Rowan - Kampf gegen die Drachen - Aileen O'Grian - E-Book
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Rowan - Kampf gegen die Drachen E-Book

Aileen O'Grian

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Beschreibung

Band 1 der Kurzromanreihe um den Magier Rowan - Rowan besitzt schon als Kind die magischen Fähigkeiten der Familie – so zum Beispiel mit Heil-Liedern, Handauflegen, Pflanzen und Kräutern zu kurieren und mit Tieren zu sprechen. Sein Großvater Bunduar, ein mächtiger Großmagier, fördert Rowans Begabungen und bereitet ihn darauf vor, einmal sein Nachfolger und ein bedeutender Beschützer des Magierreichs zu werden. Dabei möchte Rowan viel lieber wie seine Freunde ein edler Ritter werden. Als Drachen in das Land einfallen und die Menschen bedrohen, erkennt Rowan schließlich, wie wichtig Magier sind.

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2016

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Inhaltsverzeichnis

Rowan - Kampf gegen die Drachen

Fantasyroman von Aileen O‘Grian

Begriffserklärungen

Aileen O‘Grian

Rowan - Kampf gegen die Drachen

Fantasyroman von Aileen O‘Grian

Impressum

Aileen O‘Grian

c/o Papyrus Autoren-Club,

R.O.M. Logicware GmbH

Pettenkoferstr. 16-18

10247 Berlin.

Copyright © 2016 Aileen O’Grian

Alle Rechte vorbehalten

Lektorat: Birgit Maria Hoepfner

www.textewerkstatt.de

Bild: © Dusan Kostic - Fotolia.com

Covergestaltung: TomJay - www.tomjay.de

Rowan schob seine Ärmel hoch, dann fasste er seinen Holzstock fest mit beiden Händen, machte zwei Ausfallschritte und schlug auf den Zaun ein. Ab und zu streifte er dabei den armen Apfelbaum, der direkt daneben stand. Er war so eifrig dabei, dass er weder das Stampfen des Maultiers hörte noch wie seine Mutter Salawin herantrat.

„Rowan, was hat dir der arme Baum getan?“ In ihrem Tonfall lag ein leichter Tadel.

Rowan fuhr mit tänzelnden Schritten herum, immer noch beide Hände fest um den Stecken geschlossen und hob ihn hoch.

„Gar nichts, aber der Waffenmeister Peruan hat gesagt, ich muss fleißig üben.“

Salawin schüttelte den Kopf. „Die Baumgeister werden dir böse sein, wenn du ihre Bäume schlägst.“

„Aber ich kann doch nicht einfach das Maultier schlagen.“ Er schaute zu Bauer Roturs Tier hinüber, das angebunden an einem Pfosten vor ihrer Hütte stand, unruhig am Halfter zerrte und den Kopf warf.

„Das Tier ist von deinem Herumgehampel ganz unruhig geworden.“

„Darf ich nachher den Pfosten benutzen?“, fragte er.

Seine Mutter nickte und fuhr ihm mit der Hand über seinen Kopf. „Wenn du Großvater bittest, zeigt er dir vielleicht, wie du ein Schwert führen musst.“

Rowan runzelte die Stirn, bisher hatte Großvater ihn nur mitgenommen, wenn er im Wald oder auf der Heide Pflanzen sammelte. Dabei hatte er ihm die Namen genannt und erklärt, wozu sie dienten und wie er sie verarbeitete. Aber dass sein Großvater nicht nur etwas von Heilpflanzen und von Magie verstand, sondern auch von Waffenkunde, war ihm neu.

Siedend heiß fiel ihm ein, dass er dem Großvater versprochen hatte, sich gegen Mittag an den Teich zu setzen, um sich seinen Gedanken hinzugeben und nach innen zu wenden. Er schaute zum Himmel, die Sonne verschwand schon fast hinter den Bäumen. Ob es schlimm war, wenn er die Übung so viel später machte? Er lehnte den Stecken gegen den Zaun, der Mutters Gemüsebeet gegen Tiere schützte, und lief zu einem Weidenbaum, der am Ufer des Teichs stand. Dort setzte er sich im Schneidersitz hin und betrachtete die Wasseroberfläche. Sie war vollkommen glatt und spiegelte die Bäume und Wolken, ähnlich wie die Fensterscheiben auf Burg Wanroe, wo der König wohnte.

Er beobachtete eine Wolke, die langsam über den Teich wanderte, dabei bemühte er sich, seinen Atem ganz ruhig fließen zu lassen. Er hatte die Übung schon mehrmals mit seinem Großvater gemacht, doch jetzt sollte er allein weiterüben.

Rowan hörte den Kreuzschnabel in einem Nadelbaum singen, eine Maus raschelte durchs Laub. Rotur wechselte mit Mutter ein paar Worte, dann entfernten sich die Stimmen und die Hufschläge des Maultiers. Rowan sah nicht auf, sondern versuchte, nur die Wolken auf dem Wasser zu beobachten und an nichts zu denken.

Plötzlich kräuselte sich die Wasseroberfläche. Ein Strudel entstand, dann brach eine Fontäne aus dem See hervor und spritze alles nass. Rowan lief ein Schauer über den Rücken. Was war das? Fast wäre er aufgesprungen, aber da sein Großvater ihn angewiesen hatte, eine Weile zu üben, versuchte er, sich weiterhin zu konzentrieren. Dabei bemerkte er nicht, wie aus der Fontäne zwei Augen hervorschauten. Schließlich schwappte das Wasser bis an seine Füße, sodass er die Beine anziehen musste. Beunruhigt starrte er auf die Teichmitte.

An der Oberfläche schwamm plötzlich ein Kopf, auf dem Wasserpflanzen statt Haare wuchsen. Augen, wie glühende Kohlen, schauten ihn unverwandt an.

Vor Angst verschlug es Rowan die Sprache, und er war unfähig, sich zu bewegen. Erst nach einer Weile konnte er wieder krächzen: „Wer bist du?“

Ein tiefes Grollen war zu hören, das Wasser stieg noch einmal an, diesmal umspülte es ihn vollständig. Doch noch immer lief er nicht fort oder rief nach seiner Mutter, etwas hielt ihn zurück. Schließlich nahm er all seinen Mut zusammen und stand auf. „Bist du der Geist des Teichs? Ein Wassergeist?“, presste er heraus. Rowans Stimme klang merkwürdig piepsig. Statt einer Antwort wallte das Wasser auf und schien nach ihm zu schlagen. Es schmerzte auf der Haut. Ein Sog riss seine Beine weg. Er fiel hin und rutschte in den Teich hinein. Verzweifelt griff er um sich. Im letzten Augenblick bekam er die Äste der Weide zu fassen. Sanft gab sie ihm Halt und bog ihre Zweige zurück, sodass er ans Trockene gezogen wurde. Ein kühler Luftzug ließ ihn zittern.

Dann hörte er ein leises, glockenhelles Lachen. „Der Säugling will Magie lernen.“ Andere Laute stimmten ein. Es war eine wunderschöne, reine Melodie. Viel schöner als die Lieder der Vögel.

„Lass dich nicht ärgern“, hauchte eine Stimme in der Nähe seines Ohrs.

Rowan wollte wissen, wer dort zu ihm sprach, zwang sich jedoch, weiter auf die Wasseroberfläche zu schauen. Das Wasser war inzwischen zurückgewichen und lag wieder ruhig vor ihm. Er betrachtete in ihm sein Spiegelbild und erkannte auch die Weide, die sich fürsorglich über ihn beugte. Vor seinen Augen tanzte eine kleine Blumenfee und warf ihm eine Kusshand zu. Bald darauf schlummerte er ein.

„So ein kleiner Kerl will schon Ritter werden.“

Rowan zuckte zusammen und stieß sich seinen Kopf am Baumstamm. Vor ihm stand sein Großvater Bunduar und grinste ihn an.

„Ich habe eine kleine Fee gesehen!“, sprudelte der Junge hervor und beschrieb das winzige Wesen.

„Sumikon, die Blumenfee. Sie erscheint nur Menschen, die sie mag.“

Rowan strahlte. „Sie war nett.“ Und er erzählte von dem schrecklichen Wassergeist, der nach ihm gegriffen hatte.

Sein Großvater sah ihn ernst an. „Um Magier zu werden, muss man viel lernen und mit seinem Wissen vorsichtig umgehen.“

Rowan versprach, sofort alles zu tun, was nötig war, wenn sein Großvater ihm mehr beibringen würde. Anschließend drehte er sich um und streichelte die Weide. „Danke, dass du mir geholfen hast.“

„Du wirst Jahre dafür brauchen. Jetzt üben wir erst einmal den Schwertkampf.“ Großvater hatte einen Stock mitgebracht und Rowan holte sich seinen vom Zaun. Zuerst ließ der Großvater ihn angreifen und wehrte seine Schläge ab. Ohne viel zu sprechen, zeigte Bunduar ihm durch seine Abwehr, wie Rowan sich im Kampf verhalten musste.

„Üben wir jeden Tag?“, bat Rowan.

„Nur wenn du auch die anderen Dinge fleißig lernst.“

„Wenn ich keine Begabung zum Magier habe, könnte ich wenigstens Ritter werden“, erklärte Rowan.

„Dafür ist in ein paar Jahren noch Zeit.“

Salawin war hinzugetreten und bat sie zum Essen. In der Hütte setzten sie sich an einen großen Tisch, der neben dem Feuer stand. Mutter füllte Getreidebrei und Gemüse in Schüsseln und reichte sie ihnen.

Großvater nahm eine kleine Schüssel und trug sie vor die Haustür, dabei murmelte er ein Dankgebet an die Göttin Jaguar und die Waldgeister. Mutter und Rowan murmelten das Gebet mit. Erst nachdem Großvater sich hingesetzt hatte, begannen sie zu essen.

Später wusch Rowan die Schüsseln am Teich ab und zeigte danach seine Schreibübungen vom Vormittag seinem Großvater. Dieser holte aus ein paar Säcken, die in einer Ecke an der Decke hingen, Kräuter hervor und ließ Rowan daran riechen.

„Elfenkraut, Frauenschuh, Katzenfarn.“ Rowan nannte die Namen und ihre Anwendungsmöglichkeiten.

„Gut“, lobte Großvater.

Anschließend setzte sich Rowan neben seine Mutter, die in einer Ecke des großen Raumes an einem Webstuhl saß, und lauschte ihren Liedern. Gemeinsam sangen sie die uralten Balladen. Als es ganz dunkel geworden war, schickte Salawin ihn ins Bett. Sie schliefen gemeinsam in der Kammer nebenan, Rowan teilte sich mit seiner Mutter ein Bett.

„König Wilhar möchte, dass ich mit Rowan zum Hof komme“, hörte Rowan seinen Großvater sagen.

„Schon wieder?“, fragte Salawin.

„Er möchte, dass Rowan eine Ausbildung zum Ritter erhält.“

„Und seine Magier-Ausbildung?“

Bunduar lachte leise. „Ich habe auch beide Ausbildungen gemacht, und es hat mir nicht geschadet.“

„Er wird sich etwas auf seine Beziehungen einbilden.“

„Wenn er eines Tages Obermagier werden wird, wird es ihm helfen, wenn er mit dem König befreundet ist und höfische Sitten kennt.“

Rowan konnte die Antwort seiner Mutter nicht verstehen, da er schon fast schlief.

*

Noch bevor am Morgen die Sonne aufging, wurde Rowan von seinem Großvater geweckt. Bunduar hatte Kräuter und ein Buch in einen Sack gepackt, den er über der Schulter trug. Nach dem Frühstück machten sie sich auf den Weg zur Burg Wanroe.

Als Obermagier musste Bunduar häufig den König aufsuchen. Er kümmerte sich um erkrankte Bewohner der Königsburg, beriet König Wilhar in politischen Entscheidungen und überwachte die Ausbildung des Thronfolgers.

Diesmal besuchte Bunduar mit Rowan jedoch zuerst den heiligen Hain. „Bleib dicht hinter mir, der Weg zum Heiligtum ist schmal. Wer ihn verfehlt, versinkt“, warnte ihn sein Großvater und schritt über den Damm zur Insel im Moor. Zu Beginn standen an beiden Seiten Bäume und Büsche, doch nach und nach wichen sie zurück und nur noch Moose und Gräser bedeckten den trügerischen Grund.

Rowan hielt sich am Umhang seines Großvaters fest und bemühte sich, in dessen Fußstapfen zu treten. Allerdings waren sie zu weit auseinander, und so musste er zwei Schritte machen, wo sein Großvater einen machte. Hier gab es weder Hasen noch Rehe, noch nicht einmal Vögel. Rowan fühlte sich beklommen. Er lugte an seinem Großvater vorbei nach vorne. Der Weg schien ewig zu dauern. Noch nie hatte Bunduar ihn hierher mitgenommen. „Du bist zu klein, um an den Feierlichkeiten zu Ehren der Göttin Jaguar teilzunehmen“, hatte er bisher gesagt und Rowan daheim gelassen.

Endlich tauchten vor ihnen Bäume und Büsche auf. Erleichtert beeilte sich Rowan, festen Boden zu erreichen. Ein kleiner rot-blauer Vogel saß auf einem Ast und sang. Er ließ sich von Bunduar und Rowan nicht stören, als sie dicht an ihm vorbeigingen.

Garudin, der Hohepriester, erwartete sie bereits und trat ihnen entgegen.

„Segne den Jungen“, bat Bunduar und schob Rowan zu einem großen roten Stein, auf dem eine Bronzeschale stand.

Der weißhaarige Priester nickte ihm freundlich zu, als Rowan sich demütig verbeugte.

Der Hohepriester winkte einem zweiten, jüngeren Priester zu, der ihm einen Korb reichte. Garudin murmelte ein Gebet, während er drei Ölkrüge aus dem Korb nahm und auf den Altar stellte. Anschließend entzündete er in der Bronzeschale Torf mithilfe von Zunder und einem Feuerstein.

Der jüngere Priester sprach Garudins Gebete mit, schließlich stimmte auch Bunduar ein. Als ein Gebet, das Rowan von seiner Mutter kannte, gesprochen wurde, fiel auch er mit ein. Als sie geendet hatten, winkte Garudin den Jungen näher heran und reichte ihm einen Ölkrug. Dann forderte er Rowan auf, Öl in das Feuer zu gießen. Gehorsam nahm Rowan den Krug entgegen, aber er reichte nicht an die Schale heran, da er zu klein war. Suchend schaute er sich um, sah aber keinen Holzklotz oder Steine, auf die er hätte treten können.

Der junge Priester trat wortlos hinzu und hob Rowan hoch. Fragend schaute Rowan zu Garudin und als dieser nickte, goss Rowan vorsichtig etwas Öl in die Flamme. Das Feuer verfärbte sich violett, weißer Rauch stieg auf und es roch nach der seltenen Moorblume.

Nun reichte Garudin Bunduar die zweite Ölkanne. Der trat heran und begann ein altes Lied zu singen, das, soviel Rowan verstehen konnte, vom Magiergeschlecht handelte. Alsdann goss auch der Großvater das Öl in die Flamme. Diesmal verfärbte sie sich grün. Wieder stieg eine weiße Rauchsäule zum Himmel empor, und diesmal roch es nach Zedernholz. Jetzt trat Garudin singend an den Altar und goss aus der dritten Kanne Öl in die Flamme. Zischend loderte eine große rote Flamme auf, und es roch nach wilden Rosen, der Wappenblume der Könige.

Die beiden Priester sangen noch mehrere Lieder. Rowan versuchte, sie sich zu merken und summte einige mit. Dann knieten sie sich mit hoch erhobenen Händen vor den Altar und beteten laut. Endlich standen sie auf und Garudin legte seine Hand auf Rowans Kopf.

„Die Göttin hat viel mit ihm vor“, murmelte der Priester Bunduar zugewandt. „Passe gut auf ihn auf und lehre ihm alles, was er bei dir lernen kann.“

Bunduar nickte und sang mit seinem Bass die Gesänge der Priester mit.

Erst nach Mittag erreichte Rowan mit seinem Großvater Burg Wanroe. Auf dem ganzen Weg dorthin hatte Rowan gedankenversunken geschwiegen. Sonst plapperte er ständig und wollte von seinem Großvater alles Mögliche wissen. Aber jetzt durchlebte er noch einmal den Vormittag im Heiligtum und versuchte, die alten Gesänge nachzusingen.

„Merke sie dir gut“, hatte sein Großvater ihm empfohlen.

Auf der Brache vor der Burg rannten ihnen zwei Jungen entgegen. „Ihr kommt spät“, rief Ottgar.

„Wir waren im Heiligtum!“, erklärte Rowan stolz.

„Du durftest da schon hin? Ich war beim Frühjahrsfest das erste Mal dabei.“ Ottgar überragte Rowan um einen Kopf. Er war auch schon drei Jahre älter.

„Und ich durfte Ottgar begleiten. Eigentlich wollte mein Großvater mich noch daheim lassen, aber der König bat ihn darum, damit Ottgar nicht allein war“, sprudelte es aus Mardok hervor.

„So ein großes Fest ist sicher aufregend“, erklärte Rowan. Dann sprang er mit den beiden anderen zum Bach hinunter.

„Lass uns Forellen fangen“, schlug Mardok vor.

Mardok und Ottgar stellten sich neben einen großen Stein ins Wasser und warteten. Rowan hatte noch nie gesehen, wie jemand mit bloßen Händen Fische fing. Großvater und Mutter aßen keine Tiere. Und ihr Nachbar, Bauer Rotur, benutzte dazu Netze. Manchmal half Rowan ihm beim Fischen.

Eine Weile schaute Rowan seinen beiden Freunden zu. Sobald ein Fisch in ihre Nähe kam, bückten sie sich und griffen mit beiden Händen zu. Mardok erwischte auch bald einen, Ottgar griff mehrmals daneben. Er war zu ungeduldig und wartete nicht lange genug, wie Rowan schnell erkannte. Rowan suchte sich einen anderen Stein und stieg ins Wasser. Es dauerte nicht lange, da schwamm eine Forelle vorbei. Lautlos und langsam bewegte sich Rowan und hatte sofort den Fisch gegriffen. Doch er spürte die Angst des Tieres, und sobald er es aus dem Wasser hob, auch den Schmerz und die Atemnot. In seiner Todesangst wand sich der Fisch in seinen Händen und Rowan ließ verschreckt los.

„Hättest du nicht besser festhalten können? So ein großer Kerl“, schimpfte Mardok. Doch Rowan wandte sich ab und stieg wieder aus dem Wasser. Ottgar kam hinterher.

„Was ist los?“, fragte er.

Rowan zuckte die Achseln. „Nichts.“

„Blödsinn, sag schon.“ Ottgar sprach leise, damit Mardok nichts verstand.

„Ich habe gespürt, wie der Fisch litt“, murmelte Rowan leise. Nicht leise genug, denn Mardok war herangetreten und hatte es gehört.

„Blödsinn, Fische spüren nichts.“

„Doch, sie leiden sehr, wenn man sie fängt.“ Rowan konnte nicht verstehen, dass seine Freunde den Schmerz der Tiere nicht fühlten. Schade, dass Ottgar so gar nichts von der magischen Begabung seiner Vorfahren geerbt hatte. Sie wären sonst sicher noch viel besser miteinander ausgekommen.

„Dummheit, wir würden verhungern, wenn wir kein Fleisch und keine Fische essen würden.“

Rowan antwortete ihm nicht, sondern lief zur Burg. Er musste seinen Großvater fragen, warum sie keine Tiere aßen. Und sie verhungerten trotzdem nicht! Aber Großvater war nirgends zu finden. Er war weder in seinen Räumen, in denen er studierte, arbeitete und schlief, noch in den Ställen.

Als Roman eintrat, versuchte der Pferdeknecht Karduar gerade, ein neugeborenes Fohlen an die Zitzen der Stute zu schieben, doch die drehte sich weg und wollte das Fohlen nicht trinken lassen. Peruan beobachtete die Situation besorgt. „Wir müssen es mit der Hand aufziehen.“

„Ich habe schon versucht, es einer anderen Stute unterzuschieben, aber das hat nicht geklappt.“ Karduar drängte die Stute in die Ecke und Peruan hielt ihren Kopf mit Gewalt fest. Aber sie wehrte sich und trat nach ihnen. Auf diese Weise konnte das Fohlen nicht trinken.

Enttäuscht wollte Rowan gerade den Stall verlassen, als seine Freunde kamen. Sie hatten ihre Fänge in der Küche abgegeben und wollten sich das kleine Fohlen anschauen.

„Großvater, Rowan hatte so eine große Forelle gefangen und sie wieder entkommen lassen, weil er angeblich den Schmerz des Fisches gespürt hat.“ Mardok zeigte mit seinen Händen, wie groß das Tier gewesen war.

„Magier spüren mehr als wir, Mardok. Nur deshalb können sie mit Elfen und Geistern in Kontakt treten.“

„Aber unsere Leute brauchen doch etwas zu essen“, verteidigte sich Mardok.

„Es ist auch nicht verboten, Fleisch und Fisch zu essen. Aber erwachsene Magier und Priester essen so etwas nicht.“

„Rowan ist doch ein Kind, er ist zwei Jahre jünger als ich.“

Peruan lachte. „Lass ihn in Frieden, er weiß selbst am besten, was gut für ihn ist.“ Er ging mit Mardok und Ottgar aus dem Stall und nickte Rowan aufmunternd zu.

Als sie gegangen waren, sagte Karduar: „Natürlich leiden Tiere unter Schmerzen und Angst. Wer spürt, was die Tiere fühlen, kann besser mit ihnen umgehen. Du bist der beste Reiter von euch dreien, weil du mit den Tieren sprichst.“

Rowan lächelte Karduar an. Er trat näher und schaute, wie Karduar das Fohlen aus der Box trug.

„Sie hat Schmerzen.“

Karduar setzte das Fohlen ab. „Was sagst du da?“

„Die Stute hat Schmerzen, deshalb lässt sie das Fohlen nicht an das Euter.“

Karduar betrat noch einmal die Box, Rowan folgte ihm und tätschelte den Kopf der Stute, dabei murmelte er leise etwas, während Karduar die Zitzen abtastete.

„Du hast recht. Heiß und geschwollen. Vielleicht kann dein Großvater helfen.“

Er brachte das Fohlen in die Nachbarbox, dann ging er gemeinsam mit Rowan zum Falkner, wo er Bunduar vermutete. „Der neue Adler hat sich ein Bein gebrochen“, erklärte Karduar.

Bunduar stand neben dem Falkner und beobachtete einen frisch abgerichteten Habicht, der am Himmel kreiste. Auf einer Stange saß der Adler mit einem bandagierten Bein. „Das wird wieder.“ Bunduar nickte Karduar zu.

„Die junge Stute lässt ihr Fohlen nicht trinken, wir dachten erst, es wäre, weil es ihr erstes ist, aber Rowan meinte, sie habe Schmerzen, und tatsächlich sind ihre Zitzen heiß und geschwollen.“

„Dann werde ich es mir einmal ansehen.“ Er ging aber nicht gleich zum Stall, sondern suchte seine Arbeitsstube auf. Dort nahm er einige Kräuter aus seinen Säcken, zerrieb sie im Mörser und vermischte sie mit Fett.

Rowan erzählte seinem Großvater, während dieser arbeitete, von dem Fisch. „Mardok war böse, weil ich ihn losgelassen habe.“

„Natürlich spüren Tiere Schmerzen und Angst. Deshalb muss man sie gut behandeln. Und man darf Tiere nur töten, wenn es nötig ist.“

„Zum Essen ist es nicht nötig. Du isst doch auch kein Fleisch“, stellte Rowan fest.

„Fleisch macht stark. Ritter müssen es deshalb essen; außerdem reicht die Ernte häufig nicht für alle. Vor allem im Winter gehen die Vorräte oft aus, und dann muss man Tiere schlachten oder auf die Jagd gehen.“

Rowan dachte darüber nach. Sein Großvater füllte die Salbe in eine Holzdose, murmelte ein Gebet und sang dann eins seiner Heil-Lieder. Rowan stimmte ein. Eine ganze Reihe Lieder kannte er schon auswendig, aber er würde noch viele weitere lernen müssen.

Auf dem Weg zum Stall erzählte Großvater von einem guten Pferd, dass sich bei einer Jagd ein Bein gebrochen hatte. „Ich konnte ihm nicht helfen. Da Pferde meistens stehen, heilen die Brüche nicht gut. Bevor es sich quälte und dann doch starb, habe ich es getötet.“

Rowan schluckte.

„Das gehört auch zu unserer Arbeit“, sagte Großvater.

Karduar erwartete sie schon. Bunduar betrat die Box und redete leise auf die Stute ein. Sie wurde ganz ruhig und ließ sich widerstandslos von ihm untersuchen. Schließlich verlangte er eine Schale und wies Rowan an, den Kopf der Stute zu halten und leise mit ihr zu sprechen.

Er selbst zog ein Messer aus seinem Gürtel und schnitt die entzündete Stelle auf. Übel riechender Eiter quoll aus der Wunde. Bunduar drückte mit seinen Händen, während Karduar den Eiter in der Schale auffing. Anschließend rieb Bunduar die Wunde und die Umgebung mit der Salbe ein. Er wies Karduar an, stündlich die Salbe erneut aufzutragen. Dann ging er zum Fohlen hinüber. Das Tier lag geschwächt auf dem Stroh. Er hob es hoch und trug es zu seiner Mutter hinüber. Leise stimmte er ein Lied an, das Rowan noch nie gehört hatte, und hielt das Fohlen an die Zitze. Diesmal ließ die Stute es trinken. Vorsichtshalber trug Bunduar es hinterher wieder in die Nachbarbox.

„Ich schaue nachher vorbei, dann helfen wir dem Fohlen noch einmal beim Trinken.“

Er ging zum Brunnen und wusch sich die Hände und Unterarme, dazu holte er ein Stück Seife aus einem Beutel, der an seinem Gürtel hing. Rowan folgte seinem Beispiel.

*

Am nächsten Morgen ging es dem kleinen Fohlen schon viel besser. Es stand jetzt bei seiner Mutter und sie kümmerte sich liebevoll um ihr Kind.

„Das hast du gut erkannt“, lobte der König Rowan. Er ließ sich gerade seinen Hengst satteln und schaute nebenher nach der Stute und dem Fohlen. „Es wird sicher ein prächtiges Tier. Mein Hengst ist der Vater und die Mutter der Stute war lange Zeit mein bestes Streitross.“

Karduar brachte den Hengst des Königs und einen Wallach für Bunduar. Draußen auf dem Hof wartete schon Peruan auf sie. Nachdem sie fortgeritten waren, um einen Streit zwischen Schäfern und Bauern zu schlichten, gab Karduar Rowan Sattel und Zaumzeug und führte ihn zu einer kleinen Stute, die er reiten sollte.

Rowan streichelte das Pferd und redete leise mit ihm. Bereitwillig senkte es den Kopf und ließ sich aufzäumen. Dann musste Rowan sich einen Schemel holen, um den Sattel auflegen zu können.

---ENDE DER LESEPROBE---