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Ren Dhark und seine Begleiter jagen dem Fremden nach, der bereits mehrere Planeten in der Milchstraße mit tödlichen Seuchen überzogen hat. Niemand weiß, wo er das nächste Mal zuschlagen wird, die Terraner haben im Moment nur eine vage Spur. Zur gleichen Zeit kommt ein Mann zu sich, der sich nicht daran erinnern kann, wer er ist. Dann wird ihm klar: Er und die anderen an diesem Ort sind die letzten Menschen von Babylon... Jan Gardemann, Achim Mehnert und Nina Morawietz schrieben diesen abwechslungsreichen SF-Roman nach dem Exposé von Ben B. Black.
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Seitenzahl: 363
Veröffentlichungsjahr: 2020
Ren Dhark
Weg ins Weltall
Band 78
Die letzten Menschen von Babylon
von
Nina Morawietz
(Kapitel 1 bis 9)
Jan Gardemann
(Kapitel 10 bis 16)
Achim Mehnert
(Kapitel 17 bis 24)
und
Ben B. Black
(Exposé)
Inhalt
Titelseite
Vorwort
Prolog
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
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17.
18.
19.
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21.
22.
23.
24.
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Impressum
Vorwort
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, liebe Leser, ich für meinen Teil bin jedenfalls Smartphone-Verweigerer. Mein Mobiltelefon ist über zehn Jahre alt, und ich kann damit telefonieren sowie SMS senden und empfangen. Das Gerät hat einen kleinen Taschenrechner eingebaut, und das Display ist sogar schon in Farbe – was will man mehr?
Jetzt könnte man vermuten, dass meine Weigerung, ein Smartphone zu besitzen, mit meinem Alter zusammenhängt, denn ich bin auch nicht mehr der Jüngste, aber ich kann Ihnen versichern, dass ich nach wie vor keine Scheu vor moderner Technik habe und mir die aktuellen Geräte auch keineswegs zu kompliziert sind. Von meinem ursprünglich erlernten Beruf her gehöre ich nämlich tendenziell zu den Menschen, die Apps für Smartphones entwickeln, Internetportale programmieren, Server einrichten und ähnliche nicht ganz simple Dinge tun, der Umgang mit einem tragbaren Kleincomputer, mit dem man zufällig auch noch telefonieren kann, stellt also keine wirkliche Herausforderung für mich dar.
Warum also sperre ich mich gegen diese Geräte? Dafür gibt es zwei Gründe. Zum einen, weil man – egal von welchem Hersteller – ausspioniert wird. Ich könnte eine Reihe von Beispielen dafür auflisten, welches Ausmaß das inzwischen teilweise angenommen hat, aber das würde den hiesigen Rahmen sprengen. Der andere Grund liegt darin, dass man mit oder besser an diesen Geräten sehr viel Zeit verbringen kann, wovon aber meist nur ein kleiner Teil wirklich produktiv ist. Ständig pingt es, weil eine neue Nachricht, eine E-Mail, ein Bild oder Ähnliches eingetroffen ist. Und wenn man sich erst einmal hat ablenken lassen, ist eine halbe oder ganze Stunde im Nu vorbei.
Aber jetzt haben mich die positiven Seiten der neuen Technik doch eingeholt, ich muss meinen obigen Satz also in »ich war Smartphone-Verweigerer« korrigieren. Der Hintergrund ist der, dass ich auf der letzten Mitgliederversammlung unseres Tanzsportclubs in den Vorstand berufen wurde, und der organisiert sich nicht zuletzt über eine Whatsapp-Gruppe, was an sich eine schnelle und unkomplizierte Sache ist. Aber machen Sie mal Whatsapp ohne Smartphone – es geht nicht oder ist zumindest äußerst umständlich. Das Smartphone meiner Frau ist da auch keine zufriedenstellende Dauerlösung, also habe ich mir jetzt wohl oder übel so ein Teil zugelegt und werde es auch demnächst entsprechend in Betrieb nehmen. Inwieweit ich mich dabei auch der Datensammelritis der verschiedenen Anbieter hingebe, um die daraus resultierenden Vorteile zu nutzen, überlege ich mir allerdings noch, dabei wohl wissend, dass ich das bis zu einem gewissen Grad gar nicht verhindern kann.
Das Ganze bringt mich zu der Frage, wie Sie, liebe Leser, dieses Thema wohl sehen und vor allem, ob wir solche Dinge künftig auch bei REN DHARK mehr thematisieren sollen, also jetzt nicht konkret Smartphones, sondern eher Wohl und Wehe des technischen Fortschritts im Allgemeinen. Schreiben Sie uns Ihre Meinung, entweder als echten Brief, wenn Sie das bevorzugen, gerne aber auch per E-Mail an: [email protected]
An dieser Stelle möchte ich Sie noch auf den zeitgleich erschienenen 38. UNITALL-Band hinweisen. Er trägt den Titel »McAustins große Stunde« und wurde von Nina Morawietz nach einer eigenen Idee verfasst.
Doch nun wieder genug der (Vor-)Worte, denn neben Ren Dharks Jagd nach dem Verursacher der verheerenden Seuchen erwarten uns auch die letzten Menschen von Babylon …
Stuttgart, im September 2018
Ben B. Black
Prolog
Im Herbst des Jahres 2067 scheint sich das Schicksal endlich einmal zugunsten der Menschheit entwickelt zu haben. Deren Hauptwelt heißt längst nicht mehr Terra, sondern Babylon. 36 Milliarden Menschen siedelten auf diese ehemalige Wohnwelt der Worgun um, als die irdische Sonne durch einen heimtückischen Angriff zu erlöschen und die Erde zu vereisen drohte. Mittlerweile konnte die Gefahr beseitigt werden, und das befreundete Weltallvolk der Synties hat den Masseverlust der Sonne durch die Zuführung interstellaren Wasserstoffgases wieder ausgeglichen. Die Erde ist erneut ein lebenswerter Ort, auf dem allerdings nur noch rund 120 Millionen Unbeugsame ausgeharrt haben. Die neue Regierung Terras unter der Führung des »Kurators« Bruder Lambert hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Planeten nach dem Vorbild Edens in eine Welt mit geringer Bevölkerungsdichte, aber hoher wirtschaftlicher Leistungskraft zu verwandeln, und ist deshalb nicht bereit, die nach Babylon Ausgewanderten wieder auf die Erde zurückkehren zu lassen.
Noch im selben Jahr nimmt Ren Dhark das Angebot des Industriellen Terence Wallis an und lässt seinen Körper mit Nanorobotern behandeln, die ihn und sieben von ihm Auserwählte unsterblich machen. Doch anstatt sich mit seiner nun vollständig veränderten Lebensperspektive beschäftigen zu können, muss sich Ren Dhark einer neuen Aufgabe stellen: Eine unbekannte Macht namens Kraval sorgt dafür, dass der Hyperraum nicht länger zugänglich ist.
Als man diese Herausforderung endlich gemeistert hat, tauchen die Wächter mit einer neuen Hiobsbotschaft auf: Im Zentrum der Milchstraße hat sich scheinbar aus dem Nichts ein Miniaturuniversum gebildet, das allerdings exponentiell wächst und schon in wenigen Jahren den Untergang unseres Universums herbeiführen könnte. Mithilfe der Nomwarun – nur etwa 50 Zentimeter große Nachfahren der Worgun – gelingt es schließlich, der Gefahr zu begegnen. Allerdings spielen die Nomwarun nicht mit offenen Karten und zerstören das Miniuniversum, anstatt es wie versprochen in ein anderes Kontinuum zu versetzen, weil das anscheinend nicht möglich gewesen ist. Ren Dhark macht dieses Resultat sehr zu schaffen, doch es gelingt ihm nicht, die Nomwarun entsprechend zur Rede zu stellen.
Knapp zwei Jahre später, im Sommer des Jahres 2072, scheint endlich die Normalität in der Milchstraße zu herrschen, die sich jedermann wünscht. Da werden Arc Doorn, Chris Shanton und Amy Stewart durch ein Lichtphänomen aus einer uralten Einrichtung der Wächter unterhalb des Titicacasees in die Galaxis Voktar verschlagen. Ren Dhark eilt seinen Freunden zu Hilfe, und nach einer kleinen Odyssee gelingt es den Raumfahrern im Sommer 2073 schließlich, wieder in die Milchstraße zurückzukehren.
Kaum zu Hause, bekommen es die Raumfahrer mit jemandem zu tun, der offenbar bewohnte Planeten mit tödlichen Seuchen überzieht. Auf der Suche nach Hinweisen auf den Verbleib des geheimnisvollen Fremden empfängt die POINT OF einen Notruf von einem Planeten, der sich als Kolonialwelt der Sukooren entpuppt. Dort scheint man über das Hilfsangebot der Terraner jedoch nicht sonderlich erfreut zu sein …
1.
Garrzh-Mog funkelte den Commander wütend an. Die Knöchel seiner zur Faust geballten Hände stachen bleich unter der graugrünen Haut hervor. Seine beiden Münder bebten vor Zorn.
Unwillkürlich überfiel Ren Dhark der Gedanke, von dem Mann belogen worden zu sein. Möglicherweise steckte doch der sukoorische Geheimdienst hinter dem Seuchenanschlag auf die Bevölkerung Arg-Ylos. Obwohl Dhark mit dem Schlimmsten rechnete, gelang es ihm, äußerlich ruhig auf seinem Stuhl sitzen zu bleiben und auch keinen nervösen Blick in Richtung Ausgang zu werfen. Den sukoorischen Kapitän würde er im Fall der Fälle mit einer Kombination einiger Judotechniken rasch außer Gefecht setzen können, doch er war sich nicht sicher, ob er es rechtzeitig um den Tisch herum schaffen würde, bevor der Pilzkopf Verstärkung rief. Er befand sich im Bereitschaftsraum der ERBHOL – als einziger Terraner, noch dazu unbewaffnet.
Als Sekunden später keine seiner Befürchtungen eintrat, hob er fragend die Augenbrauen, was sein Gegenüber allerdings nicht zu interpretieren wusste. Die vier Knopfaugen funkelten ihn weiterhin grimmig an, sodass Dhark das Gefühl beschlich, die Situation möglicherweise falsch einzuschätzen.
Nach eigenen Aussagen ist Garrzh-Mog ein hochrangiges Mitglied des sukoorischen Geheimdienstes, überlegte der Commander. Diesen Posten erlangt nur jemand mit der nötigen Erfahrung und Stärke. Wenn er und seine Leute tatsächlich die Seuche verbreitet hätten, um ihre eigenen Artgenossen zu töten, würde er sich wohl kaum durch eine derartige Gefühlsregung selbst verraten. Rani Atawa hat lediglich verkündet, dass sie und ihr Team ein Heilmittel entwickelt haben. Wäre Garrzh-Mog tatsächlich ein Massenmörder und wütend auf die Terraner, die ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht haben, hätte er als abgebrühter Geheimdienstler doch eher so getan, als ob er sich freuen würde, damit niemand Verdacht schöpft. Insofern kann ich ruhig ausschließen, dass er etwas damit zu tun hat.
Der Sukoore begann neuerlich, im Raum auf und ab zu laufen, als ob er über irgendetwas intensiv nachdenken würde. Dhark wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte. Ihn bei dem, was auch immer er tat, unterbrechen, wollte er nicht unbedingt.
Sein Bericht über die Rebellen, die ihre Anliegen mit Anschlägen auf die Bevölkerung durchdrücken wollen, klang überzeugend, grübelte der weißblonde Terraner weiter. Garrzh-Mog hat mir nie einen Grund gegeben, an der Richtigkeit seiner Aussagen und vor allem Zusagen zu zweifeln. Wie versprochen hat er die MAMTH sicher nach Arg-Ylo zurückgeleitet, nachdem wir den Frachtraumer manövrierunfähig geschossen haben, anstatt die hilflosen Ducks ihrem Schicksal zu überlassen oder sie gar zu vernichten. Dennoch begreife ich seine Reaktion auf Miss Atawas Meldung nicht. Hat er möglicherweise etwas missverstanden?
»Commander«, fragte die Biologin irritiert, die noch immer auf dem kleinen Bildschirm auf dem Tisch zu sehen war, »ist alles in Ordnung?« Seitdem sie die frohe Botschaft überbracht hatte, waren bestimmt schon zwei Minuten vergangen, und sie wartete noch immer auf eine Rückmeldung.
Der Angesprochene nickte lächelnd. »Vielen Dank für Ihre Bemühungen. Wie immer haben Sie großartige Arbeit geleistet. Ich befinde mich allerdings noch in einer Besprechung mit Garrzh-Mog.«
Atawas Mundwinkel zuckten. Eine leise Enttäuschung sprach aus dem Gesicht der Inderin. »Oh, wenn das so ist, dann möchte ich Sie natürlich nicht länger stören. Ich dachte bloß, Sie wollten die Ergebnisse möglichst schnell erfahren.«
»Das ist korrekt. Wir sprechen darüber, sobald ich zurück bin.« Dhark beendete das Gespräch und blickte zu Garrzh-Mog auf, der mittlerweile stehen geblieben war. »Entschuldige bitte, dass ich unser Gespräch einfach unterbrochen habe.« Dies entsprach zwar nicht ganz der Wahrheit, doch es stellte für ihn die eleganteste Möglichkeit dar, die Aufmerksamkeit des Sukooren wieder auf sich zu lenken, ohne aufdringlich zu wirken.
Der Geheimdienstler sah ihn an. Er wirkte nicht mehr wütend, auch wenn Dhark mangels Erfahrung im Umgang mit diesem Volk nicht sagen konnte, was der Gesichtsausdruck des Pilzkopfs zu bedeuten hatte. »Schon in Ordnung. Ich hoffe, du nimmst mir meine Reaktion nicht übel. Normalerweise verliere ich die Fassung nicht so schnell, aber auf manche Dinge ist man einfach nicht vorbereitet.« Er setzte sich wieder Dhark gegenüber auf der anderen Seite des Konferenztischs, der Platz für zehn Personen bot.
»Ich verstehe das«, versicherte der Commander ihm. »Die Schuld trifft ganz allein mich. Vielleicht hätte ich meiner Mannschaft Anweisung geben sollen, uns nicht zu stören.«
»Nein, Ren Dhark, du und die Terranerin haben alles richtig gemacht. Ich war bloß ein wenig überrascht, um nicht zu sagen aufgewühlt.«
»Du kannst das Heilmittel haben. Wir verlangen nichts dafür.«
»Darum geht es nicht.«
Je länger Dhark den Sukooren musterte, desto mehr Feinheiten erkannte er in dessen Gesichtszügen. Obwohl er das feine Mienenspiel nach wie vor nicht vollständig zu deuten vermochte, glaubte er mittlerweile, den tatsächlichen Grund für den Gefühlsausbruch zu kennen: Scham.
Die Sukooren haben Gewebeproben zu ihrem Heimatplaneten geschickt, um dort ein Heilmittel zu entwickeln, fasste er in Gedanken zusammen. Dann kamen Fremde aus dem Weltraum und haben binnen weniger Stunden das fertiggebracht, woran Garrzh-Mogs Artgenossen bereits seit mehreren Tagen fieberhaft ohne Ergebnis arbeiten. Ich kann mir gut vorstellen, dass das dem eigenen Selbstwertgefühl einen herben Schlag versetzt. Möglicherweise sollte ich mich mit Angeboten lieber zurückhalten, um die Sache nicht noch schlimmer zu machen.
Nach einigem Zögern bestätigte Garrzh-Mog, was Dhark bereits erahnt, aber nicht gefragt hatte: »Bitte versteh mich jetzt nicht falsch, Ren Dhark. Einerseits freue ich mich, dass endlich ein Heilmittel gefunden wurde, andererseits hatte ich jedoch gehofft, dass es aus unseren eigenen Laboren stammen würde. Seit dem Untergang der G’Loorn sucht mein Volk nach einem neuen Sinn im Leben. In jüngster Zeit fanden wir ihn vor allem in unseren eigenen Erfolgen. Wir wollen nie wieder auf die Gunst von Fremden angewiesen sein, ob sie nun in böser oder guter Absicht handeln.«
Der Commander ahnte, was ihm der Sukoore damit durch die Blume zu verstehen geben wollte, doch er weigerte sich, einfach aufzugeben und unzählige Sukooren sterben zu lassen wegen irgendjemandes verletzten Stolzes.
Allerdings wusste er auch, dass er an Bord der ERBHOL nicht einfach mit der Faust auf den Tisch schlagen und Forderungen stellen konnte. Er zweifelte keine Sekunde daran, dass der Geheimdienstler ihn sofort in die POINT OF zurückschicken und aus dem hiesigen Sonnensystem verjagen würde. Deshalb beschloss er, es vorsichtig anzugehen.
»Ich kann deine Bedenken absolut nachvollziehen«, gestand Dhark dem Sukooren zu. »Die Seelenfresser haben viel zu lange die Geschicke deines Volkes bestimmt.«
»So ist es«, pflichtete Garrzh-Mog ihm bei. »Niemand wird uns jemals wieder unterdrücken. Dafür sorgen wir!«
»Das funktioniert jedoch nur, wenn die Bevölkerung ausreichend groß ist. Kleinere Gruppen bieten ein leichteres Ziel, sofern sie nicht über einen Ausgleich wie beispielsweise überlegene Waffen- und Sicherheitssysteme verfügen.«
»In diesem Punkt gebe ich dir recht. Wir arbeiten auf Hochtouren daran, unseren technologischen Fortschritt voranzutreiben. Leider verläuft er nicht immer ganz so schnell, wie man es sich erhofft.«
Dhark nickte. »Bis vor knapp zwanzig Jahren konnten wir Terraner gerade einmal 1,7 Lichtjahre mit unseren ›Time‹-Effekt-Antrieben im Weltraum in Nullzeit zurücklegen. Es ist einer Fehlfunktion zu verdanken, dass eines unserer Schiffe viertausenddreihundert Lichtjahre sprang. Eigentlich wären die Raumfahrer niemals zur Erde zurückgekehrt und irgendwann fernab der Heimat gestorben, hätten sie nicht durch Zufall einen Planeten entdeckt.«
»Ach ja?«, hakte Garrzh-Mog scheinbar gleichgültig nach. Das Aufblitzen in seinen Augen verriet jedoch seine Neugier. »Was war denn mit dem Planeten?«
»Dort befand sich eine gewaltige Höhle mit außerirdischer Technologie, die unserer eigenen so weit überlegen war, dass wir sie bis heute nicht vollständig erfasst haben. Wir erforschten sie, um sie für unsere Zwecke nutzen zu können. Der Ringraumer da draußen, die POINT OF, stammt von dort.«
»Du fliegst also ein Fremdschiff?«
»Genau, und ich schäme mich auch nicht dafür. Die POINT OF ist das Beste, was mir in meinem Leben passiert ist. Ohne sie wäre ich nicht der Mann, der ich heute bin.«
»Ach, du übertreibst doch.«
»Im Gegenteil. Der Ringraumer bringt mich in die entferntesten Winkel der Galaxis, und sogar darüber hinaus. Ich entdecke damit so viel, was mir ansonsten verborgen geblieben wäre.« Dhark spürte die Aufregung in sich, wenn er an all die Möglichkeiten dachte, die ihm sein Schiff bot. Nach all den Jahren faszinierte ihn die Raumfahrerei immer noch wie am ersten Tag. Leider färbte von seiner Begeisterung nichts auf Garrzh-Mog ab.
»Mit Verlaub, das klingt sehr … egoistisch. Was ist denn mit den anderen Terranern, während du mit deiner POINT OF Spaß hast?«
Dhark lachte leise und hob entschuldigend die Hände. »Ich fürchte, ich habe mich ein bisschen zu sehr hineingesteigert. Der Ringraumer ist nicht der einzige seiner Art. Wie erwähnt, haben wir die Worgun-Technologie erforscht. Auf Babylon profitieren Milliarden von Menschen davon.«
»Fürchtet ihr nicht, euch abhängig davon zu machen?«, gab der Sukoore zu bedenken.
»Eine berechtigte Frage«, räumte der Commander ein. »Zugegebenermaßen ertappte ich mich öfter dabei, mich zu fragen, ob wir jemals etwas Besseres entwickeln können als die Mysterious. Dann aber begegne ich Menschen wie Chris Shanton, einem Mitglied meiner Mannschaft, die völlig neuartige Dinge quasi aus dem Nichts entwickeln. Sie lassen sich nicht von Fremdtechnologien einschüchtern oder gar abhalten, etwas Eigenes zu erfinden.«
»Sind die terranischen Lösungen besser?«
»Das ist mangels Vergleichsmöglichkeiten schwer zu sagen. Es gibt vieles, was die Worgun nicht entwickelt haben, oder besser gesagt, von dem wir nicht wissen, ob sie es entwickelt haben. Als Terraner werden wir mit anderen Problemen als sie konfrontiert, deshalb brauchen wir unsere eigenen Lösungen. Oftmals ergänzen wir unsere Technologien auch mit denen von Fremdvölkern oder umgekehrt. Daran ist meines Erachtens nichts Verwerfliches. Ein gemeinschaftlicher Austausch bringt uns meistens schneller voran, als wenn jeder sein eigenes Süppchen kocht. Ohne die Nogk wäre Terra vermutlich längst zerstört. Dank eines von ihnen eingerichteten globalen Schutzschirms konnten beispielsweise Angriffe der Grakos erfolgreich abgewendet werden.«
»Und jetzt seid ihr unbesiegbar?«
»Ich wünschte, dem wäre so. Der Weltraum steckt voller Wunder und Gefahren, von denen es einige aus unerfindlichen Gründen ständig auf die Wiege der Menschheit abgesehen haben. Dabei bietet unser Heimatplanet im Grunde nichts von größerem Interesse, das den Aufwand lohnt.« Dhark richtete sich auf. »Aber genug davon, ich möchte dich nur ungern mit unserer Geschichte langweilen.«
»Keine Sorge, das hast du nicht«, entgegnete Garrzh-Mog. »Manchmal ist es recht interessant, das Leben aus einem anderen Blickwinkel betrachtet zu erfahren.«
»Um auf das eigentliche Problem zurückzukommen: Das Heilmittel konnte noch nicht getestet werden. Wahrscheinlich ist es auch noch nicht ganz perfekt, also sollte man damit auf keinen Fall sofort den gesamten Planeten impfen. Wenn du möchtest, könnten wir euch die Ergebnisse trotzdem überlassen, und ihr schaut, ob ihr sie überhaupt für eure eigenen Forschungen gebrauchen könnt.«
Der Commander zweifelte keineswegs daran, dass das Heilmittel wirkte, doch er wollte den Sukooren nicht beschämen. Mit seinen Ausführungen hatte er ihm zeigen wollen, dass die Terraner keine Götter waren, sondern ihr technologisches Niveau verschiedenen Fremdvölkern zu verdanken hatten. Auch die Sukooren würden sich binnen weniger Jahre weiterentwickeln können, wenn sie Einflüsse von außen nicht grundsätzlich ausschlossen, sondern für ihre eigenen Zwecke nutzten. Letztendlich beurteile niemand ein Volk nach dem, was es aus eigener Kraft erreicht hatte, sondern nach der Stärke seiner Waffen. Letzteres verriet der weißblonde Terraner dem Sukooren allerdings nicht.
Garrzh-Mog blickte einige Sekunden lang schweigend vor sich hin, und schließlich nahm er Ren Dharks Angebot an, wenn auch zögerlich. »Nun, es schadet sicherlich nicht, wenn unsere Wissenschaftler mal einen Blick auf euer Heilmittel werfen.«
»Möchtest du die Daten sofort haben?«
»Je früher, desto besser. Die Seuche wartet leider nicht auf uns.«
Mit Garrzh-Mogs Erlaubnis kontaktierte Ren Dhark die Medostation der POINT OF über das Kommunikationsgerät auf dem Konferenztisch. Kurz darauf erreichte ein Datenpaket die ERBHOL, welches der Geheimdienstler sofort von seinen Spezialisten für Systemsicherheit überprüfen ließ. Wenige Minuten später bestätigten sie ihm, dass sie keinerlei schädliche Programme in dem Paket hatten finden können.
Ren Dhark entging nicht, dass die Anspannung von Garrzh-Mog abfiel, auch wenn sich der Mann große Mühe gab, einen gefühlskalten Eindruck seinem terranischen Gast gegenüber zu machen.
Er misstraut mir, weil er mich nach wie vor nicht einschätzen kann, schoss es dem Commander durch den Kopf. Das kann ich ihm nicht verdenken. Wann bekommt man schon einmal etwas geschenkt, vor allem in einer Notsituation? Ich hoffe, die Vernunft siegt über den falschen Stolz und das Heilmittel wird eingesetzt.
Schließlich erhob Garrzh-Mog sich und ging um den Tisch herum zu Dhark, dem er die Hand reichte. Überrascht griff der Terraner zu und schüttelte sie.
»Im Namen meines Volkes danke ich dir für deine Großzügigkeit«, begann der Sukoore. »Ich muss zugeben, dass mich dein ungewöhnliches Verhalten verwirrt und mir deine Intentionen nach wie vor schleierhaft sind. Warum hilfst du dir völlig fremden Wesen, ohne eine Gegenleistung dafür zu erwarten?«
Dhark lächelte. »Ich erwarte durchaus etwas: nämlich, dass diese schreckliche Seuche bald Geschichte sein wird.«
»Oh, das meinte ich nicht. Lass es mich anders formulieren: Warum verlangst du kein Geld, keine Güter oder andere Dinge von uns?«
»Wir halfen euch, weil wir es konnten, nicht weil wir etwas von euch brauchen. Davon abgesehen profitieren meine Wissenschaftler davon, fremde Krankheiten zu erforschen. Dadurch sammeln sie Erfahrung und werden besser in dem, was sie tun. Eines Tages könnte sich dieses neu errungene Wissen als hilfreich erweisen.« Diese Begründung war Dhark spontan eingefallen, und es erleichterte ihn zu sehen, dass sie die gewünschte Wirkung bei seinem Gesprächspartner erzielte.
»Das leuchtet mir ein«, erklärte Garrzh-Mog, der nun ruhigen Gewissens behaupten konnte, dass nicht nur die Sukooren von dem Zusammentreffen ihrer beider Völker profitiert hatten. Er neigte seinen Pilzkopf und blickte auf seine Hand, die noch immer Dharks hielt. »Ich habe im Hyperfunknetz gelesen, dass ihr Terraner euch auf diese Weise bedankt. Leider erfuhr ich nichts über die Dauer dieses Rituals. Wäre es falsch, nun loszulassen?«
»Keineswegs«, ermunterte Dhark ihn freundlich, froh, seine Hand nun endlich wieder für sich zu haben.
Die beiden Männer verabschiedeten sich voneinander. Wenig später kehrte der Commander mittels des Transmitters in der Zentrale der ERBHOL in sein eigenes Schiff zurück.
2.
Zurück in der Zentrale hieß Ren Dhark seinen Ersten Offizier an, Kurs aus dem System der Sukooren zu setzen. »Aber bitte nicht zu schnell«, fügte er hinzu. »Ich möchte gerne einen Haken hinter das Thema ›Ducks‹ setzen, bevor wir Eins erreichen.«
»Verstanden, Commander«, bestätigte Hen Falluta und nahm die entsprechenden Eingaben an der Konsole vor.
Nachdem sich Dhark vergewissert hatte, dass die gesamte Führungsriege der POINT OF in der Zentrale versammelt war, schaltete er die Medostation via Bordsprech hinzu. Insbesondere Rani Atawas Gesichtsausdruck konnte er entnehmen, dass die Wissenschaftler bereits auf Neuigkeiten brannten.
»Wie Sie wissen, traf ich mich soeben mit Garrzh-Mog, dem Kommandanten der ERBHOL, in dessen Besprechungsraum, wo wir ein Gespräch unter sechs Augen führten. Ich gab ihm das Versprechen, die Vorfälle nicht an die große Glocke zu hängen, und vertraue darauf, dass auch Sie das Folgende für sich behalten.« Der weißblonde Terraner pausierte einen Augenblick, bevor er fortfuhr: »Nach eigenen Aussagen ist Garrzh-Mog ein hochrangiges Mitglied des sukoorischen Geheimdienstes. In den letzten Jahren scheint sich eine Extremistengruppe um einen Duck namens Watom-Olk geschart zu haben, deren Ziel es ist, die galaktischen Expansionsbestrebungen ihres Volks aufgrund der negativen Erfahrungen mit den G’Loorn einzustellen und sämtliche Kolonien außer der Heimatwelt aufzugeben. Weil sie mit ihren Ideen auf wenig Gegenliebe stößt, versucht sie, ihre Forderungen nun mit terroristischen Maßnahmen durchzusetzen. Als Angriffsziel wählte sie Arg-Ylo.
Die beiden kleinen Raumschiffe, die wir beim Abflug beobachten konnten, transportierten in offiziellem Auftrag die Blut- und Gewebeproben zur Heimatwelt der Sukooren, wo derzeit intensiv an einem Heilmittel gearbeitet wird. Mir gelang es, Garrzh-Mog davon zu überzeugen, sich zumindest die Daten unserer Forschungsergebnisse von uns geben zu lassen. Ansonsten habe ich mich nicht weiter eingemischt.«
»Hast du den Duck noch einmal wegen Kharamak gefragt?«, wollte Parock wissen.
Der Commander schüttelte den Kopf. »Nicht direkt. Ich berichtete Garrzh-Mog kurz von den Vorfällen bei den Nögk sowie auf Sahara und ließ ihn selbst die Parallelen zu denen auf Arg-Ylo erkennen. Der Krayn scheint mit der hiesigen Seuche nichts zu tun zu haben, sonst hätte sich Garrzh-Mog wohl dazu geäußert.«
Der Vier-Meter-Riese verzwirbelte seine muskulösen, tentakelartigen Arme ineinander. »Das überzeugt mich nicht. Wenn der Sukoore nicht klipp und klar sagte, dass Kharamak den Planeten nicht besucht hat, besteht die Möglichkeit, dass der Händler doch dort war.«
»Die Möglichkeit besteht immer«, konterte Dhark kühl. »Vergiss bitte nicht, dass ich Garrzh-Mog keinem Verhör unterzogen, sondern ein Gespräch auf Augenhöhe von Kommandant zu Kommandant geführt habe – in seinem Schiff.«
»Ich finde, die Geschichte über Watom-Olk klingt durchaus realistisch«, sprang Amy Stewart ihrem Lebensgefährten bei. »Im Gegensatz zu Ren waren wir bei dem Gespräch nicht dabei, können also am allerwenigsten beurteilen, ob Garrzh-Mog gelogen hat.« Sie wandte sich zu Dhark: »Fandest du den Mann vertrauenswürdig?«
Unschlüssig wiegte der Commander den Kopf hin und her. »Das ist schwer zu beurteilen. Ich formuliere es mal so: Er gab mir keinen Grund, am Wahrheitsgehalt seiner Aussagen zu zweifeln. Was hätte er davon, uns zu belügen, wo er uns einfach aus dem System hätte verjagen können?«
»Vielleicht wollte er lediglich unsere Neugier befriedigen, damit wir bloß nicht zurückkommen«, argumentierte Parock.
»Das könnte gut sein, allerdings lassen sich dadurch trotzdem keine Rückschlüsse auf Kharamak ziehen.«
»Du hättest dennoch genauer nachhaken können, nur zur Sicherheit.«
»Gib auf, Parock!«, empfahl Chris Shanton dem Hünen. »Der Commander war noch nie ein Freund wilden Herumspekulierens.«
»Ich spekuliere doch gar nicht«, verteidigte sich der Angesprochene. »Immerhin standet ihr bis vor wenigen Stunden noch auf meiner Seite.«
Stewart lachte auf. »Das hier ist doch kein Meinungskampf. Wenn es dich beruhigt, könnten wir uns ja alle darauf einigen, dass Kharamak höchstwahrscheinlich nicht involviert war. So hat jeder zumindest ein bisschen recht.«
Dhark blickte seine Freundin erstaunt an. Normalerweise fiel sie nicht durch diplomatische Äußerungen wie diese auf, sondern ging entweder auf Konfrontationskurs oder schwieg. Tatsächlich fiel ihr Angebot bei Parock auf fruchtbaren Boden, und nach einigem Zögern stimmte er ihr sogar zu.
»Ich glaube, wir versteifen uns allgemein zu sehr auf diesen Händler«, fand Shanton. »Ist Ihnen schon einmal in den Sinn gekommen, dass es sich möglicherweise um einen Zufall handelt, dass nach dessen Besuchen auf vier Welten Seuchen ausgebrochen sind?«
»Himmel!«, kläffte Jimmy los. »Das ist das Bescheuertste, was ich je aus deinem Mund gehört habe.«
»Das behauptest du jedes Mal. Wie wäre es, wenn du zur Abwechslung etwas Produktives zur Diskussion beiträgst? Oder will der kleine Wauwau bloß wieder rumstänkern?«
»Wie groß ist deiner Meinung nach die Wahrscheinlichkeit, dass jemand vier verschiedene Planeten mit einem Abstand von je mehreren Lichtjahren zueinander anfliegt und kurz darauf auf allen vieren ganz rein zufällig Seuchen ausbrechen? Ich glaube, da ist es wahrscheinlicher, dass du mal ein paar Kilo verlierst.«
Shanton ballte die Fäuste auf den Lehnen und atmete tief durch.
»Der Gedanke mit dem Zufall ist mir auch schon gekommen«, warf Ren Dhark schnell dazwischen, bevor der Erfinder sich wutentbrannt auf den nervtötenden Roboterhund stürzen konnte. »Die Ereignisse auf Arg-Ylo haben uns gezeigt, dass es auch andere Ursachen für Seuchenausbrüche geben könnte. Nicht immer ist die bequemste Antwort auch die richtige.«
»Ja, aber du musst doch zugeben, dass ein solcher Zufall viermal hintereinander sehr unwahrscheinlich ist«, wandte Jimmy ein. »Wenn du willst, berechne ich ihn dir bis auf die hundertste Nachkommastelle genau. Allerdings bezweifele ich, dass dein menschliches Gehirn etwas mit diesen Werten wird anfangen können, weshalb ich mit ungenauen Begriffen wie ›unwahrscheinlich‹ hantiere. Falls du mir nicht glaubst, lass die Ergebnisse von Artus oder vom Checkmaster verifizieren!«
Dhark runzelte die Stirn. »Ich glaube dir, trotzdem teile ich Chris’ Meinung, dass es mehr als eine Erklärung für die Vorfälle geben könnte – und das nicht erst seit heute. Arg-Ylo hat mich lediglich in meiner Ansicht bestätigt.«
»Kharamak oder Terroristen«, mischte sich Falluta ein. »Ich muss gestehen, dass mir die Theorie über den Seuchen verbreitenden Händler einleuchtender erscheint, als dass Terroristen ungefähr zur gleichen Zeit bei mehreren Völkern nicht nur dieselbe Idee haben, sondern sie auch erfolgreich umsetzen. Dr. Hanfstik stimmt mir vermutlich zu, wenn ich behaupte, dass es einiges Wissen voraussetzt, um in einer hochtechnologisierten Welt ein komplett fremdartiges Virus oder Bakterium zu entwickeln, das die gesamte Bevölkerung ausrottet.«
Der Leiter der Medostation, dessen Gesicht genau wie das von Rani Atawa und Manu Tschobe in der Bildkugel zu sehen war, nickte. »Naheliegenderweise würde man bekannte Organismen modifizieren, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass sie die erwünschten Wirtskörper angreifen. Sowohl Viren, Bakterien als auch sonstige Organismen leben in bestimmten Biotopen, auch wenn sie sich durchaus an andere anpassen können. Dennoch stürzen sie sich nicht auf alles.
Ferner bezweifele ich, dass Terroristen sich Biologen, Virologen und Ärzte leisten können. Die Entwicklung einer Seuche dauert unter Umständen Jahre. Es braucht Probanden für Testzwecke, weil man in der Regel nur einen Versuch hat, die Seuche auszusetzen. Fällt sie auf und erzielt nicht sofort die gewünschte verheerende Wirkung, bleibt den Behörden genügend Zeit und vor allem Personal, um die Sicherheitsvorkehrungen zu erhöhen. Eine Neuentwicklung benötigt vielleicht neues Material, das man sich nun nicht mehr so leicht organisieren kann. Ferner bedarf es eines hervorragend ausgestatteten Labors, das regelmäßig gewartet werden muss. Den Geheimdiensten entgeht ein solcher Aufwand bestimmt nicht.«
»Kharamak könnte die Seuche möglicherweise transportiert haben«, brachte Shanton überraschend hervor.
»Jetzt doch?«, maulte Jimmy.
»Halt die Klappe und lass mich ausreden! Der freundliche Händler könnte von dritter Seite benutzt werden, ohne es zu wissen. Es wäre nicht das erste Mal, dass jemand im Hintergrund die Strippen zieht, um Unfrieden in der Galaxis zu stiften.«
»Du meinst, die Kalamiten könnten Kharamak benutzen?«, donnerte Parocks Stimme durch die Zentrale.
»Das habe ich nicht gesagt. Die Kerle waren so sehr mit ihrer Vereinigung der Alten Völker und ihren willigen blauen Helferlein beschäftigt, dass sie wohl kaum die Kapazitäten übrig hatten, um gleichzeitig zwei Großprojekte zu unterhalten. Wie Dr. Hanfstik ausführte, stampft man eine Seuche nicht von heute auf morgen aus dem Boden, und einen geeigneten Handlanger muss man auch erst einmal finden.«
Stewart tippte sich gegen ihr Kinn. »Mal davon abgesehen, dass es bislang keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass der Händler zu seinen Aktionen von dritter Seite gezwungen wird, frage ich mich, weshalb sich Kharamak eine Landung auf der Zentralwelt der Nögk erzwingen wollte. So verhält sich eigentlich niemand, der unwissentlich benutzt wird.«
Dhark wirkte nachdenklich. »Wir wurden bereits so oft eines Besseren belehrt, da schließe ich lieber gar nichts mehr pauschal aus. Wer weiß, was der Händler dort wirklich vorhatte! Möglicherweise stand er längst in Kontakt mit irgendwelchen Nögk, denen er seine Ware verkaufen oder von denen er dringend etwas erwerben wollte.«
»Commander?«, fragte Rani Atawa mit einem Mal über Bordsprech. »Entschuldigen Sie, dass ich einfach in Ihre Diskussion hineinplatze, aber was ist denn jetzt eigentlich mit dem Heilmittel?«
Insgeheim dankte Ren Dhark der Biologin dafür, dem leidigen Thema Kharamak ein abruptes Ende gesetzt zu haben. Obwohl er die vorgebrachten Theorien durchaus interessant fand, wollte er keinen Debattierklub in der Zentrale einrichten. Er wollte einfach nur seine Mannschaft über alles Relevante informieren und sich dann auf das Volk konzentrieren. »Wie gesagt, haben wir Garrzh-Mog die Daten dafür übertragen«, erklärte er. »Was er daraus macht, ist seine Sache.«
»Mit Verlaub, Sir!«, platzte es aus Gregor Hanfstik heraus. »Verfügen die Sukooren denn über die nötigen Anlagen, um binnen kürzester Zeit ausreichende Mengen des Heilmittels herzustellen?«
»Das weiß ich nicht.«
»Haben Sie Garrzh-Mog unsere Hilfe angeboten?«
»Ja, das habe ich, mehrfach sogar, und ich verstehe, worauf Sie hinauswollen, Dr. Hanfstik: Die Seuche breitet sich schnell aus und wird innerhalb der nächsten Tage einen Großteil der Bevölkerung dahingerafft haben, wenn sich die Ducks nicht beeilen.«
»Genau das meine ich. Allein die Auswertung der Daten nimmt kostbare Zeit in Anspruch. Inzwischen wird es zu weiteren Todesfällen kommen, die wir vermeiden könnten.«
Hen Falluta durchbohrte den Commander regelrecht mit seinem Blick, und Dhark ahnte, was seinem Ersten Offizier auf der Zunge lag: Wir könnten sofort nach Arg-Ylo zurückfliegen und den gesamten Planeten binnen eines Tages heilen.
Zugegebenermaßen spürte auch Dhark den Drang in sich, auf den Stolz der Sukooren zu pfeifen und den Befehl zur Umkehr zu geben, doch die Vernunft hielt ihn davon ab. Er durfte sich nicht ständig als Retter des Universums aufspielen. Ungefragtes Einmischen in fremde Angelegenheiten, obgleich es mit den besten Absichten erfolgt war, hatte erst jüngst zu einer Beinahekatastrophe geführt, denn Kharamak war aufgrund des Eingreifens der POINT OF entkommen. Hätte Dhark den Angriff der Nögk auf das Raumschiff der Händler ignoriert, wäre unzähligen Wesen viel Leid erspart geblieben. Seitdem hatte er beschlossen, sich künftig zurückzuhalten und die Entscheidungen fremder Völker zu respektieren, sofern sie keine negativen Konsequenzen für die Terraner hatten.
Aus diesem Grund erwiderte Dhark: »Wir haben getan, was wir tun konnten, und nun sollten wir die Sukooren wie versprochen in Ruhe lassen.«
»Das sieht Ihnen gar nicht ähnlich, Commander«, stellte Manu Tschobe, der sich ebenfalls in der Medostation befand, enttäuscht fest.
»Ich weiß, und ich versichere Ihnen, dass mir diese Entscheidung alles andere als leicht gefallen ist. Allerdings war bereits unsere Aktion auf Arg-Ylo grenzwertig. Wir können gewiss keine Dankbarkeit von den Ducks erwarten, wenn wir uns neuerlich widerrechtlich Zugang zu ihrer Welt verschaffen. Garrzh-Mog hat mir unmissverständlich klargemacht, dass sein Volk viel wert auf die eigene Souveränität legt. Ein Vorgehen wie auf Sahara war hier nie eine Option, denn es handelt sich bei dieser Welt definitiv nicht um eine Kolonie der Menschen. Wenn die Sukooren die Dinge in ihrem Hoheitsgebiet anders handhaben wollen, müssen wir das respektieren.« Nach einer kurzen Pause fügte der Commander noch hinzu: »Ich bin davon überzeugt, dass wir es zumindest geschafft haben, einen ersten Grundstein für weitere freundschaftliche Kontakte mit den Ducks zu legen. Damit sollten wir uns, auch wenn es schwerfällt, zufriedengeben.«
Die beiden Ärzte und die Biologin, aber auch manch einer in der Zentrale, schienen mit der Situation nicht glücklich zu sein, doch sie begriffen, dass Ren Dhark recht hatte. Eine Invasion wie auf Sahara kam für Arg-Ylo nicht infrage.
Weil nun alles besprochen war und keine Einwände mehr folgten, gab Ren Dhark seinem Ersten Offizier den Befehl, die POINT OF wieder stärker zu beschleunigen, um endlich nach Eins weiterzufliegen. Er schaltete Bordsprech auf Rundruf und informierte die gesamte Mannschaft mit ein paar Sätzen über die gewonnenen Erkenntnisse sowie darüber, dass nun das ursprüngliche Ziel weiterverfolgt wurde.
*
Unsicher, was er von Ren Dharks kurzer Ansprache halten sollte, blickte Charlie Parker zu einem der Schallfelder an der Decke der Messe hinauf, dann zu Steve Hawker, mit dem er an einem Tisch in der Messe saß. »Habe ich das richtig verstanden? Der Commander überlässt die Sukooren einfach ihrem Schicksal?«
Sein Freund verzog unzufrieden das Gesicht. »Es sieht ganz danach aus.«
»Um ehrlich zu sein, hätte ich jetzt erwartet, dass wir die Sukooren zu ihrem Glück zwingen, anstatt uns abweisen zu lassen. Das ist so untypisch für Dhark. Glaubst du, dass ihn dieser Garrzh-Mog an Bord der ERBHOL irgendwie unter Druck gesetzt hat?«
»Möglich wäre es, allerdings fällt mir nichts ein, wie ihm das gelungen sein sollte. Selbst wenn der Duck den Commander in seinem Schiff bedroht hat, müsste er doch damit rechnen, dass die Vereinbarungen sofort hinfällig wären, sobald sein Gast den Raumer verlässt. Er hat mit eigenen Augen gesehen, wozu allein zwei unserer Flash imstande sind. Wir würden seine gesamte Flotte binnen kürzester Zeit zerlegen, sollte er uns angreifen.«
Parker nickte bekräftigend. »Genau deshalb begreife ich nicht, warum wir die Ducks sterben lassen. Den Kranken ist es bestimmt egal, von wem sie behandelt werden, Hauptsache sie werden schnellstmöglich wieder gesund. Unsere Medostation hat das Heilmittel doch schon entwickelt. Wir brauchen es nur noch anzuwenden.«
»Richtig«, pflichtete Hawker ihm bei. »Davon abgesehen ist es mir ein Rätsel, weshalb Dhark überhaupt mit Stewart, Jimmy und Artus Proben auf Arg-Ylo gesammelt hat, wenn er letztlich nicht helfen will. Es ist ja nicht so, dass wir sonst nichts zu tun hätten.«
»Ich denke … Oh, da ist Stanley.« Charlie Parker winkte dem Bordtechniker zu, der sich mit einem Tablett in der Hand in der Messe nach einer Sitzgelegenheit umsah.
Stanley Oliver gesellte sich zu den beiden jungen Männern an den Tisch. »Na, ihr beiden, was zieht ihr denn für lange Gesichter?« Er schob sich eine Karotte in den Mund.
»Hast du nicht gehört, was der Commander gesagt hat?«, fragte Parker ihn verwundert.
»Doch, klar. Was ist damit?«
»Findest du es nicht seltsam, dass er die kranken Ducks einfach so im Stich lässt?«
»Nein.«
»Echt jetzt?«
»Wieso sollte ich das seltsam finden? Er hat dargelegt, dass die Sukooren unsere Hilfe nicht wollen und auf ihrer Unabhängigkeit bestehen.« Oliver zuckte gleichgültig mit den Schultern. »Wer nicht will, der hat schon.«
»Aber es geht um Leben«, wandte Steve Hawker ein. »Wir könnten sie retten, vielleicht nicht alle, aber bestimmt einige.«
»Mag sein, doch unsere Priorität gilt Kharamak. Ich sehe wenig Sinn darin, die nächsten Monate oder Jahre hinter ihm aufzuräumen, anstatt einfach das Problem zu beseitigen: ihn. Ich putze ja auch nicht die Köttel weg in der Hoffnung, dass die Ratten irgendwann von selbst aufhören, das Schiff vollzukacken.«
Parker riss überrascht die Augen auf. »Es gibt Ratten an Bord?«
Der Bordtechniker winkte mit befremdeter Miene ab. »Selbstverständlich nicht. Solange ich den Laden in Schuss halte, wagt kein Nager, sein Pfötchen in mein Territorium zu setzen. Das sollte ein Sinnbild sein, um euch zu verdeutlichen, was ich meine.«
»Also sind Sukooren bloß Köttel für dich?«, gab Steve Hawker bissig zurück, wofür Stanley Oliver ihm einen finsteren Blick zuwarf.
»Verdreh mir bloß nicht die Worte im Mund, Bürschchen!«
»He, kein Grund, zu streiten!«, ging Parker rasch dazwischen und lächelte so aufmunternd er konnte. Beide Männer zählte er zu seinen besten Freunden, und er wollte keinen von beiden missen. Bis vor Kurzem hatte Oliver Hawker aufgrund von dessen kalamitischer Identität abgelehnt, teilweise sogar angefeindet. Erst jüngst hatten die beiden sich einander angenähert, sodass sie nun sogar an einem Tisch sitzen konnten, genau, wie es sich Parker immer gewünscht hatte. Er würde alles dafür geben, dass es auch so blieb. »Unsere Meinungen zählen doch sowieso nicht, also brauchen wir uns auch nicht die Köpfe deswegen einzuschlagen.«
*
Nachdem die Konferenz der Führungsriege der POINT OF geendet hatte, war Rani Atawa sofort zu Pjetr Wonzeff geeilt, um ihm ihr Leid zu klagen.
Bedauerlicherweise erreichte sie den Bereitschaftsraum des Flashdepots erst, nachdem Ren Dhark seine Ansprache über Rundruf beendet hatte. Zu gerne hätte sie das Gesicht ihres Freundes gesehen, als der Commander der gesamten Mannschaft erklärt hatte, nach Eins weiterzufliegen, anstatt das Heilmittel auf Arg-Ylo einzusetzen.
Als sie durch die Tür trat, ließ Wonzeff die Spielkarten fallen und kam auf sie zu. »He, alles in Ordnung?«
Sofort stürzte sie auf ihn zu und umschlang seinen Oberkörper. »Halt mich einfach fest, ja?«
Er nahm sie in den Arm und küsste sie auf das rabenschwarze Haupt. »Bist du wegen des Heilmittels enttäuscht?«
Für einen kurzen Moment stiegen ihr Tränen in die Augen, weil ihr Freund sie so gut verstand, dann jedoch übermannte sie wieder die Wut. »Enttäuscht ist gar kein Ausdruck!«, fauchte sie. »Wir hätten die Ducks retten können.«
»Ich weiß.« Wonzeff führte sie aus dem Raum, wo seine Kollegen so taten, als ob sie schwer mit ihren Kartenspielen, Datenfolien oder Hand-Suprasensoren beschäftigt wären, anstatt zu lauschen.
»Es ist so ungerecht«, beklagte sich Rani, als sich die Tür hinter ihnen beiden geschlossen hatte. »Warum schaltet uns Ren Dhark überhaupt dazu, wenn er seine Entscheidung längst gefällt hat? Wir hätten unsere Zeit sinnvoller nutzen können.«
Der Flashpilot seufzte. »Wahrscheinlich wollte der Commander bloß freundlich sein. Wärst du zufriedener gewesen, wenn er euch einfach unpersönlich über Rundruf informiert hätte?«
»Vermutlich nicht.«
»Dann vergiss es einfach! Du kannst jetzt sowieso nichts mehr ändern.«
»Noch haben wir das Sonnensystem nicht verlassen«, rief ihm die Biologin in Erinnerung. »Ich könnte in die Zentrale gehen und meinem Unmut dort freien Lauf lassen.«
»Glaubst du, das wird Dhark umstimmen?«
»Nein, aber er soll ruhig wissen, was ich von seiner Entscheidung halte.«
»Hast du es ihm etwa nicht gesagt?«
»Doch, aber vermutlich war ich nicht deutlich genug. Unsere werten Bordmitglieder in der Zentrale reden immer dazwischen, sodass meine Kollegen und ich kaum Gelegenheit fanden, unsere wissenschaftliche Einschätzung zu äußern. Dafür hätten wir nämlich etwas weiter ausholen müssen. Über Kharamak zu spekulieren schien den anderen jedoch wichtiger zu sein. Allmählich kann ich den Namen wirklich nicht mehr hören.«
Pjetr streichelte tröstend den Rücken seiner Freundin. »Du darfst nicht zu viel von der Mannschaft erwarten. Würdest du mir deine Arbeit im Detail erklären, würde ich auch nur Bahnhof verstehen. Wir kennen uns bestens mit Allreisen aus, fühlen uns von Wissenschaft jedoch komplett überfordert.« Er legte den Finger seiner freien Hand unter ihr Kinn und hob ihren Kopf an, damit sie ihm in die Augen sehen konnte. »Bitte sei nachsichtig mit uns Dummen!«
Rani lächelte ihn traurig an. »Ach, Pjetr, ich halte euch nicht für dumm. Jeder von uns hat seine eigenen Stärken. Mich enttäuscht bloß, dass wir unsere Stärken nicht erneut bündeln, um Leben zu retten. Wer ist dieser Garrzh-Mog überhaupt, dass er im Namen aller Sukooren bestimmen darf? Die Kranken hat er wohl kaum nach ihrer Meinung gefragt.«
»Wir auch nicht.«
Mit einem Mal entzog sich die Frau indischer Abstammung seiner Umarmung, trat einen kleinen Schritt zurück und funkelte den Flashpiloten böse an. »Auf wessen Seite stehst du eigentlich?«
Wonzeff stutzte irritiert. »Wie? Was? Auf deiner natürlich.«
»Das sieht aber ganz anders aus für mich.«
»Lass uns nicht streiten, ja?«
»Ich streite mich nicht. Ich habe dir bloß eine Frage gestellt.«
Pjetr atmete geräuschvoll ein und aus, während er sich mit der Hand durch das Haar fuhr. »Ich stehe auf deiner Seite, Rani«, wiederholte er ruhig. »Trotzdem darfst du von mir nicht erwarten, dass ich dir ausschließlich nach dem Mund rede.«
»Das tu ich auch gar nicht, aber nach allem, was wir mit der POINT OF durchgestanden haben, klang dein Kommentar enorm zynisch für mich. Sind die Sukooren etwa weniger wert als all die anderen Völker, denen wir geholfen haben?«
»Nein, das sind sie definitiv nicht.«
»Der Commander hält doch viel von deiner Meinung, nicht wahr?«
Pjetr hob ablehnend die Hände. »Oh nein, schlag dir das bloß wieder aus dem Kopf!«
»Was denn genau?«, fragte sie keck.
»Du willst, dass ich an deiner Stelle Dhark ins Gewissen rede. Das wird nicht funktionieren.«
»Bist du dir sicher?«
»Bevor er mit seinen Begleitern nach Arg-Ylo aufbrach, versuchte ich vergeblich, ihn davon zu überzeugen, ein paar Flash zu seinem eigenen Schutz mitzunehmen. Er hat abgelehnt. Die einzige Möglichkeit, ihn von seinem waghalsigen Plan abzuhalten, wäre gewesen, ihn mit einem Paraschocker zu betäuben. Dann hätte es allerdings Stress mit seinem Cyborg gegeben.«
»Ein echter Sturkopf, der Mann«, stellte Rani fest. Sie kannte und schätzte den Commander seit bald zwanzig Jahren, dennoch regte sie sich hin und wieder über seine Entscheidungen auf, die ihr irrational erschienen. Alles, was sie wollte, war, den Sukooren zu helfen. Warum konnte Dhark ihr den Gefallen nicht einfach tun?
»Und was nun?«, erkundigte sich Pjetr nach einer Weile des Schweigens.
Rani tippte ihm auf die Brust. »Du und ich, wir beide gehen jetzt in meine Kabine.«
»Aber Dhark wol…«
»Mir egal«, unterbrach sie ihn forsch. »Während Sternensog wird er dich wohl kaum vermissen.« Entschlossen packte sie ihren Freund bei der Hand und zog ihn hinter sich her.
*
Mit einer theatralischen Geste wischte sich Miles Congollon im Maschinenraum den imaginären Schweiß von der Stirn und grinste den Triebwerkstechniker Alec Berow an. »Endlich geht es weiter«, kommentierte er die Durchsage des Commanders. »Die ganze Sukooren-Sache war doch ein einziger Reinfall. Was hat es gebracht? Rein gar nichts. Durch das vollkommen unnötige Bremsmanöver wurden lediglich die Aggregate zusätzlich belastet.«
»Hoffentlich stellen Morris und seine Leute diesmal auf Durchzug«, erwiderte Berow. »Nicht, dass wir einen weiteren Notruf empfangen, der uns vom Kurs abbringt!«
»In Situationen wie diesen würde ich manchmal echt gern die Verbindung zur Zentrale kappen«, gestand Tim Willows. »Die da oben haben doch keine Ahnung, was sie der POINT OF teilweise antun.«
»Ein Wunder, dass der Checkmaster das zulässt«, pflichtete Berow ihm bei.
»Wir sollten jetzt einfach bis Eins durchfliegen, egal was noch geschieht. Das ist schließlich unser Ziel. Wir müssen aufklären, was auf Sahara geschehen ist.«
»Glaubt ihr, Radiusvektor und seine Rechnerkumpane stecken dahinter?«, fragte Congollon in die Runde.
»Denkbar ist alles«, antwortete Rob Ruyter, der in diesem Moment mit einem schmutzigen Lappen hinter einem Aggregat hervortrat. Seine Kollegen stimmten ihm brummend und nickend zu.
»Und? Alles repariert?«, erkundigte sich Congollon bei seinem Mitarbeiter.
»Nicht ganz. Das Teil verbraucht ein bisschen zu viel Energie, aber ich kann die Ursache nicht finden. Das müsste sich Brom beizeiten mal ansehen. Wo steckt der Kerl eigentlich?«
Congollon zeigte mit dem Daumen über seine Schulter hinweg. »Irgendwo im hinteren Bereich. Fliegt uns das Aggregat demnächst um die Ohren?«
»Unwahrscheinlich. Laut den Auswertungen des Checkmasters bestanden bereits vorher Schwankungen. Zwar liegen die Werte noch knapp im grünen Bereich, doch bei der nächsten Wartung müssen wir das Teil unbedingt einmal komplett ausbauen und zerlegen. Das wurde bestimmt seit acht Jahren nicht mehr getan.«
Berow stöhnte beim Anblick des vier Meter hohen Kastens auf.
»Ist halb so schlimm«, beruhigte Ruyter ihn. »Ich habe das bestimmt schon zwei- oder dreimal gemacht. In einer vernünftigen Werft, wo wir rasch an Bauteile herankommen, ist das innerhalb einer Stunde erledigt.«
»Wieso wurde das offenkundig defekte Teil nicht bei der letzten Wartung berücksichtigt?«, maulte Berow.
»Bin ich der Chef? Frag ihn.« Ruyter nickte in Richtung des Leitenden Ingenieurs, der ihn jedoch nicht beachtete, sondern nun ungeduldig in die Hände klatschte.
»Hopp, hopp, Leute!«, rief Congollon. »Wir erreichen jeden Augenblick den Punkt, an dem die POINT OF auf Sternensog umschaltet. Habt ihr alles kontrolliert?«