Risiko- und Money-Management - Sebastian Steyer - E-Book

Risiko- und Money-Management E-Book

Sebastian Steyer

4,4

Beschreibung

Viele Trader und Anleger verbringen sehr viel Zeit mit der Suche nach dem perfekten Einstiegssignal. Ist dies gefunden, lässt das verlockende Kursziel die Risiken in den Hintergrund treten. Die Position wird eröffnet. Erfolgreiche Anleger und Trader hingegen beschäftigen sich zuerst mit dem, was an der Börse planbar ist: dem Ausstieg. Dazu nutzen Sie ein konsequentes Risiko- und Money-Management, um ihre Positionsgrößen zu bestimmen und das Risiko ihres Gesamtdepots stets klein zu halten. Erst dann wird die Position eröffnet und nach festen Regeln weiter gemanagt. Nur so kann die viel zitierte, aber selten umgesetzte Börsenregel "Gewinne laufen lassen, Verluste begrenzen!" auch wirklich gelebt werden. In "Risiko- und Money-Management" zeigt Ihnen Sebastian Steyer die Grundlagen für ein erfolgreiches Risiko- und Money-Management-System. Hinzu kommen weitere Techniken speziell für den Hebelhandel sowie das Pyramidisieren. Doch auch der Faktor Mensch kommt nicht zu kurz. Die Vorgänge in unserem Gehirn beim Traden werden beleuchtet und die große Bedeutung von Disziplin und Konsequenz wird herausgearbeitet. Ergänzt wird dies durch ein Kapitel mit Praxisbeispielen und Charts, anhand derer Risiko- und Money-Management dem Leser zukünftig in Fleisch und Blut übergeht.

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Risiko- und Money-Management

Der Schlüssel für erfolgreiche Trader und Anleger

Sebastian Steyer

Copyright der deutschen Ausgabe 2012: © Börsenmedien AG, Kulmbach

Gestaltung Umschlag: Jürgen Hetz, denksportler Grafikmanufaktur Gestaltung, Satz und Herstellung: Martina Köhler, Börsenbuchverlag Lektorat: Claus Rosenkranz Druck: GGP Media GmbH, Pößneck

9783864700651

Alle Rechte der Verbreitung, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Verwertung durch Datenbanken oder ähnliche Einrichtungen vorbehalten.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

Postfach 1449 • 95305 Kulmbach Tel: +49 9221 9051-0 • Fax: +49 9221 9051-4444 E-Mail: [email protected] www.boersenbuchverlag.de

Inhaltsverzeichnis

TitelImpressumVORWORTI. - RISIKO MENSCHII. - DIE GRUNDLAGENIII. - DIE MATHEMATIK ALS HELFERIV. - DIE HOHE SCHULEV. - RISIKO- UND MONEY-MANAGEMENT IN DER PRAXISSCHLUSSWORTGLOSSARÜber den Autor

VORWORT

Liebe Leserin, lieber Leser,

sobald Sie ein Einkommen in Form von Geld erzielen, machen Sie sich berechtigterweise Gedanken, wie Sie dieses Geld schützen, wofür Sie es ausgeben oder wie Sie es anlegen sollen, um damit neue Einkünfte zu generieren.

Dabei versuchen wir stets die Risiken der verschiedenen Möglichkeiten zu kalkulieren. Schon allein der reine Besitz von Bargeld birgt das Risiko, es zu verlieren, in sich. Geben wir das Geld aus, besteht die Gefahr, dass wir später bemerken, dass wir doch nicht den gewünschten Gegenwert für unser Geld erhalten haben.

Bei der Wiederanlage des Geldes jedoch, sei es im kurzfristigen Trading oder beim längerfristigen Investieren, verdrängen die exzellenten Gewinnaussichten die Risiken oft aus unserem Bewusstsein. Das lockende Kursziel einer Aktie, zusätzlich versüßt mit einer hohen Dividende, lässt die Kauforder schnell von der Hand gehen: Ein Mausklick – gekauft! Dies ist ideal für den Trader, denn ihm bieten sich auf diese Weise täglich unzählige Möglichkeiten, sein Kapital zu vermehren. Das Resultat dieser Aktivitäten ist für viele private Trader und Anleger aber ernüchternd – sie verlieren Geld. Warum ist das so?

Die wenigsten von ihnen beschäftigen sich intensiv mit den Risiken, welchen sie ihr hart verdientes Geld aussetzen. Dabei liegt hier der Schlüssel für den Erfolg an den Kapitalmärkten, egal ob sie kurz- oder langfristig agieren.

Wissenschaftliche Studien haben bewiesen, dass nicht der optimale Zeitpunkt für den Ein- oder Ausstieg, sondern die konsequente Anwendung eines ausgereiften Risiko- und Money-Managements entscheidend für den Erfolg an der Börse ist.

Machen Sie sich deshalb die Risiken bewusst und erlernen Sie die einfachen Techniken des Risiko- und Money-Managements. Ihre Ergebnisse als Trader und Anleger werden sich dadurch deutlich verbessern, denn die Kombination aus Wissen und disziplinierter Anwendung dieses Wissens kann sich auch für Sie an den Kapitalmärkten auszahlen.

Viel Spaß beim Lesen und eine erfolgreiche und konsequente Umsetzung wünscht Ihnen

Sebastian Steyer

PS: Sollten Sie Fragen zu den verschiedenen Themen in diesem Buch haben, stehe ich Ihnen gern zur Verfügung. Sie erreichen mich unter der E-Mail-Adresse

[email protected]

I.

RISIKO MENSCH

Unsere Voraussetzungen

Der biologische Ort der menschlichen Informationsverarbeitung und Entscheidungsfindung ist zweifelsohne unser Gehirn. Dies gilt für alle Situationen unseres Lebens und somit auch für das Agieren an den Finanzmärkten.

Dabei laufen, für uns unbewusst, verschiedene Mechanismen ab, welche einen nachhaltigen Einfluss auf unsere Entscheidungen haben. Auch wenn unser Gehirn nach wie vor viele Geheimnisse in sich birgt, hat die moderne Hirnforschung bereits erstaunliche Erkenntnisse vorzuweisen – Erkenntnisse, die Sie als Trader oder Anleger kennen müssen, damit Sie wissen, wie Sie „trotz“ Ihres Gehirns an den Kapitalmärkten erfolgreich sind. Denn eine zentrale Botschaft lautet: Unser Gehirn ist nicht dafür gemacht, um intuitiv und gleichzeitig erfolgreich an den Finanzmärkten Entscheidungen zu treffen.

Der Grund liegt in der Entwicklungsgeschichte des Menschen. Als sich unser Gehirn zu dem entwickelte, was es heute ist, gab es weder Geld noch Finanzmärkte. In jener fernen Zeit kam es auf ganz andere Dinge an, zum Beispiel schlicht und einfach auf das Überleben und damit die Erhaltung der eigenen Art. Die Menschen sind in dieser Hinsicht bis zum heutigen Tage erfolgreich, beim Umgang mit Geld allerdings weniger, was die zahlreichen Finanzkrisen der Vergangenheit und Gegenwart beweisen.

Denn unser Gehirn funktioniert in seinen Grundzügen noch genauso wie zu Zeiten der Jäger und Sammler. Wir haben kein Gehirn 2.0 mit einem Update für die heutige Welt, obwohl wir uns diese ironischerweise selbst erschaffen haben. Nutzen Sie daher die Erkenntnisse der Neurologen und Psychologen, um sich an den Finanzmärkten nicht wie ein Jäger oder Sammler zu verhalten.

Wahrnehmung von Informationen und deren Verarbeitung

Das Gehirn nimmt jeden Tag Millionen von Informationen auf, bewertet diese und trifft auf deren Basis Entscheidungen – wie Sie sich heute aufgrund der Wetterlage kleiden, für welches Gericht und welchen Wein Sie sich im Restaurant entscheiden, ob Sie einem fremden Geräusch in Ihrer Wohnung nachgehen oder es als unwichtig einstufen und so weiter. Sehr ähnlich sind die Abläufe in unserem Gehirn, wenn eine Trading- oder Anlageentscheidung ansteht. Dabei gehen wir davon aus, dass wir über alle notwendigen Informationen verfügen und sie rational gesehen auch korrekt gewichten. In Wirklichkeit tun wir dies aber nachweislich nicht, denn zum einen ist unsere geistige Verarbeitungskapazität begrenzt, zum anderen ist unsere Gewichtung subjektiv. Wir bevorzugen solche Informationen, an die wir sehr leicht gelangen, und machen uns nicht auf die Suche nach weiteren, vielleicht sogar anderslautenden Nachrichten. Die heutigen Medien und Netzwerke fördern diese Verhaltensweise. Sie liefern uns Informationen zeitnah und konsumentenfreundlich aufbereitet, doch selten taugen sie für eine fundierte und rationale Entscheidung. Selbst wenn uns zu einem Wertpapier abweichende Nachrichten vorliegen, bevorzugen wir jene, die unsere vorgefasste Meinung bestätigen. So suchen Investoren, die eine Aktie kaufen möchten, gezielt nach den Informationen, die einen Kauf als lohnenswert darstellen, und räumen warnenden Stimmen weniger Gewicht ein. Die Verhaltenswissenschaftler sprechen hier von selektiver Wahrnehmung.

Wir glauben weiterhin, dass wir besser informiert und unsere Entscheidungen fundierter sind als die der durchschnittlichen Marktteilnehmer. Diese Selbstüberschätzung der eigenen Fähigkeiten wird auch als Kontrollillusion bezeichnet.

Die Realität ist jedoch, dass nicht jeder von uns besser sein kann als der Durchschnitt und wir eben nicht die Kontrolle haben, schon gar nicht über die Bewegungen an den Finanzmärkten. Dazu ist die Zahl der Marktteilnehmer und der Einflussfaktoren auf die Kursentwicklung eines Wertpapieres viel zu groß.

Hier versagt unser menschlicher Supercomputer, wir überschätzen uns maßlos.

Werden Analysten gefragt, wo der Kurs einer Aktie in zwölf Monaten stehen wird, müssten sie fairerweise sagen: „Das weiß ich nicht.“ Kein Mensch vermag immerzu treffsichere Prognosen für die Finanzmärkte abzugeben, weder für einen kurzen noch für einen längerfristigen Zeithorizont. Selbstüberschätzung und Kontrollverlust waren ebenso die Gründe für den Zusammenbruch des Neuen Marktes in Deutschland wie für die Immobilienkrise in den USA, bei der auf endlos steigende Hauspreise gewettet wurde. Ob die mit unvorstellbaren Summen ausgestatteten Rettungsschirme zur Stabilisierung der Not leidenden Eurostaaten ebenfalls als ein Beispiel für Selbstüberschätzung und Kontrollverlust in die Geschichtsbücher eingehen werden, wird die Zukunft zeigen. Die Gefahr, dass dem so sein wird, ist sehr groß.

Wir glauben, dass wir unser Leben kontrollieren können und stets die Zügel fest im Griff haben. Spätestens bei einem Verkehrsunfall oder der Gewinnwarnung des Unternehmens unserer Lieblingsaktie bemerken wir jedoch, dass wir nur sehr wenige Bereiche in unserem Leben unter Kontrolle haben.

FAZIT:

Seien Sie sich stets bewusst, dass Ihre Informationen selten vollständig und ausreichend sind. Machen Sie es wie Warren Buffett und suchen Sie vor einer wichtigen Anlageentscheidung gezielt nach Informationen, die nicht mit Ihrer Meinung konform gehen. Unterliegen Sie nicht dem Trugschluss, Sie hätten die Vorgänge an den Finanzmärkten unter Kontrolle. Kein Marktteilnehmer kann die Entwicklungen der Finanzmärkte korrekt vorhersagen, dazu sind diese für das Gehirn viel zu komplex.

Die Emotionen steuern uns

Die Zeiten, in denen die Ökonomen davon ausgingen, dass sich alle Marktteilnehmer an den Finanzmärkten rational verhalten, sind vorbei. Die modernen Untersuchungsmöglichkeiten der Hirnforschung haben ergeben, dass es den völlig emotionslos agierenden Börsianer nicht gibt. Der sogenannte „Homo oeconomicus“ existiert nur in den theoretischen Modellen der Lehrbücher. In der realen Finanzwelt handelt der von Gefühlen getriebene „Homo sapiens“. Auch bei den Profis an den Finanzmärkten spielen trotz aller Routine Gefühle wie Gier, Euphorie, Angst und Panik eine entscheidende Rolle. Die Berufshändler haben lediglich durch die jahrelange Erfahrung einen kleinen Vorteil. Sie können mit diesen Emotionen bewusster umgehen, da sie Situationen wie einen Crash in ihrer Händlerkarriere bereits mehrfach erlebt haben. Aber auch sie sind nicht davor gefeit, die gleichen Fehler immer und immer wieder zu begehen.

Mit dem stetig anwachsenden Wissen über die Funktionsweise unseres Gehirns bei finanziellen Entscheidungen hat sich ein komplett neuer Wissenschaftszweig entwickelt: die Neuroökonomie oder Neurofinance. Im Gegensatz zu der schon länger existierenden Lehre der Behavioral Finance versucht die neue Wissenschaft die herkömmliche Psychologie mit der modernen Medizintechnik zu verknüpfen. Es ist zu erwarten, dass in den kommenden Jahren weitere bahnbrechende Entdeckungen auf diesem Gebiet gemacht werden. Ziel ist es, das Verhalten der Marktteilnehmer frühzeitig zu erahnen und sich mit diesem Wissen einen Vorteil an den Finanzmärkten zu verschaffen.

Doch in welchen Situationen verleiten uns unsere Emotionen zu typischen Fehlentscheidungen? An erster Stelle sind hier die Situationen zu nennen, die wir als gefährlich einstufen. In unserem Gehirn wird sofort ein bestimmter Bereich aktiviert, der sogenannte Mandelkern. Herzrasen, Unsicherheit, schweißnasse Hände und eine beschleunigte Atmung sind die körperlichen Reaktionen. In den Urzeiten der Menschheit waren diese Reaktionen willkommen. Sie ermöglichten es, zusätzliche Energie zu aktivieren, um beispielsweise vor einem gefährlichen Raubtier zu fliehen. Sehen wir uns heute mit einem möglichen finanziellen Verlust konfrontiert, sind die Reaktionen fast identisch, so die Erkenntnisse der Hirnforscher. Der Crash ist vorprogrammiert, alle Börsianer wollen zur gleichen Zeit ihre Aktien verkaufen, der Markt fällt und fällt, Panik regiert an den Finanzmärkten. Wider besseres Wissen werden in dieser Situation Wertpapiere verkauft, die von der Krise gar nicht betroffen und fundamental gesehen sogar preiswert zu haben sind.

In der entgegengesetzten Situation, dem Entstehen einer Blase an den Finanzmärkten, werden die Anleger von einer grenzenlosen Selbstüberschätzung und der Gier nach immer größeren Gewinnen getrieben. Die Wissenschaft bezeichnet diese menschlichen Überreaktionen, sowohl im positiven als auch im negativen Börsenumfeld, als Overreaction Bias.

FAZIT:

Da Sie nun wissen, dass auch Sie an den Finanzmärkten unbewusst von Ihren Gefühlen gesteuert werden, haben Sie den ersten Schritt getan. Als Nächstes können Sie bewusst gegensteuern, um diesen Gefühlen nicht zu viel Raum bei Ihrer Trading- oder Anlageentscheidung zu geben. Somit werden Sie weniger zu den typischen Überreaktionen neigen und einen kühleren Kopf bewahren, auch wenn ein völlig emotionsfreies Handeln nahezu ausgeschlossen ist.

Süchtig nach Belohnung

Warum gehen wir Risiken ein, um unser Kapital an der Börse zu vermehren? Schließlich wissen wir um die mangelnde Tauglichkeit unseres Gehirns für die Finanzmärkte. Wäre es nicht sinnvoller, die Börse gänzlich zu meiden und somit in finanziellen Belangen ein entspannteres Leben zu führen?

Die Antwort liegt in dem körpereigenen Botenstoff Dopamin. Dieser Neurotransmitter wird ausgeschüttet, sobald für uns ein finanzieller Vorteil in Sichtweite ist. Sofort reagieren die Belohnungszentren in unserem Gehirn und wir fühlen uns gut, ein Wohlfühlstoff also. Je stärker die Dopaminausschüttung ist, umso stärker tritt die Vernunft in den Hintergrund. Dollar- oder Eurozeichen leuchten in den Augen auf.

Das Fatale an diesem Vorgang ist, dass die gleichen Hirnareale aktiviert werden wie bei einem Drogenabhängigen vor dem nächsten Schuss. Zwar sind nicht alle Börsianer deshalb gleich abhängig von der Börse, jedoch liegt hier die Ursache, weshalb wir finanzielle Risiken eingehen. Wir werden getrieben von der Sucht nach körpereigener Belohnung, dem Verlangen nach dem nächsten „Börsen-High“.

Dies erklärt auch, warum finanziell abgesicherte Menschen, die genug Kapital für ein äußerst angenehmes Leben haben, an den Finanzmärkten spekulieren.

Auch das zu schnelle Mitnehmen von Gewinnen ist vermutlich im Dopaminrausch begründet. Denn durch die Realisierung eines Gewinns wird nicht nur das eigene Ego bestätigt, indem man recht gehabt hat, es stellt sich auch das erwähnte Wohlgefühl ein. Doch schon kurz danach verlangt unser Gehirn nach der nächsten Belohnung.

Je öfter sich dieser Vorgang wiederholt, umso stärker lässt die Wirkung des Botenstoffs nach. Um überhaupt noch einen „Börsenkick“ zu erleben, muss das Belohnungszentrum immer neue und häufigere Reize bekommen, damit eine Wirkung spürbar ist. In diesem Zusammenhang sei das Thema Sucht erwähnt.

Es gibt zwar keine fundierten Untersuchungen, wie hoch der Prozentsatz derjenigen Börsianer ist, welche an einer krankhaften Kauf- beziehungsweise Verkaufssucht an der Börse leiden. Es ist jedoch anzunehmen, dass besonders unter den Tradern dieser Prozentsatz überraschend hoch ist. Der Daytrader hat schließlich täglich Dutzende Möglichkeiten, die Ausschüttung des Botenstoffs Dopamin zu veranlassen und sich so seinen „Börsenkick“ zu holen. Wie bei jeder Sucht kann nur der Betroffene selbst oder das unmittelbare Umfeld die Abhängigkeit erkennen.

Im Gegensatz zum abhängigen Alkoholiker ist der abhängige Trader aber nur sehr schwer als solcher zu identifizieren. Oder würden Sie gleich eine krankhafte Sucht vermuten, wenn jemand häufig auf sein Handy schaut, um den Stand des DAX zu überprüfen? Menschen mit Tendenzen zu Suchtverhalten, Depressionen oder starken Angstgefühlen sollten insbesondere vom Trading die Finger lassen.

FAZIT:

Erliengen Sie bie Ihren Aktivitäten an der Börse nicht dem Rausch der schnellen Belohnung. Prüfen Sie, bevor Sie eine Position eröffnen, ob die eingegangenen Risiken nicht viel zu groß sind. Auch ein Tagebuch, in dem Sie bei jeder Kauf- oder Verkaufsentscheidung Ihren Gefühlszustand notieren, kann Ihnen dabei helfen, nicht in die Dopamin-Falle zu tappen. Sie können so verhindern, dass Sie zu viele Börsengeschäfte tätigen, was oft die Vorstufe zu einem krankhaften Suchtverhalten ist.

Warum Verlustbegrenzung so schwer ist

Eine der am häufigsten zitierten Börsenregeln ist „Gewinne laufen lassen, Verluste begrenzen!“ Auch ein Börsenanfänger versteht diese Grundbotschaft meist auf Anhieb. Die wenigsten halten sich jedoch daran, egal ob Anfänger oder Profi. Kann denn das so schwer sein?

Betrachten wir zuerst unsere Gefühle im Falle eines Gewinns an der Börse.

Sie haben einen Trade eröffnet und der Kurs bewegt sich in die von Ihnen anvisierte Richtung, Ihr Handelskonto weist 500 Euro Plus aus. Sie freuen sich über diesen positiven Trade. Um die Freude über die 500 Euro Gewinn zu quantifizieren, bewerten wir Ihre Freude mit der Zahl plus 1. Der Markt läuft weiter in Ihre Richtung, die nächsten 500 Euro Buchgewinn sind erreicht, in der Summe also bereits 1.000 Euro. Die Freude über die nächsten 500 Euro fällt jedoch deutlich kleiner aus als über die ersten 500 Euro. Das Maß Ihrer Freude steigt nur auf plus 1,5.

Es steigt also nicht im gleichen Maße wie Ihr Kapital. Wäre das so, müsste der Gradmesser Ihrer Freude den Wert 2 anzeigen. Kommen nun weitere 500 Euro Gewinn dazu, insgesamt also 1.500 Euro, zeigt Ihr Freude-Barometer einen Wert von 1,75. Je höher unsere Gewinne ausfallen, umso weniger Freude empfinden wir darüber. Wer sich also nur von seinen Gefühlen leiten lässt, wird aufgrund des immer geringeren Zuwachses an Freude die Position meist zu früh glattstellen. Oft ist man im Unterbewusstsein schon auf der Suche nach der nächsten Tradingmöglichkeit, die uns zu Beginn wieder den stärksten Anstieg unseres Glücksgefühls bescheren kann. Wir befriedigen außerdem mit einer frühzeitigen Glattstellung der Gewinnposition unser Bedürfnis nach Sicherheit, indem wir den Gewinn auch wirklich auf dem Konto verbuchen können. Zusätzlich wird unser Ego gestärkt, schließlich haben wir wieder recht gehabt.

Was passiert nun im Verlustfall? Der Markt läuft gegen Sie, der Buchverlust beträgt 500 Euro. Der Grad des Schmerzes, verglichen mit der eben empfundenen Freude, beträgt minus 2. Verluste tun uns nämlich zunächst doppelt so weh, wie uns Gewinne erfreuen. Läuft die Position weiter in den Verlust, das Handelskonto zeigt minus 1.000 Euro, empfinden wir aber keine Verdoppelung unseres Schmerzes. Der Wert für den Schmerz beträgt minus 3. Bei 1.500 Euro Buchverlust sind es dann minus 3,5. Auch wenn die Zahlen willkürlich gewählt sind, verdeutlichen sie den zentralen Punkt: Der gefühlte Verlust nimmt im Verhältnis zum tatsächlichen Verlust ab. Dieses trügerische Gefühl des nachlassenden Schmerzes ist der Grund dafür, dass Verluste ausgesessen werden. Dies kann so weit gehen, dass ab einer gewissen Verlustgröße die Position mental abgeschrieben wird. Man beachtet diesen Verlierer im Depot nicht mehr. Ein Aktienanleger kann sich dieses Verhalten vielleicht „leisten“, für den Trader, der mit Hebelprodukten agiert, ist es jedoch meist der finanzielle Todesstoß. Hinzu kommt im Verlustfall der psychologische Aspekt, dass wir uns bei einer Realisierung des Verlustes eingestehen müssen, versagt zu haben.

Wer möchte das schon! Gleichzeitig berauben Sie sich mit dem Festhalten an Verlusten der Möglichkeit, Ihr Kapital gewinnbringend in einem anderen und aussichtsreicheren Wertpapier anzulegen. Ihr Kapital verliert also quasi doppelt.

Die Verhaltensforschung bezeichnet den Effekt der unterschiedlich starken Wahrnehmung von Verlusten und Gewinnen zusammenfassend als Dispositionseffekt oder Verlustaversion.

FAZIT:

Auch hier müssen Sie das erworbene Wissen, wie wir mit Gewinnen und Verlusten umgehen, zu Ihren Gunsten anwenden. Etwas zu wissen und zu kennen ist das eine, es anwenden zu können ist das andere und eine wesentlich schwierigere Herausforderung.

Das einzig konsequente Mittel zur Verlustbegrenzung ist ein auf Ihrer Handelsplattform gesetzter Stoppkurs. Es muss Ihnen in Fleisch und Blut übergehen, dass Sie sofort nach der Eröffnung einer Position auch den Stoppkurs eingeben.

Um dagegen Gewinne laufen zu lassen, empfiehlt es sich, mögliche Kursziele im Chart zu identifizieren und Stoppkurse im Gewinnfall intelligent nachzuziehen. Besonders das Setzen und Nachziehen von Stoppkursen wird in den nächsten Kapiteln ausführlich besprochen. Lassen Sie sich nicht von den Gefühlen der Freude oder des Schmerzes leiten, sondern konzentrieren Sie sich sowohl im Gewinn- als auch im Verlustfall auf die Zahlen Ihres Depotauszuges.

Aktionismus schadet dem Anleger