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Jim Rogers ist eine Legende der Wall Street. Seit über 30 Jahren tradet der Börsenprofi so erfolgreich wie kaum ein anderer. Er kennt sich in den weltweiten Finanzmärkten aus und sieht die Trends der Zukunft, bevor andere sie entdecken. Den nächsten Bullenmarkt hat er bereits ausgemacht: Rohstoffe. Ob Gold, Zucker, Kaffee oder Nickel - jeder Rohstoff ist für Investoren und Trader interessant. Jim Rogers vermittelt in diesem Buch die Grundlagen des Rohstoffhandels. Dabei fließen seine Erfahrungen aus zwei Weltreisen und aus 30 Jahren professionellen Tradings ein. Jim Rogers nimmt den Leser bei der Hand und führt in Schritt für Schritt in die Welt des Rohstoffhandels ein. Er zeigt auf, inwiefern sich der Handel mit Rohstoffen von dem mit Immobilien, Aktien oder Fonds unterscheidet. Außderdem erklärt er, wo und wann man Rohstoffe richtig tradet und wie man mit Rohstoffen profitabel investiert. Das Wesentliche zum Thema Rohstoffe - in einem unglaublich unterhaltsamen Buch.
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Seitenzahl: 370
Veröffentlichungsjahr: 2016
JIM ROGERS
ROHSTOFFE
DER ATTRAKTIVSTE MARKT DER WELT
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9. Auflage 2022
© 2005 by FinanzBuch Verlag,
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Die Originalausgabe erschien 2004 unter dem Titel „HOT COMMODITIES“ bei Random House. © 2004 der Originalausgabe by Beeland Interests Inc. All rights reserved
This translation published by arrangement with Random House, an imprint and division of Penguin Random House LLC.
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Die im Buch veröffentlichten Ratschläge wurden von Verfasser und Verlag sorgfältig erarbeitet und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Ebenso ist die Haftung des Verfassers beziehungsweise des Verlages und seiner Beauftragten für Personen-, Sach-, und Vermögensschäden ausgeschlossen.
Übersetzung: Horst Fugger
Lektorat: Dr. Renate Oettinger
Umschlaggestaltung: Isabella Dorsch
Satz: Druckerei Joh. Walch, Augsburg
ISBN Print 978-3-89879-765-8
ISBN E-Book (PDF) 978-3-96092-010-6
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96092-011-3
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Für meine kleine Tochter,die schon Rohstoffe besitzt,aber noch keine Aktienoder Anleihen.
Einführung
1. Das nächste heiße Ding: Dinge
2. „Aber …“
3. Werden Sie fit für Rohstoffe
4. Eine Einführung in die Rohstoffmärkte
5. Notizen aus dem Wilden Osten
6. Lebe wohl, billiges Öl
7. Gold – Mystik und Fundamentaldaten
8. Ein Schwermetall mit dem Potenzial zum Highflyer
9. Auf der Suche nach einem neuen Zucker-Hoch
10. Kann Kaffee munter werden?
Schlussbemerkung
Anhang
Über den Autor
Rohstoffe werden nicht respektiert.Zu viele so genannte kluge Anleger glauben, schon genug diversifiziert zu sein, wenn sie Geld in Aktien, Anleihen und Immobilien investiert haben. Für die Erfahrensten kommen vielleicht noch Devisen oder Bauholz in Betracht. Aber an Rohstoffe denken sie nur selten – wenn überhaupt.
Es ist wenig sinnvoll, eine ganze Klasse von Anlageinstrumenten auszublenden – vor allem, wenn sie sich langfristig recht gut entwickelt hat. Die Wahrheit steht sehr im Widerspruch zu all dem Gerede, wie riskant, volatil, komplex und geradezu gefährlich Geldanlagen in Rohstoffen angeblich sind. Erfolgreiche Investoren suchen nach Chancen, Werthaltiges billig zu kaufen und langfristig zu halten, egal wie sich die Marktsituation darstellt. Was sollten Sie also tun, wenn Rohstoffe Neuland für Sie sind? Sie müssen nur Ihre Hausaufgaben machen, und für schnelles Lernen gibt es keine bessere Motivation als die Aussicht auf finanziellen Gewinn. Ich möchte Ihnen eine Geschichte über einen Anleger erzählen, der am Anfang nicht das Geringste über Rohstoffe wusste (was auch für alle anderen Investments galt) und später schöne Erfolge verbuchen konnte.
Aus einer Laune heraus nahm ich 1964 einen Ferienjob an der Wall Street an. Über die Wall Street wusste ich damals nicht mehr, als dass sie irgendwo in New York lag und dass dort 1929 etwas Schreckliches passiert war. Ehrlich gesagt kannte ich nicht einmal den Unterschied zwischen einer Aktie und einer Anleihe. Klar war mir allerdings, dass man an der Wall Street Geld verdienen konnte. Und ich wollte Geld verdienen, um mir meine Freiheit zu erkaufen, denn ich war ein armer Junge aus Demopolis, Alabama, der das Glück gehabt hatte, in Yale studieren zu dürfen. Obwohl ich über die Welt der Finanzen so gut wie nichts wusste, hatte ich mich schon immer sehr für Geschichte und aktuelle Ereignisse interessiert. Es war eine Offenbarung für mich, als ich erfuhr, dass ich an der Wall Street mit der Erkenntnis Geld verdienen konnte, dass eine Revolution in Chile den Kupferpreis nach oben treiben würde. Meine Glückssträhne hielt an. Ich bekam ein Stipendium in Oxford, wo ich Politikwissenschaften, Philosophie und Wirtschaftswissenschaften studierte. Ich begann auch mein im Ferienjob an der Wall Street erworbenes Wissen zu nutzen und das Geld aus meinem Stipendium zu investieren, bevor ich es dem Zahlmeister am Balliol College überlassen musste. Nach dem Aufenthalt in Oxford diente ich kurze Zeit in der Armee und zeichnete mich dort vor allem dadurch aus, dass ich das Geld des Standortkommandanten in Aktien anlegte und damit eine schöne Rendite erzielte. Danach ging ich zurück nach New York und begann 1968 meine Karriere in der Hochfinanz. Ich hatte 600 Dollar in der Tasche.
Meine Ankunft an der Wall Street fiel, wie sich herausstellen sollte, mit den letzten Zuckungen der Aktienhausse zusammen, die nach dem Zweiten Weltkrieg begonnen und mehr als zwei Jahrzehnte gedauert hatte. Aber wer wusste damals, dass das Jahr 1968 ein Wendepunkt am Aktienmarkt war? Ich bestimmt nicht. Ich war viel zu sehr damit beschäftigt, mich einzuarbeiten, um den Blick für das Ganze behalten zu können. Und ich hatte noch viel zu lernen.
Meine Unerfahrenheit sollte sich als riesiger Vorteil erweisen. Nachdem ich die Grundregel des Investierens gelernt hatte – kaufe Wertvolles billig ein –, begann ich die Märkte, und zwar alle Märkte, nach unterbewerteten Assets abzusuchen. Ich untersuchte jede Gelegenheit, die sich bot, und objektiv betrachtet gab es damals kaum eine Aktie, die einen zweiten Blick wert war. Damit unterschied ich mich sehr von meinen Kollegen, denen es schwer fiel, dem Aktienmarkt untreu zu werden, der jahrzehntelang so gut zu ihnen gewesen war. Als sich die Baisse bis in den Anfang der 70er-Jahre erstreckte, entdeckte ich im Rohstoffbereich viele gute Gelegenheiten. Ich weiß nicht mehr genau, wann ich mit dem gründlichen Studium der Rohstoffmärkte begonnen habe. Ein Blick auf meine Bücherregale zeigt aber, dass ich mein erstes CRB Commodity Yearbook 1971 gekauft habe. Diese Bibel der Rohstoffhändler wird jährlich publiziert, und ich besitze alle Ausgaben seit 1971.
Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich die Charts verschiedener Rohstoffe untersuchte. Wenn es einen scharfen Anstieg gab, analysierte ich, warum der Preis dieses Rohstoffs so schnell gestiegen war. Ich studierte die Trends von Angebot und Nachfrage. Ich suchte Hinweise auf veraltete Produktionsanlagen oder neue Funde von Metallvorkommen. Ich achtete auf den Wetterbericht: Ein kalter Winter bedeutete höhere Heizöl- und Erdgaspreise; ein warmer Winter in Florida bedeutete, dass sich Orangensaft im nächsten Jahr verbilligen würde. Und mein beständiges Interesse an Geschichte und Politik erinnerte mich daran, dass sich die Geschehnisse im Rest der Welt auf die Kurse an der Wall Street auswirken würden. Ich wusste, dass während des Amerikanischen Bürgerkriegs in den 1860er-Jahren die Baumwollausfuhren nach England zum Stillstand kamen, was den Preis derart in die Höhe trieb, dass die Engländer schon bald überall Baumwolle pflanzten, wo sie den Boden aufkratzen konnten. Dieses Wissen war für mich extrem hilfreich, um zu verstehen, warum die Rohstoffpreise auf der ganzen Welt mehr als 100 Jahre später wieder anstiegen.
Dieses Selbststudium im Bereich der Rohstoffe liegt schon Jahre zurück, und ich erinnere mich nicht mehr an alle Einzelheiten. Deutlich und mit einer gewissen Wehmut erinnere ich mich jedoch daran, dass ich mich mitten in der ersten Hausse meines Lebens befand. Zufällig fand sie im Rohstoffbereich statt, und ich habe von dieser Entwicklung ein Jahrzehnt lang profitiert. Wie Sie sehen, sind Aktien nicht das einzige Gebiet, wo es Bullen und Bären gibt.
Diese frühen Erfahrungen mit Rohstoffinvestments spielten auch eine Rolle bei meinem Erfolg als Co-Manager eines Offshore-Hedge-Fonds, wo ich die weltweiten Ströme von Kapital, Rohmaterialien, Gütern und Informationen untersuchte. 1980, im Alter von 37 Jahren, konnte ich mich zur Ruhe setzen. Der Aktienmarkt dagegen war die meiste Zeit über eine Katastrophe gewesen. 1966 schloss der Dow Jones bei 995,15 Punkten. 1982 stand er bei 800 Punkten – ein Verlust von vollen 20 Prozent nach 16 Jahren. (Und dabei habe ich noch nicht einmal den Effekt der Inflation mit eingerechnet, die in diesen 16 Jahren so schlimm war wie nie zuvor in der Geschichte der USA.) Die Amerikaner zogen ihr Geld aus Aktienfonds ab. 1979 proklamierte ein heute berühmtes Titelbild der Business Week: „Aktien sind tot!“
Ich war nicht dieser Meinung. Als ich 1982 öffentlich sagte, die Aktienbaisse sei vorbei, und es sei wahrscheinlich wieder an der Zeit, in Aktien zu investieren, hielt man mich für verrückt. Das war ein gutes Zeichen. Mir war damals schon klar geworden, dass ich das meiste Geld verdiente hatte, indem ich dort investierte, wo es sonst niemand tat, und der Aktienmarkt wurde damals viel zu pessimistisch beurteilt. Es war Zeit, einen anderen Weg einzuschlagen. Als der Dow 1983 in einem einzigen Jahr um mehr als 50 Prozent auf 1.200 Punkte stieg, begannen die Experten zu warnen: „Verkaufen Sie lieber. Diese Entwicklung ist verrückt. Sie geht zu schnell und zu weit.“ Und dann, natürlich, kam eine der größten Aktienhaussen der Geschichte, und der Dow überstieg 1999 die Marke von 11.000 Punkten. Der Dow und der S&P-Index haben sich in den 80er- und 90er-Jahren mehr als verzehnfacht. Die Nasdaq stand 2000 etwa 25-mal höher als 1980.
Aber das konnte nicht ewig so weitergehen. An den Märkten passiert so etwas nie. 18 Jahre sind an der Börse eine lange Zeit – und in der Tat die durchschnittliche Zeitdauer bedeutender Haussephasen bei Aktien und Rohstoffen. Schon 1998 begann ich zu bemerken, dass viele Aktien an Kurswert verloren. Ich trat damals jede Woche in einer Börsensendung bei CNBC auf und begann über Rohstoffinvestments zu sprechen; auch darüber, wie die schnell wachsende chinesische Volkswirtschaft die Nachfrage nach Rohmaterialien in die Höhe treiben würde – jeder schaute mich an, als sei ich verrückt geworden. Schon wieder. Ich veröffentlichte einige Artikel über Rohstoffe im Wall Street Journal und in Barron’s, und wenn mich Reporter anriefen, um meine Meinung über die Märkte und über die konjunkturelle Lage zu erfahren, brachte ich das Gespräch auf Rohstoffe.
Niemand hörte mir zu. Schließlich waren der Dow und die Nasdaq auf Höhen geklettert, von denen keiner zu träumen gewagt hatte. Ansonsten vernünftige und hart arbeitende Amerikaner hatten sich Laufbänder mit den aktuellen Aktienkursen auf ihren PCs installiert. Weniger vernünftige Amerikaner hatten ihre Jobs aufgegeben, um als Day Trader ihren Lebensunterhalt zu verdienen. 1999 wurden von angeblichen Aktienexperten drei Bücher veröffentlicht, die folgende Titel trugen: Dow 36.000, Dow 40.000 und The Dow 100.000. Im selben Jahr handelten mehr als ein Drittel aller Titelbilder der Business Week – und fünf 100-seitige Spezialbeilagen – von der „Internet-Revolution“. Die Nummer 24 auf der Liste der „100 besten Arbeitgeber“ in Fortune’s war Enron, deren Aktie in diesem Jahr bis auf 90 Dollar gestiegen war. Das Wall Street Journal und die New York Times veröffentlichten kluge Artikel, die besagten, das Geschehen am Aktienmarkt sei nicht die Entwicklung einer klassischen „Spekulationsblase“. „Diesmal ist es anders“, lautete die Aussage. Es war nicht einfach ein seltsamer und neuer Augenblick in der Wirtschaftsgeschichte. Es war nicht nur eine „neue Ökonomie“, sondern „die New Economy!“ Millionen von Amerikanern beteiligten sich am Börsengeschehen, die Kapitalzuflüsse der Investmentfonds schossen durch die Decke. Eine Gallup-Umfrage ergab damals, dass 60 Prozent aller Amerikaner auf die eine oder andere Weise am Aktienmarkt engagiert waren. Wenn man irgendwo in Amerika eine Bar oder das Clubhaus eines Golfclubs betrat, sahen alle Anwesenden CNBC!
Und diese Leute behaupteten, ich sei verrückt! Wenn jemand im Zusammenhang mit Investments sagt, diesmal sei alles anders, dann raffe ich mein Geld zusammen und mache mich aus dem Staub. Das meiner Meinung nach einzig „Neue“ an der New Economy war, dass Unternehmen an der Börse Billionen von Dollars wert waren, ohne dass man verlangte, sie müssten Gewinne erzielen. Das widersprach offensichtlich dem gesunden Menschenverstand – von Wirtschaft und Geschichte ganz zu schweigen. Die Unternehmensgewinne würden diese Aktienkurse niemals rechtfertigen. Es gab bestimmt nichts Neues unter der Sonne, wenn es darum ging, in einer allgemeinen Börsenhysterie sein Geld zu verlieren – oder seinen Verstand. Wenn ich sehe, wie Menschen ihr Geld gar nicht schnell genug in alles stecken können, was gerade als heiße Spekulation gilt, dann denke ich an Bernard Baruch, den legendären Börsianer und Berater mehrerer Präsidenten. Während der Börsenhysterie der späten 20er-Jahre ließ sich Baruch eines Tages die Schuhe putzen, und der Schuhputzer begann ihm Aktientipps zu geben. Als seine Schuhe wieder glänzten, ging Baruch in sein Büro zurück – und verkaufte alle seine Aktien.
Mitte 1998 machte ich meine eigene Bernard-Baruch-Erfahrung. Die meisten Leute waren geblendet durch den erstaunlichen, nicht enden wollenden Kursanstieg einiger Vorzeigetitel aus dem Technologiebereich. Cisco, Nortel und JDS Uniphase stiegen immer weiter, und der Kurs von Microsoft zeigte nie eine Schwäche. Ich bemerkte damals, dass die meisten anderen Aktien tatsächlich an Kurswert verloren. Mein Interesse verlagerte sich vom Aktienmarkt zurück zu meinen CRB-Rohstoffjahrbüchern und anderen Quellen, weil ich sehen wollte, was an den Märkten für landwirtschaftliche Güter, Energie, Getreide, Metalle, Lebendvieh und andere wertvolle Dinge des Lebens los war. Es stellte sich heraus, dass sie unglaublich unterbewertet waren. Inflationsbereinigt näherten sich die Rohstoffpreise tatsächlich einem Niveau, das man seit der Weltwirtschaftskrise der 30er-Jahre nicht mehr gesehen hatte! Kaum hatte ich mich wieder in Rohstoffe vertieft, da verkündete die größte Brokerfirma der Welt, Merrill Lynch, Pierce, Fenner & Smith, sie werde sich aus dem Rohstoffgeschäft zurückziehen. In den 70er-Jahren hatte Merrill Lynch im Rohstoffhandel riesige Profite erzielt. Nun trug er nur noch einen winzigen Bruchteil zum Umsatz der Firma bei.
Ich musste grinsen und konnte gar nicht mehr damit aufhören. Wenn jeder, einschließlich der weisen Männer (und jetzt auch Frauen) bei Merrill Lynch, meinte, kein seines Verstandes mächtiger Amerikaner würde mehr Rohstoffe kaufen wollen, dann war es für diesen Amerikaner wirklich an der Zeit, Rohstoffe zu kaufen – und zwar zu Schnäppchenpreisen. Bestärkt wurde ich in meiner Meinung, als einige andere Rohstoff-Optimisten, die meine Artikel gelesen oder mich im Fernsehen über Rohstoffe sprechen gehört hatten, mir anboten, ihr Partner im Rohstoffhandel zu werden. Ich war nicht interessiert. Vom professionellen Trading hatte ich mich schon 20 Jahre zuvor zurückgezogen. Außerdem stand ich kurz vor dem Start zu einer dreijährigen Reise rund um die Welt. Auch zur Jahrtausendwende würde ich unterwegs sein. Es wäre logisch unmöglich gewesen, die Bewegungen an den Rohstoffmärkten zu beobachten, während ich gerade in Afrika, Sibirien oder China unterwegs war.
Dennoch wollte ich die Frühphase einer neuen Hausse nicht verpassen, die bisher nur wenige andere bemerkt hatten. Also beschloss ich, einen Rohstoff-Indexfonds zu gründen. Seit Jahren haben Studien erwiesen, dass man am wirkungsvollsten und profitabelsten mit Indexfonds investiert, die so heißen, weil sie sich an bedeutenden Indizes wie S&P 500, Russel-2.000 oder Russell-1.000 orientieren. Man versucht also nicht, besser als der Index abzuschneiden, sondern kauft einen Fonds, der einen Aktienkorb zusammenstellt und garantiert, unter allen Umständen exakt so abzuschneiden wie der Index. Sie zahlen Ihr Geld ein, und der Fonds kauft Aktien der 500 großen Unternehmen, die im S&P 500 enthalten sind, die 2.000 Nebenwerte oder die 1.000 Wachstumstitel der beiden Russell-Indizes – und das war’s. Ihr Investment fliegt per Autopilot. Es gibt keine ständigen Gebühren für Umschichtungen der Aktien, keine hohen Verwaltungskosten und keine Entscheidungen, die Sie treffen müssten. Ihr Erfolg hängt nicht vom Genie eines Fondsmanagers ab, sondern von der Marktentwicklung. Der S&P steigt oder sinkt – und der Fonds tut es ihm gleich. Es gibt zahllose Belege dafür, dass solche Investments besser abschneiden als die meisten aktiv gemanagten Fonds.
Weil ich zuversichtlich war, dass die Rohstoffpreise auf breiter Front steigen würden, war ein solcher Autopilot genau das, was ich suchte. Ich kannte vier Rohstoffindizes und prüfte, für welchen von ihnen ich eine Lizenz erwerben sollte. Der damals bekannteste war der CRB Futures Index, der von denselben Leuten betreut wurde, die auch das Jahrbuch herausgaben, dem ich meine ersten Erfahrungen mit Rohstoffen verdankte. Heute lautet der offizielle Name Reuters-CRB Futures Price Index. Als ich den CRB-Index untersuchte, stieß ich schnell auf ein bedeutendes Problem: Seine 17 Komponenten sind alle gleich gewichtet. Das bedeutet, das Rohöl hier die gleiche Bedeutung hat wie Orangensaft. Ich weiß nicht, wie es bei Ihnen aussieht, aber in meinem Leben spielt Öl eine weit wichtigere Rolle als Orangensaft. Dann sprach ich mit einem alten Freund aus dem College, der heute das Wall Street Journal leitet, über die Dow-Jones-Indizes. „Ich möchte eine Lizenz auf euren Rohstoffindex erwerben“, sagte ich, und er sah mich an, als hätte ich den Verstand verloren: „Wir haben keinen Rohstoffindex.“ Er staunte, als ich ihn darüber informierte, dass so ein Ding täglich in seiner Zeitung veröffentlicht wird. Ein weiterer Beweis für die Missachtung der Rohstoffe durch die Investoren, denn nicht einmal der Herausgeber der führenden Wirtschaftszeitung der USA kümmerte sich darum. Ich merkte schnell, dass der Dow Jones Commodities Index mindestens seit den 60er-Jahren nicht mehr revidiert worden war. Daher besuchte ich einen weiteren alten Freund bei Reuters, der internationalen Nachrichtenagentur, deren Index schon seit Jahren existierte. Auch dieser Freund hatte keine Ahnung, dass es bei seiner Firma so etwas gab. Ich stellte aber rasch fest, dass der Rohstoffindex von Reuters schon seit den 30er-Jahren nicht mehr revidiert worden war. (1999 ging Dow Jones eine Partnerschaft mit AIG ein, um einen revidierten Index zu schaffen, den Dow Jones-AIG Commodity Index, der meiner Meinung nach ebenfalls große Schwächen hat. Reuters hat zusammen mit dem Commodity Research Bureau den Reuters-CRB Futures Price Index konzipiert.)
Dann wandte ich mich an Goldman Sachs, denn das Unternehmen warb für seinen eigenen, 1992 konzipierten Rohstoffindex. Ich sah aber sofort einen großen Nachteil im Goldman Sachs Commodity Index (GSCI): Öl und Gas sind dort mit 65 Prozent gewichtet. So wichtig Öl und andere energetische Rohstoffe auch sein mögen, glaube ich doch nicht, dass sie fast zwei Drittel eines Index ausmachen sollten. Und wenn sie tatsächlich so wichtig wären, sollte man wahrscheinlich gleich Öl- und Gas-Futures kaufen. Die Gewichtung der Indexkomponenten im GSCI ändert sich in Abhängigkeit von der Preisentwicklung, und daher gibt es alle paar Jahre extreme Veränderungen. Jeder, der heute in den GSCI investiert, weiß nicht, was er in 3 Jahren besitzen wird; nicht einmal Goldman Sachs. Meiner Meinung nach ist der GSCI kein brauchbarer Index. Ich wünsche mir Konsistenz, Stabilität und Transparenz.
Also suchte ich nach Informationen über den Rohstoffindex des Journal of Commerce. Auch er existiert schon seit vielen Jahren – und das sieht man ihm an. Neben den üblichen Rohstoffen enthält er auch Häute und Talg. Wir alle tragen Schuhe und blasen einmal im Jahr unsere Geburtstagskerzen aus, aber weder Häute noch Talg werden heute an irgendeiner Börse gehandelt, und daher wäre die Preisfeststellung solcher Materialien problematisch. Reis dagegen wird an Börsen gehandelt. Die halbe Welt isst jeden Tag Reis, und dennoch enthielt keiner der existierenden Indizes diesen Rohstoff. Allesamt waren sie zu sehr auf Amerika zugeschnitten.
Ich kam also zu dem Ergebnis, dass der von mir gesuchte, gut ausbalancierte und international ausgerichtete Rohstoffindex gar nicht existierte. Das war ein weiterer Beweis dafür, dass sich niemand um Rohstoffe scherte. Diese himmelschreiende Verachtung einer ganzen Asset-Klasse, die kurz vor dem Höhenflug stand, erinnerte mich an die Aktien-sind-tot-Einstellung der frühen 80er-Jahre – als der Dow gerade seinen unglaublichen Anstieg von 800 auf 11.000 Punkte begann. Inzwischen war mir klar, dass ich, wenn ich in Rohstoffe investieren wollte, selbst einen Index und einen Fonds konzipieren musste. Das tat ich dann auch. Der Rogers Raw Materials Index Fund eröffnete seine Geschäftstätigkeit am 1. August 1998, und er basiert auf dem Rogers International Commodities Index (RICI). Dieser enthält 36 Rohstoffe, die die Weltwirtschaft am Laufen halten, und ist ein effektiver Maßstab für die Rohstoffpreisentwicklung nicht nur in den USA, sondern weltweit. Auswahl und Gewichtung der Fondskomponenten werden jährlich revidiert, immer im Dezember wird die Gewichtung für das folgende Jahr festgelegt. Bisher waren die Veränderungen minimal. (Eine Liste der RICI-Komponenten finden Sie im Anhang dieses Buchs.)
Am 1. Januar 1999 begann meine Reise um die Welt. In drei Jahren fuhr ich 152.000 Meilen durch 116 Länder. Unterwegs läutete ich das neue Jahrtausend ein, indem ich am 1. Januar 2000 meine Reisegefährtin Paige Parker heiratete. Viele fragten mich, wie ich mein Geld verwalten würde, während ich in entlegenen Regionen Sibiriens, Chinas und Afrikas unterwegs sei. Als ich ihnen sagte, ein Teil meines Geldes sei in einen Rohstoff-Indexfonds investiert, reagierten sie mit Verwunderung und auch ein wenig Sorge um mein finanzielles Wohlergehen und meine geistige Gesundheit. Nachdem ich so viel von der rosigen Zukunft der Rohstoff-Futures gesprochen hatte, waren die Preise gesunken. Ende 1998 hatte der RICI in der Tat 11,14 Prozent seines Werts verloren. Aber ich war zufrieden. Ich hatte meine Hausaufgaben gemacht und war davon überzeugt, dass die Aktienhausse vorbei war. 1998 waren 60 Prozent aller amerikanischen Aktien gesunken, und dieses Muster setzte sich 1999 fort. Die Hausse an den Rohstoffmärkten hatte schon begonnen. (Später stellte sich heraus, dass wir nur um einige Wochen zu früh dran waren, um den absoluten Tiefpunkt zu erwischen.)
Als Paige und ich nach unserer Reise in ein vom 11. September geprägtes Amerika zurückkamen, war der Index um 80 Prozent gestiegen. (Im Oktober 2004 waren es 190 Prozent.) Während unserer Abwesenheit war die Dotcom-Blase geplatzt. Manche Menschen meinten, ich hätte Glück gehabt, diese Schmerzen nicht erlitten zu haben. Ich versuchte freundlich zu antworten. Schließlich war ich alt genug, um zu wissen, dass man immer von der Herde kritisiert wird, wenn man sich von ihr entfernt. Man wird sogar beschimpft und als „Verrückter“ bezeichnet. Aber für einen Investor ist das eine positive Sache: Wenn ich mich von der Herde entfernt hatte, habe ich fast immer eine Menge Geld verdient. Wenn man neue Wege finden will, muss man den alten Weg verlassen. Ich hatte oft genug über China und über Rohstoffe gesprochen, und jeder hatte mich als verrückt bezeichnet. Wenn man allerdings gegen die Mehrheitsmeinung Geld verdient, ist man nicht mehr verrückt. Man hat nur „Glück“ gehabt.
In den frühen 70er-Jahren, als die Tage des billigen Erdgases und Öls gezählt waren, saß ich mit einem der wenigen Hedge-Fonds-Manager zusammen, die es damals gab. Er war Absolvent des Harvard College und der Harvard Business School. Ich erklärte ihm, dass die Vorräte an Erdgas und Öl zur Neige gingen, dass die Gasreserven gering und die Preise lächerlich niedrig waren, und riet ihm, so viele Aktien von Öl-, Gas- und verwandten Unternehmen zu kaufen, wie er kriegen konnte. Der Mann missachtete meinen Rat – obwohl die Preise damals schon stiegen.
1973 brach im Mittleren Osten ein Krieg aus, und die Ölpreise schossen nach oben. Die Araber boykottierten die USA, die Israel unterstützten. Die Ölpreise stiegen noch weiter. Dann traf ich meinen Freund, den Hedge-Fonds-Manager. „Du hast ganz schön viel Glück gehabt“, sagte er. Hatte ich ihm nicht schon lange vor dem Krieg und dem Boykott gesagt, die Ölpreise würden mit Sicherheit steigen, weil die Vorräte schon niedrig waren und keine neuen Reserven erschlossen wurden? Ich erinnerte ihn daran, dass die OPEC 1960 gegründet worden war, um für höhere Ölpreise zu sorgen. In den folgenden zehn Jahren hatten sich die Ölminister der OPEC-Staaten jährlich getroffen und feierlich die Preise heraufgesetzt. Doch der Markt ignorierte dies, und die Notierungen blieben relativ niedrig. In den 70er-Jahren aber hatte sich das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage zugunsten des Öls verschoben, und die Preise mussten steigen, was auch immer die OPEC tun würde. Die hohen Ölnotierungen hatten nichts mit dem Konflikt zwischen Israel und den Arabern zu tun, und wie um dies zu beweisen, beendeten die OPEC-Staaten keine vier Monate später ihren Boykott. Die Saudis ließen sich nicht von der Politik daran hindern, an diesen rekordhohen Ölpreisen eine ganze Menge Geld zu verdienen. Die Preise blieben hoch, noch Jahre nach dem Krieg und dem Boykott (und erstaunlicherweise selbst ab 1978, als das Angebot die Nachfrage überstieg).
Ich habe gelernt, dass man definitiv sehr viel „Glück“ haben wird, wenn man seine Hausaufgaben macht, erkennt, dass Angebot und Nachfrage total aus dem Gleichgewicht geraten sind, und dann entsprechend investiert.
Dies, meine Freunde, ist eine solche Gelegenheit.
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Eine neue Hausse ist im Gang, und sie findet bei den Rohstoffen statt – den „Commodities“, „Materialien“, „harten Vermögensgegenständen“ und „greifbaren Dingen“, die nicht nur in Ihrem Leben, sondern im Leben jedes Menschen auf der Welt eine ganz wesentliche Rolle spielen. Wenn Sie in den Supermarkt oder ins Einkaufszentrum gehen, befinden Sie sich zwischen lauter Rohstoffen, die weltweit gehandelt werden. In Ihrem Auto oder Lastwagen sind Sie ebenfalls von lebhaft gehandelten Rohmaterialien umgeben. Ohne die Futures-Märkte, wo die Rohstoffpreise ermittelt und reguliert werden, wären Dinge rar und oft auch zu teuer, die wir alle zum Leben brauchen. Zu diesen wesentlichen Dingen gehören Öl, Erdgas, Weizen, Mais, Baumwolle, Sojabohnen, Aluminium, Kupfer, Silber, Gold, Rinder, Schweine, Schweinebäuche, Zucker, Kaffee, Kakao, Reis, Wolle, Gummi, Bauholz und die etwa 80 anderen Dinge, die in der Bibel der Trader aufgelistet sind – also im Commodity Research Yearbook.
Rohstoffe sind so allgegenwärtig, dass man meiner Meinung nach nicht erfolgreich in Aktien, Anleihen oder Devisen investieren kann, wenn man die Rohstoffmärkte nicht versteht. Man muss sie verstehen, auch wenn man nur in Aktien und Anleihen investieren will. Rohstoffe gehören in jedes wirklich gut diversifizierte Depot. Mit einem Rohstoff-Investment kann man sich gegen eine Aktienbaisse, galoppierende Inflation und sogar eine schwerwiegende Wirtschaftskrise absichern. Rohstoffe sind nicht das „riskante Geschäft“, als das sie oft bezeichnet werden. Ich glaube, dass Rohstoffinvestments in den kommenden zehn Jahren enorme Chancen bieten werden.
Für die meisten Investoren ist der Rohstoffhandel ein geheimnisvolles Land voller sagenhafter Drachen. Viele intelligente und gut informierte Leute wissen nichts über Rohstoffe. Dafür kennen sie die KGVs großer und kleiner Aktien, studieren die Bilanzen von Hightech- und Biotech-Unternehmen, von Halbleiterproduzenten und kleinen Banken in den Südstaaten. Diese selbst ernannten „erfahrenen Investoren“ verfolgen die Kurse und Renditen von Anleihen genauer als die Baseball-Ergebnisse und haben womöglich sogar ein Auge auf den Euro, den Yen, den Dollar und den Schweizer Franken. Falls sie doch etwas wissen, handelt es sich meist um Informationen aus zweiter oder dritter Hand, die sie missverstanden haben und die in der Regel noch eine warnende Geschichte von einem Schwager enthalten, der mit einer Sojabohnen-Spekulation sein letztes Hemd verloren hat. Wenn ein Investor vor Rohstoffen zurückschreckt, verpasst er unglaubliche Möglichkeiten – ähnlich wie Amerikaner, die nie ins Ausland reisen, weil sie dort weder Sprache noch Bräuche kennen und befürchten, deshalb erniedrigt oder betrogen zu werden.
Man kann nicht einen kompletten Marktsektor ignorieren – jedenfalls nicht, wenn man wirklich als „intelligenter Investor“ gelten will. Wenn Sie einen Freund haben, der stark am Aktienmarkt engagiert ist und in den 90er-Jahren nie auch nur daran gedacht hat, eine Technologie-Aktie zu kaufen, der nicht zur Kenntnis nahm, was in der Welt von Microsoft, Cisco, Amazon, eBay und sogar IBM vor sich ging, dann finden Sie dessen Verhalten mit Sicherheit merkwürdig. Und doch haben sich die meisten Investoren im Rohstoffbereich exakt so verhalten.
Ein Grund für die gute Entwicklung von Unternehmen und Aktien in den 80er- und 90er-Jahren war, dass sich die Rohstoffe in einer Baisse befanden: Niedrige Rohstoffpreise nahmen jeglichen Kosten- und Margendruck von denjenigen Unternehmen, die Rohstoffe für ihre Tätigkeit benötigen.
Wer der Überzeugung war, dass die Rohstoffbaisse in den späten 90er-Jahren enden würde, der sah auch das Ende der Aktienhausse kommen. Die Kommentatoren auf CNBC strahlten damals noch über das ganze Gesicht und rieten, noch mehr Dotcom-Aktien zu kaufen – während die klugen Investoren den Markt verließen und sich den Rohstoffen zuwandten. Sie konnten sehen, dass die steigenden Kosten bald auf die Gewinne drücken würden – und dass die Aktienkurse den Gewinnen folgen würden.
Wir reden hier nicht von Kleinigkeiten. Der Rohstoffmarkt ist der größte Markt der Welt – wenn man von den Wertpapierhandelsplätzen absieht. Die jährliche Produktion der 35 am aktivsten gehandelten Rohstoffe, deren Preise täglich in New York, Chicago, Kansas City, London, Paris und Tokio festgestellt werden, ist 2,2 Billionen Dollar wert. Das an den Rohstoffbörsen gehandelte Geldvolumen ist um ein Mehrfaches höher als an allen Aktienmärkten der USA. (Die Umsätze des außerbörslichen Rohstoffhandels sind noch einmal um ein Vielfaches höher als die Umsätze an den Rohstoffbörsen.) Und wo immer es einen Markt gibt, da kann man auch Gewinne erzielen. Ich weiß: Die Wirtschaftsseiten Ihrer Tageszeitung, die Finanzmagazine und CNBC widmen sich hauptsächlich dem Aktienmarkt. Wenn man den Medien und anderen Aktienmarkt-„Experten“ glaubt, dann hat sich der Aktienbulle immer gleich hinter der nächsten Ecke versteckt. Aber Millionen von Investoren, die 1998 bis 2000 auf das Geschwätz der Experten über die New Economy hörten, haben mit Aktien enorme Verluste erlitten und mühen sich immer noch ab, ihr Geld wiederzubekommen. Der kluge Investor sucht nach Möglichkeiten, Wertvolles billig zu kaufen, und hat dabei immer ein Auge auf eine bevorstehende dynamische Veränderung gerichtet, die dieses Investment sogar noch wertvoller machen könnte.
Heute trifft auf die Rohstoffe beides zu. Die Baisse endete 1998, als sich die Preise ihren 20-Jahres-Tiefs näherten (die inflationsbereinigt den Preisen während der Weltwirtschaftskrise entsprachen). In diesem Jahr beschloss Merrill Lynch, die größte Brokerfirma der USA, sich aus dem Rohstoffhandel zurückzuziehen, und ich gründete einen Rohstoff-Indexfonds, um vom Ende der Baisse zu profitieren.
Ich bin davon überzeugt, dass die Stärke der Rohstoffmärkte noch jahrelang anhalten wird – dass wir uns sogar mitten in einer Jahrhunderthausse im Rohstoffbereich befinden. Im 20. Jahrhundert gab es drei solch lange Haussephasen (1906-1923, 1933-1953 und 1968-1982), von denen jede im Durchschnitt etwas länger als 17 Jahre dauerte. Das neue Jahrtausend hat mit einem neuen Boom der greifbaren Vermögensgegenstände begonnen. Meines Erachtens fing die Aufwärtsbewegung im Frühjahr 1999 an. Dieses Buch will die Gründe erklären und dabei aufzeigen, wie man davon profitieren kann. Was vielleicht noch besser ist: Durch das Verständnis der Rohstoffmärkte werden Sie auch auf allen anderen Gebieten ein besserer Investor werden.
Daran ist nichts Geheimnisvolles. Was auf dieser Welt könnte klarer verständlich sein als die Materialien, aus denen sie besteht? Mais ist Mais, Blei ist Blei, und sogar Gold ist nur eine Ware, deren Preis davon abhängt, wie viel von dem Zeug verfügbar ist und wie viele Leute es unbedingt haben wollen. Und bei der Prognose der langfristigen Preisentwicklung gibt es erst recht nichts Geheimnisvolles. Diese alternierenden, langen Hausse- und Baissephasen bei Metallen, Energieträgern, Vieh, Getreide und anderen landwirtschaftlichen Produkten fallen nicht vom Himmel. Sie spielen eine wichtige Rolle in der Geschichte und sind das Ergebnis der grundlegenden ökonomischen Prinzipien von Angebot und Nachfrage. Wenn Angebot und Vorräte reichlich sind, werden die Preise niedrig sein; aber wenn man zulässt, dass die Vorräte zur Neige gehen und die Nachfrage steigt, dann werden die Preise ebenso unvermeidlich steigen. Ich selbst musste kein Genie sein, um diese Dynamik zu verstehen; es ist einfach die Art und Weise, wie die Welt funktioniert. Aber wenn ein Investor feststellt, dass das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage völlig aus dem Gleichgewicht geraten ist, und dann bereit ist, sein Geld einzusetzen, wird er ein Vielfaches davon zurückbekommen.
Wir befinden uns jetzt in einer der Phasen, in denen eine neue Hausse beginnt – und sie findet bei den Rohstoffen statt. Es ist Zeit, viel mehr Geld in Dinge zu investieren. Oder habe ich eine Alternative für Ihre Geldanlage übersehen?
•Aktien: Die meisten Aktien sind im historischen Vergleich überteuert. Die KGVs (Kurs-Gewinn-Verhältnisse) an der Nasdaq befinden sich in stratosphärischen Höhen. Welchen Maßstab man auch anlegt – KGV, Kurs-Buchwert-Verhältnis, Dividendenrendite –, im Vergleich mit früheren Börsenphasen sind Aktien extrem teuer. Glauben Sie wirklich, dass die Aktienkurse von diesem Niveau aus noch deutlich steigen werden?
•Anleihen: Die Zinsen sind so niedrig wie seit Jahrzehnten nicht mehr, und daher sieht es nicht so aus, als könnten Sie mit Anleihen reich werden – vor allem dann nicht, wenn die Zinsen steigen. Die Renditen langfristiger Staatsanleihen sind kaum der Rede wert, während rentierlichere Unternehmensanleihen teuer sind. Und falls ihr Anlageberater ihnen sagt, Sie sollten Anleihen der regierungsgestützten Hypothekenbanken Fannie Mae oder Freddie Mac kaufen – legen Sie den Hörer auf. Das Weiße Haus, der Kongress, das Wohnungsbauministerium und verschiedene staatliche Regulierungsbehörden haben es auf beide Institute abgesehen. Fannie Mae und Freddie Mac sitzen auf 7,3 Billionen an Hypotheken; hier steht ein Skandal bevor. (Anmerkung: „Regierungsgestützt“ bedeutet nicht etwa, dass die Regierung haftet. Wenn Freddie oder Fannie untergeht, ist der Staat nicht verpflichtet, Ihnen Ihr Geld zu erstatten.)
•Immobilien: Häuser sind bereits zu teuer für ein Investment, vor allem in den Gegenden, wo Sie gerne wohnen würden. (Sie haben sogar die Immobilienbooms im Vereinigten Königreich, Spanien, Australien, Neuseeland und anderen Ländern verpasst, wo der Preisanstieg den historischen Durchschnitt weit überschritten hat.) Die Häuserpreise in den USA steigen seit mehr als acht Jahren schneller als die Inflationsrate und sind nun eventuell um 20 bis 30 Prozent überzogen. In New York und Südkalifornien haben sich die Immobilienpreise in den letzten fünf Jahren verdoppelt. Eine massive Spekulationsblase auf dem amerikanischen Immobilienmarkt scheint sich von einer Küste zur anderen zu bewegen. Wenn sie platzt (was Blasen immer tun), könnten sich ernsthafte Probleme für Millionen von Amerikanern ergeben, die Immobilienkredite in Rekordhöhe aufgenommen haben – 750 Milliarden Dollar im Jahr 2003. Der sich daraus ergebende Vermögensverlust könnte zwischen zwei und drei Billionen Dollar liegen und einen Wirtschaftsabschwung auslösen, der so gravierend ausfällt wie damals, als die Dotcom.Blase platzte. Und selbst wenn die Blase nicht platzen sollte, sind die Preise viel zu hoch, um noch hohe Gewinne zuzulassen.
•Devisen: Die USA sind schon die größte Schuldnernation der Welt – mit mehr als acht Billionen Dollar Auslandsschulden, die alle 21 Monate um eine weitere Billion steigen. In den letzten 20 Jahren haben wir uns an den Finanzmärkten der Welt heftig verschuldet, um riesige Handelsbilanzdefizite zu finanzieren – derzeit etwa 600 Milliarden Dollar pro Jahr (oder sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts, das höchste Niveau aller Zeiten). Die Zinszahlungen für diese Verbindlichkeiten beliefen sich allein 2003 auf 330 Milliarden Dollar. Das ist etwa eine Milliarde am Tag, nur um den Dollar zu stützen. Wir leben heute vom Geld der anderen. Der Dollar ist anfälliger als je zuvor, weil die Regierung das Geld schneller ausgibt, als die Notenbank es drucken kann.
Wenn ausländische Investoren unsere Bilanzen betrachten, sehen sie, dass wir uns allmählich zu einer Bananenrepublik entwickeln, und viele haben sich schon zurückgezogen. (In den zwölf Monaten zwischen Juni 2003 und Juni 2004 beliefen sich die Netto-Auslandsinvestments in den USA auf minus 155 Milliarden Dollar.) Wenn es früher ein US-Handelsbilanzdefizit gab, finanzierten ausländische Investments unseren Lebensstandard. Heute tun dies ausländische Käufer amerikanischer Staatsanleihen – hauptsächlich asiatische Banken, einschließlich der chinesischen –, die ihre eigenen Währungen unter Kontrolle halten wollen. Sollten diese Gläubiger entscheiden, dass sie unsere Verschwendungssucht nicht mehr finanzieren wollen, dann wird der Dollar noch schwächer werden, die Zinsen und die Inflationsrate werden steigen. Die Ausländer haben schon damit begonnen, den US-Dollar zu verkaufen. Aber was sollten Sie tun? Der Schweizer Franken und der japanische Yen sind stärker als der Dollar, aber auch die Regierungen dieser Länder spielen finanzielles Monopoly, frisieren Geldmengen und Leitzinsen, um die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Produkte zu steigern. Hätten Sie Ihre Dollars Ende 2001, als der Euro 89 Cent wert war, gegen Euros getauscht, dann hätten Sie im Oktober 2004 einen Gewinn von 40 Prozent verzeichnet, weil der Euro auf 1,25 Dollar gestiegen war. Aber auf lange Sicht ist auch der Euro keine Vertrauen erweckende Währung. Sollten Sie eine großartige Währung kennen, lassen Sie es mich bitte wissen.
Rohstoffe schneiden nun schon seit Jahren besser ab als Aktien, Anleihen oder Immobilien. Der von mir begründete Rogers International Commodities Index ist in den sechs Jahren seit dem Start am 1. August 1998 um 190 Prozent gestiegen, während der Lehman Long Treasury Bond Index nur um 56 Prozent stieg und der S&P 500 um 0,542 Prozent sank. Die beiden weltweit größten Aktienfonds – der Vanguard 500 und der Fidelity Magellan – haben in den fünf Jahren bis Ende 2004 ein negatives Ergebnis erzielt.
Wie hat Ihr Aktiendepot im Vergleich zu diesen Gewinnen im Rohstoffbereich abgeschnitten? Vielleicht sind Sie bei der Aktienauswahl weit talentierter als andere. Aber selbst wenn Sie ein absolutes Genie sind, sollten Sie einen Teil dieser Gewinne in Rohstoffe investieren – oder in Unternehmen und Länder, die Rohstoffe produzieren –, und sei es nur wegen der Diversifizierung.
Ich kann mir vorstellen, dass Sie die Aussicht wenig amüsant finden, sich mit dem Auf und Ab von Sojabohnen, Zucker, Baumwolle, Rohöl und sogar Gold zu beschäftigen. Zugegeben, auch ich habe schon oft Geschmack daran gefunden, Aktien eines tollen Unternehmens billig zu kaufen und sie langfristig zu halten. Die Suche nach der nächsten GE, Microsoft oder Amgen kann natürlich ein intellektuelles und profitables Abenteuer sein. Aber als der Preis der Zucker-Futures zwischen 1966 und 1974 von 1,4 Cent auf 66 Cent stieg, gab es für diejenigen, die billig gekauft hatten, ebenfalls viel Spaß bei der Beobachtung, wie die Zuckernotierungen um mehr als das 45fache stiegen, das kann ich Ihnen versichern. Und als Rohöl in den 70ern innerhalb von nur sechs Jahren von drei auf 34 Dollar pro Barrel stieg, wäre auch jeder gern dabei gewesen! Wer 1998 in Rohstoffe investierte, verzeichnete sechs Jahre später einen Gewinn von 190 Prozent.
Ich weiß nicht, wie es bei Ihnen aussieht, aber mir macht so etwas Spaß.
STEHEN SIE ROHSTOFFEN OFFEN GEGENÜBER
Vor kurzem rief einer meiner Freunde seine Brokerin bei einer großen New Yorker Investmentfirma an, weil er mit ihr darüber sprechen wollte, einen bescheidenen Teil seines Portfolios in Rohstoffe zu investieren. „Sie sind sich schon darüber im Klaren, wie riskant Rohstoffe sind, nicht wahr?“, sagte sie. Er antwortete, er sei sich bei jeder Art von Investment über die Risiken im Klaren. Die Brokerin interpretierte das als „nein“ und erzählte eine Geschichte über einen Kollegen, der „eines der großen Eckbüros“ im selben Stockwerk belegt hatte. „Er hatte viel Geld in Rohstoffe investiert“, sagte sie. Dann, nach einer längeren Pause, sagte sie: „Er arbeitet nicht mehr für unser Unternehmen.“ Als mein Freund darauf bestand, in Rohstoffe zu investieren, gestand sie, dass sie ihm nicht helfen konnte. Sie hatte nie die zum Rohstoffhandel erforderliche Lizenz erworben; hauptsächlich deshalb, weil sie nie einen vernünftigen Grund dafür gesehen hatte. Nach einer Aktienhausse, die länger dauerte als die Karrieren vieler heute tätiger Finanzmanager und Berater, ganz zu schweigen von den Journalisten, die davon leben, ist es verständlich, dass sich die meisten Investoren und Berater nur schwer mit Rohstoffinvestments anfreunden können. Als man zum bisher letzten Mal mit Rohstoffen wirklich Geld verdienen konnte, waren diese Leute noch auf dem College oder in der Grundschule. Manche trugen damals sogar noch Windeln.
Die meisten Investoren könnten eine Art von mentaler Umprogrammierung vertragen. Es gibt Zeiten, in denen Aktien (und Anleihen) nicht das beste Investment sind. Wenn ich Ihnen zum Beispiel 1982 geraten hätte, Ihr ganzes Geld in einen S&P-500-Indexfonds zu stecken, dann hätten Sie mich für verrückt gehalten. Die Aktien hatten sich damals schon seit mehr als zehn Jahren seitwärts bewegt. Aber Rohstoffe waren gefragt: Zucker verteuerte sich zwischen 1969 und 1974 um 1.290 Prozent, Mais um 295 Prozent. Der Ölpreis verfünfzehnfachte sich in den 70er-Jahren bis auf 40 Dollar je Barrel. Gold und Silber wurden innerhalb eines Jahrzehnts um das 20fache teurer, und auch andere Rohstoffe erreichten Höchstpreise. 1979 hatte das berühmte Titelbild der Business Week bereits verkündet: „Aktien sind tot!“ 1982 stand der Dow Jones Industrial Average unter 800 Punkten – fast 20 Prozent unter dem Niveau von 1996, als er mit 995,15 Punkten erstmals fast die Marke von 1000 Punkten erreicht hatte. (Die Marke wurde offiziell erst im November 1972 übertroffen.) Jeder wusste damals: Aktien als Anlageklasse sind finito. Was man nicht wusste, war, dass der Aktienmarkt sich damals schon in der Frühphase einer Hausse befand, die fast 20 Jahre dauern sollte.
Heute ist der Zyklus wieder bei den Rohstoffen angelangt. Wie kann ich so sicher sein, dass die Rohstoffpreise in den kommenden zwölf bis 15 Jahren steigen werden? Sicher bin ich mir über gar nichts. „Sicherheit“ ist für jeden vernünftigen und verantwortungsbewussten Investor ein Fremdwort. Nur politische Ideologen, religiöse Fanatiker und andere Verrückte glauben, sie seien im Besitz der Wahrheit. Um reich zu werden, braucht man aber zum Glück weder Allwissenheit noch Sicherheit. Man muss nur aufmerksam verfolgen, auf welchen Märkten sich Chancen bieten, welche bedeutenden Veränderungen sie beeinflussen – und dann vernünftig und verantwortungsvoll handeln. Dies beinhaltet auch die Beobachtung anderer Märkte als Immobilien, Aktien und Anleihen, denn auf diesen Gebieten sind in den nächsten zehn Jahren keine signifikanten Wertsteigerungen zu erwarten. Wir stehen an einem Punkt der Geschichte, an dem man Rohstoffe ernst nehmen muss.
Natürlich würde ich gerne behaupten können, diese Schlussfolgerung sei das Resultat meiner eigenen ungewöhnlichen Genialität. Aber man kann den Beginn jeder Rohstoffhausse auf das grundlegendste aller wirtschaftlichen Prinzipien zurückführen: Angebot und Nachfrage.
ROHSTOFFE – WARUM AUSGERECHNET JETZT?
Das derzeitige Verhältnis von Angebot und Nachfrage ist, ganz einfach ausgedrückt, vollkommen aus dem Gleichgewicht geraten – ein klassisches Zeichen, dass eine lange Hausse bevorsteht.
In den 50er-Jahren, als ich ein Kind war, fuhr meine Familie von Alabama, wo wir lebten, regelmäßig nach Oklahoma, um meine Großeltern zu besuchen. Ich weiß noch, wie ich mich über die Feuer auf den Feldern neben der Straße wunderte. Niemand schien sich darum zu kümmern. Erst Jahrzehnte später, als junger Mann, der an der Wall Street nach Investmentmöglichkeiten suchte, erfuhr ich den Grund für diese Feuer. Es hatte dort Ölfelder gegeben, und 1956 hatte der oberste Gerichtshof die Regierung dazu ermächtigt, den Erdgaspreis zu regulieren. Washington hielt diesen Preis derart niedrig, dass es für die Produzenten in Oklahoma wirtschaftlich sinnvoller war, das Gas abzufackeln, als es zu fördern, während sie Öl pumpten. Und natürlich gab es keine finanziellen Anreize, neue Öl- und Gasvorkommen zu suchen, denn Energie war in den 50er- und 60er-Jahren reichlich vorhanden (und folglich billig). Die Explorer gingen Pleite, und die Suche nach neuen Vorkommen kam zum Stillstand.
Gleiches galt für die meisten anderen Rohstoffe – hohes Angebot, niedrige Preise. Aber seit den frühen 70er-Jahren hatten die Preise zu steigen begonnen. Warum? Im Lauf der Zeit leeren sich auch die größten Vorratslager. Wenn die Vorräte bestimmter Rohstoffe auch noch so groß sind – falls sie nicht regelmäßig ergänzt werden, sind sie irgendwann erschöpft, und Preissteigerungen sind die Folge. Immer mehr Amerikaner fuhren große Autos; in kalten Wintern brauchte man Heizöl, und Klimaanlagen ermöglichten es immer mehr Menschen, in Regionen des Landes zu leben, wo Hitze und Trockenheit früher jede Geschäftstätigkeit behindert hatten. Dann verschwanden alle diese riesigen Öl- und Gasvorräte – und Ersatz gab es nicht, weil in dieser Branche seit Jahren niemand mehr Geld verdient hatte. Schon bald darauf drängten sich die Investoren danach, von den steigenden Preisen zu profitieren.
Zwischen 1966 und 1982 bewegte sich der Aktienmarkt seitwärts, und zweistellige Zinsen ließen den Anleihenmarkt kollabieren. Die Rohstoffe aber boomten. Doch die hohen Preise entfalteten ihre übliche Wirkung: Sie senkten die Nachfrage und sorgten dafür, dass die Angebotsseite wieder attraktiver wurde. Man begann wieder nach Öl zu bohren, neue Minen zu eröffnen, Mais und Sojabohnen zu pflanzen. Der Goldpreis fiel zwischen 1980 und 1982 von 850 auf 300 Dollar. Zucker fiel von 66 Cent (1974) auf 2,5 Cent (1985), und der Ölpreis sank 1986 auf weniger als zehn Dollar je Barrel.
Und dann begann der Zyklus von neuem. Weil das Rohstoffangebot hoch und die Preise niedrig waren, entdeckten nach guten Chancen suchende Investoren Mitte der 80er-Jahre wieder den Aktienmarkt. Auch das war vorhersehbar: Die Investoren gehen nie in Märkte, an denen man seit langem Geld verloren hat. In den 90er-Jahren waren amerikanische Investoren von der Internetblase hypnotisiert. Sie steckten jeden Cent, den sie hatten, in „Wachstumsaktien“ mit Kurs-Gewinn-Verhältnissen von mehr als 50. Allein im Jahr 1999 investierten Venture-Kapitalisten 42 Milliarden Dollar – mehr als in den drei vorangegangenen Jahren zusammen. Mit Börsengängen wurden 68 Milliarden erlöst, 40 Prozent mehr als in irgendeinem Jahr zuvor. Aber ich kann Ihnen versichern, dass damals nicht eine einzige Zuckerplantage, Bleimine oder Ölexplorationsfirma an die Börse gegangen ist. In der Zwischenzeit erschöpften sich die Reserven der Metallminen sowie der Öl- und Gasfelder.