Rettet die Freiheit! - Bijan Moini - E-Book

Rettet die Freiheit! E-Book

Bijan Moini

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Beschreibung

Viele Menschen wissen, dass sie sensibler mit ihren Daten umgehen sollten, die wenigsten verstehen, warum. Dieses Buch ist eine mitreißende Aufklärung und zugleich eine überzeugende Handlungsanweisung. Ein Leben in Freiheit erscheint uns selbstverständlich – ebenso wie der Schutz dieser Freiheit durch unsere Grundrechte. Doch tatsächlich schwebt unsere Freiheit in höchster Gefahr. Wenn wir nichts tun, verlieren wir sie an den Überwachungskapitalismus, an Rechtspopulisten oder unseren auf Sicherheit fokussierten Staat. Bijan Moini legt mit diesem Band einen alarmierenden Weckruf vor. Er skizziert anschaulich die Situation unserer Freiheitsrechte, erläutert ihre immense Wichtigkeit und fordert zu konkreten Handlungsschritten auf – dabei sind nicht nur politische Entscheidungsträger gefragt, sondern jeder Einzelne von uns.

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Bijan Moini

Rettet die Freiheit

Ein Weckruf im digitalen Zeitalter

Viele Menschen wissen, dass sie sensibler mit ihren Daten umgehen sollten, die wenigsten verstehen, warum. Dieses Buch ist eine mitreißende Aufklärung und zugleich eine überzeugende Handlungsanweisung.

 

Ein Leben in Freiheit erscheint uns selbstverständlich – ebenso wie sein Schutz durch unsere Grundrechte. Doch tatsächlich schwebt unsere Freiheit in höchster Gefahr. Wenn wir nichts tun, verlieren wir sie an den Überwachungskapitalismus, an Rechtspopulisten oder unseren auf Sicherheit fokussierten Staat.

Bijan Moini legt mit diesem Band einen alarmierenden Weckruf vor. Er skizziert anschaulich die Situation unserer Freiheitsrechte, erläutert ihre immense Wichtigkeit und fordert zu konkreten Handlungsschritten auf – dabei sind nicht nur politische Entscheidungsträger gefragt, sondern jeder Einzelne von uns.

Für Lio.

Seine Zukunft.

Seine Freiheit.

»Freiheit war eine bis ins 21. Jh. verbreitete Ideologie, wonach jeder Mensch ohne Zwang zwischen unterschiedlichen Möglichkeiten entscheiden können sollte.«

 

Seite »Freiheit«, in: Googlepedia, Die Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 21.02.2120, 23:55 UTC.

Einleitung

Durch das digitale Zeitalter kann man sich wunderbar treiben lassen. Onlineshops, Facebook, Netflix, Wikipedia, Computerspiele, Twitter. Es ist ein schönes Leben, in dem wir alle Freiheiten genießen und das wir uns ganz so einrichten können, wie es uns gefällt. Jedenfalls will man uns das glauben machen. Denn tatsächlich sind wir Getriebene, prüfen atemlos den Puls auf unserer Smartwatch, ackern uns durch Hotelbewertungen, schnappen bei jedem Brummen nach dem Smartphone, verlieren uns in einem Strudel YouTube-Videos. Das hat System, und dieses System hat einen gewaltigen Haken. Daran hängt, zappelnd, unsere Freiheit.

Wenn wir nichts dagegen tun, bestimmen bald Algorithmen unser Leben, nicht mehr wir selbst.

Doch die Technik ist nicht das Problem. Es sind die Unternehmen, die uns vermessen und manipulieren. Die Rechtspopulisten, die uns belügen und einschüchtern. Der Staat, der uns überwacht und verdächtigt. Sie alle spannen uns ins Joch und befriedigen dafür unser Bedürfnis nach Spaß, Empörung und Sicherheit. Es ist ein weiches Joch, das sich gut anfühlt, während es uns die Würde raubt.

Aber noch können wir die Prediger des Algorithmus davon abhalten, die Menschheit in ein neues Mittelalter zu stürzen – in dem der Einzelne sich unterordnet, keiner Religion diesmal, sondern überlegenen Maschinen.

Um das zu verhindern, müssen wir 1. verstehen, wie wir durch das kopflose Streben nach einem sorgenfreien Leben unsere Freiheit und unsere Würde verlieren. Wir müssen uns 2. darauf besinnen, wie wertvoll diese Freiheit ist. Und wir müssen 3. Wege zu ihrer Rettung finden, ohne die Vorteile der Digitalisierung aufzugeben.

Denn das ist möglich: eine digitale Zukunft, in der wir frei, selbstbestimmt und in Würde leben. Um sie zu erreichen, ist die Politik ebenso gefragt wie jeder Einzelne von uns.

1.Unsere Freiheit ist so groß und so gefährdet wie nie!

Der Alltag unserer Vorfahren war lange von Hunger, Krankheit und Naturkatastrophen beherrscht, ihr Selbstverständnis beherrschten Götter und Fürsten. Bis sie vor einigen Hundert Jahren ihr Schicksal in die eigenen Hände nahmen. Revolutionen von Amerika bis Russland haben die Fesseln der Religion und der Monarchie gesprengt, haben sie durch Vernunft und Volksherrschaft ersetzt, vor allem aber haben sie den einzelnen Menschen in den Mittelpunkt unseres Denkens gestellt. Wir selbst, nicht höhere Mächte, bestimmten fortan unser Leben.

Das Bürgertum und eine von kirchlichen Dogmen befreite Wissenschaft brachten uns drei weitere, diesmal industrielle Revolutionen: die Mechanisierung, die Massenproduktion und die Informationstechnik. Jede Stufe sorgte für Verwerfungen und ordnete die Machtverhältnisse neu: Intelligenz verdrängte Kraft, Maschinen Menschen, Industrielle den Adel, geistiges Eigentum das materielle. Mit der Digitalisierung stecken wir bereits in der vierten industriellen Revolution.

Alles wird in digitale Formate umgewandelt und miteinander vernetzt. Im Haus, im Auto, im Büro, in der Wissenschaft, der Kultur, den Medien. Die Digitalisierung verspricht uns ein gesünderes Leben, bequemere Fortbewegung, mehr Sicherheit, bei guter Führung vielleicht sogar ein bedingungsloses Grundeinkommen.

Aber wenn Technik Probleme löst, schafft sie allzu oft auch neue. Ihr bislang größtes Opfer ist das Klima, ihr nächstes könnte unsere Freiheit sein. Denn um unsere Träume zu verwirklichen – so sagt man uns –, müssen auch wir digitalisiert werden. In den Datenbanken von Staaten und Konzernen entstehen digitale Alter Egos von uns, über die wir nicht selbst bestimmen.

Noch leuchtet bei zu hohem Adrenalinspiegel keine Anzeige auf, noch warnt bei schlechter Laune kein Signal die Umgebung. Aber unsere vielen Interaktionen mit der digitalen Welt werden längst aufgezeichnet, gespeichert, analysiert und verwertet.

Das macht uns verletzlich. Eine ganze Branche lebt davon, unser Verhalten vorauszusagen und uns zu verführen. Jeder kennt ihre mächtigsten Vertreter: Google, Facebook, Amazon. Sie haben gelernt, aus gigantischen Datenhalden Gold zu gewinnen. Die künstliche Intelligenz (KI) ist ihr feinstes Sieb. KI hilft ihnen auch, immer mehr Daten von uns zu sammeln, indem sie unsere Aufmerksamkeit durch die Empfehlung immer neuer Videos und Nachrichten bindet. Das wissen Dritte für sich zu nutzen. Am schamlosesten der neue Rechtspopulismus, der für seine freiheitsfeindliche Rhetorik und Politik Facebook, Twitter und Co besser gebraucht als jeder andere. Statt das zu verhindern, ist der Staat im Namen der Sicherheit selbst damit beschäftigt, uns zu vermessen und vorzuverurteilen. Jeder wird erfasst und kategorisiert, immer öfter durch Algorithmen.

Diesen Gefahren für unsere Freiheit im täglichen Handeln und Denken setzt das geltende Recht nicht genug entgegen. Deshalb müssen wir bei allem Staunen über die Wunder der neuen Technik um unsere Freiheit fürchten, die Kapitalismus, Rechtspopulismus und Sicherheitsstaat in ihre digitalen Mangeln nehmen. Denn durch diese Mangeln passt nur ein glatter, transparenter Mensch.

Grundrechte schützen die Freiheit, aber nicht vor Manipulation

Freiheit genossen lange nur die Eliten. Die Stammesführer, die Priester und Fürsten, die Plantagenbesitzer und Industriellen. Es dauerte lange, bis Sklaverei und Leibeigenschaft abgeschafft, bis Rechtsstaat und Grundrechte eingeführt waren. Das ist noch immer nicht überall gelungen. Trotzdem sind heute mehr Menschen frei als je zuvor. Nicht frei, tun und lassen zu können, was sie wollen, sondern frei vom Willen anderer. Dank dieser individuellen Freiheit können wir unsere Interessen offen artikulieren und durchsetzen, können wir sein, wer wir sind, sagen, was wir denken, glauben und lieben, woran und wen wir möchten, können wir sehen, lesen, hören, was uns gefällt.

Diese individuelle Freiheit schützen die Freiheitsrechte. Sie sind in erster Linie Abwehrrechte gegen den Staat. Er darf uns das Leben nicht nehmen und uns nicht verletzen, er darf unsere Religionsausübung nicht beschränken und uns nicht den Mund verbieten, unser Eigentum nicht antasten und unsere Berufswahl nicht beschränken – es sei denn, es gibt dafür einen triftigen Grund, und der Eingriff in unsere Rechte ist verhältnismäßig. Der Staat ist darüber hinaus sogar dazu verpflichtet, uns vor der Verletzung unserer Grundrechte durch Privatpersonen und Unternehmen zu schützen. Deshalb muss die Polizei eingreifen, wenn uns jemand attackiert. Und deshalb darf der Staat den Betrieb von gefährlicher Technik wie einem Atomkraftwerk nicht einfach Privatunternehmen überlassen, ohne Regeln für die Sicherheit zu formulieren.

Verbürgt sind die Freiheitsrechte in unserem Grundgesetz, in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und in der Europäischen Menschenrechtskonvention. Dank dem Recht auf effektiven Rechtsschutz können wir sie einklagen vor deutschen Gerichten bis zum Bundesverfassungsgericht, vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg und vor dem Gerichtshof der Europäischen Union in Luxemburg.

All das ist nur etwas wert, weil auch die Inhaber der physischen Staatsgewalt – also die Behörden, die Polizei, das Militär – unsere Rechte und uns recht gebende Gerichtsurteile weitgehend respektieren.

Voraussetzung für die Wahrnehmung unserer Rechte ist aber, dass wir auch in einem anderen Sinne frei sind. Die Achtung der Freiheitsrechte ist nur eine notwendige, keine hinreichende Bedingung für wahre Freiheit. Man muss auch die Freiheit besitzen, frei zu sein, wozu es nach der Philosophin Hannah Arendt der Freiheit von Not bedarf.

Im digitalen Zeitalter bedeutet Freisein sogar noch mehr. Es bedeutet, überhaupt einen eigenen Willen formen zu können, frei zu sein von Manipulation.

Diese Dimension der Freiheit wird – von uns weitgehend unbemerkt – aus verschiedenen Richtungen heftig angegriffen. Und darüber bröckeln auch die Freiheitsrechte selbst.

Angriff durch künstliche Intelligenz

Die Informationstechnik (IT) hat sich rasend schnell entwickelt. Den weiten Weg von der Entzifferung verschlüsselter Botschaften im Zweiten Weltkrieg bis zum digitalen Simultanübersetzer hat sie in wenigen Jahrzehnten zurückgelegt, und das mit zunehmendem Tempo. Die Speicher wurden größer, die Prozessoren schneller, die Softwareprogramme komplexer. Das mooresche Gesetz, wonach sich die Leistung von Computern etwa alle zwei Jahre verdoppelt, gilt noch immer.

Die IT