Rhetorik und Redekunst für Dummies - Tatjana Ditko - E-Book

Rhetorik und Redekunst für Dummies E-Book

Tatjana Ditko

0,0
15,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Möchten auch Sie bei Ihrer nächsten Rede oder Präsentation authentisch vortragen, überzeugend argumentieren, rhetorisch geschickt formulieren und das Publikum begeistern? Dieses Buch beweist, dass auch Sie das können. Erfahren Sie, wie Sie Ihre Rede geschickt konzipieren und mit überzeugenden Argumenten und gut gewählten Worten punkten. Lernen Sie, entspannt vor Ihrem Publikum zu stehen und auch auf Zwischenfragen souverän reagieren zu können. Lassen Sie sich Tipps und Kniffe zeigen, wie Sie sich gut vorbereiten und beim Vortrag ganz präsent sind.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 588

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Rhetorik und Redekunst für Dummies

Schummelseite

DIE REDEKONZEPTION

Während des Konzipierens einer Rede sollten Sie unbedingt die folgenden zehn Punkte berücksichtigen.

Redeanlass: Er ist der Ausgangspunkt für alle weiteren Überlegungen.Redegattung: Es existieren drei Redegattungen – die Informations-/Sachrede, die handlungsorientierte Rede und die Gelegenheits-/Anlassrede.Redeziel: Mit den Redegattungen sind drei Redeziele verbunden: Menschen belehren/informieren – Menschen bewegen, etwas zu tun (was das Denken einschließt) – für eine bestimmte Atmosphäre/Stimmung sorgen und sie aufrechterhalten. In jeder Rede spielen alle drei Ziele eine Rolle – schwerpunktmäßig jedoch verfolgt die Informations-/Sachrede die Information/das Belehren des Publikums, die handlungsorientierte Rede das Bewegen des Publikums und die Gelegenheits-/Anlassrede das Erzeugen/Aufrechterhalten einer bestimmten Atmosphäre/Stimmung.Redegegenstand: Allgemein das, worüber jemand reden möchte.Thema: Die Perspektive, die jemand im Zusammenhang mit einem Redegegenstand einnimmt – beziehungsweise die Einengung, Konkretisierung des Redegegenstands. In einer Rede gibt es immer nur ein Thema.Nachrichtenwert: Alles, was für das Publikum im Zusammenhang eines Themas neu und wichtig ist.Botschaft: Die Quintessenz des Nachrichtenwertes als Gesamtanliegen einer Rede. Sie kann als Schlussfolgerung, These, Appell, Bitte, Empfehlung, Standpunkt oder prägnante Zusammenfassung des Redeinhalts in Erscheinung treten. Jede Rede wird von nur einer Botschaft getragen.Kernaussagen: Zentrale Sätze einer Rede, die allesamt auf das Konto der Botschaft einzahlen. Eine Kernaussage steht am Ende eines Unterthemas beziehungsweise in sich geschlossenen Redeabschnitts. Sie kann ein wichtiges Zwischenfazit sein. Vielleicht etwas zusammenfassen, das mit weiteren Argumenten zu einer Hypothese führt.Überzeugungsmethode: Sie ist das Kommunikationsziel einer Rede. Damit ist ein strategischer Handlungshinweis gemeint in Form eines psychologischen Prinzips, wie Menschen Informationen verarbeiten. Es beantwortet die Frage: Wie will ein Redner sein Publikum von etwas überzeugen?Stil der Rede: Die Art und Weise, wie eine Rede vorgetragen werden sollte, hängt ab von der Rolle des Redners, den Erwartungen und Befindlichkeiten des Publikums und den Rahmenbedingungen des Redeanlasses.

WAS EINE EINSTELLUNG IST UND WAS ES HEISST, JEMANDEN ZU ÜBERZEUGEN

Eine Einstellung besteht aus drei Ebenen:

Ratio (der Verstand): Sie setzt sich zusammen aus faktischem und erlerntem Wissen sowie aus Meinungen – Annahmen oder Vermutungen aufgrund individueller Lebenserfahrungen.Emotio (die Gefühlsebene): Die Emotio ist ein Sammelsurium aus Gefühlen der Anziehung oder Ablehnung gegenüber Dingen, Menschen, Sachverhalten.Handlungsabsichten: Entscheidungen und Absichten, etwas zu tun oder zu lassen, speisen sich sehr stark aus sozialen Werten und Normen, die wichtige Entscheidungsgrundlagen darstellen. Handlungsabsichten nennt man auch Prädispositionen: »Vor-Anordnungen« für Handlungen.

Überzeugen ist daher ein Versuch der kommunikativen Beeinflussung mit der Absicht, bei anderen Menschen eine beliebige Einstellung und damit deren einzelne Einstellungsebenen zu verändern oder zu stärken. Und das reflektiert, zielgerichtet, dialogorientiert und partnerschaftlich. Im Gegensatz zum Überreden (Manipulieren) klammert aber das Überzeugen die Ratio niemals aus: Beim Überzeugungsprozess muss auch der Verstand zustimmen können.

DER AUFBAU EINER REDE

Der ideale Aufbau einer Rede sieht folgendermaßen aus:

Sie besteht aus drei Teilen (Einleitung – Hauptteil – Schluss). Der Hauptteil umfasst drei Unterthemen, insgesamt besteht eine Rede daher aus fünf Gliederungspunkten.Beim Verfassen einer Rede gilt die Regel: Das Wichtigste steht immer am Ende.Damit eine Rede gut verstanden werden kann, sollte sie in möglichst kurzen Sinnschritten formuliert werden: kleine, in sich geschlossene gedankliche Einheiten mit nicht mehr als acht Wörtern. Sinnschritte können, müssen aber keine Sätze im grammatikalischen Sinn sein.Eine Rede sollte in Form von Fünfsätzen aufgebaut werden: Fünfsätze sind (ungefähr) fünf gedanklich zusammengehörende Sinnschritte, die einen einleitenden Sinnschritt aufweisen, einen dreigliedrigen Hauptteil und einen Zwecksatz, der implizit oder explizit zum Handeln oder Nachdenken auffordert.

Rhetorik und Redekunst für Dummies

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

©2023 Wiley-VCH GmbH, Boschstraße 12, 69469 Weinheim, Germany

Wiley, the Wiley logo, Für Dummies, the Dummies Man logo, and related trademarks and trade dress are trademarks or registered trademarks of John Wiley & Sons, Inc. and/or its affiliates, in the United States and other countries. Used by permission.

Wiley, die Bezeichnung »Für Dummies«, das Dummies-Mann-Logo und darauf bezogene Gestaltungen sind Marken oder eingetragene Marken von John Wiley & Sons, Inc., USA, Deutschland und in anderen Ländern.

Das vorliegende Werk wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autoren und Verlag für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen sowie eventuelle Druckfehler keine Haftung.

Print ISBN: 978-3-527-71883-2ePub ISBN: 978-3-527-83493-8

Coverfoto: © pict rider / stock.adobe.comKorrektur: Johanna Rupp

Über die Autoren

Tatjana Ditko, Jahrgang 1976, ist mit Rhetorik groß geworden. Ihr Vater, Peter H. Ditko, gründete 1978 die Deutsche Rednerschule, in der Tatjana Ditko mit Büroarbeiten ihr Feriengeld verdiente. Als gelernte Bankkauffrau war sie später unter anderem lange Zeit in der Fondsindustrie tätig. Dort hatte sie nicht nur mit Geldanlagen an sich zu tun, sondern auch mit der Kommunikation von Finanzprodukten. Seit 2015 ist sie alleinige Gesellschafterin der Deutschen Rednerschule. Neben einem Master in Unternehmenskommunikation und Rhetorik (Universität Koblenz-Landau) hat sie einen Master in Sprechwissenschaft und Sprecherziehung (Universität des Saarlandes).

Sammy Stauch, 1972 geboren, ist Werbekaufmann und Marketing-Kommunikationswirt. Als solcher war er im Finanzsektor sowohl als Marketingreferent als auch in leitenden Positionen tätig. Danach arbeitete er freiberuflich als Journalist und PR-Berater. Seit 2015 ist er Geschäftsführer der Deutschen Rednerschule. Neben einem Master in Sozialwissenschaften (TU Kaiserslautern) hat er ebenfalls einen Master in Sprechwissenschaft und Sprecherziehung (Universität des Saarlandes).

Die beiden Autoren sind seit 2009 miteinander verheiratet. Nach rund zehn Jahren, die beide in Luxemburg lebten, kehrten sie nach Deutschland zurück, um nach dem Tod von Tatjana Ditkos Vater in seinem Sinne die Deutsche Rednerschule weiterzuführen. Dort stehen sie Vertretern der Politik, Wirtschaft und Kultur in Sachen Rhetorik mit Rat und Tat zur Seite.

Danksagung

Ein Dank gilt unseren Lektorinnen Esther Neuendorf und Vanessa Schöner, die uns stets unterstützten. Außerdem möchten wir Norbert Gutenberg dafür danken, dass er dieses Buch fachlich Korrektur gelesen hat. Seine Mahnungen und Denkimpulse haben dem Buch erst den letzten Schliff gegeben – und uns vor einigen Denkfehlern bewahrt.

Inhaltsverzeichnis

Cover

Titelblatt

Impressum

Über die Autoren

Danksagung

Reden mit Verstand – Vorwort

Einführung

Über dieses Buch

Wie man dieses Buch benutzt

Törichte Annahmen über den Leser

Wie dieses Buch aufgebaut ist

Die Symbole in diesem Buch

Wie geht es weiter?

Teil I: Alles Rhetorik oder was?

Kapitel 1: Rhetorik: vielfältig wie das Leben

Phrasendrescher und Reden, die reinhauen

Zwischen Selbstdarstellung und Selbstzweifel …

Gelassenheit und Grips statt Optimierungswahn

Kapitel 2: Sie dürfen bleiben, wie Sie sind

Lampenfieber: Antreiber zu Höchstleistungen

Dem Inhalt eine Stimme geben

Locker bleiben: »Körpersprache«

Kapitel 3: Verantwortungsvolle Rhetorik: offen – ehrlich – gut konzipiert

Überredende oder manipulative Rhetorik

Verantwortungsvolle Rhetorik

Konzeption statt Konfusion

Und nach der Präsentation alle so: Yeah!

Teil II: Eine Rede richtig konzipieren

Kapitel 4: Anlassgerechte Reden und Botschaften

Redegattungen

Redeziele

Redegegenstand, Thema, Botschaft, Kernaussagen

Kapitel 5: Wie Sie überzeugen

Verändern oder Verstärken von Einstellungen

Ihr Publikum zum Handeln anregen – typische Methoden der handlungsorientierten Rede

Wie Sie Ihr Publikum sachorientiert ansprechen – typische Methoden der Informationsrede

Wie Sie Ihr Publikum emotional erreichen – typische Methoden der Anlassrede

Überzeugungsmethoden auswählen

Kapitel 6: Mit Argumenten, Logik und Bildern überzeugen

Die Wahrheit liegt im Auge des Betrachters …?

Argumentation? Logisch!

Gute Argumente: Seien Sie findig

Mit Beispielen, sprachlichen Bildern und Geschichten überzeugen

Kapitel 7: Die Gliederung Ihrer Rede

Redegliederung: So passt eins zum anderen

Das dicke Ende zuerst: der Schlussteil

Der Hauptteil

Die Einleitung

Teil III: Rolle, Rahmen, Publikum

Kapitel 8: Ihre Rede – passend zum Redeanlass

Ihre Rolle als Redner

Eine Rede vom Publikum aus denken

Eine Rede auf Publikum und Rahmen ausrichten

Kapitel 9: Ihre Rede – in sich stimmig

Mit Klarheit und Kürze punkten

Stil und rhetorische Stilmittel

Teil IV: Reden situationsgerecht vortragen

Kapitel 10: Der Ton macht die Musik

Rhetorische Selbstanalyse – leicht gemacht

Entspannt sprechen: Finden Sie Ihre Indifferenzlage

Tempo und Satzlängen: Wie Sie Kurzatmigkeit vermeiden

Wie Sprechmelodien Ihre Wirkung beeinflussen

Wichtiges unterstreichen: Betonung

Lautstärke, Pausen und ablenkende Macken

Zusammenfassung und eine verblüffende Übung

Kapitel 11: »Körpersprache« und Lampenfieber

Wie Mimik und Gestik das Sprechen unterstützen

Warum es keine »Körpersprache« gibt

Ein paar Tipps für einen Auftritt, der nicht vom Thema ablenkt

Warum Lampenfieber belanglos ist

Teil V: Redemanuskripte und Präsentationen

Kapitel 12: Redemanuskripte

Vom Volltextmanuskript zur Zeilenschreibweise

Von der Zeilenschreibweise zur freien Rede

Kapitel 13: Präsentationen

PowerPoint: ein Perspektivenwechsel

Folien konzipieren

Folien gestalten und Folienanzahl bestimmen

Präsentationen vorbereiten – Kleinteiligkeit vermeiden

Teams, Zoom und Co.: Reden und Präsentationen online halten

Teil VI: Der Top-Ten-Teil

Kapitel 14: Zehn Checklisten für die Praxis

Das, was Sie unbedingt in Erinnerung behalten sollten

3 – 5 – 7

Unsere Lieblings-Überzeugungsmethoden

Unsere Lieblings-Stilmittel

Die größten Rhetorik-Irrtümer

Zehn tolle Bücher

Das Historische Wörterbuch der Rhetorik

Tipps für die Auswahl von Rhetorikseminaren

Kluge Gedanken von klugen Menschen

Redner, die wir mögen

Abbildungsverzeichnis

Stichwortverzeichnis

End User License Agreement

Tabellenverzeichnis

Kapitel 6

Tabelle 6.1: Von Fundorten zu Redeinhalten – beispielhaft für eine Jubiläumsrede.

Kapitel 8

Tabelle 8.1: Beispiele für Fragen und Antworten mit deutlichem Überzeugungsmittel...

Kapitel 9

Tabelle 9.1: Synonyme Wörter und Beschreibungen in unterschiedlichen Stilschichte...

Tabelle 9.2: Polaritätenprofil, das Redner, Publikum, Rahmen und Stilschichten be...

Tabelle 9.3: Tropen: Definitionen, Beispiele, Anmerkungen.

Tabelle 9.4: Figuren: Definitionen, Beispiele, Anmerkungen.

Illustrationsverzeichnis

Kapitel 4

Abbildung 4.1: Die Rede und ihre Überzeugungsmittel im Spannungsfeld zwischen den...

Abbildung 4.2: a. Eine Rede mit dem klaren Ziel, das Publikum zu etwas zu bewegen...

Kapitel 5

Abbildung 5.1: Der Einstellungsbegriff schematisch dargestellt.

Abbildung 5.2: Jede Redegattung lässt sich tendenziell einer Einste...

Kapitel 6

Abbildung 6.1: Ein Syllogismus, dessen allgemeine Prämisse gestützt wird.

Abbildung 6.2: Metaphernspeicher zum Begriff »Familie«.

Kapitel 7

Abbildung 7.1: Die idealtypische Gliederung einer Rede: Sie umfasst eine Einleitu...

Abbildung 7.2: Nicht empfehlenswerte Gliederungen für Reden.

Abbildung 7.3: Gliederungsmuster für Ihren Hauptteil. 1a und b folgen der zunehme...

Kapitel 8

Abbildung 8.1: Der typische Aufbau von nicht überzeugenden Reden dem Aufbau überz...

Abbildung 8.2: »Maluma« und »Takete« – was ist was?

Kapitel 10

Abbildung 10.1: Jeweils nach oben weisende Sprechmelodie an Satzenden.

Abbildung 10.2: Jeweils nach unten weisende Sprechmelodie an Satzenden.

Abbildung 10.3: Weiterweisende Sprechmelodie.

Kapitel 11

Abbildung 11.1: Mögliche Piktogramme für Ausdrucksmerkmale.

Kapitel 12

Abbildung 12.1: Die Grundstruktur für jede Rede – bestehend aus fünf Gliederungsp...

Abbildung 12.2: Alle Fünfsätze auf einen Blick: die Reihe (1), die Kette, die Sie...

Abbildung 12.3: Eine Rede mit 125 Sinnschritten.

Kapitel 13

Abbildung 13.1: Wie Powerpoint-Folien nicht eingesetzt werden sollten.

Abbildung 13.2: Empfehlenswerte Präsentationsschemata.

Abbildung 13.3: Platzierungsmöglichkeiten für PowerPoint-Folien.

Abbildung 13.4: Auf eine PowerPoint-Folie (grau) wird über mehrere Fünfsätze oder...

Orientierungspunkte

Cover

Titelblatt

Impressum

Über die Autoren

Inhaltsverzeichnis

Reden mit Verstand – Vorwort

Einführung

Fangen Sie an zu lesen

Abbildungsverzeichnis

Stichwortverzeichnis

End User License Agreement

Seitenliste

1

2

5

6

7

19

21

22

23

24

25

27

28

29

30

31

32

33

34

35

36

37

39

40

41

42

43

44

45

46

47

48

49

50

51

52

53

54

55

56

57

58

59

60

61

62

63

64

65

66

67

68

69

70

71

72

73

74

75

76

77

78

79

80

81

82

83

85

86

87

88

89

90

91

92

93

94

95

96

97

98

99

100

101

102

103

104

105

106

107

108

109

110

111

112

113

114

115

116

117

118

119

120

121

122

123

124

125

126

127

128

129

130

131

132

133

134

135

136

137

138

139

140

141

142

143

144

145

146

147

148

149

150

151

152

153

154

155

156

157

158

159

160

161

162

163

164

165

166

167

168

169

170

171

172

173

174

175

176

177

178

179

180

181

182

183

184

185

187

188

189

190

191

192

193

194

195

196

197

198

199

200

201

202

203

204

205

206

207

208

209

210

211

212

213

214

215

216

217

218

219

220

221

222

223

224

225

226

227

228

229

230

231

232

233

234

235

236

237

239

240

241

242

243

244

245

246

247

248

249

250

251

252

253

254

255

256

257

258

259

260

261

262

263

264

265

266

267

268

269

271

272

273

274

275

276

277

278

279

280

281

282

283

284

285

286

287

288

289

290

291

292

293

294

295

296

297

298

299

300

301

302

303

304

305

306

307

308

309

310

311

312

313

315

316

317

318

319

320

321

322

323

324

325

326

327

328

329

330

331

332

333

334

335

336

337

338

339

340

341

343

344

345

346

347

348

349

350

351

352

353

354

355

356

357

358

359

360

361

362

363

365

366

367

368

369

370

371

372

373

374

375

377

378

379

380

381

382

383

Reden mit Verstand – Vorwort

Ich habe einmal von »der Wüste der Ratgeberliteratur« geschrieben, in der es »manchmal Oasen« gebe (2014, S. XII). Das war 2014, und ich hatte gerade eine solche Oase gefunden. Es musste 2022 werden, bis ich wieder auf eine stoße – hier ist sie: Rhetorik und Redekunst für Dummies!

In einer sprechwissenschaftlichen Masterarbeit, die ich kürzlich mit »sehr gut« bewertet habe, sind als Fazit einer kritischen Analyse von Ratgeberliteratur »Leitlinien für das Verfassen von Rhetorik-Ratgebern« formuliert. Es versteht sich, dass dieses Buch alle diese Leitlinien exemplarisch einhält: besonders diejenigen, die wissenschaftliche Grundlagen betreffen!

Hier werden keine Halbwahrheiten und Verkürzungen ausgebreitet, sondern alles ist belegbar und darüber hinaus verständlich erklärt.

Das Buch lässt nirgendwo den Eindruck aufkommen, man müsse nur ein paar »Techniken« anwenden, dann sei der rhetorische Erfolg sicher. Es macht klar, wie sehr die rhetorische Arbeit eine Denk-Arbeit ist. Es hilft Menschen »zu befähigen, in konkreter Praxis reflektierter, begründeter, mit mehr Einsicht und Voraussicht zu handeln auf Grund von Wissen um Gesetzmäßigkeiten und von Haltungen, die der Struktur des Problemfeldes prinzipiell adäquat sind» (2018, S. 3). Dieses Buch ist ein Beitrag zur rhetorischen Bildung!

Es öffnet keine Trickkiste (die ohnehin Scharlatanerie wäre), sondern schärft die »rhetorische Urteilskraft« – wer diese Kompetenz besitzt, kann in konkreten Situationen bessere Entscheidungen fällen »im Fall der Rhetorik: Wahl und Anordnung der Argumente, sprachliche und sprecherische Realisierung etc. etc. mit den größten Chancen auf Überzeugung» (2018, S. 5).

Endlich ein Ratgeber, der nicht versucht, die Urteilskraft zu ersetzen, sondern sie zu stärken!

Ich wünsche diesem Buch viele, viele Leser – besser: Ich wünsche möglichst vielen Lesern dieses Buch!

Prof. Dr. Norbert Gutenberg

 

Literatur:

2014: Zur Einführung: von den ›sophistischen Widerlegungen‹ zur ›Kunst, Recht zu behalten‹: Trugschlussanalyse und Manipulationskritik. In: Basis-Texte zur Eristik. Aristoteles, Schopenhauer, Erdmann. Saarbrücker Schriften zur Rhetorik, Bd. 2, S. VII–XIII. Alma Mater.

2018: Rhetorik – epistemisch. In: Rhetorik in Europa, Bd. 2: Norbert Gutenberg, Peter Riemer (Hrsg.): Detailstudien zur Fakten- und Theoriegeschichte der europäischen Rhetorik. S. 43–60. Berlin: Frank und Timme.

Einführung

»Wenn ich in Unterleuten eins gelernt habe, dann dass jeder Mensch ein eigenes Universum bewohnt, in dem er von morgens bis abends recht hat.« Diese Aussage aus dem Roman »Unterleuten« von Julie Zeh gibt das wieder, was Kommunikationsseminare, Rhetorikratgeber und Gurus im Internet normalerweise bedienen: den unbedingten Willen, sich durchzusetzen.

Wir hingegen möchten Ihnen mit diesem Buch eine andere Perspektive aufzeigen: Rhetorik unterstützt zwar das Vertreten eigener Meinungen und Ideen im Rahmen eines demokratischen Wettbewerbs. Sie ist aber vor allem partnerorientiert, hält das Prinzip der Logik hoch und geht davon aus, dass es außer in den Naturwissenschaften keine endgültigen Wahrheiten gibt.

Deshalb ist es uns ein großes Anliegen, Ihnen nicht nur Denkansätze und Methoden der Rhetorik mit auf den Weg zu geben. Wir wollen auch aufklären über die größten Irrtümer und Mythen der Rhetorik, die leider selbst in Kommunikationsseminaren immer wieder verbreitet werden.

Über dieses Buch

Dieses Buch unterscheidet sich, das versprechen wir Ihnen, von fast allen Rhetorikbüchern, die auf dem Markt sind. Da gibt es den Bereich der wissenschaftlichen Werke: in der Regel objektiv und verlässlich, aber leider für Fachfremde kaum verständlich. Auch mit einführender Literatur, so unsere Erfahrung, tun sich viele schwer, wenn begleitende Erläuterungen fehlen. Dann ist da noch der Bereich der rhetorischen Ratgeber. Über sie urteilte der Sprechwissenschaftler Hellmut Geißner einmal pauschal mit: »One mile long, one inch deep.« Sie sind zu einem großen Teil sogar abgekoppelt von wissenschaftlichen Erkenntnissen. Wenn wir also in unseren Seminaren nach Buchtipps gefragt werden, haben selbst wir große Schwierigkeiten, ruhigen Gewissens Titel zu nennen. Deshalb war es uns ein Anliegen, ein Buch zu schreiben, das

grundlegend in die rhetorische Kommunikation einführt,

Fachwörter auch für Laien verständlich erklärt,

von Anfang an Theorie in die Praxis überführt,

einen groben Überblick darüber verschafft, was auf dem Gebiet der Kommunikation und Rhetorik wissenschaftlich als gestützt gilt und

das wir ohne Bauchschmerzen auch Einsteigern empfehlen können.

Wir hoffen, uns ist das auch aus Ihrer Sicht einigermaßen gelungen.

Wie man dieses Buch benutzt

Dieses Dummies-Buch folgt prinzipiell dem Aufbau unserer Rhetorikseminare. Es behandelt alles, was unsere Seminarteilnehmer am meisten bewegt. Damit basiert es auch auf didaktischen Erkenntnissen, die wir über Jahre hinweg gesammelt haben. Diese Erfahrung lehrt uns: Einfach drauflos zu lernen, zumal rein theoretisch orientiert, erzeugt früher oder später Desinteresse. Es sind hingegen Praxisübungen, die wirklich etwas begreiflich machen, und auf die wir auch in diesem Buch großen Wert legen. Zudem wäre es hilfreich, wenn Sie ein konkretes Ziel vor Augen hätten: eine Rede oder eine Präsentation, die Sie unbedingt halten wollen. Das wäre der beste Anreiz, um über alle Kapitel hinweg am Ball zu bleiben.

Um also einen lebensnahen Eindruck von unseren Seminaren zu erhalten, empfehlen wir Ihnen, das Buch von vorne bis zum letzten Kapitel durchzugehen. Begleitet von vielen Übungen erarbeiten Sie sich so eine Rede oder Präsentation, die Sie in dieser Form tatsächlich vortragen können – und die Ihnen dann vielleicht sogar das eine oder andere Kompliment aus dem Publikum beschert.

Unabhängig von den aufeinander aufbauenden Übungen können Sie die einzelnen Kapitel auch Ihren Interessen und Ihrer Neugier folgend lesen. Sie sind so geschrieben, dass Sie nicht unbedingt vorherige Kapitel gelesen haben müssen, um sie zu verstehen. Sollte etwas unklar sein, hilft Ihnen das umfangreiche Stichwörterverzeichnis weiter. In diesem Sinne ist das Buch auch als Nachschlagewerk nützlich.

Törichte Annahmen über den Leser

An wen richten wir uns mit diesem Buch? Prinzipiell an alle, die Näheres über Rhetorik erfahren wollen. Egal, ob aus beruflichen oder aus privaten Gründen.

Sie benötigen Unterstützung, weil Sie demnächst eine Rede auf einer Familienfeierlichkeit halten müssen? Hier sind Sie richtig. Auch wenn Sie nie zuvor eine Rede geschrieben haben.

Sie lassen sich zum Trauer- oder Hochzeitsredner ausbilden? Dann dürften Sie in diesem Buch wertvolle Ergänzungen zu Ihrer Ausbildung finden.

Sie haben berufsbedingt regelmäßig mit Präsentationen zu tun? Bestimmt haben wir da ein paar Anregungen auf Lager.

Sie engagieren sich politisch, Sie sind Repräsentant einer Firma, Kultureinrichtung oder eines Vereins? Auch wenn man in Amt und Würden ist, ist rhetorische Fortbildung keine Schande.

Selbst als Einstieg für ein kommunikations- oder sprechwissenschaftliches Studium ist dieses Buch geeignet. Es erläutert viele Fachwörter und stellt sie in Beziehung zueinander. In Kombination mit Hinweisen auf weiterführende Literatur können Sie sich schnell ein solides rhetorisches Wissensfundament erarbeiten.

Sie sind an Rhetorik interessiert? Haben den einen oder anderen Internetbeitrag gelesen? Es wäre auch kein Wunder, wenn Sie schon eine Fortbildung in Sachen Kommunikation, Vertriebsgespräche oder Verhandlungsführung besucht haben. Schließlich sind sie in vielen Bereichen und Branchen üblich. Die meisten Seminare und Artikel in den Medien reduzieren Rhetorik jedoch auf Stimmbildung, Atmung, »Körpersprache« und auf die Frage, wie es gelingt, Menschen psychisch zu beeinflussen. Würde es Sie sehr überraschen, wenn wir behaupten, dass alles das nebensächlich ist? Dann wäre das die Bestätigung unserer Annahme, dass Sie, wie die meisten Menschen, ein recht verzerrtes Rhetorikbild haben. Zumindest aus der Perspektive der modernen Sprechwissenschaft, aus der heraus dieses Buch entstanden ist. Sie geht nämlich davon aus, dass Rhetorik gerade keine Ansammlung von Psychotricks, Schlagfertigkeitstechniken und Charisma-Übungen darstellt. Lassen Sie sich überraschen.

Wie dieses Buch aufgebaut ist

Dieses Buch umfasst sechs Teile. Der erste Teil bietet Ihnen einen ersten Überblick und stellt das Wichtigste heraus. Die weiteren Teile führen die im ersten Teil genannten Teilaspekte weiter aus. Die Abfolge der Kapitel folgt der üblichen Einteilung der Rhetorik in ihre Teilbereiche Stoffsammlung, Redegliederung/Redeaufbau, sprachliche Gestaltung sowie das Einprägen und Vortragen einer Rede. Dabei erläutern wir Ihnen eine Reihe von Fachbegriffen, was Ihnen, falls Sie etwas vertiefen möchten, den Rückgriff auf wissenschaftliche Literatur erleichtert. Konkrete Ausführungen, die sich auf bestimmte Studien oder Autoren beziehen, haben wir mit Quellenhinweisen versehen – so umfangreich, wie es im Rahmen eines Ratgeberbuches sinnvoll und möglich ist. Eher wissenschaftliche Impulse erhalten Sie übrigens in Wissenskästen, die Sie jedoch nicht unbedingt lesen müssen, um alles andere zu verstehen.

Teil I

Im ersten Teil legen wir Ihnen dar, was Rhetorik eigentlich ist. Damit wollen wir Ihnen vor allem den Unterschied zwischen Überredung und Manipulation auf der einen Seite – und aus unserer Sicht verantwortungsvolle Rhetorik auf der anderen Seite verdeutlichen. Sie sollten den ersten Teil unbedingt lesen. Denn vieles in den nachfolgenden Teilen basiert auf dem Rhetorikbild, das wir hier skizzieren. Dabei gehen wir auch auf Themen wie Lampenfieber und »Körpersprache« ein.

Teil II

Welche Formen der Rede gibt es? Was ist eine Botschaft? Was heißt es eigentlich, jemanden von etwas zu überzeugen? Warum ist logisches Argumentieren wichtig? Wie funktioniert Storytelling? Wie sollte eine Rede aufgebaut sein? All das erläutern wir Ihnen im zweiten Teil, damit Sie schnell Klarheit in Ihre Gedanken bringen können, um strukturiert Ideen für Reden und Präsentationen entwickeln zu können.

Teil III

Der dritte Teil beschäftigt sich zunächst mit Ihnen als Redner: Wie sehen Sie sich? In welcher Rednerrolle fühlen Sie sich wohl und wie wollen Sie sie ausfüllen? Einfache Antworten darauf gibt es in den meisten Fällen nicht. Schließlich hängt die Rolle des Redners stark vom Redeanlass ab – und von den Erwartungen des Publikums. Beide Seiten beleuchten wir näher – um darauf aufbauend Überlegungen zum sprachlichen Stil einer Rede anzustellen.

Teil IV

Im vierten Teil wartet eine Reihe von Übungen vor der Kamera auf Sie. Mit ihnen möchten wir Sie sensibilisieren für Aspekte der Art und Weise, wie etwas vorgetragen werden kann: hinsichtlich möglicher Sprechmelodien zum Beispiel, des Sprechtempos oder der »Körpersprache«. Gerade hier werden Sie einiges erfahren, was Sie in dieser Form sehr wahrscheinlich noch nicht gelesen oder gehört haben. Das betrifft auch das Lampenfieber, auf das wir an verschiedenen Stellen erneut eingehen.

Teil V

Der fünfte Teil dreht sich um das Erarbeiten von Redemanuskripten. Vielleicht ist er sogar der wichtigste Teil des Buches. Denn die Art wie Sie etwas vortragen, hängt sehr stark zusammen mit der Art, wie Sie Ihre Rede schriftlich aufbereiten. Zu guter Letzt haben wir für alle etwas in petto, die regelmäßig etwas präsentieren müssen – egal, ob online oder in Live-Situationen. Der Umgang mit elektronischen Folien ist fast ein Kinderspiel, wenn Sie sich dabei ebenfalls an rhetorischen Grundlagen orientieren.

Der Top-Ten-Teil

Im Top-Ten-Teil fassen wir Ihnen das Wichtigste in Form von Checklisten noch einmal zusammen. Außerdem finden Sie dort Literaturhinweise und Tipps für den Fall, dass wir Ihr Interesse an Rhetorikseminaren geweckt haben.

Die Symbole in diesem Buch

In diesem Buch verwenden wir einige Symbole, um aus unserer Sicht besonders Wichtiges hervorzuheben oder um Beispiele, Anekdoten und Übungen anzuzeigen.

Besonders Wichtiges und Dinge, die Sie in Erinnerung behalten sollten, sind mit diesem Symbol markiert.

Dieses Symbol weist auf hilfreiche Informationen, Tipps und Tricks hin.

Auf dem Gebiet der menschlichen Kommunikation existieren viele, oft gegensätzliche Theorien. Darauf und auf falsches Wissen, das immer wieder in Ratgebern und Rhetorikseminaren weitergegeben wird, weisen wir mit einem Ausrufezeichen hin. Es will Ihnen Denkfehler und voreilige Schlüsse ersparen – beziehungsweise unterstreichen, dass es oft sinnvoll ist, lieber zweimal über etwas nachzudenken.

Um Rhetorikprinzipien oder theoretische Ausführungen zu veranschaulichen, arbeiten wir mit vielen Beispielen. Sie beruhen oft auf Begebenheiten, die wir selbst erlebt haben.

Sie wollen mithilfe dieses Buches eine Rede oder Präsentation erstellen? Dann folgen Sie den Übungen. Schritt für Schritt erarbeiten Sie sich so eine Beispielrede nach allen Regeln der Rhetorikkunst.

Wie geht es weiter?

Egal wie Sie das Buch nutzen wollen: Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Kombinieren von Methoden, Tüfteln und Entwickeln von Ideen. Meister sind noch nie vom Himmel gefallen – vor allem keine Rhetorikmeister. Nehmen Sie sich Zeit. So richtig gut werden Sie Stück für Stück, mit jedem Vortrag, den Sie halten. Nicht von heute auf morgen, dafür aber ganz sicher, wenn Sie mit jeder Rede etwas mehr von dem berücksichtigen, was wir auf den nächsten Seiten für Sie bereithalten.

Teil I

Alles Rhetorik oder was?

IN DIESEM TEIL …

Was ist eigentlich Rhetorik? Haben Sie darauf nicht gleich die passende Antwort parat? Das wäre nur allzu verständlich. Falsche Darstellungen in Fortbildungsseminaren, Kommunikationsmythen und einander widersprechende Definitionen verhindern oft genug einen klaren Blick auf das, was Rhetorik ihrem Wesen nach ist. Im ersten Teil dieses Buches wollen wir Ihnen daher nicht einfach einen Überblick über wichtige Teilaspekte der Rhetorik geben (Lampenfieber, stimmliche und körperliche Ausdrucksmerkmale, Konzeption von Reden und Präsentationen), sondern mit weitverbreiteten Irrtümern, die mit ihnen verbunden sind, aufräumen. Damit werden Ihnen auch die Unterschiede zwischen Manipulation und verantwortungsvoller Rhetorik schnell bewusst.

Kapitel 2

Sie dürfen bleiben, wie Sie sind

IN DIESEM KAPITEL

Lampenfieber als Antreiber zu HöchstleistungenSich der eigenen Stimme bewusst werdenBeim Thema »Körpersprache« gelassen bleiben

Ein wichtiges Anliegen ist uns: Bleiben Sie, wie Sie sind. Lassen Sie sich von nichts und niemandem verbiegen.

Zur Erinnerung: Rhetorik ist die Kunst, eigenen Standpunkten und Ideen Geltung zu verschaffen. Nicht das gekünstelte Wiedergeben fremder Texte oder Meinungen. Sie können auch sagen: Rhetorik führt zu Argumentationen, zu Debatten, zu echtem Austausch. Sie ist alles andere als ein Schauspiel im Dienste Dritter.

Warum ist uns diese Aussage so wichtig? Sie hilft Ihnen, Grenzen zu überwinden: in Form von vermeintlich Richtigem und Falschem – oder Vorbildern. Denn das Reden, Präsentieren, Debattieren in der Öffentlichkeit nach bestimmten Vorgaben verwandelt sich letztlich immer in schlechtes Schauspiel.

Leider stehen aber Kommunikationsseminare, Vertriebsschulungen oder Coachings zu oft unter dem Motto: Manipulieren, aber richtig! Sie führen zu den immer gleichen Verbots- und Gebotslitaneien: Du darfst die Arme nicht verschränken. Du darfst niemals eine Hand in der Hosentasche haben, während du redest. Verwende stets positive Formulierungen. Von solchen oder ähnlichen sinnlosen Regeln werden Sie, wir versprechen es Ihnen, in diesem Buch verschont.

Befreien Sie sich also – atmen Sie auf. Weder beruhen derlei Regeln auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Noch tragen sie zu echter Kommunikation bei.

Lampenfieber: Antreiber zu Höchstleistungen

Im Sinne der Selbstoptimierung schenken die meisten Ratgeber und Rhetorikseminare dem Lampenfieber eine große Aufmerksamkeit. Weil es als etwas Störendes, zu Therapierendes gilt. Dabei ist Lampenfieber durchaus nützlich, wenn Sie den Blick darauf verändern.

Auf wie vielen Veranstaltungen, Empfängen, Geburtstagsfeierlichkeiten sind uns schon von Lampenfieber geschüttelte Redner begegnet? Ehrlicherweise wird überall vor Nervosität vibriert, gequiekt oder es werden Hektikflecken zur Schau gestellt. Hautbildveränderungen, denen nicht selten die Ausdruckskraft eines Gemäldes von Jackson Pollock innewohnt. Wirklich niemand kann sich von diesem Elend so richtig befreien. Sie werden es kaum glauben:

Während seines Berlinbesuchs 2016 konnten wir beobachten, wie Rudolph Giuliani (ehemaliger Bürgermeister von New York und Trump-Anwalt) hinter dem Redepult unruhig umhertänzelte und sich verkrampft am Redepult festhielt.

Jens Spahn, ehemaliger Gesundheitsminister, zeigt sich oft als unruhiger Mikrofonzurechtbieger und Zu-laut-Sprecher.

Auch Dietmar Woidke, Ministerpräsident von Brandenburg, hat einen Tick: Seine Hände suchen gerne die Hosentaschen während öffentlicher Reden. Während des nervigen Rein-in-die-Tasche-und-wieder-Raus möchte man ihm nur allzu gerne zurufen: Lass sie doch endlich drin!

Mit diesen Beispielen stellt sich die Frage: Machen kleine Macken Redner unglaubwürdig? Oder wirken sie nicht eher sogar sympathisch? Weil spürbar ist, dass hinter dem Mikrofon normale Menschen stehen (nun gut, bei Giuliani sind Zweifel angebracht)? Ganz gleich ob man ihre Standpunkte teilt …

Wie Lampenfieber entsteht, erläutern wir Ihnen in Kapitel 11. Festzuhalten bleibt an dieser Stelle jedoch: Unruhig ist jeder vor einem Auftritt. Es gibt keinen Grund, sich deswegen verrückt zu machen.

Konzentration auf Inhalt und Publikum reduziert Lampenfieber

Nach unserer Einschätzung besuchen achtzig Prozent aller Teilnehmer ein Rhetorikseminar wegen des lästigen Lampenfiebers. Kein Wunder, dass im Internet massenhaft dubiose Angebote zu finden sind: zum Beispiel Hypnosesitzungen oder Seminare in Sachen Positives Denken. Doch außer marginalen Placeboeffekten und Löchern im Finanzhaushalt bringen sie nichts. Wäre es anders, wäre das Phänomen Lampenfieber schon aus der Welt …

Auch in unseren Seminaren suchen viele Menschen ein Kraut, das dagegen hilft. Die gute Nachricht ist: Ja, es gibt tatsächlich etwas sehr Wirkungsvolles gegen innere Unruhe, auf das wir im Kapitel 12 unter »Von der Zeilenschreibweise zur freien Rede« ausführlich eingehen. Nur können Sie auch damit Lampenfieber nicht von vornherein verhindern. Leider ist das ein Ding der Unmöglichkeit.

Sehr viel sinnvoller ist es, sich zu fragen, wie während des Vortrags das Lampenfieber möglichst schnell überwunden werden kann. Die Antwort darauf ist nämlich sehr einfach: Lenken Sie sich vom Lampenfieber ab – indem Sie sich nicht auf sich, sondern auf Ihren Redeinhalt und vor allem auf Ihr Publikum konzentrieren.

Dieser Perspektivenwechsel entlastet von vielem, was bestimmt auch Sie im Zusammenhang mit Reden oder deren Vorbereitungen als unangenehm empfinden.

Verzichten Sie auf stundenlanges Einstudieren eines Textes.

Etwas einstudieren bedeutet, alles Mögliche – das Publikum oder die Atmosphäre betreffend – vorauszuahnen. In den meisten Fällen aber weicht die reale Redesituation von diesen Erwartungen ab, was den Stresspegel nach oben schießen lässt. Tragen Sie hingegen etwas frei vor, können Sie flexibel reagieren und Ihre Nerven schonen.

Vorlesen

ist auch keine Lösung.

Manuskripte mit vollständig vorformulierten Sätzen stehen zwischen Ihnen und Ihrem Publikum. Während des Vorlesens geht der Kontakt verloren – auf Reaktionen im Publikum können Sie nicht eingehen.

Quälen Sie sich nicht zu sehr mit der Frage, wie Sie selbst gesehen werden möchten.

Wichtiger ist es, wie es Ihrem Publikum während Ihrer Rede ergeht.

Befreien Sie sich von der Angst, etwas zu vergessen.

Widmen Sie sich lieber der Frage, wann Ihr Publikum hungrig nach Informationen ist und wann von ihnen gesättigt.

Verabschieden Sie sich von Selbstzweifeln.

Stellen Sie lieber den Redeinhalt in den Mittelpunkt Ihrer Überlegungen.

Der Perspektivenwechsel – weg von der Ich-Zentrierung, hin zu Publikum und Inhalt – macht den Unterschied. Er erzeugt für Zuhörer ein hohes Maß an Verständlichkeit und lenkt Sie vom Lampenfieber ab. Das aber erfordert eine besondere Form der Vorbereitung, eine bestimmte Art der Aufbereitung des Redetextes. Genau in diese Richtung führen alle nachfolgenden Kapitel. Sie münden schließlich in das Kapitel 12, an dessen Ende Sie feststellen werden: Um das Lampenfieber braucht man sich tatsächlich keine Sorgen zu machen.

Ein besonderer Lampenfieberverstärker: das Vertreten fremder Ideen

Gegen einen besonderen Lampenfieberverstärker haben wir schon jetzt einige Tipps parat: gegen die Angst, beim Zögern oder Zweifeln erwischt zu werden. Weil man etwas vergessen hat, nicht weiß oder eine Meinung vertritt, die nicht die eigene ist.

Gegen die Angst vor dem Vergessen und Unwissen gibt es zwei wichtige Gegenmaßnahmen: ein vernünftiges Manuskript – dazu, wie gesagt, später mehr. Sowie das Durchdringen einer Sache.

Ist Ihnen nicht auch schon aufgefallen, dass einem immer dann Angstschweiß auf der Stirn steht, wenn man einen fremden Text auswendig gelernt hat? Demgegenüber sind selbst erarbeitete Ideen auch nach Jahren präsent. Ebenso sind komplizierte Sachverhalte kein Problem, wenn man sie sich aufgrund von eigenem Hintergrundwissen ableiten kann. Sie vereinfachen sich also das Leben, wenn Sie Dinge vortragen,

die Sie selbst inhaltlich durchdrungen haben – samt Hintergrundinformationen und Zusammenhängen,

die nicht zu komplex sind,

deren Urheber Sie sind und

mit denen Sie sich identifizieren können.

Hüten Sie sich hingegen davor, auswendig Gelerntes vorzutragen – zu dem Sie möglicherweise auch keine Hintergründe und Zusammenhänge kennen. Halten Sie (wichtige Ausnahmen kann es immer geben!) also auch keine Reden, die aus einer fremden Feder stammen.

Was Authentizität ist

Verweilen wir ein wenig bei der Problematik des Vertretens fremder Standpunkte. Wir treffen damit automatisch auf den überall zu hörenden Rat: Bleib einfach du selbst! Doch was heißt authentisch oder Natürlichkeit, wenn jedem klar ist, dass alleine im Beruf schnell die Grenzen des Authentischen ausgereizt sind?

Kein Bankangestellter käme auf die Idee, in Jogginghosen Kunden zu beraten. Nur weil er sich privat gerne in Jogginghosen aufs Sofa fläzt. Es käme auch niemand auf die Idee, Töchterchens Furcht vor einem Monster unter dem Bett mit den Worten zu beschwichtigen: Ich kann gewisse Ängste nachvollziehen. Mein Rat an dich: Suche den Schulterschluss mit Teddy. Gemeinsam könnt ihr gestärkt aus der Krise herauskommen. Nein, das sagt auch ein CEO nicht, nur weil er Ähnliches gerne seinen Mitarbeitern erzählt.

Mit diesen einfachen Beispielen wäre geklärt: Es gibt keine Authentizität an sich. Es gibt nur eine Vielzahl von Rollen, in die wir alle jeden Tag schlüpfen. Und in denen wir uns mal mehr, mal weniger wohlfühlen: als Elternteil, Unternehmerin, Kollege, Tochter, guter Freund, Fußballtrainerin, Kummerkasten des Betriebs, anerkannte Stimmungskanone für jede Gelegenheit. Und in jeder Rolle denken, sprechen und handeln wir etwas anders.

Jeder Mensch ist also anpassungsfähig. Aber eben nur bis zu einem gewissen Grad. Sprechen Sie komplett gegen Ihre eigenen Überzeugungen an, verspüren Sie schnell ein Unwohlsein. Eine Angst, von anderen als Lügner enttarnt zu werden. Es ist diese Angst, die häufig entweder Lampenfieber verstärkt – oder sogar mit ihr verwechselt wird.

Sie sollten demnach immer – wenigstens teilweise – hinter dem stehen, was Sie von sich geben: Nur so strahlen Sie sprachlich, sprecherisch, mimisch und gestisch Glaubwürdigkeit aus.

Glauben Sie das, was Sie sagen, selbst nicht – weil es komplett Ihren Werten und Normen widerspricht –, wird man es Ihnen trotz teurer Rhetorikseminare nicht abnehmen. Ihre Statements werden entweder gekünstelt oder unemotional wirken. Leider sieht die Realität oft genau so aus …

Ihre Rolle finden

Gerade Vorstände, Pressesprecher oder Politiker müssen sehr häufig etwas vertreten, das im Widerspruch zu ihren eigenen Meinungen steht. Wir werden häufig dazu um Rat gefragt – weil die Betroffenen wissen, dass sie in solchen Situationen besonders nervös sind und einen eher seltsamen Eindruck hinterlassen.

Dieses Dilemma ist jedoch schwer auflösbar. Schließlich hängt es ursächlich mit der Frage zusammen: Wie sehr muss oder will sich überhaupt jemand einer Rednerrolle unterordnen? Das kann nur jeder für sich selbst innerhalb eines individuellen normativen Rahmens beantworten:

Wann empfinde ich eine Differenz zwischen eigener Meinung und öffentlicher Rede als Lüge?

Welchen Preis verlange ich eventuell als Kompensation für welche Rolle?

In welchen Abhängigkeiten befinde ich mich?

Wie sehr identifiziere ich mich mit einer Partei, für die ich stellvertretend rede (Unternehmen, politische Partei, Mandant/Kunde et cetera)?

Wie lange will ich eine Rolle aufrechterhalten und habe ich Spaß an ihr?

Lehne ich das Prinzip von Rollenkonformität gänzlich ab?

Unser Fazit ist also: Weder die komplette Selbstaufgabe noch hundertprozentige Authentizität führen zum Ziel. Mit den oben aufgeführten Überlegungen entwickeln Sie eine gesunde, wie Sprechwissenschaftler sagen, Rollendistanz: indem Sie Rollenvorgaben mit eigenen Überzeugungen abgleichen.

Nur wenn Sie beide Seiten wenigstens teilweise in Einklang bekommen, vermeiden Sie, was wir oft im Fernsehen zu sehen bekommen: Statements und Reden ohne stimmliche Modulation, ohne Emotionen, ohne Mimik und Gestik. Mehr zum Thema soziale Rollen erfahren Sie übrigens im Kapitel 8. Dort erläutern wir Ihnen auch, warum Sie nicht gleich Ihren Job wechseln müssen, wenn Sie einmal etwas verkünden sollen, dass Ihnen nicht behagt.

Lampenfieber positiv betrachtet

Lampenfieber können Sie durchaus positiv betrachten: als Antreiber zu Höchstleistung. Höchstleistung nicht alleine als gelungener, weil pannenfreier, Auftritt. Sondern ganz im Sinne des Publikums und des Erkenntnisgewinns. Denn Lampenfieber ist der beste Grund für das Beherzigen fünf einfacher Regeln.

Halten Sie eine Rede möglichst kurz.

Das schont die eigenen Nerven und die der Zuhörer.

Gestalten Sie eine Rede sprachlich und inhaltlich einfach.

Das ist gleichbedeutend mit weniger Hängern und Versprechern rednerseitig – und leichterem Verstehen zuhörerseitig.

Bereiten Sie sich auf eine Rede inhaltlich gut vor.

Das wirkt sich zwangsläufig auf das aus, was allgemein als souveränes Auftreten bezeichnet wird.

Reflektieren Sie Ihre Rolle als Redner.

Erscheint sie Ihnen als angemessen, werden Sie auch keine Angst vor potenziellem Ertapptwerden verspüren.

Reflektieren Sie, ob Redeinhalt und Rednerrolle zusammenpassen.

Ist dem so, wird Ihnen Ihr Publikum tendenziell offenherzig gegenübersitzen.

Übrigens: Selbst Schauspieler und Moderatoren mit jahrzehntelanger Berufserfahrung bleiben nicht vom Lampenfieber verschont. Allerdings nehmen sie es nicht als etwas Bedrohliches wahr. Sondern als Notwendigkeit, um auf dem Podium oder der Bühne eine gute Leistung erbringen zu können. Und so tigern viele nervös hinter den Kulissen auf und ab. Doch wissen sie: Auf der Bühne ist schon nach ein paar Minuten der Spuk vorbei. Weil mit intensiver Vorbereitung und mit Zuwendung zum Publikum das Lampenfieber schnell vergessen ist.

Ganz nebenbei: Auch das Lampenfieber von Giuliani, Spahn und Woidke legt sich offensichtlich, wenn sie erst einmal im Redefluss sind …

Dem Inhalt eine Stimme geben

Damit kommen wir zum Sprechen selbst. Auch hier wollen wir gleich mit einem Irrtum aufräumen: dass Profis, also Schauspieler, Sänger oder Moderatoren beliebig mit ihrer Stimme und der Art wie sie etwas vortragen, spielen könnten. Nein, auch sie sind nicht in der Lage, von jetzt auf gleich verschiedene Interpretationen von Texten oder Liedern vorzutragen. Auch sie müssen dafür üben und viele Dinge automatisieren. Warum eigentlich?

Vergessen Sie den Mythos der Multitaskingfähigkeit

Unsere Kehlkopfmuskulatur ist zu einem Großteil nicht willentlich beeinflussbar. Singen, flüstern, lachen – all das gelingt häufig nicht, wenn wir es wollen. Ist man aber in der Stimmung, klappt vieles automatisch: Man trifft die Töne, weil einem gerade danach ist, ein bestimmtes Lied zu trällern. Man erhebt die Stimme bei Gefahr, um jemanden zu warnen – und so weiter …

Daraus ergibt sich folgende Schwierigkeit: Wollen Sie die Art und Weise Ihres Sprechens während eines Vortrags bewusst formen (was in Maßen ja trotzdem möglich ist), treffen mehrere kognitive Verarbeitungsprozesse im Gehirn aufeinander. Das betrifft neben dem Willen zur Beeinflussung der Stimme oder der Art des Sprechens zum Beispiel

die Konzentration auf den Redeinhalt,

Reaktionen des Publikums, die man deuten will – und eventuell

PowerPoint-Folien, die mal wieder in der falschen Reihenfolge erscheinen, oder andere kleine Malheure.

Weil aber kein Mensch multitaskingfähig ist, bleibt trotz größten Bemühens nur die Entscheidung für die Konzentration auf den Inhalt und eher unbewusstes Sprechen.

Multitaskingfähigkeit: ein Mythos

Die Mulitaskingfähigkeit