Ren Dhark – Weg ins Weltall 60: Das Wissen der Quun’ko’Aaraan - Achim Mehnert - E-Book

Ren Dhark – Weg ins Weltall 60: Das Wissen der Quun’ko’Aaraan E-Book

Achim Mehnert

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Beschreibung

Ein gewaltiger Energieausbruch in einem wenige Lichtjahre von der POINT OF entfernt befindlichen Sonnensystem bringt Ren Dhark auf eine neue Spur, die ihn bei seinen Bemühungen um die Rettung der Milchstraße ein entscheidendes Stück voranbringen kann. In der Folge erhält er von völlig unerwarteter Seite Unterstützung, doch die Helfer verlangen als Preis das Wissen der Quun’ko’Aaraan... Jan Gardemann, Achim Mehnert und Nina Morawietz schrieben einen dramatischen SF-Roman nach dem Exposé von Ben B. Black.

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Ren Dhark

Weg ins Weltall

 

Band 60

Das Wissen der Quun’ko’Aaraan

 

von

 

Nina Morawietz

(Kapitel 1 bis 4, 12, 13)

 

Jan Gardemann

(Kapitel 5 bis 11)

 

Achim Mehnert

(Kapitel 14 bis 19)

 

und

 

Ben B. Black

(Exposé)

Inhalt

Titelseite

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

15.

16.

17.

18.

19.

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Impressum

Prolog

Im Herbst des Jahres 2067 scheint sich das Schicksal endlich einmal zugunsten der Menschheit entwickelt zu haben. Deren Hauptwelt heißt längst nicht mehr Terra, sondern Babylon. 36 Milliarden Menschen siedelten auf diese ehemalige Wohnwelt der Worgun um, als die irdische Sonne durch einen heimtückischen Angriff zu erlöschen und die Erde zu vereisen drohte. Mittlerweile konnte die Gefahr beseitigt werden, und das befreundete Weltallvolk der Synties hat den Masseverlust der Sonne durch die Zuführung interstellaren Wasserstoffgases fast wieder ausgeglichen.

Die Erde ist erneut ein lebenswerter Ort, auf dem allerdings nur noch rund 120 Millionen Unbeugsame ausgeharrt haben. Die neue Regierung Terras unter der Führung des »Kurators« Bruder Lambert hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Erde nach dem Vorbild Edens in eine Welt mit geringer Bevölkerungsdichte, aber hoher wirtschaftlicher Leistungskraft zu verwandeln, und ist deshalb nicht bereit, die nach Babylon Ausgewanderten wieder auf die Erde zurückkehren zu lassen.

Allerdings haben auch die wenigsten der Umsiedler konkrete Pläne für einen neuerlichen Umzug innerhalb so kurzer Zeit. Es kommt die katastrophale Entwicklung hinzu, die Babylon seit dem Umzug der Menschheit nahm: Durch eine geschickt eingefädelte Aktion war es dem höchst menschenähnlichen Fremdvolk der Kalamiten gelungen, den Regierungschef Henner Trawisheim, einen Cyborg auf geistiger Basis, derart zu manipulieren, dass er zu ihrem willenlosen Helfer und Vollstrecker bei der geplanten Übernahme der Macht über die Menschheit wurde. Erst in allerletzter Sekunde gelang die Revolution gegen die zur Diktatur verkommene Regierung von Babylon und damit gegen die heimlichen Herren der Menschheit, die Kalamiten. Während den meisten der Fremden die Flucht gelang, wurde Trawisheim aus dem Amt entfernt und in ein spezielles Sanatorium für Cyborgs gebracht.

Daniel Appeldoorn, der schon zu den Zeiten, als Babylon noch eine Kolonie Terras war, als Präsident dieser Welt fungiert hatte, bildete mit seinen Getreuen eine Übergangsregierung, deren wichtigste Aufgabe es ist, das Unrecht der Diktatur wiedergutzumachen und neue, freie Wahlen vorzubereiten. Gleichzeitig ist es Ren Dhark und seinen Mitstreitern gelungen, die geheimnisvolle Schranke um Orn abzuschalten – und mit ihr auch die verhängnisvolle Strahlung, die die Worgun, das bedeutendste Volk dieser Sterneninsel, in Depressionen, Dummheit und Dekadenz trieb.

Nach seiner Rückkehr in die Milchstraße kann Ren Dhark dem Angebot des Industriellen Terence Wallis nicht länger ausweichen und lässt seinen Körper mit Nanorobotern behandeln, die ihn und sieben von ihm Auserwählte unsterblich machen sollen. Doch anstatt sich mit seiner nun vollständig veränderten Lebensperspektive beschäftigen zu können, muss sich Ren Dhark einer neuen Herausforderung stellen: Eine unbekannte Macht namens Kraval sorgt dafür, dass der Hyperraum nicht länger zugänglich ist.

Als man diese Herausforderung endlich überwunden glaubt, tauchen die Wächter mit einer neuen Hiobsbotschaft auf: Im Zentrum der Milchstraße hat sich etwas etabliert, das die gesamte Schöpfung in Gefahr bringen könnte. Dort hat sich scheinbar aus dem Nichts ein Miniaturuniversum gebildet, das allerdings exponentiell wächst und schon in wenigen Jahren den Untergang unseres Universums herbeiführen könnte.

Mit wachsender Verzweiflung suchen Ren Dhark und seine Getreuen nach einem Mittel gegen die Bedrohung, die das Miniuniversum für die Milchstraße darstellt. Dabei folgen sie einer Spur aus Brotkrumen, die – unterstützt von einem geheimnisvollen Unbekannten – von einem alten Artefakt der Worgun gelegt wird. Da kommt es zu einem gewaltigen Energieausbruch nur wenige Lichtjahre von der der Position der POINT OF entfernt …

1.

Lautlos zerfiel die gigantische unterirdische Worgunstation. Leere klaffte in den grenzenlos erscheinenden Höhlen, in denen sich eben noch turmhohe Aggregate aus Unitall befunden hatten.

Ungläubig pflügte Parock mit seinen tentakelartigen Armen durch die zentimeterhohe amorphe Staubschicht, als läge die Lösung des Rätsels irgendwo darunter verborgen. Er verstand nicht, weshalb die Station plötzlich wie eine vertrocknete Sandburg zerrieselt war. »Ich habe doch nur mal kurz mit der Taschenlampe in den Korridor geleuchtet.«

Sein Ausbilder Hon Wolt stand etwas abseits mit verschränkten Armen. »Das hatte bestimmt nichts mit dir zu tun.«

Das Licht von Parocks Taschenlampe verlor sich in der finsteren Weite. Außer Fels und Staub entdeckte er nichts. »Vielleicht sollte ich mal weiter hinten nachschauen.«

»Lass es lieber! Diese Höhlenkomplexe, die die Worgun sich ausgesucht haben, erstrecken sich in der Regel über Hunderte von Kilometern und sind labyrinthartig verzweigt. Du wirst dich verlaufen.«

Enttäuscht ließ der Kraval die Arme hängen und schlurfte zu Sigi Anders und One Ona, die im Auftrag von Hen Falluta Feldbetten und Notrationen für die fünfzig Forscher aus den Flash holten.

Aufgrund seiner immensen Stärke konnte Parock mehrere Kisten und Betten auf einmal tragen, sodass die Arbeit schnell erledigt war.

Die Schwarzen Weißen beobachteten ihn dabei nachdenklich. Noch immer konnten sie nicht recht glauben, wie sehr sie sich in dem gefährlich aussehenden Viermeterhünen geirrt hatten. Wegen ihrer Vorurteile hätten sie fast Hon Wolt erschossen – wenn auch nur aus Versehen. Doch weder Parock noch Wolt schienen nachtragend zu sein, wie die Forscher mit Bewunderung feststellten.

Nachdem das Lager aufgebaut war, begannen einige der Tel, Messungen anzustellen. Andere schaufelten literweise Staub in Behälter. So leicht ließen sie sich nicht entmutigen.

*

Endlich landeten die anderen Flash vor dem Höhleneingang. Freudig und erleichtert eilte Parock ihnen entgegen. Doch er erschrak fürchterlich, als Ren Dhark, die Cyborgs und die beiden Tel ausstiegen, denn sie wirkten um Jahre gealtert. Auf den zweiten Blick entpuppte es sich allerdings nur als eine feine Staubschicht, die sie bedeckte.

Amy Stewart löste ihren Zopf und schüttelte kopfüber das Grau aus ihrem blonden Haar. Bram Sass tat es ihr gleich. Ren Dhark und Lati Oshuta hatten es mit ihren Kurzhaarschnitten deutlich leichter – ein Wisch mit der Hand genügte, auch wenn das natürlich keine Dusche ersetzte. Die beiden Tel, Taret Londok und Born Prank, hielten sich hingegen nicht mit Oberflächlichkeiten auf.

Oshuta nieste, während er sich den Staub von der Kleidung klopfte.

»Geht es euch gut?«, fragte Parock besorgt. »Ihr solltet das Zeug lieber nicht einatmen. Vielleicht ist es giftig.«

»Keine Sorge, es ist harmlos«, beruhigte Dhark ihn. »Wir inhalieren es aber trotzdem nicht.«

»Und? Habt ihr etwas in der Worgunstation gefunden?«

»Das haben wir. Doch um was es sich genau handelt, müssen wir noch herausfinden.«

»Ist es wieder ein Artefakt?«

»Nein«, entgegnete der Terraner knapp. »Gedulde dich bitte noch ein paar Minuten, dann sehen wir es uns in der Zentrale an.« Er wollte jetzt erst einmal die Sache mit den Tel-Forschern zum Abschluss bringen, ehe er sich der nächsten Aufgabe widmete. Wie er sah, hatte sich sein erster Offizier bereits um die Versorgung der Gestrandeten gekümmert.

»Ich wüsste zu gern, was aus dem geheimnisvollen Tel geworden ist, der uns da unten durch die Lappen gegangen ist«, grübelte Stewart laut. »Du siehst ihn hier nicht zufällig irgendwo unter deinen Männern, Londok?«

Der Schwarze Weiße verneinte.

»Schade, wir hätten noch einige Fragen an ihn gehabt. Vermutlich irrt er jetzt in der Höhle herum. Falls er im Lager auftaucht, seid besser vorsichtig!«

»Wir sind in der Überzahl und haben Waffen«, brachte Born Prank lächelnd in Erinnerung. »Uns wird schon nichts passieren.«

»Ich wollte es nur gesagt haben. Schließlich habt ihr gesehen, wie flink der Kerl war. Nicht einmal wir Cyborgs konnten ihn schnappen, und das will was heißen.«

»Falls wir ihm begegnen, werden wir ihn zur Rede stellen. Uns interessiert auch brennend, wie er überhaupt hierhergekommen und ob er für den Zerfall der Station verantwortlich ist. Wir haben so lange gebraucht, um sie zu finden und den Eingang freizulegen. Jetzt ist nur noch Staub übrig. Hoffentlich können wir daraus ein paar Erkenntnisse gewinnen, ergänzend zu dem, was wir im Inneren gesehen haben. Wirklich bedauerlich das Ganze.«

Dhark beschloss, die Sache abzukürzen, bevor sie noch mehr Zeit verloren. In der vorderen Höhle überzeugte er sich davon, dass die Tel mit dem Nötigsten versorgt waren, um die nächsten Tage zu überstehen. Terraner würden mit dieser Rationsmenge gut drei Wochen auskommen, die gleiche Anzahl an Tel hingegen nur zwei. Obwohl die Schwarzen Weißen optisch dunkelhäutigen Nordeuropäern ähnelten, waren sie keine – nicht einmal Menschen. Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal stellten die doppelten Nerven- und Kreislaufsysteme dar, die den höheren Kalorienverbrauch und damit auch größeren Appetit erklärten.

»Fehlt euch noch irgendetwas?«, fragte Dhark den Ausgrabungsleiter.

»Nein, wir haben alles, was wir brauchen.« Taret Londoks Augen leuchteten vor Dankbarkeit und Bewunderung für Ren Dhark, der im Original noch so viel eindrucksvoller als in den Berichten war. Von solchen Berühmtheiten nahm er in der Regel an, dass sie sich nur mit wichtigen Leuten wie zum Beispiel Dro Cimc, einem Wer, abgaben und sich für unbedeutende Forscher nicht interessierten. »Ihr lasst uns so viel Hilfe zukommen, dabei kennen wir uns überhaupt nicht. Wie können wir das nur wiedergutmachen?«

Dhark lächelte. Für ihn war es eine Selbstverständlichkeit, Leuten in Not zu helfen, wenn er konnte. Ein paar Feldbetten sowie ein wenig Nahrung und Wasser bedeuteten keinen Aufwand. »Es reicht, wenn ihr uns alle – Parock eingeschlossen – in guter Erinnerung behaltet. Doch nun müssen wir los. Ein Schiff von Cromar wird bald eintreffen und euch abholen. Lebt wohl.«

Londok ließ es sich nicht nehmen, dem Commander zum Abschied die Hand zu schütteln.

Anschließend kehrten Dhark und seine Leute mit ihren Beibooten in die POINT OF zurück. Parock und Hon Wolt folgten im Xe-Flash.

Der Ringraumer legte gleich darauf einen Alarmstart hin und brach gemeinsam mit der ARKANDIA in Richtung des Ursprungs des gewaltigen Energieimpulses auf, von dem Hen Falluta gesprochen hatte.

*

Die beiden Ringraumer flogen mit Sternensog und unter voller Tarnung. Dhark wollte vermeiden, unnötige Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, solange nicht ausgeschlossen werden konnte, dass es sich bei der gewaltigen Erschütterung im Raum-Zeit-Gefüge um einen feindlichen Akt handelte. Zuerst wollte er die Lage sondieren.

Nach wenigen Minuten erreichten sie ihr Ziel.

Tino Grappa begann sofort damit, nach Raumschiffen zu suchen, die sich möglicherweise hinter den Abertausenden von seltsam anmutenden Asteroiden, Staubwolken und glimmenden, konkaven Magmaseen und -flüssen verbargen. Doch er fand weit und breit kein Anzeichen von verdächtigen Energie- oder Biosignaturen. Die Wächter in der ARKANDIA stellten ebenfalls Untersuchungen an.

»Möglicherweise hat sich hier gerade eben eine Supernova ereignet«, wagte Leon Bebir, eine erste Theorie zu äußern.

Dhark schüttelte den Kopf. »Unwahrscheinlich. Ein solches Phänomen sieht völlig anders aus. Die Hitzeentwicklung hätte die Weltraumtrümmer verflüssigt.« Per Gedankensteuerung ließ er die gigantische unförmige Plasmamasse, die sich über vier Millionen Kilometer durch das Vakuum zog, als Übersicht in der Bildkugel anzeigen. Blitze durchzogen die brennenden Gasmassen, die die Masse umgaben. »Dieser Stern ist nicht explodiert, sondern scheint buchstäblich plattgewalzt und zerfetzt worden zu sein.«

Bebir setzte ein schiefes Lächeln auf. Seine Prüfungsergebnisse in Astronomie und Astrophysik waren schon an der Raumakademie unterdurchschnittlich gewesen. Als Zweiter Offizier der POINT OF, einem Raumschiff voller Experten, hatte er es nie für nötig erachtet, dieses Defizit aufzuarbeiten.

Falluta nahm Eingaben am Instrumentenpult des Checkmasters vor, woraufhin sich die Ansicht in der Bildkugel änderte. »Manche der Asteroiden wirken auf mich, als gehörten sie zusammen. Angenommen, es handelt sich um die Überreste von Planeten, würde das bedeuten, dass hier vor Kurzem noch ein Sonnensystem existiert hat.«

Dhark ließ seine Wissenschaftlichen Abteilungen diese Theorie, die ihm ebenfalls in den Sinn gekommen war, überprüfen.

Schon nach wenigen Minuten bestätigte Bentheim, was Dhark befürchtet hatte. »Allen Anzeichen nach gab es hier tatsächlich bis vor wenigen Stunden ein Sonnensystem mit einer vermutlich gelben Sonne sowie acht bis zehn Planeten. Ob einer davon bewohnt war, können wir nicht sagen.«

Mit verhärteter Miene betrachtete Dhark in der Bildkugel die Visualisierung, die die vermutete Planetenkonstellation darstellte. Einer der Planeten hatte sich in der habitablen Zone befunden. »Ist die Ursache für diese Katastrophe feststellbar?«

»Auf die Schnelle nicht. Wir hatten es noch nie mit etwas Vergleichbarem zu tun.«

Da meldete sich Vandekamp per Bordsprech aus der Wissenschaftlichen Abteilung: »Wenn wir aber etwas mehr Zeit bekämen, könnten wir weitere Untersuchungen durchführen, um zu genaueren Ergebnissen zu gelangen.«

»Die Zeit sollen Sie haben«, bestätigte Dhark. »Wir müssen unbedingt herausfinden, mit wem oder was wir es hier zu tun haben.«

*

Während Dhark auf die Ergebnisse der Wissenschaftler wartete, beschäftigte er sich mit den Dateien, die der unbekannte Tel am Stationsrechner aufgerufen und die sich Dhark auf sein Vipho überspielt hatte. Nun speiste er sie in den Checkmaster mit dem Befehl, die Dateien zu überprüfen, ein.

Das plötzliche Auftauchen und Verschwinden des Tels, die geöffneten Suchergebnisse am Stationsrechner – es schien, als hätte jemand gewollt, dass Dhark und seine Leute diese fanden. Im Anschluss hatte die Station den Selbstzerstörungsmodus eingeleitet. Möglicherweise beinhalteten die Dateien ein Virus, das die Selbstzerstörung in Gang gesetzt hatte. War der Tel dafür verantwortlich?

»Bei den transferierten Daten handelt es sich um fünf Koordinatensätze«, vermeldete der Checkmaster.

Der Commander zog erstaunt die Augenbrauen hoch. »Gleiche sie mit den Sternenkarten ab und versuche, Genaueres darüber herauszufinden!«

»Mit hoher Wahrscheinlichkeit sind das Koordinaten von Sonnensystemen«, kam prompt die Antwort. Für derartig simple Vorgänge benötigte der Hyperkalkulator nur den Bruchteil einer Millisekunde. »Nähere Informationen liegen mir darüber nicht vor.«

»Das bedeutet dann wohl, dass wir uns vor Ort ein Bild von der Situation machen müssen«, meinte Arc Doorn und raufte sich missmutig das rote Haar.

Dhark lehnte sich nachdenklich in seinem Kommandosessel zurück. Die Forschernatur in ihm drängte natürlich sofort darauf, den Koordinaten einen Besuch abzustatten. Der Tel hat gezielt nach den Dateien gesucht, also muss sich dort irgendetwas von Interesse für ihn befinden. Möglicherweise weitere Worgunstationen, schoss es ihm durch den Kopf. Nur, wie hilft uns das jetzt weiter?

Sein Blick fiel auf die mysteriöse Glaskugel, die sie in einer uralten Worgunstation auf dem Planeten Huwei gefunden hatten. Sie war dafür verantwortlich, dass er jetzt im Besitz weiterer »Hinweise« war. Mittlerweile reihte sich Rätsel an Rätsel, ohne dass irgendetwas einen Sinn ergab.

Darüber hinaus erinnerte sich Dhark noch gut an Simons Anschuldigungen in Bezug auf die Worgunartefakte. Seine Faszination für die Mysterious und ihre unvergleichliche Technologie waren kein Geheimnis.

Aber er wollte sich nicht zum Vorwurf machen lassen, den Hinweisen aus reinem Privatvergnügen nachzujagen. Das stimmte nämlich nicht. Als er den Markierungen in der Glaskugel gefolgt war, hatte er nicht gehofft, weitere Worgunstationen zu entdecken, sondern eine Lösung für das Rätsel um das Miniuniversum zu finden. Leider hatte sich diese Hoffnung bislang nicht bewahrheitet.

»Ich habe Bedenken, ob es sinnvoll ist, die Koordinaten anzufliegen«, räumte der weißblonde Terraner ein. »Wir wissen immer noch nicht, wohin uns das führt.«

»Das sehe ich genauso«, rief Parock von seinem Spezialsessel aus. »Unser geheimnisvoller Fremder meinte, dass wir auf Huwei die Antwort finden würden. Doch außer einer Glaskugel und irgendwelchen Dateien hat uns die Reise nichts gebracht. Wer garantiert uns, dass es diesmal anders sein wird?«

Arc Doorn brummte zustimmend. »Ich hege ja den Verdacht, dass dieser Kerl Spielchen mit uns spielt. Warum verschweigt er uns seine Identität und Absicht und schickt uns stattdessen auf zeitintensive Missionen? Möglicherweise steht am Ende gar nicht die Lösung, die wir uns erhoffen.«

Dhark nickte. »Das Ganze scheint langsam aber sicher in eine galaktische Schnitzeljagd auszuarten. Unter anderen Umständen hätte ich mich vielleicht darauf eingelassen, doch im Augenblick läuft uns die Zeit davon.«

»Sie wollen den Koordinaten also nicht folgen?«

»So ist es. Ich muss Prioritäten setzen, was bedeutet, dass ich mich nicht länger mit diesem Mann und seinen ominösen ›Hinweisen‹ beschäftigen kann. Das Miniuniversum wächst inzwischen ungehindert weiter, ohne dass wir auch nur den Hauch einer Lösung haben. Wenn es so weitergeht, können wir bald den Untergang zweier Universen bewundern.«

*

H.C. Vandekamp legte eine merkwürdige Vergnügtheit an den Tag, als er sich gut eine Stunde nachdem Dhark den Auftrag erteilt hatte, mit den ersten Ergebnissen per Bordsprech in der Zentrale meldete. Nach dem Untergang eines Sonnensystems wäre wohl ein wenig Betroffenheit angebracht gewesen, doch in der kühlen, sachlichen Welt der Wissenschaft existierten nur Daten und Theorien. Hier waren Leute wie Vandekamp in ihrem Element.

»Unsere Untersuchungen haben ergeben, dass die Zerstörung des Sonnensystems sehr wahrscheinlich auf eine Energieeruption aus dem Hyperraum zurückzuführen ist«, erklärte der Kontinuumsforscher knapp.

Unwillkürlich musste Ren Dhark an Lek und dessen Experimente zur Energiegewinnung denken. Der gewissenlose Utare hatte schon einmal den Hyperraum angezapft und war vor Kurzem mit seiner Bande in der Nähe des Miniuniversums gesichtet worden, bevor er sich wieder einmal aus dem Staub gemacht hatte. »Könnte es sein, dass schon wieder dieser Lek dahintersteckt?«

»Das halte ich für unwahrscheinlich. Dafür ist die angerichtete Verwüstung einfach zu groß.«

»Was wäre theoretisch in der Lage, eine derart gewaltige Erschütterung im Raum-Zeit-Gefüge hervorzurufen?«

»Das kann ich Ihnen nicht beantworten. Wir sind noch dabei, eine alternative Theorie zu entwickeln. Zugegebenermaßen ist die Sache mit der Hyperraumenergie im Kollegenkreis nicht unumstritten, aber momentan sind wir uns einig, dass dies die wahrscheinlichste von allen ist. Es tut mir leid, dass wir Ihnen noch keine genaueren Antworten liefern können. Wir arbeiten schon auf Hochtouren.«

Dhark bedankte sich und trennte die Verbindung zur Wissenschaftlichen Abteilung. Er versuchte, sich seine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen, als er sich an die Brückenmannschaft wandte. Als Commander der POINT OF musste er auch in der ausweglosesten Situation Integrität und einen kühlen Kopf bewahren. Die Hoffnung aufzugeben und untätig auf den Untergang des Universums zu warten kam nicht infrage – selbst wenn es bedeutete, auf galaktische Schnitzeljagd zu gehen.

»Momentan stehen uns zwei Optionen zur Auswahl: Entweder wir fliegen die fünf Koordinatensätze an oder wir bleiben vorerst und beschäftigen uns noch einmal mit der Glaskugel.«

*

Zunächst herrschte betretenes Schweigen in der Zentrale. Keiner der Anwesenden schien besondere Lust zu verspüren, seine Meinung vorzutragen. Womöglich glaubte niemand daran, dass irgendeine der beiden Optionen zu einem Ergebnis führen würde, und so überließ jeder die Entscheidung lieber dem Zuständigen – also Ren Dhark.

Schließlich meldete sich Chris Shanton zu Wort: »Vielleicht sollten wir uns tatsächlich noch einmal der Glaskugel widmen. Mit etwas Glück finden wir heraus, ob sie noch weitere Funktionen beinhaltet, die wir für unsere Zwecke nutzen können.«

»Solange wir kein konkretes Ziel haben, bringen uns die besten Sternenkarten nichts«, widersprach Amy Stewart.

»Mag sein. Doch wenn wir verstehen, wie das Gerät richtig zu bedienen ist, ließe sich leichter feststellen, was unser mysteriöser Fremder plant – wieso er uns damals ausgerechnet auf diese eine Markierung hingewiesen hat. Möglicherweise kürzt das unsere Schnitzeljagd ganz entscheidend ab.«

»Mich würde zunächst interessieren, ob die Koordinatensätze auf der Sternenkarte der Glaskugel ebenfalls markiert sind«, wandte Doorn ein, woraufhin Dhark dem Hyperkalkulator den Befehl erteilte, das zu überprüfen.

Das Ergebnis überraschte niemanden: Die Stellen waren tatsächlich gekennzeichnet.

Der Sibirier umrundete die einen Meter durchmessende Glaskugel und ließ sich nacheinander jeden Koordinatensatz anzeigen.

Der Hyperkalkulator hatte mit seiner ersten Analyse recht gehabt, es handelte sich in der Tat um Sonnensysteme mit einer unterschiedlichen Anzahl von Planeten, von denen jeweils einer mit einem blauen Symbol und einem Namen in Worgunschrift versehen war.

Was diese Markierungen im Einzelnen bedeuteten, hatten bisher weder Doorn noch Shanton noch Bentheim enträtseln können. Falls es eine Bedienungsanleitung oder zumindest Zeichenerklärung gab, so versteckte sich diese extrem gut in den Tiefen des Suprasensors. Durch Benutzerfreundlichkeit glänzte die Glaskugel jedenfalls nicht.

»Die gleichen Symbole haben wir doch schon in anderen markierten Sonnensystemen entdeckt«, meinte Shanton zu Doorn und kratzte sich ratlos am bärtigen Kinn. »Wo jetzt der Unterschied sein soll, erschließt sich mir nicht. Verdammt, es wäre aber auch zu praktisch gewesen, wenn sich diesmal etwas ergeben hätte!«

Jimmy legte seinen Kopf schief und warf seinem übergewichtigen Erfinder einen argwöhnischen Seitenblick zu – sofern das bei einem Roboterhund überhaupt möglich war. »Was hast du erwartet? Blinkende Pfeile in psychedelischen Farben?«

»Nein, einen Hotdog mit Regenbogenantrieb«, konterte Shanton mit einer Anspielung, die leider niemand außer ihm in der Zentrale verstand.

»Wahrscheinlich liegen dort fünf weitere Worgunstationen verborgen.« Doorns Stimme ließ jegliche Begeisterung vermissen.

»Mir macht das nichts aus, dorthin zu fliegen«, verkündete Parock dafür umso enthusiastischer. Er wünschte sich schon lange, einmal selbst einen Einsatz fliegen zu dürfen, um einen sinnvollen Beitrag zur Mission zu leisten. Jetzt witterte er seine Chance. »Wenn die Koordinatensätze das Einzige sind, was wir haben, sollten wir logischerweise dorthin aufbrechen. Immerhin weisen sie Markierungen auf, was bedeutet, dass sich die Kartografen etwas dabei gedacht haben müssen.«

»Bis wir die Stationen alle durchsucht haben, vergehen vermutlich Jahre. Welchen Sinn hat es, ihnen einen Besuch abzustatten, wenn wir nicht wissen, wonach wir eigentlich suchen?«

»Ganz meine Meinung«, konstatierte Stewart. Dann sah sie Dhark fragend an. »Was wäre denn deine favorisierte Option? Hinfliegen oder hierbleiben?«

Der weißblonde Terraner schlug sacht mit der Faust auf die Sessellehne. »Tja, ehrlich gesagt erscheint mir im Augenblick keine von beiden aussichtsreich. Möglicherweise befinden wir uns auf einer völlig falschen Fährte und sollten besser woanders suchen.«

»Und wo?«

»Darüber zerbreche ich mir schon die ganze Zeit den Kopf.«

Plötzlich kam Falluta eine Idee in den Sinn. »Bisher drehen sich all unsere Überlegungen nur um irgendwelche Hinweise, die uns vom Miniuniversum wegführen. Wie wäre es, wenn wir uns zur Abwechslung wieder um das Problem selbst kümmern würden?«

Shanton runzelte skeptisch die Stirn. »Den neuesten Berichten zufolge hat sich das Miniuniversum komplett hinter einer undurchdringlichen Kugelschale vor der ›Außenwelt‹ verschanzt. Sie wissen doch noch, was mit den Drohnen und dem Unitall-Flash passiert ist, oder nicht?«

»Natürlich. Was ich eigentlich meinte, ist, dass sich unsere Wissenschaftler mit der Herkunft des Miniuniversums beschäftigen könnten. Vielleicht besteht eine Möglichkeit, es wieder dorthin zu schicken, wo es herkam – wo immer das auch sein mag.«

»Haben Sie schon einmal ein Universum transportiert?«

»Das nicht. Andererseits gelang uns in den letzten Jahren einiges, was zuvor als unmöglich gegolten hatte. Mit Drakhon hat die Transition übrigens funktioniert.«

»Drakhon war eine einzelne Galaxis«, stellte Doorn trocken fest.

Falluta hob resignierend die Arme. Gegen den Doppelbeschuss von zwei der klügsten Männer an Bord kam er nicht an. Er wusste, wann er lieber das Handtuch werfen sollte. Das Thema war ohnehin nicht sein Metier.

»Selbst wenn es möglich wäre, müsste eine entsprechende Technologie erst einmal entwickelt werden«, griff Shanton den Gesprächsfaden wieder auf. »Nicht einmal die Gruppe Saam wird rechtzeitig eine Lösung aus dem Hut zaubern können.«

Ren Dhark enthielt sich der Diskussion, die sich mittlerweile vom eigentlichen Thema entfernte. Er spielte mit dem Gedanken, einfach eine Münze zu werfen. Kopf: Die POINT OF blieb, wo sie war, während die Wissenschaftler die Glaskugel näher untersuchten. Zahl: Sie klapperten die fünf Koordinaten ab.

»Commander, ich erhalte eine Anfrage von der ARKANDIA«, vermeldete Morris unvermittelt.

Dhark richtete sich in seinem Sessel auf und gab seinem Funker das Zeichen, die Phase zu öffnen.

Simons konturloses Metallgesicht erschien in der Bildkugel. »Gibt es schon neue Erkenntnisse in Bezug auf den Energieausbruch?«

»Mister Vandekamp vermutet, dass die Ursache wahrscheinlich im Hyperraum liegt. Ich warte noch auf weitere Erkenntnisse«, erklärte Dhark.

»Wir haben ebenfalls ein paar Untersuchungen und Überlegungen angestellt. Möglicherweise sind wir auf etwas gestoßen, das uns weiterhilft. Im Energieausbruch, der das hiesige Sonnensystem vernichtet hat, ist uns eine spezielle Signatur aufgefallen, die wir bereits von anderen Ereignissen her kennen – im Impuls, den wir damals kurz nach der Vernichtung des Experimentalraumschiffs angemessen haben, bei dem Energieausbruch, der Huwei großen Schaden zugefügt hat – und beim Tod von Wächter Svante.«

*

An die EX-1 erinnerte sich Ren Dhark noch gut. Den etwa zweiundvierzigtausend Jahre alten Raumschiffsprototypen der Worgun hatten er und seine Leute fertiggestellt. Dessen wohl wichtigstes Element stellte die Brennkugel dar, die im Vergleich zu einem herkömmlichen Ringraumer die Leistungsfähigkeit des Antriebs deutlich erhöhte. Theoretisch ließe sich damit die Strecke zwischen der Milchstraße und Orn binnen weniger Tage zurücklegen, ohne dass wie bisher zehn Ringraumer zu einem Koppelflugverband zusammengefasst werden mussten.

Doch während eines unbemannten Testflugs mit Sternensog hatte die Brennkugel plötzlich begonnen, innerhalb weniger Mikrosekunden große Mengen an Energie aus dem Hyperraum zu absorbieren, die den Raumer letztlich zerstört hatten.

Auch das sogenannte »Himmelsfeuer«, wie die Hanzin das Phänomen nannten, das ihren Heimatplaneten Huwei heimgesucht hatte, entstammte dem Zwischenkontinuum.

Die Gemeinsamkeit zwischen der Zerstörung des hiesigen Sonnensystems, der EX-1 und den Verwüstungen auf Huwei sind Energieausbrüche aus dem Hyperraum, fasste Dhark in Gedanken zusammen. Aber wie passt Wächter Svante da rein? Er ist doch bei dem Versuch, in das Miniuniversum hineinzufliegen, umgekommen.

Dann fiel dem Commander ein, dass der exotische Energiestrahl, der sie nach Huwei geführt hatte, dorther gekommen war. Er spürte, dass er des Rätsels Lösung ganz nahe war, ihm jedoch noch ein wichtiges Puzzleteil fehlte, damit das Ganze einen Sinn ergab.

»Die Energieausbrüche könnten also im Zusammenhang mit dem Miniuniversum stehen«, zog Dhark eine Schlussfolgerung.

»Das vermuten wir auch«, bestätigte Simon. »Darüber hinaus ergibt sich ein Muster. Jemand oder etwas bewegt sich vom Miniuniversum ausgehend in Richtung des Telin-Imperiums, wobei sich das Ausmaß der Vernichtung immer weiter vergrößert.«

»Vielleicht verfügt dieser Jemand über ein Raumschiff, das für den Antrieb Energie aus dem Hyperraum bezieht. Anders kann ich mir die Übereinstimmung der Energiesignaturen nicht erklären. Vorausgesetzt, ich liege richtig, gibt es eine Möglichkeit, mit demjenigen in Kontakt zu treten?«

Morris hob hilflos die Schultern und sah zu Grappa hinüber.

Der Mailänder schüttelte den Kopf. »Bisher habe ich kein Raumschiff in der Nähe dieser Ereignisse orten können. Möglicherweise sind wir jedes Mal zu spät gekommen und es ist längst wieder verschwunden.«

»Da wir wissen, dass sich die Spur der Zerstörung in Richtung des Telin-Imperiums bewegt, könnten wir berechnen, wann und wo der vermutlich nächste Energieausbruch stattfinden wird«, brachte Arc Doorn ein.

»Wir haben das längst getan«, vermeldete Simon prompt, was Dhark schmunzeln ließ. Die Wächter diskutierten in der Regel selten herum, sondern machten schnell Nägel mit Köpfen – wobei sie nur die notwendigsten Informationen mit ihrer Umwelt teilten. Auf manche Leute wirkte ihr Auftreten deshalb überheblich.

Der weißblonde Terraner hingegen hatte sich längst daran gewöhnt. Dank der Wächter kamen sie nun endlich einen Schritt weiter, was ihm im Augenblick am wichtigsten war. Er ließ sofort Kurs auf die von der ARKANDIA übermittelten Koordinaten setzen.

2.

Taret Londok drehte das mit amorphem Staub gefüllte Schraubglas in seiner Hand. Mittlerweile besaß er davon eine ganze Kollektion.

»Das kommt davon, wenn man in aller Hektik aufbricht wie der letzte Amateur«, meinte er zu Born Prank und zuckte resignierend mit den Schultern. Dann stellte er im Zeitlupentempo das Glas zurück in die Kiste. »Ich habe es wohl nicht anders verdient.«

»Sag so etwas nicht!«, entgegnete sein Assistent mitfühlend. »Immerhin konnten wir noch einen Blick auf das Innere der Station erhaschen.«

»Trotzdem bin ich enttäuscht. Wir haben wie die Weltmeister geschuftet, um den Eingang freizulegen. Wir wären beim Angriff der Riesenroboter fast draufgegangen. Unser Schiff ist hinüber, und alles was uns bleibt, ist ein Haufen Staub.«

»Besser als nichts.«

»Wie soll ich das dem Vank erklären? In Fachkreisen gelte ich künftig als Versager. Mir werden nie wieder Gelder genehmigt. Meine Forschungen kann ich einstellen.«

»Warte doch erst einmal, bis wir wieder zurück auf Cromar sind! Möglicherweise gewinnen wir interessante Erkenntnisse, wenn wir den Staub im Labor analysieren. Irgendetwas wird sich schon daraus machen lassen. Davon abgesehen dachte ich, dass du dir nichts aus Geld machst.«

»Tu ich auch nicht. Aber der ganze Spaß hier finanziert sich nicht von selbst.« Der Ausgrabungsleiter seufzte und verließ die vordere Höhle. Träge schlurfte er durch den Nieselregen hinüber zu einem größeren Wrackteil, das einmal zu seinem Doppelkugelraumer gehört hatte. Es handelte sich um ein deformiertes Stück des Außenmantels. Das zentimeterdicke Metall war an den Kanten abgebrochen, teilweise geschmolzen und wieder erkaltet. Feiner Dampf stieg auf.

Der Schwarze Weiße ließ seinen Blick langsam über das Areal schweifen. Nach der unschönen Begegnung mit den zweihundert Meter großen Kolossen rechnete er damit, dass jeden Moment weitere auftauchten. Ohne sein Raumschiff fühlte er sich ungeschützt, auch wenn er wusste, dass er damit nichts gegen sie würde ausrichten können.

Plötzlich bemerkte Londok eine schattenhafte Bewegung im Augenwinkel. Sofort riss er seinen Handstrahler aus dem Holster und fuhr herum. Doch da war nichts.

Mann, dieser ganze Stress tut mir nicht gut. Jetzt erschrecke ich mich schon vor Schatten.

Er steckte die Waffe wieder ein und stapfte zurück in die Höhle, wo er sich auf eines der überraschend bequemen Feldbetten legte.

Mit geschlossenen Augen versuchte er, sich noch einmal die Worgunstation in Erinnerung zu rufen, was sich als Herausforderung entpuppte. Ein Gesamtbild wollte sich einfach nicht ergeben, denn er erinnerte sich bestenfalls an Details, die er kaum in Worte fassen konnte. Er sah die schimmernden, nahtlosen Unitallflächen vor sich, die gigantischen Aggregate, deren Spitze er oft nicht hatte ausmachen können. Einzig der Pullman ergab ein einigermaßen klares Bild.

Vielleicht gelingt es mir, davon ein Modell anzufertigen. Nur wird mir wahrscheinlich niemand glauben. Ohne Beweise kann ich alles Mögliche behaupten.

Londok öffnete die Augen wieder und setzte sich auf. Seine Leute hatten mittlerweile die Arbeit eingestellt und packten ihre Utensilien zusammen. Born Prank kritzelte irgendetwas in sein handliches Notizbüchlein. Am Mundwinkel blitzte seine Zungenspitze wie ein rosaroter Wurm hervor. Gewiss hielt er gerade all seine Erinnerungen an die Station fest, bevor auch sie zerrieselten. Er saß neben einem kubusförmigen Vollspektrallichtspender, der die vordere Höhle erhellte. Draußen begann es bereits zu dämmern.

Aus irgendeinem Grund fühlte sich der Forschungsleiter mit einem Mal beobachtet. Sein suchender Blick blieb auf einem Tel hängen, der etwas abseits stand und in seine Richtung starrte. Er erinnerte sich nicht mehr an den Namen des Mannes und war sich darüber hinaus auch nicht sicher, ob er überhaupt zur Expedition gehörte.

Mit einer beiläufigen Geste kontrollierte er, ob sein Handstrahler noch an Ort und Stelle saß, und griff zu seiner Taschenlampe. Dann ging er zu dem Tel hinüber.

Dieser zog sich jedoch direkt ein paar Schritte tiefer in die Höhle zurück, als Londok näher kam.

»He, du, bleib doch stehen!«, rief ihm der Forscher nach. »Ich will doch bloß mit dir reden.«

Von dem Geschrei aufmerksam geworden eilte Born Prank herbei, das Skizzenbuch unter den Arm geklemmt. »Alles in Ordnung?«

Londok leuchtete in den Tunnel, in dem der Unbekannte verschwunden war. »Ich glaube, das war dieser Typ, der am Stationsrechner rumgefummelt hat«, flüsterte er seinem Assistenten zu. »Schnapp dir drei unserer Leute und komm mit!«

»Findest du nicht, dass wir lieber hierbleiben sollten? Ich möchte mich nur ungern verlaufen.«

»Jetzt mach schon! Je eher wir ihm nachsetzen, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass er uns entkommt.«

Während Prank Verstärkung holte, betrat Londok mit gezogener Waffe den Tunnel. Er kam sich ziemlich unbeholfen vor mit den ausgestreckten Armen. Würde jetzt ein Angreifer aus einer seitlichen Nische springen, hätte er keine Chance. Trotzdem hoffte er, dass der Anblick des Handstrahlers genügte, um den Fremden auf Distanz zu halten.

Der Tunnel machte eine Biegung. Dahinter, nur fünf Meter weiter, stand der Gesuchte in einer lockeren Pose, als hätte er auf jemanden gewartet. Londok befremdete dieses Lächeln und überhaupt dieser überheblich wirkende Gesichtsausdruck des Tels. Gleichzeitig rief er sich in Erinnerung, dass dieser Eindruck genauso gut von den schlechten Lichtverhältnissen herrühren konnte.

Hinter sich hörte er eilige Schritte. Er baute darauf, dass sie zu Prank und den anderen gehörten, denn er wollte nicht riskieren, den Fremden auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen. »Wir haben dich am Eingang zur Worgunstation und in der Halle des Hyperkalkulators gesehen. Wer bist du?«

Der Angesprochene antwortete etwas in einer Sprache, die Londok anhand einiger Bruchstücke als Worgun identifizierte und die keiner der Forscher beherrschte.

»Verstehst du, was wir sagen?«, wagte Prank einen Versuch.

Daraufhin drehte sich der Fremde um und verschwand erneut hinter einer Biegung.

Die fünfköpfige Gruppe rannte ihm sofort hinterher. Nach zwanzig Metern eröffnete sich ihnen eine riesige Höhle, die bis vor wenigen Stunden noch als Maschinenhalle fungiert haben musste. Nun herrschte hier nur noch Finsternis, durch die fünf Lichtkegel zuckten.

»Wir sollten umkehren«, schlug Tramon Rakit vor. Seine Stimme zitterte leicht.

»Nicht, bevor wir diesen Kerl nicht gefunden haben«, entgegnete Londok ohne Rücksichtnahme auf das Befinden des Archäologiestudenten, der sich ihm förmlich aufgedrängt hatte, um an dieser Expedition teilnehmen zu dürfen. Wieso musste Born ausgerechnet den anschleppen?, dachte er. Hätte er nicht stattdessen den Doktoranden nehmen können?

»Da hinten steht er«, vermeldete Warap Nalk ruhig. »Wie kann er sich hier überhaupt orientieren ohne Taschenlampe?«

»Es könnte sich um einen Roboter handeln«, vermutete Prank.

»Unsinn! Die haben alle leuchtend rote Augen, um eine Verwechslungsgefahr mit uns Lebendigen zu vermeiden.« Rakit glaubte, immer alles besser zu wissen. Manchmal hob er sogar den rechten Zeigefinger, um seine Expertise zu untermauern.

»Wenn du meinst …«

»Er spricht Worgun«, erinnerte Londok die anderen. »Sollte ein Roboter mit unserem Aussehen nicht besser auch unsere Sprache sprechen? Außer im Telin-Imperium finden die Produzenten doch keine Abnehmer dafür. Sie könnten ihre Ware höchstens noch bei den Menschen loswerden.«

»Fragen wir ihn doch einfach!«

Kaum war der Entschluss gefasst, drehte sich der fremde Tel um und spazierte in die Dunkelheit davon.

»Nett«, kommentierte Nalk trocken.

Kilmus Chulz leuchtete dem Verschwundenen nach. »Was nun? Hinterher?«

»Mich würde erst einmal interessieren, was der Kerl von uns will. Bisher lockt er uns nur in die Höhle hinein. Wer weiß, ob er noch Freunde hat.«

»Ob das wohl einer von der Konkurrenz ist?«, fragte Prank an Londok gewandt.

»Keine Ahnung«, entgegnete dieser. »Aber das werden wir schon herausfinden. Zuerst müssen wir aber ins Lager zurück, um uns den Super-Kartograph-70 zu holen. Den hatte ich extra für diese Expedition angeschafft.«

Prank wühlte in seiner Tasche und holte ein handliches Gerät hervor. »Ich habe meinen dabei.« Nach der Aktivierung erschien darüber ein kleiner Holowürfel. »Mittels Sonar kann er uns ein genaues Abbild der Umgebung im Umkreis von zwanzig Metern machen und speichern. Durch einen automatisierten Abgleichsalgorithmus kennen wir immer unsere Position innerhalb des Systems. Dass wir uns verlaufen, ist damit ausgeschlossen.«

Rakit reckte seinen Hals. »Ist das nicht ein total veraltetes Modell?«

»Bürschchen, den habe ich erst vor sieben Jahren gekauft. Nach Dutzenden erfolgreichen Einsätzen kann ich dir versichern, dass er absolut zuverlässig arbeitet.«

»Auf Verfolgungsjagden habe ich trotzdem keine Lust. Ich geh besser zum Lager zurück.«

»Du bleibst bei uns!«, entgegnete Londok forsch. »Keiner von euch wuselt allein hier in der Höhle herum, verstanden?«

»Aber ich bin doch nur wegen der Worgunstation mitgekommen. Höhlenwanderungen bringen mir überhaupt nichts für mein Studium.«

»Sie wird deinen Horizont ganz sicher erweitern, glaub mir.«

Hatte der Forschungsleiter eben noch mit dem Gedanken gespielt, umzukehren, lief er nun ohne zu zögern tiefer in die riesige Höhle hinein. Er watete durch kniehohe Staubberge, wobei er sich möglichst vorsichtig bewegte, um nicht allzu viel davon aufzuwirbeln. Die anderen folgten ihm. Prank bildete die Nachhut.

In dem Holowürfel erschien ein transparentes Modell des Höhlenabschnitts, in dem sie sich zurzeit befanden.

Das Gerät unterschied nicht zwischen organischen und anorganischen Hindernissen, sodass auch die Forscher erfasst wurden – sowie der Fremde. Zwanzig Minuten lang stapften sie auf diese Weise durch die Höhle, ohne den flinken Kerl einholen zu können.

Nach fast zwei Kilometern stieg den Tel plötzlich ein scheußlich süßlicher Geruch in die Nase. Angewidert wedelten sie mit den Händen vor ihren Gesichtern.

»Riecht ihr das?«, stellte Prank die unvermeidliche rhetorische Frage, auf die die anderen mit den obligatorischen gequälten Lauten antworteten.

In Londok keimte Hoffnung, doch noch auf etwas von den Worgun zu stoßen – und sei es nur deren uralte Toiletten. »Lasst uns mal nachsehen!«

*

Die fünf folgten der Spur und gelangten bald in einen Nebenraum. Rakit überkam ein Würgereiz. Während Nalk bei ihm blieb, setzten die anderen vorsichtig einen Fuß vor den anderen. Im Lichtkegel ihrer Taschenlampen erkannten sie eigenartige Formierungen im Staub, die sich bei näherer Betrachtung als verwesende Leichen entpuppten.

»Das könnten die Toten aus den Sarkophagen gewesen sein«, mutmaßte Londok.

»Was für Sarkophage?«, rief Rakit, dem urplötzlich nicht mehr übel war. Mit den langen Schritten eines Amateurs eilte er herbei.

»Pass auf, wo du hintrittst! Hattest du nicht behauptet, ein praktisches Seminar zum Thema ›Verhaltensweise bei Ausgrabungen‹ belegt zu haben?«

»Stimmt auch. Aber wir graben hier ganz offensichtlich nicht.«

»Trotzdem handelt es sich um eine historische Stätte. Vor wenigen Stunden reihten sich hier noch Hunderte auf Sockeln stehende Sarkophage. Unter den Glasplatten lagen diese Toten – allerdings konserviert. Durch den Luftkontakt setzte offenbar sofort der Verwesungsprozess ein.«

»Eine ziemlich unwürdige Bestattung für einen Tel«, fand Warap Nalk.

»Das waren keine Tel, sondern Kalamiten.«

»Was sind Kalamiten?«

»Irgendein Volk, das wie die Terraner aussieht, nur mit waagerechten Schlitzpupillen. Genaueres weiß ich nicht und kann mich deshalb nur auf das stützen, was Ren Dhark uns erzählt hat. Besonders gut war er nicht auf sie zu sprechen.«

»Warum sind diese Leichen nicht ebenfalls zu Staub zerfallen?«, erkundigte sich der Archäologiestudent.

»Vermutlich, weil die Selbstzerstörungssequenz nur Worguntechnologie vernichtet.«

»Ich werde Proben nehmen.« Sofort begann Tramon Rakit, in seiner Hosentasche zu wühlen, aus der er ein Tuch zutage förderte. »Das müsste klappen.«

Rasch packte Londok den Burschen beim Arm, bevor dieser sich hinunterbeugen konnte. »Fass sie nicht an! Die Flüssigkeit ist hochgiftig. Ohne verschließbare Behälter hat es außerdem keinen Sinn, irgendetwas hiervon mitzunehmen.«

»Dann lasst uns doch zurückkehren und welche holen!«

»Was sollen wir mit dem Leichensaft eines Kalamiten?«

»Eigentlich wollte ich ein komplettes Exemplar mitnehmen.«

»Nein, das bringt nichts. Wir verfügen über keinen Behälter, der groß genug ist und die Sicherheitsbedingungen für einen solchen Transport erfüllt.«

Rakit starrte missmutig auf den »Goldschatz«, der ihm vor seinen Augen durch die Lappen ging. Im spärlichen Lichtschein verschmolz sein Gesicht mit der Dunkelheit, in der nur seine Augen funkelten.

Londok hingegen spürte eine Euphorie in sich aufkeimen, die selbst der bestialische Gestank nicht zu überdecken vermochte. Wenn diese Körper verschont geblieben sind, wer weiß, worauf wir noch alles stoßen? Bis das Schiff von Cromar hier ankommt, vergehen bestimmt ein paar Tage, in denen wir das Höhlensystem erforschen können.

Er übernahm wieder die Führung der Gruppe und lotste sie aus dem Raum hinaus zurück in die große Höhle. Dort angekommen ließ er sich von Born Prank die nächste Richtung vorschlagen. Im Umkreis von zwanzig Metern fand er drei Abzweigungen.

»Fangen wir links an«, entschied der Ausgrabungsleiter, ohne groß zu überlegen.

»Ähm«, machte Chulz. Seine Schritte stockten. »Wollten wir nicht nach dem Fremden suchen?«

»Alles zu seiner Zeit. Vermutlich sitzt er hier genauso fest wie wir. Die Riesenroboter könnten auch sein Raumschiff zerstört haben. Ich bin mir sogar fast sicher, dass wir ihn spätestens wiedersehen, wenn unseres gelandet ist. Inzwischen sehen wir uns ein wenig um.«

»Ich halte das für keine gute Idee. Entschuldige, dass ich das so offen sage, aber dies ist die chaotischste Expedition, die ich seit Langem erlebe.«

»Das bestreite ich nicht. Zugegeben hatten wir es ziemlich eilig beim Aufbruch. Nichtsdestotrotz erwartet der Vank Ergebnisse von uns.«

Nach diesen Worten betrug die Anzahl der Enttäuschten zwei. Aber weil die Frustgrenze längst nicht überschritten war, beschwerte sich keiner.

Der Tunnel fiel in einem Winkel von durchschnittlich drei Grad ab, was keine besondere Herausforderung darstellte. Hin und wieder blieb die Gruppe stehen, um die Felswände näher zu untersuchen. Die Forscher wollten herausfinden, ob die Worgun dieses Höhlensystem angelegt hatten. Doch alles deutete auf einen natürlichen Ursprung hin. Nirgendwo zeigte sich ein verräterischer Kratzer, der von einem Werkzeug herrührte.

Die Temperatur betrug etwa zehn Grad Celsius, was den Tel nichts ausmachte. An ihre Thermojacken, die bei einer Außentemperatur zwischen null und dreißig Grad Celsius für ein relativ konstantes Innenklima sorgten, hatten sie vor ihrer Abreise zum Glück gedacht. Leider hielten die Jacken den Staub nicht davon ab, unter die Kleidung zu kriechen. So manches Bein und mancher Rücken juckte bereits, was für zusätzlichen Unmut sorgte.

Die fünf durchquerten eine gigantische Höhle nach der anderen, folgten endlosen Tunneln und Abzweigungen, ohne jemals auf irgendetwas Interessantes zu stoßen. Außer Felsgestein, Staub, Staub und noch einmal Staub schien es nichts zu geben. Nach drei weiteren Stunden beschloss Taret Londok umzukehren.

»Es ist schon spät. Wir werden morgen früh erneut aufbrechen. Dann nehmen wir auch Proviant und Ausrüstung mit.«

*

Draußen herrschte finstere Nacht. Regenwolken bedeckten den Himmel und ergossen sich in Strömen. Der kubusförmige Lichtspender in der vorderen Höhle verströmte einen schwachen Schein, der das Notlager der Tel nicht vollends im Dunklen versinken ließ.

Taret Londok lag noch immer wach und lauschte auf verdächtige Geräusche. Zwar hatte er eine Nachtwache ernannt, trotzdem konnte er kein Auge zutun. Um ihn herum raschelte und schnarchte es, untermalt vom Prasseln des Regens.

Er wischte durch die Notizen auf dem Bildschirm seines Flachrechners. Bislang war der Informationsgehalt spärlich, einer wissenschaftlichen Arbeit unwürdig. Nicht einmal für einen Abenteuerbericht reichte es. Die Fotos gaben auch nichts her. Höchstens Staubfetischisten würden ihre Freude daran haben.

Als Londok seinen Blick hob, stand plötzlich der Fremde an seinem Fußende wie ein personifizierter Albtraum. Er zuckte zusammen, stieß einen unterdrückten Schrei aus. Dann griff er zu seinem Handstrahler und zielte.

Doch sein Gegenüber wirkte desinteressiert, als ob er genau wüsste, dass Londok sowieso nicht schießen würde. Er machte keinen aggressiven Eindruck. Sein Äußeres schien so durchschnittlich wie das eines Staubsaugervertreters. Vielleicht war es das, was ihn so unheimlich machte.

Unter dem Starren dieser tiefschwarzen Augen fühlte Londok sich entblößt und zog die Decke näher zu sich heran. »Was willst du?«, zischte er mit gesenkter Stimme, um die Schlafenden nicht zu wecken. »Es ist mitten in der Nacht. Hat das nicht bis morgen Zeit?«

Der Angesprochene lächelte süffisant. Möglicherweise tat er es auch gar nicht. Im schwachen Lichtschein war das nicht so genau zu erkennen. Er erwiderte irgendetwas Unverständliches.

»Ich spreche kein Worgun«, entgegnete Londok. »Wie kommt es, dass du als Tel dich weigerst, unsere Sprache zu sprechen? Ist es was Politisches?«

Keine Reaktion.

»Verstehst du überhaupt, was ich sage?«

Keine Reaktion.

Entnervt schlug Londok die Decke zurück. Seinen Handstrahler senkte er nicht eine Sekunde. »Pass auf, entweder du verschwindest hier sofort aus unserem Lager und lässt dich nie wieder blicken oder ich sehe mich gezwungen, dich einzusperren, bis unser Schiff da ist! Du musst verstehen, dass wir dich hier nicht einfach frei herumlaufen lassen können. Wir wissen weder, ob du die Selbstzerstörungssequenz der Worgunstation eingeleitet hast, noch, ob du sonst irgendetwas im Schilde führst.« Demonstrativ wedelte er mit der Waffe.

Als der Fremde immer noch nicht darauf reagierte, trat er einen Schritt auf ihn zu. Just in diesem Moment löste sich der andere auf wie ein Trugbild. Verwirrt klimperte Londok mit den Augen.

»Was ist los?«, rief einer derjenigen, die Wache schoben, herüber. »Stimmt etwas nicht?«

»Hast du das gesehen?«

»Pst!«, machten ein paar der wach gewordenen Männer.

Londok steckte seine Waffe ein und ging zu dem Wachmann. »Hast du das gesehen?«, wiederholte er deutlich leiser.