Ren Dhark – Weg ins Weltall 77: Seuchenherd Milchstraße - Achim Mehnert - E-Book

Ren Dhark – Weg ins Weltall 77: Seuchenherd Milchstraße E-Book

Achim Mehnert

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Beschreibung

Die Wissenschaftler an Bord der POINT OF haben gut und schnell gearbeitet, ein Gegenmittel gegen die auf der Siedlerwelt Sahara grassierende Seuche scheint gefunden zu sein. Bert Stranger, der von der Krankheit gezeichnete Starreporter von Terra-Press, stellt sich als Proband für das Heilmittel zur Verfügung, doch das zeigt unerwartete Nebenwirkungen. Für Ren Dhark und seine Getreuen fängt damit der Kampf gegen denjenigen, der unschuldige Welten mit tödlichen Krankheiten überzieht, jedoch erst an, denn die Galaxis scheint sich zu verwandeln in den Seuchenherd Milchstraße... Jan Gardemann, Achim Mehnert und Nina Morawietz schrieben diesen mitreißenden SF-Roman nach dem Exposé von Ben B. Black.

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Seitenzahl: 352

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Ren Dhark

Weg ins Weltall

 

Band 77

Seuchenherd Milchstraße

 

von

 

Achim Mehnert

(Kapitel 1 bis 6)

 

Jan Gardemann

(Kapitel 7 bis 12)

 

Nina Morawietz

(Kapitel 13 bis 20)

 

und

 

Ben B. Black

(Exposé)

Inhalt

Titelseite

Vorwort

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

15.

16.

17.

18.

19.

20.

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Impressum

Vorwort

Sprache verändert sich. Dieser Umstand ist Ihnen, liebe Leser, sicherlich bekannt, und es ist im Prinzip ja auch nichts dagegen einzuwenden, denn so wie sich Menschen, Gesellschaften und sogar unser ganzer Planet verändern, bleiben Änderungen in diesem Bereich eben auch nicht aus. Bedauerlich finde ich es allerdings immer dann, wenn diese Veränderungen zum Schlechten stattfinden. Das beginnt mit diesem unsäglichen »macht Sinn«, das überall zu hören ist und auf einer falschen Übersetzung des englischen »makes sense« beruht und welches, nachdem es einmal da war, von vielen Leuten mit Begeisterung aufgenommen wurde. Fortan hörte man nur noch das vermeintlich markige »das macht Sinn« bzw. »das macht keinen Sinn«.

Nun ist es aber so, dass man im Deutschen keinen Sinn machen kann. Man kann alles mögliche machen im Sinne von »herstellen, veranstalten«, zum Beispiel Kuchen, Spaß und sogar Unsinn, aber eben keinen Sinn, weil der sich nicht im Sinne von »fabrizieren« herstellen lässt. Der Fehler in der Übersetzung beruht darauf, dass »make« im Englischen einen etwas anderen Bedeutungscharakter als im Deutschen hat. Dort wird es zwar auch im Sinne von »herstellen« verwendet, es hat aber – ganz anders als im Deutschen – auch die Bedeutung von »etwas schaffen«, »etwas erreichen«, wie man am »make money« sieht, das »Geld verdienen« bedeutet (und eben nicht »Geld machen«, denn dafür kommt man bei uns ins Gefängnis, außer man ist die Bundesbank). Oder »he made it to the team«, was übersetzt »Er schaffte es ins Team [aufgenommen zu werden].« bedeutet, und eben nicht, dass »er es zum Team gemacht hat«.

Deutsch ist eine reiche und an sich auch sehr präzise Sprache, und ich betrachte Sprachveränderungen immer dann als schlecht, wenn sie diesen Reichtum beschneiden, wie es eben besagtes »Sinn machen« tut. Wo bleiben da die viel genaueren Ausdrücke »sinnvoll«, »unsinnig«, »sinnlos«, »(k)einen Sinn haben«, »Sinn ergeben«? Wenn Sie denen mal im Geiste nachlauschen, werden Sie feststellen, dass sie alle eine leicht andere Bedeutung haben und durchaus in verschiedenen Kontexten angewandt werden.

Was mich darauf bringt, dass meine erwachsene Tochter etwas auch gerne »unsinnvoll« nennt, wenn es in ihren Augen nicht sinnvoll ist. Das ist eine Sprachveränderung, mit der ich sehr gut leben kann, denn sie macht den Ausdruck ein wenig kürzer, ohne ihm aber dabei die Präzision zu nehmen oder die Bedeutung zu verändern.

Eine andere Sprachsünde, die mir in letzter Zeit immer wieder begegnet, hat mit »starten« zu tun. Ist Ihnen schon aufgefallen, dass neuerdings nichts mehr beginnt oder anfängt, sondern alles nur noch startet? Speziell in Rundfunk und Fernsehen ist das bereits Alltag, und selbst folgenden Satz habe ich letzthin im privaten Umfeld vernommen: »Der neue Kollege startet nächsten Montag.« Aha, ein Wettrennen also, oder etwa nicht? Und dann gibt es – ganz aktuell – offenbar auch keine Teilnehmer oder Kandidaten mehr, das sind jetzt »Starter«. Für mich war ein Starter bislang ein kleines Teil, das man braucht, damit eine Leuchtstoffröhre in Gang kommt, aber man lernt ja bekanntlich nie aus.

Bei REN DHARK werden wir jedenfalls weiterhin versuchen, eine reiche und präzise Sprache zu pflegen, auch wenn wir – anders als das bei den vorangegangenen Zeilen vielleicht erscheinen mag – an dieser Stelle nicht dogmatisch sind. Auch bei uns ändert sich die Sprache (vergleichen Sie nur einmal die ersten Bücher mit den jetzigen), wir versuchen jedoch, das mit Bedacht zu tun, denn unser oberstes Ziel ist es nach wie vor, Sie, liebe Leser, gut zu unterhalten.

Und nun habe ich Sie lange genug von der Lektüre des vorliegenden Buches abgehalten. Begeben Sie sich gemeinsam mit mir in den Seuchenherd Milchstraße …

 

Stuttgart, im Juli 2018

Ben B. Black

Prolog

Im Herbst des Jahres 2067 scheint sich das Schicksal endlich einmal zugunsten der Menschheit entwickelt zu haben. Deren Hauptwelt heißt längst nicht mehr Terra, sondern Babylon. 36 Milliarden Menschen siedelten auf diese ehemalige Wohnwelt der Worgun um, als die irdische Sonne durch einen heimtückischen Angriff zu erlöschen und die Erde zu vereisen drohte. Mittlerweile konnte die Gefahr beseitigt werden, und das befreundete Weltallvolk der Synties hat den Masseverlust der Sonne durch die Zuführung interstellaren Wasserstoffgases wieder ausgeglichen. Die Erde ist erneut ein lebenswerter Ort, auf dem allerdings nur noch rund 120 Millionen Unbeugsame ausgeharrt haben. Die neue Regierung Terras unter der Führung des »Kurators« Bruder Lambert hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Planeten nach dem Vorbild Edens in eine Welt mit geringer Bevölkerungsdichte, aber hoher wirtschaftlicher Leistungskraft zu verwandeln, und ist deshalb nicht bereit, die nach Babylon Ausgewanderten wieder auf die Erde zurückkehren zu lassen.

Allerdings haben auch die wenigsten der Umsiedler konkrete Pläne für einen neuerlichen Umzug innerhalb so kurzer Zeit. Es kommt die katastrophale Entwicklung hinzu, die Babylon seit dem Umzug der Menschheit nahm: Durch eine geschickt eingefädelte Aktion war es dem höchst menschenähnlichen Fremdvolk der Kalamiten gelungen, den Regierungschef Henner Trawisheim, einen Cyborg auf geistiger Basis, derart zu manipulieren, dass er zu ihrem willenlosen Helfer und Vollstrecker bei der geplanten Übernahme der Macht über die Menschheit wurde. Erst in allerletzter Sekunde gelang die Revolution gegen die zur Diktatur verkommene Regierung Babylons und damit gegen die heimlichen Herren der Menschheit, die Kalamiten. Während den meisten der Fremden die Flucht gelang, wurde Trawisheim aus dem Amt entfernt und in ein spezielles Sanatorium für Cyborgs gebracht.

Noch im selben Jahr nimmt Ren Dhark das Angebot des Industriellen Terence Wallis an und lässt seinen Körper mit Nanorobotern behandeln, die ihn und sieben von ihm Auserwählte unsterblich machen. Doch anstatt sich mit seiner nun vollständig veränderten Lebensperspektive beschäftigen zu können, muss sich Ren Dhark einer neuen Aufgabe stellen: Eine unbekannte Macht namens Kraval sorgt dafür, dass der Hyperraum nicht länger zugänglich ist.

Als man diese Herausforderung endlich gemeistert hat, tauchen die Wächter mit einer neuen Hiobsbotschaft auf: Im Zentrum der Milchstraße hat sich scheinbar aus dem Nichts ein Miniaturuniversum gebildet, das allerdings exponentiell wächst und schon in wenigen Jahren den Untergang unseres Universums herbeiführen könnte. Mithilfe der Nomwarun – nur etwa 50 Zentimeter große Nachfahren der Worgun – gelingt es schließlich, der Gefahr zu begegnen. Allerdings spielen die Nomwarun nicht mit offenen Karten und zerstören das Miniuniversum, anstatt es wie versprochen in ein anderes Kontinuum zu versetzen, weil das anscheinend nicht möglich gewesen ist. Ren Dhark macht dieses Resultat sehr zu schaffen, doch es gelingt ihm nicht, die Nomwarun entsprechend zur Rede zu stellen.

Knapp zwei Jahre später, im Sommer des Jahres 2072, scheint endlich die Normalität in der Milchstraße zu herrschen, die sich jedermann wünscht. Da werden Arc Doorn, Chris Shanton und Amy Stewart durch ein Lichtphänomen aus einer uralten Einrichtung der Wächter unterhalb des Titicacasees in die Galaxis Voktar verschlagen. Ren Dhark eilt seinen Freunden zu Hilfe, und nach einer kleinen Odyssee gelingt es den Raumfahrern im Sommer 2073 schließlich, wieder in die Milchstraße zurückzukehren, wo sie ein Hilferuf von der Kolonialwelt Sahara erreicht. Dort ist eine tödliche Seuche ausgebrochen, für die man nun hoffentlich ein Heilmittel gefunden hat, welches aber gleich beim ersten Probanden eine unerwartete Wirkung zeigt …

1.

Wir gehen davon aus, dass die von uns entwickelte Substanz dazu geeignet ist, eine Heilung herbeizuführen.

Gregor Hanfstiks Worte klangen Ren Dhark in den Ohren nach.

Selten hatte sich der Commander einer Hoffnung so sehr verschrieben wie in diesem Fall, ging es hier doch um nicht weniger als um sämtliche Bewohner einer menschlichen Kolonie. Was sich nun vor den Augen des weißblonden Commanders abspielte, sah jedoch beileibe nicht nach einer Heilung aus.

Der Kugelblitz blies die Backen auf, als würde sein ohnehin runder Kopf aufgeblasen werden wie ein Luftballon. Seine Gesichtsfarbe nahm die intensive Röte seiner Haare an.

Schiefgelaufen, befürchtete Dhark.

»Mister Stranger?«

Der erfolgreichste Reporter von Terra-Press antwortete nicht. Die Augen geschlossen lag er still da. Sein sich Sekunden zuvor noch aufbäumender Körper war regelrecht erstarrt. Nur das Zucken seiner Gesichtsmuskulatur zeigte sichtbare Aktivität. Dicke Schweißperlen traten ihm auf die Stirn.

»Kreislaufzusammenbruch«, diagnostizierte Manu Tschobe den offensichtlichen Zustand des Reporters. »Der Patient ist bewusstlos.«

»Das sehe ich selbst«, stellte Dhark verdrossen klar. Doch was hatte Bert Strangers Kollaps ausgelöst? Das angebliche Gegenmittel gegen das heimtückische Virus? Bewirkte es also das Gegenteil von dem, was es eigentlich bewirken sollte, nämlich eine Verbesserung des Zustands der Erkrankten?

»Warum blockieren Sie mir dann den Weg?« Der Vorwurf des Schwarzafrikaners, Arzt und Funkspezialist in Personalunion, klang ruppiger als beabsichtigt. Tschobe schob den Commander beiseite und beugte sich über Stranger.

Dhark gestand sich wortlos ein, dass er tatsächlich im Weg stand und dem versammelten medizinischen Personal – neben Tschobe und dem Stationsleiter Hanfstik waren das die Biologin Rani Atawa, die Ärzte Brad Lion, Reuven Maitskill und Javier Anonga sowie die Sanitäter Brynn und Cameron und die Krankenschwester Gabi Gusto – die Arbeit erschwerte. Er murmelte eine Entschuldigung und trat drei Schritte zurück, um den Fachleuten ungehinderten Zugang zu Stranger und den ihn umgebenden Gerätschaften zu ermöglichen.

Auf den Bildschirmen zeichneten sich Diagramme und Anzeigen ab, und durch die Holomonitore geisterten Zahlenkolonnen, die Dharks Interpretationsgabe überforderten. Er schaute zu Hobart hinüber, dem mit Lederbändern auf einer Medoliege festgeschnallten Sicherheitsmann von Sahara.

Im Gegensatz zu Strangers knallroten Pausbacken waren Hobarts Wangen eingefallen. Tiefe Furchen gruben sich in die wächserne Maske, die den Mann mehr tot als lebendig erscheinen ließ. Das Grau der Haut erinnerte an den schmutzigen Betonplast eines Raumhafenlandefeldes.

Die Fixierung diente Hobarts eigener Sicherheit, denn hin und wieder bäumte er sich auf, von Krampfanfällen geschüttelt. Eine Absaugvorrichtung beseitigte die immer wieder aus seinen Nasenlöchern dringenden blutigen Rinnsale.

»Seine Vitalwerte stabilisieren sich«, erklärte Tschobe in gewohnt professioneller Weise, dennoch schwang in seiner Stimme Erleichterung mit.

Dhark wandte den Blick von Hobart ab und drehte den Kopf. Stranger war gemeint, deutete der Commander Tschobes Worte. Die Gesichtsfarbe des Kugelblitzes begann sich zu normalisieren, seine Züge entspannten sich.

Dhark wagte kaum, die Frage auszusprechen, die ihm auf der Zunge lag. Was, wenn die Ärzte sie verneinten? Er überwand sich und brachte mühsam hervor: »Das Mittel wirkt also? Bert Stranger wird wieder gesund, Stranger und auch all die anderen Kranken?«

»Wenn wir Glück haben«, dämpfte Hanfstik die aufkommende Euphorie des Commanders. »Ich möchte keine mögliche Heilung in Aussicht stellen und später vielleicht gezwungen sein, mich zu korrigieren. Die ersten Anzeichen geben aber Anlass zur Zuversicht. Mehr wissen wir nach der Abnahme und Analyse einer Blutprobe.«

Dhark nickte auffordernd und leicht ungeduldig. »Worauf warten Sie dann noch?«

»Immer mit der Ruhe«, bremste der leitende Arzt. »Übereile ist in diesem Fall nämlich nicht nur sinnlos, sondern sogar kontraproduktiv. Geben wir dem Mittel ein paar Minuten Zeit, um sich in Mister Strangers Blutbahn zu verteilen und auf das Virus einzuwirken.«

Dhark wappnete sich mit Geduld, was ihm nicht leichtfiel. Die Aussicht auf ein wirksames Gegenmittel gegen das von Kharamak auf verschiedenen bewohnten Welten anscheinend willkürlich verbreitete Virus trieb seinen Pulsschlag in die Höhe. Noch immer gab es keinen Hinweis auf die Beweggründe, die den Händler zu seinem Vorgehen bewogen.

Begonnen mit seinem mörderischen Treiben hatte der Krayn in mehreren Sonnensystemen der Nögk, danach hatte er sich Munros Stern zugewandt und die terranische Kolonialwelt Sahara verseucht.

Dhark wagte nicht, sich vorzustellen, wie die Sterblichkeitsrate auf dem dritten Planeten des Systems aussah, in dem sich die POINT OF derzeit aufhielt. Unablässig quälten dieselben Fragen den Commander.

Wie viele Todesfälle gab es bereits auf Sahara? Wie viele Tote kamen in jeder verstreichenden Minute dazu? Gab es noch eine Rettung für die bisher am Leben gebliebenen jener rund zehntausend Kolonisten, die Sahara zählte?

Gezählt hatte, verbesserte sich Dhark in Gedanken.

Er merkte auf, als Hanfstik der Krankenschwester nach endlos erscheinenden Minuten zunickte. Gabi Gusto entnahm Stranger eine Blutprobe, die sie daraufhin an Rani Atawa weiterreichte. Im angrenzenden Labor machte sich die Biologin umgehend an die Untersuchung der Probe.

*

»Wird es lange dauern?«, wollte Dhark wissen. Er spielte mit dem Gedanken, sich in die Zentrale zu begeben, um dort auf das Ergebnis der Analyse zu warten.

Tschobe zuckte mit den Achseln. »Schwer zu sagen. Vermutlich nicht.«

»Nein, nicht lange«, warf Rani Atawa aus dem Nebenraum ein, ohne von ihrer Tätigkeit aufzusehen. »Die Vergleichsanalyse zu unserem ursprünglich ermittelten Resultat stellt die Geräte vor keine große Aufgabe.«

»Angenommen, das Mittel zeigt keine Wirkung, was dann?« Dhark richtete seine Frage an die Ärzte.

»Dann versuchen wir etwas anderes«, kündigte Hanfstik voller Zuversicht an, schien aber selbst nicht recht daran zu glauben.

»Und was?«

»Uns wird schon etwas einfallen.« Tschobe seufzte. Er bemühte sich, niemandem in die Augen zu schauen – was er ohnehin nur tat, wenn er jemanden mittels seiner hypnotischen Gabe beeinflussen wollte.

Etwas anderes. Dhark begriff, was das bedeutete. In dem Fall waren die Ärzte mit ihrem Latein am Ende.

Er ließ es damit bewenden, vorerst zumindest. Es brachte nichts, die Mediziner unter zusätzlichen Druck zu setzen. Dhark suchte sich eine Sitzgelegenheit und nahm Platz.

Brynn und Cameron hielten an den Liegen der Erkrankten Wache, ohne eingreifen zu können. Auch die Mediziner verhielten sich abwartend. Sie konnten in dieser Phase nicht mehr tun, als die über die Bildschirme flimmernden Anzeigen zu studieren und die Vitalwerte ihrer Patienten im Auge zu behalten. Die weiteren Schritte hingen von den Untersuchungsergebnissen der Biologin ab.

Zumindest brach keine neuerliche Hektik aus, was Dhark als gutes Zeichen wertete.

»Mister Stranger sieht schon viel besser aus«, stellte Gabi Gusto fest.

Die Krankenschwester klang mütterlich besorgt, fand Dhark, und das, obwohl sie mit ihren gerade einmal sechsundzwanzig Lenzen siebzehn Jahre jünger war als der Reporter. Wahrscheinlich lag es daran, wie die meisten Menschen den Kugelblitz betrachteten. Sie sahen in ihm weniger den knallharten Investigativjournalisten als vielmehr einen unbekümmerten Lausbub mit Pumuckl-Attitüde.

Stranger verstand es blendend, sich so zu geben, als könne er kein Wässerchen trüben. Zudem weckten seine geringe Körpergröße von nur Einmetervierundfünfzig, seine kurzen Arme und Beine und die jungenhaften Segelohren anscheinend mütterliche Instinkte. Tatsächlich schien sich Stranger eine gehörige Portion jugendlicher Unbekümmertheit bewahrt zu haben.

Der Bursche hat es faustdick hinter den Ohren, bemühte Dhark eine alte Redewendung, die ihm trotz der prekären Lage ein Lächeln entrang.

»Alles in Ordnung?«, fragte ihn Tschobe angesichts des unpassenden Gefühlsausbruchs prompt.

Jetzt war es an Dhark, sich ertappt zu fühlen wie ein kleiner Junge. Er räusperte sich. Bevor er in die Verlegenheit geriet, antworten zu müssen, ließ Rani Atawa von ihrer Tätigkeit ab. Augenblicklich vergaß Tschobe, was er gerade gefragt hatte. Die Ärzte richteten ihre Aufmerksamkeit auf die Biologin, die ihren Instrumenten den Rücken zukehrte und aus dem Labor herüberkam.

»Die Virusdichte in Mister Strangers Blut ist deutlich zurückgegangen«, verkündete sie.

Nun kam Leben in die Ärzte. Mit hektischen Bewegungen tippte Tschobe etwas in ein Pad, und Hanfstik nahm eine Spritze aus einer Schublade. Er zog sie mit der bläulichen Flüssigkeit auf, die Dhark bereits kannte.

Das Serum. Das Gegenmittel gegen das von Kharamak verbreitete Virus.

Brynn machte Platz, als Hanfstik sich dem Sicherheitsmann von Sahara zuwandte, den es viel schlimmer erwischt hatte als den Kugelblitz. Das Serum schimmerte in der durchsichtigen Kammer.

»Sie erwähnten vorhin, dass Stranger und Hobart von zwei verschiedenen Virenarten befallen sind«, erinnerte sich Dhark.

Der leitende Mediziner bejahte. »So ist es: Stranger von dem Ursprungsvirus, Hobart von einer daraus hervorgegangenen Mutation.«

»Es steht also nicht fest, dass ein und dasselbe Gegenmittel bei beiden Patienten wirkt?«

Achselzuckend verabreichte Hanfstik dem Sicherheitsmann das Mittel. »Völlige Sicherheit gibt es nie.«

Zischend entlud sich die Kanüle. Das bläuliche Serum schoss in Hobarts Blutbahn, woraufhin dieser die schon von Stranger bekannte körperliche Reaktion zeigte. Er lief knallrot an und bäumte sich auf. Von den Riemen festgehalten sackte er in der nächsten Sekunde schon wieder in sich zusammen.

Eine über seiner Liege schwebende Anzeige erfuhr eine sprunghafte Veränderung. Die Markierung raste aus ihrem Ruhezustand in den roten Bereich, wo sie nur für eine Sekunde verharrte, bevor sie schlagartig bis beinahe auf den Basispegel fiel.

Dhark presste die Lippen aufeinander. Er versuchte eine Atmung bei dem Patienten zu erkennen.

Hobarts Brust hob und senkte sich kaum merklich.

Die Ärzte behielten die Ruhe, ließen in ihrer Aufmerksamkeit jedoch keine Sekunde nach. Während Tschobe seine Notizen abschloss, fixierte Hanfstik die Anzeige.

»Kreislaufzusammenbruch«, kommentierte der Abteilungsleiter den Vorgang tonlos.

Eine Bemerkung lag Dhark auf der Zunge. Er verschluckte sie.

Bewegung kam in die Markierung, ganz langsam jetzt. Gemächlich bewegte sie sich entlang der flimmernden Skala, bis sie zitternd zum Stillstand kam.

Hanfstik nickte zufrieden.

»Gut gemacht, Rani«, lobte Tschobe die Biologin.

Die Inderin lächelte erleichtert. »Danke.«

»Der Mann wird durchkommen?«, fragte Dhark.

Hanfstik erhob die Stimme. »Wie ich eben schon einmal sagte …«

»… gibt es keine völlige Sicherheit.« Dhark stieß die Luft aus. »Ich will keine Sicherheit, Doc, ich wünsche Ihre fachliche Meinung.«

Hanfstik schielte zu der Anzeige hinauf. »Der Kreislauf des Patienten hat sich gefangen, seine Vitalfunktionen nähern sich normalen Werten an.« Der Mediziner nickte bedächtig. »Ja, wenn keine unvorhersehbaren Komplikationen eintreten, wird er durchkommen.«

»Haben Sie eine Erklärung für die drastische Reaktion, die beide nach Erhalt des Serums zeigten?«

»Keine Erklärung, aber eine Ahnung«, schaltete sich Tschobe ein. »Ein paar weitere Analysen werden uns Klarheit verschaffen. Sie müssen sich also weiterhin in Geduld fassen, genau wie wir alle.«

Dhark nahm die Mahnung kommentarlos hin. Was hätte er auch anderes tun sollen?

Gemeinsam mit Rani Atawa stürzten sich die Ärzte in die Arbeit.

Mit einem undefinierbaren Geräusch schlug Bert Stranger die Augen auf.

»Alle versammelt?«, krächzte Stranger. Seine fragenden Blicke wanderten von einem zum anderen. »Ist es ein gutes oder ein schlechtes Zeichen, wenn ein Raumschiffskommandant nach dem Aufwachen am Krankenbett zugegen ist? Alles in Ordnung mit mir? Werde ich wieder gesund? Warum antwortet mir denn niemand?«

»Das täten wir, wenn Sie jemanden zu Worte kommen ließen«, maßregelte Dhark den Kugelblitz.

Stranger besann sich. »Verzeihung. Geduld gehört nicht zu meinen Stärken. Also, Daumen hoch oder Daumen runter für den alten Kugelblitz?«

Dhark zwinkerte dem Reporter zu. »Sie sind über den Berg.«

»Schön, das zu hören.« Der Reporter stieß hörbar die Luft aus. Er fuhr sich mit der Zungenspitze über die spröden Lippen. Die anwesenden Männer ignorierend fasste er Gabi Gusto ins Auge. »Trotzdem spüre ich deutlich, dass ich noch eine Menge Pflege und Zuwendung brauche, um mich vollständig zu erholen.«

Die zierliche Krankenschwester hob die Hände vor ihr schüchtern wirkendes Gesicht, um das Lächeln zu verbergen, das sie nicht unterdrücken konnte. Als sie sich wieder unter Kontrolle hatte, strich sie ihr blondes, glattes Haar nach hinten und bedachte den Kugelblitz mit einem verweisenden Blick.

»Wenn Sie sich nicht benehmen, muss ich Sie festschnallen, Bert«, drohte sie mit erhobenem Zeigefinger. »Zu Ihrer sowie zu meiner Sicherheit.«

»Das würde ich als massiven Eingriff in meine journalistische Bewegungsfreiheit bewerten«, lamentierte Stranger.

»Ich könnte Miss Gusto sogar anweisen, Ihnen eine Beruhigungsspritze zu verpassen, damit Sie sich mal so richtig ausschlafen können«, versetzte Tschobe mit Leichenbittermiene.

»Wie bitte?« Stranger wandte sich hilfeheischend an Dhark: »Ist er dazu berechtigt?«

Der Commander nickte mit allem gebotenen Ernst. »Da Sie sein Patient sind, ja, das ist er. Nicht einmal ich als Kommandant kann mich über eine solche Anordnung hinwegsetzen. Daher empfehle ich Ihnen, sich ein bisschen zurückzuhalten und den guten Doktor nicht zu verärgern.«

Matt senkte Stranger den Kopf auf die Liege. Er setzte eine Unschuldsmiene auf, die ihm umso mehr das Aussehen eines hilfsbedürftigen kleinen Lausejungen verlieh.

*

Mit den weiteren Analysen kamen die Ärzte schnell voran. Bald stand fest, weshalb Stranger und Hobart so heftig auf das Gegenmittel reagiert hatten. Das Serum war höher dosiert gewesen als erforderlich. Zur wirksamen Bekämpfung des Virus genügte eine deutlich geringere Konzentration.

Auf jeden Fall wirkte es bei beiden Virenarten, sowohl bei der ursprünglichen als auch der mutierten Version. Das bestätigte die Entwicklung von Hobarts Gesundheitszustand. Zwar wachte er noch nicht auf, aber die Anzahl der Viren in seinem Körper nahm kontinuierlich ab. Sobald das feststand, plante Dhark die nächsten Schritte.

»Es spricht nichts gegen einen flächendeckenden Einsatz des Serums?«, vergewisserte er sich.

»Sie wollen es auf Sahara zum Einsatz bringen?«, antwortete Hanfstik mit einer Gegenfrage.

»So schnell wie möglich, Doc«, bestätigte Dhark. »Je eher wir das Serum einsetzen, desto mehr Erkrankte können wir hoffentlich retten. Besteht die Möglichkeit, das Mittel in Form eines Aerosols freizusetzen?«

»Nein«, bedauerte Tschobe. »Es in die Luft zu sprühen wäre natürlich die bequemste Lösung, aber so einfach geht eine verlässliche Behandlung nicht vonstatten. Es würde zerstäuben und sich wirkungslos zersetzen. Das Heilmittel muss wie bei Stranger und Hobart direkt in die Blutbahn gebracht werden. Nur auf diesem Weg ist seine Wirkung garantiert.«

»Das verkompliziert die Sache.« Dhark furchte die Stirn. »Wir kommen also nicht umhin, jeden Erkrankten einzeln zu behandeln. Sehe ich das richtig?«

Tschobe bejahte. »Diesen Aufwand müssen wir leider in Kauf nehmen. Aber wir sollten froh sein, dass das Virus überhaupt so einfach zu bekämpfen ist. Ehrlich gesagt hatte ich nicht damit gerechnet, dass wir bei unserer Suche nach einem Gegenmittel so schnell Erfolg haben würden.«

»Demnach handelt es sich um ein simpel strukturiertes Virus«, folgerte Dhark.

Der Afrikaner schüttelte den Kopf. »Ganz im Gegenteil. Der Erreger besitzt sogar eine äußerst komplexe Struktur. Dafür hat sein Erschaffer gesorgt, wahrscheinlich um sicherzustellen, dass dem Virus eben nicht so schnell beizukommen ist. Allerdings hat dieser Kharamak damit einen grundsätzlichen Fehler begangen, denn er erreichte das genaue Gegenteil seiner Absicht.«

»Das begreife ich nicht«, gab Dhark zu.

»Dabei liegt die Erklärung auf der Hand. Je komplexer die Struktur ist, desto leichter kann man sie aushebeln. Besitzt man erst den Schlüssel, um in sie einzudringen, genügt es, den Erreger an der richtigen Stelle nur ein kleines bisschen aus dem Gleichgewicht zu bringen, und er zerfällt regelrecht. Das ist ähnlich wie bei technischen Einrichtungen. Je komplizierter und weiter entwickelt Technologie ist, desto anfälliger wird sie in manchen Bereichen.«

Tschobes Ausführungen leuchteten dem Commander ein. »Ich verstehe, was Sie meinen, Manu.«

»Damit liegt unsere Arbeit weitgehend hinter uns. Wir stellen zwar noch eine Reihe von Untersuchungen an, aber ich glaube nicht, dass sich dabei neue grundlegende Erkenntnisse ergeben werden. Wie Sie sämtlichen noch lebenden Kolonisten auf Sahara das Heilmittel möglichst schnell verabreichen können, ist Ihr Problem.«

Zur Lösung desselben begann in Dharks Kopf bereits ein Plan zu reifen. »Uns bleibt wohl nichts anderes übrig, als auf Sahara zu landen und jedem Kolonisten eine Spritze zu verpassen. Vorher lasse ich die ganze Stadt flächendeckend mit Strich-Punkt bestreichen, um gewalttätigen Widerstand von vornherein zu unterbinden.«

»Davon rate ich dringend ab«, erhob Tschobe Einspruch. »Normalerweise betäubt Strich-Punkt zwar nur, aber in diesem Fall sieht das sehr wahrscheinlich anders aus. Ich fürchte, dass sich Strich-Punkt im fortgeschrittenen Stadium der Seuche tödlich auf die kraftlosen Infizierten auswirken könnte. Die Strahlen würden der verheerenden Wirkung des Virus zusätzlich Vorschub leisten.«

»Verstehe.« Das unkalkulierbare Risiko zwang Dhark zu einer Planänderung. »Eignet sich das Serum als vorbeugender Impfstoff, um die gesamte Besatzung der POINT OF zu immunisieren und jegliche Ansteckungsgefahr auszuschließen?«

»Die gesamte Besatzung?« Tschobe hob eine Braue. »Ja …, ja klar, kein Problem.«

»Was ist mit Außerirdischen?«

Es dauerte einen Moment, bis der Afrikaner den Sinn der Frage begriff. Zur Mannschaft der POINT OF gehörten nicht nur Menschen.

»Sie denken an unsere extraterrestrischen Besatzungsmitglieder? Kharamaks Virus befällt Menschen und, wie wir durch die Nögk wissen, Extraterrestrier auf die gleiche Weise. Daher ja, das Serum dürfte auch Parock, Hon Wolt und Steve Hawker vor einer Ansteckung schützen, sogar Ssirkssrii.« Tschobe senkte die Stimme zu einem Flüstern, sodass nur Dhark seine nächsten Worte verstehen konnte. »Und einen menschgewordenen Worgunmutanten ebenfalls.«

»Kein Zweifel möglich?«

»Doch, natürlich, ein gewisses Risiko besteht – das besteht aber auch, wenn wir diesen Personenkreis nicht impfen. und es dürfte in dem Fall sogar noch größer sein.«

Dhark pflichtete dem Arzt bei. »In Ordnung, Manu. Meine Herren, die Damen, dann wissen Sie, was Sie zu tun haben.«

»Ausreichende Mengen des Serums herstellen.« Hanfstik nickte. »Die schwächere Dosierung natürlich. Wir beginnen gleich mit der Produktion.«

»Die erste Charge stellen Sie für unsere Leute bereit«, bestimmte Dhark. »Ich schicke die Besatzung gruppenweise in die Medostation. Ausnahmslos alle werden geimpft.«

»Verstanden.«

»Ich bin zwar schon geimpft«, meldete sich Stranger, der seinen anfänglichen Schreck über das angedrohte Beruhigungsmittel überwunden hatte, weinerlich von seinem Krankenlager, »aber ich fühle mich trotzdem nicht ganz wohl. Miss Gusto, könnten Sie nicht mal nach mir sehen?«

Tschobe knurrte abfällig, Dhark verdrehte die Augen.

Der Commander bedankte sich bei den Medizinern und eilte in die Zentrale, um seine Führungskräfte über den Erfolg zu unterrichten und sein Vorhaben mit ihnen zu besprechen.

*

»Wir landen also.« Arc Doorns Nuscheln war halb Frage, halb Feststellung. »Und dann?«

»Dann impfen wir jeden, den wir antreffen«, sprach Dhark seine Absicht aus.

»Ein schwieriges Unterfangen.«

»Ich weiß. Die Kranken haben sich in ihre Wohnungen zurückgezogen. Die meisten siechen vor sich hin und sind nicht mehr in der Lage, einer Lautsprecherdurchsage zu folgen.«

»Und nicht alle werden sich überhaupt impfen lassen wollen. Vermutlich die wenigsten.«

»Wir müssen daher systematisch vorgehen«, führte der Commander weiter aus. »Wir landen im Zentrum der Stadt, suchen mit Bioscannern nach Überlebenden und arbeiten uns sternförmig in alle Himmelsrichtungen vor.«

»Klar.« Der rothaarige Worgunmutant winkte ab. »Aber das meine ich nicht. Ich denke vielmehr an Polizei und Sicherheitskräfte.«

»Richtig, von denen haben wir keinerlei Kooperationsbereitschaft zu erwarten.« Der stämmige Chris Shanton verschränkte die Arme vor der Brust. »Die Unterart des Virus sorgt im Gegenteil dafür, dass sie alles in ihrer Macht Stehende tun, um dafür zu sorgen, dass die Bevölkerung auch wirklich vollständig ausgelöscht wird. Wir haben bereits erlebt, wie die Uniformierten sich verhalten, sobald sie uns zu sehen bekommen. Sie fragen nicht, sondern schießen. Daran wird sich bei unserem zweiten Ausflug nichts ändern. Die Kerle werden uns mit Waffengewalt aufzuhalten versuchen, und dabei legen sie keinen Wert auf den Paralysemodus.«

Das war auch Dhark bewusst. »In diesem Fall nehmen wir keine Rücksicht«, entschied er mit eisiger Entschlossenheit.

»Gegenfeuer?«, versicherte sich Judd Farell, der großgewachsene, breitschultrige Chef der militärischen Abteilung der POINT OF.

»Nach eigenem Ermessen.« Dhark schickte eine Einschränkung hinterher: »Strich-Punkt, Mister Farell, außer die Lage erfordert zwingend etwas anderes.«

»Selbstverständlich, Sir.« Der stoppelbärtige Kahlkopf mit dem samtbraunen Gesicht nickte.

»Der Schutz unserer Leute genießt Priorität«, bekräftigte Dhark seine Direktive noch einmal. »Die Flash halten den Einsatzkräften den Rücken frei. Das gesamte Geschwader schleust aus. Die Piloten legen jeden Bewaffneten in den Straßen schlafen.«

Der Commander registrierte das einsetzende Schweigen. Er konnte sich vorstellen, was in den Köpfen der meisten seiner Leute vorging. Bei dem dritten Planeten von Munros Stern handelte es sich zwar um eine terranische Kolonialwelt, doch Sahara war politisch unabhängig. Ein Magistrat regierte die kleine Kolonie.

»Wir besitzen keinerlei Bevollmächtigung für ein bewaffnetes Einschreiten, Ren«, sprach Amy Stewart aus, was alle dachten. »Unter anderen Umständen würdest du ein solches Vorgehen als kriegerische Handlung bewerten.«

Dhark warf seiner Freundin einen scharfen Blick zu. »Unter anderen Umständen, ja. Ich weise aber ausdrücklich darauf hin, dass weder der Magistratsleiter Pal Bretan noch der Sicherheitschef der Kolonie, Darius Pollack, in der Verfassung sind, Entscheidungen im Sinne Saharas und seiner Bewohner zu treffen. Das sollte dir einleuchten. Also treffen wir die Entscheidung für sie, basta!«

Doorn räusperte sich vernehmlich. »Amys Einwand ist gerechtfertigt. Wir verlassen jegliches diplomatisches Parkett.«

»Ja, schon richtig.« Dhark senkte die Stimme und nickte dem weiblichen Cyborg zu. »Ich weiß das ja auch. Entschuldige, Amy, ich wollte dich nicht anfahren. Fakt ist jedoch, dass wir in diesem Fall mit Diplomatie keinen Schritt weiterkommen, Arc. Uns hört nämlich niemand zu. Ich bitte Sie alle, sich vor Augen zu führen, dass das da unten auf Sahara Menschen sind, deren Leben wir zu retten versuchen. Ohne uns sind sie spätestens morgen tot, ausnahmslos. Da pfeife ich, gelinde gesagt, auf jegliche diplomatische Etikette. Außergewöhnliche Umstände verlangen nach außergewöhnlichen Maßnahmen. Getreu dieser Maxime gehen wir vor. Ich bin mir sicher, die Überlebenden, einschließlich Magistrat und Sicherheitsbehörden, werden mir später zustimmen.«

Und wenn nicht, ist es mir auch egal.

Dharks flammender Appell zeigte die erwartete Wirkung. Niemand brachte weitere Bedenken vor – glücklicherweise, denn er hatte keine Lust auf eine Diskussion.

Die Anweisungen wurden weitergereicht, und wenig später war die gesamte Mannschaft eingeweiht. Alle wussten, was auf dem Spiel stand und was von ihnen erwartet wurde.

Inzwischen hatten die Mediziner genügend Serum hergestellt, um die ganze Besatzung impfen zu können. Da sich das gesamte Pflegepersonal an der Verabreichung des Mittels beteiligte, ging die Prozedur rasch vonstatten. Anschließend wurde sofort weiteres Serum produziert, bis es für mehrere Tausend Infizierte auf Sahara reichte.

Dhark nahm den zeitlichen Verlauf mit Zufriedenheit zur Kenntnis. Vom erfolgreichen Test an Bert Stranger bis zur Einsatzbereitschaft aller in die Rettungsmission eingebundenen Mannschaftsangehörigen waren keine drei Stunden vergangen.

Dhark gab den Startbefehl. Obwohl es ihn danach drängte, persönlich an dem Außeneinsatz teilzunehmen, entschied er, an Bord zu bleiben, um die Aktion von der Zentrale aus überwachen zu können.

*

Die POINT OF hing noch immer im geostationären Orbit auf der anderen Seite des Planeten, Sahara-City, der einzigen Stadt, genau gegenüber.

Möglicherweise stellten die planetengebundenen Abwehrbatterien keine Bedrohung mehr dar, weil die Geschützoffiziere nicht mehr in der Lage waren, die Waffen abzufeuern, doch Dhark ging kein Risiko ein. Mit eingeschaltetem Intervall ließ er den Ringraumer der Oberfläche entgegensinken und versenkte ihn im Boden.

Binnen weniger Minuten, in denen die Bildkugel nichts als Schwärze zeigte, durcheilte das Schiff den Planeten und trat auf der anderen Seite wieder zutage. Dabei legte Dhark den Kurs so fest, dass er nicht auf dem zwei Kilometer abseits gelegenen Raumhafen herauskam, sondern auf dem großen Platz im Zentrum der Stadt.

Sie tauchten auf der Taghalbseite von Sahara auf. Munros Stern hatte noch nicht den höchsten Stand erreicht.

Als Dhark die POINT OF einen halben Meter über dem Boden zum Stillstand brachte, fiel ihm die Stille ringsum auf. Außer ihm hielten sich nur noch zwei weitere Männer in der Zentrale auf: Der Mailänder Tino Grappa kauerte vor seiner Ortungsanlage, als sei er mit ihr verwachsen, und Glenn Morris’ schmale Gestalt hockte vor der Funkbude. Ebenso wie Doorn und Shanton bereiteten sich Dharks Stellvertreter Hen Falluta und Leon Bebir in einer Schleuse auf den Ausstieg vor.

Die Bildkugel übertrug die Umgebung des Landeplatzes. Kein Mensch ließ sich in der Nähe des Schiffs sehen.

Für eine Stadt, deren Einwohnerzahl bei der letzten Zählung jenseits der zehntausend Männer, Frauen und Kinder gelegen hatte, wirkte sie geradezu gespenstisch auf einen Betrachter.

Dharks Hände verkrampften sich um die Lehnen des Kommandantensessels.

Eine Geisterstadt!

Bordsprech sprang an, und in rascher Folge trafen aus sämtlichen Personenschleusen die Bereitschaftsmeldungen von Farells Raumsoldaten ein.

Dhark schaltete das Intervall aus.

Kaum dass das Feld erlosch, öffneten sich die Schleusentore, und die Soldaten sprangen in kleinen Gruppen ins Freie. Trotz der erfolgten Impfung trugen sie ausnahmslos W-Anzüge mit geschlossenen Helmen.

»Aufklärungsdrohnen ausgeschleust!«, rief Grappa.

Die Drohnen sollten die Bodentruppen mit Bildmaterial versorgen. Dhark nahm die Meldung des Mailänders mit einem knappen Nicken hin.

Er beobachtete das Vorgehen der Raumsoldaten. Angeführt wurden sie von Judd Farell selbst, der den Einsatz seiner Männer koordinierte. Der Tel Hon Wolt führte eine Gruppe an, Leutnant Lap Hornig eine zweite und Leutnant Rupert Schneider eine weitere. In dem scheinbar chaotisch durchgeführten Vorstoß, bei dem jedoch die Bewegungen aller Gruppen aufeinander abgestimmt waren, entdeckte Dhark zudem die Leutnants Posson, Olivier und Hill, Sergeant Bricks und Zugführer Ryan Doncaster, Fähnrich Gomulka und Oberbootsmann Ruslan Porlenkow, die Freunde Steve Hawker und Charlie Parker – und so manch einen mehr, der ihm im Schiff schon länger nicht mehr über den Weg gelaufen war.

Es bedurfte eines solch unschönen Anlasses, um an einige der Männer erinnert zu werden, die an Bord des Ringraumers Dienst versahen.

Dhark schüttelte den verstörenden Gedanken ab. Dies war nicht der richtige Zeitpunkt, um sich mit solchen Überlegungen zu belasten. Er verfolgte das Geschehen in der schwebenden Sphäre und nahm jede Einzelheit in sich auf. Zwischen den Raumsoldaten erkannte er die Cyborgs Lati Oshuta, Bram Sass, Jes Yello, Val Brack und Kai Nunaat. Für einen Moment blieb sein Blick an Amy Stewart hängen. Es gab Augenblicke, da fiel es ihm schwer, die herzensgute und zärtliche Frau, die er liebte, mit der entschlossenen Kämpferin in Einklang zu bringen, als die sie nun auftrat, aber das ging Amy umgekehrt mit ihm vermutlich genauso.

Noch ein Thema, mit dem du dich in deiner Freizeit beschäftigen solltest, schalt sich Dhark. Konzentriere dich auf den Einsatz!

Er gewahrte Artus, der ein Kontingent Kampfroboter anführte. Die zwei Meter fünfzehn hohen Kegel mit ihren rundumlaufenden Optiken und den variablen Extremitäten schwebten auf Prallfeldern dreißig Zentimeter über dem Boden. Die konisch geformten Maschinen fanden sowohl im zivilen als auch im militärischen Einsatz Verwendung.

Aus dem Gewimmel von Menschen und Robotern ragte wie ein Leuchtturm in der Brandung der riesige Parock auf.

Mit eingeschalteten Intervallen huschten die Flash wie Phantome durch die Unitallhülle der POINT OF. Die achtundzwanzig kleinen Raumzylinder formierten sich oberhalb ihres Mutterschiffs zu einem weiten Kreis, um den Bodentruppen im Bedarfsfall Kampfunterstützung zu gewähren.

Dhark bot alles auf, was sein Schiff zu bieten hatte. Hinzu kam die Schlagkraft der Bordwaffen des Ringraumers, die er jedoch nicht gegen die Bevölkerung von Sahara-City einzusetzen gedachte. Doch auch so belegte das Arsenal eindrucksvoll, welches Machtmittel die POINT OF darstellte.

Zum Glück sind wir die Guten, dachte Dhark mit frostigem Grimm.

Die Infizierten allerdings mochten das anders sehen.

Die Raumsoldaten begannen auszuschwärmen. Seit dem Erlöschen des Intervalls war kaum mehr als eine Minute vergangen.

2.

Sahara-City lag in einer fruchtbaren Ebene und war umgeben von kilometerweiten Feldern kakteenartiger Pflanzen, aus denen Saharas Exportschlager Ratzfatz produziert wurde.

Jenseits der Stadt schlossen sich die Ausläufer einer flachen Hügelkette an, die im Licht von Munros Stern badete.

Vom großen Platz im Zentrum ausgehend verliefen Straßen radial in alle Himmelsrichtungen. Sie lagen verlassen da, keine Bewegung verriet die Anwesenheit von Menschen. Bodenfahrzeuge standen achtlos zurückgelassen auf den Trassen. Ihre Besitzer hatten sie einfach stehenlassen.

Oder sie hängen tot vor den Bedienelementen.

Im einen oder anderen Fall musste Judd Farell davon ausgehen, dass Insassen verwesend in ihren Schwebern lagen – vielleicht aber auch vereinzelte Hilfsbedürftige, die zu schwach waren, um noch einen Arm zu heben. Farell nahm die Eindrücke beiläufig in sich auf. Er hielt nach Bewegungen in den Straßen und den Hauseingängen Ausschau, lauschte auf alarmierende Geräusche.

Nichts!

Dennoch zögerte er, die in einer Schleuse wartenden Mediziner und Pflegekräfte ins Freie zu rufen.

Bis auf Manu Tschobe und Gabi Gusto, die sich um die beiden Patienten in der Medostation kümmerten, stand das gesamte Personal mit großen Mengen Impfstoff bereit, um auf Sahara an Leben zu retten, was noch zu retten war. Farells Einschätzung nach kam es zwar auf jede Minute an, doch er traute dem scheinbaren Frieden nicht.

Sah er da nicht gerade eine hektische Bewegung hinter einem ebenerdig gelegenen Fenster?

Tatsächlich, ein Vorhang bewegte sich, glitt kaum merklich zur Seite und gleich darauf wieder in seine Ursprungsposition zurück. Farell glaubte, den Lauf einer Langwaffe gesehen zu haben. Mit einem Handzeichen instruierte er die neben ihm stehenden Soldaten.

»Wir werden beobachtet«, gab er über Helmfunk durch. »Der Vorhang hat sich bewegt.«

»Vielleicht durch einen Windzug?«, mutmaßte einer der Uniformierten.

»Bei geschlossenem Fenster?«, knurrte Farell unwirsch. »Vorwärts, Aufklärungsmission!«

Er selbst setzte sich an die Spitze des Stoßkommandos, während sich mehrere Gruppen bildeten, um die Gebäude ringsum in Augenschein zu nehmen. Erst nach der Sicherung des Platzes sowie der gedrängt stehenden Gebäude wollte Farell die Impfkommandos von der Leine lassen. Diesbezüglich hatte ihm Dhark sämtliche Kompetenzen eingeräumt. Für die Dauer der Mission unterstanden ihm nicht nur die Soldaten, sondern auch alle am Einsatz teilnehmenden Zivilisten.

Farell huschte in geduckter Haltung und im Zickzack über den Platz, um möglichen Schützen kein leichtes Ziel zu bieten. Er ließ das Fenster nicht aus den Augen. Dort rührte sich nun nichts mehr. Drei Uniformierte folgten ihm dichtauf. Ungehindert erreichten sie die Fassade. Farell warf sich mit dem Rücken gegen die Wand, zwei Uniformierte postierten sich links und rechts der Tür, die der Dritte auf ein Kopfnicken des Einsatzleiters hin auftrat. Krachend flog sie aus den Angeln. Die Soldaten sprangen mit angeschlagenen Multikarabinern in den dahinterliegenden Raum.

Niemand schoss, niemand stellte sich ihnen entgegen.

Der kantige Kahlkopf wirbelte zum Fenster herum, und sein Blick fiel auf eine alte Frau, die am Boden lag. Was er für einen Waffenlauf gehalten hatte, entpuppte sich als Gehstock. Ein Irrtum, der sich leicht als fatal hätte erweisen können. Anscheinend hatte die Frau mit letzter Kraft versucht, auf sich aufmerksam zu machen, war aber zusammengebrochen. Krämpfe schüttelten sie.

»Sie lebt noch!«, dröhnte es aus Farells Helmempfänger.

Die Soldaten sprangen hinzu, ohne den rückwärtigen Bereich der Wohnung zu vernachlässigen. Eine geschlossene Tür führte in den hinteren Wohnbereich.

Farell riss die Vorhänge auseinander. Er schaute nach draußen und nahm die unveränderte Lage zur Kenntnis.

Kein bewaffneter Einwohner zeigte sich auf der Straße, und kein Schuss fiel durch die Hand eines Heckenschützen. Es schienen sich keine potenziellen Gegner in der Nähe aufzuhalten.

Die Einsatzkräfte waren in einige der anliegenden Gebäude eingedrungen und sicherten sämtliche Straßenmündungen. Farell entschied, ein kalkuliertes Risiko eingehen zu können.

»Einen Arzt!«, verlangte er über Funk. »Ich brauche hier Impfstoff, aber schnell!«

Jemand sprang aus der Schleuse der POINT OF und sah sich suchend um.

Hon Wolt wies der Rettungskraft den Weg, die sich daraufhin in Bewegung setzte.

Der Mann, es handelte sich um Brad Lion, wie Farell hinter dessen Helmscheibe erkannte, hetzte über die Südseite des großen Platzes und kam ins Haus gerannt.

Der Chirurg brauchte keine langen Erklärungen. Er übersah die Situation mit einem Blick. Die Zielstrebigkeit, mit der er agierte, imponierte Farell.

Mit hektischen Bewegungen entnahm Lion einer der beiden Taschen, die er wie Kreuzgurte über den Schultern trug, eine Spritze und verabreichte der Infizierten das Heilmittel. Die alte Frau zuckte konvulsivisch, begann sich jedoch Sekunden später zu beruhigen. Ihre verkrampfte Gesichtsmuskulatur entspannte sich, ohne dass sie denselben knalligen Rotton annahm wie Stranger und Hobart. Das anfangs zu hoch dosierte Serum war nun auf den menschlichen Metabolismus zugeschnitten.

»Wird sie durchkommen, Doc?«, fragte einer der Soldaten.

»Kann sein«, antwortete Lion ausweichend, wobei er sich erhob und seine Tasche verschloss. »Kann auch sein dass nicht.«

Der Arzt schickte sich an, das Haus zu verlassen. In dem Moment setzte draußen Kampflärm ein.

*

In seiner Vehemenz erfolgte der Angriff überraschend.

Sie brachen aus einer Gasse hervor, etwa dreißig Personen in der Uniform der Sicherheitskräfte, und eröffneten das Feuer auf die Raumfahrer. Fanatismus bestimmte ihr Vorgehen, ein Fanatismus allerdings, den man ihnen nicht zum Vorwurf machen konnte. Das mutierte Virus diktierte das Verhalten der blindwütig anstürmenden Männer und Frauen, die mit Strahlern und Blastern schossen. Das Leben ihrer vermeintlichen Gegner war ihnen gleichgültig. Ihnen ging es darum, die gelandeten Hilfskräfte von der Rettung der Erkrankten abzuhalten.

Parock reagierte am schnellsten. Er warf sich in einen Schuss, der Artus galt. Das Instruieren der Kegelroboter lenkte den zur Künstlichen Intelligenz gewordenen Blechmann nur einen Moment lang ab, doch der wäre ihm beinahe zum Verhängnis geworden. Zum Glück griff Parock als lebender Schutzschild ein. Der Energiestrahl traf den vier Meter großen Hünen im Brustbereich, ohne ihn zu verletzen. Zwar färbte sich der weiße Ganzkörperanzug an der Auftreffstelle schwarz und kohlte durch, aber seine aus stabilen Hornschuppen bestehende Außenhaut schützte den Kraval.

Strich-Punkt. Ren Dharks Mahnung schoss Hon Wolt durch den Kopf. Sofern möglich.

Der Karabiner des Tel war ohnehin auf Betäubungsmodus eingestellt. Der Schwarze Weiße krümmte den Zeigefinger und legte den Schützen schlafen.

Auch alle anderen hielten sich an Dharks Direktive, niemand antwortete mit tödlichem Gegenfeuer. Alles ging nun so schnell, dass ein Augenzeuge dem Geschehen kaum hätte folgen können. Als Hon Wolt ein neues Ziel auswählte und zum zweiten Schuss ansetzte, lag bereits die Hälfte der Angreifer am Boden. Farells kampferprobte Raumsoldaten machten kurzen Prozess mit den schießwütigen Uniformierten von Sahara.

Als der Chef der militärischen Abteilung aus dem Haus eilte, um seinen Männern beizustehen, war der Kampf schon so gut wie beendet. Blassblaue Strahlen aus einem Flash sorgten endgültig für klare Verhältnisse. Die letzten einheimischen Sicherheitskräfte purzelten durcheinander und rührten sich nicht mehr.

Das Singen der Karabiner verklang, Stille trat ein. Dennoch ließen die Raumfahrer die Waffen nicht sinken. Sie rechneten mit einer weiteren Attacke, doch alles blieb ruhig.

»Verletzte?«, gellte Hon Wolts Stimme über den Platz.

Es gab keine zu beklagen, stellte der Tel zufrieden fest. Die Reaktionsschnelligkeit aller hatte den Feuerüberfall ins Leere laufen lassen.

»Du bist in Ordnung, Parock?«, erkundigte sich Farell bei dem vierbeinigen Hünen.

Die tentakelartigen Arme des Kraval wischten durch die Luft. »Mir geht es gut, aber euer hochgelobter W-Anzug wurde durchlöchert. Wie gut, dass wir vor dem Aussteigen alle geimpft wurden, sonst dürfte ich die verseuchte Luft nicht atmen.«

»Vielen Dank übrigens für dein Eingreifen, Parock«, schaltete sich Artus ein.

»Gern geschehen«, versicherte der Riese von Brock.

Der Roboter versprach: »Sobald sich die Gelegenheit ergibt, revanchiere ich mich.«

»Es reicht!«, fuhr Farell dazwischen. »Nettigkeiten austauschen könnt ihr, wenn ihr wieder im Schiff seid.«

Der Einsatzleiter verständigte sich mit den Offizieren und mit Hon Wolt. Während diese ihre Gruppen um sich scharten, gab Farell den Ausstieg für die Mediziner und Sanitäter frei. Die Soldaten sicherten in alle Richtungen, doch fürs Erste ließen sich keine weiteren Einheimischen blicken. Entweder reichten den Sicherheitskräften die blutigen Nasen, die sie sich soeben geholt hatten, oder sie warteten auf eine günstige Gelegenheit, um aus dem Hinterhalt zuschlagen zu können.

Aus einer Schleuse der POINT OF, die immer noch in Ruhestellung einen halben Meter über dem Platz schwebte, sprangen die Ärzte und ihre Helfer. Auch sie trugen W-Anzüge mit geschlossenen Helmen. Sie wussten, wie sie sich zu verhalten hatten. Rasch teilten sie sich auf die Gruppen auf, die sie in Empfang nahmen.

»Impfen Sie zunächst die Paralysierten!«, trieb Farell die Retter an.

Es hätte des Befehls nicht bedurft. Hanfstiks Gefolge wusste auch so, worauf es ankam. Kein einziger Infizierter durfte übersehen werden. Wer das Gegenmittel nicht gespritzt bekam, der war nicht nur selbst zum Tode verurteilt, sondern stellte zudem weiterhin eine Ansteckungsquelle dar.

Die Retter, denen sich nun auch Brad Lion wieder anschloss, versahen ihre Aufgabe zügig und gewissenhaft, während die Soldaten ihre Wachsamkeit noch erhöhten, um die Zivilisten zu schützen. Die Cyborgs beobachteten die Umgebung rund um den Platz mit Argusaugen, und Artus stieß mit den Blechmännern ein wenig vor.

»Was machen wir mit den Geimpften?«, fragte der kleine drahtige Cyborg Lati Oshuta. »Tragen wir sie in eins der Gebäude?«