Risiko Blackout - Florian Haacke - E-Book

Risiko Blackout E-Book

Florian Haacke

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Beschreibung

Risiko Stromausfall Die Funktionsfähigkeit und Stabilität der modernen Gesellschaft ist von einer funktionierenden Infrastruktur und Stromversorgung abhängig. Ein Stromausfall durchbricht dieses System. Dabei sind die möglichen Ursachen für einen Stromausfall nahezu grenzenlos – seien es Cyberangriffe auf die Versorgungsinfrastrukturen, Naturkatastrophen oder gezielte Sabotage. Wegweisende Darstellung zum Topthema »Blackout« Mit diesem Fachbuch findet erstmals eine interdisziplinäre Betrachtung des Themas »Blackout« aus allen relevanten Bereichen statt. Ein langanhaltender und flächendeckender Stromausfall hätte massive Auswirkungen auf Wirtschaft, Staat und Gesellschaft. Doch wie sehen diese Auswirkungen konkret aus? Die umfassende Darstellung gibt praxisnahe Antworten. Blackout-Vorsorge in der Praxis Teil A beschreibt den Aufbau und die Risiken von Stromproduktion und Stromnetzen. Teil B fokussiert auf die Blackout-Vorsorge durch Versorger und Netzbetreiber. Teil C betrifft die Blackout-Vorsorge durch Kommunen sowie Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS). Teil D hat die Blackout-Vorsorge durch Wirtschaft und Unternehmen zum Thema. Umfassendes Expertenwissen Insgesamt 21 Expertinnen und Experten aus Kommunen, Behörden und der Wirtschaft haben ihr Wissen sowie ihre berufliche Erfahrung in das Werk eingebracht. Sie beleuchten die grundlegenden Zusammenhänge bei einem Blackout aus unterschiedlichen Perspektiven und analysieren die Risiken und die Folgewirkungen, mit denen wir uns deutlich intensiver beschäftigen müssen. Pflichtlektüre für Verantwortliche in Wirtschaft, Staat und Gesellschaft Entstanden ist eine in dieser Zusammensetzung einmalige praxisnahe Betrachtung des Themas »Blackout«. Sie will das Bewusstsein für die Thematik schärfen und mit konkreten Handlungsempfehlungen für Unternehmen und Behörden zur Problemlösung beitragen.

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Risiko Blackout

Krisenvorsorge für Wirtschaft, Behörden und Kommunen

herausgegeben von

Florian Haacke

Leiter Unternehmenssicherheit der Porsche AG

und

Dr. Christian Endreß

Geschäftsführer, Allianz für Sicherheit in der Wirtschaft West e.V.

mit Beiträgen von

Dr. Dirk Biermann

Veith Bosenbecker

Stephan Boy

Albrecht Broemme

Karolin Cortez Garcia

Dr. Christian Endreß

Paul Fröhlich

Prof. Frank Gillert

Anna Guerrero Lara

Claus Hodurek

Christian Kromberg

Hermann Kühne

Peter Lauwe

Ute Menski

Andy Matthias Müller

Eberhard Oehler

Dr. Adolf Schweer

Arne Schönbohm

Dr. Johannes Richert

Jan Seitz

Thomas Tschersich

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek | Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

01. Auflage, 2022

ISBN 978-3-415-07194-0

E-ISBN 978-3-415-07196-4

© 2022 Richard Boorberg Verlag

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Titelfoto: © Alexei Iwanow - stock.adobe.com | Satz: abavo GmbH, Nebelhornstraße 8, 86807 Buchloe | Druck und Bindung: LAUPP & GÖBEL GmbH, Robert-Bosch-Straße 42, 72810 Gomaringen

Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG | Scharrstraße 2 | 70563 Stuttgart

Stuttgart | München | Hannover | Berlin | Weimar | Dresden

www.boorberg.de

Vorwort

Die Funktionsfähigkeit und Stabilität der modernen Gesellschaft ist von einer funktionierenden Infrastruktur und Stromversorgung abhängig. Ein Stromausfall durchbricht dieses funktionierende System. Dabei sind die denkbaren Ursachen für einen Stromausfall nahezu grenzenlos – seien es Cyberangriffe auf die Versorgungsinfrastrukturen, Naturkatastrophen oder gezielte Sabotage.

In der jüngsten Vergangenheit kam es in Deutschland immer wieder zu lokalen Schadensereignissen und einhergehenden Ausfällen der Stromversorgung. Von einem langanhaltenden und flächendeckenden Stromausfall sind wir bislang glücklicherweise verschont geblieben. Doch das ist längst kein Anlass, sorgenfrei in die Zukunft zu blicken. Der Stromausfall im Ahrtal im Jahr 2021 infolge Starkregens hat klar aufgezeigt, wie schnell ein Extremwetterereignis Tausende Menschen für Wochen vom Strom und somit auch weitestgehend von der Außenwelt isolieren kann.

Ein langanhaltender und flächendeckender Stromausfall hätte massive Auswirkungen auf Wirtschaft, Staat und Gesellschaft. Doch wie sehen diese Auswirkungen konkret aus? Wie funktionieren das europäische Stromnetz und die -verteilung? Welche Interdependenzen bestehen zwischen den einzelnen Sektoren? Und vor allem: Wie sind die staatlichen Institutionen, die Bürgerinnen und Bürger sowie die Wirtschaft auf ein solches Szenario vorbereitet?

Diese Fragen möchten wir in dem vorliegenden Fachbuch aufgreifen und einen Diskussionsanstoß geben. Dazu kommen namhafte Experten aus Behörden, Hilfsorganisationen und Unternehmen zu Wort und setzen sich mit den unterschiedlichsten Facetten dieses komplexen Szenarios auseinander.

Es ist festzustellen: Bisherige Konzepte werden nicht ausreichen, wenn es zu einem großflächigen Blackout kommt. Ob rechtsstaatliche Maßnahmen dann noch funktionieren können, ist fraglich.

Wir müssen in einen Dialog eintreten und die Resilienz unserer Infrastrukturen und der Gesellschaft erhöhen. Sicherheit funktioniert nur gemeinsam. Ein Blackout ist das „Worst-case-Szenario“, das alle Bereiche des öffentlichen Lebens und der Gesellschaft erfasst. Nur wenn alle Akteure sich der gemeinschaftlichen Verantwortung bewusst werden, kann zukünftig einem solchen Szenario begegnet werden. Deutschland braucht ein grundsätzliches Umdenken in der Sicherheitspolitik und eine Neugestaltung der föderalen Sicherheitsarchitektur, um gerade auch bei Störungen der lebenswichtigen Infrastruktur handlungsfähig zu bleiben.

Lange Zeit wurde das Szenario Stromausfall (politisch) ignoriert und ausgeblendet. Mit diesem Band findet erstmals eine interdisziplinäre Betrachtung aus den relevanten Bereichen auf das Thema „Blackout“ statt. Insgesamt 21 erfahrene Experten aus Behörden und der Wirtschaft haben ihr Wissen sowie ihre berufliche Erfahrung in das Werk eingebracht. Sie ermöglichen es, die grundlegenden Zusammenhänge bei einem Blackout aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten und analysieren umfangreich die Risiken und die Folgewirkungen, mit denen wir uns deutlich intensiver beschäftigen müssen – und werden. Entstanden ist eine in dieser Zusammensetzung einmalige praxisnahe Betrachtung des Themas Blackout, die das Bewusstsein für die Thematik schärfen und mit konkreten Handlungsempfehlungen zur Problemlösung beitragen will.

Das vorliegende Handbuch gliedert sich, diesem Gedanken folgend, in vier Teile:

Teil A beschreibt den Aufbau und die Risiken von Stromproduktion und Stromnetzen.

Behandelt werden u.a. Stromausfall und Kaskadendefekte, Cyber-Security im Stromsektor sowie die Entstehung, Zielsetzung und Effekte des Europäischen Verbundnetzes.

Teil B fokussiert auf die Blackout-Vorsorge durch Versorger und Netzbetreiber.

Insbesondere das Krisenmanagement bei Übertragungsnetzbetreibern, die Vorsorge in Zusammenarbeit mit dem THW, Feuerwehren und öffentlichen Einrichtungen bei einem Blackout sowie die Cybersicherheit in der Energie- und Wasserwirtschaft stehen im Vordergrund.

Teil C betrifft die Blackout-Vorsorge durch Kommunen und Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS).

Im Fokus stehen die Prävention als Baustein einer kommunalen Resilienzstrategie, das kommunale Katastrophenmanagement, die Betrachtung des Stromausfalls aus polizeilicher Perspektive sowie die humanitären Folgen eines großflächigen Blackouts.

Teil D hat die Blackout-Vorsorge durch Wirtschaft und Unternehmen zum Thema.

Ausführlich werden die allgemeine Bedrohungslage für die deutsche Wirtschaft, die Notwendigkeit der Vorsorge durch die Unternehmen, die Auswirkungen eines massiven Stromausfalles auf Privathaushalte sowie auf die Lebensmittelversorgung, die Lieferketten und die Telekommunikation beschrieben.

Wir danken allen Autoren für die konstruktive Auseinandersetzung mit dem Thema „Blackout“ und die sehr gute Zusammenarbeit! An Stellen im Buch, wo geschlechtsneutrale Formulierungen aus Gründen der Lesbarkeit unterbleiben, sind ausdrücklich stets sämtliche Geschlechtsidentitäten angesprochen.

Die Herausgeber

Florian Haacke und Dr. Christian Endreß

Frühjahr 2022

Geleitwort: Der Stromausfall – Albtraum oder düsteres Szenario?

Ziel dieses Beitrags ist es, Betriebe zu motivieren, sich mit dem Thema „Stromausfall“ ernsthaft zu beschäftigen, bevor es zu spät ist.

Stromausfälle spielten vor der Elektrifizierung der Welt logischerweise keine Rolle. Meine Großmutter hatte zum Beispiel in der Küche mit dem Kohleofen einen „Eisschrank“, wie sie ihn zurecht nannte. Das war eine mit Zinkblech ausgeschlagene Kiste mit Deckel. Auf der linken und auf der rechten Seite war ein ebenfalls mit Zinkblech ausgeschlagenes Fach, wo genau eine Eisstange reinpasste. Diese Eisstangen wurden damals aus zugefrorenen Seen gewonnen und im Straßenverkauf angeboten, ich kann mich daran noch erinnern.

Generell begann die Elektrifizierung in Deutschland um 1880, zunächst mit Straßenlaternen, die heller leuchteten als Gaslaternen. Die ersten Elektroleitungen in Wohnungen waren umspannende Drähte, die anfangs in die Gasleitungen eingezogen wurden. Mit dem Strom als Energiequelle haben wir also seit 140 Jahren Erfahrungen, was immerhin ungefähr fünf Generationen entspricht.

Dank der Elektrifizierung konnte die industrielle Fertigung verbessert werden, weil die von einer Dampfmaschine produzierte Energie nicht mehr über Energie verzehrende Treibriemen auf die einzelnen Maschinen verteilt werden musste, sondern mit Elektromotoren dort produziert wurde, wo sie auch verbraucht wurde.

Ein Leben ohne elektrischen Strom ist heute nicht mehr vorstellbar. Umso mehr stellt sich die Frage, wie wir uns auf Stromausfälle vorbereiten – oder ist dies eigentlich überflüssig?

Tatsächlich gibt es landauf, landab viele kleine Stromunterbrechungen, die im Bereich von zehn bis 30 Minuten andauern. Früher bemerkte man diese Unterbrechungen daran, dass frequenzgesteuerte Digitaluhren die falsche Uhrzeit anzeigten. Für viele Verbraucher kommt es nicht darauf an, in jeder Sekunde mit Strom versorgt zu werden. Bei Computern kann jedoch auch ein kurzfristiger Stromausfall zum Festplattencrash führen. Dieses Risiko wird an vielen Stellen hingenommen oder es wird darüber hinweggesehen. Wie so oft führt erst ein eingetretener Schaden dazu nachzudenken, wie man diesen hätte verhindern können.

Das Thema „Vorbereitungen für einen Stromausfall“ ist also nicht nur eine Frage von Kosten, sondern vor allem die Frage, das Thema wahrzunehmen und ernst zu nehmen.

In Betrieben gibt es heute vermutlich keine Geräte mehr, die Stromausfälle unbeschadet überstehen. Insofern ist es zwingend erforderlich, auch kurze Stromunterbrechungen schadlos zu überstehen, indem an den richtigen Stellen Energiepuffer vorhanden sind. Das gilt zum Beispiel für Server und andere Geräte mit Elementen der elektronischen Datenverarbeitung im weitesten Sinne. Es ist unkritisch, höchstens ärgerlich, wenn eine Kaffeemaschine ausfällt oder ein Mixer vorübergehend nicht benutzt werden kann. Ohne Puffer versagt aber auch das Telefon, seitdem Voice Over IP das analoge Telefonieren über den Kupferdraht abgelöst hat.

Eine Bandsäge in einer Schreinerei läuft nicht, wenn kein Strom vorhanden ist. Eine NC-gesteuerte Fräse kann bei Stromausfall beim Auslaufen Schäden verursachen und selber Schaden nehmen. Dies verhindert ein kleiner Akku, der ein paar Minuten überbrückt.

Erstes Fazit: Kurze Stromausfälle sind nicht selten und können ohne technische Maßnahmen große Schäden verursachen.

Doch was passiert, wenn ein Stromausfall nicht nur einige Minuten, sondern einige Stunden lang anhält? Derartige Stromausfälle passieren in Deutschland einige Mal pro Jahr. Die Ursachen sind meistens Kabelschäden bei Tiefbauarbeiten oder Folge von Bränden, meist durch vorsätzliche Brandstiftung.

Die mehrstündigen Stromausfälle sind meistens regional begrenzt, wie zum Beispiel in Lübeck und Berlin-Köpenick (2019) sowie im Münchener Osten (2021).

Wichtig: Stromausfälle zeigen zwei verhängnisvolle Effekte: Zum einen den Dominoeffekt, zum anderen den Kaskadeneffekt.

Unter dem Dominoeffekt versteht man Kettenreaktionen, die infolge eines Ereignisses – hier eines Stromausfalls – weitere Bereiche in Mitleidenschaft ziehen. Wenn zum Beispiel die über die Telefonanlage gesteuerte Türöffnung mit Kameraüberwachung ausfällt, kann eine Tür nur noch durch Betätigung der Türklinke geöffnet werden – man weiß aber nicht, wer davor steht. Ebenso wenig lässt sich dann weder die Schranke an der Zufahrt zum Betriebsgelände noch das Rolltor öffnen. Wenn hier kein Handbetrieb vorgesehen (und auch geübt!) wurde, können LKW das Gelände weder verlassen noch in das Gelände einfahren. Ein Dominoeffekt kann auch das vorsorgliche Auslösen von Alarmanlagen sein, die dann einen echten Alarm nicht mehr erkennen können. Auch dies kann von Kriminellen so initiiert sein.

Noch problematischer ist der Kaskadeneffekt, auch als Lawineneffekt bezeichnet. Diese beiden Begriffe weisen darauf hin, dass eine relativ kleine Ursache enorme Auswirkungen haben kann. Der mehrstündige Stromausfall in Lübeck führte dazu, dass das städtische Telefonnetz sofort ausfiel, da es über keine Notstromversorgung verfügte. Ebenso fielen die Verkehrsampeln aus, weil deren Steuerung über das städtische Telefonnetz blockiert war. Der Stromausfall führte auch zu einer Fehlfunktion beim digitalen Funknetz von Feuerwehr und Polizei. Die sofortige Behebung eines Schaltfehlers in einer Funkzelle des Digitalfunks scheiterte daran, dass der Fachmann im Verkehrschaos hoffnungslos stecken blieb (siehe ausgefallene Ampeln). Nach etwa einer Stunde fielen die Handy-Netze aus. Und Lebensmittelgeschäfte begannen klugerweise damit, Tiefkühlkost zu verschenken, weil sie sonst verderben würde und entsorgt werden müsste. Dieser Fall zeigt anschaulich einige Beispiele für den Kaskadeneffekt.

Zweites Fazit:Um Kettenreaktionen und Lawineneffekte zu vermeiden, sind technische Maßnahmen und organisatorische Vorkehrungen erforderlich. Es handelt sich also um Investitionen, deren Sinnhaftigkeit dann sichtbar wird, wenn bei einem Stromausfall die Auswirkungen gering bleiben.

Der klassische Grundsatz ist eine netzunabhängige Notstromversorgung, die die wichtigsten Verbraucher mit Strom versorgt. Dies erfordert in der Regel ein innerbetriebliches getrennt geführtes Netz für alle Geräte, die über Akkus, Kondensatoren, Ersatzstromanlagen oder Notstromaggregate jederzeit mit Strom versorgt werden. Bei „Stromfressern“ ist besonders zu prüfen, ob sie die Notstrom-Versorgung belasten müssen oder nicht. In Krankenhäusernsind Bereiche mit hohem Stromverbrauch die Operationsbereiche, die Intensivstationen sowie Aufzüge. OPs müssen mindestens insoweit mit Strom versorgt werden, als dass Operationen geordnet zu Ende geführt werden können. Personenaufzüge müssen zumindest das nächste Geschoss erreichen. Feuerwehraufzüge müssen selbstverständlich immer funktionieren. Der richtigen Dimensionierung einer Ersatzstromanlage kommt daher eine große Bedeutung zu. Bei baulichen oder betrieblichen Veränderungen, also auch neuen Geräten, muss diese Dimensionierung immer wieder überprüft werden. Erfahrungsgemäß steigt der Strombedarf immens.

Drittes Fazit: Organisatorische Maßnahmen kosten wenig Geld, dafür mehr Denkvermögen.

Beispiel Handlungsempfehlung für Mitarbeiter bei Stromausfall: Ein gutes Beispiel sind verbindliche Festlegungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Krisenstäben, die bei Stromausfall möglicherweise nicht mehr zu erreichen sind. Empfehlenswert ist für diesen Fall die Festlegung: Sofern Sie einen Stromausfall bemerken und Ihr Handy und Telefon tot sind, begeben Sie sich unaufgefordert und unverzüglich zu folgender Adresse: … Selbstverständlich muss diese Adresse auch bei Stromausfall erreichbar sein – siehe elektrisch betriebene Tore, Sicherheitsschleusen und so weiter. Ohne eine derartige Festlegung bleibt es dem Zufall überlassen, wie einzelne Mitarbeiter in so einer Ausnahmesituation reagieren und vor allem agieren. Werke mit Betriebsfeuerwehr können für wichtige Transporte natürlich auch Einsatz-Fahrzeuge mit Sonderrechten einsetzen. Auf die Polizei kann man in solchen Fällen nicht verlässlich setzen, da diese durch ausgelöste Alarmanlagen, ausgefallene Verkehrsampeln und andere Vorkommnisse bereits sehr viel zu tun hat.

Doch was passiert bei einem Stromausfall über mehrere Tage und in einer Region Deutschlands oder Europas? In diesem Fall spricht man von Blackout. Wer sich so etwas noch nicht vorstellen kann, dem ist die Lektüre des vorliegenden Buches „Risiko Blackout“, herausgegeben von Florian Haacke und Dr. Christian Endreß, empfohlen.

Zweifellos ist die Stromversorgung in Europa hochwertig und nahezu unterbrechungsfrei sichergestellt. Diese Sicherstellung hing aber bereits mehrfach am „seidenen Faden.“ Ein Grund sind die immer größeren Herausforderungen für die Betreiber der oberen Netze infolge der kaum steuerbaren erneuerbaren Energien. Ein weiteres Szenario sind gezielte Terroranschläge auf kritische Knotenpunkte der Energieversorgung, wo allein die Beschaffung von Ersatzgeräten mehrere Monate dauern kann. Diese Ausführungen beantworten die Frage, die oft gestellt wird, ob man sich denn auf einen Blackout vorbereiten müsse. Die Antwort lautet: „Ja“, sofern der Bereich zur kritischen Infrastruktur einschließlich deren Lieferanten gehört oder die Unternehmensziele den Anspruch auf eine unterbrechungsfreie Versorgung umfassen.

Es gibt Betriebe, die neben einer unterbrechungsfreien Notstromversorgung auch Trinkwasser, Verpflegung und Schlafmöglichkeiten für die „Kernmannschaft“ gewährleisten müssen, da diese auch bei Krisen handlungsfähig bleiben muss – Resilienz auf hohem Niveau.

Es ist zum Beispiel zu kurz gedacht, sich auf ein vorhandenes Notstromaggregat zu verlassen, welches nie regelmäßig überprüft wird und nicht mindestens einmal pro Jahr einen mindestens einstündigen Dauerbetrieb besteht. Und irgendwann einmal wird der Kraftstoffbehälter des Notstromaggregats leer – es muss nachbetankt werden. Eine weit verbreitete, irrige Meinung ist, dass man dann sein Vertragsunternehmen anruft, um neuen Kraftstoff zu bestellen. Zum einen funktioniert beim Blackout kein Telefon mehr, zum anderen können Betankungen nur dort durchgeführt werden, wo sie mit einer Notstromversorgung abgesichert sind. In der Regel können zum Beispiel keine Tankstellen ohne Internetverbindung zum Headquarter Kraftstoffe zapfen, selbst wenn sie eine eigene Notstromeinspeisung hätte. Es ist daher erforderlich, bei der Planung des Kraftstoffnachschubs auch diese Umstände genau zu hinterfragen und einzuplanen. Ansonsten laufen alle mühsamen Vorbereitungen ins Leere.

Die Vorbereitungen auf einen Blackout gelingen nur gemeinsam im Verbund. Für die Wirtschaft bieten sich hier die Industrie und Handelskammern sowie die Handwerkskammern an, die sich mit diesen Themen befassen.

Viertes Fazit

Es gibt keine Prognose, in welchem Umfang in räumlicher oder zeitlicher Hinsicht ein Blackout eintritt. Es ist kaum machbar, alle möglichen Folgen zu begrenzen. Zumindest aber sollten sich die Verantwortlichen mit diesen Fragen beschäftigen.

Albrecht Broemme, Vorstandsvorsitzender Zukunftsforum öffentliche Sicherheit e.V. und Präsident a.D. THW

Herausgeber und Autoren

Herausgeber

Florian Haacke, geb. 1972, seit 2020 Sicherheitschef der Porsche AG, 2013 bis Ende 2019 Leiter Konzernsicherheit der RWE AG und nach Konzernsplit Sicherheitschef der innogy SE. Von 2007 bis 2013 Leiter Konzernsicherheit der METRO AG und von 2000 bis 2007 in verschiedenen Sicherheits-Führungspositionen bei der Deutsche Post AG. Masterabschluss in Security & Risk Management der University of Leicester (UK) und 2016 Teilnahme am Führungskräfteseminar der Bundesakademie für Sicherheitspolitik.

Stabsoffizier der Reserve im Kommando Cyber- und Informationsraum der Bundeswehr und zuvor viele Jahre in der Division Spezielle Operationen sowie dem Divisionsstab der Division Schnelle Kräfte tätig.

Ehrenamtlich von 2007 bis 2019 Mitglied des Vorstandes in der Allianz für Sicherheit in der Wirtschaft NRW e.V., von 2014 bis 2018 Vorstandsvorsitzender. Von 2019 bis 2020 zudem Mitglied des Vorstandes im European Energy - Information Sharing & Analysis Centre (EE-ISAC). Mitglied des Beirates der Universität (Bundeswehr) München zum Begleitforschungsprojekt IT-Sicherheit in kritischen Infrastrukturen und Mitglied des BDI-Arbeitskreises Cybersicherheit & Wirtschaftsschutz. Zudem Mitglied der Bundesarbeitsgruppe Cybersicherheit des Wirtschaftsrat Deutschland e.V. An der Frankfurt School of Finance & Management und der European Business School seit vielen Jahren als Dozent für das Thema „Strategische Steuerung von Konzern-Sicherheitsorganisationen“ tätig. Seit 2007 Herausgeber des Online-Sicherheitsportals www.sicherheitsmelder.de des Richard-Boorberg-Verlages. Vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Cybersecurity Leader Award (2019), dem Outstanding Security Performance Award (2015 und 2019), dem CSO50 Award (2018 und 2019) und dem Security Innovation Award (2018). Als erster deutscher Sicherheitsmanager wurde er 2016 in die „Most Influential People in Security“ gewählt.

Dr. Christian Endreß, geb. 1980, Geschäftsführer der Allianz für Sicherheit in der Wirtschaft West e. V. und des ASW Bundesverbands. Zudem ist er Vorstand der Akademie für Sicherheit in der Wirtschaft AG. Nach Tätigkeiten für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben arbeitete und promovierte er von 2009 bis 2012 am Lehrstuhl für Sicherheitsforschung der Universität Witten/Herdecke und war im Anschluss für die Privatwirtschaft tätig. Er ist Autor und Herausgeber zahlreicher Fachpublikationen sowie Lehrbeauftragter an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung des Landes NRW im Bereich Polizei.

Autoren

Dr. Dirk Biermann, geb. 1969, ist seit 1. April 2012 Geschäftsführer bei der 50Hertz Transmission GmbH und verantwortlich für Märkte und Systembetrieb. Zuvor war er als Prokurist und Leiter des Energy Management bei 50Hertz tätig, verantwortlich u.a. für Marktdesign, Engpassmanagement, Systemdienstleistungen und Erneuerbare Energien. Nach seiner Promotion an der RWTH Aachen stieg Dirk Biermann 1999 bei der damaligen VEAG ein und wechselte 2002 zur Vattenfall Europe AG, wo er ab 2004 eine leitende Position im Bereich Strategie Netze innehatte.

Herr Dr. Dirk Biermann ist Mitglied des Vorstands der ENTSO-E, des VDE FNN und des BDEW Berlin/Brandenburg. Er ist ferner Aufsichtsratsmitglied der EEX in Leipzig und der TSCNET in München sowie in den Boards der Coreso und der EGI in Brüssel

Veith Bosenbecker, geb. 1982, Branddirektor, Abteilungsleiter Bevölkerungsschutz Branddirektion Frankfurt am Main. Ausbildung zum höheren feuerwehrtechnischen Dienst am Institut der Feuerwehr in Münster. Masterstudium Sicherheit und Gefahrenabwehr, Diplomstudium Maschinenbau. Ehrenamtliche Tätigkeit als Vorsitzender des Fachausschuss Katastrophenschutz des Landesfeuerwehrverbandes Hessen, Mitglied im gemeinsamen Fachausschuss Zivil- und Katastrophenschutz von AGBF Bund und DFV.

Albrecht Broemme, geb. 1953, Vorstandsvorsitzender des Zukunftsforums Öffentliche Sicherheit (ZÖS) e.V. und Präsident a.D. des Technischen Hilfswerks. 1977 Abschluss Dipl.-Ing. in Elektrotechnik an der Technischen Hochschule Darmstadt. Zweites Staatsexamen für den höheren feuerwehrtechnischen Dienst (Brandassessor) 1979. Danach Brandrat, Oberbrandrat und Branddirektor in Berlin und Landesbranddirektor/ Leiter der Berliner Feuerwehr. In den Jahren 2006 bis 2019 Präsident der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW). Von März bis Oktober 2016 Sonderbeauftragter der Bundesregierung zur Umsetzung der Erklärung der Europäischen Union mit der Türkei zu Migration. Seit 2020 Ehrenpräsident des THW.

Stephan Boy, geb. 1970, Leiter integriertes sektorenübergreifendesSicherheitsmanagement bei Berlin Energie, Eigenbetrieb von Berlin.Zuvor war er Geschäftsführer der Kompetenzzentrum Kritische Infrastrukturen GmbH und Vorstand und Geschäftsführer des KKI e. V. Davor 12 Jahre im GASG-Konzern in verschiedenen Leitungsfunktionen der Erdgasversorgung in Berlin und großen Teilen von Brandenburg. Studium an der TU Berlin mit dem Abschluss Dipl. Ing. Bergbau. Nach seiner Tätigkeit als Bauleiter im Schildvortrieb der U5 unter dem Brandenburger Tor Regierungsbrandreferendar des Innenministeriums Baden-Württemberg. Er hospitierte bei der Branddirektion Stuttgart, der Berufsfeuerwehr Hannover, wo er u. a. das Schulungskonzept für den Massenfall von Verletzen für die Expo 2000 erstellte. Im Anschluss bei der Berufsfeuerwehr Hamburg, der Branddirektion Karlsruhe und der Senatsverwaltung für Inneres und Sport in Berlin. Er schloss die Ausbildung erfolgreich als Brandassessor ab. Seit 9 Jahren Mitglied im Gesamt- und Geschäftsführenden Vorstand des Zukunftsforums öffentliche Sicherheit im Deutschen Bundestag. Er begleitet als Fachexperte verschiedene Forschungsprojekte und ist seit 1988 Angehöriger Berliner Feuerwehr in der Einsatzabteilung der Freiwilligen Feuerwehr Frohnau aktiv tätig, welche er für rund zehn Jahre leitete.

Karolin Cortez Garcia (M.Sc.), geb. 1989, war seit 2015 an der Freien Universität Berlin (AG Interdisziplinäre Sicherheitsforschung) in der Sicherheitsforschung sowie an der Fachhochschule Münster (Kompetenzzentrum Humanitäre Hilfe) tätig. Der Schwerpunkt lag vorwiegend auf der Sicherung der Lebensmittelversorgung in nationalen und internationalen Krisen- und Katastrophenlagen sowie der Kommunikation von Lageinformationen im internationalen Vergleich. Aktuell ist Karolin Cortez Garcia als Lehrkraft tätig.

Paul Fröhlich, geb. 1977, Leiter der Stabssachbereichsgruppe „ausgewählte Sofortlagen“ der Polizei Berlin, Diplom-Verwaltungswirt (FH). 25 Dienstjahre bei der Polizei Berlin mit verschiedenen Verwendungen u. a. Krisenstab COVID-19, Katastrophen-/Zivilschutz, Lagezentrum sowie planerische und operative Tätigkeiten. Führungsstabseinsätze (u. a. am 19.02.2019 anlässlich des Stromausfalls in Berlin-Köpenick). Mitwirken an Arbeits- und Projektgruppen im Bevölkerungsschutz. Teilnahme am „Europäischen Verwaltungsmitarbeiter-Austausch 2017“ in Schweden und am „Senior Course on Crisis Management and Civil Emergency Planning“ 2019 an der Swedish Defence University. Lehrbeauftragter an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin.

Frank Gillert, geb. 1963, hält seit 2008 eine Professur für Logistikmanagement an der Technischen Hochschule Wildau und leitet die Forschungsgruppe Sichere Objektidentität. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der logistikzentrierten Sicherheitsforschung, u. a. im Rahmen des BMBF-Forschungsprogramms „Zivile Sicherheit“ sowie den Themen AutoID/RFID, Digitalisierung und Industrie 4.0. Zuvor war er in verschiedenen Managementfunktionen u. a. bei der Infineon AG tätig. Frank Gillert ist zudem Vorstandsvorsitzender des LNBB | Logistiknetz Berlin-Brandenburg e. V. und Mitglied des wissenschaftlichen Beirates des Forschungsforums Öffentliche Sicherheit an der FU Berlin sowie Mitglied im Zukunftsforum Öffentliche Sicherheit am Bundestag e. V.

Anna Guerrero Lara (M.Sc.), geb. 1987, war seit 2015 an der Fachhochschule Münster (Kompetenzzentrum Humanitäre Hilfe) sowie der Freien Universität Berlin (AG Interdisziplinäre Sicherheitsforschung) in der Sicherheitsforschung tätig. Im Fokus standen dabei insbesondere Fragen zur Sicherung der Lebensmittelversorgung in nationalen und internationalen Krisen- und Katastrophenlagen sowie die Weiterentwicklung der Aus- und Fortbildung im Bevölkerungsschutz. Aktuell ist Anna Guerrero Lara als Bundeskoordinatorin für den Bereich Globales Lernen in der Arbeitsgemeinschaft der Eine Welt-Landesnetzwerke tätig.

Claus Hodurek, geb. 1959, Senior Manager Energiewirtschaft bei 50Hertz in Berlin. Studium der Elektrotechnik an der Technischen Hochschule Leipzig. Seit 1985 in der Energiewirtschaft (Staatliche Hauptlastverteilung beim Ministerium für Kohle und Energie der DDR, Vereinigte Energiewerke AG, Vattenfall Europe Transmission GmbH, 50Hertz Transmission GmbH) in verschiedenen Funktionen aktiv an der technischen und vertraglich-organisatorischen Ausgestaltung des Regelleistungsmarktes, der Integration Erneuerbarer Energien in die Stromversorgung und der wettbewerblichen Beschaffung von Netzverlusten und Systemdienstleistungen beteiligt.

Christian Kromberg, geb. 1966, Beigeordneter der Stadt Essen und verantwortet die Bereiche Recht, öffentliche Sicherheit und Ordnung. Er studierte Rechtswissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum (1. Staatsexamen) und Sicherheitsmanagement an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin (M.A). Sein Rechtsreferendariat absolvierte er am Landgericht Essen (2. Staatsexamen). Bezogen auf das Themenfeld „ öffentliche Sicherheit“ gehört er dem Gesprächskreis Innere Sicherheit NRW und dem Executive Committee des Europäischen Forums für Urbane Sicherheit (EFUS) an und ist Vorsitzender des Deutsch Europäischen Forums für Urbane Sicherheit (DEFUS). Außerdem war er Mitglied der Regierungskommission „Mehr Sicherheit für Nordrhein-Westfalen“.

Hermann Kühne, geb. 1963, Leiter Unternehmenssicherheit Berliner Wasserbetriebe, Kaufmännischer Leiter Clemens Kleine GmbH, Geschäftsführer hc house of consulting, Geschäftsführer sydios it.solutions GmbH, Personalmanager Versorgungsunternehmen – Mitglied des Vorstandes des Verbands für Sicherheit in der Wirtschaft Berlin-Brandenburg (VSW BB), Beirat im Verband für Sicherheitstechnik e. V. (VfS) – Security Manager (EBS), Diplom Betriebswirt (VWA).

Peter Lauwe, geb 1970, seit 2008 Leiter Referat II.4 „Risikomanagement KRITIS, Schutzkonzepte, Wassersicherstellung“, Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Seit 2004 Mitarbeiter im Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Davor mehrere Jahre tätig in den USA und als Projektingenieur in Deutschland. Bauingenieurstudium an der TU Darmstadt und am University College of London. Alumnus des Seminars für Sicherheitspolitik an der Bundesakademie für Sicherheitspolitik, 2011.

Ute Menski (Dipl.-Oecotroph., M.Sc.), geb. 1977, war seit 2011 an der Freien Universität Berlin (AG Interdisziplinäre Sicherheitsforschung) mit den Forschungsschwerpunkten der Sicherung der Lebensmittelversorgung in Deutschland im Krisenfall und der Resilienz von Einsatzkräften tätig. Aktuell ist Ute Menski als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Kühne Logistics University in Hamburg tätig.

Andy Matthias Müller, geb. 1978, von 1998 bis 2003 Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Leipzig. Von 2003–2005 absolvierte er sein Referendariat mit Stationen in Chemnitz, Leipzig und Hong Kong. 2006 absolvierte er sein MBA-Aufbaustudium und begann gleichzeitig, bei PwC Tax&Legal in Dresden zu arbeiten. Seit 2007 ist er als Rechtsanwalt zugelassen und war von 2007 bis 2009 als Berater und Rechtsanwalt bei PwC Advisory in Frankfurt/M und Dresden tätig. Von 2009 bis 2011 folgte eine Station als Rechtsanwalt für PwC LEGAL in Berlin. 2011 wechselte er als CSO / Gesamtverantwortlicher für Unternehmenssicherheit und Krisenmanagement zum Strom-Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz. Seit 2018 verantwortet er als Geschäftsführer das Deutschlandgeschäft der Securitas Aviation. 2020 wurde er zum Vizepräsidenten des Bundesverbandes der Luftsicherheitsunternehmen BDLS gewählt und ist Mitglied der Tarifkommission des BDLS.

Eberhard Oehler, geb. 1955, EO Consulting, Ketsch. Studium der Elektrotechnik an der „Hochschule für Technik“ in Karlsruhe. Bis 31.12.2020 Geschäftsführer der Stadtwerke Ettlingen GmbH und der SWE Netz GmbH. Verschiedene Auslandsengagement im Bereich der Wasserwirtschaft, u. a. in Afghanistan und seit Februar 2021 in Zambia. Davor Technischer Werkleiter der Stadtwerke Hockenheim. Weitere Tätigkeiten und Funktionen, z. B. Lehrbeauftragter an der DHBW Mannheim, Fachbereich Versorgungswirtschaft, AR-Vorsitzender der TelemaxX Telekommunikation GmbH sowie der Alba Baugenossenschaft, AR bei den Stadtwerken Bad Herrenalb sowie der BürgerEnergiegenossenschaft Region Karlsruhe eG, Sprecher im Konstortialbeirat EnBW Baltic 1 und Beirat DVGW Akademie, Mitglied Vollversammlung IHK Karlsruhe. Referent im Themenbereich „Cybercrime“.

Dr. Johannes Richert, geb. 1955, im Ruhestand seit Juni 2021, zuvor Stellvertreter des Generalsekretärs des DRK (2015–21), Bereichsleiter „Nationale Hilfsgesellschaft /Internationale Zusammenarbeit“ (2001–2021), Leiter für Internationale Zusammenarbeit (1997–2001), Referent für Internationale Zusammenarbeit im DRK- Generalsekretariat (1991–1997), Delegationsleiter des Internationalen Roten Kreuzes (IKRK) im Kaukasus (1988–1991), Lehrbeauftragter im DRK-Generalsekretariat (1984–1988). Davor verschiedene wissenschaftliche Tätigkeiten an den Universitäten von Leningrad, Erlangen, München (1980–1983), Abschluss Studium der Slawistik, Volkswirtschaft u. Neueren Geschichte (1975–1980). Weitere Positionen und Mitgliedschaften bis zum Ruhestand: Geschäftsführer der DRK- Stiftung Rotkreuz- Auslandshilfe, Geschäftsführer der DRK-Stiftung Zukunft für Menschlichkeit, Mitglied im Zukunftsforum Öffentliche Sicherheit, Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat des Institutes IFHV der Universität Bochum, verschiedene Dozententätigkeiten, u. a. NOHA-Studiengang Uni Bochum.

Arne Schönbohm, geb. 1969, hat am 18. Februar 2016 sein Amt als Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) angetreten. Der gebürtige Hamburger Arne Schönbohm studierte Internationales Management in Dortmund, London und Taipeh und ist seit mehr als zehn Jahren in führenden Positionen im Bereich der IT-Sicherheit tätig. Bevor er 2008 Vorstandsvorsitzender der BSS BuCET Shared Services AG (BSS AG) wurde, einem Unternehmen, das sich unter anderem der Beratung auf dem Feld der Cyber-Sicherheit verschrieben hat, war Schönbohm in verschiedenen Positionen für EADS tätig. Zuletzt war er dort Vizepräsident für Commercial und Defence Solutions. Seine 13-jährige Industriekarriere begann der Diplom-Betriebswirt als Trainee in der zentralen Nachwuchsgruppe bei DaimlerChrysler Aerospace in München. Darüber hinaus arbeitete Schönbohm als Sicherheitsexperte und Berater verschiedener politischer Entscheidungsträger auf Bundes- und Landesebene, so war er unter anderem Mitglied der Cyber Security Coordination Group der EU. Schönbohm ist Autor diverser Bücher, darunter auch „Deutschlands Sicherheit – Cybercrime und Cyberwar (2011)“.

Dr. -Ing. Adolf Schweer, geb. 1959, war von 2009 bis 2020 Geschäftsführer der Mitnetz Strom und der Mitnetz Gas. Seit 2011 ist er Vorsitzender des Vorstandes der Landesvereinigung Sachsen – Thüringen des Technischen Hilfswerkes THW, sowie im Präsidium der Bundesvereinigung THW und im Kuratorium der Stiftung THW. Davor war er von 1991 bis 2009 in verschiedenen leitenden Funktionen im Netzbereich der RWE AG tätig. Langjähriges Engagement als Vorsitzender DK CIRED (intern. Organisation für Verteilungsnetze), des technischen Komitees der CIRED von 2001 bis 2005, Leiter des technischen Komitees der CIRED, von 2005 bis 2007 Präsident der CIRED. Engagement bei CIGRE als Convener der WG37–23 Dispersed Generation, sowie bei Unipede. Studium der Elektrotechnik an der RWTH Aachen, und Promotion an der RWTH Aachen.

Jan Seitz, M.Eng., geb. 1987, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Technischen Hochschule Wildau unter Prof. Frank Gillert. Er forscht seit 2012 in verschiedenen Projekten der zivilen Sicherheit zu den Schwerpunkten Resilienz und Sicherheit. In dieser Rolle verantwortete er bspw. im Projekt NeuENV („Neue Strategien der Ernährungsnotfallvorsorge“, BMBF, 2012–15) die Untersuchungen zur Resilienz der Lebensmittelkette im Krisenfall (Szenarien: Pandemie, mehrtägiger Blackout durch Schneesturm). Er ist zudem Mitglied diverser Normungsgremien, u. a. in den Themenbereichen Business Continuity Management und zivile Sicherheit.

Thomas Tschersich, geb. 1969, ist Chief Security Officer der Deutsche Telekom AG, sowie Geschäftsführer und CTO der Deutschen Telekom Security GmbH. Nach dem Studium der elektrischen Energietechnik war Tschersich zunächst im Bereich der IT-Netzplanung tätig. Seit 1998 ist er in unterschiedlichen Rollen der IT-Sicherheit in den verschiedenen Konzerneinheiten der Deutschen Telekom Gruppe. Hinzu kommt seine ehrenamtliche Tätigkeit als Vorsitzender des Vorstandes von Deutschland sicher im Netz, Mitglied im UP-Kritis Rat und Vertreter des UP-Kritis im nationalen Cybersicherheitsrat, sowie Vorsitzender des Kuratoriums des Fraunhofer FKIE. Zudem weist er langjährige Tätigkeiten in diversen Verbänden, u. a. als Vorsitzender im Bitkom LA Sicherheit und als beratende Funktion für Regierungen auf.

Inhaltsverzeichnis

Cover

Titel

Impressum

Vorwort

Geleitwort: Der Stromausfall – Albtraum oder düsteres Szenario?

Herausgeber und Autoren

Inhalt

Teil A: Aufbau und Risiken von Stromproduktion und Stromnetzen

1. Stromausfall und Kaskadendefekte

1.1 Einleitung

1.2 Festlegung von Schutzgütern

1.3 Analyse der kommunalen Gegebenheiten

1.4 Sonderplan Stromausfall

2. Cyber-Security im Stromsektor

2.1 Risikoarten und Bedrohungsszenarien

2.2 Sicherheitsrelevanz des Stromsektors

2.3 Akteure in der Stromversorgung und deren Aufgaben

2.4 Rechtliche Grundlagen

2.5 Folgen eines Stromausfalls

2.6 Prävention

2.7 Detektion

2.8 Reaktion

3. Entstehung, Zielsetzung und Effekte des Europäischen Verbundnetzes

3.1 Kontinentaleuropa mit dem weltgrößten Stromverbund

3.2 Tiefgreifende Systemtransformation durch Strommarkt und Erneuerbare Energien

3.3 Systemsicherheit durch Resilienz und Koordination

3.4 Dezentralisierung und Digitalisierung im europäischen Verbund

Teil B: Blackout-Vorsorge durch Versorger und Netzbetreiber

1. Krisenmanagement bei Übertragungsnetzbetreibern

1.1 Alarmierung

1.2 Personelle Maßnahmen

1.3 Kommunikation

1.4 Pandemiekonzepte

1.5 Bevorratung

1.6 Zusammenfassung

2. Wasser und Abwasser im Blackout und Wege zur Resilienz

2.1 Einleitung

2.2 Ein Blick in das System der Wasser- und Abwasserwirtschaft

2.3 Folgen eines Blackouts

2.4 Ganzheitlicher Resilienzansatz

2.5 Fazit

3. Vorsorge der Netzbetreiber in Zusammenarbeit mit THW, Feuerwehren und öffentlichen Einrichtungen

3.1 Motivation eines Netzbetreibers zur Krisenvorsorge

3.2 Kooperation zwischen Netzbetreiber und nichtpolizeilicher Gefahrenabwehr

3.3 Grundvoraussetzungen zum Wiederaufbau des Stromnetzes

3.4 Treibstoffversorgung

3.5 Kommunikation während großflächigen Störungen

3.6 Ausblick

4. Cybersicherheit in der Energie- und Wasserwirtschaft

4.1 Ausgangslage

4.2 Bestandsaufnahme

4.3 Resultate und Konsequenzen aus dem Angriff durch Felix Lindner (FX)

4.4 Cybersicherheit in der Tagesarbeit

Teil C: Blackout-Vorsorge durch Kommunen und Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) (inkl. Krisenmanagement)

1. Vorsorge für den Stromausfall als Baustein einer kommunalen Resilienzstrategie

1.1 Einführung

1.2 Ziele einer kommunalen Resilienzstrategie

1.3 Maßnahmen im Integrierten Risiko- und Krisenmanagement

1.4 Kommunaler Notfallplan Stromausfall

1.5 Fazit

2. Kommunales Katastrophenmanagement

2.1 Einleitung

2.2 Der Katastrophenschutz im Staatsaufbau

2.3 SWOT-Analyse

2.4 Fazit

3. Stromausfall und Blackout aus der polizeilichen Perspektive

3.1 Einordnung

3.2 Aufgaben der Polizei

3.3 Wesentliche polizeiliche Maßnahmen

3.4 Die Lage am 19./20. Februar 2019 in Berlin-Köpenick

3.5 Resümee

4. Blackout-Vorsorge durch Kommunen und BOS

4.1 Die Sicht der Feuerwehr

4.2 Krisenorganisation der Feuerwehren

4.3 Aufgaben der Feuerwehren nach Ereigniseintritt

4.4 Anlaufstellen für die Bevölkerung

4.5 Besonderes Einsatzaufkommen für Feuerwehren

4.6 Resilienz der Feuerwehren bei einem Blackout

5. Blackout – eine humanitäre Bedrohung

5.1 Ausgangssituation

5.2 Katastrophenvorsorge

5.3 Vulnerable Gruppen

5.4 Kritische Infrastruktur neu denken

Teil D: Blackout-Vorsorge durch Wirtschaft und Unternehmen (inkl. Krisenmanagement)

1. Auswirkungen auf die Wirtschaft und Vorsorge durch die Unternehmen

1.1 Allgemeine Bedrohungslage für die deutsche Wirtschaft

1.2 Konzernsicherheit im Gefüge der Inneren Sicherheit

1.3 Risiko Blackout

1.4 Handlungsbedarf für Staat und Wirtschaft

2. Stromausfall – wie gut sind Sie vorbereitet? Auswirkungen eines massiven Stromausfalls auf Privathaushalte am Beispiel der Lebensmittelversorgung

2.1 Einleitung

2.2 Risikowahrnehmung der Bevölkerung

2.3 Auswirkungen auf Privathaushalte

2.4 Privathaushalte ohne Strom – für den Notfall vorgesorgt?

2.5 Ausblick

3. Auswirkungen auf die Lieferkette

3.1 Sichere Lieferkette

3.2 Fazit Lieferkettenstruktur

3.3 Grundlagen der Resilienz

3.4 Normen und Standards

3.5 Bedeutung von Resilienz

3.6 Konkrete Betrachtungen für den Blackout

3.7 Fazit

4. Auswirkungen auf die Telekommunikation

4.1 Festnetz

4.2 Mobilfunk

4.3 Resilienz in der Telekommunikation

4.4 Fazit

Stichwortverzeichnis

Teil A:Aufbau und Risiken von Stromproduktion und Stromnetzen

1. Stromausfall und Kaskadendefekte

Stephan Boy, Stabsleiter Integriertes Sicherheitsmanagement Ass. Dipl. Ing. BEN Berlin Energie und Netzholding GmbH

1.1Einleitung

„Die Wahrscheinlichkeit eines langandauernden und das Gebiet mehrerer Bundesländer betreffenden Stromausfalls mag gering sein. Träte dieser Fall aber ein, kämen die dadurch ausgelösten Folgen einer nationalen Katastrophe gleich.“

Dieses Zitat der TAB Studie[1]„Gefährdung und Verletzbarkeit moderner Gesellschaften – am Beispiel eines großräumigen Ausfalls der Stromversorgung“ zeigt die Besonderheit und die Tragweite eines flächendeckenden Ausfalls der Stromversorgung in der Bundesrepublik Deutschland.

Die Kommunen als kleinste selbstständige Verwaltungseinheiten sind gemäß der jeweiligen Katastrophenschutzgesetze der Länder verpflichtet, sich auf wesentliche und für das Gemeinwohl existenzielle Ereignisse adäquat vorzubereiten (siehe z. B. Brandenburgisches Brand- und Katstrophenschutzgesetz-Bbg-BKG).

Anforderungen (Bbg-BKG)

§ 37 Vorbereitende Maßnahmen

(1) Die unteren Katastrophenschutzbehörden treffen die notwendigen vorbereitenden Maßnahmen, um eine wirksame Katastrophenabwehr zu gewährleisten. Zu diesen Maßnahmen zählen insbesondere…

§ 39 Katastrophenschutzpläne

Die Katastrophenschutzbehörden haben Katastrophenschutzpläne sowie als deren Bestandteil ereignisbezogene Sonderpläne und erforderlichenfalls objektbezogene Sonderpläne zu erstellen und fortzuschreiben. In den Plänen sind insbesondere das Alarmierungsverfahren und die Vorbereitungsmaßnahmen darzustellen sowie alle für die Katastrophenhilfe in Betracht kommenden Behörden, Stellen, Einheiten, Einrichtungen und sonstigen Organisationen auszuweisen.

Ein langanhaltender und flächendeckender Stromausfall stellt in seiner Betrachtung hinsichtlich der Entwicklung der Betroffenenanzahl und Schäden in Abhängigkeit von der Zeit nach Ereigniseintritt eine Einmaligkeit dar. Bei allen anderen schweren Ereignissen wie Bahnunfällen, Flugunfällen, Großbränden und Explosionen, selbst bei Pandemien, tritt mit fortschreitender Zeit nach Erreichen eines Schadensmaximums eine Stabilisierung und gänzlich eine Verbesserung der Lage von alleine ein.

Abb. 1: Auswirkungen eines Blackouts im Vergleich zu konventionellen Schadenereignissen bezogen auf die Ereignisdauer, Quelle: Stephan Boy

Nicht so bei einem flächendeckenden Stromausfall, einem Blackout. Alle durch den Ausfall der Versorgung mit elektrischer Energie betroffenen Bereiche bzw. Sektoren nehmen mit zunehmender Zeit immer größeren Schaden bis hin zu irreversiblen Schäden, die selbst im Falle einer Wiederversorgung nach zehn bis 14 Tagen nicht mehr behoben bzw. abgemildert werden können.

Beispiel: Stromausfall in der Landwirtschaft (Massentierhaltung)

Ein Großteil der Tiere wird einen mehrtätigen Stromausfall nicht überleben. Die Fütterung, Versorgung mit Luft, Wärme und Wasser sowie die Erleichterung der Tiere wie das vollautomatische Melken fallen unmittelbar aus. Ressourcen für eine analoge, handwerkliche Ausführung stehen i. d. R. nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung. Es werden ganze Generationen von Mastvieh verenden und sie stehen im Anschluss an das Ereignis bei einer Normalisierung der Energieversorgungslage nicht mehr für die Weiterverarbeitung und damit der Ernährung der Bevölkerung zur Verfügung.

Man kann in diesem Zusammenhang von dem großen Unterschied eines Punktereignisses zu einer vollständigen Flächenlage sprechen. Daher definierte die Bundesregierung auf Vorschlag des Bundesministers des Innern am 17. Juni 2009 die neun Sektoren der KRITIS (Kritischen Infrastrukturen)

Abb. 2: Übersicht über die KRITIS Sektoren2

Diese sollten jedoch zwingend um einen zusätzlichen Sektor erweitert werden.

Der noch fehlende Sektor ist der Handel und die Industrie. Gerade die Bundesrepublik Deutschland als Exportland ist auf einen funktionierenden Handel und zuverlässige Lieferketten angewiesen.

Ein Szenario wäre, dass ein weltweit agierendes Unternehmen mit Stammsitz in Deutschland und sein zentrales Rechenzentrum, über welches sämtliche Transaktionen laufen, zehn Tage nicht zur Verfügung steht. Nach dieser Zeit könnte es sein, dass das Unternehmen monetär nicht mehr existiert.

Die Besonderheit liegt in den Interdependenzen und den sich bei Ausfall einer Infrastruktur ergebenden Kaskadeneffekten. Die zentrale Infrastruktur ist dabei die Versorgung mit elektrischer Energie und hier insbesondere das Westeuropäische Verbundnetznetz auf der 380 kV Ebene. Ein aktuelles Ereignis vom 8. Januar 2020 mit einer vollzogenen Systemtrennung in zwei Teilsysteme zeigt, wie schnell (innerhalb von 42,7 sec.) aus einem Punktereignis eine Flächenlage werden kann.

Viele Behörden und Organisationen diskutieren regelmäßig, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Blackout tatsächlich eintreten könnte. Das Ereignis, insbesondere mit seinen verheerenden Auswirkungen jenseits der Vorstellungskraft vieler Akteure, bedingt eine Vorbereitung, auch wenn es nie eintreten möge. Ein Blackout ist ein Paradebeispiel für einen „Schwarzen Schwan“. Er beschreibt nach Nassim Nicholas Taleb extreme Auswirkungen von seltenen und scheinbar unvorhersehbaren Ausreißerereignissen.

Der Kern einer Vorbereitung besteht in der Kunst, vor dem Ereignis seitens der Kommune alle verfügbaren Ressourcen (private/staatliche, öffentliche/nicht öffentliche), die zur Beherrschung des Ereignisses benötigt werden, zu identifizieren, dokumentieren und die Nutzung zu organisieren, um eine Mindestdurchhaltefähigkeit ohne Unterstützung von außen sicherzustellen. Diese Vorgehensweise sollte in einem Sonderplan Stromausfalldokumentiert und geübt werden.

Ein Sonderplan Stromausfall ist das Ergebnis einer Festlegung von Schutzgütern, der Analyse der kommunalen Gegebenheiten und der Entwicklung des Planes auf Basis der erhaltenen Erkenntnisse mit dem Ziel, eine Mindestdurchhaltefähigkeit zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten.

1.2Festlegung von Schutzgütern

Der Begriff des Schutzgutes wird in den Rechtsnormen in der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und im Umweltschutz immer dann angewendet, wenn es darum geht, schützenswerte Objekte zu beschreiben. Im Kontext der KRITIS sind Schutzgüter Einrichtungen, welche im Falle eines Ausfalls eine hohe Kritikalität bezüglich einer weiterführenden Versorgungsstörung aufweisen. Für die Kommune gilt es die Schutzgüter zu analysieren und für eine Durchhaltefähigkeit vorzubereiten.

1.2.1Definition

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) definiert ein Schutzgut allgemein, als etwas, das „aufgrund seines ideellen oder materiellen Wertes vor einem Schaden bewahrt werden soll“.

1.2.2Übersicht von Schutzgütern

Je nach Siedlungsregion können Schutzgüter im gleichen Sektor unterschiedlich ausgeprägt sein. In einem Ballungsraum kann es sich beispielsweise um eine Universitätsklinik handeln, im ländlichen Raum wäre es in diesem Fall eine Gemeinschaftsarztpraxis. Beide Einrichtungen sind im Sektor Gesundheit in der jeweiligen Kommune von großer Bedeutung.

Die Zuständigkeiten für ein Schutzgut können im staatlichen Umfeld sein (z. B. Feuerwache) oder im privaten Bereich liegen (z. B. Apotheke, Altenpflegeheim oder Tankstelle).

Im Falle eines Blackouts sind Schutzgüter in der jeweiligen Kommune/Gemeinde entweder besonders anfällig für einen Stromausfall hinsichtlich der Aufrechterhaltung ihrer Kernaufgabe und zum anderen sind sie Anlaufpunkt für die Bevölkerung. Sie zeichnen sich, wie die KRITIS auch, durch einen hohen gegenseitigen Vernetzungsrad aus. Eine Übersicht der KRITIS-Sektoren mit exemplarischen Schutzgütern zeigt die nachfolgende Tabelle.

KRITIS-Sektor

Beispiel für Schutzgut

Energie

•Umspannwerke,•Gasübernahmestationen,•Tankstellen.

Informationstechnik und Telekommunikation

•Vermittlungsstellen,•Antennenmasten,•Rechenzentren.

Gesundheit

•Krankenhäuser,•Pflegeheime,•Ärztezentren/ Arztpraxen,•Dialysestationen.

Wasser

•Brunnenanlagen,•Wasserwerke,•Klärwerke.

Ernährung

•Landwirtschaftliche Betriebe,•Supermärkte.

Transport und Verkehr

•Anlagen der Verkehrsinfrastruktur,•Verkehrsknotenpunkte,•Bahnhöfe,•Flughäfen.

Finanz- und Versicherungswesen

•Staatsbanken,•Geldautomaten.

Staat und Verwaltung

•Verwaltungsbehörden,•Behörden mit Ordnungs- und Sicherheitsaufgaben,•Landes- und Bundesbehörden,•Justizvollzugsanstalten.

Medien und Kultur

•Fernsehen und Radio,•Historische Bauwerke,•Baudenkmäler,•Wahrzeichen.

Für eine erfolgreiche Vorbereitung auf einen Blackout ist es für die Kommune von entscheidender Wichtigkeit, die jeweiligen Schutzgüter durch eine strukturierte Analyse zu kennen und diese auf einen Versorgungsausfall individuell mit den in der Kommune vorhandenen Ressourcen auf eine Durchhaltefähigkeit von mindestens 14 Tagen vorzubereiten.

Die Schutzgüter sollten auf ihre Resilienz bezüglich eines Stromausfalls in Abhängigkeit von der Zeit untersucht werden. Dazu sollten die GrundinfrastrukturenStrom, Gas, Wasser, Wärme, Abwasser und IKT untersucht werden. Damit erhält die Kommune einen Überblick, wie lange welches Schutzgut seine Kernaufgabe im Falle eines Blackouts aufrechterhalten kann und ab welchem Zeitpunkt mit Beeinträchtigungen zu rechnen ist. Ein exemplarisches Analyseergebnis zeigt die nachfolgende Tabelle.

Schutzgut

Verfügbarkeit der einzelnen Sektoren nach Blackouteintritt

(Not-) Strom

IKT

Wasser

Abwasser

Fernwärme

Gas

Funktionszeit nach Stromausfall in Stunden

0

2

4

8

12

24

48

96 <96

1.3Analyse der kommunalen Gegebenheiten

Für eine strukturierte und effiziente Vorbereitung der Kommune auf einen Blackout ist es für die Kommune wichtig, ihre Strukturen in der Verwaltung unter den Gesichtspunkten Organisation, Technik und Resilienz zu kennen.

1.3.1Verwaltung

Die kommunale Verwaltung verfügt in der Regel über eine Organisation und Struktur mit technischen Einrichtungen und Ressourcen, auf welche sie sofort und direkt im Ereignisfall zugreifen kann (Weisungs- und Entscheidungsbefugnis).

1.3.1.1Bereich Organisation

Die Verwaltung pflegt im Tagesgeschäft den Kontakt zu ihren Ver- und Entsorgungsunternehmen wie z. B. den Netzbetreibern bei Strom und Gas, den Entsorgungsunternehmen oder nimmt die Aufgaben teilweise selbst in Form von Eigenbetrieben z. b. beim Abwasser oder der Entsorgung wahr. Je nach Größe der Kommune sind diese Tätigkeiten per Vertrag an private Betreiber u. a. als Regiebetriebe vergeben. Im Bereich des Sektors Gesundheit existiert in der Regel kein Überblick über besonders pflegebedürftige Personen und vulnerable Personengruppen.

Die regulären Anlaufpunkte der Kommune/Gemeinde sind die Verwaltungsgebäude oder das Rathaus. Solche „Leuchttürme“ gilt es insbesondere im Ereignisfall kenntlich zu machen und in ihrer Funktion für ein Mindestmaß aufrechtzuerhalten.

Beispiel: Anteil von pflegebedürftigen Personen

Im Rahmen des Forschungsvorhabens wurde die Anzahl der pflegebedürftigen Personen im häuslichen Umfeld im Land Berlin ermittelt. Dabei wurde festgestellt, dass es ca. 174.000 Personen der Pflegestufe 3 im häuslichen Umfeld gibt. 10 Prozent davon sind auf Medizingeräte (Beatmung, Ernährung etc.) angewiesen. Diese Geräte haben eine durchschnittliche Akkulaufzeit von vier Stunden. Es existiert kein Zentralregister, in das diese Personen eingetragen sind. Ausschließlich die dezentralen Pflegedienste und Arztpraxen haben Kenntnis darüber.

1.3.1.2Bereich Technik

In vielen Kommunen existiert hinsichtlich der vorhandenen stehenden Technik eine bestimmte Anzahl von Notstromaggregaten bzw. Netzersatzanlagen. Die Kommune sollte hier unbedingt einen Überblick über Größe, Leistungsfähigkeit und Betankungssituation haben. Es sollten auch die nicht öffentlichen bzw. privaten Einrichtungen bei der Ermittlung der Gesamtanzahl von Netzersatzanlagen und Notstromaggregaten mit einbezogen werden.

1.3.1.3Resilienz

Eine Kommune sollte unbedingt ihre tatsächliche Resilienz beurteilen und erforderliche Maßnahmen (Beschaffungen, Investitionen) zur Steigerung der Resilienz unternehmen. Diese Maßnahmen sollten im Rahmen von anstehenden Beschaffungen oder Baumaßnahmen für reguläre Projekte mit eingeplant werden. Ein Fenster einer neuen Feuerwache oder eines neuen Gebäudes für den Bauhof sollte beispielsweise straßenseitig von der Brüstungshöhe so ausgeführt sein, dass eine Ausgabe von Trinkwasser oder Gerätschaften an die Bevölkerung möglich ist.

1.3.2Flächennutzung

Auswirkungen eines langandauernden Stromausfalls spiegeln sich auch in der topographischen Situation wider. So gibt es signifikante Auswirkungen in der Beherrschung der Situation, wenn man einen urbanen Raum mit hoher Bevölkerungsdichte und wenigen Freiflächen mit einem eher ländlich geprägten Siedlungsraum mit überwiegend Ein- und Zweifamilienhausbebauung betrachtet.

Eine flächenmäßig gering ausgeprägte Gemeinde mit kurzen Fußwegen zu den öffentlichen Einrichtungen ermöglicht eine gute Vor-Ort-Kommunikation mit den Bürgern (Rathaus, Schule, Kita, Feuerwehr). Diese Situationen haben einen signifikanten Einfluss auf die Beherrschung der Lage seitens der Kommune.

Beispiel: 31-stündiger Stromausfall (Berlin-Köpenick)

Am 19. Februar 2019 kam es nach einer Beschädigung von zwei 110 kV Systemen durch ein Horizontalbohrgerät zu einem 31-stündigen Stromausfall im Süd-Osten von Berlin. Betroffen waren rund 31.000 Haushalte und 2000 Gewerbebetriebe. Erfahrungsberichte und Auswertungen haben im Nachgang gezeigt, dass auch die topografische Situation mit einer überwiegend aus Ein- und Zweifamilienhäusern bestehenden Betroffenheitsfläche und dem Umstand, dass von „Außen“ durch die Behörden mit Ordnungs- und Sicherheitsaufgaben massiv Kräfte entsendet werden konnten, keine schlimmeren Auswirkungen entstanden sind. Eine ähnliche Lage mit einen dichtbesiedelten Innenstandbereich wäre signifikant anders verlaufen.

1.3.3Soziale Einordnung

Ein Blackout betrifft alle Einwohner und Personengruppen unmittelbar ohne Ankündigung und schränkt viele Bereiche des täglichen Lebens signifikant ein. Innerhalb von Minuten brechen gewohnte und als notwendig empfundene Kommunikationswege (Mobilfunk, Internet) weg.

Besonders prekär wird die Situation für die sogenannten vulnerablen Personengruppen.

Abb. 3: Altersverteilung nach Wohngebieten am Beispiel der Gemeinde Glienicke Nordbahn im LK Oberhavel in Brandenburg3

1.3.4Verkehrsanbindungen

Die jeweilige Verkehrsanbindung spielt für die Kommune eine für den Blackout signifikante Rolle, wenn es um den Bereich Versorgung und Bewegungsströme geht. Im Falle eines Blackouts werden Bewohner im urbanen Raum nach einer bestimmten Zeit fußläufig die Umgebung erkunden. Hier kann es von Bedeutung sein, die eigenen Ressourcen entsprechend zu schützen bzw. sich auf ein größeres Hilfeersuchen von Personen außerhalb der Kommune einzustellen. Außerdem stellt sich insbesondere bei Pendlerkommunen in Abhängigkeit von der Tageszeit die Frage, wie die Einwohner beim Zusammenbruch des Verkehrs wieder in ihre Kommune gelangen und welche zeitlich verzögerte Verfügbarkeit sich z. B. bei Angehörigen des Katastrophenschutzes (Feuerwehr) daraus ergibt.

1.3.5Versorgungs- und Entsorgungsunternehmen

Die Kommunen benötigen für die Aufrechterhaltung der Grundbedürfnisse der Bevölkerung (Essen, Wärme, Getränke, Obhut) funktionierende Infrastrukturen im Bereich der Ver- und Entsorgung. Nachfolgend sind die Wesentlichen mit ihren Bedeutungen und den Handlungsempfehlungen für die Kommune ausgeführt.

Abb. 4: Bedürfnispyramide nach Abraham Maslow4

1.3.5.1Strom

Eine Kommune sollte einen regelmäßigen und engen Kontakt zu ihrem jeweiligen Netzbetreiber suchen und aufrechterhalten. Insbesondere eine blackout-sichere und zuverlässig erreichbare Ansprechstelle beim Netzbetreiber ist für die Kommune von besonderer Bedeutung.

Hintergrund ist der Umstand, dass es für die weitere Planung und Vorgehensweise von erheblicher Bedeutung ist, ob es sich um einen lokalen, kurzen oder großflächigen und langandauernden Stromausfall handelt. Diese Information kann nur zuverlässig beim zuständigen Verteilnetzbetreiber in Erfahrung gebracht werden.

Ausnahme sind Kommunen, die sich geografisch an der Grenze von zwei Verteilnetzbetreibern befinden. Hier reicht eine kurze Erkundung aus. Sind beide Regionen schwarz, so muss davon ausgegangen werden, dass die Ursache auf der Ebene des zuständigen Übertragungsnetzbetreibers liegt. Das bedeutet zwar nicht zwingend, dass der Ausfall gleich mehrere Tage andauern wird, rechtfertigt aber auf jeden Fall die Auslösung des Sonderplans Stromausfall.

1.3.5.2Gas

In Analogie zu Punkt 1.3.5.1 sollte ein guter Kontakt zum Netzbetreiber bestehen. Dieser kann Auskunft darüber geben, ob durch den Stromausfall eine Unterbrechung der Gasversorgung zu erwarten ist. Das Gasversorgungssystem benötigt per se keine elektrische Energie. Es handelt sich um ein geschlossenes hydraulisches System, welches über alle Druckstufen von der Druckminderung lebt. Allerdings dürfte es bei einem Stromausfall zu einer schlagartigen Unterbrechung der Abnahme kommen. Untersuchungen, wie ein im Fluss befindliches Gasnetz auf einen plötzlichen Abnahmestopp durch Wegfall der Abnahme (alle Gasheizungen schalten sich bei Stromausfall ab) reagiert, existieren leider noch nicht. Es kann davon ausgegangen werden, dass es zu Druckschwankungen und zum Auslösen von mechanischen Sicherheitsventilen kommt. Diese hätten eine reversible Unterbrechung der Gaszufuhr zur Folge.

1.3.5.3.Wasser

In Abhängigkeit von der Topologie benötigt eine zuverlässige Wasserversorgung eine stabile Stromversorgung. Ausnahme bilden Kommunen, welche aus natürlichen Zuflüssen und mittels Freispiegelabfluss mit Frischwasser versorgt werden können. Die Kommune sollte die Versorgungssituation und die durch den Wasserversorger genannte Durchhaltefähigkeit im Vorfeld erfragen, um die eigenen Planungen und Maßnahmen für eine ggf. erforderliche oder umzusetzende Wasserbevorratung abzugleichen.

1.3.5.4Wärme

Je nach Versorgungssituation wird die Versorgung mit Wärme (Heiz- und Prozesswärme) mit dezentralen Blockheizkraftwerken erfolgen. Sofern diese Kraftwerke inselfähig sind, können sie einen Teil der Unterbrechung kompensieren. Problematisch wird es aber bei der Abführung der Prozesswärme in ein Nahwärmenetz. Alle angeschlossenen Gebäude haben dezentrale Pumpsysteme, welche auf eine stabile Stromversorgung angewiesen sind. Fällt diese aus, kann die Wärme an den Hausanschlüssen nicht mehr abgeführt werden und die Kraftwerke müssen ihren Betrieb einstellen. Die Kommune sollte hier im Vorfeld mit dem Kraftwerksbetreiber klären, ob eine Inselversorgung mit Strom und damit auch mit Wärme mindestens im Wärmeeinzugsgebiet des Kraftwerkes möglich ist oder sein könnte.

1.3.5.5Abwasser

Abwasser wird in den meisten Fällen per Gefälle in Kanälen zu unterirdischen Sammelbecken zusammengeführt und von dort mittels Abwasserdruckleitungen weiter zur nächsten Kläranlage gepumpt. Fallen diese Pumpen im Falle des Blackouts aus, kann keine Abfuhr des Abwassers mehr erfolgen.

Die meisten Frischwasserversorger werden in diesem Fall auch die Frischwasserverteilung einstellen, um eine Überflutung der Kanäle und Straßen und damit eine Kontamination mit biologischen Stoffen zu vermeiden.

Die Kommune sollte mit dem zuständigen Abwasserverband Kontakt aufnehmen und nach der Durchhaltefähigkeit bei Stromausfall fragen. Das Ergebnis ist für die unter 1.3.5.3 genannten Punkte der möglichen Dauer der Wasserversorgung relevant. In seltenen Lagen kann das Abwasser mittels natürlichem Gefälle dem nächsten am Vorfluter (Fluss) gelegenen Klärwerk zugeführt werden. Hier besteht auch bei Ausfall des Klärwerkes die Möglichkeit, das Abwasser unbehandelt abzuschlagen und eine Überflutung des Kanalsystems damit zu verhindern.

1.3.5.6IKT (Informations- und Kommunikationstechnik)

Festnetz- und Mobilfunknetze in Verbindung mit leitungsgebundenen Datennetzen spielen bei der Versorgung der Kommunen mit den neuen Medien eine besondere Rolle. Die Bevölkerung hat ihre gefühlten lebensnotwendigen Prozesse in großem Maße auf eine funktionierende IKT ausgerichtet.

Die Nichtverfügbarkeit des Internets ist mittlerweile ein ernsthaftes Problem. Die Kommune sollte sich daher mit ihren Netzbetreibern im Vorfeld abstimmen, welche Netzkomponenten auf dem Gemeindegebiet vorhanden sind und welche Durchhaltefähigkeit diese haben. In den meisten Fällen ist die Durchhaltefähigkeit quasi Null. D. h., dass im Fall eines Stromausfalls sofort die Versorgung der IKT zusammenbricht.

Die Kommune benötigt aber für eine gezielte Punkt-zu-Punkt-Kommunikation im Ereignisfall ein Rumpfnetz. Diese Möglichkeiten sollten hart geprüft und ggf. Alternativen (Digitalfunk der Feuerwehr zwischen Rathaus und Feuerwache, Bauhof etc.) eruiert werden.

1.3.5.7Abfallentsorgung

Die Entsorgung von Abfällen ist für eine Kommune in Abhängigkeit von der Jahreszeit bei der Beherrschung der Auswirkungen ein wichtiges Thema. Insbesondere um die Entstehung und Ausbreitung von Schädlingen und nachfolgenden Krankheiten zu vermeiden.

Viele Kommunen haben ihre Entsorgung an öffentliche oder private Entsorgungsunternehmen vergeben. Hier sollte die Kommune im Rahmen der Erstellung eines Sonderplanes unbedingt den Kontakt suchen und nachfragen, welches Konzept zur Entsorgung im Falle eines Blackouts vorhanden ist. Auch könnte es erforderlich werden, eigenes, kommunales Personal z. B. aus dem Bauhof mit einer Mindestentsorgung pro Straßenzug zu beauftragen, dazu sind entsprechende Fahrer, Fahrzeuge und Tankkapazitäten zu planen und vorzuhalten.

1.4Sonderplan Stromausfall

Ein Sonderplan Stromausfall ist eine besondere Form der Vorbereitung auf ein Ereignis. Er ist vergleichbar mit der Erstellung eines Gefahrenabwehrbedarfsplanes und bedingt eine gründliche Erarbeitung. Er ist der Kern der Sicherheitsarchitektur zur Beherrschung einer entsprechenden Lage.

1.4.1Grundsätze

Ein Sonderplan Stromausfall legt für die betreffende Gemeinde einen verbindlichen Handlungsrahmen für den Fall eines Stromausfalls zu Grunde. Er ist im Kern als Instrument für die Beherrschung eines Blackouts konzipiert, kann aber auch bei lokalen und kürzeren Unterbrechungen der Stromversorgung angewendet werden.

Darüber hinaus beinhaltet er einen Organisationsgrad, der auch bei anderen Ereignissen angewendet werden kann und zu einer Minimierung von Auswirkungen führen wird. In ihm sind die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten der einzelnen Bereiche innerhalb der Gemeindeverwaltung festgelegt.

Für eine erfolgreiche Anwendung ist es unbedingt erforderlich, dass der Plan kontinuierlich gepflegt und aktualisiert wird. In dem Plan ist die Grundstruktur des lokalen und überörtlichen Stromversorgungssystems abgebildet. Insbesondere ist im Sonderplan die Feststellung eines Blackouts als Grundlage zur Auslösung und zur Beendigung der Maßnahmen geregelt.

1.4.1.1Verteiler

Eine erfolgreiche Anwendung des Sonderplanes bedingt eine im Vorfeld abgestimmte Verteilung des Planes an adressierte Personengruppen aus der Gemeindeverwaltung.

Die Aufbauorganisation sollte der eines Führungsstabes auf Basis der Feuerwehrdienstvorschrift (FwD) 100 entsprechen. Damit kann eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit den übergeordneten Stellen wie Landkreis und Innenministeriums sichergestellt werden.

Im Idealfall hält die Gemeinde einen Führungsstab vor, der die Fachbereiche der Verwaltung bereits implementiert. Daher ist der Sonderplan allen Angehörigen der GVW und den Zuständigen für die öffentliche Sicherheit und Ordnung auszuhändigen und regelmäßig zu unterweisen.

1.4.1.2Fortführungsnachweis

Die Gemeinde sollte sicherstellen, dass der Sonderplan in seinen Inhalten regelmäßig überprüft und aktualisiert wird. Diese Fortschreibung bzw. Fortführung sind entsprechend zu dokumentieren.

1.4.1.3Geltungsbereich und Zuständigkeit

Der Sonderplan findet in der Gemeinde Anwendung, wenn es zu einem großflächigen und langanhaltenden Stromausfall mit Auswirkungen auf die öffentliche Sicherheit und Ordnung kommt. Er liegt in der räumlichen Zuständigkeit das gesamte Gemeindegebiet betreffend und in der sachlichen Zuständigkeit im Bereich Öffentliche Sicherheit und Ordnung.

1.4.1.4Auslösung und Beendigung

Mit Auslösung des Sonderplans Stromausfall wird eine Sonderorganisation in Form eines Führungsstabes in Kraft gesetzt. Diese Änderung der Aufbau- und Ablauforganisation und das Zurückführen in die reguläre Linienorganisation kann nur der dafür verantwortliche Hauptverwaltungsbeamte (HVB), also Bürgermeister oder sein Vertreter, entscheiden.

1.4.2Allgemeine Informationen

Das Kernereignis ist der langanhaltende und flächendeckende Ausfall der Stromversorgung. Daher ist es für die jeweilige Kommune von erheblicher Bedeutung, in welcher Versorgungssituation sie sich befindet und wie sie diese in der ersten Stunde (Goldene Stunde) nutzt, um noch vorhandene Ressourcen zu sichern.

Insbesondere in den Nachtstunden, in denen ein Blackout u. U. unbemerkt bleibt, gilt es Instrumentarien einzusetzen, die eine Benachrichtigung der entscheidenden Stellen sicher gewährleisten.

1.4.2.1Stromversorgung

Die Bundesrepublik Deutschland ist Bestandteil des Westeuropäischen Verbundsystems auf der 380 kV Ebene. In der Bundesrepublik gibt es vier Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB). Selbige sind gemäß dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) für die Gewährleistung der Systemstabilität verantwortlich.

Diese Verantwortung nehmen sie in Verbindung mit den Verteilungsnetzbetreibern und den nachgelagerten Netzbetreibern (z. B. Stadtwerke) wahr. Im Rahmen der Vorbereitung auf einen Blackout sollte die Kommune nun mit dem zuständigen Netzbetreiber (Verteilnetzbetreiber oder Stadtwerk) klären, wie sich ihre Versorgungssituation bezogen auf das kommunale Gebiet darstellt. Das sind u. a. die Anzahl der Einspeisepunkte, Leitungslänge, Bedeutung des Netzbereiches für den Netzbetreiber etc. Daraus kann abgeleitet werden, wie schnell die jeweilige Kommune wieder mit einer Wiederversorgung aus netztechnischen Gründen rechnen kann.

Der Wiederversorgungszeitraum kann um mehrere Tage differieren. Im Ergebnis hängt davon die zu planende Durchhaltefähigkeit der Kommune ab.

1.4.2.2Externe Krisenkommunikation

Im Fall eines Stromausfalls kommt es unmittelbar danach zum Ausfall sämtlicher Kommunikationskanäle wie TV, Internet, Messenger-Dienste, Warn-Apps etc. Es ist daher für die Kommune von besonderer Bedeutung, eine zuverlässige Krisenkommunikation aufzubauen.

Erfahrungen bei regionalen Stromausfällen haben gezeigt, dass das Medium, welches am zuverlässigsten funktioniert hat, das analoge UKW-Radio ist. Selbige Geräte sind in nahezu allen Pkw verbaut. Allerdings werden in den Neuwagen vermehrt digitale Radios verbaut. Diese können u. U. nicht mehr erreicht werden.

Die Kommune sollte kontinuierlich in der Präereigniszeit in ihren regionalen Medien