Remote Positive Leadership - Bettina Hantmann-Willmes - E-Book

Remote Positive Leadership E-Book

Bettina Hantmann-Willmes

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Beschreibung

Homeoffice, hybrides Arbeiten und Führen auf Distanz prägen heute die Arbeitsrealität vieler Menschen. Das bedeutet Herausforderung und Chance zugleich. Um sich hier zukunftsfähig aufzustellen, brauchen Unternehmen eine Führungskultur, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ermutigt, mit Freude und Engagement gemeinsam erfolgreich zu arbeiten. Positive Leadership ist ein evidenzbasierter Führungsstil mit messbaren Ergebnissen für Mensch und Organisation. Das Buch von Bettina Hantmann-Willmes basiert auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Erstmals werden Positive Leadership und Selbstführung speziell im hybriden Arbeitsumfeld betrachtet und praktische Wege aufgezeigt, wie Positive Leadership im Arbeitsalltag zwischen Home Office und Büro umgesetzt werden und gelingen kann. Inhalte: - Was Mitarbeitende und Teams von ihren Führungskräften brauchen, um nachhaltig erfolgreich remote oder in verteilten (hybriden) Teams arbeiten zu können - Welche Kompetenzen Führungskräfte, Mitarbeitende und Teams dazu entwickeln sollten - Was Führungskräfte tun können, um qualifizierte Mitarbeitende für ihre verteilten Teams zu gewinnen und zu halten - Was jede:r Einzelne tun kann, um gesund, erfüllt und erfolgreich im remote/hybriden Umfeld zu arbeitenDie digitale und kostenfreie Ergänzung zu Ihrem Buch auf myBook+: - E-Book direkt online lesen im Browser - Persönliche Fachbibliothek mit Ihren BüchernJetzt nutzen auf mybookplus.de.

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Seitenzahl: 341

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhaltsverzeichnis

InhaltsverzeichnisHinweis zum UrheberrechtmyBook+ImpressumVorwort von Prof. Dr. Judith MangelsdorfVorwort von Dr. h. c. Markwart von Pentz1 Einleitung2 Besonderheiten von Führung auf Distanz und Führung hybrider Teams2.1 Wie Führung bisher (meist) funktioniert hat2.2 Veränderungen der Arbeitswelt2.3 Wieso »remote« anders ist2.3.1 Die Produktivitätsparanoia2.3.2 Perception Gap 2.3.3 Remote Work »über Nacht« 2.3.4 Druck von oben und unten: Die mittlere Führungsebene3 Positive Führung in Remote- oder hybriden Arbeitskontexten3.1 Positive Psychologie 3.2 Positive Führung mit PERMA+V4 Freude an der Arbeit (Positive Emotions)4.1 Umgang mit Stress 4.2 Ressourcen aufbauen: Die Broaden-and-Build-Theorie4.3 Negative Emotionen abpuffern4.4 Wie gehen Sie mit guten Nachrichten um?4.5 Als Führungskraft positiv wirken4.6 Positive Emotionen remote und hybrid: Tipps und Tools4.6.1 What went well?4.6.2 Put it in perspective!4.6.3 Die Kraft der Ah!-Momente nutzen4.6.4 Positives Pausengespräch 4.6.5 Mini-Urlaub im hybriden Arbeitsalltag4.6.6 Positiver Check-in4.6.7 Tipps für Unternehmen, Führungskräfte und Mitarbeitende5 Stärkeneinsatz und Selbstverantwortung (Engagement)5.1 Stärken stärken stärkt5.2 Treiber für Engagement5.3 VIA-Charakterstärken5.4 Flow5.5 Engagement remote und hybrid: Tipps und Tools5.5.1 Individuelles Stärkenprofil erstellen5.5.2 Stärkengespräche führen5.5.3 Teamaktivität: Identifiziere deine Stärken5.5.4 Appreciative Inquiry: Wertschätzende Erkundung5.5.5 Positives Planungsinstrument: SOAR statt SWOT5.5.6 Tipps für Unternehmen, Führungskräfte und Mitarbeitende6 Auf Distanz verbunden (Relationships)6.1 Team-Glue und geteilte mentale Modelle6.2 Psychologische Sicherheit6.3 High-Quality Connections6.4 Positive Kommunikation6.5 Gewaltfreie Kommunikation (GFK)6.6 Die vier Ebenen des Zuhörens6.7 Positives Feedback6.8 Meetings6.9 Positive Onboarding remote und hybrid6.10 Auf Distanz verbunden: Tipps und Tools6.10.1 Team-Canvas erstellen6.10.2 Team-Charta6.10.3 Kommunikationskanäle und Arbeitsformen6.10.4 Tipps für Unternehmen, Führungskräfte und Mitarbeitende7 Inspiration für die Zukunft (Meaning)7.1 Sinnerleben im Job7.2 Gelebte Werte7.3 Gesprächsleitfaden zu mehr Sinnerleben7.4 Job-Crafting7.5 Welchen Sinn hat der Office-Zwang?7.6 Vertrauen im Team7.7 Wie können Führungskräfte Unterstützung leisten?7.8 Sinnerleben remote und hybrid: Tipps und Tools7.8.1 Ikigai – das, wofür es sich zu leben lohnt7.8.2 Start with why7.8.3 Tipps für Unternehmen, Führungskräfte und Mitarbeitende8 Gemeinsame klare Ziele (Accomplishment)8.1 Growth Mindset – Fixed Mindset8.2 Grit8.3 Accomplishment remote und hybrid: Tipps und Tools8.3.1 WOOP – die Psychologie des Gelingens8.3.2 Wertschätzungsretrospektive8.3.3 Tipps für Unternehmen, Führungskräfte und Mitarbeitende9 Vitalität und Self Care (Vitality)9.1 Burnout – das New Normal? 9.2 Präsentismus und Workahomeism9.3 Work-Life-Balance oder Work-Life-Blending?9.4 Screen Fatigue9.5 Mentale Gesundheit9.6 Was fördert die Vitalität der Mitarbeitenden?9.7 Boundary-Management9.8 Stressmanagement nach dem BERN-Modell9.9 Achtsamkeit als Führungskompetenz9.10 Vitalität remote und hybrid: Tipps und Tools9.10.1 Achtsame Pause9.10.2 Meditation9.10.3 MBSP – Achtsamkeit und Stärken: eine starke Kombination!9.10.4 SARW-Technik9.10.5 Das 4-D-Modell gegen Stress9.10.6 Kurze Achtsamkeitsübung für den Arbeitsalltag9.10.7 Koffein oder Siesta?9.10.8 Tipps für Unternehmen, Führungskräfte und Mitarbeitende10 Selbstführung der Führungskraft11 Wie geht’s weiter mit Remote Work?12 Wie bringe ich Remote Positive Leadership in meine Organisation?12.1 Remote-Positive-Leadership-Coaching 12.2 Workshop »Remote Positive Leadership«13 Die Zukunftsfähigkeit von UnternehmenDanksagungLiteraturverzeichnisZur AutorinIhre Online-Inhalte zum Buch: Exklusiv für Buchkäuferinnen und Buchkäufer!Stichwortverzeichnis

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InhaltsubersichtCoverTextanfangImpressum
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Bettina Hantmann-Willmes

Remote Positive Leadership

1. Auflage 2024, Juni 2024

© 2024 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg

www.haufe.de

[email protected]

Bildnachweis (Cover): © fizkes, iStock

Produktmanagement: Jürgen Fischer

Lektorat: Jutta Cram

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfältigung, des auszugsweisen Nachdrucks, der Übersetzung und der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, vorbehalten. Alle Angaben/Daten nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit.

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Sollte dieses Buch bzw. das Online-Angebot Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte und die Verfügbarkeit keine Haftung. Wir machen uns diese Inhalte nicht zu eigen und verweisen lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung.

Vorwort von Prof. Dr. Judith Mangelsdorf

Das vorliegende Buch soll ein Kompass sein – in einer Zeit, in der die Grenzen zwischen Arbeitsplatz und Zuhause zunehmend verschwimmen und die digitale Transformation die Art und Weise, wie wir führen und zusammenarbeiten, grundlegend verändert. Es navigiert Führungskräfte und Teams durch die unsicheren Gewässer der Remote-Arbeit und zeichnet eine Karte zu einem Ort, an dem positive Führung nicht nur möglich, sondern essenziell ist.

»Remote Positive Leadership« ist nicht einfach ein weiteres Fachbuch. Es ist ein ­Manifest für eine neue Ära der Arbeit, die von Empathie, Vertrauen und dem ­unerschütterlichen Glauben an das menschliche Potenzial geprägt ist. In einer Welt, die von Unsicherheit und schnellem Wandel beherrscht wird, bietet es nicht nur theoretische Einblicke, sondern auch praktische Werkzeuge, die jede Führungskraft und jedes Teammitglied befähigen, ihr persönliches Potenzial zu entfalten – unabhängig von der physischen Distanz.

Bettina Hantmann-Willmes führt hier mit Weisheit und Herz durch die Prinzipien der Remote Positive Leadership, unterstützt von wissenschaftlichen Erkenntnissen und durchdrungen von realen Erfahrungen. Sie öffnet uns die Augen für die Tatsache, dass wahre Führung über Technologie und Managementtechniken hinausgeht. Es geht darum, eine Kultur zu schaffen, in der Menschen gedeihen, in der ihre Stärken gefeiert werden und ihren Schwächen mit Unterstützung begegnet wird.

Dieses Buch ist eine Einladung, die traditionellen Führungsmethoden zu hinterfragen und mutig einen Weg zu beschreiten, der nicht nur die Leistung, sondern auch das Wohlbefinden jedes und jeder Einzelnen in den Mittelpunkt stellt. Es zeigt uns, dass Remote-Arbeit nicht nur eine Notlösung in Krisenzeiten ist, sondern eine Gelegenheit, die Art und Weise, wie wir arbeiten, zum Besseren zu verändern.

Möge »Remote Positive Leadership« Ihnen als Führungskraft oder Teammitglied nicht nur das Rüstzeug an die Hand geben, um die Herausforderungen der heutigen Arbeitswelt zu meistern, sondern Sie auch inspirieren, die Zukunft der Arbeit mit Hoffnung und Optimismus zu gestalten. Denn am Ende ist es die Qualität unserer Beziehungen und unseres Engagements füreinander, die bestimmt, wie erfolgreich und erfüllt wir in unserer Arbeit und unserem Leben sind.

Prof. Dr. Judith Mangelsdorf

Berlin, Mai 2024

Vorwort von Dr. h. c. Markwart von Pentz

Ohne Zweifel hat sich unser Arbeitsumfeld in den vergangenen Jahren gravierend verändert. Das liegt zum einen daran, dass neue Generationen (Y, Z …) in das Arbeitsleben eingetreten sind, und zum anderen an neuen und flexibleren Arbeitsmodellen – Teilzeitarbeit, Timesharing und allen voran Homeoffice –, die durch die Covid-19-Pandemie eine ungeheure Verbreitung erfahren haben. 

In meiner langjährigen Tätigkeit als Vorstand eines Fortune-100-Unternehmens habe ich genau diese Transition begleiten dürfen. Daher sehe ich das vorliegende Buch als äußerst hilfreiche Lektüre an, wenn es darum geht, diese »neuen Zeiten« als Mitarbeitende:r, aber auch als Vorgesetzte:r zu meistern und die Teams zu neuen Höchstleistungen zu motivieren.

Das eine Arbeitsmodell wird es nicht mehr geben, genauso wenig wie es das eine Leadership-Modell gibt. Beide sind abhängig von der Situation und vom Umfeld: In vielen Unternehmen gibt es Bereiche, die sehr produktionsnah sind – hier dürfte es den Mitarbeitenden kaum möglich sein, ihre Aufgaben von zu Hause aus zu erledigen. Gleichzeitig gibt es in solchen Unternehmen aber auch Aufgaben, die problemlos im Homeoffice bearbeitet werden können – die Arbeit in Call- oder Support-Centern etwa. Und es gibt auf dieser Skala dazwischen eine Menge von unterschiedlichen hybriden Modellen. 

Und genau um diese Bandbreite geht es in diesem Buch: Bettina Hantmann-Willmes analysiert darin die neuen Situationen und Arbeitsmodelle und gibt Hilfestellungen und Tipps, die es ermöglichen, mit den damit einhergehenden Herausforderungen umzugehen. Dabei werden viele klassische Werkzeuge des Managements wie aktives Zuhören, Stressbewältigung, Wertschätzung oder auch positive Führung im Licht der hybriden Arbeitsmodelle betrachtet. Führungskräfte erfahren hier, wie sie auch in diesen neuen Konstellationen mit dem wissenschaftlich fundierten Positive-Leadership-Ansatz erfolgreich sein können.

Beim Lesen des Buches wird deutlich, dass es die perfekte Führungskraft nach wie vor nicht gibt. Daher müssen Mitarbeitende auch in den hybriden Modellen weiterhin den Mut haben, ihre Vorgesetzten in einem nicht unerheblichen Maß »zu managen«. Damit können sie deren Schwächen ausgleichen und vielleicht auch »erträglicher« machen.

Führen auf Distanz und in hybriden Arbeitsmodellen ist nicht einfacher geworden, aber das Buch hilft Führungskräften und Mitarbeitenden bei der Bewältigung der neuen Herausforderungen. Die klare Gliederung ermöglicht es auch, gezielt die Aspekte herauszupicken, die von besonderem Interesse sind.

Die hybride und Remote-Zusammenarbeit positiv zu gestalten ist eine Aufgabe, die Führungskräfte nicht allein bewältigen müssen, wenn sie eine Vertrauenskultur schaffen, in der ihre Teams und Mitarbeitenden sich mit ihren Stärken, ihrem Engagement und ihren Ideen einbringen können. So wird mit Remote Positive Leadership eine nachhaltig erfolgreiche Zukunft der Arbeit gestaltet.

Dr. h.c. Markwart von Pentz 

Senior Advisor to the Office of the Chairman, Deere & Co. (John Deere)

Moline, Illinois, USA

1 Einleitung

»Führungskräfte mit hybriden Arbeitsmodellen überfordert« titelte eine Pressemitteilung zur Studie des Capgemini-Research-Instituts (Crummenerl et al., 2021). Führung auf Distanz, Homeoffice, hybride Arbeit – die neue Arbeitsrealität vieler Menschen bringt Chancen und Herausforderungen für Mitarbeitende, Teams und Führungskräfte mit sich. Selbst in Bereichen, in denen virtuelles Arbeiten bis 2019 noch undenkbar schien, ist Homeoffice zum neuen Normal geworden.

Was bedeutet diese Veränderung für Führungskräfte und Mitarbeitende1? Nicht alle Führungskräfte waren darauf vorbereitet, auf Distanz zu führen und ihre Teams hybrid verteilt in Büro und Homeoffice zusammenzuhalten. Irgendwie haben wir uns alle sehr schnell daran anpassen müssen.

Inzwischen geht der Trend in die entgegengesetzte Richtung: Große Tech-Unternehmen, wie z. B. Anfang des Jahres 2024 SAP (Sawall, 2024), machten Schlagzeilen, als sie ihre Mitarbeitenden wieder zurück ins Büro beorderten. Aktuelle Studien von Owl Labs (Owl Labs, 2023) zeigen, dass 69 % der Befragten glauben, ihr Unternehmen verlange diese Rückkehr ins Büro aufgrund von traditionellen Arbeitserwartungen – »Coffee BadgingCoffee Badging« ist die Antwort darauf: Die Mitarbeitenden checken notgedrungen im Unternehmen ein, um ihre Anwesenheit zu belegen, trinken einen Kaffee, zeigen ihr Gesicht und verschwinden wieder ins Homeoffice.

»Arbeitgeber entscheiden sich gegen Homeoffice-Kandidaten« titelt The Times aus London (Prevett, 2024) und berichtet von den fast 30 % kleinen und mittelständischen Unternehmen, die wenig bis kein Interesse an Bewerbenden haben, die remote arbeiten möchten – und das trotz des Fachkräftemangels.

In meiner beruflichen Praxis als Coach und Trainerin höre ich außerdem von den besonderen Herausforderungen, die die Arbeit im Homeoffice für Führungskräfte und Mitarbeitende mit sich bringt. Einige meiner Klientinnen und Klienten, die hybrid geführt werden, schildern ihre Arbeitssituation mit Formulierungen wie »fühle mich abgehängt«, »bekomme nichts mehr mit«, »bin total gestresst«, »Grenzen zwischen Job und Privatleben verschwinden« usw. Gerade Letzteres – die fehlende Abgrenzung zwischen Arbeit und Privatleben – wird zudem als belastend erlebt. Klassische Personalführung, die in direkter sozialer Beziehung erfolgt, greift hier nicht. Die Verbundenheit der Mitarbeitenden zum Unternehmen schwindet, die Burnout-Raten steigen.

Gleichzeitig befinden wir uns in einer Zeit der ständigen Veränderungen, Unsicherheiten und potenzieller Risiken. Unternehmen müssen sich sehr gut aufstellen, um ­weiterhin erfolgreich arbeiten zu können. Das betrifft zum einen die Bereiche Technologie und Innovation, zum anderen die Mitarbeitenden und Führungskräfte.

Es gibt aber auch die positiven Beispiele:

Führungskräfte, deren Führung auf Distanz sehr positiv erlebt wird und zu Arbeitszufriedenheit, Engagement und Mitarbeiterbindung führt

Mitarbeitende, die eine hohe Arbeitszufriedenheit im Homeoffice erleben, weniger Ablenkung, höhere Produktivität, außerdem eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf (Chen et al., 2023)

»Human-led & tech-powered« – die PwC Global Risk Survey 2023 nennt als einen entscheidenden Faktor, um Risiken zuversichtlich zu begegnen und unternehmerische Chancen und Wachstum zu erschließen, das Schaffen einer »Kultur, in der sich vielfältige und mutige Denker entfalten können« (Paffen & Billeb, 2023, S. 19), die komplexe Probleme lösen können. Mitarbeitende müssen neue Kompetenzen und Fähigkeiten entwickeln, um gut mit Unsicherheiten und Veränderungen umzugehen und auf potenzielle Risiken vorbereitet zu sein. Nur 31 % der Unternehmen machen jedoch die dafür nötige Schulung und Entwicklung ihrer Mitarbeitenden zur Priorität. Erfolgreiche Unternehmen fördern außerdem Fehlertoleranz. Dies ermöglicht es den Mitarbeitenden, sich flexibler an Veränderungen und Ereignisse anzupassen. Nur ein Viertel der Befragten erleben eine Fehlerkultur in ihrem Unternehmen. Fast 40 % der CEOs gaben an, mit dem aktuellen Kurs sei ihr Unternehmen in zehn Jahren wirtschaftlich nicht mehr überlebensfähig.

Es braucht daher eine Führungskultur, die Mitarbeitende darin bestärkt, gemeinsam mit Freude und Engagement erfolgreich an dieser Zukunft zu arbeiten. Und es braucht eine sehr gute Qualität eines tiefergehenden Austauschs zwischen Führung, Mitarbeitenden und Teams, um gemeinsam geeignete hybride Arbeitskonzepte für die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft zu entwickeln. In diesem Zusammenhang stellen sich die folgenden Fragen:

Was brauchen Mitarbeitende und Teams von ihren Führungskräften, um nachhaltig erfolgreich remote oder in verteilten (hybriden) Teams arbeiten zu können?

Welche Kompetenzen sollten Führungskräfte, Mitarbeitende und Teams dazu entwickeln?

Was können Führungskräfte konkret tun, um qualifizierte Mitarbeitende für ihre verteilten Teams zu gewinnen und zu halten?

Was kann jede und jeder Einzelne tun, um gesund, erfüllt und erfolgreich im re­mote/hybriden Umfeld zu arbeiten?

In diesem Buch finden Sie Antworten auf diese Fragen. Die Forschung zeigt die ­Bedeutung von Vertrauen, Kommunikation auf Augenhöhe, respektvollem Miteinander und Empathie in der hybriden Zusammenarbeit. Positive FührungPositive Leadership fördert gezielt diese Aspekte: Vertrauen in Teams (auch auf Distanz) aufbauen, intrinsisch motiviert sein, gemeinsam Ziele erreichen, Freude und Sinn in der hybriden Arbeit erleben.

Das Buch basiert auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und zeigt praktische Wege der Umsetzung von Positive Leadership im beruflichen Alltag zwischen Homeoffice und Büro. Positive Führung ist ein evidenzbasierter Führungsstil mit messbaren Ergebnissen für Mensch und Organisation, der in diesem Buch erstmals speziell auf remote und hybrid arbeitende Teams abgestimmt vorgestellt wird.

Positive Führung kann nachweislich signifikant unter anderem zu

höherer Mitarbeiterbindung,

langfristiger Leistungsfähigkeit,

höherem Engagement,

gestärkter Resilienz,

geringerem Burnout-Risiko,

höherer Kreativität bei der Lösungsfindung,

gelingender Kooperation und

wirtschaftlichem Erfolg

beitragen (Ebner, 2019).

Positive Grüße aus Neckargemünd

Bettina Hantmann-Willmes

Mai 2024

1 Im Text wird eine geschlechtergerechte Sprache verwendet. An den Stellen, an denen die Lesbarkeit durch Mehrfachnennungen stark eingeschränkt würde, gelten die gewählten, abwechselnd genutzten personenbezogenen Bezeichnungen für alle Geschlechtszugehörigkeiten.

2 Besonderheiten von Führung auf Distanz und Führung hybrider Teams

»Ich fühle mich total abgeschnitten und frustriert, mein Chef merkt noch nicht mal, dass ich schon längst auf der Suche nach einem anderen Job bin« – solche Äußerungen haben Sie vielleicht auch schon von Menschen gehört, die im Homeoffice arbeiten.

Der Mitarbeiter, an den ich hier denke, war zuvor im Präsenzteam höchst engagiert und erfolgreich. Er arbeitet in einem internationalen Unternehmen, das als Vorbild für gute Führung und wertschätzenden Umgang mit Mitarbeitenden gilt und über ein Vorzeigeprogramm für Wellbeing am Arbeitsplatz verfügt. Wie kann es sein, dass ein hoch qualifizierter Mitarbeiter in einem solch großartigen Unternehmen offenbar schlecht geführt wird, seitdem das Team hybrid arbeitet?

Führung auf Distanz, Remote LeadershipRemote Leadership und Hybrid LeadershipHybrid Leadership erfordern einen ganz speziellen Umgang mit Mitarbeitenden und Teams. Was in der klassischen Face-to-Face-Führung funktioniert hat, lässt sich nicht einfach eins zu eins auf Distanzführung übertragen. Und: Hochglanzbroschüren und Wellbeing-Vorzeigeprojekte nützen nichts, wenn die einzelne Führungskraft beim »Weiter so« verharrt, statt den Führungsstil an die geänderten Anforderungen der Mitarbeitenden und Teams anzupassen. Wie ein Brennglas wirkt hybrides Arbeiten: Aspekte misslingender Führung treten viel deutlicher zutage und haben stärkere negative Auswirkungen.

BürozwangImmer mehr Unternehmen versuchen, die Probleme, die während der Führung auf Distanz aufgetreten sind, durch eine »Zurück ins Büro«-Order zu lösen. Studien zeigen jedoch eindeutig (Moderegger et al., 2024), dass Führung einen sehr viel größeren Einfluss auf die Arbeitsleistung und das Wohlbefinden von Mitarbeitenden nimmt als die reine Anzahl an Bürotagen. Ohne gute Konzepte und gute Führung ändert sich nichts zum Positiven.

2.1 Wie Führung bisher (meist) funktioniert hat

Die FührungFührung von Mitarbeitenden wird im Arbeitsvertrag des jeweiligen Unternehmens festgelegt (Breisig, 2020). Gablers Wirtschaftslexikon definiert Führung als »durch Interaktion vermittelte Ausrichtung des Handelns von Individuen und Gruppen auf die Verwirklichung vorgegebener Ziele« (Maier, 2023). Personalführung wird beschrieben als »zielgerichtetes soziales Einflusshandeln im Rahmen von Profit- oder Non-Profit-Organisationen. Beteiligte sind neben der Führungskraft mindestens ein dieser weisungsmäßig unterstellter Mitarbeiter« (Bartscher, 2023). McGrath und MacMillan (2000) unterstreichen, dass ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem ­Führungsstil und der Unternehmensleistung besteht.

Führung, effektiver FührungsstilEin effektiver Führungsstil wird demnach als wirksame Quelle für die Entwicklung des Managements sowie als ein nachhaltiger Wettbewerbsvorteil angesehen. Ein guter Führungsstil sorgt dafür, dass eine Organisation effizient ihre Ziele erreicht, indem er einen Rahmen für gute Arbeitsleistung setzt und sicherstellt, dass die Mitarbeitenden über die erforderlichen Ressourcen verfügen, um ihre Arbeit zu erledigen (McGrath & MacMillan, 2000).

Face-to-Face-FührungFührung, Face-to-Face-Führung bezieht sich auf direkte soziale Interaktionen von Angesicht zu Angesicht zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden, durch die die Führungskraft Einfluss auf die Mitarbeitenden nimmt, um Organisationsziele zu erreichen (Breisig, 2020). Führungskräfte sollten durch ihre Präsenz und Kommunikation Unterstützung, Ermutigung, Belohnung und Motivation anbieten und den Aufbau förderlicher Arbeitsbeziehungen unterstützen. Während in der persönlichen Begegnung die Führungskommunikation über unterschiedliche Kanäle wie Körpersprache, Tonalität, Augenkontakt, Kleidung usw. erfolgt, ist dies in virtuellen Arbeitskontexten nur eingeschränkt möglich (Ruggieri, 2009). Mit den sich verändernden Arbeitsbedingungen ändern sich auch die Anforderungen an erfolgreiche Führung.

2.2 Veränderungen der Arbeitswelt

Der Begriff Industrie 4.0Industrie 4.0 steht für die vierte industrielle Revolution und umfasst zum einen die Entwicklungen rund um die Themen Digitalisierung und künstliche Intelligenz und zum anderen die Auswirkungen, die diese Entwicklungen auf Gesellschaft und Wirtschaft haben (Pistorius, 2020). Der Wettbewerbsdruck in Wirtschaftsunternehmen erfordert höhere Qualität, Geschwindigkeit, Flexibilität und eine steigende Innovationskraft (Pistorius, 2020). Industrie 4.0 ermöglicht eine hochflexible und hocheffiziente Produktion und Produktivität durch das Verschmelzen virtueller und realer Prozesse (Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 2017). Um diese sich stetig ändernden Herausforderungen zu meistern, ist es wichtig, sich sowohl den technischen Anforderungen zu stellen als auch gleichzeitig individuelle Stärken auszubauen (Deckert, 2019).

Daran anknüpfend werden unter dem Begriff Arbeit 4.0Arbeit 4.0 die damit einhergehenden Arbeitsformen und -verhältnisse zusammengefasst. Während unter Arbeit 1.0 die beginnende Industriegesellschaft Ende des 18. Jahrhunderts verstanden wird, folgte ca. 100 Jahre später mit der beginnenden Massenproduktion und den Anfängen des Wohlfahrtsstaates Arbeit 2.0 und schließlich mit der sozialen Marktwirtschaft Arbeit 3.0. Die digitale, vernetzte und flexible Arbeitswelt wird als Arbeit 4.0 bezeichnet (Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 2017).

Die Erarbeitung von Lösungen zur Bewältigung der Herausforderungen, die mit der ­Digitalisierung verbunden sind, führt oft zu Veränderungen in Organisationsstrukturen, Führungskultur und Führungsstrukturen und wirkt damit in den Bereich New WorkNew Work hinein, der für einen Wandel in Sinn- und Wertefragen und für sich ändernde ­Erwartungen von Arbeitnehmer:innen an die Arbeitswelt steht.

Frithjof Bergmann hat den New-Work-Begriff bereits in den 1970er-Jahren eingeführt und verstand darunter eine Arbeit, die die Arbeitnehmenden tatsächlich wollen und die diese zudem stärkt (Bergmann, 2019). Die New Work Charta, initiiert vom Think Tank für Neues Arbeiten Humanfy, definiert New Work, Prinzipienfünf Prinzipien von New-Work-Unternehmen: Freiheit, Selbstverantwortung, Sinn, Entwicklung, soziale Verantwortung (Väth et al., 2023). In der Praxis setzt sich derzeit das Verständnis durch, New Work diene der Steigerung des psychologischen Empowerments und ermögliche mobiles Arbeiten und Homeoffice (Schermuly & Meifert, 2022).

erweiterter ArbeitsbegriffHäufig ist im Kontext der Zukunft der Arbeit vom erweiterten Arbeitsbegriff die Rede. Damit ist die Anerkennung und Einbeziehung unterschiedlicher Formen von Arbeit gemeint, die über die traditionellen Beschäftigungsmodelle hinausgehen. Der erweiterte Arbeitsbegriff erfasst diese modernen ArbeitsformenArbeitsformen, moderne wie

Projektarbeit,

Teilzeitarbeit,

Remote-Arbeit,

selbstständige Tätigkeiten und

Gig-Ökonomie (kurzfristige Aufträge über Online-Plattformen)

und zielt darauf ab, regulierende und unterstützende Rahmenbedingungen dafür zu schaffen.

In Zeiten zunehmenden Fachkräftemangels müssen sich Unternehmen auf diese veränderten Anforderungen von Mitarbeitenden einstellen: Eigenverantwortung, Einbeziehen in Entscheidungen, Potenzialentfaltung, flexible Arbeitsgestaltung, Work-Life-Blending und Work-Life-Balance, Vertrauenskultur und Empathie sind hier wichtige Schlagworte. Sinnerleben im JobSinnerleben im Job, Sinn-ÖkonomieDahinter steckt die Suche nach Sinnstiftung in der Arbeit; Sinn-Ökonomie ist laut dem Frankfurter Zukunftsinstitut rund um dessen Gründer Matthias Horx daher ein »Gamechanger für langfristigen Erfolg« von zukunftsfähigen Unternehmen (Horx, 2023).

2.3 Wieso »remote« anders ist

Remote LeadershipHybrid LeadershipFührung, Remote LeadershipFührung, Hybrid LeadershipVirtuell, digital, face-to-face, remote, hybrid – was ist damit eigentlich genau gemeint?

virtuelles TeamVirtuelle Teams unterscheiden sich von Präsenzteams durch ihre räumliche Verteilung. Auch eine Zusammenarbeit über zeitliche, geografische oder organisationale Grenzen hinweg ist möglich (Müller, 2022). Kommunikation und Zusammenarbeit ­erfolgen selten face-to-face, sondern in der Regel über Kommunikations- und Informationstechnik wie z. B. Mail, Telefon- und Video-Konferenzen oder Chats (Bernardy et al., 2020). Mitarbeitende virtueller Teams, die remote arbeiten, sind nicht zwingend im Homeoffice, sondern können sich z. B. auch bei Kunden, Lieferanten, Kooperationsorganisationen, Forschungseinrichtungen und in Co-Working-Spaces aufhalten oder von unterwegs arbeiten.

hybrides TeamHybride Teams arbeiten auf einem »Kontinuum der Virtualität« (Bernardy et al., 2020, S. 116): Teile des Teams könnten regelmäßig oder unregelmäßig face-to-face miteinander arbeiten, andere nur virtuell, die Online-/Offline-Zusammensetzung von Teams kann sich daher täglich verändern. Dies kann herausfordernd für Mitarbeitende und Führungskräfte sein, auch wegen der unterschiedlichen Eingebundenheit im Team und möglicher Ungleichgewichte im Informationsfluss, z. B. zwischen Mitarbeitenden, die häufiger im Unternehmen sind und mehr persönliche Begegnungen mit anderen Teammitgliedern haben, und Mitarbeitenden, die im Homeoffice arbeiten.

Kommunikation, synchrone KommunikationKommunikation, asynchrone KommunikationZusätzlich zur Dimension virtuell versus persönlich kommt die Ebene synchrone/asynchrone Kommunikation dazu. Diese erhöht einerseits die Komplexität, andererseits aber auch die Wahlmöglichkeiten. Die Kommunikationskanäle sollten bewusst gewählt werden – je nach Aufgabenart und Präferenzen im Team.

Kommunikationskanäle und Arbeitsformen hybrider Teams

hybrides Arbeitenhybrides Arbeiten, ArbeitsmodelleArbeitsformen, moderne, Arbeitsformen hybrider TeamsFür hybrides Arbeiten gibt es je nach Unternehmen unterschiedliche Modelle, die durch die Dimensionen Arbeitszeit und Arbeitsort bestimmt werden:

Office first: Nur in Ausnahmefällen wird im Homeoffice gearbeitet, sonst im Büro; Arbeitszeiten können fest, teilflexibel oder völlig flexibel sein.

Teilflexible Arbeitsmodelle: Mitarbeitende arbeiten die meiste Zeit im Büro, an wenigen Tagen im Monat außerhalb des Büros.

Vollflexible Arbeitsmodelle: Mitarbeitende können selbst entscheiden, wann und wo sie arbeiten.

Statisch-hybride Modelle: Mitarbeitende entscheiden sich, ob sie im Büro, im ­Homeoffice oder an einem anderen Ort (z. B. bei Kunden) arbeiten; die Arbeitszeiten können dabei starr, teilflexibel oder vollflexibel sein.

Remote first: Homeoffice ist der bevorzugte Arbeitsplatz, Mitarbeitende sind nur in Ausnahmefällen im Büro; die Arbeitszeiten können dabei starr, teilflexibel oder vollflexibel sein.

Mitarbeitende, die ihre Führungskraft nicht regelmäßig persönlich treffen, weil sie an unterschiedlichen Standorten (z. B. im Homeoffice, in Co-Working-Spaces, bei Kunden o. Ä.) arbeiten, werden auf Distanz geführt. Alternativ werden die Begriffe Remote LeadershipRemote LeadershipFührung, Remote Leadership oder Distance Leadership verwendet für Führungssituationen, in denen zwischen Mitarbeitenden und Führungskraft eine geografische und ggf. eine kulturelle Distanz besteht. Der Kontakt zwischen Führungskraft und geführten Personen findet daher bei der Führung auf Distanz in der Regel nicht in der persönlichen Begegnung (face-to-face/FTF) statt (Breisig, 2020, S. 189). Dies hat Auswirkungen auf die Anforderungen an Führung (Weber et al., 2018, S. 5).

Der Begriff Digital LeadershipDigital LeadershipFührung, Digital Leadership, der in diesem Zusammenhang auch verwendet wird, legt die Vermutung nahe, dass es sich um die Digitalisierung von Führung handelt. Tatsächlich handelt es sich aber um »Führung in digitalen Arbeitskontexten« (Hill, 2016, S. 243), also um die menschlichen Aspekte der Personalführung innerhalb einer Organisation, in der die »Möglichkeiten der Digitalisierung genutzt werden, um eine bessere Wertschöpfung zu erzielen, gleichzeitig aber humane Aspekte der Arbeitsgestaltung nicht außer Acht gelassen werden« (Hill, 2016, S. 244).

Im Zuge der Digitalisierung verändern sich sowohl die beschriebenen organisationalen Strukturen als auch die Kommunikation (Weber et al., 2018, S. 2). All dies hat Auswirkungen auf die Anforderungen an Führung. Die Forschung stellt eine partizipative, fördernde und vertrauensbasierte Zusammenarbeit zwischen Führungskraft und auf Distanz geführten Mitarbeitenden als wesentlich für die »Führung der Zukunft« heraus (Weber et al., 2018).

2.3.1 Die Produktivitätsparanoia

Eine Microsoft-Studie spricht im Zusammenhang von Führung in digitalen Arbeitskontexten von der »ProduktivitätsparanoiaProduktivitätsparanoiahybrides Arbeiten, Produktivitätsparanoia«: 85 % der Führungskräfte geben an, dass die Umstellung auf hybride Arbeitsformen es schwierig gemacht hat, darauf zu vertrauen, dass die Mitarbeitenden produktiv sind (Microsoft, 2022b). Tatsächlich sehen sie nicht mehr, wer tatsächlich produktiv ist, wenn sie durch die Büros und Hallen laufen – das scheint ein ungutes Gefühl bei den Führungskräften zu verursachen.

Die Sorge um mangelnde Produktivität trägt auch dazu bei, dass fast ein Drittel der KMU weniger an Bewerber:innen interessiert ist, die zwei Tage pro Woche im Home­office arbeiten möchten, für 7 % der Chefs ist diese Frage sogar ein Deal Breaker im Bewerbungsprozess. Das ist besonders interessant vor dem Hintergrund, dass 31 % der Führungskräfte gleichzeitig angaben, das Rekrutieren neuer Mitarbeitender sei für Arbeitgebende die größte Herausforderung (Prevett, 2024).

Ist die Abschaffung hybrider Arbeitsmodelle tatsächlich das einzige Mittel gegen die Produktivitätsparanoia? Führungskräfte befürchten, ihre remote geführten Mitarbeitenden würden nicht genug arbeiten. Gleichzeitig zeigen Studien von Microsoft einen starken Anstieg von Meetings und Arbeitsstunden. Es geht also nicht darum, dass sie zu wenig arbeiten, sondern darum, ob sie sich auf die wirklich wichtigen Aufgaben konzentrieren. Die Studie ergab, dass es 81 % der Mitarbeitenden wichtig ist, dass Vorgesetzte sie bei der Priorisierung ihrer Aufgaben unterstützen (Microsoft, 2022b). Weniger als ein Drittel der Befragten (31 %) gab an, dass sie durch Einzelgespräche mit ihrer Führungskraft darüber Klarheit erhalten hätten. 74 % der Personalmanager:innen antworteten, eine bessere Anleitung zur Priorisierung ihrer eigenen Arbeit würde ihre Leistung verbessern. 80 % meinen, sie würden von mehr Klarheit der oberen Führungsebene hinsichtlich OKRs (Objectives and Key Results) und Prioritäten profitieren.

Die Schlussfolgerung liegt nahe: Nicht die Abschaffung hybrider Arbeitsformen, nicht stärkere Kontrolle oder Mikromanagement sind die Lösung, sondern eine gute Kommunikation, die Klarheit über Werte, Strategien und Prioritäten herstellt – angefangen bei der obersten Führungsebene.

2.3.2 Perception Gap

Führung, Perception GapWie weit ist Ihr Unternehmen bei der Entwicklung und Implementierung neuer Arbeitsmodelle? Wie schätzen Sie selbst Ihre Führung (auf Distanz) ein? Wie geht es Ihren Teams – remote oder hybrid? Was erwarten einzelne Mitarbeitende hinsichtlich Rahmenbedingungen, Zusammenarbeit und Führung im hybriden Arbeitskontext? Womit überzeugen Sie potenzielle Mitarbeitende davon, dass Ihr Unternehmen ein attraktiver Arbeitgeber ist?

Studien zeigen Wahrnehmungsunterschiede zwischen Führungskräften und deren Mitarbeitenden sowie mögliche Auswirkungen, den sogenannte Perception Gap (Aarons et al., 2017): Führungskräfte schätzen sich häufig besser ein, als sie von ihren Teams wahrgenommen werden. Dieser Perception Gap hat Folgen: Wenn die Selbsteinschätzung der Führungskräfte besser ausfällt als die Fremdeinschätzung, hat dies negative Auswirkungen auf die Organisationskultur.

Das Capgemini Research Institute (Crummenerl et al., 2021) ermittelte Perception Gaps in der Wahrnehmung dessen, wie der Übergang zu einem Remote-/Hybrid-Arbeitsmodell in Unternehmen gemeistert wurde: Während 69 % der Führungskräfte von einem guten Übergang sprachen, stimmten weniger als die Hälfte der Mitarbeitenden (49 %) dieser Aussage zu. Konkret wurden unter anderem Abweichungen in der Wahrnehmung der Faktoren Gesundheit und Wohlbefinden der Mitarbeitenden, Autonomie, Leistungsmanagement, Lernen und Entwicklung, Produktivität der Organisation sowie Innovation und Kreativität ermittelt. In einer Microsoft-Studie wurde ein großer Perception Gap zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden zum wichtigen Thema »Vertrauen« deutlich: 87 % der Mitarbeitenden gaben an, im Homeoffice so produktiv zu arbeiten wie vorher in den Firmenräumen, jedoch nur 12 % der Führungskräfte vertrauten darauf, dass ihre hybriden Teams im Homeoffice tatsächlich produktiv arbeiten (Microsoft, 2022a).

Der Perception Gap kann auf verschiedene Arten geschlossen (oder zumindest verringert) werden: Führungskräfte können z. B. die Sichtweise und die Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden erkunden und ihre Führungskompetenzen entsprechend ausbauen. Mit Pulse-ChecksPulse-Check, also regelmäßigen Befragungen von Mitarbeitenden, können Führungskräfte deren Perspektive besser kennenlernen. Außer den Fragen zur Führung können Einschätzungen der Arbeitssituation und der Zusammenarbeit sowie Verbesserungsvorschläge von Mitarbeitenden den Perception Gap minimieren. Mitarbeitende werden durch die Pulse-Checks in Veränderungen miteinbezogen. Damit dieses Sammeln von Ideen und Wahrnehmungen nicht das Gefühl einer »Einbahnstraße« erzeugt, ist Feedback enorm wichtig: Die aufbereitete Essenz der Befragungen hinsichtlich der Lehren, die daraus gezogen werden, konkreter Pläne und Maßnahmen, die darauf aufbauend entwickelt werden, sind ein wichtiges Signal der Wertschätzung. Die Botschaft ist außerdem: Wir gestalten miteinander und lernen alle voneinander.

Führungskraft, FähigkeitenFührungskompetenzenFür die erfolgreiche Umsetzung neuer, hybrider Arbeitsmodelle ist außerdem die Entwicklung von neuen Führungskompetenzen essenziell. Führungskräfte sollten

offen für Veränderungen sein und diese proaktiv und flexibel mit ihrem Team ­angehen,

authentisch und empathisch kommunizieren sowie

eine Vertrauenskultur aufbauen, in der Mitarbeitende selbstbestimmt und engagiert ihr Potenzial einbringen können.

Positive Leadership ist dazu ein geeigneter Führungsstil.

2.3.3 Remote Work »über Nacht«

Remote Workvirtuelles TeamMit Beginn der Covid-19-Pandemie veränderte sich quasi über Nacht die Arbeitswelt auf allen Kontinenten (Neeley, 2021, S. XI): Viele Büros wurden geschlossen, die Mitarbeitenden wurden angewiesen, von zu Hause aus zu arbeiten, um sich nicht gegenseitig mit dem Virus anzustecken und das Unternehmen »remote«, also aus der Ferne, am Laufen zu halten. Persönliche Begegnungen wurden ersetzt durch digitale Meetings über Zoom, MS Teams oder andere digitale Tools. Für viele Unternehmen und Mitarbeitende war diese Form der Arbeit neu, andere hatten schon seit fast 30 Jahren Erfahrung mit Remote Work, wie z. B. das US-Technologie-Unternehmen CISCO oder Sun Microsystems. Letzteres ermöglicht bereits seit den 1990er-Jahren Remote Work und hat gute Erfahrungen hinsichtlich Mitarbeiterproduktivität gemacht und von massiven Einsparungen an Büroflächen profitiert (Neeley, 2021, S. XI).

»Der Trend zur Remote-Arbeit ist eine Folge der Verknappung der Ressource Wissensarbeiter«, analysierte der Unternehmensberater Boris Gloger bereits im Jahr 2014 (Gloger & Rösner, 2014, S. 16). Die beiden wesentlichen Gründe dafür sind aus seiner Sicht, dass die benötigten Arbeitskräfte zum einen nicht immer vor Ort zu finden sind bzw. nicht bereit sind umzuziehen und die Firmen dadurch zum anderen Büroflächen sparen (Gloger & Rösner, 2014, S. 16).

Homeoffice, positive EffekteRemote Work, positive EffekteTsedal Neeley, Professorin an der Harvard Business School, nennt eine Vielzahl an positiven Effekten von Remote Work (Neeley, 2021, S. XIV):

Wegezeiten zum und vom Arbeitsplatz entfallen.

Es entstehen weniger Reisekosten.

Emissionen sinken und die Umwelt wird dadurch geschont.

Neue Mitarbeitende müssen nicht zwangsläufig umziehen, um zu neuen Arbeitgebenden zu wechseln.

Astronomische Immobilienkosten, die bisher an besonders attraktiven Standorten gezahlt werden mussten, könnten sich wieder auf ein moderates Maß einpendeln, wenn die Nachfrage sinkt.

Die Attraktivitätsschere zwischen ländlichen Regionen und Metropolen könnte geringer werden.

Sogar Geschlechterunterschiede könnten zurückgehen, weil Remote Work neue Möglichkeiten zur Gestaltung von Erziehungszeiten bietet.

Pendler-ParadoxonTatsächlich wirken sich Pendelzeiten negativ auf das Wohlbefinden aus, wie Studien von zwei Schweizer Forschern zeigen (Stutzer & Frey, 2008). Die Belastung durch das Pendeln wird bewusst gewählt, mit der Erwartung, dass sie durch Vorteile auf dem Arbeits- oder Wohnungsmarkt ausgeglichen wird. Tatsächlich weisen Personen mit längeren Pendelzeiten jedoch ein geringeres subjektives Wohlbefinden auf. Die Forscher nennen dieses Phänomen, wonach sich der Stress nicht auszahlt, das Pendler-Paradoxon.

Remote Work, negative EffekteGleichzeitig sieht Tsedal Neeley Remote Work nicht als Allheilmittel. Sowohl Mitarbeitende als auch Führungskräfte können sich in einer untrainierten Remote-Work-Situation isoliert, aus dem Gleichgewicht gebracht oder auch nicht gesehen fühlen (Neeley, 2021, S. XIV). Sie weist darauf hin, dass Fragen nach Verbindung, Vertrauen und ­Abstimmung umso dringender werden, je länger man ohne regelmäßige persönliche Begegnungen arbeitet (Neeley, 2021, S. XIV). Die Forschung zeigt darüber ­hinaus einen Anstieg von wahrgenommenem Stress und arbeitsbedingtem Burnout bei Menschen, die im Homeoffice arbeiten (Hayes et al., 2020). Als herausfordernd werden die digitale Kommunikation und Zusammenarbeit sowie das Zeitmanagement und die mangelnde Abgrenzung von Arbeit und Freizeit genannt und in dem Satz »I’m not working from home, I’m living at work« (Hayes et al., 2020, S. 17) zusammengefasst.

In meiner beruflichen Praxis als Coach und Trainerin für Führungskräfte und Teams erlebe ich die Schwierigkeiten, die sowohl führende als auch geführte Personen mit dieser Situation haben, auf die sie nicht vorbereitet waren und für die sie zum Teil immer noch keine gute Praxis entwickelt haben. Motivation und Leistung gehen nach vier Jahren Homeoffice bei vielen deutlich zurück, die Bindung zu den Unternehmen ebenfalls. Andere auf Distanz geführte Personen berichten von den Vorteilen der Arbeit von zu Hause aus und möchten nicht wieder zurück ins Büro. Dieses unterschiedliche Erleben kann verschiedene Gründe haben (Unterschiede in der Persönlichkeit, im Umfeld, in der Arbeit usw.) – ein Grund könnte aber auch die Art der Führung auf Distanz sein.

Führungskraft, EmpathieDie geografische, ggf. kulturelle Distanz und der Mangel an persönlicher Begegnung wirken sich auf die Anforderungen an Führung aus (Weber et al., 2018). Die wahrgenommene Empathie der Führungskraft ist wichtig, damit Mitarbeitende im virtuellen Arbeitskontext Vertrauen aufbauen können (Flavian et al., 2019). Empathie wird jedoch nur dann als solche wahrgenommen, wenn die Führungskraft als kongruent zur äußeren Situation und authentisch eingeschätzt wird (Bauer, 2005). Führung in virtuellen Arbeitskontexten mit den Anforderungen Koordination, Vertrauensaufbau, Entwicklung gemeinsamer Visionen und Ziele sowie Konfliktmoderation ist deutlich anspruchsvoller als in Präsenz-Teams (Liao, 2017).

Homeoffice, positive Effektehybrides Arbeitenhybrides Arbeiten, positive EffekteWie hybrides Arbeiten vom Homeoffice aus funktioniert, wurde in einer Studie an der Universität Stanford untersucht (Bloom et al., 2022). Hybrides Arbeiten wurde von den Arbeitnehmenden im Durchschnitt sehr geschätzt: Die Fluktuation ging um 33 % zurück und die Arbeitszufriedenheit stieg an. Die Arbeitszeit wurde an Homeoffice-­Tagen reduziert und an Bürotagen erhöht, wodurch sich die Struktur der Arbeitswoche veränderte. Hybrides Arbeiten hat die Zahl der Messaging- und Videoanrufe erhöht, selbst wenn alle Mitarbeitenden im Büro waren, was eine Entwicklung hin zu mehr elektronischer Kommunikation widerspiegelt. Die positiven Auswirkungen waren so offensichtlich, dass 54 % der Mitarbeitenden in der abschließenden Umfrage der Meinung waren, dass das Unternehmen an der hybriden Form der Arbeitszeitgestaltung festhalten würde (Bloom et al., 2022). Diese Ergebnisse der Studie verdeutlichen außerdem, dass Hybrid-Homeofficehybrides Arbeiten, Hybrid-HomeofficeHomeoffice, Hybrid-Homeoffice in der Regel sowohl für die Mitarbeitenden als auch für die Unternehmen von Vorteil ist und im Vorfeld meist unterschätzt wird, insbesondere von den Führungskräften – auch von denen, auf denen in vielen Organisationen die Hauptlast der Führung auf Distanz liegt: der mittleren Führungsebene.

2.3.4 Druck von oben und unten: Die mittlere Führungsebene

Führung, mittlere Führungsebene»The Manager Squeeze« titelt eine neue Gallup-Untersuchung und nimmt dabei die mittlere Führungsebene in den Blick (Wigert & Barret, 2023). Teamleiter und Teamleiterinnen, die die Brücke zwischen der Führung und dem Rest der Organisation bilden, seien seit 2021 zunehmend unmotiviert bei der Arbeit, fühlten sich ausgebrannt, hätten das Gefühl, dass sich ihr Unternehmen nicht um ihr Wohlergehen kümmert. Remote Work fordere zudem mehr Anstrengung von den Führungskräften hinsichtlich Koordination, Teamwork und Kultur; die Managerinnen und Manager hätten mehr Arbeit mit einem knapperen Budget und neuen Teams. Viele seien daher bereits auf der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz.

Als Lösungen werden von Gallup empfohlen:

eine bessere Führungskommunikation

mehr Training und Entwicklung

Coaching zur Burnout-Prävention

gemeinsame Verantwortung und gegenseitige Unterstützung der Führungskräfte untereinander

der Aufbau positiver Arbeitsbeziehungen im Team

Das führt uns zu positiver Führung in Remote- oder hybriden Arbeitskontexten.

3 Positive Führung in Remote- oder hybriden Arbeitskontexten

Führung, Führungsansätze im ZeitverlaufRemote LeadershipFührung, Remote LeadershipWährend Führung als bewusste Verhaltensbeeinflussung von Mitarbeitenden zur ­Erreichung gemeinsamer Ziele definiert wird, nimmt die wissenschaftliche Führungsforschung seit Taylor (1911) die Erfolgsfaktoren von Personalführung in den Blick (Nerdinger, 2014). Die Führungsansätze haben sich seither stetig verändert, analog zu dem Menschenbild, auf dem sich der jeweilige Ansatz gründet: Der TaylorismusTaylorismus mit dem Economic Man ging noch davon aus, dass alle Menschen in gleicher Weise motivierbar sind, nämlich zumeist über monetäre Anreize (Taylor, 1911).

Dieses Bild wandelte sich in den 1930er-Jahren in Richtung eines Social Man (Mayo, 1945), nachdem Studien zeigten, dass Leistungsverbesserung durch gute zwischenmenschliche Beziehungen, positive Emotionen und Gruppendynamik erreicht werden kann (Zelenski et al., 2008). Damit wurde erstmals deutlich, dass Führung die emotionale Verfassung der Mitarbeitenden in den Blick nehmen muss (Kirchler, 2011).

Das Menschenbild des Self-Actualizing Man (Kaufman, 2018) ging davon aus, dass Menschen durch das Erleben von Autonomie und Selbstkontrolle motiviert werden und nach Sinn streben. Damit wurde die Vermittlung der Sinnhaftigkeit der Arbeit als weitere Führungsaufgabe erkannt (Grote, 1997).

Erst in den 1980er-Jahren veränderte sich das Menschenbild hin zum Complex Man (Schein, 1988), mit dem der Unterschiedlichkeit von Menschen sowie der Komplexität und Individualität von Motivation und Führung Rechnung getragen wird. Aus dieser Entwicklung und aufbauend auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen der positiven Psychologie entstand das Konzept der positiven Führung (Ebner, 2019).

3.1 Positive Psychologie

Der US-amerikanische Psychologe Martin Seligman kritisierte 1998 in seiner Antrittsrede als Vorsitzender der amerikanischen Psychologenvereinigung (APA) die Konzen­tration der psychologischen Forschung auf Leidensminderung bei kranken Menschen. Seligman forderte, die Psychologie solle ergänzend in den Blick nehmen, wie auch psychisch gesunde Menschen von den Erkenntnissen psychologischer Forschung profitieren können, um ein erfülltes und gelingendes Leben zu führen. Das war die ­Geburtsstunde der wissenschaftlichen Forschung zur positiven Psychologiepositive Psychologie.

Gesamtes Spektrum der Psychologie

Aus »Fix what’s wrong« wird »Build what’s strong«

Seligman machte deutlich, dass es nicht ausreiche, sich auf die Behebung von Schwächen und Problemen zu fokussieren (fix what’s wrong). Er forderte die Ausweitung der Forschung auf Faktoren, die ein Leben lebenswert machen und den Menschen ein Flourishing (Aufblühen) ermöglichen – wie positive Emotionen, positive Eigenschaften, das Stärken von Ressourcen und Potenzialen von Individuen (build what’s strong) oder das Erleben positiver Gemeinschaft (Seligman et al., 2005). Die Psychologie sollte sich darüber hinaus damit befassen, Voraussetzungen für lebenswertes Leben und Flourishing zu schaffen.

Zusammengefasst lässt sich positive Psychologie wie folgt definieren:

»Positive Psychologie ist die wissenschaftliche Erforschung dessen, was das Leben lebenswert macht. Es ist der Aufruf an psychologische Forschung und Praxis, genauso darum bemüht zu sein, mit menschlichen Stärken wie mit Schwächen umzugehen, genauso interessiert daran, das Beste im Leben auszubauen, wie daran, das Schlimmste zu überwinden, und genauso daran zu arbeiten, das Leben gesunder Menschen lebenswerter zu machen, wie daran, Psychopathologie zu heilen.«

Lopez & Snyder, 2012, S. 23

Was ist im Kontext der positiven Psychologie mit »positiv« gemeint?

In der positiven Psychologie wird danach gesucht, was in einem Leben als positiv empfunden wird, und zwar zu jedem Zeitpunkt, egal von welcher Person oder Gruppe. Wichtig dabei ist auch: Dieses Positive wird über verschiedene kulturelle oder ­soziale Kontexte hinweg als gut empfunden. Außerdem forscht die positive Psychologie ­danach, welche Dinge maximal positive bzw. minimal negative Auswirkungen haben (Pawelski, 2016). Positive Psychologie hat nichts mit einer Happyologie zu tun, die man aus bunten Zeitschriften kennt. Es ist kein simpler Think positive-Ansatz, der nur darauf abzielt, negative Gedanken durch positive zu ersetzen. Positive Psychologie ist vielmehr die wissenschaftliche Erforschung dessen, wie Menschen ein gelingendes Leben führen können.

Die Erkenntnisse der positiv-psychologischen Forschung und deren Weiterentwicklung für den Bereich Arbeit und Personalführung haben zur Entwicklung von Positive LeadershipPositive LeadershipFührung, Positive Leadership geführt, einem stärken- und ressourcenorientierten Führungsansatz. Die Begriffe Positive Leadership und Positive Leader wurden im Laufe der Jahre in unterschiedlichen Kontexten und Managementtheorien verwendet, wie z. B. in Studien zum transformationalen Führen (Smith et al., 2012) oder im Zusammenhang mit Führungskräften mit optimistischer Grundeinstellung (Greenberg & Arakawa, 2006). In Abgrenzung dazu (Kelloway et al., 2013) gibt es Positive-Leadership-Ansätze, die auf den Forschungen zu positiver Psychologie basieren, wie das Konzept des psychologischen Kapitals (PsyCap)Psychologisches Kapital (PsyCap) von Fred Luthans, das vier Eigenschaften von Mitarbeitenden in den Blick nimmt, die sich positiv auf Leistung auswirken können: Selbstwirksamkeit, Optimismus, Hoffnung und Widerstandsfähigkeit (Luthans, 2002). Die Auswirkungen konkreter Führungsstile wurden im Kontext von PsyCap jedoch noch nicht untersucht (Ebner, 2019). Forschende um Kim Cameron entwickelten den Ansatz des Positive Organizational Scholarship (POS)Positive Organizational Scholarship (POS), der Dynamiken in Organisationen beschreibt, die Aufblühen und Resilienz fördern (Chapter et al., 2003). Cameron entwickelte aus diesem Konzept eine Organisationstheorie, aus der sich ein Positive-Leadership-Verhalten ableiten lässt (Cameron, 2012).

Positive Leadership, PERMA-ModellDem Remote-Positive-Leadership-Ansatz wird das gut erforschte PERMA-Lead®-­Positive-Leadership-Modell nach Markus Ebner zugrunde gelegt (Ebner, 2019). Es baut auf dem PERMA-ModellPERMA-ModellPERMA-Modell, Faktoren von Martin Seligman auf und enthält fünf messbare und beeinflussbare Faktoren als Basis für WohlbefindenWohlbefinden und FlourishingFlourishing (Aufblühen) von Menschen (Seligman, 2012):

Positive Emotions

Engagement

Relationships

Meaning

Accomplishment

Die Faktoren werden in den folgenden Kapiteln erläutert.

PERMA+V

Tipp

Wenn Sie Interesse daran haben, Ihr psychologisches WohlbefindenWohlbefinden, Wohlbefinden messen nach den PERMA-Kriterien zu messen, finden Sie unter https://www.ippm.at/perma-profiler/ eine validierte (Wammerl et al., 2019) deutsche Version des »PERMA-Profiler«, der im englischen Original von Martin Seligman und seinem Team entwickelt wurde.

Positive Leader, FührungsverhaltenVom PERMA-Ansatz leitet sich das Führungsverhalten ab, das zur Steigerung der fünf Faktoren des PERMA-Modells beiträgt: Ein Positive Leader trägt dazu bei, dass Mitarbeitende

sich am Arbeitsplatz wohlfühlen (P),

ihre individuellen Stärken kennen und bei der Arbeit einsetzen können (E),

sich als Teil des Teams erleben sowie einen wertschätzenden und unterstützenden Umgang miteinander pflegen (R),

Sinn in ihrer Arbeit erleben (M),

Zielerreichung wahrnehmen und positives Feedback erhalten (A).

PERMA-Lead®PERMA-Lead ist ein Positive-Leadership-Modell, das tatsächliches Führungsverhalten abbildet und das mithilfe des PERMA-Lead®-Profilers, eines 360°-Feedbacks und einer Unternehmensanalyse messbar ist (Ebner, 2019). Studien zeigen die Relevanz jedes einzelnen PERMA-Lead®-Faktors für die Mitarbeitenden, wie z. B. den Rückgang von Stresserleben und Burnoutgefährdung (siehe die folgenden Abbildungen), sowie die positiven Auswirkungen auf Unternehmenskennzahlen wie z. B. Krankenstandstage, sinkende Fluktuation, höheres Engagement, durchschnittliche Ausgaben der Kunden und durchschnittliche Kundenbewertungen (Ebner, 2019).

Zusammenhang zwischen PERMA-Lead®-Führungsstil-Ausprägung der Führungskraft und Stressbelastung bei Mitarbeitenden (Ebner, 2019, S. 97)

Zusammenhang zwischen PERMA-Lead®-Führungsstil-Ausprägung der Führungskraft und Burnout-Gefährdung der Mitarbeitenden (Ebner, 2019, S. 98)