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„Isabell Hahn nimmt Dich mit auf die Reise in ein selbstbestimmtes Leben.“ Nach der Geburt ihres Kindes fiel Isabell in eine Depression. In ihrem Buch erzählt sie Dir, wie es dazu kam und wie sie den Weg aus dem Baby-Burnout herausfand. Sie erfuhr, wie wertvoll es ist, das eigene Leben selbst in die Hand zu nehmen. Isabell möchte Dich mit ihrem Buch auf eine Reise schicken. Auf eine Reise, auf der Du Deine Wünsche in die Tat umsetzt. Isabell unterstützt Dich dabei mit ihren Erfahrungen und gibt Dir praktische Aufgaben an die Hand, mit denen Du Schritt für Schritt Deinen eigenen Weg beschreitest. Du lernst, Stolpersteine in Deinem Leben zu beseitigen und die Fähigkeiten zu finden, die Dir auf Deinem Weg helfen. Sie motiviert Dich, zu strahlen und der Mensch zu sein, der Du bist. Beginne Deine Reise jetzt und freue Dich auf das, was Du entdecken wirst!
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2021
Inhaltsverzeichnis
Widmung
Danksagung
Vorwort: Warum ich dieses Buch schreibe
Erstes Kapitel: Mein Baby-Burnout
Deine erste Aufgabe: Nimm Deine Depression in Deine Hand
Meine Tipps für Dich: Burnout-Tipps
Zweites Kapitel: Entrümpele Dein Leben
Deine zweite Aufgabe: Finde Deine Grenzen
Deine dritte Aufgabe: Die Schnell-Entrümpelung
Meine Tipps für Dich: Entrümpelungstipps
Drittes Kapitel: Gestalte Dein Leben
Deine vierte Aufgabe: Finde Deine Gaben und Fähigkeiten
Deine fünfte Aufgabe: Mache Dich auf den Weg zu Deinen Zielen
Meine Tipps für Dich: Gestaltungstipps
Viertes Kapitel: Nutze Deine Werkzeuge
Deine sechste Aufgabe: Finde Deine Werkzeuge
Meine Tipps für Dich: Werkzeugtipps
Nachwort: Hab Dank
Über die Autorin
Ebenfalls erschienen
Impressum
Gewidmet ist dieses Buch der regenbogenbunten Vielfalt.
Ich danke meiner Family, dass Ihr mir die Zeit gegeben habt, um dieses Buch zu schreiben. Danke dafür!
„Writing heals us. The healing comes trough the creative first. And then it goes out to the world and helps so many people.“ (Leonie Dawson)
Liebe Leserin, schön, dass ich Dich in meinem Buch begrüßen darf! Dieses Buch ist ein sehr persönliches und ehrliches Buch über meine Zeiten der Depression. Ich erzähle Dir von meinen persönlichen Erlebnissen und Gefühlen. Du erfährst von der Geburt meines Kindes, was ich danach durchlebt habe und wie ich mein Leben mit Krisen, Freude und lautem Lachen lebe. So ein bisschen fühlt es sich an, als würde ich ein Tagebuch mit Dir teilen. Das Schreiben dieses Buches lässt mich all die Gefühle nochmals durchleben und ist Teil eines heilenden Prozesses für mich selbst. Für Dich soll das Buch genau das sein, was Du jetzt gerade brauchst. Meine Worte möchten hinaus in die Welt und deshalb schreibe ich sie. Sie sind dazu da, Dir zu helfen, Dich zu unterstützen, Dir Freude zu bereiten, Dich zum Nachdenken zu bringen und Dich zu begleiten. Ich möchte Dir einen Erfahrungsschatz schicken und Dir meine Geschichte erzählen. Vielleicht kann sie Dir, in welcher Weise auch immer, helfen.
Einer meiner Träume ist es, mein Geld als Autorin zu verdienen. Und da ich, wie Du in diesem Buch erfahren wirst, meine Träume und ihre Realisierung selbst bestimme, wird dieses Buch genau jetzt geboren. Ich möchte Dir mit diesem Buch die Geschichte meiner Wochenbettdepression erzählen. Eine Geschichte, deren Art noch immer zu wenig erzählt wird und dabei doch so vielen Menschen helfen könnte. Ich möchte sie Dir erzählen, um der Geschichte rund um Depressionen etwas von ihrer Drama-Queen-Dramatik zu nehmen. Eine Dramatik, die entsteht, wenn sich zu viele Menschen zu wenig mit einem Thema auskennen. Eine Dramatik, die entsteht, wenn es Berührungsängste mit einem Thema gibt, weil die Berührung mit dem Thema noch nicht stattgefunden hat. Eine Dramatik, die durch Gossip entsteht. Depressionen sind dramatisch, sie sind schlimm, sie sind kaum und nicht ertragbar. Aber dem Umgang mit diesem Thema muss die Dramatik genommen werden, sodass Betroffene wie Du und ich es leichter haben, schnell und einfach adäquate Hilfe zu finden und die Depression in unser Leben zu integrieren.
Ein ehemaliger Lehrer von mir sagte einmal: „Normal ist das, was man halt kennt.“ So ist es. Wären Depressionen ein Thema, über das ganz normal geredet werden könnte, ohne es zu verheimlichen, ohne es zu dramatisieren, ohne es mit mitleidigen Blicken anzuschauen und ohne es hinter vorgehaltener Hand für ein Märchen zu halten, dann, und das glaube ich ganz fest, wäre es für Nicht-Depressive und auch Depressive einfacher, damit umzugehen. Dann wäre dieses Buch eines von vielen und vielleicht auch gar nicht entstanden. So ist es aber nicht. Vor allem nicht, wenn es um einen Burnout geht, der durch die Überforderung der Elternschaft entsteht. Über diesen Burnout wird selten gesprochen. Ich möchte mit diesem Buch ein Tabu brechen. Ich möchte klar machen, dass über diese Art Burnout sehr wohl gesprochen werden darf und dass es diesen Burnout gibt. Ja, Mütter dürfen umkippen! So wie andere Menschen auch.
Immer mal wieder hört man in den Medien von Stars, die zugegeben haben, an Wochenbettdepressionen gelitten zu haben. Das vermittelt den Eindruck, als würden Depressionen als etwas Normales angesehen. Dem ist aber nicht so. Denn es gibt da dann diese wenigen Nachrichten zu dem Thema und das wars. Eine Runde Mitleid und finito. Aber, ich kann Dir sagen, Mitleid braucht ein Mensch, der an einer Depression leidet, nicht. Natürlich tut es gut, zu hören, dass andere verstehen, wie schlecht es einem geht. Aber kaufen kann sich ein Depressiver davon nichts. Ein Mensch mit Depressionen braucht Hilfe. Eine Mutter braucht keine Sätze wie: „Ich war damals auch völlig überfordert, aber so ist das nun mal und das geht vorbei.“ Wie oft habe ich von anderen Müttern gehört, dass sie glauben, an einer Wochenbettdepression gelitten zu haben oder zu leiden, nachdem ich ihnen von meiner Depression erzählt hatte. Aber kaum eine von ihnen hat sich Hilfe geholt. Oder sich getraut, Hilfe zu holen. Weil es Müttern nun mal eben so geht, nachdem ein Kind geboren wurde. Absturz nicht erlaubt.
Ich erzähle Dir mit diesem Buch meine Geschichte, um Dir die Möglichkeit zu geben, Hilfe zu holen. Und um Dir zu zeigen, wie Du trotz Deiner Depressionsgeschichte Dein Leben meistern kannst. Ich möchte Dir erzählen, was mir hilft, nicht ständig abzustürzen oder wenn es dann doch geschehen ist, wieder hochzukommen. Ich möchte Dir zeigen, dass es sich lohnt, dass Du Dein Leben selbst in die Hand nimmst und gestaltest und die Dinge tust, die Dir Spaß machen, anstatt auf andere oder deren Mitleid zu warten.
Ich werde Dir in diesem Buch keine wissenschaftlichen Erkenntnisse aus der Psychologie oder Gehirnforschung liefern. Ich bin keine Psychologin oder Neurologin und ich habe auch keine wissenschaftlichen Bücher zu den Themen dieses Buches gewälzt. Und ich werde es auch jetzt nicht tun. Es gibt Bücher zu den medizinischen oder psychologischen Hintergründen von Depressionen, geschrieben von Menschen, die sich damit auskennen. Wenn Dich diese Hintergründe interessieren, dann suche Dir die Bücher, die Dir einen wertvollen Beitrag leisten können. Ich aber möchte Dir von meinen persönlichen Erfahrungen und Erkenntnissen erzählen.
In den Kapiteln dieses Buches werde ich Dir mit meinen Erfahrungen zur Seite stehen. Ich werde Dir Wege aufzeigen, wie Du Dein Leben mit Deiner Depression für Dich rocken kannst. Bearbeite ein Kapitel nach dem anderen. Genau: Bearbeite! Dieses Buch bietet Dir nämlich nicht nur Lesestoff, sondern gibt Dir auch Aufgaben an die Hand, mit denen Du Schritt für Schritt Deinen eigenen Weg beschreiten kannst. So findest Du in den Kapiteln zunächst meine Erfahrungen und Erlebnisse, anschließend ein paar Hausaufgaben und am Ende noch einmal konkrete Tipps aus meinem Leben für Dich.
Also suche Dir ein ruhiges Plätzchen und halte Notizbuch und Stifte bereit! Die Reise beginnt.
„Stop and breathe.“
Vielleicht fragst Du Dich, was ein Baby-Burnout ist. Nun, das ist meine Bezeichnung für die Wochenbettdepression, die mich nach der Geburt meines Kindes erwischt hat. Eine Wochenbettdepression beschreibt eine Depression, die im ersten Jahr nach der Geburt eines Kindes auftreten kann. Oft wird bei einer Wochenbettdepression davon geredet, dass ein mütterliches Glücksgefühl ausbleibt und man keine Liebe oder Zuneigung für sein Kind empfinden kann. Ich tue mich aber schwer mit dieser Definition, denn das war bei mir nicht der Fall. Das Wort Wochenbettdepression ist mir außerdem zu abstrakt und fasst für mich das Problem nicht weit genug. Bei mir war und ist die Wochenbettdepression kein Phänomen, das mal eben nach der Geburt auftauchte und mich dann wieder verlassen hat. Es war und ist für mich kein einzugrenzendes Phänomen. Es hat vielleicht mit dem Akt der Geburt zu tun, es hat vielleicht auch mit Hormonen, die in dieser Zeit nach der Geburt verrücktspielen, zu tun. Aber es ist viel mehr als das. Es ist eine Depression, die aus der schieren Überforderung herrührt, die ich als Mutter erlebte. Für mich war das ein echter, knallharter Burnout. Ich war ausgebrannt, überfordert und steckte tief in einem Depressionsloch durch die neue Herausforderung, die da auf mich zugekommen war und der ich mehr als perfekt gerecht werden wollte. Eine Situation, die mein Leben nicht nur kurzfristig veränderte, sondern nachhaltig beeinflusst.
Über Wochenbettdepressionen wird noch zu wenig und vor allem zu oberflächlich berichtet. Es fühlt sich immer noch so an, als sei diese Art der Depression eine Randerscheinung, die keine wirkliche Depression ist. Und als sollte man darüber am besten nicht reden. Natürlich gibt es Literatur zu Wochenbettdepressionen. Es gibt Flyer in Krankenhäusern. Und es gibt Ärztinnen, die sich damit auskennen. Aber ein Outing der Betroffenen in der Öffentlichkeit, ohne dass sie Schamgefühle oder Gefühle von „Stell Dich nicht so an“ überkommen, wird allein durch Flyer nicht gefördert. Es herrscht immer noch ein Bild vor, in dem es nicht vorkommen kann, dass Mütter zusammenbrechen, da sie nach der Geburt ihres Kindes doch unendlich glücklich sein sollten. Mütter sind doch stark und liebevoll. Haben sie Probleme, dann liegt das daran, dass sie auf Grund der Hormone etwas verwirrt sind. Das wird schon wieder. Aber führe Dir nur einmal real vor Augen, was Mütter bei der Geburt und danach durchmachen. Wie stark Mütter, ihre Körper, ihre Nerven und ihre Seelen sein müssen. Ist es da verwunderlich, dass sich die Strapazen aufsummieren und Mütter irgendwann einfach zusammenbrechen?
Ich möchte Dir mit meiner Geschichte zeigen, dass es passieren darf, dass Du einen echten Burnout erleidest und dass Du Sätze von anderen Müttern wie „Da musste jede von uns durch, das ist nun mal so“ getrost in den Mülleimer werfen darfst. Du hast das absolute Recht auf ein glückliches Leben und damit auch das absolute Recht darauf, zusammenzubrechen und Hilfe einzufordern.
Mein Kind kam im Sommer zur Welt. Die Schwangerschaft war toll, ich war wahrscheinlich noch nie so entspannt in meinem Leben. Ich trank genüsslich so viel Kaffee wie ich wollte und machte mir nicht zu viele Gedanken darum, was man in der Schwangerschaft tun oder lassen sollte.
Die Geburt hingegen war sehr anstrengend und zog sich von geplatzter Fruchtblase, über Wehen und PDA eineinhalb Tagen in die Länge. Wahrscheinlich hast Du auch schon davon gehört, dass eine schwere Geburt traumatisch sein und zur Wochenbettdepression führen kann. Ich behaupte für meine Situation aber, dass das nicht der Hauptgrund war. Es gab andere Auslöser, die weit mehr Gewicht hatten. Aber es gibt durchaus auch Erinnerungen an die Geburt, die ich gerne verdränge und die bestimmt ihren Beitrag zum Burnout leisteten. So musste zum Beispiel mein Muttermund von Hand geweitet werden. Dieses Gefühl in meinem Körper war wirklich furchtbar und ich erinnere mich jetzt noch mit ungutem Gefühl daran. Oder der Moment, in dem mir eine Schwester im Kreißsaal sagte, dass ich keine weitere PDA mehr bekommen könne, weil ich schon die Maximaldosis erhalten hätte. Das versetzte mich in Panik. Ich wollte die Schmerzen der Wehen nicht mehr haben! Das ging nicht! Zum Glück für mich hatte eine andere Schwester aber keinerlei Probleme damit, mir eine weitere Dosis zu verabreichen.
So richtig begann die Vorgeschichte zu meinem Burnout erst nach der Geburt. Sie begann mit Stress und Unsicherheiten, die zu Ängsten wurden. Der erste Stress- und auch Angstfaktor war das Stillen. Ich produzierte nicht genügend Milch, sodass mein Kind davon nicht satt werden konnte. Bereits im Krankenhaus fütterte ich mit Ersatzmilch zu. Für mich war es kein Problem, dass mein Kind mit dem Fläschchen groß und stark werden sollte. Aber ich war frisch gebackene Mutter und hatte keine Ahnung, was richtig, falsch oder einfach nur in Ordnung war. Deshalb folgte ich den Ratschlägen und Anweisungen anderer. Da mein Kind vom Stillen also nicht satt wurde und ich nicht nur Ersatzmilch füttern sollte, wurde mir geraten, zusätzlich Milch abzupumpen. Zudem wurde mir auch nahegelegt noch einen Tag länger im Krankenhaus zu bleiben - wegen der Stillprobleme, die für mich selbst gar keine Probleme waren, denn ich hätte ja einfach ein Fläschchen nehmen und mein Kind damit füttern können. Ich wollte nach Hause, ich konnte nicht mehr. Es war nach drei Tagen Krankenhaus einfach zu anstrengend. Keine wirkliche Privatsphäre, der Stress, dass das Stillen funktionieren musste und die Horden an Besuch meiner Zimmernachbarin, die kein Schamgefühl kannten. Selbst wenn ich mit der Milchpumpe an der Brust in meinem Bett saß, kam der männliche Besuch herein und blieb im Zimmer. Selbstverständlich hätte ich meinen Mund aufmachen und den Besuch nach draußen schicken können – was stattdessen meine Zimmernachbarin dann dankenswerterweise machte – aber ich hatte in dem Moment anderes zu tun und war nicht selbstbewusst genug, ein Machtwort zu sprechen.
Zu Hause machte ich dann weiter mit den Stillaufgaben: Ich stillte nachts mein Kind, dann bekam es ein Fläschchen. Nach dem Stillen und Füttern saß ich noch eine halbe Stunde in meinem Bett und pumpte ein paar Milliliter Milch ab. Was für ein Stress! Ein aus meiner jetzigen Perspektive völlig unnötiger Stress. Es ist ja nun schon eine Weile her, und ich kann mich nicht mehr daran erinnern, ob ich jemals gefragt wurde, ob ich überhaupt stillen wollte oder nicht. Aber ich glaube, es wurde einfach davon ausgegangen, dass ich selbstverständlich stillen wollte. Und vielleicht wurde ich auch gefragt und vielleicht habe ich „Ja“ gesagt. Aber vielleicht habe ich mich auch einfach nur nicht getraut, „Nein“ zu sagen.
Mittlerweile, mit sieben Jahren mehr Lebenserfahrung, würde ich mich diesem Stress nicht mehr aussetzen. Ich würde ein Fläschchen anrühren und die Sache wäre gegessen. Aber was tut man als junge Mutter ohne jegliche Erfahrung, mit einer Disposition zum Perfektionismus und damit auch zur Angst, etwas falsch zu machen, nicht alles. Natürlich sprach ich auch mit meiner Hebamme darüber und fragte sie, ob ich nicht einfach ein Fläschchen geben könne. Sie ermutigte mich aber, dass ich das Stillen noch nicht aufgeben sollte und so machte ich zunächst weiter. Auch hier hatte ich nicht den Mut, meine eigene Entscheidung zu treffen. Ich wollte aber nicht mehr stillen. Und ich wollte es von Anfang an nicht. Aber wer gibt das schon gerne zu, wo doch Stillen als so wichtig propagiert wird. Selbst die Milchpulver-Hersteller müssen auf ihren Verpackungen darauf aufmerksam machen, dass Stillen das Beste für das Kind und Pulvermilch nur die zweite Wahl ist. Wie sollte ich da selbstbewusst sagen: „Ne, eigentlich will ich nicht stillen!“ Irgendwann machte meine Hebamme dann aber doch den Vorschlag, ob ich nicht lieber Fläschchen geben wollte. Halleluja! Zu Beginn war es noch eine Mischung aus meiner abgepumpten Milch und Ersatzmilch, aber mir war eigentlich sofort klar, dass das kein Dauerzustand sein würde. Dieses Abpumpen beanspruchte so viel Zeit, eben auch nachts. Ich war also nicht nur wach, weil mein Kind Hunger hatte, sondern ich musste nach dem Füttern noch wachbleiben, um Milch abzupumpen. Der Schlafmangel wurde dadurch größer, als er hätte sein müssen. Irgendwann hörte ich auf abzupumpen, stillte nach etwa vier Wochen „Stillzeit“ ab und mein Kind genoss seine Fläschchen.
An dieser Stillgeschichte siehst Du die eigentlichen Auslöser meines Burnouts. Ich lebte mit einer ständigen Unsicherheit und Nervosität, etwas falsch zu machen. Mit der (Un)Sicherheit, dass die Dinge, so wie ich sie tat, bestimmt nicht richtig waren. Ich hielt mich deshalb brav an die allgemeingültigen Vorgaben. Zum Beispiel, dass mein Kind nach jedem Stillen gewickelt werden musste. Also noch mehr Schlafmangel. Mit meiner Disposition zur Unsicherheit war ein Grundstein für meinen Burnout gelegt. Und durch den beständigen Schlafmangel, der meinem Kopf jegliche Möglichkeit raubte, klar zu denken und durch die fehlende Zeit, gut auf mich zu achten, hatte ich natürlich auch keine nervlichen Abwehrkräfte mehr. Wenn ich jetzt auf alles zurückschaue: Was hätte passieren können, wenn ich mein Kind während der Nacht nicht gewickelt hätte? Was wäre passiert, wenn ich mein Kind nicht gestillt und stattdessen von Anfang an Fläschchen gegeben hätte? Ich nehme an: Nichts. Aber ich habe die allgemeingültigen Ratschläge nie hinterfragt. Ich wollte einfach alles perfekt machen, aus der Angst heraus, dass meinem Kind sonst etwas Schlimmes zustoßen könnte. So hängt zum Beispiel das Damoklesschwert des plötzlichen Kindstods beständig über einer Mutter. Aber wäre es nicht auch mal schön, wenn man als Eltern eines Neugeborenen einfach entspannt mit dem Kind leben könnte? Ende September kam dann mein Zusammenbruch.
Mein erstes körperliches Symptom war, dass ich gegen vier Uhr morgens aufwachte. Ich konnte nicht mehr schlafen, weil ich das Gefühl hatte, dass Ameisen durch meinen Körper krabbelten. Und ich hatte das Gefühl in einer Achterbahn auf und ab zu fahren. Ich konnte dieses Gefühl nicht stoppen. Dazu kam das sogenannte Morgentief, als es Zeit wurde aufzustehen. Es war morgens unglaublich schwer für mich, aufzustehen. Ich wollte einfach nur weiterschlafen, weil ich den Zustand, der im Wachen folgen würde, nicht aushalten wollte. Einfach die Augen schließen und verschließen vor den Gefühlen, die kommen würden. Eines dieser Gefühle war Angst. Die Angstzustände, die meinen Tag begleiteten, sind Teil der Gefühle, die Depressionen so unerträglich machen. Damals hatte ich Angst, etwas falsch zu machen, mein Kind falsch anzufassen und Angst davor, dass es mir so schlecht gehen könnte, dass ich nicht mehr aufstehen und mich nicht mehr um mein Kind kümmern könnte. Ich hatte keine Intuition mehr, kein Gefühl für Entscheidungen. Ich hatte mir die Intuition quasi abtrainiert, weil ich nicht auf meine innere Stimme hörte, sondern nur darauf, was angeblich richtig und falsch war. Ich hatte Angst davor, mein Kind nicht mehr versorgen zu können. Angst davor, einfach nur dazusitzen und sitzen zu bleiben, wenn mein Kind schrie. Angst davor, spazieren zu gehen, weil es ja sein könnte, dass ich plötzlich nicht mehr Herr über meine eigenen Sinne wäre und mir etwas antun könnte. Ich hatte Angst vor der Angst, Angst vor Möglichkeiten, die passieren könnten, obwohl ich sie gar nicht wollte. Angst davor, dass irgendeine Macht die Kontrolle über mich übernehmen und mich Dinge machen lassen könnte, die ich nicht wollte. Wie will man sich diesen Ängsten stellen? Wie will man etwas gegen diese Ängste tun? Es gibt keinen klar benennbaren Auslöser für diese Ängste. Es ist keine konkrete Angst. Es ist nicht die Angst vor dem Nachbarshund, dem man ausweichen kann. Es ist die Angst vor dem Leben selbst. Die Angst vor dem, was während des Tages auf einen zukommen könnte. Die Angst davor, dem Gegenüber nicht gewappnet zu sein und ihm nicht Stand halten zu können. Die Angst davor, keine Kraft für das Leben selbst zu haben. Es ist die Angst davor, zu versagen. Dazu kamen Ängste, dass vielleicht das Jugendamt hätte entscheiden können, dass ich nicht fähig bin, mein Kind weiter zu betreuen, weil ich Depressionen hatte. Vielleicht ist dieser Gedanke völliger Quatsch, aber diese Angst ist eine ganz reale Angst und darf nicht einfach vom Tisch gewischt werden. Sie hält viele Frauen davon ab, sich Hilfe zu holen. Du sollst wissen, dass Du nicht die Einzige bist, die solche Ängste hat. Und wir Zwei werden auch nicht die Einzigen sein. Es wird da draußen viele Frauen geben, die mit solchen Ängsten zu kämpfen haben, sich aber aus verständlichen Gründen nicht getrauen, diese Ängste zu äußern.
Für alle, die diese Gedanken und Ängste nicht kennen, ist es wichtig zu wissen, dass Menschen unter diesen Ängsten leiden und sich die Ängste nicht aussuchen. Diese Ängste sind Teil ihrer Krankheit, namens Depression. Und wenn diese Menschen ihre Gedanken nicht äußern dürfen und so keine adäquate Hilfe erhalten können, wird es umso schwerer für sie, mit diesen Ängsten umzugehen. Deshalb möchte ich Dir sagen: Verurteile Menschen mit solchen Gedanken nicht. Auch Dich nicht. Diese Menschen möchten diese Gedanken nicht haben und sie ringen mit sich. Sie versuchen, die Ängste wegzudrücken, denn solche Ängste dürfen ja nicht sein. Sie sind nicht erlaubt. Verurteile diese Menschen nicht. Sie stecken in einer Depression, in einer Phase ihres Lebens, in der sie nicht stecken möchten und aus der sie schnellstmöglich wieder herauskommen wollen.