühsal, Verleumdungen und wer weiß was für Gehässigkeiten mehr. Wir arbeiten!, sagen sie. Die ist noch widerlicher als der ganze Rest, ihre Arbeit. Wir schmoren unten im Schiffsbauch und schnaufen, stinken, mit schwitzendem Sack, fertig! Oben an Deck, an der frischen Luft, da sitzen die Herren, die schert das gar nicht, auf ihrem Schoß haben sie schöne, rosige Frauen, die parfümiert sind bis zum Gehtnichtmehr. Wir werden an Deck befohlen. Dann setzen sie ihre Zylinderhüte auf und schnauzen uns ordentlich an, und zwar so: ‹Aasbande, jetzt ist Krieg!›, sagen sie. ‹Wir werden sie entern, die Dreckskerle auf Vaterland Nr.2, wir werden die Bude in die Luft jagen! Los! Los! Alles, was wir brauchen, ist an Bord! Alle im Chor! Erst mal gebrüllt, und dass es kracht: Es lebe Vaterland Nr.1! Dass man euch von weitem hört! Wer am dollsten brüllt, der kriegt eine Medaille und ein Zuckerchen vom Jesuskind! Herrgott nochmal! und wer von euch nicht auf See verrecken will, der kann ja jederzeit an Land verrecken, da geht das noch viel schneller als hier!›»

«Ganz genau so ist es!», pflichtete Arthur mir bei, jetzt war er schon viel leichter zu überzeugen.

Und schau mal einer an, zieht da doch direkt vor dem Café, in dem wir sitzen, ein Regiment vorbei, der Oberst voran auf seinem Pferd, und der sah sogar richtig nett und ordentlich stramm aus, dieser Oberst! Ich machte einen Luftsprung vor Begeisterung.

«Ich werd schon sehen, obs ganz genau so ist!», rufe ich Arthur zu, und schon bin ich los, mich freiwillig melden, und zwar im Laufschritt.

«Du bist doch ein A…, Ferdinand!», ruft er mir nach, der Arthur, zweifellos ärgert er sich auch, wegen des Eindrucks, den mein Heldenmut auf die Leute machte, die uns zusahen.

Es kränkte mich schon etwas, dass er die Sache so sah, aber bremsen konnte mich das nicht. Ich war los. «Jetzt ists so weit, jetzt bleibts dabei», dachte ich.

«Wir werden schon sehen, du Schlappschwanz!», konnte ich ihm sogar noch zurufen, bevor ich mit dem Regiment hinter dem Obersten und seiner Musik her um die Ecke bog. Ganz genau so ist es abgelaufen.

Danach marschierten wir lange. Eine Straße nach der nächsten kam, und dann noch eine, auf den Straßen Zivilisten und ihre Frauen, die uns mit Hurrarufen bedachten, uns Blumen zuwarfen, von den Straßencafés aus, vor den Bahnhöfen, den vollen Kirchen. So viele Patrioten waren das! Und dann wurden es ein bisschen weniger Patrioten… Es fing an zu regnen, und dann immer weniger, und dann kein Hurra mehr, kein einziges mehr auf unserem Weg.

Waren wir jetzt ganz unter uns? Einer hinter dem anderen? Die Musik hörte auf. «Na, was jetzt», dachte ich, als ich sah, wie das lief, «das ist jetzt aber nicht mehr lustig! Nochmal von vorn!» Ich wollte weg. Zu spät! Sie hatten still und leise hinter uns Zivilisten das Tor dichtgemacht. Die Falle war zugeschnappt.

***

Wenn man mal dabei ist, dann ist man gründlich dabei. Sie ließen uns auf Pferde steigen, und dann, nach zwei Monaten da oben, wurden wir wieder zu Fußvolk gemacht. Vielleicht ja, weil das zu teuer kam. Eines Morgens schließlich suchte der Oberst sein Reittier, seine Ordonnanz war damit verduftet, kein Mensch wusste, wohin, sicher an einen Ort, wo die Kugeln weniger leicht durchkamen als mitten auf der Landstraße. Denn da standen wir schließlich, der Oberst und ich, und ich hielt sein Protokollbuch, in das er seine Befehle eintrug.

Ganz weit weg auf der Chaussee, so fern, dass man sie gerade noch sehen konnte, standen zwei schwarze Punkte, in der Mitte, wie wir, aber zwei Deutsche, und die waren seit einer guten Viertelstunde mit Feuereifer am Schießen.

Er, unser Oberst, der wusste womöglich, warum diese Leute schossen, und die Deutschen wussten es vielleicht ja auch, aber ich, nein wirklich, ich wusste es nicht. So tief ich auch in meinem Gedächtnis grub, ich hatte den Deutschen nie was getan. Ich war zu ihnen immer nur sehr nett und sehr höflich gewesen. Ich kannte sie ein bisschen, die Deutschen, ich war sogar bei ihnen zur Schule gegangen, als Junge, in der Nähe von Hannover. Ich hatte ihre Sprache gesprochen. Damals waren sie ein Haufen kleiner, grölender Knallköppe gewesen, mit Augen, so bleich und flackernd wie die von Wölfen; nach der Schule gingen wir zusammen in den Wäldern ringsum die Mädchen befummeln, oder wir ballerten mit Armbrüsten und Pistölchen herum, die wir für vier Mark kauften. Wir tranken Malzbier. Das war doch ganz was anderes, als uns jetzt auf einmal einen überzubrennen, ohne wenigstens vorher zu kommen und mit uns zu reden und dazu noch mitten auf der Straße, da klaffte ein Spalt, ja ein Abgrund. Das war ein allzu großer Unterschied.

Der Krieg, kurzum, war alles, was man nicht begriff. Das konnte doch nicht so weitergehen.

War denn in diesen Leuten irgendwas so Außergewöhnliches vorgegangen? Etwas, das ich nicht spürte, aber überhaupt nicht. Das war mir wohl nicht aufgefallen…

Meine Gefühle für sie hatten sich jedenfalls nicht verändert. Ich wollte gern trotz allem versuchen, ihre Brutalität zu begreifen, aber ich hatte die allergrößte, riesige, absolute Lust wegzugehen, so sehr erschien mir all das hier plötzlich wie die Folge eines ungeheuren Irrtums.

«Bei so einer Geschichte wie hier, da ist nichts mehr zu machen, da kann man nur noch verduften», dachte ich alles in allem…

Über unseren Köpfen, zwei Millimeter darüber, einen Millimeter vielleicht neben den Schläfen, zischten einer nach dem anderen jene langen, tückischen Stahlfäden vorbei, die Bahnen der Kugeln, die einen töten wollen in der heißen Sommerluft.

Nie hatte ich mich derart fehl am Platz gefühlt wie zwischen all diesen Kugeln und dem Funkeln dieser Sonne. Ein riesiger, allumfassender Hohn.

Ich war erst zwanzig Jahre alt damals. In der Ferne verlassene Gehöfte, leere, offen stehende Kirchen, als wären die Bauern aus diesen Weilern nur alle tagsüber weg, zu einem Fest am andern Ende des Kirchspiels, und hätten uns alles anvertraut, was sie besaßen, ihr Land, ihre Karren mit den gen Himmel gereckten Deichseln, ihre Felder, ihre Koppeln, Straße, Bäume und sogar ihre Kühe, einen Hund an seiner Kette, eben alles. Damit wir ruhig und ungehindert tun konnten, was wir wollten, solange sie nicht da waren. Das schien doch nett von ihnen. «Trotzdem, wenn sie nicht woanders wären!», dachte ich, «wenn hier wenigstens noch Leute wären, dann würden wir uns sicherlich nicht derart abscheulich benehmen! So schlimm! Vor ihnen würden wir uns das nicht trauen!» Aber es war niemand mehr da, der auf uns hätte aufpassen können! Nur noch wir selber, wie Frischverheiratete, die losschweinigeln, wenn alle anderen gegangen sind.

Ich dachte auch (hinter einem Baum), dass ich diesen Déroulède, von dem man mir so viel erzählt hatte, mal gerne hier sehen würde, damit er mir zeigte, wie er es denn anstellte, wenn er eine Kugel in den Wanst bekam.

Diese auf der Landstraße geduckten Deutschen, starrköpfig und schießwütig, zielten schlecht, aber sie schienen so viel Munition zu haben, dass sie noch welche hätten verkaufen können, offenbar ganze Magazine voll. Der Krieg, nein wirklich, der war noch nicht vorbei! Unser Oberst, der Wahrheit die Ehre, bewies verblüffende Courage! Er spazierte mitten auf der Straße lang und dann hin und her der Breite nach, immer zwischen den Geschossen, so gelassen, als wartete er auf dem Bahnsteig auf einen Freund, ein kleines bisschen ungeduldig allenfalls.

Ich sag’s lieber gleich, ich habe das Land nie leiden können, habe es immer trist gefunden mit diesen ewigen Schlammlöchern, diesen Häusern, in denen nie wer ist, und diesen Wegen, die nirgendwohin führen. Wenn dann noch der Krieg dazukommt, ist es gar nicht mehr auszuhalten. Wind war aufgekommen, heftig, von beiden Seiten der Böschung, die Pappeln mischten ihr Laubgeprassel in das Geknatter, das von drüben über uns kam. Diese unbekannten Soldaten verfehlten uns die ganze Zeit, aber sie umgaben uns mit tausend Toten, wie mit ihnen eingekleidet waren wir. Ich wagte mich nicht mehr zu rühren.

Dieser Oberst war ein richtiges Ungeheuer! Ich war sicher, in diesem Moment konnte er sich sein Ende nicht vorstellen, er war schlimmer als ein Hund! Zugleich begriff ich, dass es in unserer Armee viele wie ihn geben musste, tapfere Männer, und sicher genauso viele in der Armee gegenüber. Wer weiß wie viele? Eine, zwei, etliche Millionen vielleicht insgesamt? Von da an wuchs mein Schiss zu Panik. Mit solchen Leuten konnte dieser höllische Irrsinn noch ewig dauern… Warum sollten sie aufhören? Nie war mir das Urteil über die Menschen und die Dinge unerbittlicher vorgekommen.

Sollte ich denn der einzige Feigling auf Erden sein?, dachte ich. Und mit so was von Angst!… Verloren inmitten von zwei Millionen heldenmütigen, entfesselten, bis an die Zähne bewaffneten Verrückten! Behelmt waren die, unbehelmt, ohne Pferde, auf Motorrädern, brüllend, in Autos, pfeifend, als Schützen, Verschwörer, fliegend, auf Knien, buddelnd, in Deckung, über die Wege tänzelnd, knatternd, auf der Erde eingesperrt wie in der Klapsmühle, um alles auf ihr zu zerstören, Deutschland, Frankreich und sämtliche Kontinente, alles, was atmet, tollwütiger als Hunde, in ihre Raserei verliebt (anders als die Hunde), hundert-, tausendmal tollwütiger als tausend Hunde und so viel gemeiner! Eine hübsche Bande waren wir! Ganz ohne Zweifel, das war mir klar: Ich war in einen apokalyptischen Kreuzzug geraten.

Man steht dem Grauen ebenso jungfräulich gegenüber wie der Lust. Wie hätte ich dieses Grauen ahnen können, als ich von der Place Clichy wegging? Wer hätte vorhersehen können, bevor er wirklich in den Krieg kam, zu was allem die dreckige, heldenhafte und träge Seele des Menschen imstande ist? Jetzt war ich in dieser Massenflucht gefangen, die uns ins gemeinsame Morden führte, ins Feuer… Es war aus den Tiefen gekommen, und jetzt war es da.

Der Oberst sagte noch immer keinen Ton, ich sah, wie er auf der Böschung Briefchen vom General erhielt, die er in kleine Schnipsel zerriss, nachdem er sie ohne Hast im Kugelhagel gelesen hatte. Enthielt denn keiner von ihnen den Befehl, diese Grausamkeiten zu beenden? Teilte man ihm nicht von oben mit, dass das alles nur ein Missverständnis war? Ein grausamer Irrtum? Falsch ausgegebene Karten? Dass man sich getäuscht hatte? Dass man fröhliche Manöver habe abhalten wollen, aber Morde? Von wegen! «Weiter so, Oberst, Sie sind auf dem rechten Weg!» Das schrieb ihm offenbar der General des Entrayes1 von der Division, unser aller Chef, von dem er alle fünf Minuten einen Umschlag überbracht bekam, durch einen Verbindungsmann, der jedes Mal noch grüner war und hosenscheißiger vor Angst. Zu meinem Bruder in der Angst hätte ich ihn machen wollen, diesen Jungen! Aber zum Fraternisieren war hier auch keine Zeit.

Also kein Irrtum? Dass wir hier aufeinander schossen, einfach so, ohne einander auch nur zu sehen, das war nicht verboten? Es gehörte zu den Dingen, die man tun darf, ohne einen Anschiss zu riskieren. Anerkannt war es sogar, empfohlen von ernsthaften Leuten, wie Loseziehen, Verlobungsfeiern, Treibjagden!… Nichts dagegen einzuwenden. Ich hatte auf einen Schlag den gesamten Krieg entdeckt. Entjungfert war ich. Man musste ihm mehr oder weniger allein gegenüberstehen wie damals ich, um ihn deutlich zu erkennen, das Miststück, von vorn und im Profil. Vor kurzem erst hatten sie den Krieg zwischen uns und denen gegenüber entzündet, und jetzt brannte er lichterloh! Wie der Strom zwischen den beiden Kohlen einer Bogenlampe. Und so bald würde diese Kohle nicht erlöschen! Alle würden wir dabei draufgehen, der Oberst so gut wie alle anderen, egal, wie wichtig er jetzt noch tat, sein Fleisch würde keinen größeren Braten abgeben als meins, wenn die Glut von da drüben ihm zwischen die Schultern fuhr.

Man kann auf allerlei Arten zum Tode verurteilt sein. Ach! was hätte ich in diesem Moment darum gegeben, im Gefängnis zu sein statt hier, ich Idiot! Wenn ich, zum Beispiel, voraussehend, etwas gestohlen hätte, als das noch leichter möglich war, irgendwo, als noch Zeit dazu war. Man denkt an nichts! Aus dem Gefängnis kommt man lebendig raus, aus dem Krieg nicht. Alles andere ist Geschwätz.

Wenn ich nur noch Zeit dazu gehabt hätte, aber jetzt hatte ich keine mehr! Hier gabs nichts zu stehlen! Wie nett es wäre in einem gemütlichen kleinen Gefängnis, dachte ich, wo keine Kugeln hinkommen! Wo nie welche hinkommen! Ich kannte eins, das wartete nur, ein Plätzchen an der Sonne, im Warmen! Ein traumhaftes, das von Saint-Germain genau gesagt, ganz nah am Wald, ich kannte es gut, früher war ich oft daran vorbeigekommen. Wie man sich ändert! Damals war ich ein Kind, das Gefängnis machte mir Angst. Weil ich die Menschen noch nicht kannte. Ich werde nie mehr glauben, was sie sagen, was sie denken. Vor den Menschen, vor ihnen allein muss man Angst haben, immer.

Wie lange sollte es noch gehen mit diesem Delirium, bis sie endlich erschöpft aufhörten, diese Ungeheuer? Wie lange kann so ein Anfall gehen? Monate? Jahre? Wie lange? Vielleicht, bis alle tot waren, all die Verrückten? Bis zum Letzten? Und weil die Ereignisse eine so verzweifelte Wendung nahmen, beschloss ich, alles auf eine Karte zu setzen, den kühnsten Schritt zu wagen, den äußersten, und zu versuchen, den Krieg zu beenden, ich ganz allein! Wenigstens in der Ecke, wo ich grade war.

Der Oberst spazierte zwei Schritte vor mir einher. Ich wollte mit ihm reden. Das hatte ich noch nie getan. Jetzt war der Augenblick, es zu wagen. Da, wo wir jetzt hingeraten waren, gab es fast nichts mehr zu verlieren. «Was wollen Sie?», würde er mich fragen, das sah ich schon vor mir, höchst überrascht natürlich ob dieser dreisten Störung. Dann wollte ich ihm erklären, wie ich die Dinge sah. Was er davon hielt, der Oberst, das würde man dann schon hören. Man muss sich aussprechen im Leben, das ist das A und O.Zu zweit geht das auch leichter als so ganz allein.

Ich setzte eben zu diesem entscheidenden Schritt an, aber gerade da kam einer auf uns zugerannt, völlig fertig, zitternd, ein Berittener zu Fuß (wie man das damals nannte), den Helm umgedreht in der Hand, wie Belisar, schlotternd und gründlich dreckverschmiert, im Gesicht noch grüner als der andere Verbindungsmann. Er stammelte und schien unerhörte Qualen zu leiden, dieser Berittene, wirkte wie so eben noch dem Grab entronnen und als wäre ihm todübel. Konnte dieses Gespenst etwa auch keine Kugeln leiden? Sah es sie kommen wie ich?

«Was ist los?», bremste der Oberst ihn brutal, belästigt, mit einer Art stählernen Blicks auf diesen Wiedergänger.

Dieser erbärmliche Berittene in einer so vorschriftswidrigen Aufmachung und bibbernd vor Aufregung noch dazu, das brachte unseren Obersten mächtig in Harnisch. Also Angst konnte er überhaupt nicht leiden. Das war klar. Und dann noch den Helm in der Hand wie einen Hut, eine Melone, das machte sich vollends miserabel in unserm Sturmregiment, einem Regiment, das sich in die Schlacht stürzte. Als würde er den Krieg grüßen, so sah er aus, dieser Berittene zu Fuß, als er ankam.

Unter diesem tadelnden Blick nahm der schwankende Bote Habtachtstellung an, die kleinen Finger an der Hosennaht, wie sichs gehört in solchen Fällen. So stand er wankend, starr auf der Böschung, der Schweiß rann ihm die Kinnriemen hinab, und seine Kiefer knirschten so sehr, dass ihm kleine abgehackte Schreie entschlüpften, wie einem Hündchen, das träumt. Unmöglich zu erkennen, ob er uns etwas sagen wollte oder aber weinte.

Unsere Deutschen, die hinten ganz am Ende der Straße hockten, hatten eben das Instrument gewechselt. Jetzt trieben sie ihren Unfug mit dem Maschinengewehr; sie knatterten damit wie mit dicken Streichholzschachteln, und rings um uns herum stoben Schwärme wütender Kugeln, stechlustig wie Wespen.

Endlich brachte der Mann doch etwas Artikuliertes heraus:

«Quartiermeister Barousse ist soeben gefallen, Herr Oberst», sagte er in einem Zug.

«Und?»

«Als er den Brotwagen holen wollte, auf der Straße nach Les Etrapes, Herr Oberst!»

«Und?»

«Eine Granate hat ihn zerrissen!»

«Und, verflucht nochmal?»

«Sonst nichts! Herr Oberst…»

«Das ist alles?»

«Ja, das ist alles, Herr Oberst.»

«Und das Brot?», fragte der Oberst.

Das war das Ende des Gesprächs, ich erinnere mich genau, er hatte gerade noch Zeit zu sagen: «Und das Brot?» Das war alles. Dann nur noch Feuer und außerdem noch Krach dazu. Aber so ein Krach, wie man ihn nie für möglich halten würde. Die Augen hatten wir voll davon, Ohren, Nase, Mund, sofort, mit diesem Krach, dass ich glaubte, es ist vorbei, ich bin selbst zu Feuer und zu Krach geworden.

Aber nein, das Feuer verschwand, nur der Krach blieb noch lange in meinem Kopf, und Arme und Beine zitterten, als würde einer sie von hinten schütteln. Sie sahen aus, als wollten sie weg von mir, und dann sind sie doch bei mir geblieben, meine Glieder. In dem Rauch, der noch lange in den Augen brannte, hing so viel stechender Pulver- und Schwefelgestank, als sollten die Wanzen und Flöhe der ganzen Erde damit ausgeräuchert werden.

Gleich danach dachte ich an den Quartiermeister Barousse, den es zerrissen hatte, wie wir von dem andern erfahren hatten. Eine gute Nachricht war das. Bestens!, dachte ich sofort: «Ein Rabenaas weniger im Regiment!» Er hatte mich vors Kriegsgericht bringen wollen wegen einer Konservendose. «Jedem seinen Krieg!», dachte ich. Zugegeben, so gesehen schien der Krieg ja auch zu was nütze so von Zeit zu Zeit! Ich kannte durchaus noch drei oder vier im Regiment, schlimme Drecksäcke, denen ich nur allzu gern zu so einer Granate verholfen hätte, wie sie Barousse erwischt hatte.

Dem Obersten hier wollte ich nichts Böses. Trotzdem, auch er war tot. Erst konnte ich ihn gar nicht mehr sehen. Weil die Explosion ihn ein Stück den Abhang weiter geblasen hatte, er lag auf der Seite, dem Berittenen zu Fuß in die Arme geschleudert, dem Boten, der war auch hinüber. Sie umarmten einander für jetzt und immerdar, allerdings hatte der Berittene keinen Kopf mehr, nur noch ein Loch auf dem Hals mit Blut drin, das glucksend brodelte wie Marmelade im Topf. Dem Obersten hatte es den Bauch aufgeschlitzt, er zog eine grässliche Fratze. Musste böse wehgetan haben in dem Moment, als es geschah. Selber schuld! Wäre er gleich bei den ersten Kugeln abgehauen, dann wäre ihm das nicht passiert.

Dies ganze Fleisch blutete gewaltig durcheinander.

Immer noch explodierten Granaten rechts und links vom Schauplatz.

Ohne zu zaudern, verließ ich die Stätte, richtig froh über diesen schönen Vorwand zum Verschwinden. Ich trällerte sogar ein bisschen, humpelnd, wie nach einer netten Ruderpartie, wenn die Beine noch so komisch wacklig sind. «Eine einzige Granate! Die regelt doch alles im Handumdrehen, muss man schon sagen, eine einzige Granate!», dachte ich. «Also wirklich!», dachte ich immer wieder. «Also wirklich!…»

Hinten am Ende der Straße war niemand mehr. Die Deutschen waren weg. Ich hatte aber sehr schnell den Kniff gelernt, nur noch in der Deckung der Bäume zu gehen. Ich wollte rasch zurück ins Lager, um zu sehen, ob noch andere vom Regiment auf der Erkundung gefallen waren. Es muss doch auch gute Tricks geben, dachte ich außerdem, um sich gefangen nehmen zu lassen!… Hier und da hingen beißende Rauchschwaden über den Ackerschollen. «Vielleicht sind jetzt schon alle tot?», fragte ich mich. «Weil sie nichts begreifen wollen, gar nichts, da wäre es doch vorteilhaft und praktisch, wenn sie alle möglichst schnell getötet würden… Auf diese Weise hätte man die Sache rasch hinter sich… Könnte nach Hause… Würde vielleicht im Triumph an der Place Clichy vorbeiparadieren… Einer oder höchstens zwei hätten überlebt… Wenn es nach meinen Wünschen ginge… Nette, gut gebaute Jungs, hinter dem General, alle anderen wären tot wie der Oberst… Wie Barousse… wie Vanaille… (noch so ein Schwein)… usw. Man würde uns mit Auszeichnungen und Blumen überschütten, wir zögen unterm Triumphbogen durch. Wir würden in Restaurants hineinspazieren, man würde uns umsonst bedienen, wir würden nichts mehr bezahlen, nie mehr im Leben! Wir sind die Helden!, würden wir sagen, wenn man uns die Rechnung vorlegt… Verteidiger des Vaterlandes! Und mehr wäre nicht nötig!… Wir würden mit kleinen Trikoloren zahlen!… Die Kassiererin würde sich sogar weigern, das Geld der Helden anzunehmen, ja, geben würde sie uns welches, mit Küssen, wenn wir an der Kasse vorüberkommen. Dann wäre das Leben eine Lust.»

Ich bemerkte auf der Flucht, dass ich am Arm blutete, aber nur ein bisschen, wirklich keine Verwundung, die genügt hätte, nur ein Kratzer. Also nochmal alles von vorn.

Es fing wieder zu regnen an, die flandrischen Felder troffen vor Dreckbrühe. Lange noch begegnete ich keiner Menschenseele, nur dem Wind und kurz darauf der Sonne. Von Zeit zu Zeit kam eine Kugel gepfiffen, ich weiß nicht woher, suchte mich in Sonne und Luft, kreuzfidel, fest entschlossen, mich zu töten in dieser Einsamkeit, ausgerechnet mich. Warum? Nie mehr wieder, und sollte ich noch hundert Jahre leben, würde ich auf dem Land spazieren gehen. Mein Eid darauf!

Wie ich so vor mich hin ging, dachte ich an die Zeremonie vom Abend zuvor. Auf einer Wiese hatte sie stattgefunden, diese Zeremonie, hinter einem Hügel; der Oberst mit seiner groben Stimme hatte eine Ansprache an das Regiment gehalten: «Nur Mut!», hatte er gesagt… «Nur Mut! Und es lebe Frankreich!» Wenn man keine Phantasie hat, ist es eine Kleinigkeit zu sterben, wenn man welche hat, ist zu sterben viel zu viel. Das ist jedenfalls meine Meinung. Niemals hatte ich so viel auf einmal begriffen.

Der Oberst, der hatte nie Phantasie gehabt. Daher rührte alles Unglück dieses Mannes und vor allem unsers. War ich denn in diesem Regiment der Einzige, der genügend Phantasie hatte, sich den Tod vorzustellen? Ich wollte lieber meinen eigenen Tod sterben, einen späteren… In zwanzig Jahren… Dreißig Jahren… Vielleicht noch später, viel lieber als den Tod, den man mir sofort bereiten wollte, dazu als Fraß den flandrischen Dreck, den Mund gestrichen voll, mehr als den Mund voll, den Mund bis zu den Ohren, von einem Granatsplitter aufgerissen. Man wird ja wohl eine Meinung über seinen eigenen Tod haben dürfen. Aber wohin jetzt gehen? Geradeaus vor mir her? Den Rücken zum Feind. Wenn die Feldjäger mich so geschnappt hätten, gemütlich bummelnd, dann wärs mir wahrscheinlich an den Kragen gegangen. Sie hätten mich noch gleich am selben Abend abgeurteilt, sehr schnell, ohne weiteren Umstand, in einem leeren Klassenzimmer. Es gab viele leere Klassenzimmer, überall, wo wir durchkamen. Sie hätten mit mir Gericht gespielt, so, wie man spielt, wenn der Lehrer weg ist. Die unteren Dienstgrade sitzen auf dem Katheder, ich stehe davor, in Handfesseln, vor den kleinen Pulten. Am Morgen hätten sie mich erschossen: zwölf Kugeln, dann noch eine. Na und?

Und ich dachte wieder an den Obersten, tapfer war er ja gewesen, dieser Mann mit seinem Kürass, seinem Helm und seinem Schnurrbart, wenn man den im Variété gezeigt hätte, so, wie ich ihn gesehen hatte, wie er zwischen Kugeln und Bomben einherspaziert, na, mit dieser Nummer hätte man das Alhambra von damals voll gekriegt, er hätte Fragson ausgestochen, dabei war der zu der Zeit, von der ich rede, ein großer Star. Das dachte ich also. Nur Mut, am Arsch!, das dachte ich.

Nach stundenlangem verstohlenem, vorsichtigem Marschieren erblickte ich endlich unsere Soldaten vor einem Weiler von Bauernhöfen. Einen von unsern Vorposten. Derjenige einer Schwadron, die dort einquartiert war. Nicht ein einziger Gefallener bei ihnen, verkündeten sie mir. Alle am Leben! Und ich wusste die große Neuigkeit: «Der Oberst ist tot!», schrie ich ihnen zu, sobald ich nah genug am Posten war. «Oberste haben wir genug!», gab mir der Obergefreite Pistil2 schlagfertig zurück, der hatte gerade Wache und auch noch als Strafdienst.

«Und bis der Oberst ersetzt wird, du Trottel, ab mit dir zur Fleischzuteilung, zusammen mit Empouille und Kerdoncuff, ihr nehmt jeder zwei Säcke, hinter der Kirche läuft das… Dahinten der… Sorgt dafür, dass sie euch nicht wieder nur Knochen andrehen wie gestern, und seht gefälligst zu, dass ihr wieder beim Trupp seid, bevor es dunkel wird, Saubande!»

Also sind wir drei wieder los.

«Denen erzähl ich nichts mehr!», dachte ich beleidigt. Ich begriff genau, es lohnte sich nicht, diesen Leuten irgendwas zu erzählen, so ein Drama, wie ich es erlebt hatte, das war an solche Schweinehunde ganz einfach verschwendet! es war zu spät, das interessierte keinen mehr. Vor acht Tagen noch, das muss man sich mal vorstellen, da hätte es nach dem Tod eines Obersten unter solchen Umständen ganz sicher vier Spalten in der Zeitung gegeben und mein Foto noch dazu. Idiotenpack!

Auf einer Augustwiese also wurde das Fleisch fürs ganze Regiment verteilt – beschattet von Kirschbäumen war sie und schon spätsommerlich verbrannt. Auf Säcken und weit hingebreiteten Zeltbahnen und direkt auf dem Gras lagen da Kutteln kiloweise verteilt, Fett in blassgelben Batzen, gemetzelte Schafe mit den Innereien durcheinander, aus denen muntere Bächlein rieselten in das Grün ringsum, ein ganzer, in zwei Hälften zerteilter Ochse hing an einem Baum, noch säbelten fluchend die vier Regimentsmetzger an ihm herum und schnitten Abfallstücke runter. Um das Fett, vor allem die Nieren gab es lauten Streit zwischen den Trupps, umschwirrt von Fliegen, wie man sie nur bei solchen Gelegenheiten sieht, fett und musikalisch waren die wie kleine Vögel.

Und noch mehr und überall Blut, im Gras, in matschigen Pfützen, die ineinander flossen auf der Suche nach dem Gefälle. Ein paar Schritt weiter wurde das letzte Schwein gestochen. Schon zankten vier Mann und ein Fleischhauer sich um gewisse zu erwartende Kutteln.

«He, du Mistkerl! hast dir schon gestern das beste Stück unter den Nagel gerissen!…»

Ich konnte noch zwei, drei Blicke auf diesen Futterdisput werfen, an einen Baum gelehnt, dann überwältigte mich eine unendliche Lust zu kotzen, und zwar durchaus nicht zu knapp, sondern bis ich in Ohnmacht fiel.

Sie brachten mich zwar auf einer Trage ins Quartier zurück, aber nutzten die Gelegenheit und klauten meine beiden Jutesäcke.

Mich weckte der nächste Anschiss vom Gefreiten. Der Krieg ging nicht zu Ende.

***

Es gibt nichts, was es nicht gibt: Gegen Ende desselben Monats August war ich an der Reihe und wurde selber Unteroffizier. Öfters wurde ich mit fünf Mann als Verbindungskommando dem General des Entrayes zugewiesen. Dieser Vorgesetzte war klein von Wuchs, wortkarg und wirkte auf den ersten Blick weder grausam noch heroisch. Aber Vorsicht… Am allerwichtigsten schien ihm seine Bequemlichkeit zu sein. Er dachte sogar ohne Unterlass an seine Bequemlichkeit, und obwohl wir seit über einem Monat auf dem Rückzug waren, schnauzte er trotzdem alle an, die ihm in die Quere kamen, falls seine Ordonnanz nicht augenblicks in jedem neuen Quartier in der Etappe ein sauberes Bett und eine modernst eingerichtete Küche für ihn auftrieb.

Den Leiter seines Stabs mit seinen vier Litzen brachte diese Sorge um Komfort ganz schön ins Schwitzen. Die haushaltlichen Ansprüche des Generals des Entrayes ärgerten ihn. Vor allem, weil er selber, gelbgesichtig, gastritisch wie nur was und verstopft, keineswegs ein guter Esser war. Dennoch musste er am Tisch des Generals gekochte Eier löffeln und sich dabei dessen Gejammer anhören. Dienst ist eben Dienst. Ich brachte es trotzdem nicht fertig, ihn zu bedauern, denn als Offizier war er ein richtiger Schweinehund. Man urteile selbst. Wenn wir uns den lieben langen Tag über Wege und Hügel gequält hatten, durch Luzerne und Möhren, hielten wir endlich an, damit unser General irgendwo schlafen konnte. Man suchte und fand für ihn ein stilles Dorf, schön geschützt, wo noch keine Truppen lagen, und falls sich bereits welche in dem fraglichen Dorf befanden, so machten sie sich schleunig aus dem Staub, wir setzten sie ganz einfach vor die Tür; sie mussten unter freiem Himmel schlafen, auch wenn sie schon ihre Gewehre zusammengestellt hatten.

Das Dorf war einzig dem Generalstab vorbehalten, seinen Pferden, seinen Koffern und Kisten, und auch jenem Schweinehund von Major. Er hieß Pinçon, dieser Schweinehund, Major Pinçon3. Ich hoffe innig, dass er mittlerweile krepiert ist (und keines sanften Todes). Doch zu jener Zeit, von der ich rede, erfreute sich dieser Pinçon noch seines dreckigen Lebens. Jeden Abend bestellte er uns Männer vom Verbindungstrupp zu sich, und dann schiss er uns erst mal gründlich zusammen, um unsere Kampfmoral zu stärken und unsere patriotische Glut anzufachen. Er schickte uns zu sämtlichen Teufeln, dabei waren wir den ganzen Tag hinter dem General hergejagt. Absitzen! Aufsitzen! Wieder absitzen! Und immer so weiter, um seine Befehle zu übermitteln, hierhin, dorthin. Wenn es vorbei war, hätten wir uns ebenso gut aufhängen können. Wäre auch praktischer gewesen für alle Beteiligten.

«Verschwindet! Zurück zu euren Regimentern! Aber plötzlich!», schnauzte er.

«Wo ist denn bitte das Regiment, Herr Major?», fragten wir…

«In Barbagny.»

«Barbagny? Und wo ist das?»

«Da lang!»

Da, wo er hinzeigte, war nichts als Nacht, wie auch sonst überall, eine monströse Nacht, die nach zwei Schritten die Straße verschluckte; aus der Finsternis schaute sowieso nur ein kleines Stückchen Straße hervor, nicht mehr als eine Zunge lang.

Am Arsch der Welt hätten wir sein Barbagny suchen können! Um sein Barbagny zu finden, hätte man eine ganze Schwadron opfern müssen, mindestens! Und zwar eine aus tapferen Männern! Dabei war ich absolut nicht tapfer und sah auch gar nicht ein, warum ich hätte tapfer sein sollen, ich hatte natürlich noch viel weniger Lust als sonst alle, sein Barbagny zu finden, von dem er uns übrigens völlig aufs Geratewohl erzählte. Ebenso gut hätte man versuchen können, mir durch intensives Anschnauzen Lust zu machen, dass ich mich umbrachte. So was muss man haben, so was kann man nicht lernen.

Von all dieser Dunkelheit, die derart dicht war, dass man meinte, wenn man den Arm nur etwas weiter als die Schulter ausstreckte, würde man ihn nie wieder sehen, von der wusste ich nur eins, aber das ganz genau: dass sie Mordgelüste verbarg, Mordgelüste sondergleichen und ohne Zahl.

Sobald es wieder Abend war, hatte diese Generalstabsfresse keine Rast und Ruh, bevor er uns nicht ins Verderben geschickt hatte, es packte ihn oft gleich nach Sonnenuntergang. Wir kämpften ein bisschen mit ihm, leisteten passiven Widerstand, konnten einfach beharrlich nicht verstehen, was er meinte, wir klammerten uns, solange es ging, solange wir konnten, an das gemütliche Quartier, aber wenn man schließlich die Bäume nicht mehr sehen konnte, mussten wir uns geschlagen geben und ein wenig sterben gehen; das Dîner des Generals war bereitet.

Was von diesem Augenblick an passierte, das hing alles vom Zufall ab. Manchmal fanden wir es, Barbagny und das Regiment, manchmal fanden wirs auch nicht. Meist fanden wir beides aus Versehen, weil die Wachposten der Schwadron, wenn wir näher kamen, auf uns schossen. Dann mussten wir uns notgedrungen zu erkennen geben und brachten die restliche Nacht mit allerlei Strafarbeiten zu, schleppten jede Menge Hafersäcke oder Wassereimer ohne Zahl, ließen uns anschnauzen, bis uns das noch benommener machte als schon allein die Müdigkeit.

Morgens zogen wir dann wieder los, der Verbindungstrupp, alle fünfe zum Quartier des Generals des Entrayes, und machten weiter mit dem Krieg.

Meistens jedoch fanden wir das Regiment nicht wieder und warteten einfach auf den neuen Tag, wobei wir auf unbekannten Wegen um Dörfer schlichen, am Rande evakuierter Weiler und an heimtückischen Dickichten vorbei, wir umgingen all so was, so gut es nur ging, wegen der deutschen Patrouillen. Trotzdem, irgendwo mussten wir ja sein, während wir auf den Morgen warteten, irgendwo in der Nacht. Alles konnten wir nicht umgehen. Seit jener Zeit kann ich nachfühlen, was Hasen bei der Treibjagd empfinden müssen.

Schon seltsam, woher das Mitleid kommt. Wenn wir zum Major Pinçon gesagt hätten, dass er nichts war als ein feiger, dreckiger Mörder, dann hätten wir ihm damit ein riesiges Vergnügen bereitet, nämlich uns stehenden Fußes füsilieren zu lassen, durch den Feldjägerhauptmann, der ihm wie angeklebt nie von der Seite wich und sich seinerseits nichts sehnlicher wünschte als ebendas. Nicht auf die Deutschen hatte er es abgesehen, dieser Feldjägerhauptmann.

Also mussten wir uns Nacht auf bescheuerte Nacht den Hinterhalten aussetzen, mit der einzigen, immer weniger wahrscheinlichen Hoffnung, es irgendwie zu überstehen, und auch diese Hoffnung speiste sich einzig und allein daraus, dass wir, wenn wir es denn überstehen sollten, nie, wirklich niemals vergessen würden, dass wir auf Erden einem Mann begegnet waren, der Mensch war wie du und ich, aber dennoch blutrünstiger als die Krokodile und Haie, die mit gebleckten Zähnen unter der Wasseroberfläche lauern, rings um die Boote, die ihnen draußen auf offener See vor Havanna Müll und faules Fleisch vor die Mäuler kippen.

Die größte Niederlage bei alldem liegt darin, zu vergessen, vor allem das, was einen hat krepieren lassen, und darin, zu krepieren, ohne je zu begreifen, wie namenlos niederträchtig die Menschen sind. Wenn es einst in die Grube fahren heißt, können wir keine großen Töne mehr spucken, aber wir dürfen trotzdem nichts vergessen, wir müssen aufs Wort genau erzählen, was das Widerwärtigste war, das wir bei den Menschen je gesehen haben, dann gibt man den Löffel ab, und runter gehts. Genug Arbeit für ein ganzes Leben ist das.

Ich hätte ihn also liebend gern den Haien vorgeworfen, diesen Major Pinçon, und seinen Feldjäger gleich mit, das hätte sie ein bisschen Lebensart gelehrt; und auch mein Pferd gleich mit, damit es nicht mehr leiden musste, weil das Ärmste schier keinen Rücken mehr hatte, nur noch zwei Fetzen Fleisch stattdessen unterm Sattel, breit wie meine beiden Hände und suppend, roh, dicke Eiterbäche liefen unter der Satteldecke hervor, bis zu den Fesseln hinab. Trotzdem musste es weitertraben, eins, zwei… Es wand sich im Trab. Doch Pferde sind noch viel geduldiger als Menschen. Es wankte im Trab. Man konnte es nur noch an der frischen Luft lassen. Im Stall verbreitete es wegen seiner Wunden einen derartigen Gestank, dass einem schier die Luft wegblieb. Wenn man aufsaß, tat ihm das so weh, dass es den Rücken durchdrückte, wie aus Gefälligkeit, und sein Bauch fast die Knie berührte. Wie auf einen Esel zu klettern war das. Zugegeben, bequemer war das schon. Wir waren ja selber ganz schlapp, mit all dem Stahl, den wir auf Kopf und Schultern zu tragen hatten.

General des Entrayes wartete unterdessen in dem ihm vorbehaltenen Haus auf sein Dîner. Der Tisch war gedeckt, die Lampe stand an ihrem Platz.

«Schert euch alle weg, verflucht nochmal», fuhr uns Pinçon noch einmal an und wedelte uns mit seinem Säbel vor der Nase rum. «Wir müssen zu Tisch! Ich sags nicht nochmal! Seid ihr Kanaillen bald weg?», schrie er regelrecht. Die Rage, mit der er uns krepieren schickte, zauberte dem Bleichgesicht ein wenig Farbe auf die Wangen.

Manchmal steckte uns der Koch des Generals, bevor wir gingen, noch eine Kleinigkeit zu, der General hatte viel zu viel zu fressen, weil ihm gemäß der Vorschrift vierzig Rationen zustanden, ihm ganz allein! Dabei war dieser Mann nicht mehr jung. Er musste im Gegenteil schon kurz vor der Pensionierung stehen. Er knickte beim Gehen mit den Knien ein. Wahrscheinlich färbte er sich den Schnurrbart.

Seine Adern, das sahen wir genau im Schein der Lampe, wenn wir weggingen, bildeten an den Schläfen Schleifen, wie die Seine, wo sie aus Paris rausfließt. Seine Töchter waren erwachsen, hieß es, unverheiratet und, wie er, nicht reich. Vielleicht lag es an diesen Erinnerungen, dass er so kleinlich und brummelig wirkte, wie ein alter Hund, den man aus seiner gewohnten Ruhe aufgestört hat und der jetzt überall, wo man ihn einlässt, sein Körbchen mit dem Kissen sucht.

Er liebte schöne Parks und Rosen, er ließ keinen Rosengarten aus, überall, wo wir durchkamen. Niemand liebt Rosen so sehr wie Generäle. Bekannte Sache.

Trotzdem brachen wir auf. Die größte Mühe war, die Gäule auf Trab zu bringen. Sie wollten sich nicht bewegen, erst mal wegen ihrer wunden Stellen, und außerdem hatten sie Angst vor uns und auch Angst vor der Nacht, sie hatten einfach vor allem Angst! Wir ja auch! Zehnmal machten wir kehrt, um den Major nach dem Weg zu fragen. Zehnmal schimpfte er uns Faulpelze und widerwärtige Drückeberger. Schließlich gaben wir den Tieren die Sporen, ritten an der letzten Wache vorbei, riefen dem Posten das Losungswort zu, und dann ging es kopfüber in das scheußliche Abenteuer, in die Finsternis dieses Niemandslands.

Wenn man so die ganze Zeit von einem Rand des Schattens zum anderen schlenderte, meinte man am Ende, man würde sich darin ein bisschen auskennen, wenigstens dachte man das… Kaum war eine Wolke etwas heller als die anderen, schon glaubte man, man hätte etwas gesehen… Doch vor sich hatte man nur eine einzige Gewissheit, ein Echo, das kam und ging, der Widerhall des Geräuschs von den trabenden Pferden, ein Geräusch, das einen erstickt, ein gewaltiges Geräusch, das man nicht mehr hören will. Sie schienen bis in den Himmel zu traben, diese Pferde, alles herbeizurufen, was es auf Erden gab, damit wir massakriert wurden. Dafür hätte ja übrigens eine einzige Hand genügt, mit einem Karabiner, man hätte uns nur aufzulauern und abzudrücken brauchen, an einen Baum gestützt. Ich dachte die ganze Zeit, das erste Licht, das wir sehen, das wird der Funke des Schusses, das Ende sein.

In den vier Wochen, die dieser Krieg jetzt dauerte, waren wir dermaßen müde geworden, dermaßen unglücklich, dass ich unterwegs vor lauter Erschöpfung ein wenig von meiner Angst vergessen hatte. Die Folter, die darin bestand, Tag und Nacht von diesen Leuten gepiesackt zu werden, den Offizieren, vor allem den unteren Graden, die noch abgestumpfter, noch schäbiger und gehässiger waren als sonst, das bringt auch den Verbohrtesten dazu, dass er sich fragt, ob er wirklich weiterleben will.

Ah! die Sehnsucht abzuhauen! Um zu schlafen! Vor allem! Und wenn es wirklich keinerlei Aussicht gibt, abzuhauen und zu schlafen, dann verschwindet die Lebenslust von ganz allein. Solange wir aber am Leben blieben, mussten wir so tun, als suchten wir das Regiment.

Damit im Hirn eines Schlappschwanzes das Denken einmal losgeht, muss ihm ganz schön was passieren und was ganz schön Fieses. Derjenige, der mich zum ersten Mal in meinem Leben zum Denken gebracht hat, wirklich auf ganz eigene und praktische Gedanken, das war ganz gewiss Major Pinçon, der Folterknecht. Also dachte ich an ihn, so fest ich nur konnte, brach beinahe scheppernd unter meiner Rüstung zusammen, ein untergeordneter Statist in dieser unglaublichen internationalen Angelegenheit, in die ich aus lauter Begeisterung geraten war… Ich gebs ja zu.

Jeder Meter Dunkelheit voraus war ein erneutes Versprechen, dass es gleich vorbei sein und man krepieren würde, aber auf welche Weise? In dieser Geschichte war das einzig Ungewisse, welche Uniform der Henker tragen wird. Einer von uns? Oder einer von denen da drüben?

Ich hatte ihm doch nichts getan, diesem Pinçon, ich nicht! Ihm genauso wenig wie den Deutschen!… Mit seinem verdorbenen Backpfeifengesicht, diesen vier Litzen, die vom Kopf bis zum Bauchnabel überall an ihm glitzerten, seinem steifen Schnurrbart und den spitzen Knien und dazu dem Fernglas, das ihm am Hals baumelte wie eine Kuhglocke, und mit seiner Karte 1:1000, was wollte er? Woher rührte die Besessenheit, fragte ich mich, mit der er die anderen verrecken schickte? Die anderen, die keine Karte hatten.

Wir fünf Reiter auf der Landstraße veranstalteten so viel Lärm wie ein halbes Regiment. Man musste uns vier Stunden weit kommen hören, es sei denn, man hätte uns nicht hören wollen. Das war ja immerhin möglich… Vielleicht hatten die Deutschen ja Angst vor uns? Wer weiß?

Einen Monat Müdigkeit auf jedem Augenlid, das schleppten wir mit uns herum, und nochmal genauso viel im Hinterkopf, zusätzlich zu diesen Kilos Eisenkram.

Meine Mitreiter waren nicht besonders mitteilsam. Genauer gesagt, sie redeten kaum. Es waren Jungs, die aus der tiefsten Bretagne gekommen waren, um ihren Militärdienst abzuleisten, und ihre ganze Weisheit hatten sie nicht in der Schule, sondern beim Regiment gelernt. An jenem Abend hatte ich versucht, mit dem, der neben mir ritt, er hieß Kersuzon, ein bisschen über das Dorf Barbagny zu plaudern.

«Sag mal, Kersuzon», sagte ich zu ihm, «das hier, das sind die Ardennen, weißt du… Siehst du irgendwas weiter voraus? Ich kann überhaupt nichts sehen…»

«Dunkel wie im Arsch», gab Kersuzon zurück. Das war alles…

«Sag mal, hast du heute nichts über Barbagny gehört? Wo ungefähr das liegt?», fragte ich ihn noch.

«Nein.»

Und Schluss.

Dies Barbagny, wir haben es nie gefunden. Wir drehten uns bis zum Morgen im Kreis, kamen in ein anderes Dorf, wo uns der Mann mit dem Fernglas erwartete. Als wir eintrafen, nahm sein General gerade den Frühstückskaffee in der Gartenlaube vorm Haus des Bürgermeisters.

«Ach! wie ist die Jugend schön, Pinçon!», bemerkte er laut zu seinem Generalstabschef, der Alte, als er uns vorüberreiten sah. Darauf erhob er sich, ging Pipi machen und drehte dann noch eine Runde, die Hände hinterm Rücken verschränkt, gebeugt. Er sei an jenem Morgen besonders müde, flüsterte die Ordonnanz mir zu, er habe schlecht geschlafen, der General, ein Zipperlein an der Blase mache ihm zu schaffen, so erzähle man.

Kersuzon gab mir stets dieselbe Antwort, wenn ich ihn nachts was fragte, damit vertrieb ich mir am Ende die Zeit, wie mit einem Tick. Er sagte das von wegen Nacht und Arsch noch zwei-, dreimal, dann war er tot, abgeschossen haben sie ihn bald darauf, als wir aus einem Dorf kamen, ich weiß es noch genau, einem Dorf, das wir für ein anderes gehalten hatten, und zwar von Franzosen, die uns für die anderen gehalten hatten.

Nur ein paar Tage nach Kersuzons Tod dachten wir gut nach und kamen höchst zufrieden auf ein listiges Mittel, damit wir uns nachts nicht mehr verirrten.

Also, wir wurden im Quartier vor die Tür gesetzt. Gut. Kein Wort dagegen. Wir beschwerten uns nicht. «Verschwindet!», brüllte er wie üblich, mit wachsbleicher Visage.

«Zu Befehl, Herr Major!»

Und schon waren wir weg, alle fünf miteinander, direkt auf die Stellungen los und ohne uns noch lange bitten zu lassen. Als ginge es zum Kirschenpflücken. Es war recht hügelig in dieser Richtung. Die Maas mit ihren Höhen, rebenbestanden, die Trauben waren noch nicht reif, es war Herbst, die aus Holz gebauten Dörfer waren nach drei Sommermonaten gründlich durchgetrocknet und brannten folglich gut.

Das war uns nämlich aufgefallen, in einer Nacht, in der wir gar nicht mehr gewusst hatten wohin, dass in Richtung auf die Stellungen immer irgendwo ein Dorf brannte. Wir gingen nicht zu nahe heran, betrachteten dies Dorf nur aus der Ferne, wie Zuschauer sozusagen, aus zehn, zwölf Kilometer Distanz vielleicht. Und dann gingen damals jeden Abend viele Dörfer am Horizont in Flammen auf, eins nach dem anderen, wir waren davon umgeben wie von einem sehr großen Kreis auf einem seltsamen Fest, von all diesen brennenden Dörfchen vor uns und zu beiden Seiten, mit Flammen, die gen Himmel loderten und an den Wolken leckten.

Alles ging im Feuer dahin, Kirchen, Scheunen, eins ums andere, die Schuppen ergaben ein lebhafteres Feuer, höher als das Übrige, die Balken reckten sich empor in die Nacht, mit Bärten aus Flämmchen, bevor sie in das Licht hinabstürzten.

Das ist deutlich zu sehen, wenn so ein Dorf brennt, auch noch aus zwanzig Kilometern. Lustig war das. Ein kleiner, unauffälliger Weiler, den man tags so gut wie gar nicht sah, tief in eine reizlose Landschaft geduckt, ha, man hat gar keine Vorstellung, was der nachts, wenn er flackert, für ein Schauspiel ist! Besser als Notre-Dame geradezu! Es dauert leicht eine ganze Nacht, so ein Dorf abzufackeln, auch wenn es nur klein ist, am Ende sieht es aus wie ein Riesenblume, dann nur noch wie eine Knospe, dann gar nichts mehr.

Noch ein bisschen Qualm, und dann kommt der Morgen.

Die Pferde, die wir gesattelt neben uns in den Feldern stehen hatten, rührten und regten sich nicht. Wir legten uns ins Gras und poften, außer einem, der Wache hielt, abwechselnd, das musste ja sein. Aber wenn man einem Feuer zuschauen kann, vergeht eine Nacht viel angenehmer, es ist keine Strapaze mehr, keine wirkliche Einsamkeit.

Leider hielten die Dörfer nicht lange… Nach einem Monat schon gab es in diesem Kirchspiel keine mehr. Da feuerten wir also auf die Wälder, mit den Kanonen. Keine acht Tage mehr hat es diese Wälder gegeben. So ein Waldbrand ist auch eine hübsche Sache, nur dauert er nicht lange.

Nach dieser Zeit rückten die Artilleriezüge auf den Landstraßen in die eine Richtung vor, die Zivilisten flohen in die andere.

Kurz, wir selber konnten weder vor noch zurück; für uns hieß es bleiben, wo wir waren.

Wir standen Schlange zum Krepieren. Sogar der General trieb kein Lager mehr auf, in dem nicht schon Soldaten waren. Am Ende schliefen wir alle auf freiem Feld, ob General oder nicht. Wer noch ein wenig Mut übrig hatte, dem ging er verloren. In jenen Monaten fing man an, Soldaten zu erschießen, um ihre Moral zu stärken, ganze Rotten wurden füsiliert, und in den Tagesbefehlen wurde der Major dafür belobigt, wie er seinen persönlichen kleinen Krieg führte, den richtigen, den einzig wahren.

***

Nach einer Ruhepause, ein paar Wochen später, wurde wieder aufgesessen, und wir brachen nordwärts auf. Mit uns kam auch die Kälte. Das Feuer wich uns nicht von der Seite. Dabei trafen wir auf Deutsche höchstens per Zufall, mal ein Husar, mal ein Grüppchen Schützen, mal hier, mal dort, in Gelb und Grün, hübschen Farben. Wir taten so, als ob wir sie suchen würden, aber kaum erblickten wir sie, zogen wir weiter. Bei jeder Begegnung blieben zwei, drei Berittene auf der Strecke, mal bei ihnen, mal bei uns. Und ihre reiterlosen Pferde kamen mit fliegenden, protzigen Steigbügeln von fern her rasend auf uns zugaloppiert, mit den übertriebenen Sattelstegen, dem Lederzeug, das so neu war wie eine Brieftasche, wenn man sie zu Neujahr kriegt. Zu unseren Pferden wollten sie und schlossen gleich Freundschaft. Die Glücklichen! Wir hätten das nicht gedurft.

Eines Morgens bei der Rückkehr vom Erkundungsritt forderte Leutnant Sainte-Engence die anderen Offiziere auf, sich zu überzeugen, dass er nicht prahlte. «Zwei Mann habe ich niedergesäbelt!», versicherte er der Runde und zeigte zugleich seinen Säbel, auf dem in der Tat geronnenes Blut die kleine Abflussrinne füllte.

«Er war fabelhaft! Bravo, Sainte-Engence4!… Das hätten Sie sehen sollen, meine Herren! Was für eine Attacke!», unterstützte ihn Rittmeister Ortolan5.

In Ortolans Schwadron hatte sich das eben zugetragen.

«Ich habe keine einzige Sekunde verpasst! War nicht weit weg! Ein Stich in den Hals, von rechts vorne!… Zack! Der Erste fällt!… Und noch ein Stich, mitten in die Brust!… Links! Und durchziehen! Die reinste Turnierparade, Messieurs!… Nochmals bravo, Sainte-Engence! Zwei Lanzenreiter! Einen Kilometer von hier! Die beiden Freunde liegen noch dort! Auf dem Acker! Für die ist der Krieg vorbei, was, Sainte-Engence?… Was für ein Doppelstoß! Die müssen verblutet sein wie die Kaninchen!»

Leutnant Sainte-Engence, dessen Pferd lange galoppiert war, nahm die Ehrenbezeugungen und Komplimente seiner Kameraden voller Bescheidenheit entgegen. Da Rittmeister Ortolan sich für seine Heldentaten verbürgt hatte, war er beruhigt und ritt seine Stute mit stolzgeblähter Brust trocken, immer langsam im Kreis um die versammelte Schwadron herum, ganz wie nach einem Hürdenrennen.

«Wir müssten sofort noch einen Erkundungstrupp dorthin schicken, an dieselbe Stelle! Sofort!» Rittmeister Ortolan war ganz eifrig, sichtlich erregt. «Die beiden Kerle haben sich wahrscheinlich hierher verirrt, aber hinter ihnen sind ganz sicher noch mehr… Genau, Sie da, Unteroffizier Bardamu, gehen Sie mal los mit Ihren vier Mann!»

An mich wandte sich der Rittmeister.

«Und wenn Sie unter Beschuss genommen werden, na dann bestimmen Sie die Position von den anderen und machen mir schleunigst Meldung! Das müssen Brandenburger sein!…»

Die von der aktiven Truppe erzählten, dass dieser Rittmeister Ortolan sich in Friedenszeiten so gut wie nie hatte blicken lassen. Jetzt hingegen, im Krieg, holte er das tüchtig nach. Er war wirklich unermüdlich. Selbst aus diesem Haufen von Spinnern stach er hervor durch seine Begeisterung, die von Tag zu Tag noch wuchs. Es hieß auch, er schnupfe Kokain. Er war blass und hatte Augenringe, zappelte stets auf seinen zerbrechlichen Gliedmaßen herum, wenn er absaß, dann wankte er zunächst, fing sich dann und raste wütend die Ackerfurchen auf und ab, auf der Suche nach was für einem Bravourstück. Am liebsten hätte er uns ausgeschickt, dass wir mit dem Mund von den gegnerischen Kanonen Feuer holten. Er kollaborierte mit dem Tod. Wir hätten schwören können, dass die zwei einen Pakt miteinander geschlossen hatten, Rittmeister und Sensenmann.

Im Zivilleben (ich hatte Erkundigungen eingezogen) hatte er immer bei Pferderennen mitgemacht und sich mehrmals jährlich die Rippen zerknackst. Auch die Beine hatte er sich so oft gebrochen und fast nicht mehr zum Gehen benutzt, dass ihnen die Waden weggeschrumpft waren. Der Ortolan hüpfte nur noch mit nervösen kleinen, spitzen Schrittchen, wie auf Stecken. Wenn er sich im Regen unter seinem überweiten Mantel am Boden duckte, dann sah er aus wie das gespenstergleiche Hinterteil eines Rennpferds.

Nun war es so, dass zu Beginn dieser grauenhaften Veranstaltung, also im August, vielleicht noch bis in den September hinein, manche Stunden, bisweilen ganze Tage über gewisse Straßenabschnitte und Waldwinkel den Todeskandidaten noch gnädig waren… Dort konnte man sich von der Illusion, man wäre mehr oder weniger in Sicherheit, beschleichen lassen und zum Beispiel eine Konservendose wegfuttern mit Brot dazu, bis sie ganz leer war, ohne allzu sehr von dem Vorgefühl gequält zu werden, es könnte die letzte sein. Doch von Oktober an war es mit diesen kleinen Ruhepausen vorbei, der Hagel kam dicke, wurde immer dichter, war mit immer mehr Granaten und Kugeln gespickt. Bald würden wir voll unterm Gewitter stehen, und was wir möglichst nicht sehen wollten, würde ebenso voll vor uns stehen, wir würden nichts anderes mehr sehen können als ihn: unseren eigenen Tod.

Die Nacht, vor der wir uns in der ersten Zeit so sehr gefürchtet hatten, war jetzt, verglichen damit, eher still. Am Ende erwarteten wir sie, die Nacht, wir sehnten sie herbei. Nachts konnte uns weniger leicht eins übergebrannt werden als am Tag. Und dieser Unterschied war jetzt das Einzige, was zählte.

Es ist nicht leicht, zum Wesentlichen vorzudringen, selbst in Sachen Krieg nicht, die Phantasie stellt sich zu lange quer.

Aber wenn Katzen das Feuer allzu nah kommt, springen sie am Ende doch ins Wasser.

Wir trieben in der Nacht hie und da kleine Viertelstündchen auf, die der wunderbaren Friedenszeit doch ziemlich ähnlich waren, jener unvorstellbar gewordenen Zeit, in der alles harmlos war, in der nichts wirklich Folgen hatte, in der so viele andere Dinge geschahen, die jetzt allesamt ganz außergewöhnlich schienen, wundersam schön. Wie geschmeidiger Samt war jene Friedenszeit…

Doch bald waren auch die Nächte gnadenlos gehetzt. Fast immer mussten wir trotz aller Erschöpfung nachts schuften, noch ein wenig extra leiden, nur um zu essen, um dem Dunkel noch ein Mützchen voll Schlaf abzutrotzen. Das Essen kam bei den vordersten Linien an, schändlich kriechend und schwer, in langen Humpelzügen von baufälligen Karren, prallvoll mit Fleisch, mit Gefangenen, Verwundeten, mit Hafer, Reis und auch Wein, Wein in rumpelnden, dickwanstigen Korbflaschen, die so schön an frühere Gelage erinnerten.

Zu Fuß dann die Nachzügler hinter Schmiede- und Brotwagen, dazu Gefangene, unsere wie dortige, in Handschellen, zu diesem und jenem verurteilt, die Handgelenke an den Steigbügeln der Feldjäger festgemacht, manche sollten morgen füsiliert werden, sie waren nicht trauriger als die anderen. Sie aßen wie die anderen ihre Ration Thunfisch, der so schwer verdaulich war (sie sollten keine Zeit mehr dazu haben), warteten am Straßenrand, dass die Kolonne weiterfuhr – und teilten ihr letztes Stück Brot mit einem Zivilisten, der an ihnen festgekettet war, angeblich ein Spion, wovon der aber selbst nichts wusste. Wir auch nicht.