Rotation - Nahrung für das Gehirn - Doris Bartel - E-Book

Rotation - Nahrung für das Gehirn E-Book

Doris Bartel

4,3

Beschreibung

Die von Doris Bartel entwickelte Rota-Therapie ist gewachsen aus jahrzehntelanger Erfahrung. Durch die Maßnahmen dieser einfach durchzuführenden Therapie können sowohl leichte Formen einer zentralen Tonus-Störung wie zum Beispiel Konzentrations- und Leistungsschwächen gut aufgefangen werden, als auch Verbesserungen der Motorik und Erleichterungen in der vegetativen Regulation bei Entwicklungsstörungen und Behinderungen jeden Schweregrades erreicht werden. Therapeutische Maßnahmen und eine gebotene Alltagsgestaltung werden erlernt und täglich zu Hause mit der kompetenten fachlichen Begleitung eigenverantwortlich umgesetzt. Das Buch bietet illustrierte Erläuterungen über die Zusammenhänge von Primitivreflexen, Tonusregulation und der senso-motorischen Entwicklung des Menschen. Ebenso finden Sie viele illustrierte Darstellungen von leicht im Alltag umzusetzenden Maßnahmen zur Entwicklungsbegleitung und Prophylaxe.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 143

Veröffentlichungsjahr: 2016

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
4,3 (18 Bewertungen)
10
3
5
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



1 Einige Worte zuvor

Bei der Rota-Therapie handelt es sich um eine neu-rophysiologische Therapie, die von den Betroffenen aktiv oder passiv im privaten Umfeld selbst zu Hause durchgeführt werden kann. Rotationsimpulse als Nahrung für das Gehirn sind der Schwerpunkt dieser Therapie. Sie richtet sich sowohl an Säuglinge, Babys und Kleinkinder als auch an ältere Kinder und Erwachsene. Sie dient der Förderung der Motorik, Haltung, Konzentration und Wohlbefinden.

Die Rotationsbewegungen führen zu einer gesunden Tonusregulation.

Die Rota-Therapie behandelt Entwicklungsstörungen und Behinderungen jeden Schweregrades an der Ursache, sie behandelt neurologische und neurologisch bedingte orthopädische Krankheitsbilder (Hüftdysplasie, Hüftluxation, Klumpfuß). Sie hilft bei senso-motorischen Defiziten, die die Lebensfreude und –qualität erheblich beeinträchtigen können (Lernbehinderungen, körperliche Einschränkungen, Fehlstellungen von Gelenken, schlechter Schlaf, Schmerzen, Konzentrationsstörungen und Leistungseinbrüchen, u. ä.). Neben der Prophylaxe im Sinne der „Körper-Muskel-Pflege“ dient sie als Entwicklungsbegleitung und Förderung im Säuglingsalter, zur Abwendung drohender spastischer Behinderungen oder zur Erleichterung vegetativer und körperlicher Symptome bei irreversiblen Schädigungen des Gehirns und eventuell eingetretener Fixierung einer körperlichen Behinderung.

Durch natürliche Rotationsbewegungen im Körper und im Raum wird ein Spannungsausgleich erreicht, der zur bestmöglichen Förderung der motorischen Entwicklung, der Haltung, der Wahrnehmung und der Konzentration dient.

Die Rota-Therapie vermittelt den Betroffenen oder den Eltern Eigenkompetenz, die erlernten Übungen selbst zu Hause durchzuführen. Neben den täglichen Rotationsimpulsen, die anhand eines Übungsablaufes durchgeführt werden, gilt es ebenso Impulse im Alltag umzusetzen.

In diesem Buch werden Zusammenhänge zwischen der motorischen Entwicklung vom Neugeborenen zum Krabbelkind und möglichen, im späteren Leben auftretenden körperlichen Beschwerden, Beeinträchtigungen, Krankheiten oder Behinderungen aufgezeigt. Ebenso werden Zusammenhänge zur späteren Lern- und Konzentrationsfähigkeit des Schulkindes und des Erwachsenen hergestellt sowie die Auswirkungen auf die emotional-soziale Situation in der Familie und dem gesellschaftlichen Umfeld. (Kindergarten, Schule, Arbeitsplatz) beschrieben.

Der Ablauf der motorischen und der daran gekoppelten Wahrnehmungsentwicklung mit ihren Auswirkungen auf alle Lebensbereiche hat auf die individuelle Lebensqualität einen großen Einfluss.

Nicht jedes Anzeichen einer belasteten senso-mo-torischen Entwicklung muss sofort und unbedingt therapiert werden. Es braucht fundiertes fachliches Hintergrundwissen und die Zusammenschau der gesamten Lebenssituation, um über die Notwendigkeit und auch die Intensität einer Therapie mit dem je individuellen und realistischen Ziel entscheiden zu können. Leidet ein Mensch an Symptomen und den daraus resultierenden möglichen Defiziten durch eine belastete motorische/tonische Entwicklung, ist es ein Segen über Erkenntnisse zu verfügen diese Symptome einordnen und mit einer adäquaten Therapie helfen zu können.

Eine belastete motorische Entwicklung kann u. a. das Lernen und die Konzentration erheblich beeinträchtigen. Wenn dieser Zusammenhang durch sorgfältige Anamnese und medizinischen Befund erkannt wird, kann durch die Maßnahmen der Rota-Therapie an der Ursache gut geholfen werden. Sie bringen Hilfe zur Selbsthilfe. Wie noch oft im Text betont werden wird: Es braucht über einen gewissen Zeitraum das tägliche Üben und die Umsetzung einiger den Alltag entlastender Maßnahmen!

„Es ist nicht genug, zu wissen, man muß auch anwenden; es ist nicht genug, zu wollen, man muß auch tun!“ (J. W. v. Goethe)

Rotation reguliert die Körperspannung.

Ein zentraler Aspekt der Rota-Therapie liegt im Zusammenspiel von Gehirnentwicklung und Körper-Rotation: Die Tonusregulation – die Regulation der Körperspannung – durch das Gehirn lässt sich durch Rotationsimpulse des Körpers positiv beeinflussen. Am nachhaltigsten dann, wenn eine Störung rechtzeitig erkannt und angemessen behandelt wird. Gleich, ob eine Grundhypotonie oder Grundhypertonie (s. Kapitel 2.2) vorliegt, d. h. ob die Körperspannung zu niedrig oder zu hoch ist.

Die unmittelbare Wirkung von Körperrotation auf die Gehirnaktivität konnte im Jahre 2002 in Zusammenarbeit mit dem Institut für Kommunikation und Gehirnforschung in Stuttgart (Leiter: Günter Haffelder, www.haffelder.de) im EEG graphisch dargestellt werden. Es wurden in einem EEG-spek-tralanalytischen Messverfahren die Aktivitäten der Hirnhemisphären in zwei verschiedenen Körperhaltungen dargestellt.

Das EEG wurde zum einen abgeleitet, während der Mensch angelehnt in einem Sessel saß und zum anderen während der Mensch in einer starken Rotation des Körpers auf dem Boden lag (Verdrehung der Schulter- gegen die Beckenachse). Bei der Gegenüberstellung im Chronospektrogramm konnte gezeigt werden, dass beide Gehirnhemisphären in eine geordnete, ruhige und strukturierte Aktivität kamen, während der Körper in der Rotation lag. Es zeigte sich eine direkte Wirkung auf die Gehirnaktivität. Hier bietet sich ein Ansatz weiter zu forschen und dem Geheimnis dieses Wirkmechanismus näher zu kommen.

Anwendungsgebiete reichen von leichter bis hin zu starker Belastung.

Die Symptome und Krankheitsbilder, die durch die Rota-Therapie behandelt werden können, sind in jedem Alter so vielfältig und unterschiedlich ausgeprägt, dass es den Rahmen und auch die Intention des Buches sprengen würde hier angemessene und jeweils mögliche therapeutische Übungen und Maßnahmen aufzuzeigen. Diese können nur individuell je nach Alter, Betroffenheit und Lebenssituation erarbeitet und zusammengestellt werden.

Therapeutische Übungen finden sich in diesem Buch nicht.

Konkrete entwicklungsbegleitende und prophylaktische Maßnahmen im Alltag für die Kindergarten-und Schulkinder finden Sie in den Kapiteln 6.1 bis 6.3. Diese Empfehlungen sind in jedem Fall zusätzlich zu konkreten therapeutischen Übungen im Alltag als Unterstützung angezeigt und können sofort umgesetzt werden.

Sie finden in diesen Kapiteln auch praktische Anregungen und Abbildungen für den Umgang mit einem Säugling im Alltag. Auch diese Maßnahmen können Sie sofort umsetzen. Sie sind für jeden Säugling bequem, entwicklungsfördernd und in den Alltag unkompliziert ohne zusätzlichen Zeitaufwand zu integrieren.

Alle aufgezeigten Einflussmöglichkeiten basieren nicht auf theoretischen Überlegungen, sondern auf einer über 35-jährigen praktischen Arbeit. In diesen zurückliegenden Jahren der Berufserfahrung habe ich mit ungezählten großen und kleinen Patienten und ihren Familien gearbeitet und mit ihnen gemeinsam gute Entwicklungsfortschritte beobachtet und erlebt.

So gilt an dieser Stelle mein Dank den vielen Menschen, die ich in den zurückliegenden Jahren begleiten und beraten konnte. Durch Rückmeldungen von guten Erfahrungen sowie von Schwierigkeiten in der Umsetzung therapeutischer Forderungen habe ich viel gelernt und mich in diesen Begegnungen sowohl in fachlicher Reflexion als auch persönlich weiterentwickelt.

Wertvoll waren für mich Erfahrungen, in denen ich in Familien mit von Behinderung bedrohter Kinder über viele Stunden, Tage, ja Wochen „therapeutischen Alltag“ mitleben und gestalten konnte. Besonders diese Erfahrungen haben eine große Ausstrahlung auf nachfolgende Therapiesituationen. Vielen Dank an alle Familien und Patienten für das große Vertrauen, das ich oft als „Vorschuss“ bekam, und die gegenseitige Bereicherung, die wir nicht nur auf medizinischer Ebene miteinander hatten und haben.

Seit einigen Jahren gebe ich mein Wissen und die vielen praktischen Erfahrungen in Seminaren an Fachtherapeuten weiter.

Eine Liste der ausgebildeten Rota-Therapeutinnen und Therapeuten finden Sie auf der Homepage www.rota-therapie.de. Auch sind inzwischen die ersten Lehrtherapeutinnen ausgebildet, die meine Arbeit mit großem Engagement und Enthusiasmus weiterführen.

Vielfältige Weiterbildungsaktivitäten werden angeboten.

Ebenso gibt es sogenannte „Helfer-Seminare“. Hier wird Hintergrundwissen über Zusammenhänge von tonischer Belastung und Verhaltens- oder Lernproblemen an Menschen weitergegeben, die in den verschiedensten beruflichen Zusammenhängen in der Betreuung und/oder Förderung mit Kindern arbeiten. Ebenso werden praktische Maßnahmen zur Prophylaxe und positiven Beeinflussung von leichten Belastungen gelehrt, die dann in den je eigenen beruflichen Zusammenhang integriert werden können.

Es gibt Angebote zur Weiterbildung für Hebammen, die der Mutter und den Familien viele Maßnahmen im Sinne der physiologischen Entwicklungsbegleitung von Geburt an für den Umgang mit dem Säugling lehren können.

Es ist mir und meinen Nachfolgerinnen wichtig, breite Aufklärung über das Aussehen und die Auswirkungen persistierender frühkindlicher Reflexe und allgemeiner Tonusbelastungen zu betreiben, damit erste kleine Auffälligkeiten frühzeitig erkannt werden und korrigierend Einfluss genommen werden kann.

Sie werden in den verschiedenen Kapiteln zum Teil gleiche Gedankengänge wiederholt finden. Es sollen sich so beim Lesen wichtige Grundsätze besser einprägen.

1.1 An wen sich das Buch richtet

Das Buch richtet sich an Ärzte, Therapeuten und auch medizinische Laien, die sich beruflich, über die eigene Betroffenheit oder die Betroffenheit eines Kindes mit dem Thema der zentralen und zere-bralen Symptomenbelastungen und Behinderungen beschäftigen. Auch Lehrerinnen und Erzieherinnen werden spannende Zusammenhänge zwischen der Qualität der senso-motorischen Entwicklung des Säuglings bzw. Kleinkindes und der späteren Konzentrations- und Lernfähigkeit erkennen lernen.

Zu all diesen Bereichen gibt es viele Anregungen mit Text und Bild, wie im Sinne der Prophylaxe – der guten Entwicklungsbegleitung – und bei leichteren Belastungen unterstützende Impulse in den Alltag integriert werden können. Auch in der Schule (Kapitel 6).

Wie oben schon erwähnt, finden Sie in diesem Buch keine praktischen Anleitungen mit Fotos von therapeutischen Übungen. Bei stärkeren Belastungen oder gar Behinderungen muss auf die jeweilige individuelle Situation des Menschen so detailliert eingegangen werden, dass es unmöglich ist alle Variationen der Einflussnahme über therapeutische Übungen und Maßnahmen aufzuzeigen. Was für den einen Menschen gut und förderlich ist, kann für den nächsten gerade falsch und überfordernd sein.

Es braucht dann die Anleitung und Erarbeitung eines Übungsprogramms und der Alltagsgestaltung in der persönlichen Begegnung.

Da das Buch auch für medizinische Laien interessant sein soll, habe ich in der Regel auf lateinisch-medizinische Begriffe verzichtet. Dem Inhalt mit seinen spannenden Ausstrahlungen in alle Lebensbereiche sowohl bei leichter Betroffenheit als auch bei schweren Behinderungen tut das keinen Abbruch.

Eine Funktion, die nicht möglich ist, wird nicht geübt.

Durch die aufgezeigten Zusammenhänge wird gut nachvollziehbar, warum in der Rota-Therapie in manchen Bereichen ein Therapiegedanke wichtig ist, der zunächst einmal fremd erscheint. Das bezieht sich besonders auf das Prinzip der Rota-Therapie: Keine Funktion üben, die nicht möglich ist. Bezogen auf Grund- und Meilensteinfunktionen. (Kapitel 2.1.1)

Also konkret: Krabbeln (oder rollen, stützen, sitzen, stehen und gehen) wird nicht geübt, wenn es nicht spontan kommt. Das Argument: „Wie soll das Kind es denn lernen, wenn du es nicht übst?“ ist in diesem Zusammenhang falsch. Dieses Argument stimmt nur dann, wenn ich z. B. Klavierspielen lernen will. Das muss ich üben. Nicht aber das Krabbeln.

Desweiteren gilt in der Rota-Therapie, wenn in der Entwicklung Verzögerungen und Defizite auftauchen: Zunächst die feinmotorischen Möglichkeiten fördern und sich entwickeln helfen. Das betrifft die Augen-, Mund-, und Handfunktion, die für die Kommunikation wertvoll sind. Später erst werden die grobmotorischen Möglichkeiten so weit unterstützt, dass sie nicht auf Kosten der feinmotorischen gehen – denn diese sind für die Lebensqualität wertvoller. Mehr dazu in den folgenden Kapiteln. Lassen Sie sich auf diesen Gedanken einmal ein.

1.2 Die Entwicklung zur Rota-Therapie

Nach meiner Ausbildung zur Physiotherapeutin habe ich in verschiedenen Kliniken und Praxen gearbeitet. Im Verlauf der Arbeitsjahre habe ich Kurse und Seminare in unterschiedlichen neurophysiolo-gischen Therapieformen besucht und damit meine eigenen praktischen Erfahrungen und Beobachtungen gemacht.

Neurophysiologische Therapien nehmen über die spezielle aktive als auch passive Bewegung und Lagerung des Körpers Einfluss auf die Koordination und Regulation des Gehirns. Es kommt durch die therapeutischen Impulse zu ausgleichenden Veränderungen des Tonus und dadurch der motorischen – als auch vegetativen Funktionen. Die ersten, die solche Zusammenhänge beobachteten und therapeutisch nutzten war das Ehepaar Berta und Karel Bobath in den 1940er bis 1950er Jahren. Die differenzierte Entwicklung verschiedenster Therapie-Maßnahmen basiert auf der fortlaufenden Beobachtung von Reaktionen auf die therapeutischen Aktivitäten und führt aufgrund jeweils individueller Erfahrungen von Therapeuten zu den heute unterschiedlichen sogenannte neurophysiologischen Therapieformen. So auch die Rota-Therapie.

Aus den Reflexionen und besonders auch Rückmeldungen von Patienten und Eltern meiner Anwendung von therapeutischen Impulsen und Techniken haben sich dann im Laufe der Jahre für mich bestimmte Schwerpunkte in der Arbeit herausgebildet. Hierzu gehört neben den direkten speziellen therapeutischen Übungen besonders die gute Alltagsgestaltung. Sie kann den Therapieerfolg entscheidend beeinflussen!

Immer auf der Grundlage sowohl der medizinisch neurophysiologischen Zusammenhänge von Krankheitssymptomen und Beschwerdebildern – dazu gehören auch und besonders orthopädische –, als auch der sozialen und familiären Lebenssituation des Patienten.

1.3 Die charakteristischen Merkmale der Rota-Therapie

Zunächst wird eine ausführliche Anamnese und Befunderhebung durchgeführt. Die Erwartungen des Patienten oder der Eltern für Ihre Kinder werden erfragt und für das angestrebte Behandlungsziel berücksichtigt bzw. eventuell auch gemäß der Situation korrigiert.

Die gestellte Diagnose oder die beobachtete Symptomatik wird gemeinsam angeschaut und eingeordnet. Es werden gegebenenfalls Zusammenhänge von Belastungen zu anderen Lebenssituationen aufgezeigt und hergestellt.

Es erfolgt eine individuelle Anleitung und Einweisung in die therapeutischen Maßnahmen. Das sind einerseits bestimmte Körperübungen, die je nach Situation und Alter beim Säugling oder schwerbe-hinderten Patienten passiv, aktiv unterstützt oder aktiv zu Hause durchgeführt werden. Diese Anleitungen dienen immer der langfristigen selbstständigen Durchführung zu Hause. Es kommt nicht zu den sonst üblichen wochen- oder monatelangen regelmäßigen Terminen in der Praxis. Gerade für die Eltern betroffener Kinder ist das eine Entlastung. Die notwendigen Übungszeiten können zu Hause in den Ablauf des Alltags zeitlich so eingefügt werden, dass sie sich dem Tagesrhythmus anpassen lassen und nicht dem Terminkalender der Praxis folgen müssen.

Es wird ein individuelles Therapieprogramm für das tägliche Üben zu Hause erarbeitet.

Bei den praktischen Übungen gilt das wichtige Prinzip: Was nicht geht, wird nicht geübt. Wenn es also zu einer senso-motorischen Entwicklungsverzögerung oder Störung gekommen ist, wird nicht mit und an diesem „Mangel“ therapeutisch gearbeitet. Das therapeutische Bemühen liegt immer darin, an der Ursache zu helfen, damit nach den vorhandenen Möglichkeiten eine adäquate Funktion und Entwicklungsstufe erreicht werden kann. Auf dieses Prinzip wird in den folgenden Kapiteln noch detaillierter eingegangen.

Die beratende Begleitung – besonders in der ersten Zeit – findet über Telefon- oder E-Mailkontakt statt. Die Häufigkeit und Frequenz von persönlichen Terminen in der Praxis richtet sich danach, wie gut zu Hause die Umsetzung des Erlernten klappt. Nach den zu erwartenden Fortschritten in der Entwicklung und Veränderung der Symptomatik, werden in bestimmten Zeitintervallen weiterführende therapeutische Maßnahmen im direkten Kontakt erarbeitet.

Das Ziel ist, den Patienten und Eltern eine hohe Eigenkompetenz zu vermitteln. Das geschieht über detaillierte Hintergrundinformationen und Aufklärung über die individuelle Situation.

Zu diesem Thema „Stärkung der Elternkompetenz in Schwangerschaft und früher Kindheit“ hat die Rota-Therapie mit Erfolg am „Deutschen Präventionspreis 2006“ teilgenommen. Dieser wird mit wechselnden Themen jährlich ausgeschrieben vom Bundesministerium für Gesundheit, der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und der Bertelsmann-Stiftung.

Deutscher Präventionspreis 2006

Mundmotorische therapeutische Impulse werden immer in die Maßnahmen mit einbezogen. (s. hierzu Kapitel 2.8)

Die Alltagsgestaltung ist ein wichtiger Bestandteil des Therapiekonzeptes.

Nach Notwendigkeit der Symptome und des Therapiezieles gehört eine angepasste Alltags- und gegebenenfalls Arbeits- und Freizeitgestaltung in die therapeutische Beratung. Die Umsetzung dieser Maßnahmen kann bei entsprechender Symptomatik ausschlaggebend für den Therapieerfolg sein!

Je nach Lebenssituation werden Familienmitglieder, Betreuerinnen und/ oder Pädagogen in Kindergarten oder Schule sowie Pflegepersonal in die erforderlichen therapeutischen Maßnahmen eingewiesen.

Alle Maßnahmen werden direkt unter Anleitung eingeübt, bei Bedarf auch in der häuslich familiären Umgebung, in Kindergarten oder Schule.

Intensivtherapiewochen sind bei Bedarf und nach Absprache möglich.

Bei Bedarf und Notwendigkeit werden Intensivtherapiewochen angeboten und durchgeführt. Das bedeutet, dass über einen Zeitraum von ein oder zwei Wochen alle therapeutischen Maßnahmen über mehrere Stunden am Tag von qualifizierten Rota-Therapeutinnen durchgeführt werden. Dies ist auch als Hausbehandlung möglich. Die Intensivtherapiewoche ist dann zu empfehlen, wenn ein schwereres Symptomenbild vorliegt und es gilt, eine Fixierung von pathologischen tonischen Mustern oder einen Entwicklungsstillstand zu verhindern. Es soll ein bestmögliches Entwicklungspotential herausgearbeitet werden, welches dann im weiteren Verlauf durch im Alltag reduzierten zeitlichen Therapieaufwand zu halten ist.

Ebenso sind solche Wochen als „Atempause“ für die Eltern gedacht, die sich Erholung von dem zum Teil körperlich als auch emotional extrem fordernden Alltag mit einem schwer betroffenen Kind oder Angehörigen gönnen sollen.

2 Hintergrund

2.1 Die motorische Entwicklung vom Neugeborenen bis zum Krabbelkind

Die Entwicklung der sogenannten „Meilensteine“ – das sind die Etappen der motorischen Entwicklung – läuft nach einem immer gleichen, jedem Menschen angeborenen Muster ab. Es ist ein genetisches Programm, welches sich entsprechend der fortschreitenden Gehirnreife abspult.