Renovatio Europae. - David Engels - E-Book

Renovatio Europae. E-Book

David Engels

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Beschreibung

Masseneinwanderung, Werteverfall, Gender Mainstreaming, Radikalisierung, Parallelgesellschaften, Parteienkartelle, gesellschaftliche Polarisierung, Schuldenberge – wohin man auch blickt: Europa verfällt vor unseren Augen; der politisch korrekte Universalismus hat uns an den Rand des Abgrunds geführt. Es ist höchste Zeit für eine Rückbesinnung auf jene Werte, die das Abendland einst groß gemacht haben, wollen wir das Schlimmste verhindern. Dies geht nur über einen fundamentalen Neubau Europas auf Grundlage einer politischen Überzeugung, die wir "Hesperialismus" nennen wollen: Wir brauchen zwar ein Europa, das stark genug ist, den einzelnen Nationalstaat vor dem Aufstieg Chinas, der demographischen Dynamik Afrikas, der gespannten Beziehungen zu Rußland und der Radikalisierung des Nahen Ostens zu schützen. Aber ein solches Europa wird nur dann Akzeptanz finden, wenn es treu zur abendländischen Tradition steht und diese nicht zugunsten eines chimärischen multikulturellen Universalismus bekämpft. Verteidigung der natürlichen Familie, strenge Regulierung der Zuwanderung, Rückkehr zum Naturrecht, Sicherung eines sozialverträglichen Wirtschaftsmodells, radikale Durchsetzung der Subsidiarität, Wiederbelebung der kulturellen Wurzeln unserer Identität und Erneuerung unseres Sinnes für das Schöne – dies sind, in wenigen Worten, die programmatischen Grundpfeiler eines solchen neuen, "hesperialistischen" Europas. Mit Beiträgen von Chantal Delsol - David Engels - Alvino-Mario Fantini - Birgit Kelle - Zdzisław Krasnodębski - András Lánczi - Max Otte - Jonathan Price - Justyna Schulz

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David Engels (Hg.)

RENOVATIOEUROPÆ

Plädoyer für einen hesperialistischenNeubau Europas

All that is gold does not glitter,

Not all those who wander are lost;

The old that is strong does not wither,

Deep roots are not reached by the frost.

From the ashes, a fire shall be woken,

A light from the shadows shall spring;

Renewed shall be blade that was broken,

The crownless again shall be king.

J.R.R. Tolkien

© Manuscriptum Verlagsbuchhandlung

Thomas Hoof KG · Lüdinghausen und Berlin 2019

Die deutsche Übersetzung der Beiträge von András Lánczi, Chantal Delsol, Max Otte, Jonathan Price und Alvino-Mario Fantini besorgte David Engels.

Gestaltung: Achim Schmidt, Graphische Konzepte / Mettmann

Gesetzt aus Arno Pro

Abbildungsnachweis:

Titelfoto: Patryk Kosmider / shutterstock

Seite 137: Samynandpartners – Own work, CC BY-SA 4.0,

https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=46989619

Seite 151: Martin Falbisoner – Own work, CC BY-SA 3.0,

https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=28359031

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ohne Zustimmung des Verlags ist strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die digitale Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

ISBN 978-3-948075-00-2

eISBN 978-3-948075-86-6

www.manuscriptum.de

INHALTSVERZEICHNIS

VorwortDavid Engels

Zum GeleitJustyna Schulz

Renovatio Europae – Eine hesperialistische Zukunft für Europa?David Engels

Fortschritt, Social Engineering und die Frage nach der Identität Europas – eine BestandsaufnahmeZdzisław Krasnodębski

Auf dem Weg zu einer neuen europäischen Verfassung?Verfassung und IdentitätAndrás Lánczi

Immigration: Gastfreundschaft und Allgemeinnutz.Eine alptraumhafte AntinomieChantal Delsol

Auf dem Weg zu einer Renaissance des kontinentaleuropäischen Wirtschaftsmodells?Max Otte

Die europäische Familie zwischen Avantgarde und TraditionBirgit Kelle

Ein ästhetischer Patriotismus für EuropaJonathan Price

Auf dem Weg in dieChristenheit des 21. JahrhundertsAlvino-Mario Fantini

Lokalismus, Regionalismus, Nationalismus – Hesperialismus? Der Weg zu einer neuen Europäischen Verfassung – eine politische UtopieDavid Engels

Ausblick – die Rückkehr der GeschichteDavid Engels

Zu den Autoren

VORWORT

Das vorliegende Buch entstammt der am Instytut Zachodni in Poznań (Polen) verankerten Forschungsinitiative »Renovatio Europae«, welche von 2018 bis 2019 mehrere internationale Expertengruppen zu Fragen einer nötigen Reform der Europäischen Union einberief und ihre Aktivitäten koordinierte. Eine dieser Gruppen beschäftigte sich hierbei unter Leitung des Herausgebers dieses Buches mit den so wichtigen Themen »Identität und Werte« und versammelte sich am 6. März 2019 in Warschau, um in Anwesenheit hochrangiger Vertreter der polnischen Regierung und des polnischen Parlaments die in diesem Band veröffentlichten Stellungnahmen zu diskutieren.

Allen Beteiligten sei an dieser Stelle mein herzlichster Dank ausgesprochen, allen voran aber Frau Dr. Justyna Schulz, die Direktorin des »Instytut Zachodni«, ohne welche diese Initiative unmöglich gewesen wäre; Frau Prof. Dr. Magdalena Bainczyk, die in Entsprechung zu dem hier vorgestellten Projekt eine Expertengruppe zu den rechtlichen Fragen der EU-Reform leitet; Herrn Dr. Karol Janoś für die logistische Betreuung der Tagung sowie Herrn Prof. Dr. Zdzisław Krasnodębski, Vize-Präsident des Europäischen Parlaments, der den ersten Anstoß zu dieser Kooperation gab.

David Engels

Konstancin-Jeziorna, im März 2019

ZUM GELEIT

Es scheint Zeitwendestimmung in der Europäischen Union zu herrschen. Die intellektuelle Aufregung um die EU ist nicht nur der Tatsache geschuldet, daß die Briten die Union verlassen wollen und daß Ende Mai die Wahlen zum Europäischen Parlament stattfinden, die bekanntlich immer eine Debatte anregen. Vielmehr scheint das Bedürfnis nach EU-Reformen auch einem neuen »Zeitgeist« zu entsprechen, welcher angesichts der inneren wie äußeren Bedrohungen des Kontinents vermehrt nach einigenden Ideen ringt. Das Instytut Zachodni (West-Institut) in Poznań verfolgt schon aufgrund seines Tätigkeitsprofils diesen Ideenwettbewerb mit großer Spannung. Als Institution, die seit 75 Jahren den Gedanken der Westbindung Polens mitträgt, will sich das Institut getreu seiner Tradition auch an dieser Debatte aktiv beteiligen.

Solch eine Möglichkeit bietet sich für eine Institution aus Polen in dieser Form zum erstenmal an. Wie für alle Mitgliedsstaaten, die der Europäischen Union nach 2004 beitraten, galt damals auch für Polen die Verpflichtung, die bereits in der EU existierenden Regeln und Konzepte zu übernehmen und sich zu eigen zu machen. Diesmal ist es anders. Als mittlerweile erfahrenes Mitglied der Europäischen Union, dessen Bürger inbrünstig an der Erhaltung der EU interessiert sind, ist es für uns selbstverständlich, einen intellektuellen Beitrag zur Debatte um die Zukunft der EU zu leisten. Es gilt die Frage zu beantworten, was sich ändern muß, damit der Auftrag der EU, Wohlstand und Frieden für alle Mitglieder zu sichern, unverändert realisiert werden kann.

Die vorliegende Publikation, die auch in polnischer, englischer und französischer Sprache erscheinen wird, ist daher die erste in einer Reihe von Schriften, welche die zahlreichen Herausforderungen einer Reform der EU zum Inhalt haben sollen, und beschäftigt sich vor allem mit der Frage nach der Identität Europas; geplant sind darüber hinaus bereits weitere Bände zum Verfassungs- wie zum Wirtschaftsrecht.

In diesem Prozeß des Ideenaustausches erscheinen uns zwei Aspekte von besonderer Bedeutung. Zum einen ist es unser langfristiges Ziel, ein tragendes, zu Papier gebrachtes Konzept möglicher Reformen vorzulegen. Zum anderen ist es genauso wichtig, das Konzept »europäisch« auszuarbeiten. Adolph Muschg hat in seinem Essay »Was ist europäisch« (2006) auf die besondere Kultur des europäischen Diskurses hingewiesen. Das Besondere läge darin, Widersprüchen zu begegnen, Enttäuschungen zu ertragen und Konflikte gelten zu lassen, und das im vollen Wissen um die Ambivalenz aller Lösungsvorschläge. Daher sah Adolph Muschg damals auch in den neuen ostmitteleuropäischen EU-Mitgliedern eine Hoffnungsquelle dafür, den europäischen Diskurs zu beleben. Jene Länder seien, so meinte er, »widerspenstig« genug, um aufgrund eigener Erfahrung und Geschichte auf ihrer Identität zu bestehen und daher neuen Wind in die Debatte um den berühmten europäischen Wahlspruch »Einheit in Vielheit« zu bringen.

Diese besondere Art des europäischen Diskurses erscheint uns die richtige Haltung angesichts der widersprüchlichen Herausforderungen, denen es zu begegnen gilt. Denn es ist genauso schwer, sich ein Europa mit Grenzen vorzustellen, wie ein grenzenloses Europa. Die Ökonomie ist zwar nicht ausreichend als europäisches Fundament; ohne ökonomischen Zusammenhalt ist die europäische Vereinigung jedoch genauso schwer denkbar. Die europäischen Nationalstaaten stärken zwar partikulare und fragmentierende Tendenzen in der EU; ohne die Nationalstaaten ist die vitale Partizipation der Bürger am politischen und ökonomischen Leben aber kaum zu realisieren.

Doch Reformkonzepte unter Anerkennung der nationalen und kulturellen Diversität auszuarbeiten, ist einfacher gesagt als getan. Wie viel schneller und einfacher wäre es, einfach nur die eigenen Gedanken zu Papier zu bringen und erst dann vor dem europäischen Publikum zu diskutieren! Bei der Erstellung dieses Bandes haben wir aber bewußt den zwar mühseligeren, jedoch umso spannenderen »europäischen« Weg gewählt. Die vorliegende Publikation ist daher die Folge einer aufregenden Debatte zwischen profilierten Denkern aus unterschiedlichsten kulturellen und nationalen Kontexten, deren Positionen nach intensiver Diskussion und Abstimmung nunmehr zwischen zwei Buchdeckeln versammelt wurden. Man muß dabei allerdings auch anerkennen, daß derartige partizipative Verständigungsprozesse Persönlichkeiten mit Organisationstalent und Gespür für die Bereicherung durch kulturelle Differenzen verlangen. Herr Professor David Engels ist so eine Persönlichkeit. Für seinen Einsatz bei der Entstehung dieses Buches danke ich ihm sehr.

Justyna Schulz

Poznań, im März 2019

»Renovatio Europae«Eine hesperialistische Zukunft für Europa?

David Engels

Mehr denn je sieht sich die Europäische Union einer Fülle von Problemen gegenüber, deren Schwere sich auch in der erneuten Debatte um die Notwendigkeit einer Reform der europäischen Institutionen niederschlägt. Angesichts von Herausforderungen wie der gegenwärtigen Masseneinwanderung, der wachsenden gesellschaftlichen Polarisierung, dem Altern der Gesellschaft, dem Verfall traditioneller Werte, dem demographischen Niedergang, der Desindustrialisierung, dem Aufstieg Chinas, der Schuldenkrise und der Erosion der bisherigen politischen Parteienlandschaft ist es unabdingbar geworden, die Kooperation zwischen den europäischen Staaten zu überdenken und an die gegenwärtige Situation anzupassen.

In dieser Hinsicht bezeichnen »Identität und Werte« wohl jene Aspekte des sozialen und politischen Zusammenhalts Europas, welche von der Europäischen Union am meisten vernachlässigt worden sind. Die ausschließliche Fixierung auf wirtschaftliche und institutionelle Fragen, bereits zu Beginn des europäischen Integrationsprozesses von Gründungsvätern wie Robert Schuman kritisiert, hat schließlich ein kulturelles Vakuum entstehen lassen, dessen volle Bedeutung erst in diesen Tagen der allgemeinen Krise ganz ermessen werden kann:

»Dieses vereinige Europa kann und darf nicht eine rein wirtschaftliche und technische Unternehmung bleiben; es benötigt eine Seele, ein Bewußtsein seiner historischen Affinitäten und seiner gegenwärtigen und künftigen Verantwortungen […].« (Pour l’Europe)

Denn nur die Solidarität zwischen den Bürgern kann den Kontinent einigermaßen durch die anstehenden Jahre selbstgeschaffener Krise und eigenverschuldeten Niedergangs steuern. Doch ohne eine gemeinsame Identität besteht keinerlei Möglichkeit, einen solchen gesellschaftlichen Zusammenhalt aufzubauen, und es war eine der Lehren der Migrationskrise, daß eine solche »Identität« nicht auf rein humanistischen und universalistischen Werten gegründet werden kann, sondern einer tiefen Verankerung im kulturellen, historischen und spirituellen Unterbewußtsein einer seit Jahrhunderten geteilten Vergangenheit bedarf, also einer Verankerung in jenen Werten, welche meist als »konservativ« bezeichnet werden – ein Begriff, der heutzutage meist pejorativ gemeint ist, der im Folgenden aber freiwillig als positive Selbstbeschreibung verwendet werden soll.

Dabei möchte ich fortan für jenes patriotische Bekenntnis zu einem vereinigten Europa, das allerdings eben nicht nur auf universalistische, sondern auch auf konservative Werte gegründet werden soll, den neuen Terminus des »Hesperialismus« verwenden; ein Begriff, der aus der griechischen Bezeichnung für den äußersten Westen der bekannten Welt abgeleitet ist und gewissermaßen den Gegenbegriff zu »Europäismus« bilden soll, mit dem man meistens eine unkritische Unterstützung der gegenwärtigen Europäischen Union mitsamt ihrer zur Zeit herrschenden Ideologie politischer Korrektheit meint.

Freilich ist das Projekt einer solchen konservativen, »hesperialistischen« Reform der Europäischen Union, einer wahren »Renovatio Europae«, auf den ersten Blick nichts anderes als eine gewaltige Provokation, denn wir alle müssen uns dessen bewußt sein, daß eine grundlegende Reform des europäischen Verwaltungs- und Entscheidungsapparats, wenigstens im Augenblick und sicher auch während der nächsten Jahre, eine illusorische Vorstellung ist. Es dürfte kein Geheimnis sein, daß das Europäische Parlament, die Europäische Kommission, der Europäische Rat, der Europäische Gerichtshof und selbst die meisten der europäischen Verwaltungen nicht nur größten Unwillen gezeigt haben, die Lösung der zahlreichen Überlebensfragen, mit denen unser Kontinent konfrontiert ist, in Angriff zu nehmen; sie haben sich sogar geweigert, überhaupt ihre Existenz zur Kenntnis zu nehmen, da bereits ein solcher Akt gleichbedeutend gewesen wäre mit einem Eingeständnis der desaströsen Folgen der jahrelang von ihnen betriebenen Politik. Es steht daher wohl außer Frage, daß diese Situation auch in der nächsten europäischen Legislaturperiode weitgehend dieselbe bleiben wird. Denn selbst wenn die sogenannten »populistischen« und »euroskeptischen« Parteien wie zu erwarten eine beachtliche Opposition darstellen und zu einer klareren und transparenteren Debatte über die zur Frage stehenden Grundprobleme unseres Kontinents und unserer Zivilisation beitragen werden, wird die politische Situation innerhalb des Europäischen Parlaments doch weitgehend dieselbe sein wie gegenwärtig im deutschen Bundestag und vielen anderen nationalstaatlichen Parlamenten: Ausgehend von der Entscheidung, die »Populisten« von jeglicher Form politischer Machtausübung auszuschließen und ihre Positionen unkritisch und in Bausch und Bogen abzulehnen, werden die anderen Parteien, auch wenn sie zunehmend vom Wähler abgestraft werden, immer größere Kartelle bilden und somit die meist selbstverschuldeten Fehler der Vergangenheit nicht nur fortsetzen, sondern wahrscheinlich auch noch vertiefen, während jede echte, grundlegende Reform des Systems paralysiert werden wird.

Nun stellt sich freilich die Frage, wozu ein Reformprojekt wie das vorliegende überhaupt dienen möge, wenn doch keinerlei Aussicht darauf besteht, ein solches alternatives Europabild in absehbarer Zeit verwirklicht zu sehen? Die Antwort auf diesen berechtigten Einwand läßt sich in vier Aspekte gliedern.

Zunächst einmal ist es natürlich eine Provokation, gerade in der heutigen Situation von der Notwendigkeit einer konservativen Reform der Europäischen Union zu sprechen, und gezielte Provokationen sind heute zu einer absoluten Notwendigkeit geworden, um dem gegenwärtigen politischen Kampf eine neue, offensive Dimension zu geben, ist es doch leider meistens so, daß konservative Denker sich nicht nur ausgesprochen defensiv verhalten, sondern sich meist sogar der politischen Terminologie ihrer Gegner bedienen. Schon viel zu lange haben die Konservativen Europas in Schweigen verharrt angesichts einer endlosen Reihe meist grundloser Unterstellungen. Zu tief sitzt wohl die Angst, als »rechtsextrem« abgestempelt zu werden, wenn sie stolz und offen zu ihren Überzeugungen stehen, während auf der anderen Seite jene, welche ganz klar und offen ausgeprägt linksextreme Positionen verteidigen, generell zu wohlmeinenden, wenn auch naiven und leicht fehlgeleiteten Idealisten und Träumern verniedlicht werden und von seiten des Staates wie der Medien breite Unterstützung als Phalanx im »Kampf gegen rechts« genießen. Was allerdings noch schlimmer ist: Die Konservativen haben zunehmend die politische Sprache der linksliberalen Eliten übernommen und sind dazu übergegangen, die eigenen Positionen nicht mit ihrer eigenen Terminologie positiv und offensiv zu beschreiben und zu entwickeln, sondern vielmehr unter Verwendung des politischen Vokabulars der Gegenseite und somit mit Hilfe von Konzepten, welche mit ihren eigenen Ansichten im Prinzip fundamental inkompatibel sind. Moderne Christen bemühen sich etwa, ihre »Toleranz« auch in Glaubenssachen zu beweisen und die eigene Religion zu einer unter vielen und ihren Erlöser nur als »einen Propheten unter anderen« zu degradieren; Verteidiger der Familie erkennen die »soziale Konstruktion« der Geschlechterrollen an und übernehmen verzweifelt die Diktion der »Gender-Studies«, um zu beweisen, daß die eigene Sichtweise doch wenigstens weiterhin erlaubt sein solle; Patrioten scheuen sich nicht, ihre Liebe zur eigenen Kultur mit der scheinbar wissenschaftlichen Erkenntnis zu verbinden, daß alle Gesellschaftskörper nur Aggregatzustände verschiedener Individuen seien und keinerlei eigene, essentialistische Identität aufweisen, usw. All dies verleiht der gegenwärtigen Apologie konservativen Denkens nicht nur eine grundlegend wenig überzeugende, ja geradezu unehrliche Note; es macht sie eigentlich auch zu einer semiotischen Unmöglichkeit. Es bleibt daher zu hoffen, daß ein positives und stolzes Bekenntnis zu einem konservativen, auf den jahrhundertealten Werten der abendländischen Kultur aufgebauten Europa all jenen Hoffnung und Mut geben kann, welche an ihren eigenen Überzeugungen zweifeln, da man sie durch Bildungssystem wie Medienlandschaft der Möglichkeit beraubt hat, ihre Standpunkte und primären gedanklichen Kategorien in einer eigenen Sprache zu formulieren.

Ein zweiter Aspekt, welcher die Beschäftigung mit einer möglichen konservativen Reform Europas zu einem Desiderat macht, ist die Tatsache, daß die Europäische Union in den kommenden Jahren zwar bestenfalls paralysiert sein wird, wenn es zur Diskussion um die wirklich zentralen Entscheidungen unserer Zivilisation kommt, die Nationalstaaten aber (noch) nicht vollständig an das sich abzeichnende Schicksal der EU gebunden sind. So haben etwa die Visegrad-Staaten, allen voran Polen und Ungarn, ein ausgezeichnetes Beispiel dafür gegeben, daß es möglich sein kann, gegen jede Wahrscheinlichkeit ihre Position zu verteidigen und ihre eigene Identität zu bewahren, so daß sie mittlerweile sogar zu einem Vorbild für andere Staaten geworden sind, welche dem unaufhaltsamen Marsch in den Niedergang entfliehen wollen. Denn gerade Polen und Ungarn, welche lange Jahrhunderte hinweg ihrer staatlichen Freiheit beraubt waren, sind ein Paradebeispiel dafür, daß Vaterlandsliebe und Treue gegenüber der christlichen Tradition eben gerade nicht automatisch zu Nationalismus und Totalitarismus führen müssen, sondern ganz im Gegenteil jene Kräfte sind, mit denen eine Gesellschaft selbst in Situationen nationalistischer und totalitaristischer Unterdrückung überleben kann. Freilich sind angesichts der globalen Machtverhältnisse die politischen Gestaltungsmöglichkeiten selbst der größeren europäischen Staaten überaus begrenzt; trotzdem ist es würdiger und ehrlicher, treu an den eigenen Überzeugungen festzuhalten und möglicherweise zu scheitern, als sehenden Auges den Niedergang auch noch aus freien Stücken zu befördern. Und es besteht zu hoffen, daß die Diskussion eines alternativen, konservativen Europamodells der Zukunft zumindest geistig jene ideologisch abweichenden Staaten weiterhin in ihrem Bekenntnis zur politischen Vereinigung der abendländischen Nationen stärkt und auch ganz allgemein den konservativen Parteien Europas hilft, nicht am europäischen Projekt zu verzweifeln, sondern vielmehr die Initiative zur Mit- und Umgestaltung in die eigenen Hände zu nehmen, anstatt sich resigniert abzuwenden.

Dies führt uns unmittelbar zum dritten Punkt unserer Überlegungen, nämlich der gegenwärtigen Lage der konservativen Parteien in Europa. An dieser Stelle sind einige klare und ehrliche Worte vonnöten. Die Leitmedien behaupten meist, daß es nur »nationalistische«, »rechte«, ja gar »extremistische« Parteien sein könnten, welche »gegen Europa« auftreten, wobei in nahezu unerträglicher Weise die Institution der Europäischen Union mit der Idee Europas an sich amalgamiert wird und die patriotische Liebe zur eigenen Nation und Kultur mit aggressivem Nationalismus. Nun sollte freilich keinesfalls abgestritten werden, daß auch heute noch gewisse unverantwortliche politische Kräfte weiterhin ein überaus romantisch übersteigertes Bild des Nationalstaates und der angeblichen kulturellen Überlegenheit der jeweils eigenen Nation über ihre Nachbarn kultivieren und somit in überaus gefährlicher Weise das Problem ignorieren, daß die abendländische Zivilisation im 21. Jahrhundert nur dann überhaupt eine Aussicht auf politisches Überleben hat, wenn alle europäischen Nationen eng zusammenstehen und sich gemeinsam gegen alle jene Gefahren verteidigen, welche aus dem Osten, dem Westen oder dem Süden kommen mögen. Trotzdem stellen jene Menschen nur eine verschwindend kleine, wenn auch regelmäßig medial sehr hochgespielte Minderheit innerhalb der gesamten Bewegung des Konservatismus dar, und es ist zu erwarten, daß ihre Zahl rasch abnehmen wird, sobald die eigentlich konservativ gesinnten Bürger die eigenen Überzeugungen nicht mehr länger verschämt verstecken und das Feld vor jenen räumen, die am lautesten schreien, sondern vielmehr offen und ehrlich für ihre Überzeugungen einstehen, ihr Recht auf Existenz und Meinungsfreiheit unbeirrt in Anspruch nehmen und klare Grenzen nach rechts wie nach links ziehen. Es ist daher zu hoffen, daß das Projekt einer konservativen Reform der Strukturen und der Ideologie der Europäischen Union, tief verankert in einer positiven Haltung gegenüber den historischen und spirituellen Werten unseres Kontinents, auch den zur Zeit noch zersplitterten politischen Parteien des Europäischen Parlaments hilft, sich ihrer gemeinsamen Werte bewußt zu werden und eine Basis zu schaffen, von der aus eine konstruktive Zusammenarbeit über alle Grenzen hinweg, ja vielleicht sogar die Gründung einer dauerhaften politischen Kooperation im Rahmen einer eigenen Fraktion möglich sein könnte. Die Entwicklung einer EU-skeptischen, aber pro-europäischen politischen Ideologie ist daher kein innerer Widerspruch, sondern vielmehr ein Gebot der Stunde, welche förmlich nach der Schaffung einer paneuropäischen »hesperialistischen« Bewegung schreit.

Der vierte und letzte (und wohl wichtigste) Punkt vorliegender Ausführungen sei der Frage nach den nicht etwa kurz- bis mittel-, sondern vielmehr langfristigen Aussichten einer solchen Bewegung gewidmet. Wir alle wissen, daß zumindest Westeuropa einem demographischen, wirtschaftlichen und auch kulturellen Desaster entgegengeht (welches trotz allem auch Mittel- und Osteuropa aufgrund seiner engen Verflechtung mit dem Westen berühren wird, wenn auch wahrscheinlich in einem geringeren Maße), und es steht daher zu befürchten, daß selbst die besten politischen Reformen diesen Ausgang nur noch sehr marginal beeinflussen können. Trotzdem sollte gerade diese Aussicht uns nicht zu Hoffnungslosigkeit führen oder zum Zweifel an der gemeinsamen Arbeit an Europa: Ganz im Gegenteil macht es gerade heute, am Rande der Krise, am meisten Sinn, zumindest die Umrisse dessen zu skizzieren, was einmal das Europa der Zukunft werden könnte, sobald die schlimmsten Ereignisse vorüber sind und endlich die Rückbesinnung auf die wahrhaft zentralen Werte des Abendlandes einsetzen wird; eine Rückbesinnung, welche, da die Krise den gesamten Kontinent betreffen wird, auch nur in europäischen Dimensionen bewältigt werden kann und deshalb von der erneuten Bestätigung der uns alle vereinenden historischen Identität ausgehen muß, welche schon vor nahezu hundert Jahren von Paul Valéry in seiner Abhandlung »L’Européen« mit den folgenden, treffenden Worten beschrieben wurde:

»Überall, wo die Namen Caesar, Gaius, Traian und Vergil, überall, wo die Namen Moses und Paulus, überall, wo die Namen Aristoteles, Platon und Euklid zugleich eine Bedeutung und eine Autorität gehabt haben, da ist Europa. Jedes Volk und jedes Land, das nacheinander romanisiert, christianisiert und in Bezug auf seinen Geist den Lehren der Griechen unterworfen wurde, ist vollständig europäisch.«

Europa kann daher nur eine Zukunft haben, wenn es sich auf seine historischen Wurzeln besinnt: die jüdische, antike und christliche Vergangenheit; die Verteidigung der Familie; die Befürwortung einer anspruchsvollen Integration fremder Bürger; die Durchsetzung einer sozialverantwortlichen Wirtschaft; der Glaube an die überzeitlichen Werte klassischer Ästhetik; der Versuch, zwischen Individualismus und Kollektivismus zu vermitteln; der Respekt für lokale, regionale und nationale Identität; und die Besinnung auf das Naturrecht als ultimativer Richtschnur unseres Wertekanons. Es ist daher kein Zufall, daß gerade jene Aspekte im folgenden zum Ausgangspunkt der Betrachtungen der Mitarbeiter dieses Bandes werden sollen, welche, aus verschiedensten intellektuellen, politischen und nationalen Kontexten entstammend, eine beeindruckend einhellige Bestandsaufnahme der gegenwärtigen Situation unserer abendländischen Zivilisation bieten – und darüber hinaus zahlreiche Vorschläge liefern, inwieweit eine »hesperialistische« Rückbesinnung auf die historische Identität Europas auch zu einer erneuten inneren wie äußeren Stärkung des Kontinents führen könnte.

FORTSCHRITT, SOCIALENGINEERING UND DIE FRAGE NACH DER IDENTITÄT EUROPAS – EINE BESTANDSAUFNAHME

Zdzisław Krasnodębski

1. Einleitung

Als ich in den 1990er Jahren meine Habilitationsschrift mit dem Titel »Der Niedergang der Fortschrittsidee« veröffentlichte, welche in Polen als eines der ersten »post-modernen« Bücher betrachtet wurde, war ich nach den Erfahrungen des Kriegsrechts und des offensichtlichen Scheiterns der Sowjetunion optimistisch genug zu hoffen, daß zusammen mit dem Kommunismus auch der Gedanke, der »Fortschritt« sei die Antwort auf alle Gesellschaftsfragen, verschwinden würde. Doch die Reaktionen meiner progressiven Freunde, welche ganz in den Ideen der 1968er Jahre und der verschiedensten Emanzipationsbewegungen aufgingen, belehrten mich bald eines Besseren.

Die Geschichte kehrt wieder, und eines der wohl bezeichnendsten Beispiele hierfür ist der kürzlich veröffentlichte, breit beworbene Aufruf des französischen Präsidenten mit dem Titel »Für einen Neubeginn in Europa«. Was auf den ersten Blick wie eine unerwartete Schützenhilfe für das Projekt des vorliegenden Bandes wirken könnte, dem es ja ebenfalls um eine »Erneuerung Europas« geht, vertritt dabei allerdings, wie zu erwarten, eine ganz andere Stoßrichtung.

Hierbei stellt sich bereits beim Titel die Frage, von welchem »Europa« hier überhaupt die Rede sein soll. Es ist keine Überraschung, daß jede politische Körperschaft, und so auch die EU, ihre eigene Sprache und ihre eigenen Definitionen entwickelt. Damit meine ich nicht nur, daß selbst das EU-Englisch vom britischen oder amerikanischen Englisch sehr verschieden ist, sondern auch die Tatsache, daß sich hinter der gegenwärtigen Verwendung einer ganzen Reihe von altbekannten Begriffen eine neue Realität verbirgt. Im »Neusprech« der Gegenwart, um einen Begriff George Orwells aufzugreifen, besteht eine gewisse Tendenz, »Europa« mit der »EU« gleichzusetzen und umgekehrt. Wer von »glühenden Europäern« spricht, meint heutzutage kaum noch einen Menschen, der die große kulturelle Vielfalt unseres Kontinents verehrt und sich etwa mit dem Reichtum unserer Literatur oder Musik auseinandersetzt, indem er beispielsweise Beethoven mit Debussy oder Mickiewicz mit Baudelaire vergleicht; ein »glühender« oder »guter« Europäer ist heutzutage ein strammer und weitgehend unkritischer Verfechter der gegenwärtigen EU – ein verhältnismäßig neues Phänomen, hinter dem wohl die Entwicklung steckt, daß von dem alten Wahlspruch der »Einheit in Vielfalt« zunehmend, und trotz vorgeblendeter »Diversity«-Beschwörungen, nur noch der Appell an die Einheit der Meinung übriggeblieben ist. Im folgenden wollen wir anhand des Aufrufs von Präsident Macron jene Tendenz etwas näher betrachten.

2. Von der Christenheit zu Europa

Macron schreibt in eindringlicher Weise: »Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg war Europa so wichtig. Und doch war Europa noch nie in so großer Gefahr.«1 Welches Europa meint er hiermit? Die Europäische Union? Oder – wenig wahrscheinlich – die historisch gewachsene abendländische Kultur? Und um welche Gefahr handelt es sich hierbei wohl? Sie muß wohl sehr groß sein, wenn sie angeblich bedeutender ist als die Gefahr, welche jahrzehntelang in Form des Kalten Kriegs nicht nur der europäischen, sondern sogar der Erdbevölkerung mit der weitgehenden atomaren Auslöschung drohte. Und ob diese Gefahr tatsächlich aus polnischer Perspektive wirklich so bedeutend ist wie die Jahre 1956, 1968 oder 1981? Wer ist der Feind?

Danach aber wird Macron klarer, denn wir lesen: »Der Brexit ist dafür ein Symbol. Ein Symbol für die Krise in Europa, das nicht angemessen auf die Schutzbedürfnisse der Völker angesichts der Umwälzungen in der heutigen Welt reagiert hat.« Es würde hier zu weit führen, auf Eric Voegelins Theorie der Symbole zu verweisen, um die Frage zu besprechen, inwieweit und wofür der Brexit nun tatsächlich ein Symbol darstellt. Freilich können wir Macron nur zustimmen, wenn er vom Scheitern der EU (in seiner Wortwahl »Europas«) spricht, den Schutz der Bürger zu gewährleisten. Eine EU, welche den Bürger schützt, wäre in der Tat eine gute Idee – aber vor wem? Sicherlich geht es Macron kaum um den Schutz des Abendlands, seiner Identität und seiner Traditionen vor den Gefahren der Moderne, oder?

Immerhin wird eines deutlich: Macrons Europabegriff ist nicht geographischer Art (schließlich ist Rußland doch in einem nicht unbeträchtlichen Maß Teil des europäischen Kontinents), sondern bezeichnet vielmehr eine bestimmte Form politischer Identität. Nun sind, wie die Soziologie lehrt, politische Begriffe wie »Europa« meist das Resultat innerer und äußerer Konflikte, dienen als Symbole für Loyalität und Feindseligkeit und haben Tendenz, von einzelnen politischen Gruppen benutzt und instrumentalisiert zu werden, so daß die Identifikation der Nutzer jener Begriffe sowie der Situation, in welcher dieser Prozeß sich vollzieht, ein interessantes Studienfeld darstellen könnte.

Bezeichnend für unsere Situation und den Geist der Erklärung Emmanuel Macrons ist dabei die Frage, wann und unter welchen Voraussetzungen der Europa-Begriff überhaupt begann, Teil der politischen Terminologie in den Debatten unseres Kontinents zu werden. Die Idee einer kulturellen und auch politischen Zusammengehörigkeit des Abendlandes geht zwar sehr weit in die Vergangenheit zurück (in Osteuropa bis in das 10. Jahrhundert, im Westen bis zu den Karolingern) und gründete auf jenen Werten, die heute als »konservativ« gelten, allen voran dem geteilten christlichen Glauben, der als »Christenheit« geradezu das Synonym jener abendländischen Identität darstellte. Doch im 17. und 18. Jahrhundert wurde der Begriff der »Christenheit« infolge von Reformation und Säkularisierung zunehmend in das terminologische Fegefeuer archaischer Begriffe verbannt, und der Terminus »Europa« trat an seine Stelle.

Hierbei ist es interessanterweise im frühen 18. Jahrhundert, daß wir den Begriff der Christenheit zum letzten Mal als politischen Terminus wiederfinden. Denn nachdem noch im 17. Jahrhundert die Türkenkriege und die Rettung des Abendlandes durch Jan Sobieski dazu beigetragen hatten, die abendländische Identität, die »res Christiana«, durch den Kampf mit dem Islam kurzfristig religiös aufzuladen, sollte die Präambel des Vertrags von Utrecht aus dem Jahr 1713 zum letztenmal das »christliche Interesse« als Motivation für die damalige Neuordnung des Kontinents beschwören. Die betroffenen Parteien sprechen von ihrem » désir de procurer (autant qu’il est possible à la prudence humaine de le faire) une tranquillité perpétuelle à la chrétienté« und erklären: »Portés par la considération de l’intérest de leurs sujets, [ils] sont enfin demeurés d’accord de terminer cette guerre, si cruelle par le grand nombre de combats, si funeste par la quantité du sang chrétien qu’on y a versée.« Es dürfte dabei als eine Ironie der Geschichte zu betrachten sein, daß es damals wesentlich die Briten waren, welche sich gegen den französischen Anspruch einer universalen katholischen Weltmonarchie stellten und im Namen Europas für eine dauerhafte plurale Neuordnung des Kontinents plädierten…

3. Das Ende des Nationalstaats?

Heute freilich gilt das Konzept des Nationalstaats weitgehend als veraltet, während »Europa« (also eigentlich die EU) als die historisch prädeterminierte nächste Stufe im historischen Entwicklungsplan gesehen wird, welche ultimativ in einer globalisierten und multikulturellen Welt gipfeln wird, wenn auch alle Bürger noch nicht »reif« für eine solche Entwicklung sind und daher vorübergehend von der EU »geschützt« werden müssen. So lesen wir bei Macron: »Angesichts der globalen Umwälzungen sagen uns die Bürgerinnen und Bürger nur allzuoft: ›Wo ist Europa? Was unternimmt die EU?‹«

Nun scheint bereits jener angebliche Appell der Bürger an »Europa« (bzw. die EU) Frucht einer gewissen Projektion zu sein, denn zumindest in Polen scheint es eher unwahrscheinlich, daß ausschließlich die EU als fähig betrachtet wird, vor jenen Umwälzungen zu schützen (von denen viele, wie etwa die Migrationskrise und die Islamisierung, das Land ja auch gar nicht betreffen): Hier würde man eher sagen: »Was tut unsere polnische