Revolution in der Herztherapie - Dean Ornish - E-Book

Revolution in der Herztherapie E-Book

Dean Ornish

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Beschreibung

Mit seiner international anerkannten wissenschaftlichen Studie beweist Dr. Dean Ornish Erstaunliches: Die Möglichkeit, mithilfe eines veränderten Lebensstils Herzkrankheiten vorzubeugen, zu stoppen oder gar rückgängig zu machen. Das Programm von Dr. Dean Ornish umfasst die psychologischen, emotionalen und spirituellen Aspekte der Gesundheitsversorgung. Die Teilnehmer sind anschließend in der Lage, ihre Medikamente zu reduzieren und sogar zu unterbrechen. Es werden Blockaden in den Herzkranzgefäßen minimiert, Brustschmerzen nehmen ab oder verschwinden und die Menschen fühlen sich energischer, glücklicher und ruhiger.

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Dean Ornish

Revolution in der Herztherapie

Aus dem Amerikanischen übersetztvon Olga Rinne

Die amerikanische Originalausgabe ist 1990 unter dem Titel „Dr. Dean Ornish´s Program For Reserving Heart Disease“ bei Random House, Inc., New York, erschienen.

Die Gedanken, Methoden und Anregungen in diesem Buch stellen die Meinung bzw. Erfahrung des Verfassers dar. Sie wurden vom Autor nach bestem Wissen erstellt und mit größtmöglicher Sorgfalt überprüft. Sie bieten keinesfalls Ersatz für kompetenten medizinischen Rat. Jede Leserin, jeder Leser sollte für das eigene Tun und Lassen auch weiterhin selbst verantwortlich sein. Daher erfolgen Angaben in diesem Buch ohne jegliche Gewährleistung oder Garantie des Verlags oder des Autors. Eine Haftung des Verlags oder des Autors für etwaige Person-, Sach- oder Vermögensschäden ist ausgeschlossen, es sei denn im Falle grober Fahrlässigkeit.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Copyright © 2019 dieser Ausgabe Lüchow in Kamphausen Media GmbH, BielefeldAlle Rechte vorbehalten.

Umschlaggestaltung: Margret Russer, MünchenSatz: DIGITAL Satz und Druck GmbH, SchrobenhauseneBook Gesamtherstellung: Bookwire GmbH, Frankfurt a. M.Printed in Germany

ISBN print 978-3-95883-400-2ISBN eBook 978-3-95883-319-7

www.luechow-verlag.de

Inhalt

Vorwort zur neuen Ausgabe

Vorwort

Anmerkung des Autors

Einleitung: Herz und Seele

Erster Teil: Die Öffnung des Herzens

I.„Warum gehen Sie nicht konventioneller vor?“

II.„Das ist doch das Letzte für einen richtigen Kerl, oder?“

III.„Ja, das stimmt, aber was ist der Grund dafür?“

IV.Lebensveränderungen der Reichen und Berühmten

V.„Dieser Kurs ist ein Aussiebverfahren …“

VI.„Ein Mann, der leicht explodiert …“

Zweiter Teil: Die Öffnung des Herzens – Einführung in das Heilungsprogramm

VII.Gefühle zulassen und innnere Ruhe finden

VIII.Unsere Herzen für andere öffnen

IX.Sich einem höheren Selbst öffnen

X.Eine Diät zum Vorbeugen und Heilen

XI.Das Rauchen aufgeben

XII.Körertraining

Danksagungen

Kontaktadresse

Ausgewählte Literatur

DIE NEUE GESUNDHEIT widmet sich ganz gezielt dem Thema Gesundheit. Sie will zeigen, wie man selbst sein persönliches Wohlbefinden fördern und erhalten kann. Der Grundgedanke ist dabei die Erkenntnis, daß die meisten der sogenannten »Zivilisationskrankheiten« durch unser eigenes Verhalten hervorgerufen werden und daß wir sie deshalb auch selbst vermeiden oder heilen können.

Die Bücher der Reihe machen medizinische Behandlung im Krankheitsfall nicht überflüssig. Aber sie helfen, ein selbstverantwortliches Verhältnis zum eigenen Körper, zum Arzt und zu Krankheit und Gesundheit überhaupt zu entwickeln.

Mit spannenden Selbstzeugnissen und Berichten von Menschen, die erfolgreich ihre Probleme bewältigt haben, machen die Bücher Mut, die eigene Gesundheit selbst in die Hand zu nehmen.

Für Gerald und Barbara Hines, die meine Forschungsarbeit möglich machtenFür meine Eltern, die mich möglich machtenFür S. S. Satchidananda, der mir half, neue Möglichkeiten zu sehenUnd für Shirley, die alles möglich macht

Sich einlassen

Solange man sich nicht vollkommen auf eine Sache einläßt, ist da Unschlüssigkeit, die Tendenz zurückzuweichen und immer mangelnde Effektivität. Für jede Initiative (und für jeden schöpferischen Akt) gilt eine elementare Wahrheit, die beachtet werden will, wenn nicht zahllose Ideen und grandiose Entwürfe zugrunde gehen sollen: In dem Augenblick, in dem man sich definitiv auf etwas einläßt, bewegt die Vorsehung sich auch. Alle erdenklichen hilfreichen Dinge geschehen, die sich sonst nie ereignet hätten. Ein ganzer Strom von Ereignissen entspringt aus der Entscheidung und bringt alle Arten unvorhergesehener Ereignisse und Begegnungen und materieller Hilfen hervor, von denen niemand sich hätte träumen lassen.

W. H. MURRAY

Die schottische Himalaya-Expedition

Vorwort zur neuen Ausgabe

Einleitung

Die erste Ausgabe dieses Buches erschien vor nun fast dreißig Jahren. Ich bin sehr stolz, dass es – wie die wissenschaftliche Forschung, die es schildert – nach wie vor inspiriert und dass es Millionen Menschen neue Hoffnung und Entscheidungshilfen gibt, die ihr Leben stärken. Dass mir so viele Menschen schreiben, denen dieses Programm half, Leid in Heilung und Angst in Freude zu transformieren, gibt meinem Leben Sinn und Berechtigung.

Heute belegen noch zusätzliche Forschungsergebnisse die Gültigkeit des Programms. Im Laufe der Zeit sind immer neue Erkenntnisse hinzugekommen, die zu erklären vermögen, warum die Umstellungen der Ernährungsweise und des Lebensstils so nachhaltig wirken, wenn es darum geht, die stetige Zunahme bei koronaren Herzkrankheiten und bei vielen anderen chronischen Erkrankungen rückgängig zu machen, und warum diese Besserung so schnell greift.

Fast vier Jahrzehnte lang führten meine Kollegen und ich am gemeinnützigen Preventive Medicine Research Institute und an der University of California in San Francisco klinische Versuchsreihen durch, die den außergewöhnlichen Nutzen der in diesem Buch beschriebenen umfassenden Veränderungen im Lebensstil belegen. Wir sind nach wie vor verblüfft, denn je mehr Krankheiten wir untersuchen und je besser wir die zugrunde liegenden biologischen Mechanismen verstehen, desto mehr Gründe und ganz neue Beweise finden wir, die die große Kraft dieser einfachen Veränderungen im Lebensstil erklären, ihre potenziell transformative und weitreichende Wirkung. Und der bedeutsame und messbare Nutzen lässt sich schon bald feststellen – oft bereits nach Tagen oder Monaten, manchmal schon nach Stunden.

Viele Leute glauben, der medizinische Fortschritt sei stets technologisch und teuer, etwa neue Medikamente, Geräte oder operative Verfahren. Es fällt ihnen schwer zu verstehen, dass etwas so einfaches wie eine Veränderung des Lebensstils unser Leben nachhaltig verbessern kann – und doch tut sie das, und zwar noch schneller, als man früher geglaubt hat.

Bei unseren Forschungen setzten wir die modernsten High-Tech-Geräte und teure Messmethoden auf dem neusten Stand der Technik ein, um die Kraft dieser simplen, günstigen und einfachen Interventionen nachzuweisen. Die randomisierten, kontrollierten Studien wie auch andere hier angeführte Untersuchungen sind nach dem Peer-Review-Verfahren in den führenden medizinischen und wissenschaftlichen Fachzeitschriften veröffentlich worden.

Es ermutigt mich, wie wenig sich in dem Programm verändern musste, seit ich es vor vierzig Jahren zum ersten Mal untersuchte. Es hat sich bewährt. Eigentlich gab es seit damals nur zwei bedeutende Überarbeitungen: (1) Ich empfehle seit nunmehr 25 Jahren 3 Gramm Fischöl, Leinsamenöl oder Omega-3-Fettsäuren aus Plankton täglich und (2) dazu geringe Mengen Saaten und Nüsse bei der Ernährung. Eine Reihe Studien hat gezeigt, dass die „Keimkraft“ in Saaten bedeutender ist als die Tatsache ihrs hohen Fettgehalts.

In den meisten Fällen ist es besser, Nährstoffe aus dem Essen als aus Nahrungsergänzungsmitteln zu ziehen. Da jedoch ein Großteil der Fische unterschiedlich stark mit Toxinen wie Quecksilber, Dioxin, und PCB belastet ist, sollte man lieber das gereinigte Fischöl zu sich nehmen. Es eignen sich aber genauso gut Omega-3-Fettsäuren aus Plankton.

Lebensstilmedizin

Unsere in diesem Buch dargestellten Forschungen etablierten die neue Disziplin der Lebensstilmedizin, die umfassende Veränderungen im Lebensstil einsetzt, um viele der verbreitetsten chronischen Erkrankungen zu behandeln, sogar rückgängig zu machen und zudem präventiv zu wirken.1

Nach so langen Jahren, in denen ich Forschungsprojekte in diesem Gebiet leitete, ermutigt es mich, dass sich gerade viele Kräfte vereinigen, um dieser richtigen Idee zum richtigen Zeitpunkt zum Durchbruch zu verhelfen. Und genau heute, wo die Kraft umfassender Lebensstilveränderungen immer besser dokumentiert ist, werden die Begrenzungen der hochtechnisierten Medizin immer deutlicher.

In den letzten vierzig Jahren wurden zum Beispiel Angioplastie, Stents und Bypass-Operationen zur „konservativen“, generell angewandten Behandlungsmethode bei Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Es überraschte viele, als mehrere randomisierte und kontrollierte Untersuchungen in den letzten Jahren belegten, dass Angioplastie, Stents und Bypass-Operationen bei den meisten Patienten mit stabilen Herz-Kreislauf-Erkrankungen ineffektiv sind, obwohl in den Vereinigten Staaten jedes Jahr Milliarden Dollar für diese invasiven Verfahren ausgegeben werden. Die randomisierten Versuchsreihen ergaben eindeutig, dass Stents und Angioplastie bei stabilen Patienten weder lebensverlängernd wirken noch Herzattacken verhindern oder Angina reduzieren. Sie retten bei einer Herzattacke Leben – die meisten Patienten, denen Stents eingesetzt werden oder die einen Bypass erhalten, sind jedoch stabil.2,3

Im Gegensatz dazu können wir zum ersten Mal seit vierzig Jahren beweisen, dass das in diesem Buch beschriebene Lebensstil-Programm die Progression selbst bei schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen rückgängig machen kann, und das ohne Medikamente oder Operationen. Wir stellten in nur wenigen Wochen eine 91-prozentige Reduktion bei Angina und beträchtliche Verbesserungen bei der Kapazität des Herzens fest, Blut zu pumpen. Die Patienten wurden in weniger als einem Monat in der Brust schmerzfrei.4,5

Nach einem Jahr kehrte das Programm bei den meisten Menschen die Progression selbst schwerer Herz-Kreislauf-Erkrankungen um, es gab sogar nach fünf Jahren noch mehr Umkehrungen bei Verschlüssen der Herzkranzarterien als nach einem Jahr. Im Gegensatz dazu belegte die randomisierte und kontrollierte Kontrollgruppe in derselben Zeit eine Progression bei Verschlüssen der Herzkranzarterien.6,7 Es gab zusätzlich 80 Prozent weniger kardiale Ereignisse im Vergleich zur Kontrollgruppe.

PET-Scans des Herzens belegen, verglichen mit der randomisierten Kontrollgruppe, nach fünf Jahren eine 400-prozentige Besserung beim Blutfluss zum Herz in der Gruppe, die den Lebensstil veränderte. Erstaunliche 99 Prozent der experimentellen Patientengruppe konnten die Progression ihrer Herzerkrankung anhalten oder rückgängig machen, während nur 5 Prozent der randomisierten Kontrollgruppe eine Verbesserung aufwies.8

Je genauer die Menschen das in diesem Buch beschriebene Lebensstil-Programm befolgten, desto mehr Verbesserungen maßen wir, desto besser fühlten sie sich. Wir fanden eine signifikante Korrelation zwischen der Befolgung des Lebensstil-Programms noch nach einem Jahr und ebenfalls nach fünf Jahren und Veränderungen bei Verschlüssen der Herzkranzarterien. Dieses Muster entdeckten wir bei jeder der untersuchten Krankheiten: Je mehr die Menschen ihren Lebensstil änderten, desto besser ging es ihnen – und zwar in jeder Altersstufe. Das ist ein Ergebnis, das mich bestärkt.9

Als extreme Beispiele für die Kraft des veränderten Lebensstils lassen sich mehrere Patienten anführen, die so schwer am Herz erkrankt waren, dass sie auf ein Transplantat warteten. Sie zeigten nach nur neun Wochen des Programms so viele Verbesserungen, dass sie es nicht mehr benötigten! Was also ist die radikalere Intervention?

Unser Schicksal liegt nicht in unseren Genen

Oft sagen die Leute: „Es ist doch alles genetisch bedingt. Was kann ich schon daran ändern?“ Zum Glück wissen wir, dass wir etwas ändern können. Bei unseren Forschungen haben meine Kollegen und ich herausgefunden, dass eine Änderung des Lebensstils selbst die Gene verändert. Sie aktiviert hochregulierende Gene, die uns gesund machen, und deaktiviert herunterregulierende Gene, die Herzkrankheiten (und weitere chronische Erkrankungen) fördern. Man kann innerhalb von drei Monaten auf mehr als 500 Gene einwirken. Das Wissen, dass ein veränderter Lebensstil die Genetik verändert, kann motivieren und stark machen.10

Haben Sie eine genetische Veranlagung für Herzerkrankungen, dann müssen Ihre Anpassungen im Lebensstil größer sein als die von anderen Menschen, um die Krankheit zu verhindern oder rückgängig zu machen – sind Sie aber willens, dann siegen die umfassenden Umstellungen im Leben über die schlechten Gene.

Als sich Präsident Clintons Gefäße nach einer Bypass-Operation Anfang 2010 verstopften, erklärte einer seine Ärzte auf einer Pressekonferenz: „Es handelt sich nicht um eine Folge seines Lebensstils oder seiner Ernährung“, weil er an eine genetische Ursache glaubte. Da ich Präsident Clinton seit 1993 kenne (als ich die Köche im Weißen Haus, in Camp David und in der Air Force One beriet), schickte ich ihm eine E-Mail, die unsere neuesten Forschungsergebnisse umriss, nach denen Herzerkrankungen selbst bei Patienten mit genetischer Disposition rückgängig gemacht werden können. „Wäre es nur eine Frage der Genetik“, schrieb ich ihm, „dann wären Sie hilflos, aber das sind Sie nicht – Sie sind einer der mächtigsten Männer der Welt.“

Wir trafen uns wenige Tage später und er begann des Programm zur Umkehrung von Herzerkrankungen, das in diesem Buch beschrieben wird, zu befolgen. Er hat öffentlich erklärt, dass er dem Programm weiterhin folgt und dass es ihm gut geht. Wo immer Sie auch politisch stehen – transformiert ein ehemaliger Präsident der Vereinigten Staaten seine Ernährungs- und Lebensweise derart, gibt er allen ein gutes Beispiel. Wenn er es kann, der Big Macs, Kuchen und Torten so sehr liebte –, dann kann das andere inspirieren, es ebenfalls zu versuchen.11

Unsere Forschungen belegen zudem, dass die in diesem Buch beschriebene Umstellung der Ernährungs- und Lebensweise die Telomere verlängern kann, die Enden der Chromosomen, die das Altern regulieren. Verkürzen sich die Telomere, verkürzt sich das Leben und vergrößert sich das Risiko, an einer ganzen Bandbreite von Krankheiten vorzeitig zu sterben. Wir führten die erste kontrollierte Studie durch, die zeigte, dass jede unserer Interventionen geeignet war, durch die Verlängerung der Telomere den Alterungsprozess auf zellulärer Ebene umzukehren. Je genauer sich die Leute an unsere Empfehlungen zum Lebensstil hielten, desto länger wurden ihre Telomere. Wir führten unsere Untersuchung gemeinsam mit Dr. Elizabeth Blackburn durch, die für ihre bahnbrechenden Entdeckungen zu Telomeren den Nobelpreis für Medizin erhielt.12

Medicare

Aufgrund dieser Ergebnisse bin ich sehr dankbar, dass 2011, nach 16 Jahren voller Begutachtungen, die Centers for Medicare und Medicaid Services (CMS) eine neue Leistungsklasse schufen und die Kosten für Dr. Ornishs Herztherapie übernahm. Zum ersten Mal erstatteten die CMS die Kosten einer medizinischen Intervention beim Lebensstil.

Das war revolutionär – eine veränderte Kostenerstattung führt zu einer veränderten medizinischen Praxis und sogar einer anderen medizinischen Ausbildung. Zum ersten Mal erlaubte die Kostenerstattung durch die Medicare (der amerikanischen Gesundheitsversorgung für alte Leute) wie durch die privaten Krankenkassen Ärzten auch finanziell, bei ihren Konsultationen mit der Lebensstilmedizin zu arbeiten.

Medicare und die Krankenkassen bezahlen nun das Lebensstil-Programm zur Umkehr von Herzerkrankungen in Krankenhäusern, Kliniken, Gesundheitssystemen und bei dreiwöchigen Kuren im ganzen Land. Einige Kassen übernehmen die Kosten nicht nur bei Herzerkrankungen, sondern auch bei Diabetes Typ 2, hohem Blutdruck oder erhöhtem Cholesterinspiegel. (Auch in Deutschland übernehmen die Kassen die Kosten bei einigen Programmen.)

Der starke Wunsch nach diesem Weg ist vorhanden. Tausende von Ärzten und andere im Gesundheitsdienst Tätigen haben mich angeschrieben, die eine zertifizierte Ausbildung für das Programm der Lebensstilmedizin wollen.

Meine Kollegen und ich arbeiten in dieser Zeit, in der es so dringend gebraucht wird, gemeinsam an einem neuen Paradigma der Gesundheitsversorgung, und wir haben großen Erfolg dabei. Wir erreichen größere Veränderungen im Lebensstil, bessere klinische Ergebnisse, höhere Kosteneinsparungen und eine höhere Befolgungsquote, als je zuvor dokumentiert worden ist.13

Den meisten Ärzten stehen nur zehn Minuten für ihren Patienten zur Verfügung. Das ist weder für den Arzt noch für den Patienten befriedigend, denn es bleibt selten genug Zeit, um über das wirklich Wichtige zu sprechen: Was nämlich im Leben der Patienten geschieht, wie sie sich ernähren, ob sie Sport treiben, was ihnen Stress macht, wie es um ihre Arbeit und Beziehung steht.

In unserem neuen Lebensstilparadigma zahlen Medicare und die Krankenversicherungen in den USA für eine 72-stündige Ausbildung der Patienten, nicht nur für zehn Minuten. Dieses neue Paradigma der Lebensstilmedizin ermöglicht es Ärzten, ihre Zeit durch den Einsatz eines multidisziplinären Teams sinnvoll einzusetzen. Der Mediziner fungiert als „Quarterback“, der die Intervention leitet, die in 18 vierstündige Sitzungen aufgeteilt ist. Sie erfolgen zwei Mal je Woche neuen Wochen lang oder in einem zwölftägigen Workshop mit einem sechsstündigen Lehrgang pro Tag. Jede vierstündige Sitzung setzt sich wie folgt zusammen:

•eine Stunde Sport unter Aufsicht eines Sportphysiologen

•eine Stunde Stressbewältigung mit einem Yoga- oder Meditationslehrer

•eine Stunde Selbsthilfegruppe mit einem klinischen Psychologen

•eine Stunde gemeinsames Essen mit einem Vortrag eines ausgebildeten Ernährungsberaters und einem Krankenpfleger

Weitere Informationen (auf Englisch) finden Sie unter ornish.comoder fragen Sie bei Ihrer Krankenkasse nach.

Kosten senken

Lebensstilmedizin ist so kostengünstig wie medizinisch wirksam. Unsere Forschungen zeigen: Wenn umfassende Veränderungen im Lebensstil als Behandlung (und nicht nur zur Prävention) angeboten werden, sinken bereits im ersten Jahr die Kosten beträchtlich, weil die biologischen Mechanismen, die unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden regulieren, so dynamisch sind.

Nur 5 Prozent der Patienten erzeugen bis zu 80 Prozent der Gesundheitskosten, und die höchsten Kosten werden für Herzkrankheiten aufgewendet. Deshalb ist eine Umkehr der Herzerkrankungen mit unserem Lebensstilmedizinprogramm ganz besonders wichtig, denn zu diesen Kosteneinsparungen kommt es bereits in den ersten fünf Jahren.

Jetzt stimmt der Anreiz: Die meisten amerikanischen Unternehmen bieten eine Krankenversicherung an, und die nun möglichen enormen Kosteneinsparungen wirken sich unmittelbar auf deren Erlös aus. Betrachten wir uns den Bereich der gebündelten Erstattungssätze – bei wirtschaftlich arbeitenden Gesundheitsverbänden, Versorgungsnetzwerken usw. –, dann profitieren selbst Mediziner und Krankenhäuser von diesen Einsparungen.

Die amerikanische Krankenkasse Highmark Blue Cross Blue Shield fand beispielsweise heraus, dass sie die Kosten im ersten Jahr um 50 Prozent senken konnte, wenn Menschen mit Herzerkrankungen oder Risikofaktoren in 24 Krankenhäusern und Kliniken in West Virginia, Pennsylvania und Nebraska an meinem Lebensstilmedizin-Programm teilnahmen. Zudem reichten im Vergleich zur Lebensstilgruppe nach einem Jahr vier Mal so viele Patienten der Kontrollgruppe Kosten über 25000 Dollar ein. Nach Anna Silberman, der Vizepräsidentin der Highmark Blue Cross Blue Shield: „Bislang erzielte keine der Maßnahmen bei Highmark Blue Cross Blue Shield die Wirkung dieses Programms. Und wir haben schon jede Menge Sachen ausprobiert.“

Bei einem Demonstrationsprojekt, dessen Ergebnisse im American Journal of Cardiology publiziert wurden, fand die Kasse Mutual of Omaha heraus, dass fast 80 Prozent der Patienten durch die Wahl unseres Programms (und unter ärztlicher Aufsicht) einen koronaren Bypass oder Angioplastie / Stents sicher verhindern konnten. Die Mutual of Omaha errechnete Einsparungen in Höhe von 30 000 Dollar pro Patient im ersten Jahr, wenn diese Patienten bei unserem Programm mitmachten, im Vergleich zu einer ähnlichen Kontrollgruppe.14

Die meisten Ärzte gehen von der Annahme auf, dass sie ihre Patienten zwar dazu bringen können, Medikamente zu schlucken, nicht aber dazu, umfassende Veränderungen im Lebensstil vorzunehmen. Allerdings holen 20 bis 30 Prozent der Patienten, denen cholesterinsenkende Mittel verschrieben werden, die Arznei erst gar nicht. Nach sechs Monaten nimmt nur noch die Hälfte der Patienten überhaupt ihre Medikamente ein. Im Gegensatz dazu bleiben 85 bis 90 Prozent der Menschen mindestens ein Jahr lang meinem Lebensstilmedizin-Programm treu, obwohl es nur neun Wochen dauert. Und das an all den Orten im Land, an denen wir es unterrichtet haben. Eine so hohe Befolgungsquote ist noch nie da gewesen.

Warum? Weil uns cholesterinsenkende Medikamente nicht besser fühlen lassen, Veränderungen im Lebensstil aber schon – und das sehr schnell, weil die zugrundeliegenden biologischen Mechanismen so dynamisch sind. Wenn man so schnell den Nutzen sieht und er mehr Freude bringt als das, was man aufgeben musste, dann wirkt er nachhaltig. Den meisten Menschen geht es so schnell um so vieles besser, dass die Rahmenbedingungen für ihre Änderungen im Lebensstil andere werden. Nun ist es nicht länger die nicht nachhaltige Angst vorm Tod, sondern die Freude am Leben. Und die ist nachhaltig.

Allmählich gehen diese Ideen selbst bei den konservativsten medizinischen Berufsverbänden in den Mainstream ein. Beispielsweise erfuhr vor zwei Jahren Dr. Kim Williams, der Präsident des American College of Cardiology, dass sein Cholesterinspiegel zu hoch war. Statt aber von nun an cholesterinsenkende Medikamente einzunehmen, durchforstete er die Fachliteratur nach Alternativen, fand unsere Forschungsergebnisse und nahm an meinem Lebensstilmedizin-Programm teil. Sein LDL-Cholesterin sank in sechs Wochen ohne Medikamente von 170 auf 90 mg/dl.15 Dr. Williams führte den Vorsitz beim ersten Seminar über Lebensstilmedizin, das unsere Arbeit 2016 bei der jährlichen wissenschaftlichen Tagung des American College of Cardiology vorstellte. Mehr als tausend Kardiologen waren anwesend.16

Welche Ernährung kann Herzerkrankungen am besten rückgängig machen?

Mir gefällt, dass ein Expertenrat der Zeitung U.S. News und World Report seit 2011 jedes Jahr die Ornish-Diät auf Platz 1 bei Herzerkrankungen gewählt hat. In diesem Zusammenhang sollte man darauf hinweisen, dass die einzige bei randomisierten und kontrollierten Studien belegte Ernährungsweise zur Umkehrung von Herzerkrankungen ohne Medikamente eine pflanzliche Vollwertkost mit niedrigem Fett und wenigen raffinierten Kohlenhydraten ist – die ich hier empfehle.

Wie steht es mit der Mittelmeer-Diät? 2013 machte die PREDIMED-Studie Schlagzeilen, die feststellte, die mediterrane Diät eigne sich besser als eine fettreduzierte Ernährungsweise zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Eine gewissenhafte Lektüre der Ergebnisse zeigt, dass dem nicht so ist.

Bei der Gruppe mit der fettarmen Diät reduzierte sich der Fettverzehr nur sehr geringfügig von 39 Prozent aller Kalorien auf 37 Prozent – er reduzierte sich also praktisch gar nicht –, und das Fett wurde durch Zucker ersetzt, was auch keine gute Idee war. Bei der Mittelmeer-Diät kam es weder zu einer signifikanten Reduktion bei Herzattacken noch bei Todesfällen durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder andere Verursacher. Der einzige signifikante Rückgang bei der Todesrate betraf Schlaganfälle – und dieser Rückgang ließ sich vermutlich auf die höhere Menge an Omega-3-Fettsäuren in der mediterranen Diät zurückführen. Diese Reduktion war groß genug, um den Durchschnitt bei anderen Erkrankungen sozusagen huckepack mitzunehmen und zu einem allgemeinen Rückgang der Todesrate zu führen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Mittelmeerdiät besser ist als die Ernährungsweise der meisten Amerikaner. Allerdings fehlen wissenschaftliche Belege, dass sie bereits ausreicht, um die stetige Zunahme bei koronaren Herzkrankheiten umzukehren.17

Wie steht es mit der Atkins- und der Paläo-Diät?

2009 untersuchte ein Artikel im New England Journal of Medicine, wie sich die unterschiedlichen Diäten bzw. Ernährungsformen auf die Arterien auswirken. Wer sich so ernährt, wie ich es empfehle, hat saubere Arterien, wer sich so ernährt wie der typische Amerikaner hatte teilweise verstopfte Arterien, jene, die eine proteinreiche und kohlenhydratarme Ernährung zu sich nahmen, wie die Atkins-Diät oder die Paläo-Diät, litten stark unter verstopften Arterien.18

Dr. Atkins gibt sich als Verfechter einer kohlenhydratarmen Diät, in unseren Debatten bezeichnete er mich deshalb oft als „Verfechter einer fettarmen Diät“. Tatsächlich aber ist die Ernährungsweise, für die ich seit rund vierzig Jahren eintrete, nicht nur fettarm (besonders arm an schlechten Fetten wie gesättigten Fetten und Transfetten), sondern auch kohlenhydratarm, wenn es um raffinierte, schlechte Kohlenhydrate wie Zucker, Weißmehl und Süßstoffe geht, dazu noch arm an tierischen Fetten. Sie ist reich an guten Kohlenhydraten, guten Fetten (Omega-3-Fettsäuren) und guten Proteinen (pflanzlichem Eiweiß).

Anders gesagt, es geht nicht um wenig Kohlenhydrate oder wenig Fett. Beides ist wichtig.

Viele Leute nehmen bei einer Diät vom Atkins-Typ deshalb ab, weil die Amerikaner viel zu viel Zucker und raffinierte Kohlenhydrate essen. Weniger schlechte Kohlenhydrate zu sich zu nehmen trägt zur Gewichtsabnahme bei, ersetzt man allerdings diese schlechten Kohlenhydrate durch Speck und Würstchen, belastet man seine Gesundheit. Es gibt zudem keinen einzigen Beleg dafür, dass Fleisch von Weidevieh gesünder ist als andere Arten von Rindfleisch.

Ersetzen Sie jedoch schlechte Kohlenhydrate durch gute Kohlenhydrate – Gemüse, Obst, Vollkorn, Hülsenfrüchte, Sojaprodukte in ihrer natürlichen, unbehandelten Form –, dann erhalten Sie doppelten Nutzen. Sie nehmen noch stärker ab, weil Sie die Aufnahme schlechter Kohlenhydrate senken, und Sie essen weniger Fett. Da Fett pro Gramm neun Kalorien hat, Protein und gute Kohlenhydrate jedoch nur vier Kalorien pro Gramm, nehmen Sie weniger Kalorien zu sich, selbst wenn Sie die gleiche Menge essen. Sie stärken zudem Ihrer Gesundheit, statt sie zu schwächen.

Was Ihnen hilft, hilft der Welt

Ihre persönliche Nachhaltigkeit wirkt zudem global nachhaltig.

In dem Maße, in dem wir uns pflanzlich und vollwertig ernähren, verändern wir nicht nur unser Leben, sondern das Leben vieler anderer Menschen weltweit. Das bedeutet, dass unsere Ernährungsentscheidungen in ihrer Bedeutung weit über uns hinausgehen. Haben sie Bedeutung, sind sie auch nachhaltig.

Viele Menschen überrascht es, wenn sie hören, dass das Tierzucht-Agribusiness durch seine Treibhausgase mehr zur Erderwärmung beiträgt als der gesamte Verkehr auf der Welt. Mehr als die Hälfte des Getreides der USA und fast 40 Prozent des Getreides der Welt wird an Tiere verfüttert und nicht von Menschen gegessen. In den Vereinigten Staaten verzehren mehr als acht Milliarden Nutztiere rund sieben Mal so viel Getreide wie die Bevölkerung.

Wir verbrauchen zehn Mal mehr Energie als bei pflanzlichen Nahrungsmitteln, wenn wir tierische Nahrungsmittel erzeugen. Für ein Pfund Rindfleisch braucht man 13 Pfund Getreide und 30 Pfund Viehfutter. Diese Menge an Getreide und Viehfutter benötigt 19 500 Liter Wasser. In dem Maße, in dem wir uns also für eine pflanzliche Ernährung entscheiden, setzten wir eine enorme Menge an Ressourcen frei, die damit anderen und auch uns selbst zur Verfügung steht. Es gibt in der Welt genug Essen für alle, wenn wir uns weiter unten in der Nahrungskette ernähren. Das inspiriert und motiviert mich. Und wenn wir mitfühlender handeln, stärkt das zudem unser Herz!

Und es gibt dabei nur gute Nebenwirkungen.

Dean Ornish, M.D.Gründer und Präsident, Preventive Medicine Research Instituteklinischer Professor für Medizin,University of California, San Francisco

ornish.com

1 Vgl. die Homepage des American College of Lifestyle Medicine, lifestylemedicine.org. Sie finden die Deutsche Gesellschaft für Lebensstilmedizin unter http://lebensstilmedizin.org/

2 Stergiopoulos KL, Brown DL. Initial coronary stent implantation with medical therapy vs. medical therapy alone for stable coronary artery disease: meta-analysis of randomized controlled trials. Arch Intern Med. 27. Februar 2012;172(4):312–319. doi:10.1001/archinternmed.2011.1484.

3 Al-Lamee R, Thompson D, Dehbi HM, et al. Percutaneous coronary intervention in stable angina (ORBITA): a double-blind, randomised controlled trial. Lancet. 1. November 2017. pii:S0140-6736(17)32714-9. doi:10.1016/S0140-6736(17)32714-9.

4 Ornish DM, Gotto AM, Miller RR, et al. Effects of a vegetarian diet und selected yoga techniques in the treatment of coronary heart disease. Clin Res. 1979;27:720A.

5 Ornish DM, Scherwitz LW, Doody RS, et al. Effects of stress management training und dietary changes in treating ischemic heart disease. JAMA. 1983;249:54–59.

6 Ornish DM, Brown SE, Scherwitz LW, et al. Can lifestyle changes reverse coronary atherosclerosis? The Lifestyle Heart Trial. Lancet. 1990; 336:129–133.

7 Ornish D, Scherwitz L, Billings J, et al. Intensive lifestyle changes for reversal of coronary heart disease. Five-year follow-up of the Lifestyle Heart Trial. JAMA. 1998;280:2001–2007.

8 Gould KL, Ornish D, Scherwitz L, et al. Changes in myocardial perfusion abnormalities by positron emission tomography after long-term, intense risk factor modification. JAMA. 1995;274:894–901.

9 Ornish D. The Spectrum. New York: Ballantine, 2008.

10 Ornish D, Magbanua MJM, Weidner G, et al. Changes in prostate gene expression in men undergoing an intensive nutrition und lifestyle intervention. Proc Nat Acad Sci USA. 2008;105:8369–8374.

11 Conason J. Bill Clinton explains why he became a vegan. AARP the Magazine. August/September 2013. https://www.aarp.org/health/healthy-living/info-08-2013/bill-clinton-vegan.html.

12 Ornish D, Lin J, Daubenmier J, et al. Increased telomerase activity und comprehensive lifestyle changes. Lancet Oncol. 2008;9:1048–1057.

13 Silberman A, Banthia R, Estay IS. The effectiveness und efficacy of an intensive cardiac rehabilitation program in 24 sites. Am J Health Promot. 2010;24(4):260–266.

14 Ornish D. Avoiding revascularization with lifestyle changes: the Multicenter Lifestyle Demonstration Project. Am J Cardiol. 1998;82:72T–76T.

15 Beck DL. Changing diets, saving lives: Mediterranean, vegetarian, vegan, und more. Washington (DC): American College of Cardiology; 15. April 2015. http://www.acc.org/latest-in-cardiology/articles/2015/04/29/14/34/changing-diets-saving-lives-mediterranean-vegetarian-vegan-and-more.

16 Williams KA. CardioBuzz: Vegan diet, healthy heart? MedPage Today. 21. Juli 2014. http://www.medpagetoday.com/Blogs/CardioBuzz/46860.

17 Ornish D. Mediterranean diet for primary prevention of cardiovascular disease. [Correspondence.] N Engl J Med. 2013;369:672–677. doi:10.1056/NEJMc1306659.

18 Smith S. A look at the low carbohydrate diet. N Engl J Med. 2009;361:2286–88.

Vorwort

In den 14 Jahren seit der Erstauflage dieses Buches haben sich Diagnostik und Behandlung der koronaren Herzkrankheit signifikant weiterentwickelt. Viele wichtige Studien, unter anderem über die Wirkung bestimmter Medikamente auf den Fettstoffwechsel, den Blutdruck, die Zuckererkrankung und den Bewegungsmangel bei Patienten mit Herzinfarkt und koronarer Herzkrankheit haben gezeigt, dass durch Einsatz dieser Medikamente die Häufigkeit eines Reinfarktes bzw. die Todesfälle und Krankenhausaufnahmen vermindert werden können.

Nationale und internationale kardiologische Gesellschaften haben Richtlinien zur Behandlung der Krankheit veröffentlicht. All diesen Richtlinien gemeinsam ist die Empfehlung, den krankmachenden Lebensstil zu ändern und durch Verminderung der bekannten Risikofaktoren die Wahrscheinlichkeit einer Verschlechterung der Krankheit oder eines Neuauftretens zu vermindern. Ihr Schwerpunkt ist jedoch die invasive, operative Therapie sowie die Behandlung mit Medikamenten. Folgt man diesen Richtlinien, kommt ein Patient mit koronarer Herzkrankheit um die Einnahme von mindestens vier verschiedenen Medikamenten nicht herum.

Im Juli 1990 veröffentlichte Dean Ornish in »Lancet« die ersten Ergebnisse seiner Studie. Er konnte als Erster in der modernen Medizin wissenschaftlich nachweisen, dass beim Menschen eine Rückbildung der Verengungen an den Herzkranzgefäßen nur durch Änderung des Lebensstils ohne Einsatz von Blutfettsenkern möglich ist. Spätere Veröffentlichungen bestätigten die Erstergebnisse. In der Gruppe mit herkömmlicher Behandlung war in 5 Jahren eine Zunahme der Herzkranzgefäßverkalkungen von ca. 24 % zu beobachten in der Lifestylegruppe zeigte sich eine weitere Rückbildung um insgesamt 9 %.

In der Zwischenzeit haben wir in der Albert Schweitzer Klinik über 800 Patienten gesehen und können die guten Ergebnisse bestätigen. Zahlreiche Berichte und Dokumentationen von unseren Patienten zeigen, dass nach 5 Jahren und mehr Verstopfungen bzw. Verengungen der Gefäße häufig deutlich rückläufig sind oder ganz verschwinden. Für uns überraschend war die Tatsache, dass sich bereits nach 2–3 Wochen unter der neuen Lebensstilbehandlung das subjektive Wohlbefinden der Teilnehmer in den Gruppen deutlich bessert.

Alle so genannten chronischen Zivilisationskrankheiten sind weitgehend die Folge einer ungesunden Lebensweise. Ornish hat in seinem Lifestyle-Programm gezeigt, dass es möglich ist, mit Veränderung dieser ungesunden Lebensweisen durch eine vernünftige, Fett reduzierte, überwiegend vegetarische Ernährung mit viel Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten und Vollgetreideprodukten, kombiniert mit einer individuell dosierten Bewegungstherapie, Nikotinverzicht und Stressmanagement das bösartig chronische Fortschreiten dieser Erkrankung zur Verlangsamung, zum Halt, ja sogar zur Rückbildung zu bringen.

Dass nach 14 Jahren in Deutschland immer noch nur eine Rehabilitationsklinik dieses Programm original anbietet und es hier nur etwa 5 »Ornish-Gruppen« gibt, in denen das im stationären Bereich Erlernte und Praktizierte weitergeführt wird, ist eigentlich unverständlich. Ornish hat gezeigt, dass mit einem ganzheitlichen Ansatz mit individueller Dosierung und Verordnung in den genannten Bereichen die Heilung des Herzens in physischer, emotionaler und spiritueller Hinsicht möglich ist. Voraussetzung dafür ist die Motivation, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und mit einer positiven Einstellung gezielt und konsequent den beschlossenen Weg zu gehen. Er konnte auch zeigen, daß die Kosten dieser Behandlung im Vergleich zur herkömlichen Therapie 1:6 sind.

Das Interesse an einer ganzheitlichen Medizin mit möglichst wenig »chemischen« Medikamenten hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Die Änderungen nach dem Lifestyle-Programm von Ornish sind unkompliziert und »natürlich«, kosten wenig Geld und liefern im Gegensatz zur derzeitigen schulmedizinischen Behandlung den wissenschaftlichen Nachweis, die Ursache der Erkrankung beeinflussen zu können.

In diesem Buch wird gezeigt, wie Patienten mit koronarer Herzkrankheit durch Eigeninitiative in der Lage sind, mit deutlich weniger oder ohne Medikamente und ohne Operation die Krankheit zu meistern und eine bessere Lebensqualität zu erzielen.

Bleibt zu wünschen, dass eine viel größere Anzahl der Betroffenen und ihrer Ärzte diese Möglichkeit einsetzt und dass auch die Krankenversicherer diese preisgünstige und effiziente Behandlungsweise finanziell unterstützen.

Dr. med. Otto A. Brusis

Anmerkung des Autors

Das Heilungsprogramm, das ich »Öffnung des Herzens« nenne, ist eine Ergänzung und kein Ersatz für konventionelle medizinische Therapie. Wenn Sie unter einer koronaren Herzerkrankung oder anderen Störungen leiden, konsultieren Sie in jedem Fall Ihren Arzt, bevor Sie mit diesem Programm beginnen. Jeder Mensch ist anders; also gibt dieses Buch auch keine Empfehlungen, ob Sie sich einer Bypass-Operation unterziehen sollten oder nicht, ob eine Angioplastie oder andere medizinische Prozeduren sinnvoll oder überflüssig sind, oder ob Sie Medikamente nehmen sollten. Diese Optionen sind persönliche Entscheidungen, die Sie nur nach Rücksprache mit Ihrem Arzt treffen sollten. Wenn Sie Herz-Medikamente nehmen, wird Ihr Arzt Ihnen vielleicht raten, die Dosierung herabzusetzen, vielleicht auch einige Mittel oder andere Medikamente abzusetzen, wenn Ihr Blutdruck sinkt, Ihr Cholesterinspiegel sich normalisiert und Ihr klinischer Status sich verbessert. Nehmen Sie keine Veränderungen in bezug auf die Dosierung Ihrer Medikamente vor, ohne Ihren Arzt zu konsultieren; bei gewissen Medikamenten kann es sehr gefährlich sein, sie plötzlich abzusetzen.

Wenn in diesem Buch von »Herzkrankheiten« gesprochen wird, sind immer koronare Erkrankungen gemeint; andere Störungen werden ausdrücklich davon unterschieden.

Außer in wenigen Fällen, bei denen ein Hinweis erscheint, wurden die Namen der Patientinnen und Patienten, die an unserer Studie teilnahmen, nicht verändert. Alle diese Menschen gaben die Erlaubnis, ihren Namen zu veröffentlichen, als Ausdruck ihrer Bereitschaft, ihre Erfahrungsund Lernprozesse mit Ihnen zu teilen.

Kein Behandlungsprogramm – Medikamente, chirurgische Eingriffe und Veränderungen der Lebensweise eingeschlossen – ist für jeden Menschen gleichermaßen wirksam. Das Programm, das in diesem Buch beschrieben wird, führt vielleicht nicht bei jedem, der es befolgt, zum Rückgang von koronaren Arterienerkrankungen. Bei manchen Menschen kann sich der Zustand trotz aller Therapien oder Veränderungen des Lebensstils verschlimmern.

Ich habe dieses Buch unter anderem mit der Absicht geschrieben, Ihnen ein besseres Verständnis von Herzerkrankungen zu vermitteln. Ein weiteres Ziel ist es, die Kommunikation zwischen Ihnen und Ihrem Arzt zu intensivieren. Vielleicht kann dieses Buch, wenn Sie es mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt diskutieren, eine Vermittlerfunktion erfüllen. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt, so daß Sie beide effektiver zusammenarbeiten können, mit dem Ziel, Ihre Gesundheit wiederzuerlangen und glücklicher zu werden.

Einleitung

Herz und Seele

»Man kann nicht erwarten, daß Einsichten, sogar die großen, plötzlich bewirken, daß man alles versteht. Aber ich denke mir: Hey, es ist schon ein Schritt vorwärts, wenn sie mich auf einer tieferen Ebene in Verwirrung bringen.«

LILY TOMLIN IN JANE WAGNERS BROADWAY-STÜCK »DIE SUCHE NACH ZEICHEN INTELLIGENTEN LEBENS IM UNIVERSUM«

»Ich brauche keinen Glauben. Ich habe Erfahrung.«

JOSEPH CAMPBELL IN EINEM INTERVIEW

In diesem Buch geht es um die Heilung Ihres Herzens, in physischer, emotionaler und spiritueller Hinsicht. Das Programm, das wir hier beschreiben, nennen wir »Öffnung des Herzens«; es kann Ihnen helfen, Ihr Leben zu verändern.

Dieses Programm basiert auf einem Forschungsprojekt, das ich während der letzten vierzehn Jahre leitete, einschließlich einer Studie, die meine Mitarbeiter und ich kürzlich fertigstellten und die bewiesen hat – zum ersten Mal –, daß viele Menschen ihre Herzerkrankungen allmählich rückgängig machen können, einfach indem sie ihre Lebensweise verändern. Es ist das einzige wissenschaftlich untermauerte Heilungsprogramm für Herzkrankheiten, das ohne cholesterinsenkende Medikamente oder chirurgische Eingriffe auskommt. (Jetzt, zum Zeitpunkt der Niederschrift dieses Buches, gibt es in den USA keine anderen Forschungsprojekte, nicht einmal unabgeschlossene, die sich mit der Frage beschäftigen, ob man Herzerkrankungen ohne Medikamente oder Chirurgie heilen kann.)

Mit Hilfe neuer medizinischer Technologien, die vorher nie verfügbar waren, fanden wir heraus, daß die Koronararterien vieler Menschen mit gravierenden Herzerkrankungen sich tatsächlich zu öffnen begannen, als sie unserem Programm folgten. Mit anderen Worten: Die Blockierung ihrer Arterien löste sich allmählich, und die Blutzufuhr zum Herzen wurde verstärkt. Und anders als bei den meisten chirurgischen oder medikamentösen Therapien sind die einzigen bekanntgewordenen Nebenwirkungen dieser Veränderungen der Lebensweise angenehmer Art.

Die Patientinnen und Patienten, die an unserer Studie teilnahmen, empfanden einen Zuwachs an Lebensfreude und Vitalität; ihre Brustschmerzen ließen nach oder verschwanden völlig, viele konnten ihre Medikamente auf geringere Dosen reduzieren oder sie schließlich ganz absetzen. Außerdem stellten wir bei den Blutuntersuchungen fest, daß die Cholesterinwerte des Blutes bei diesen Patienten stärker zurückgingen, als je zuvor ohne den Einsatz von Medikamenten erreicht worden ist.

Obwohl die Zahl der Herzinfarkte im Lauf der letzten zehn Jahre zurückgegangen ist, sterben jährlich immer noch mehr Menschen an Herz- und Gefäßerkrankungen als an anderen Todesursachen zusammengenommen, Krebs, AIDS, andere Infektionskrankheiten, Unfälle und Morde eingeschlossen. (Das trifft auf Männer und Frauen gleichermaßen zu.) Wenn Herzerkrankungen jedoch rückgängig gemacht werden können, dann ist es vielleicht auch möglich, ihrer Entstehung vorzubeugen. Wir müssen nicht auf ein neues Medikament, verbesserte chirurgische Techniken oder einen Durchbruch in der medizinischen Technologie warten.

Nach allem, was wir jetzt wissen, sind Herzerkrankungen für die Mehrzahl der Menschen, die bereit sind, dem in diesem Buch beschriebenen Programm zu folgen, mit hoher Wahrscheinlichkeit vermeidbar. Was unser etabliertes medizinisches System uns bieten kann, hat weitaus weniger Einfluß auf unsere Gesundheit als die Wahl der Lebensweise, die wir als Individuen in unserem Alltag treffen. Dieses Buch kann Ihnen helfen, ein Gesundheitsprogramm zu entwickeln, das auf Ihre individuellen Bedürfnisse abgestimmt und für Sie richtig ist.

Sie müssen keine Askese und keine Entbehrungen auf sich nehmen, wenn Sie unserem Programm folgen, obwohl die Diät, die ich vorschlage, für Menschen, die von klein auf an Mengen von dunklem Fleisch, Sahnesaucen und üppige Desserts gewöhnt sind, zweifellos eine völlig andere Art zu essen repräsentiert. Unser Programm muß jedoch nicht notwendigerweise auf ein »Alles oder Nichts« hinauslaufen. Wenn Ihr Arzt festgestellt hat, daß Sie an einer schweren Herzerkrankung leiden, liegt es vermutlich in Ihrem Interesse, jeden einzelnen Schritt des Programms sehr strikt zu beachten. Wir haben jedoch alle ein gewisses Spektrum an Wahlmöglichkeiten, und dieses Buch kann Ihnen helfen, eine kluge Wahl zu treffen. Aus irgendeinem Grund glauben viele von uns, wir hätten nur zwischen zwei Alternativen zu wählen: Entweder ein interessantes, aufregendes, produktives Leben voller Genüsse und voller Streß zu führen und jung zu sterben, oder unter einem Baum zu sitzen, Körner zu knabbern und das zwar längere aber langweilige Leben an sich vorbeiziehen zu sehen – oder vielleicht erscheint ein solches Leben auch nur länger. Aber glücklicherweise sind das nicht wirklich die einzigen Alternativen. Mit Hilfe dieses Programms können Sie Ihre Produktivität und Ihre Lebensfreude – bleibende Lebensfreude – steigern und gleichzeitig Ängste, Streß und das Risiko von Erkrankungen mindern. Sie werden in diesem Buch nützliche Hinweise finden, wie Sie sinnvolle Entscheidungen über Ihre Lebensweise treffen und wie Sie das Programm gestalten können, das Ihren Bedürfnissen am besten entspricht.

Obwohl das Wieder-Durchlässigmachen blockierter Arterien von großer Bedeutung ist, gilt mein eigentliches Interesse den Möglichkeiten, die dieses Programm eröffnet, Ihr Leben auf einer tieferen Ebene zu transformieren. Das Ziel unserer Empfehlungen ist nicht nur, Ihnen zu einem längeren Leben zu verhelfen, obwohl das wahrscheinlich der Fall sein wird. Aber schließlich kann niemand von uns ewig leben. Und wer würde sein Leben verlängern wollen, wenn er – oder sie – dieses Leben nicht auch genießt? Ich wünsche mir nicht nur, daß Sie länger leben, sondern auch, daß Sie mehr Freude an Ihrem Leben haben. Sie können jetzt beginnen, Ihr Leben mehr zu genießen, mit weniger Streß, mehr Freude und besserer Gesundheit.

Auf einer tieferen Ebene geht dieses Buch auf die psychischen und spirituellen Dimensionen von Herzerkrankungen ein. Die physische Schädigung des Herzens ist vielleicht die letzte Manifestation jahrelangen Selbstmißbrauchs, der zuerst im seelisch-geistigen Bereich begann. Ich bin zunehmend davon überzeugt, daß Herzleiden nicht nur anatomische Krankheiten sind, sondern auch eine symbolische Bedeutung haben. In der Kunst und in der Literatur ist das Herz eine vertraute Metapher – das Organ, das am stärksten von unseren Emotionen beeinflußt wird –, und ich denke, es ist etwas Wahres daran.

Im Grunde geht es bei der »Öffnung des Herzens« darum, wie wir lernen können, uns freier und glücklicher zu fühlen; es ist eine ganz andere Art, am »offenen Herzen« zu arbeiten, nicht mit dem Skalpell, nicht mit Medikamenten, sondern mit Liebe, Erfahrung und Mitgefühl. Zwar ist es viel schwieriger, solche Veränderungen wissenschaftlich zu messen als Verbesserungen in der koronaren Anatomie, aber ich finde sie auch sehr viel interessanter und wichtiger, wenn es darum geht, ein befriedigenderes und gesunderes Leben zu führen.

Auf der physischen Ebene kann dieses Programm Ihnen helfen, Ihre koronaren Arterien wieder durchlässiger zu machen, mehr Kraft und Energie zu spüren und weniger unter Schmerzen zu leiden. Auf der emotionalen Ebene kann es Sie darin unterstützen, anderen Menschen Ihr Herz zu öffnen und mehr Glück, Intimität und Liebe in Ihren Beziehungen zu erfahren. Auf der spirituellen Ebene kann es Sie ermutigen, einer höheren Macht (wie immer Sie sie nennen wollen) Ihr Herz zu öffnen und in Ihrem eigenen Selbst die Quellen des inneren Friedens und der Freude wiederzuentdecken. Mit anderen Worten: Bei diesem Heilungsprogramm geht es darum, die Freuden des Lebens auszuschöpfen, und nicht, dem Tod zu entkommen, sich zu entspannen, und nicht, in Lethargie zu versinken (ein wichtiger Unterschied, den Spitzensportler sehr gut kennen). Mit Streß umzugehen, und nicht, ihn zu vermeiden, sich voller in die Welt hineinzugeben, und nicht, sich von ihr zurückzuziehen, gut für sich selbst zu sorgen, so daß man auch anderen mehr zu geben hat.

Die Zielvorstellungen dieses Forschungsprojekts gingen über die Behandlung und Vorbeugung von Herzerkrankungen weit hinaus.

Erkrankungen des Herzens stellen ein hervorragendes Modell dar, um die vielfältigen Beziehungen zwischen der Lebensweise von Menschen und ihrem Gesundheitszustand zu untersuchen. Faktoren, die den Lebensstil betreffen, sind bei den meisten sogenannten Killer-Krankheiten, die am stärksten verbreiteten Formen von Krebs (Brust, Dickdarm, Lunge und Prostata), Arthritis, Diabetes und andere degenerative Krankheiten eingeschlossen, von großer Bedeutung. Bei Herzkrankheiten ist über die Mechanismen, durch die unser Lebensstil unsere Gesundheit beeinflußt, jedoch bereits mehr bekannt. Außerdem ist die Herz-Diagnostik (und die ihr dienende Technologie) weit fortgeschritten, so daß man tatsächlich messen kann, ob die Krankheit zurückgegangen ist, in welchem Ausmaß und bei welchen Personen. Letztendlich ist das Herz der Ort, an dem die Kräfte des Körpers, der Seele und des Geistes zusammenfließen.

Dieses Buch ist in zwei Hauptteile untergliedert:

Der erste Teil beginnt mit einem Überblick über die für unser Thema relevante Forschung und erläutert, in welcher Weise unser Programm Ihnen nützen kann. Ich beschreibe neue Ansätze zum Verständnis von Herzerkrankungen und erkläre, wie Lebensstil-Faktoren wie Ernährung, emotionaler Streß und körperliche Anstrengungen Ihr Herz beeinflussen – im positiven und im negativen Sinn. Auch die Wirkung von Substanzen wie Nikotin, Koffein, Kokain und Alkohol auf die Gesundheit Ihres Herzens wird dargestellt. Wenn Sie verstehen, wie die Entscheidungen über Ihre Lebensweise, die Sie täglich treffen, Ihr Herz beeinflussen, wird es Ihnen, wie ich hoffe, leichter fallen, Einsicht in das logische Grundprinzip dieses Programms zu gewinnen.

Ich werde auch Licht in einige verbreitete Mißverständnisse und Halbwahrheiten bringen, die unsere Ernährung betreffen, und erläutern, warum zum Beispiel Olivenöl und Fischtran den Cholesterinspiegel des Blutes tatsächlich erhöhen und Probleme verursachen können und warum es falsch sein kann, Aspirin zu nehmen, um Herzanfällen vorzubeugen. Wir werden sehen, daß hohe Cholesterinwerte nicht alles sind und mehr hinter Herzerkrankungen steht, daß cholesterinsenkende Medikamente oder Niacin oder das Essen von Haferkleie für die meisten Menschen nicht die besten Wahlmöglichkeiten sind. Vor allem diskutiere ich die am meisten verbreiteten Methoden, zu denen die Schulmedizin greift, um Herzkrankheiten zu behandeln, und erkläre, warum diese kostspieligen und oft gefährlichen Interventionen die Wurzel des Problems, nämlich warum wir uns überhaupt gestreßt fühlen und krank werden, nicht einmal annäherungsweise berühren.

Im weiteren Verlauf stelle ich die psychologischen und spirituellen Aspekte von Krankheit und Heilung dar, wobei ich koronare Herzerkrankungen als Beispiel und auch als Metapher benutze. Unglücklicherweise sind diese Aspekte des Krankseins beziehungsweise Gesundseins bis vor kurzem von der etablierten Medizin weitgehend ignoriert worden. Durch mein eigenes Forschungsprojekt und durch die Studien von anderen Wissenschaftlern komme ich jedoch mehr und mehr zu der Überzeugung, daß unser seelisches und spirituelles Wohlbefinden für die Gesundheit unseres Herzens von außerordentlicher Bedeutung ist. Ich gebe Ihnen einen Einblick in die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse in diesem spannenden neuerschlossenen Feld und erkläre, wie mein eigener Hintergrund dazu beitrug, mich vom Wert dieser Erkenntnisse zu überzeugen.

Der zweite Teil ist im wesentlichen eine »Wie-werde-ich …«-Anleitung, die das Gesundheitsprogramm im Detail erläutert. Menschen, die an der Vermeidung von Herzerkrankungen interessiert sind, stelle ich hier ein breites Spektrum von Wahlmöglichkeiten in bezug auf die Ernährung vor, keine lange Liste von »Du sollst«- und »Du darfst nicht«-Vorschriften. Für Menschen, die bereits an einer koronaren Herzerkrankung leiden, wird eine Spezialdiät vorgestellt, die sehr viel weniger Fett und Cholesterin enthält, aber durchaus nicht karg und asketisch ist; sie enthält vertraute Genüsse und neue reizvolle und delikate Speisen. Im Rahmen unseres Programms können Sie praktisch alles essen, was Sie mögen; Sie werden nie Kalorien zählen müssen und werden vermutlich feststellen, daß Sie überflüssige Pfunde ohne Mühe loswerden. Außerdem finden Sie detaillierte Anleitungen für ein sinnvolles Körpertraining und erfahren, wie Sie sich aas Rauchen abgewöhnen können und wie Sie Streß-Management-Techniken praktizieren können, Stretching, Atemübungen, Meditation, Visualisierung, Tiefenentspannung und Übungen zur Steigerung der kommunikativen Fähigkeiten eingeschlossen.

Dann gibt es außerdem ein Kochbuch mit mehr als hundertfünfzig Gourmet-Rezepten von namhaften professionellen Köchinnen und Köchen, unter anderem von Wolfgang Puck, Deborah Madison, Alice Walters, Mollie Katzen, Mark Hall, und von einigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern unseres Forschungsprojekts, die diese Art von Ernährung seit Jahren praktizieren. Sie zeigen Ihnen, wie Sie Speisen zubereiten können, die das Auge erfreuen und die nicht nur köstlich, sondern auch gesund sind. Jedes Rezept wurde von Dr. Shirley Brown auf den Fett-, Cholesterin- und Proteingehalt hin ernährungswissenschaftlich überprüft, so daß Sie leichter eine individuelle Auswahl treffen können, die Ihren speziellen Bedürfnissen entspricht. Shirley Brown und Martha Rose Shulman, die Autorinnen origineller und beliebter Kochbücher, haben diese Rezepte zu 21-Tage-Menüs zusammengestellt, mit nützlichen Hinweisen für die Zubereitung. (Dieses Kochbuch erschien im Frühjahr 1993 im KREUZ Verlag.)

Ich stehe mit Überzeugung und Begeisterung hinter diesem Buch, habe es aber dennoch mit einer gewissen Vorsicht geschrieben. Als Arzt möchte ich Ihnen vermitteln, wieviel Freude es macht, die erstaunlichen, enormen Veränderungen zu beobachten, die dieses Programm im Leben von Menschen bewirken kann. Als Wissenschaftler lege ich jedoch Wert darauf, eine vorsichtigere Position zu beziehen und sicherzugehen, daß alle kritischen Punkte aufgenommen und unüberprüfbare Dinge als solche dargestellt werden. Ich habe versucht, einen Mittelweg zu finden und beide Gesichtspunkte zu ihrem Recht kommen zu lassen.

Ich lege auch Wert darauf, das wissenschaftlich Bewiesene von meinen Spekulationen, persönlichen Erfahrungen und klinischen Beobachtungen zu unterscheiden. Das Ziel, das ich mit diesem Buch verfolge, ist nicht, Ihnen zu sagen, daß Sie Ihr Leben ändern müssen, sondern vielmehr, Ihnen Fakten und Informationen vorzulegen, mit deren Hilfe Sie selbst eine kluge Wahl treffen können. Ob Sie Ihre Lebensweise verändern wollen, liegt ganz bei Ihnen, aber zumindest haben Sie nach der Lektüre dieses Buches exakte Hintergrundinformationen, die Ihnen Entscheidungen erleichtern werden.

Es ist nicht leicht, Herzerkrankungen rückgängig zu machen.

Die Blockierung der koronaren Arterien baut sich in Jahrzehnten allmählich auf, und sie schmilzt nicht einfach über Nacht dahin. Aber dennoch sind Fortschritte möglich, und sogar schneller, als wir es ursprünglich für möglich hielten.

Um es noch einmal kurz zusammenzufassen: Sie finden in diesem Buch ein umfassendes, persönliches Heilsystem – die »Öffnung des Herzens« –, das helfen kann, nicht nur das Herz als Organ, sondern auch die Seele zu heilen. Wie Conrad Knudsen, einer der Teilnehmer unserer Studie, sagte: »Selbst wenn die Tests gezeigt hätten, daß meine Arterien nicht durchlässiger geworden sind, würde ich trotzdem mit dem Programm weitermachen, weil ich durchlässiger geworden bin.«

Aber verlassen Sie sich nicht nur auf mein Wort. Machen Sie selbst den Versuch! Stellen Sie fest, wieviel besser Sie sich nach nur sieben Tagen fühlen werden, ob Sie ein Herzproblem haben oder nicht. Nach vier Wochen werden die Cholesterinwerte Ihres Blutes bedeutend geringer sein. Nach einigen Monaten werden Sie, wie ich hoffe, wesentlich tiefer gehende und befriedigendere Veränderungen in Ihrem Aussehen und Ihrem Wohlbefinden beobachten. Erfahren Sie die Wirkung selbst!

ERSTER TEIL

Die Öffnung des Herzens

»Wem glaubst du, mir oder deinen eigenen Augen?«

GROUCHO MARX IN »DUCK SOUP«

»Nicht alles, was zählt, kann auch gezählt werden.«

DR. DENNIS BURKITT IN »THE CANCER SURVIVORS«

»Innovation ist im realen Leben eine sehr schwierige Sache.«

DR. RICHARD P. FEYNMAN

»Halte deinen Geist offen, aber nicht so offen, daß dein Gehirn entweicht.«

ANONYM

I. »Warum gehen Sie nicht konventioneller vor?«

Vierzig Millionen Menschen in den USA leiden unter diagnostizierten kardiovaskulären Erkrankungen, und noch weitaus mehr Menschen wissen gar nicht, daß sie ein Herzproblem haben. Sechzig Millionen Menschen leiden unter zu hohem Blutdruck. Achtzig Millionen haben erhöhte Cholesterinwerte des Blutes. Jedes Jahr erleiden mehr als eineinhalb Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner einen Herzinfarkt. Und für nahezu ein Drittel davon ist der Infarkt der erste Hinweis, daß sie ein Herzproblem haben – zweifellos nicht der beste Weg, das herauszufinden.

Faktoren, die mit der Lebensweise zusammenhängen, spielen bei all den genannten Problemen eine ausschlaggebende Rolle, aber dennoch wurde mir in meinem Medizinstudium vermittelt, Hypertonie, hohe Cholesterinwerte im Blut und koronare Herzerkrankungen seien vorwiegend durch Medikamente zu behandeln. Mittlerweile häufen sich jedoch die Anzeichen dafür, daß blutdruck- und cholesterinsenkende Medikamente nur bei einer kleinen Zahl von Menschen dazu führen, daß Herzerkrankungen rückläufig werden. Manchmal verschlimmert sich der Zustand der Patienten sogar, wenn sie diese Mittel nehmen. Und mäßige Umstellungen in der Ernährung genügen bei den meisten Menschen nicht, um Herzerkrankungen zu heilen.

Als Reaktion auf diese neuen Informationen fragen sich viele Menschen: »Wozu also die Umstände? Wenn ich ohnehin kaum etwas tun kann, um meinen Zustand zu verbessern, dann her mit den Spiegeleiern!«

Zum Glück konnten meine Kollegen und ich feststellen, daß die umfassende Veränderung des Lebensstils, die unser Programm beinhaltet, Blutdruck und Cholesterinwerte effektiver senken kann als je zuvor, ohne daß der Gebrauch von Medikamenten berichtet worden ist, und daß sie bei vielen Menschen sogar gravierende Herzerkrankungen ohne cholesterinsenkende Mittel und ohne chirurgische Eingriffe rückgängig machen kann. Natürlich können wir alle nicht ewig leben, aber wir müssen nicht sterben, Behinderungen in Kauf nehmen oder den hohen Preis zahlen, den Herzerkrankungen in bezug auf unsere Vitalität fordern.

Mein Interesse an der Erforschung von Herzkrankheiten begann 1975, als ich am Baylor College of Medicine in Houston mein Medizinstudium absolvierte. 1977 hatte ich das Glück, Dr. Michael DeBakeys Schüler zu werden und ihm im Operationssaal assistieren zu dürfen, wenn er koronare Bypass-Operationen durchführte. Seine chirurgischen Fähigkeiten waren bewundernswert, die medizinische Technologie war beeindruckend, und die Umstände, unter denen die Operationen stattfanden, waren dramatisch. Nach einer Weile wurde ich jedoch etwas entmutigt, als ich erkannte, welche Grenzen dem technologischen Ansatz in der Medizin gesetzt sind und wie sehr er an den wahren Ursachen des Problems vorübergeht – wie die Bypass-Operation selbst, die schließlich die verstopfte Arterie nicht wieder durchlässig macht, sondern lediglich eine Umleitung schafft. Ich sah darin den Unterschied zwischen Zeit gewinnen und heilen.

Die Bypass-Chirurgie wurde für mich zu einem Symbol der Unzulänglichkeit, die darin liegt, ein Symptom zu behandeln, ohne die zugrundeliegenden Ursachen anzugehen. Wir operierten Patienten, ihre Brustschmerzen traten in der Regel nicht mehr auf, und man sagte ihnen, daß sie geheilt seien. Die meisten gingen nach Hause und nahmen die Lebensweise wieder auf, die ihre Herzerkrankung ursprünglich verursacht hatte. Sie rauchten, nahmen fette und stark cholesterinhaltige Speisen zu sich, gingen mit Streß so schlecht um wie eh und je und bewegten sich zu wenig.

Zu jener Zeit gab es sogar in der Eingangshalle des Krankenhauses Zigarettenautomaten, und in der Cafeteria konnte man kaum etwas anderes zu essen bekommen als Cheeseburger, Bratfisch und Pommes frites. In manchen Krankenhäusern ist das heute noch so; manche beherbergen sogar McDonald- oder Burger King-Imbißstuben in ihren Gebäuden. (Das Baylor Krankenhaus hat inzwischen allerdings ein Diät-Feinschmeckerrestaurant.) Vor einigen Jahren machte Dr. Robert Wissler, ein renommierter Pathologe der Universität von Chicago, das Experiment, Paviane mit regulärer Krankenhauskost zu füttern. Die Paviane erkrankten an blockierten Herzkranzarterien.

Ich begann mich zu fragen, was geschehen würde, wenn man das Grundproblem nicht umginge, wenn die Patientinnen und Patienten beginnen würden, die Dinge zu verändern, die offenbar für die Entstehung ihrer Herzerkrankungen verantwortlich waren. Ich ging in die medizinische Bibliothek und begann, mich in ein weites Spektrum von Themen einzulesen. Es gab eine große Zahl von wissenschaftlichen Studien, die nachwiesen, daß Blutdruck und Cholesterinwerte des Blutes durch eine stark fett- und cholesterinhaltige Ernährung steigen, während diese Werte sinken, wenn der Fett- und Cholesteringehalt der Nahrung reduziert wird. Epidemiologische Studien zeigten im internationalen Vergleich, daß hohe Cholesterinwerte des Blutes das Risiko von Herzerkrankungen erhöhen.

Andere Studien wiesen nach, daß emotionaler Streß zur Erhöhung des Blutdrucks und der Cholesterinwerte des Blutes führt – unabhängig von der Ernährungsweise. Um welche Art von Streß es sich handelte, spielte eine untergeordnete Rolle. Teilnehmer des großen Autorennens von Indianapolis haben nach dem Rennen höhere Cholesterinwerte im Blut als vor dem Rennen. Bei Wirtschaftsprüfern in den USA steigen die Cholesterinwerte um den 15. April, dem Stichtag, an dem die Steuererklärungen fällig werden. Medizinstudenten haben höhere Cholesterinwerte, wenn sie im Examen stehen. Umgekehrt demonstrieren andere Studien, daß Streß-Managementtechniken den Blutdruck und die Cholesterinwerte senken können, unabhängig von der Ernährungsweise. Außerdem wurde nachgewiesen, daß Rauchen das Risiko von Herzerkrankungen erhöht und daß regelmäßiges Körpertraining dieses Risiko vermindert.

Alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beschränkten ihre Studien auf ihr eigenes Fachgebiet; zum Beispiel untersuchte Dr. Herbert Benson die Wirkungen der Meditation, Dr. Ralph Pfaffenbarger befaßte sich mit Körpertraining, Dr. Frank Sacks mit Ernährung, und so fort. Überraschenderweise war niemand auf die Idee gekommen, all diese die Lebensweise betreffenden Faktoren in ihrem Zusammenwirken zu erforschen und zu prüfen, ob eine umfassende Veränderung des Lebensstils Einfluß auf die primären Ursachen von Herzerkrankungen hat – über die Risikofaktoren wie Hypertonie und erhöhte Cholesterinwerte hinaus.

Mir erschien das als eine aufregende neue Möglichkeit, also entschloß ich mich, mein Studium für ein Jahr zu unterbrechen, um mit zehn Patienten, die dieses kombinierte, umfassende Programm erprobten, eine Pilotstudie durchzuführen. Der Leiter der medizinischen Abteilung, Dr. Antonio Gotto, war sehr kooperativ und stellte uns den größten Teil der Testeinrichtungen zur Verfügung. Der Franzheim Synergy Trust unterstützte die Studie durch eine finanzielle Beihilfe, und das Plaza Hotel in Houston überließ uns einen Monat lang kostenlos zehn Zimmer.

In gewisser Weise war ich als Medizinstudent im zweiten Studienjahr in einer vorteilhaften Position; ich hatte noch nicht genug klinische Erfahrung, um abgebrüht und resigniert zu reagieren, hatte noch nicht verinnerlicht, daß es »unmöglich« ist, Herzerkrankungen rückgängig zu machen. Also sagte ich den Patienten, daß dieses Programm ihnen vielleicht zur Genesung verhelfen könne. Da sie fast alle von ihren Ärzten gehört hatten, daß ihre Herzkrankheit sich im Lauf der Zeit nur stabilisieren oder verschlimmern könne – die sogenannte natürliche biologische Dynamik des Krankheitsprozesses –, gab ich vielen von ihnen unwissentlich zum ersten Mal, seit ihre Krankheit diagnostiziert worden war, Anlaß zur Hoffnung.

Es war schwierig, geeignete Patienten zu finden. Wir suchten Menschen, bei denen eine Herzkrankheit nachgewiesen worden war und die unter Brustschmerzen litten, die sich aber keiner Bypass-Operation unterziehen wollten. In Houston werden mehr Bypass-Operationen durchgeführt als irgendwo sonst in der Welt; wenn also bei einer Patientin oder einem Patienten durch die Angiographie eine Herzerkrankung nachgewiesen wurde und Brustschmerzen auftraten, war die Bypass-Operation in aller Regel der nächste Schritt. Daher mußten wir die Krankenblätter von mehr als zehntausend Patienten durchsehen, um auch nur hundert Personen zu finden, die für die Studie geeignet waren.

Schließlich stellten zehn Menschen sich freiwillig zur Verfügung. Nachdem sie einen Monat lang mit unserem Programm experimentiert hatten, zeigten sich bei allen bemerkenswerte Genesungsfortschritte. Menschen, die selbst bei geringen Anstrengungen – beim Duschen, Rasieren, bei sanften sexuellen Aktivitäten oder kurzen Spaziergängen – durch extreme Brustschmerzen behindert waren, wurden im wesentlichen schmerzfrei und konnten all diese Aktivitäten ohne Schwierigkeiten ausführen. In vielen Fällen begannen diese Fortschritte sich schon nach wenigen Tagen zu zeigen. Unter denjenigen, die seit Jahren arbeitsunfähig waren, konnten viele zu voller Berufstätigkeit zurückkehren. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer berichteten, daß sie mehr Energie in sich spürten, weniger depressiv waren und sich generell wohler fühlten.

Die Cholesterinwerte des Blutes wurden bei allen merklich geringer. Auch der Blutdruck sank so weit, daß wir die blutdrucksenkenden Medikamente, die viele von ihnen jahrelang genommen hatten (und nach den Angaben ihrer Ärzte ihr Leben lang weiter nehmen sollten), reduzieren oder sogar ganz absetzen mußten. Die Fähigkeit, physische Anstrengungen wie Körpertraining auf sich zu nehmen, steigerte sich bei allen.

Die meisten Patientinnen und Patienten fühlten sich nicht nur besser, ihr Zustand besserte sich auch objektiv. Wir benutzten eine Thallium-Szintigraphie, die zu jener Zeit gerade neu entwickelt worden war, eine nuklearmedizinische Aufzeichnungsmethode, die heute in den meisten Krankenhäusern in Gebrauch ist.

Durch diesen Test konnte auf nicht-invasive Weise gemessen werden, wie stark der Blutzustrom zum Herzen war. Die Aufzeichnungen zeigten uns, daß die Blutzufuhr zum Herzen sich bei den meisten Patientinnen und Patienten entscheidend verbessert hatte – nach nur dreißig Tagen.

Die meisten Ärzte hielten es für unmöglich, daß dies geschehen sein sollte. »Es muß irgendein Fehler vorliegen«, sagten damals viele, »die Tests müssen falsch sein.« Nuklearmedizinische Methoden wie der Thallium-Test wurden von Ärzten manchmal als »unklare Medizin« bezeichnet, weil die Aufzeichnungen nicht immer hundertprozentig zuverlässig waren, aber sie waren dennoch exakt genug, um als Basis für tägliche Entscheidungen in der Klinik zu dienen. Da die Pilotstudie keine nach Zufallskriterien zusammengestellte Kontrollgruppe enthielt, fragten einige Kritiker: »Woher wollen Sie wissen, daß der Zustand Ihrer Patienten sich nicht ohnehin gebessert hätte?«, obwohl diese Möglichkeit höchst unwahrscheinlich gewesen wäre. Ohne medikamentöse oder chirurgische Intervention zeigt ein Thallium-Test in aller Regel keine so stark veränderten Werte. Trotz all dieser Einwände veröffentlichten wir eine Zusammenfassung unserer Ergebnisse in der Zeitschrift Clinical Research. Wenige Jahre später erschienen Studien von Dr. Gerhard Schuler in Westdeutschland, Dr. William Haskell in Stanford und Dr. Victor Froelicher in San Diego, die von ähnlichen Verbesserungen in der Blutzufuhr zum Herzen und in den Herzfunktionen berichteten.

Dann erfuhr ich, daß einige Ärzte (Dr. Lester Morrison, Dr. William Castelli, Dr. Walter Kempner und einige andere) und Nicht-Mediziner wie Nathan Pritikin die These vertraten, man könne die Blockierung koronarer Arterien bei Menschen durch eine fettarme Diät und Körpertraining rückgängig machen, während die meisten Kardiologen diese Vorstellung als baren Unfug abtaten. Leider gab es kaum wissenschaftliche Untersuchungen, die diese These bewiesen oder widerlegten, so daß in der Öffentlichkeit Verwirrung entstand und die medizinische Profession sich in zwei Lager spaltete. Andere Ärzte wie Dr. Robert Eliot, Dr. Carl Simonton und Dr. Bernie Siegel und kompetente Laien wie Jeanne Achterberg, Joan Borysenko und Norman Cousins wiesen in ihren Büchern und Vorträgen darauf hin, welche zentrale Rolle emotionaler Streß bei chronischen Erkrankungen spielt und wie wirkungsvoll Interventionen wie Streß-Management und Visualisierung bei ihrer Behandlung sein können. Aufgrund des Mangels an wissenschaftlichen Beweisen gab es auch hier wieder Debatten, Mißverständnisse und Meinungsverschiedenheiten.

Ich kehrte zu meinem Studium zurück und schloß es 1980 ab. Bevor ich mein Medizinalpraktikum und meine Assistentenzeit am Massachusetts General Hospital und an der Harvard Medical School ableistete, entschloß ich mich, mir ein weiteres Jahr Zeit zu nehmen und eine größere Studie durchzuführen, um einige der Schwachstellen der Pilotstudie zu bereinigen. Diese neue Studie sollte eine Kontrollgruppe von Patienten enthalten, die nach konventionellen Methoden behandelt wurden.

In dieses zweite Experiment nahmen wir (zu meinem Forschungsteam gehörten Dr. Shirley Brown, Dr. Sandra McLanahan und Dr. Larry Scherwitz) achtundvierzig Patientinnen und Patienten auf, die wir nach Zufallskriterien in zwei Gruppen aufteilten: Eine Gruppe lebte in einem Gemeinschaftsgebäude zusammen und befolgte vierundzwanzig Tage lang unser Programm, während die andere Gruppe nach den Ratschlägen ihrer Ärzte lebte. (Den Zeitraum von vierundzwanzig Tagen wählten wir, weil die Wohnanlage uns so lange kostenlos zur Verfügung gestellt worden war.) Wir testeten beide Gruppen zu Beginn und beim Abschluß der Studie und verglichen die Ergebnisse.

Auch diesmal stellten wir bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die unser Programm befolgt hatten, entscheidende Genesungsfortschritte fest: Die Brustschmerzen gingen im Durchschnitt um 91 Prozent zurück, die körperliche Leistungsfähigkeit beim Training steigerte sich um 51 Prozent, die Cholesterinwerte sanken durchschnittlich um 21 Prozent, und auch der Blutdruck war bedeutend niedriger, im Ruhezustand und während emotionaler Belastungen. Die Patientinnen und Patienten berichteten, daß sie sich körperlich wohler fühlten und weitaus weniger Furcht, Ängste, Besorgnis und Depression empfanden. Mit Hilfe eines anderen nuklearmedizinischen Tests (dem sogenannten »gated blood pool scan«) maßen wir allgemeine Verbesserungen in der Fähigkeit des Herzens, Blut durch den Körper zu pumpen, und in der Gleichmäßigkeit seiner Kontraktionen – zwei indirekte Hinweise auf eine Verbesserung des Gesundheitszustands, die sich nach nur vierundzwanzig Tagen zu zeigen begann. All diese Fortschritte waren statistisch signifikant, wenn man sie mit der Gruppe verglich, die nach konventionellen Methoden behandelt wurde; bei diesen Patientinnen und Patienten blieb der Gesundheitszustand auf demselben Niveau oder verschlechterte sich während der vierundzwanzig Tage geringfügig. Wir veröffentlichten die Ergebnisse dieser zweiten Studie im Journal of the American Medical Association. Beide Studien bildeten die Grundlage meines früheren Buches Stress, Diet & Your Heart (»Streß, Ernährung und Ihr Herz«).

Obwohl diese Studien faszinierend waren und Anlaß zur Hoffnung gaben, lieferten sie keine definitiven Beweise, daß Herzerkrankungen unter bestimmten Bedingungen reversibel sein könnten. Außerdem ist es verhältnismäßig leicht, Menschen zu einer umfassenden Veränderung ihrer Lebensweise zu motivieren, wenn sie in einer experimentellen Ausnahmesituation – gleichsam wie Gefangene – in einem Gemeinschaftsgebäude oder Hotel zusammenleben. Aber konnten wir Patientinnen und Patienten auch zu solchen Veränderungen motivieren, wenn sie in ihrer normalen Alltagswelt lebten? Und wie würden sich Risikofaktoren wie erhöhte Cholesterinwerte und Hypertonie bei Patienten entwickeln, die unser Programm über einen Zeitraum von mehreren Jahren statt nur einigen Wochen befolgten? Schließlich und endlich die wichtigste Frage: Würde es möglich sein, den Rückgang der Verengungen ihrer koronaren Arterien durch Messungen eindeutig festzustellen?

Von 1981 bis 1984 leistete ich in Boston mein Medizinalpraktikum und meine Assistenzzeit ab. Im Juli 1984 siedelte ich nach San Francisco über und begann, am Pacific Presbyterian Medical Center und an der UCSF School of Medicine die Studie zu planen, die diesem Buch zugrunde liegt.

Im Lauf der letzten Jahrzehnte hatten mehrere Experimente den Nachweis erbracht, daß koronare Herzerkrankungen bei Tieren – Hunden, Katzen, Ratten, Kaninchen, Schweinen und