Ren Dhark – Weg ins Weltall 61: Einsatz auf Blue Star - Achim Mehnert - E-Book

Ren Dhark – Weg ins Weltall 61: Einsatz auf Blue Star E-Book

Achim Mehnert

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Beschreibung

Die POINT OF bricht zu einem Routineflug innerhalb der Milchstraße auf, der zunächst keine großen Überraschungen erwarten lässt – bis die Raumfahrer auf einer bis dato unbekannten Sauerstoffwelt eine ungewöhnliche Entdeckung machen. Der GSO-Agent Ömer Giray und seine Partnerin Liv Sanders ermitteln derweil verdeckt in einer Sache, die zuerst nach Industriespionage aussieht. Bernd Eylers, der Chef der GSO, schickt sie in einen Einsatz auf Blue Star... Jan Gardemann, Achim Mehnert und Nina Morawietz schrieben einen packenden SF-Roman nach dem Exposé von Ben B. Black.

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Seitenzahl: 361

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Ren Dhark

Weg ins Weltall

 

Band 61

Einsatz auf Blue Star

 

von

 

Jan Gardemann

(Kapitel 1 bis 6)

 

Nina Morawietz

(Kapitel 7 bis 13)

 

Achim Mehnert

(Kapitel 14 bis 19)

 

und

 

Ben B. Black

(Exposé)

Inhalt

Titelseite

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

15.

16.

17.

18.

19.

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Impressum

Prolog

Im Herbst des Jahres 2067 scheint sich das Schicksal endlich einmal zugunsten der Menschheit entwickelt zu haben. Deren Hauptwelt heißt längst nicht mehr Terra, sondern Babylon. 36 Milliarden Menschen siedelten auf diese ehemalige Wohnwelt der Worgun um, als die irdische Sonne durch einen heimtückischen Angriff zu erlöschen und die Erde zu vereisen drohte. Mittlerweile konnte die Gefahr beseitigt werden, und das befreundete Weltallvolk der Synties hat den Masseverlust der Sonne durch die Zuführung interstellaren Wasserstoffgases wieder ausgeglichen. Die Erde ist erneut ein lebenswerter Ort, auf dem allerdings nur noch rund 120 Millionen Unbeugsame ausgeharrt haben. Die neue Regierung Terras unter der Führung des »Kurators« Bruder Lambert hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Planeten nach dem Vorbild Edens in eine Welt mit geringer Bevölkerungsdichte, aber hoher wirtschaftlicher Leistungskraft zu verwandeln, und ist deshalb nicht bereit, die nach Babylon Ausgewanderten wieder auf die Erde zurückkehren zu lassen.

Allerdings haben auch die wenigsten der Umsiedler konkrete Pläne für einen neuerlichen Umzug innerhalb so kurzer Zeit. Es kommt die katastrophale Entwicklung hinzu, die Babylon seit dem Umzug der Menschheit nahm: Durch eine geschickt eingefädelte Aktion war es dem höchst menschenähnlichen Fremdvolk der Kalamiten gelungen, den Regierungschef Henner Trawisheim, einen Cyborg auf geistiger Basis, derart zu manipulieren, dass er zu ihrem willenlosen Helfer und Vollstrecker bei der geplanten Übernahme der Macht über die Menschheit wurde. Erst in allerletzter Sekunde gelang die Revolution gegen die zur Diktatur verkommene Regierung Babylons und damit gegen die heimlichen Herren der Menschheit, die Kalamiten. Während den meisten der Fremden die Flucht gelang, wurde Trawisheim aus dem Amt entfernt und in ein spezielles Sanatorium für Cyborgs gebracht.

Noch im selben Jahr nimmt Ren Dhark das Angebot des Industriellen Terence Wallis an und lässt seinen Körper mit Nanorobotern behandeln, die ihn und sieben von ihm Auserwählte unsterblich machen. Doch anstatt sich mit seiner nun vollständig veränderten Lebensperspektive beschäftigen zu können, muss sich Ren Dhark einer neuen Aufgabe stellen: Eine unbekannte Macht namens Kraval sorgt dafür, dass der Hyperraum nicht länger zugänglich ist.

Als man diese Herausforderung endlich gemeistert hat, tauchen die Wächter mit einer neuen Hiobsbotschaft auf: Im Zentrum der Milchstraße hat sich scheinbar aus dem Nichts ein Miniaturuniversum gebildet, das allerdings exponentiell wächst und schon in wenigen Jahren den Untergang unseres Universums herbeiführen könnte.

Mithilfe der Nomwarun – nur etwa 50 Zentimeter große Nachkommen der Worgun – gelingt es schließlich, der Gefahr zu begegnen. Allerdings spielen die Nomwarun nicht mit offenen Karten und zerstören das Miniuniversum, anstatt es wie versprochen in ein anderes Kontinuum zu versetzen, weil das anscheinend nicht möglich gewesen ist. Ren Dhark macht dieses Resultat sehr zu schaffen, doch es gelingt ihm nicht, die Nomwarun entsprechend zur Rede zu stellen.

Knapp zwei Jahre später, im Sommer des Jahres 2072, scheint endlich Ruhe in der Milchstraße eingekehrt zu sein und die Normalität zu herrschen, die sich jedermann wünscht. Allerdings ist Ren Dhark niemand, der es auf Dauer mit Routinetätigkeiten aushält …

1.

Die Neonbuchstaben über dem unscheinbaren Eingang muteten wenig verheißungsvoll an, musste Ren Dhark einmal mehr feststellen. Die wie von Hand hingeschriebenen, gelblich leuchtenden Lettern bildeten den Schriftzug »W’s Place«, und wie um den Retro-Charme der Lokalität zu unterstreichen, die diesen Namen trug, blinkte das »W« nervös vor sich hin und produzierte dabei ein knarzendes Knistern, das den Anschein erweckte, der Leuchtbuchstabe könnte jeden Moment vollständig seinen Geist aufgeben und erlöschen. Dhark, der noch zögerte, die Bar zu betreten, fragte sich, ob der Neonbuchstabe tatsächlich defekt war oder ein im Beleuchtungsmodul eingespeistes Programm für den Effekt verantwortlich zeichnete.

Der Name prangte an der Fassade eines schlichten, würfelförmigen Gebäudes, das drei Stockwerke emporragte und überhaupt nicht dem modernen Baustil in Alamo Gordo entsprach, der schmale, schlanke Türme favorisierte, die an ihrem oberen Ende eine ausladende Kugel trugen. Von diesen Gebäuden, die fünfhundert bis tausendfünfhundert Meter Höhe erreichten, gab es in diesem Stadtteil etliche. Der Durchmesser der Wohnkugeln auf den vergleichsweise dürren Türmen variierte zwischen einhundertzwanzig und über zweihundert Metern. In ihrer Nachbarschaft nahm sich das Gebäude, vor dem der Commander stand, so unspektakulär wie ein neben einem Monument liegender Kieselstein aus.

Nur wenige der Fenster des Würfelbaus strahlten Helligkeit in die Nacht hinaus, die sich an diesem 20. August des Jahres 2072 schwül und drückend zeigte. Es war Samstag, und nicht wenige Bewohner der Stadt verlustierten sich in den Lokalen, Clubs und Diskotheken der Amüsierviertel.

Über den Gebäuden spannte sich ein sternenklarer Himmel; doch die Lichter von Alamo Gordo überstrahlten die meisten Fixsterne, sodass nur die Leuchtkräftigsten am Firmament munter vor sich hin flackerten. Die in der Wüste von Neu-Mexiko gelegene Metropole erstreckte sich am nördlichen Rand des Otero-Beckens in der Nähe des Westabfalls der Sacramento Mountains und wurde lange Zeit für streng geheime militärische Forschungen genutzt, ehe sie schließlich vor knapp zwanzig Jahren World City als Hauptstadt der Erde ablöste.

Heute war der Regierungshauptstadt nicht mehr anzusehen, dass 1945 in ihrer Nähe die erste Atombombenexplosion stattgefunden hatte, und auch der Raumhafen Cent Field am östlichen Stadtrand ließ nicht erahnen, dass er zu jener Zeit als Raketenversuchsgelände diente. Inzwischen präsentierte sich Alamo Gordo als die modernste und fortschrittlichste Stadt, die Terra zu bieten hatte.

Der Commander wandte seine braunen Augen kopfschüttelnd von den Sternen ab. Ohne es bewusst zu wollen, hatte er ins All hinaufgesehen. Kurz blitzte in dem weißblonden Raumfahrer der Gedanke auf, dass das Blinken der Sterne weitaus vielversprechender anmutete als das Flackern der Neonbuchstaben der Bar. Doch dann rief er sich in Erinnerung, warum er die auf dem Raumhafen von Alamo Gordo stehende POINT OF verlassen hatte, nämlich um sich auf den Weg in die kleine Cocktailbar zu begeben, deren Besitzer ihr den eigenwilligen Namen »W’s Place« verliehen hatte.

Dharks Ringraumer war nicht das einzige Schiff, das zurzeit auf Cent Field weilte. Auch die NARVIK, das Flaggschiff des Spezialkampfverbandes der Babylonischen Flotte, der von Dharks langjährigem Freund Dan Riker befehligt wurde, parkte auf dem Landefeld. Es war die Idee von Anja, Dans Ehefrau, gewesen, die ebenfalls zur Besatzung des Flaggschiffs zählte, die Gelegenheit zu nutzen und an diesem späten Abend ein gemeinsames Treffen im »W’s Place« abzuhalten.

Der Commander zog an den unteren Enden seiner Jacke, die eng an seinem schlanken, durchtrainierten Oberkörper anlag, und trat auf die Tür zu. Da der Eingang über keinen Bewegungsmelder verfügte, musste Dhark dem Türblatt mit der flachen Hand einen Stoß versetzen, um es zu öffnen.

Dem Eingang schloss sich ein enger, von einem schweren grünen Vorhang abgeteilter Bereich an. Dieser Behang war, wie Dhark wusste, ein Überbleibsel aus der Zeit, als die Kraft der Sonne plötzlich nachgelassen und die Erde sich in einen unwirtlichen Eisklumpen verwandelt hatte. Er sollte den Schankraum vor der Kälte schützen, die in die Bar eindrang, wenn ein Gast das Etablissement betrat oder verließ. Dass Sol inzwischen wieder genauso stark leuchtete wie zu der Zeit vor der Katastrophe und auf der Erde annähernd wieder dieselben klimatischen Verhältnisse herrschten wie vor zehn Jahren, schien den Barbesitzer nicht dazu veranlasst zu haben, den Vorhang wieder zu entfernen. Wie um die Eintretenden an die schlechten Zeiten zu erinnern, verstellte er ihm die Sicht.

Als wollte er in einen Swimmingpool eintauchen, teilte Dhark den Behang mit seinen vor sich gehaltenen, aneinandergelegten Händen und drängte die schweren Schals mit den Ellenbogen beiseite. Nachdem er hindurchgetreten war, blieb er stehen und sah sich um.

Die Bar schien sich nicht verändert zu haben, seit Dhark sie vor knapp fünf Jahren das letzte Mal besucht hatte. Noch immer mutete das »W’s Place« wie eine aus der Zeit gefallene Cocktailbar aus dem vorigen Jahrhundert an. Nichts erinnerte daran, dass die Menschen längst ins All aufgebrochen waren und sich technisch rasant weiterentwickelt hatten. Trotzdem – oder vielleicht auch gerade deswegen – war das Etablissement gut besucht. Fast alle der kleinen runden Tische, um die sich einfache Holzstühle gruppierten, waren besetzt. Auch am Tresen, der sich entlang der Stirnwand erstreckte, hockten Gäste und nippten an ihren Drinks oder rauchten. Hinter der Theke hantierte ein beleibter, hochgewachsener Mann mit Gläsern und Flaschen. Auf seiner Nase ruhte eine Brille, die genauso anachronistisch wirkte wie das gesamte Interieur der Bar.

Doch der Anschein von Rückständigkeit trog, wie Dhark anhand einiger Indizien sofort erkannte. So sorgten in der getäfelten Decke versteckte Absaugvorrichtungen dafür, dass der Zigarettenqualm sich nicht ausbreiten und Gäste belästigen konnte, die den Geruch von verbrennendem Tabak nicht ausstehen konnten. Und in den Tischen eingelassene Sprachverwirbler verquirlten die von den Gästen geführten Gespräche zu einem babylonischen Lautgewirr, sobald die Worte den die Tische umspannenden Wirkungsradius der Geräte durchdrangen. Auf diese Weise blieben die geführten Gespräche für Außenstehende unverständlich. Stattdessen erfüllte ein allgegenwärtiges Murmeln den Schankraum, das hin und wieder von einem hellen Lachen durchbrochen wurde.

Im selben Moment, da Dhark Dan und Anja Riker entdeckte, die an einem der vor den Fenstern gelegenen Tischen Platz genommen hatten und sich angeregt unterhielten, trat plötzlich ein Roboter auf ihn zu. Das schummerige Licht der Bar schimmerte matt auf dem metallenen Leib der humanoiden Maschine, die – für den Commander völlig unverhofft – aus einer Nische neben dem Vorhang hervorgekommen war.

»Ein freundschaftliches Willkommen, Sir«, sprach der Roboter den neuen Gast an. »Haben Sie reserviert?«

Dhark musterte die Maschine von oben bis unten. Es handelte sich um ein Modell der neusten Baureihe einer auf der Erde ansässigen Fabrik, wie sein geübter Blick ihm verriet. »Seit wann benötigt man für den Besuch im ›W’s Place‹ eine Reservierung?«, wunderte er sich.

»An den Wochenenden ist die Bar voll ausgelastet, Mister Dhark«, erwiderte die Maschine und bewies damit, dass ihr Gesichtserkennungsprogramm genauso gut funktionierte wie ihre Recherchefunktion, denn ohne dass der Commander sich vorgestellt hätte, wusste der Roboter, wen er vor sich hatte. »Besucher, die vorher nicht reserviert haben, muss ich leider abweisen.«

In diesem Moment kam Riker herbeigeschlendert. »Lass gut sein, Robby«, sprach er die Maschine an, wobei sich auf seinem von schwarzen Haaren gekröntem Gesicht ein amüsierter Ausdruck abzeichnete. »Wir sind mit diesem Mann verabredet.«

Robby ruckte zu Riker herum. »Das beglückt mich.« Und als er sein mit vereinfachten, menschlichen Konturen versehenes Antlitz nun dem Commander wieder zuwandte, fragte er: »Wissen Sie bereits, was Sie zu verköstigen gedenken?«

»Mein Freund nimmt für den Anfang einen ›W’s Starter‹«, war es Riker, der auf die Frage antwortete. In den blauen Augen des Konteradmirals blitzte es kurz auf, und sein breiter Mund verzog sich zu einem Grinsen, wobei sich das sowieso schon leicht vorstehende Kinn noch ein wenig mehr hervorreckte und die kleine Nase sich noch etwas weiter in das Gesicht zurückzog. »Das hat bei uns Tradition.«

»Sehr wohl.« Die Maschine stakste Richtung Theke davon, wobei sie um die Tische herum elegante Schlenker beschrieb.

»Tradition?« Dhark hob kritisch eine Augenbraue. »Wir waren zusammen erst einmal in diesem Laden, und du sprichst bereits von Tradition?«

Riker winkte ab. »Bei mir wird eine Sache eben schnell zur Gepflogenheit«, scherzte er. »Anja und ich haben unseren Starter noch nicht angerührt. Wir wollen mit dir zusammen anstoßen – auf unsere Freundschaft und auf eine geruhsame Zusammenkunft!« Er fasste Dhark kameradschaftlich an der Schulter und führte ihn zum Tisch, von dem aus Anja ihnen erwartungsvoll entgegenblickte.

Die Frau, die an Bord der NARVIK als Hauptmann des wissenschaftlichen Flottendienstes fungierte, stand auf und umarmte den Commander zur Begrüßung warmherzig. Auch jetzt trug sie wieder einen der von ihr bevorzugten, etwas zu engen Pullis, die ihre aufregende Figur deutlich betonten. Strähnen ihres blonden Haares kitzelten Dhark in der Nase, als sie ihren Kopf kurz an seine Schulter schmiegte.

»Schön dich mal wieder leibhaftig vor mir zu sehen, Ren.« Anjas Stimme klang aufrichtig und weich, als sie dies sagte. Sie setzte sich und zog vergnügt ihre Stupsnase kraus, während sie zu den beiden Männern aufblickte. »Es gefällt mir sehr, mit den beiden wohl bekanntesten Persönlichkeiten des Universums befreundet, und mit einem von ihnen sogar verheiratet zu sein.«

Dhark und Riker nahmen feixend Platz.

»Und ich bin froh, nicht nur mit der erotischsten Frau der Milchstraße vermählt zu sein, sondern mit ihr auch eine Expertin auf dem Gebiet der Mathematik der Mysterious ergattert zu haben.« Riker setzte sich stolz auf. »Stell dir vor, Ren, Anja hat diesen Monat wieder eine Abhandlung über dieses Thema in einer der führenden wissenschaftlichen Publikationen auf Babylon veröffentlicht. Ihre Theorie wird vermutlich einen Weg ebnen, die Mathematik der Mysterious auf die terranischen Algorithmen anzuwenden. Das wird die Programmierung von Maschinen auf sensationelle Weise revolutionieren und es vielleicht sogar möglich machen, Roboter serienmäßig mit echter künstlicher Intelligenz auszustatten!«

Der Commander lächelte milde. »Meinen Glückwunsch, Anja.«

Die Mathematikerin winkte ab. »Bisher ist das alles nur Theorie. Aber nun erzähl schon!«, forderte sie Dhark im Tonfall mühsam unterdrückter Neugier auf. »Warum bist du ohne Amy ins ›W’s Place‹ gekommen? Als ich dich heute via Vipho kontaktierte, um ein Treffen zu vereinbaren, hast du dich ziemlich reserviert gegeben, als es um deine Lebensgefährtin ging, sodass ich mich nicht nachzuhaken getraut habe.«

Dharks Miene verfinsterte sich ein wenig. »Amy und ich – wir haben uns eine Auszeit von unserer Beziehung genommen. Dieses Arrangement haben wir vor knapp einem Jahr getroffen, als uns beiden klar wurde, dass es so, wie es seit vielen Monaten zwischen uns lief, nicht weitergehen konnte.«

Robby trat an den Tisch heran und stellte den georderten Drink vor Dhark ab »Wohl bekomm’s!«, wünschte die Maschine, die sich jetzt innerhalb des Feldes befand, in dem die Sprachverwirbelung nicht griff. Außerhalb dieser den Tisch mit seinen Stühlen dicht umschließenden Sphäre klangen die darin gesprochenen Worte wie sinnloses Gebrabbel.

Riker bestellte einen kleinen Imbiss für sie alle. Als sich der Roboter daraufhin zurückzog, musste der Konteradmiral zerknirscht feststellen, dass Anja nicht gewillt schien, sich mit Dharks spärlicher Erklärung zufriedenzugeben.

»Das klingt aber nicht gut, Ren«, bemerkte sie mitfühlend.

Dhark zuckte scheinbar gelassen mit den Schultern. »Es ist für Amy und mich besser so – glaub mir.«

»In jeder Beziehung kriselt es dann und wann einmal«, versuchte Riker die Sache herunterzuspielen. »Das wird schon wieder.«

Anja schüttelte ernst den Kopf, wobei sie den Commander nicht aus den Augen ließ. »Eure Trennung währt nun schon ein Jahr? Zeichnet sich denn bereits eine Besserung ab?«

»Nicht unbedingt«, erwiderte Dhark ausweichend. »Eigentlich gehen wir uns so gut wie es eben geht aus dem Weg. Das ist an Bord der POINT OF aber manchmal nicht ganz einfach. Momentan nimmt Amy zusammen mit Arc Doorn, Chris Shanton und Jimmy hier auf der Erde an einem Forschungsauftrag teil, sodass sich keine Gelegenheit ergibt, dass wir uns begegnen.«

»Ihr müsst aber doch an eurer Beziehung arbeiten«, begehrte Anja auf. »Ohne beiderseitige Bemühungen wird sich eure Liebe irgendwann gänzlich abkühlen. Und dann gibt es nichts mehr zu retten!«

»Nun mal nicht gleich den Teufel an die Wand«, versuchte Riker seine Frau zu bremsen. »Ren und Amy sind erwachsen. Sie werden wissen, was sie zu tun haben, um es nicht zum Äußersten kommen zu lassen.«

Anja funkelte ihren Mann zornig an. »Eine Liebesbeziehung funktioniert nur dann über einen langen Zeitraum wirklich gut, wenn die Partner sich mit den auftretenden Problemen und Schwierigkeiten offen auseinandersetzen – so praktizieren wir es auch seit wir uns kennen, Dan. Indem man sich aus dem Weg geht, verschlimmert man die Konflikte nur, weil sie ungelöst bleiben.«

Riker seufzte. »Du hast ja recht. Und trotzdem, es wird wenig nützen, Ren diese eheberaterischen Tipps jetzt alle vorzubeten. Er ist intelligent genug, um die Situation richtig einzuschätzen und die nötigen Konsequenzen daraus zu ziehen.« Der Konteradmiral warf seinem Freund einen um Verzeihung heischenden Blick zu. »Ich hoffe, du kannst Anja ihren Versuch, deine Beziehung ad hoc zu retten, nachsehen, Ren.«

Der Commander winkte begütigend ab. Insgeheim aber war er froh, dass der Sprachverwirbler ihres Tisches verhinderte, dass etwas von ihrem Gespräch an die Ohren anderer Barbesucher drang. »Es war für mich von vornherein klar, dass dieses Thema an diesem Abend aufkommen wird. Trotzdem bin ich eurer Einladung gerne gefolgt.«

Er wandte sich Anja zu. »Du kannst mir glauben, dass Amy und ich viele Versuche unternommen haben, unsere Beziehung zu kitten. Doch irgendwie ist es uns nicht gelungen, dabei auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Anscheinend haben wir uns doch heftiger auseinandergelebt, als wir es anfangs wahrhaben wollten.«

Anja sah offenbar ein, dass dieses Gespräch zu nichts führte. »Grüße Amy bitte von mir, wenn du sie das nächste Mal siehst, Ren. Sie ist eine bemerkenswerte Frau.«

»Das werde ich tun«, stellte Dhark in Aussicht, wich dabei aber dem Blick seines Gegenübers aus. Leicht verstimmt sah er zum Tresen hinüber – und stutzte.

Der Barkeeper, der gleichzeitig der Besitzer des Lokals war, hielt ein mit Gläsern und Schüsseln vollgestelltes Tablett in den Händen, offenbar in der Absicht, die Bestellung auszuliefern. Doch der Roboter verstellte dem Mann den Weg und entriss ihm das Tablett. Dabei ging die Maschine so geschickt vor, dass kein Tropfen über die Gläserränder schwappte. Der Barkeeper schimpfte, doch davon ließ sich Robby nicht beeindrucken. Das Tablett vor sich her balancierend kam er hinter dem Tresen hervor und trat zwischen die Tische.

Riker hob seinen »W’s Starter«. »Stoßen wir auf unsere Freundschaft an!«, forderte er Dhark und seine Frau auf. »Und darauf, dass sie ewig währen wird!«

Dhark griff gedankenversunken nach seinem Glas. »Dieser Roboter passt irgendwie nicht in diesen Laden«, bemerkte er. »Was den Besitzer wohl veranlasst haben mochte, ihn anzuschaffen?«

»Im Gegensatz zu uns werden Menschen für gewöhnlich mit den Jahren eben älter.« Riker, der den Drink bereits hinuntergekippt hatte, leckte sich die Lippen. »Wahrscheinlich ist es dem Kellner zu anstrengend geworden, diesen Laden allein zu schmeißen und er hat sich deshalb eine Maschine zugelegt, die ihm die Arbeit abnimmt.«

Anja warf ihrem Mann einen warnenden Blick zu, um ihm zu zeigen, wie sehr sie es missbilligte, dass ihm eine Anspielung auf die relative Unsterblichkeit der an diesem Tisch sitzenden Personen entschlüpft war. »Du solltest nicht zu sehr darauf vertrauen, dass der Sprachverwirbler unseres Tisches auch tatsächlich funktioniert«, mahnte sie.

Riker trommelte mit den Fingern vergnügt einen Rhythmus auf die Tischplatte. »In Momenten wie diesen kommt es mir noch immer wie ein Wunder vor, dass wir zu den Auserwählten zählen, die in den Genuss des von dem Forscherteam um Robert Saam entwickelten Verfahrens gekommen sind, das die Kopierfehler, die sich während der Zellteilung in unserem Körper ereignen und für das Altern verantwortlich sind, dauerhaft unterbindet.«

Der Konteradmiral presste erschrocken die Lippen aufeinander, als wollte er verhindern, dass ihm noch mehr Informationen entschlüpften. »Fasst hätte ich auch noch erwähnt, dass der wichtigste Bestandteil der Nanoroboter, die für die jungbrunnenartige Zellerneuerung verantwortlich zeichnen, die Muun-Kristalle sind. Ohne diesen Baustoff aus dem Drakhon-Universum könnten die Nanoroboter die ihnen zugedachte Aufgabe gar nicht erfüllen!«

»Jetzt ist aber gut!«, entfuhr es Dhark. »Was soll der Unfug?«

»Nachdem der Kontakt nach Drakhon für immer abgerissen ist, sind uns nur etwa zwei Kubikmeter dieser wertvollen Kristalle verblieben«, fuhr Riker unverdrossen fort. Auf seinem Kinn zeichnete sich plötzlich ein roter Fleck ab, der sich dort immer dann bildete, wenn ihn etwas innerlich stark aufwühlte. »Diese einzigartigen Kristalle befinden sich alle im Besitz von Wallis Industries. Pro Unsterblichem werden zwar nur einige Nanogramm dieses Kristalls benötigt, trotzdem reichen die vorhandenen Muun-Kristalle nur dafür aus, einer begrenzten Anzahl Menschen die Unsterblichkeit zu schenken.«

»Mit Dan stimmt irgendetwas nicht!«, rief Anja bestürzt. »Er kämpft innerlich verzweifelt gegen etwas an, das ist ihm deutlich anzumerken!«

*

In diesem Moment trat Robby an den Tisch des Dreiergespanns. »Warum haben Sie Ihren ›W’s Starter‹ noch nicht getrunken?«, fragte er Dhark und Anja wie beiläufig und stellte die Schüsseln mit dem Imbiss vor ihnen ab.

Die Angesprochenen starrten verdattert zuerst auf ihre noch vollen Gläser und richteten ihre Blicke dann auf den leeren Becher in Rikers Händen.

»Nun trinken Sie schon!«, drängte die Maschine. »Oder wollen Sie Wenders beleidigen? Er wird es als persönliche Kränkung auffassen, wenn Sie den Starter nicht unverzüglich hinunterkippen!«

Dharks Kopf ruckte zum Tresen herum. Wenders, wie der Barbesitzer offenbar hieß, polierte hingebungsvoll einen Weinkelch. Was seine Gäste trieben, schien den Mann nicht im Geringsten zu interessieren.

Plötzlich beugte sich der Roboter über den Tisch. Blitzschnell packte er Anjas Drink, fasste mit der anderen Greifklaue in ihr Haar und zog ihren Kopf zurück. Brutal setzte er das Glas an die Lippen der Wissenschaftlerin. »Trinken Sie«, stieß die Maschine unwirsch hervor. »Und dann erzählen Sie mir, wie die Worgunmathematik mit unseren Algorithmen erfolgreich verknüpft werden kann!«

Riker wollte aufspringen, doch die Maschine versetzte seinem Stuhl einen derben Tritt, sodass der Konteradmiral hart zu Boden stürzte.

Bevor Dhark dasselbe Schicksal erleiden konnte, schnellte er hoch und rammte dem Roboter die Schulter in die Seite. Ein rasender Schmerz durchzuckte das Schultergelenk des Commanders, doch der Stoß brachte die Maschine ins Straucheln.

Anja, die bereits etwas von dem »W’s Starter« in die Kehle bekommen hatte, hustete und spuckte. Geistesgegenwärtig riss sie den Arm hoch und prellte der Maschine das Glas aus der Greifklaue.

Sie schrie auf, als Robby sie daraufhin an den Haaren vom Stuhl zog.

Mit der Schnelligkeit und Präzision einer Maschine schnappte sich der Roboter Dharks noch volles Glas und führte es auf Anjas Gesicht zu. Er riss ihren Kopf in den Nacken und schüttete den »W’s Starter« in ihren schmerzhaft aufgerissenen Mund.

Wütend versetzte Dhark der Maschine mit den flachen Händen einen harten Stoß.

Doch diesmal war der Roboter vorbereitet und fing den Schubs geschickt ab. Mit dem nun leeren Glas in der Greifklaue schwenkte er den Arm blitzschnell herum, um Dhark das Ellenbogengelenk gegen die Brust zu rammen.

Der Commander machte sich auf einen harten Treffer gefasst. Doch plötzlich erstarrte Robby, den Ellenbogen nur wenige Zentimeter von Dharks Solarplexus entfernt.

*

»Ich wusste, es war ein Fehler, dieses verdammte Ding in meine Dienste zu nehmen!«

Dhark drehte den Kopf zum Tresen herum. Die meisten Gäste waren aufgesprungen und stierten beunruhigt in seine Richtung. Wenders aber zielte mit lang ausgestrecktem Arm mit einem kleinen Apparat über die Theke hinweg auf den Roboter. Er grinste unfroh, während er den Apparat nun in der offenen Hand wog, als wollte er sein Gewicht bestimmen. »Ein starker, elektromagnetischer Impuls wirkt manchmal Wunder, wenn man sich einer aufdringlichen Maschine entledigen möchte.«

Wenders kam hinter dem Tresen hervor und wuchtete seinen fülligen Leib an den Tischen vorbei. Während er sich Dhark und seinen Freunden näherte, sprach er seinen Gästen beruhigende Worte zu.

»Ich hoffe, Sie haben eine gute Erklärung für diesen Vorfall«, fuhr Anja den Mann an, während sie ihr Haar aus der Greifklaue des erstarrten Roboters befreite. Ihr Pulli war mit den Überresten des Getränks besudelt, welches sie wieder hervorgewürgt hatte.

Der Barkeeper machte ein zerknirschtes Gesicht. »Ehrlich gesagt habe ich nicht den blassesten Schimmer, warum diese Maschine ausgerastet ist. Ich habe sie erst seit einigen Tagen. Es ist ein Prototyp, der mir von der Entwicklungsfirma kostenfrei zur Verfügung gestellt wurde. Heute Morgen erst habe ich eine Aktualisierung seiner Betriebsprogramme durchgeführt. Dabei muss sich ein Schadprogramm eingeschlichen haben.«

»Robby wollte unbedingt, dass ich meinen Drink austrinke.« Anja warf dem Roboter einen finsteren Blick zu und massierte ihre malträtierte Kopfhaut.

»Ich hoffe, du hast nichts von diesem Zeug geschluckt«, sagte Dhark mit rauer Stimme. »Dan scheint der ›W’s Starter‹ jedenfalls nicht bekommen zu sein.« Er half Riker auf die Beine.

Benommen ließ sich der Konteradmiral auf einen Stuhl plumpsen und stierte wie abwesend vor sich hin.

Anja schüttelte den Kopf. »Ich habe alles wieder ausgespuckt.« Sie setzte sich neben ihren Mann und redete eindringlich auf ihn ein.

Doch Riker zeigte keine Reaktion.

»Ich habe diese Drinks persönlich gemixt«, erklärte Wenders und zog einen kleinen Handapparat aus der Schürzentasche. »Wenn sie etwas Schädliches enthielten, muss Robby es beigemengt haben, als er die Bestellung zu Ihnen brachte.« Er tunkte die halbkugelförmige Spitze des Apparates in eine Pfütze auf dem Tisch und wartete. »Mit diesem Analysegerät teste ich die Qualität der Spirituosen, die mir geliefert werden«, erläuterte er. »Die Produktion auf der Erde läuft zwar, seit die Sonne von den Synties wiederhergestellt wurde, weitgehend wieder rund, doch es gibt immer wieder schwarze Schafe, die einem gepanschtes Zeug verkaufen oder Flaschen unterjubeln wollen, die nicht das enthalten, was auf dem Etikett angegeben ist.«

Wenders hob das Gerät und betrachtete den Miniaturbildschirm. »Dieser ›W’s Starter‹ enthält eine Substanz, die eindeutig nicht hineingehört.«

Anja riss dem Mann den Analysator aus der Hand. »Es handelt sich um eine psychoaktive Substanz«, murmelte sie, während sie die Anzeige auf dem Bildschirm studierte. Mitfühlend sah sie ihren Mann von der Seite an. »Dieser Stoff beeinträchtigt das Urteilsvermögen sowie die Konzentrationsfähigkeit des Opfers und macht es gesprächig, sodass ein Verhörspezialist ihm durch geschickte Befragung Informationen entlocken kann, die es eigentlich nicht preisgeben möchte.«

Dharks Miene verfinsterte sich. »Das erklärt, warum Dan vorhin so viel geschwafelt hat.« Der Commander richtete sein Augenmerk auf Anja. »Offenbar warst aber du die Zielperson, der dieser Angriff galt.«

Die Wissenschaftlerin nickte. »Robby wollte mir Informationen über das Verfahren entreißen, mit dem die Worgunmathematik mit unseren Rechensystemen vereinigt werden kann.« Sie schüttelte verärgert den Kopf. »Ein solches Verfahren gilt es aber erst noch zu entwickeln. Ich habe lediglich die theoretischen Grundlagen erarbeitet, auf deren Basis eine solche Verschmelzung fußen könnte.«

Anja aktivierte ihr Armbandvipho und setzte sich mit der Zentrale der NARVIK in Verbindung. »Schickt einen Arzt an meinen Standort«, forderte sie von dem diensthabenden Offizier. »Konteradmiral Riker hat unbeabsichtigt eine schädigende Substanz zu sich genommen und muss untersucht werden.« Anschließend bat sie, einen Trupp ins ›W’s Place‹ zu schicken, um den Roboter abzuholen. »Die Maschine soll von unseren Experten auseinandergenommen und bis ins kleinste Dienstprogramm hinein untersucht werden«, ordnete sie an. »Ich will wissen, wer hinter dieser Attacke steckt und ihn zur Rechenschaft ziehen!«

»Ich bin verpflichtet, die Polizei zu verständigen«, schaltete sich Wenders ein. »Es ist Aufgabe der hiesigen Polizeibehörde, dieses Verbrechen aufzuklären.«

»Tun Sie das«, wies Dhark den Mann an. »Allerdings müssen sich die Beamten darauf einstellen, mit den Soldaten der Babylonischen Flotte zusammenzuarbeiten. Sagen Sie das der zuständigen Ermittlungsbehörde.«

»Ich bin wegen dieses Vorfalls untröstlich«, versicherte Wenders gequält. »Es würde mich freuen, wenn Sie trotz dieser Misere wie geplant einen netten Abend in meiner Bar verleben. Speisen und Getränke gehen dabei selbstverständlich auf Kosten des Hauses.«

Dhark und Anja sahen sich kurz an.

»Einverstanden«, warf Riker mit schleppender Stimme überraschend ein. »Zeigen wir diesen Attentätern, dass wir uns von ihnen nicht einschüchtern lassen!«

»Und dass wir ihnen ihre Schandtaten nicht ungestraft durchgehen lassen werden«, ergänzte Anja mit geballten Fäusten.

*

Langsam legte sich die Aufregung wieder, die der Vorfall unter den Gästen des »W’s Place« hervorgerufen hatte.

Die drei Freunde und der Bordarzt der Narvik saßen an einem Tisch in der Nähe der Theke. Dem elektromagnetischen Puls, den Wenders auf den amoklaufenden Roboter abgefeuert hatte, war auch der Sprachverwirbler ihres ursprünglichen Platzes zum Opfer gefallen, sodass sie sich einen anderen Tisch hatten suchen müssen.

»Die verwendete Wahrheitsdroge besitzt keine lange Wirkungsdauer«, schloss Dr. Zirner in diesem Moment seine Diagnose ab. Der Stabsarzt klappte den Koffer mit den Diagnosegeräten zu und lächelte beruhigend in die Runde. »Der Konteradmiral wird in wenigen Minuten wieder auf dem Damm sein. Wer immer hinter diesem Angriff steckt, wollte Sie anscheinend nicht nachhaltig schädigen. Es ging ihm vordergründig darum, an bestimmte Informationen heranzukommen.«

Riker trank das Wasserglas, das Anja ihm gereicht hatte, in einem Zug leer. Anschließend schüttelte er sich, als hätte er eine Portion bittere Medizin geschluckt.

»Mir geht es bereits viel besser«, erklärte er zerknirscht und grinste dann unfroh. »Ich fühle mich allerdings wie nach einer durchzechten Nacht – nur kann ich mich leider nicht daran erinnern, außer diesem verfluchten ›W’s Starter‹ irgendetwas Scharfes getrunken zu haben.«

»Dem kann sofort nachgeholfen werden«, erwiderte Dhark froh gestimmt. »Wenders wird dir umgehend einen Drink servieren, wenn du es wünschst.«

Riker verzog das Gesicht. »Nein danke. Ich bleibe lieber beim Gänsewein.«

»Das möchte ich Ihnen auch dringend empfehlen, Sir.« Dr. Zirner verabschiedete sich und stand auf. Anschließend begab er sich hinter den Tresen, um die beiden Polizisten, die Wenders gerade einer Befragung unterzogen, wie versprochen über das Untersuchungsergebnis in Kenntnis zu setzen.

Als die Beamten vor wenigen Minuten in der Bar eingetroffen waren, hatte der Trupp, den Tigge Linderoth, der Erste Offizier der NARVIK, Richtung »W’s Place« losgeschickt hatte, den Roboter bereits abtransportiert.

Darüber waren die beiden Polizisten nicht eben begeistert gewesen, und es kostete Dhark einiges an Überzeugungskraft, sie davon zu überzeugen, dass dieses Vorgehen dazu beitragen würde, diesen Fall schneller aufzuklären.

»Die Besatzung der NARVIK wird uneingeschränkt mit Ihnen kooperieren«, hatte der Commander abschließend versichert. Und um dieses Versprechen einzulösen, teilte Dr. Zirner ihnen jetzt seine Analyseergebnisse mit.

»Wir können froh sein, dass diese Sache so glimpflich abgelaufen ist.« Anja seufzte und lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück.

»Reden wir lieber über etwas anderes.« Riker rieb sich mit der Hand über das Gesicht und sah Dhark dann über den Tisch hinweg an. »Wie ist es dir und deinen Leuten in der POINT OF eigentlich ergangen, nachdem das Problem mit dem Miniuniversum aus der Welt geschafft wurde?«

Dhark lachte unfroh auf. »Aus der Welt geschafft«, echote er bitter. »Das ist wirklich eine treffende Bezeichnung für das Fiasko, das sich damals im Zentrum der Milchstraße ereignet hat.«

»Gibst du dir etwa noch immer die Schuld an der Zerstörung des Miniuniversums?«, fragte Riker rau. »Von den Wächtern einmal abgesehen, konnte niemand vorhersehen, was die Nomwarun im Schilde führten. Alle beim Miniuniversum versammelten Fraktionen haben den Miniworgun vertraut. Anja und ich taten es ebenfalls!«

»Ein ganzes Universum wurde vernichtet, Dan!« Dhark ballte zornig die Fäuste. »Diese sogenannte Rettungsaktion lief unter meiner Federführung. Die Quun’ko’Aaraan haben mir vertraut – und das haben sie und die unzähligen anderen Sternenvölker, die das Miniuniversum bewohnten, mit ihrem Leben bezahlt!«

Anja blies die Wangen auf und stieß hörbar Luft aus. »Kein Wunder, dass der Haussegen bei dir und Amy schief hängt, wenn du dich mit derartigen Schuldgefühlen herumplagst, Ren.«

Der Commander biss die Zähne so heftig aufeinander, dass seine Wangenmuskeln deutlich unter der Haut hervorstachen. »Ich habe mich von den Nomwarun täuschen lassen – darum trifft mich zumindest eine Teilschuld an der Zerstörung des Miniuniversums.«

»Würdest du diese Angelegenheit realistisch betrachten«, widersprach sein Freund, »müsstest du erkennen, dass es im Grunde keine andere Möglichkeit gab, die Milchstraße und letztendlich unser gesamtes Universum zu retten, als das Miniuniversum zu zerstören, das sich wie ein Krebsgeschwür im Zentrum unserer Galaxis ausgebreitet hat.« Ein harter, unerbittlicher Unterton schlich sich in Rikers Stimme. »Das Miniuniversum musste weichen, damit wir überleben konnten. Da selbst die Nomwarun technisch nicht dazu in der Lage waren, beide Universen zu retten, obwohl sie dies behaupteten, sollten wir dankbar sein, dass ihre Technik zumindest dazu taugte, das existenzbedrohende Problem zu beseitigen und das Miniuniversum zu zerstören.«

»Dan hat recht«, schlug Anja in dieselbe Kerbe. »Es hat keinen Sinn, sich wegen des Unterganges des Miniuniversums Vorwürfe zu machen. Stattdessen sollten wir froh sein, dass wir alle noch am Leben sind!«

Dhark kippte seinen Whiskey in einem Zug hinunter und knallte das Glas dann mit verkrampfter Hand hart auf den Tisch. »Um auf deine Frage zurückzukommen, Dan: Nach der Vernichtung des Miniuniversums habe ich der Besatzung der POINT OF erst einmal einen längeren Landurlaub genehmigt.

Anschließend sind wir mit dem Schiff zu einer Reihe von Routineflügen aufgebrochen. Wir haben uns die Zeit mit Übungen und dem Kartografieren von Sonnensystemen vertrieben.

Das geht jetzt schon seit zwei Jahren so. In der Milchstraße herrscht Eintracht, von diversen kleineren Vorfällen wie Piraterie und unbedeutenden Territorialkonflikten einmal abgesehen. Es handelt sich jedoch eher um geringfügige Zwischenfälle, die nicht des Eingreifens von ›Rettern des Universums‹ bedürfen, um sie ›aus der Welt zu schaffen‹!«

Verbittert hielt Dhark in seiner Rede inne.

Die Rikers schwiegen betroffen und wichen dem brennenden Blick des Commanders aus.

»Gibt es denn wirklich nichts, was dich versöhnlich stimmen könnte?«, fragte Anja schließlich.

Dhark zuckte mürrisch mit den Schultern. »Mir fällt momentan nichts ein – tut mir leid.«

In diesem Moment wurde der Vorhang vor der Eingangstür geteilt, und ein schwarzhäutiger Mann trat ein. Von der Statur und der Physiognomie her konnte der neue Gast für einen Nordeuropäer gehalten werden, doch diesem Eindruck widersprach die rabenschwarze Farbe seiner Haut.

Der Mann blickte sich um, senkte kurz den Kopf, als sein Blick auf Ren Dhark fiel, und schlenderte dann auf den Tresen zu. Dort nahm er neben einer Mexikanerin Platz, die den benachbarten Hocker die ganze Zeit über freigehalten hatte. Die Art und Weise, in der die beiden anschließend miteinander kommunizierten, verriet, dass sie gut miteinander bekannt waren.

»Ein Tel«, erkannte Riker die wahre Natur des Fremden.

Dhark nickte beiläufig. »Die Schwarzen Weißen haben vor einem halben Jahr eine Botschaft in Alamo Gordo eröffnet; in dem Gebäude, das ihnen zuvor lange Zeit als Handelsposten diente.« Der Commander deutete mit einem Kopfnicken zu dem Tel hinüber. »Der Mann heißt Gralk Trovin und fungiert für die Botschaft als Verbindungsoffizier. Ich hatte bereits mehrmals mit ihm zu tun und kenne ihn daher recht gut. Er ist ein umgänglicher Bursche, wenn man die Eigenheiten der Tel beachtet.«

»Diese Botschaftseröffnung könnte tatsächlich auf einen Politikwandel des Telin-Imperiums hindeuten«, überlegte Anja. »So ganz kann ich es den Tel allerdings nicht abnehmen, dass sie ihren Expansionsbestrebungen abgeschworen haben.«

»Meiner Einschätzung nach entspricht diese Ankündigung der Wahrheit«, erwiderte Dhark ernst. »Taret Londok, ein Tel-Wissenschaftler, der zu meinen Bewunderern zählt, hat mir glaubhaft versichert, dass die Tel-Rebellen besiegt wurden und das Telin-Imperium keine Expansionspolitik mehr betreiben möchte. Stattdessen steht jetzt vermehrt die Innenpolitik auf der Agenda des Rates.«

Anja lächelte milde. »Es freut mich zu sehen, dass du dich trotz deiner Selbstvorwürfe noch immer für die Entwicklungen innerhalb der Milchstraße interessierst, Ren.«

Der Commander atmete tief durch. »Ich finde Trost darin, zu beobachten, wie sich die Dinge in unserer Galaxis zum Positiven entwickeln.«

»Die jetzt im Untergang begriffen wäre, wenn nicht geschehen wäre, was geschehen ist«, merkte sein Freund vorsichtig an.

Dhark fand keine Gelegenheit, auf Rikers Bemerkung einzugehen, denn in diesem Moment traten die beiden Polizisten an den Tisch heran.

»Wir müssen Ihre Aussagen zu den Vorkommnissen in dieser Bar zu Protokoll nehmen«, verkündete der schlankere der beiden Beamten.

Dhark winkte den Barbesitzer herbei und bat ihn, für die Polizisten zwei Stühle herbeizuschaffen.

»Legen Sie los«, sagte er, nachdem die Männer an dem Tisch Platz genommen hatten. »Wir stehen Ihnen für Ihre Fragen uneingeschränkt zur Verfügung.«

*

Ren Dhark rekelte sich schlaftrunken in seinem Bett. Unwillkürlich bewegte er den Arm auf die zweite Betthälfte zu, doch noch ehe seine Handfläche das kühle, glatte Laken berührte, vergegenwärtigte er sich, dass dort niemand lag, den seine Hand hätte ertasten können. Schmerzlich wurde ihm bewusst, wie sehr er Amys vertraute Nähe und ihren warmen weichen Leib in diesem Moment vermisste.

Leicht verstimmt verdrängte er den Gedanken, schließlich hatte er gemeinsam mit Amy beschlossen, dass sie nicht länger zusammenwohnen wollten, und durfte sich jetzt nicht wundern, dass sie fort war. Von sich aus hatte Amy angeboten, dass sie diejenige sein sollte, die ihre Sachen packte, um sich eine eigene Bleibe zu suchen. Zuerst hatten sie in Erwägung gezogen, dass Amy innerhalb der Point-of-Stiftung eine Wohnung beziehen sollte, doch weil der räumliche Abstand ihnen beiden als zu gering erschien, mietete sie schließlich ein Appartement in einer Wohnkugel in einem anderen Stadtteil.

Frustriert zog Dhark den Arm an seinen Körper und stierte benommen die Zimmerdecke an. Erst jetzt bemerkte er, wie verkatert und leicht übermüdet er noch immer war. Er drehte den Kopf und sah auf sein Armbandvipho, das auf dem Nachttisch lag. Der Zeitanzeige nach war es Sonntag und kurz vor zwölf Uhr Mittag. Der Commander massierte sich die Schläfen und ließ die Ereignisse der vergangenen Nacht noch einmal vor seinem inneren Auge Revue passieren.

Nachdem die Polizisten ihre Befragung abgeschlossen hatten, hatte er zusammen mit den Rikers das »W’s Place« verlassen und einen in der Nähe gelegenen Klub aufgesucht. In dem von bunten Lichtern durchwirbelten, gut besuchten Saal gab eine aus drei jungen Leuten bestehende Band auf analogen Synthesizern rhythmusbetonte, elektronische Musik zum Besten. Der Klang der strombetriebenen Instrumente sprach Dhark genauso unmittelbar an wie die Rikers, und so blieben sie bis drei Uhr morgens, tanzten, lachten und feixten wie in alten Tagen.

Im Morgengrauen hatte sich Dhark von einem Schwebetaxi dann zur Point-of-Stiftung chauffieren lassen, war in seine Wohnung gewankt, hatte sich – angezogen, wie er war – ins Bett geworfen, wo er sofort in tiefen Schlummer fiel. Irgendwann musste er sich dann seiner Kleidung entledigt haben, denn jetzt trug er keinen Fetzen Stoff mehr am Leib.

Da die Untätigkeit ihn mürbe zu machen begann, schleuderte Dhark die Bettdecke von sich und stand auf. Als er eine halbe Stunde später aus der Hygienezelle zurückkehrte, fühlte er sich wieder einigermaßen fit. Er nahm sich frische Sachen aus dem Kleiderschrank und zog sich an.

Unschlüssig sah er sich in seiner Wohnung um. Die POINT OF sollte erst morgen wieder ins Weltall aufbrechen, ihm blieben also noch etliche Stunden, die er bis dahin irgendwie rumbringen musste.

Da ihn nichts in seiner Wohnung reizte, die jedes Gegenstandes beraubt war, der ihn an Amy hätte erinnern können, schlenderte er zum Fenster und stellte sich mit hinter dem Rücken verschränkten Armen davor.

Grell und unerbittlich schien die Sonne vom Zenit auf die Stadt mit ihren hochaufragenden Wohnkugeln und den sich dazwischen erstreckenden Gebäuden herab. Obwohl ihn das Feuer des Gestirns blendete, zwang sich Dhark, in das Licht hineinzusehen.

Erst vor wenigen Monaten hatten die Synties, tropfenförmige Wesen, die zu gleichen Teilen aus Energie und Materie bestanden, die Zuführung interstellaren Wasserstoffs zur Sonne beendet. Auf der Erde herrschten jetzt wieder normale klimatische Bedingungen. Dies war nicht zuletzt ihm, Ren Dhark, zu verdanken, denn er und seine Kameraden waren es gewesen, die die Synties befreit hatten, sodass sie sich dazu verpflichteten, Sol und damit auch die vereiste Erde zu retten.

Zu diesem Zeitpunkt hatte der Großteil der Menschheit die Erde bereits verlassen, um auf den Planeten Babylon überzusiedeln. Nur ein harter Kern von etwa zwanzig Millionen Unverbesserlichen blieb auf dem in eine Eiszeit zurückgefallenen Mutterplaneten zurück und musste sich dann auch noch mit den Eisläufern herumärgern, von Fischen abstammende Sauerstoffatmer, die sich selbst Riiin nannten und auf der vereisten Erde für sie günstige Lebensbedingungen vorfanden. Inzwischen waren die Riiin auf den Planeten Frost umgesiedelt worden, und auch sonst deutete auf der Erde nur noch wenig auf die zurückliegende Eiszeit hin.

Am Augenscheinlichsten war die noch immer dünne Besiedelung Terras, denn Bruder Lambert, das gewählte Regierungsoberhaupt der Erde, hatte bisher nichts an seiner Einwanderungspolitik geändert, die besagte, dass nicht wesentlich mehr als hunderttausend gut ausgebildete Aussiedler auf die Erde zurückdurften.

Dhark rieb sich die vom In-die-Sonne-stieren tränenden Augen und drehte sich vom Fenster weg. Der Anblick des strahlenden Gestirns hatte ihn an all die erfolgreich bestandenen Abenteuer erinnert, die hinter ihm lagen. Und für einen Moment ließ ihn dieser »Lichtblick« sein Scheitern in Bezug auf das Miniuniversum vergessen.

Nachdem er wieder einigermaßen gut sehen konnte, blieb sein unsteter Blick auf dem Projektor des Holofernsehers hängen. Fernsehen war nicht unbedingt eine Tätigkeit, die der Commander als sinnvolle Freizeitbeschäftigung erachtete, trotzdem befahl er dem Suprasensor seines Apartments das Gerät einzuschalten und einen Nachrichtensender zu wählen.

Die Büste einer blonden Nachrichtensprecherin baute sich daraufhin über dem Projektor auf. Die rauchig klingende Stimme der Frau schien aus allen Winkeln des Zimmers gleichzeitig hervorzuhallen, was Dhark jedoch nicht als unangenehm empfand, denn diese akustische Absonderlichkeit milderte ein wenig den Eindruck, allein zu sein.

Wie es der Zufall wollte, berichtete die Frau soeben über die Vorkommnisse im »W’s Place«. Dass zwei weithin bekannte Männer und eine angesehene Wissenschaftlerin Opfer einer mysteriösen Roboterattacke wurden, sorgte in den Medien offenbar für einiges Aufsehen.

»In den frühen Morgenstunden wurden die Büroräume und die Fertigungsanlagen der Firma Terra-Tech, die den Roboter baute, von Polizeikräften durchsucht«, berichtete die Frau. Ihre dreidimensionale Darstellung wurde daraufhin durch eine Gebäudeansicht ersetzt. Es handelte sich um einen kleinen Komplex aus rechteckigen, miteinander verschachtelten Bauten am Rande einer größeren Stadt. Polizeigleiter umschwirrten die Anlage, während aus vor den Toren gelandeten Mannschaftsschwebern Uniformierte hervorstürmten.

»Die Durchsuchung der Anlage in El Paso ergab unseren Korrespondenten zufolge keine wesentlichen Erkenntnisse.« Die rauchige Frauenstimme schwirrte mit bestechender Präsenz durch den Raum. Dhark ließ sich in ein Sofa sinken und streckte die Beine von sich. »Bei dem angreifenden Roboter handelte es sich dem Pressesprecher des Unternehmens zufolge um einen Prototypen, der sich noch im Entwicklungsstadium befand. Man hatte ihn dem Besitzer des ›W’s Place‹ kostenlos überlassen, um die Maschine, die für den Betrieb in Lokalen und Restaurants konzipiert worden ist, im Feldversuch zu erproben. Wie aus Kreisen der Babylonischen Flotte, die den Roboter zu Untersuchungszwecken konfiszierte, zu hören ist, weist das Betriebssystem der Maschine etliche Sicherheitslücken auf. Offenbar ist es auf diese Weise einem Hacker gelungen, den Roboter zu übernehmen und zu steuern. Diese Übernahme erfolgte den Spezialisten an Bord der NARVIK zufolge anscheinend jedoch nicht von El Paso sondern von San Francisco aus.«

Die Gebäudeansicht verblasste und wurde von der Büste der Nachrichtensprecherin überstrahlt. »Das ›W’s Place‹ ist bekannt dafür, dass es von Raumfahrern gerne besucht wird, und erfreut sich daher auch bei Bürgern, die ein Faible für die Kosmonautik hegen, großer Beliebtheit. Aus diesen Gründen ist es unerlässlich, in dem Lokal einen Platz reservieren zu lassen, wenn man den Abend dort verbringen möchte. Das Roboterprogramm, das diese Reservierungen verwaltete, stellte für den Hacker den Angaben der Spezialisten der Babylonischen Flotte zufolge ein offenes Buch dar. Der Angreifer wusste demnach, dass die Rikers vorgehabt hatten, den gestrigen Abend im ›W’s Place‹ zu verbringen. Der Angriff auf das Ehepaar, den auch der anwesende ehemalige Commander der Planeten, Ren Dhark, nicht hatte verhindern können, stellt demnach einen gezielten Gewaltakt dar, der darauf abzielte, Anja Riker geheime Informationen über die Worgunmathematik zu entreißen.«

Dhark blies entnervt die Wangen auf. Er war drauf und dran, dem Suprasensor zu befehlen, diese sensationsheischende Reportage abzuschalten.

Doch in diesem Moment beendete die Sprecherin den Bericht und wechselte das Thema. »In New York trafen sich heute erneut Vertreter der irdischen Regierung mit Anhängern der anarchistischen Bewegung, die den Big Apple noch immer fest in ihrem Griff hat. Streitpunkt ist nach wie vor die Weigerung der New Yorker, auch die Gesetze vorbehaltlos anzuerkennen, die sie ihrer Meinung nach in ihrer Entscheidungsfreiheit hemmen. Dabei geht es vordergründig um Besitzrechte sowie die Anerkennung der allgemeingültigen Währung, die die sogenannten ›Freie Bürger New Yorks‹ grundsätzlich ablehnen. Auf Seiten der Anarchisten gehört auch diesmal wieder Iondru, der als Initiator der subversiven Verhältnisse im Big Apple angesehen wird, zu den Verhandlungsführern.«

Als ein Bild Iondrus eingeblendet wurde, presste Dhark angesäuert die Zähne aufeinander.

Dem wohlproportionierten jungen Mann hing das dunkle, leicht gewellte Haar bis auf die Schultern herab. In seinen graublauen Augen lag ein kühler Schimmer, der dem markanten, sympathischen Gesicht einen unnahbaren und zugleich doch sehr charismatischen Eindruck verlieh.

Widerstrebend starrte Dhark die Holografie an; was die Nachrichtensprecherin derweil von sich gab, drang dabei nicht mehr bis in sein Bewusstsein vor.

»So hätte mein Sohn Ion Alexandru tatsächlich aussehen können, wenn er, als er noch ein Baby war, nicht ums Leben gekommen wäre«, flüsterte er mit rauer Stimme. »Sein Gesicht trägt Züge, in denen ich das Antlitz seiner Mutter Joan Gipsy wiedererkenne.«

Dhark setzte sich kerzengerade auf. Er konnte den Anblick des jungen Mannes plötzlich nicht länger ertragen und rief dem Suprasensor gereizt zu, den Fernseher auszuschalten.

Das Holobild brach in sich zusammen und erlosch.