Royal Danger - Geneva Lee - E-Book

Royal Danger E-Book

Geneva Lee

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Beschreibung

Er liebt sie mehr als alles andere. Doch ist das genug?
Band 11 der grandiosen »Royals«-Saga …


Belle und Smith haben sich entschlossen, von London aufs Land zu ziehen. Smith hofft, die hochschwangere Belle auf diese Weise vor den Gefahren abzuschirmen, die die königliche Familie nach wie vor umgeben. Die beiden freuen sich auf ihre gemeinsame Zukunft, und als schließlich die erste gemeinsame Tochter Penny geboren wird, scheint das Familienglück perfekt. Doch der Schein trügt: Belle fällt nach der Geburt in eine tiefe Depression und Smith muss hilflos dabei zusehen. Die beiden entfernen sich immer weiter voneinander und plötzlich ist nichts mehr, wie es vorher war. Smith beginnt sich zu fragen, ob das neue Zuhause wirklich der sichere Hafen ist, für den er es gehalten hat ...

Die gesamte »Royals«-Saga von Geneva Lee

Clara und Alexander:
Band 1 – Royal Passion
Band 2 – Royal Desire
Band 3 – Royal Love

Belle und Smith:
Band 4 – Royal Dream
Band 5 – Royal Kiss
Band 6 – Royal Forever

Clara und Alexander – Die große Liebesgeschichte geht weiter:
Band 7 – Royal Destiny
Band 8 – Royal Games
Band 9 – Royal Lies
Band 10 – Royal Secrets

Belle und Smith – Ihre Liebe wird auf den Prüfstand gestellt:
Band 11 – Royal Danger
Band 12 – Royal Flames

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 307

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Buch

Belle und Smith haben sich entschlossen, von London aufs Land zu ziehen. Smith hofft, die hochschwangere Belle auf diese Weise vor den Gefahren abzuschirmen, die die königliche Familie nach wie vor umgeben. Die beiden freuen sich auf ihre gemeinsame Zukunft, und als schließlich die erste gemeinsame Tochter Penny geboren wird, scheint das Familienglück perfekt. Doch der Schein trügt: Belle fällt nach der Geburt in eine tiefe Depression, und Smith muss hilflos dabei zusehen. Die beiden entfernen sich immer weiter voneinander, und plötzlich ist nichts mehr, wie es vorher war. Smith beginnt sich zu fragen, ob das neue Zuhause wirklich der sichere Hafen ist, für den er es gehalten hat …

Autorin

Geneva Lee ist eine hoffnungslose Romantikerin und liebt Geschichten mit starken, gefährlichen Helden. Mit der »Royal«-Saga, der Liebesgeschichte zwischen dem englischen Kronprinzen Alexander und der bürgerlichen Clara, traf sie mitten ins Herz der Leserinnen und eroberte die internationalen Bestsellerlisten im Sturm. Geneva Lee lebt zusammen mit ihrer Familie im Mittleren Westen der USA.

Besuchen Sie uns auch auf www.instagram.com/blanvalet.verlagund www.facebook.com/blanvalet.

GENEVA LEE

Roman

Band 11

Deutsch von Charlotte Seydel

Die Originalausgabe erschien 2020 unter dem Titel »Breathe Me« bei Ivy Estate, New York.Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Copyright der Originalausgabe © 2020 by Geneva Lee

Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2022 by Blanvalet in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München

Redaktion: Susann Rehlein

Umschlaggestaltung und -motiv: © Johannes Wiebel | punchdesign, unter Verwendung von Motiven von stock.adobe.com (FC, pacrovka)

LA · Herstellung: sam

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN 978-3-641-29130-3V002

www.blanvalet.de

Für diejenigen, die kämpfen – für sich, für andere, für die Liebe:Gebt niemals auf.

1

Smith

Der Weg zur Hölle war mit Renovierungsstaub gepflastert. Ich stolperte über eine gefährlich abgestellte Holzsäge und sah zu, dass ich an den zwei Männern vorbeikam, die sich über den Fugenmörtel für die hintere Küchenwand stritten. Wenn ich nicht aufpasste, wurde ich noch in diese verdammte Debatte hineingezogen. In meinen zehn Jahren als Anwalt hatte ich genug Streitereien erlebt, um zu wissen, dass manche Schlachten es nicht wert waren, ausgefochten zu werden, insbesondere wenn es um Fliesen ging. Ich hatte nur eine Sache im Kopf – eine Person –, und ich hatte keine Lust, mit jemandem zu sprechen, bevor ich sie gesehen hatte. Ich ließ meine Frau Belle äußerst ungern einen Tag lang mit einem ganzen Handwerkertrupp allein. Zum einen, weil sie sich immer wieder neue Aufgaben ausdachte, die im Haus noch zu erledigen waren, aber vor allem, weil ich sie begehrte. Nicht dass ich ihr nicht vertraut hätte, ich wollte sie nur eben am liebsten ganz für mich allein haben. In den letzten Tagen hatte ich sie mit zehn Handwerkern, einem Vorarbeiter und den Hausangestellten teilen müssen. Vorbei waren die glorreichen Tage, in denen ich sie gevögelt hatte, kaum dass wir die Halle unseres Londoner Stadthauses betreten hatten. Das hatte ich gewusst, als ich darauf drängte, aufs Land zu ziehen. Ich hatte nur nicht damit gerechnet, dass ich sie in dem Chaos noch nicht einmal finden könnte, von vögeln ganz zu schweigen.

Fünf Monate lang hatten wir nach dem perfekten Anwesen gesucht und waren dabei immer wieder aneinandergeraten. Es hatte sich herausgestellt, dass wir sehr gegensätzliche Bedürfnisse hatten. Sie wollte eine heimelige Atmosphäre. Ich wollte eine moderne Küche. Sie wollte unbedingt einen Swimmingpool. Ich hasste Pools. Sie wollte höchstens eine Autostunde von London entfernt sein. Ich wollte sie so weit wie möglich von dieser Stadt wegbringen. Diesen Wunsch hatte ich allerdings nie geäußert. Doch zweifellos ahnte Belle, dass ich sie nicht nur von der chaotischen Stadt, sondern auch von ihrem Freundeskreis fernhalten wollte. Ich liebte ihre Freunde fast so sehr wie sie selbst, sie waren wie eine Familie für uns, aber beste Freunde der Monarchie zu sein machte uns zur Zielscheibe. Es war an der Zeit, ein neues Kapitel aufzuschlagen. So weit waren wir uns einig, auch wenn wir uns über alles andere stritten.

Schließlich hatten wir ein Haus gekauft, das so viele unserer Kriterien wie möglich erfüllte, und was nicht passte, wurde herausgerissen. Thornham Park war im späten sechzehnten Jahrhundert erbaut und alle paar Jahrzehnte modernisiert worden, um die neuesten Annehmlichkeiten wie Sanitäranlagen einzubauen sowie den Launen der verschiedenen Besitzer gerecht zu werden. Sussex lag für meinen Geschmack vielleicht nicht weit genug von London entfernt, aber das Anwesen bot ansonsten alles, was Belle sich wünschte, und erfüllte den einzigen Punkt, auf dem ich bestand: dass wir aus London wegzogen.

Wie sich herausstellte, waren fünf Monate Auseinandersetzungen mit einer hormongesteuerten Schwangeren ein Klacks im Vergleich zum Umgang mit Handwerkern. Allmählich vermutete ich, dass das die ganze Zeit ihr Plan gewesen war. Solange das halbe Haus in Trümmern lag, kehrten wir immer wieder in unser Haus in Holland Park zurück, um uns zu erholen.

Eine schnelle Suche auf dem Gelände blieb erfolglos. Ich hätte es Belle nicht verdenken können, wenn sie angesichts der anhaltenden Kakofonie von Bohren, Hämmern und Sägen, die aus der Küche dröhnten, die Flucht ergriffen hätte. Der Umbau war fast abgeschlossen, aber es würde noch Monate dauern, bis wir das gesamte Anwesen auf den neuesten Stand gebracht hatten. Wir hatten uns auf die wichtigsten Elemente konzentriert: unser Schlafzimmer und das Bad, die Küche und den Wohnbereich und natürlich das Kinderzimmer. In den letzten Wochen waren wir gependelt. Belle hatte sich ein paar Tage in der Woche um ihre Patentochter Elizabeth gekümmert, um ihre beste Freundin zu unterstützen, und ich regelte in London die letzten Geschäfte. Da das Baby jeden Tag kommen konnte, hatte ich Belle endlich davon überzeugt, den größten Teil ihrer Sachen herzuschaffen. Jetzt musste ich sie nur noch davon überzeugen, länger als einen Abend am Stück hierzubleiben.

Zwanzig Minuten später hatte ich alles abgesucht, und mir blieb nichts anderes übrig, als den Teil des neuen Hauses aufzusuchen, den ich am wenigsten mochte: den Pool. Es schien Ironie des Schicksals zu sein, dass wir endlich das perfekte Landhaus in der Nähe von London – Belles Wunsch – gefunden hatten, mit allen Sicherheitsmerkmalen, auf denen ich bestanden hatte, nur um dann festzustellen, dass es einen verdammten Pool im Keller gab. Der Zufall hinterließ einen bitteren Geschmack in meinem Mund. Im Haus meiner Familie in Kensington, in dem ich aufgewachsen war, nachdem wir aus Schottland weggezogen waren, hatte es ebenfalls einen Pool im Keller gegeben. Meine Erinnerungen an diesen Pool waren davon überschattet, dass ich darin die Leiche meines Vaters gefunden hatte. Ich war froh gewesen, den alten Kasten nach unserer Hochzeit zu verkaufen und mit Belle nach Holland Park zu ziehen. Auch ohne die düsteren Erinnerungen an mein Elternhaus war ich nicht begeistert von einem Pool, insbesondere weil wir ein Kind haben würden, aber ich konnte nicht leugnen, dass das Anwesen ansonsten perfekt war.

Als ich die feuchtwarme Luft in der unteren Etage spürte, fand ich sie. Sie zog ihre Bahnen im Pool, das Wasser um sie herum schlug kleine Wellen, und ihr wohlgeformter Hintern wölbte sich über der Oberfläche und bot mir eine kleine Privatvorstellung. Belle trug nicht einen Fetzen Stoff am Leib. Das Haus war voller Handwerker, und sie badete hier unten nackt. Ich spürte, wie auf vertraute Weise das Blut in meine Lenden pumpte. Egal, wie oft ich sie sah, wie oft ich sie vögelte oder liebte, es war immer dasselbe. Ich wollte nur noch mehr.

Sie erreichte die geflieste Wand mir gegenüber und hielt sich am Rand fest. Wassertropfen perlten ihren Rücken hinunter, als sie ihr nasses Haar schüttelte.

»Willst du mich weiter anstarren, du perverser Kerl?«, rief sie mit hoher Stimme und machte sich nicht die Mühe, sich umzudrehen.

»Ich weiß meinen wertvollen Besitz zu würdigen.« Ich würde mich nicht dafür entschuldigen, dass ich meine Frau bewunderte. Weder ihr noch sonst jemandem gegenüber. Sie war die Verkörperung all meiner Träume.

Schließlich warf Belle mir über die Schulter ein verschmitztes Grinsen zu, als ob sie genau wüsste, was ich dachte, dann drehte sie sich um, um mir einen Blick auf ihre Vorderseite zu gewähren. Ihre ehemals kleinen kecken Brüste hatten sich zu prallen Kugeln entwickelt, deren dunkle Nippel darum bettelten, von mir in den Mund genommen zu werden. Ich griff nach unten, um meinen Schwanz zu richten, und ließ meinen Blick unter die Wasseroberfläche zu ihrem gewölbten Bauch wandern, in dem unser Kind heranwuchs. Sie war schon immer so hübsch gewesen, wie ihr Name es andeutete, aber jetzt war sie die verdammt schönste Frau auf dem Planeten.

»Wenn eine Frau von Blicken schwanger werden könnte …«, scherzte sie, strich sich über den Bauch und zwinkerte mir zu.

»Komm her.« Ich lockte sie mit dem Zeigefinger. »Ich will dir etwas zeigen.«

»Ich glaube, ich kann es von hier aus sehen«, sagte sie trocken, biss sich jedoch in die Unterlippe.

Grinsend blickte ich an mir hinunter. »Was für eine schmutzige Fantasie Sie haben, Mrs. Price.«

»Was für einen Riesenschwanz Sie haben, Mr. Price«, schnurrte sie.

»Wie kannst du das von da drüben erkennen?« Ich griff nach dem Handtuch, das sie auf der Chaiselongue liegen gelassen hatte, und hielt es hoch. »Ich will dich kein zweites Mal bitten müssen, meine Schöne.«

Selbst aus der Ferne sah ich, wie vorfreudige Schauer ihren Körper überliefen. Ein vertrauter Ausdruck huschte über ihr Gesicht. Ich hatte sie aufgefordert, zu mir zu kommen. Sie hatte sich widersetzt. Ich hatte sie gewarnt. Wir wussten beide, was als Nächstes kam.

Belle rührte sich nicht.

»Meine Schöne«, knurrte ich.

Sie genoss es fast so sehr, mich in Rage zu bringen, wie sie es genoss, gemaßregelt zu werden. Es war unsere eigene Art von Vorspiel. »Ich sollte wirklich rauskommen«, sagte sie mit einem Seufzer. »Ich glaube, heute Nachmittag kommen noch ein paar Bewerberinnen.«

Ich war nach wie vor nicht davon überzeugt, dass wir ein Kindermädchen brauchten. Wir hatten das Thema immer wieder besprochen. Die Idee, jemand Fremdes so nah an unser Kind heranzulassen, gefiel mir nicht. Aber keiner von uns beiden konnte sich rund um die Uhr um das Baby kümmern. Belle plante, ihr Start-up Bless, einen Verleih für Couture-Mode, um ein separates Abonnement für Babykleidung zu erweitern. Ihre Geschäftspartnerin war seit Kurzem zusätzlich damit betraut worden, sich um unser jüngstes Problem zu kümmern, den Halbbruder von König Alexander. Ich plante, eine Anwaltskanzlei im Ort zu eröffnen, was absolut seriös aussehen würde und mir eine Ausrede verschaffte, künftig nicht mehr im Auftrag der Krone ermitteln zu müssen. Es war an der Zeit, dass wir uns auf uns und unsere Familie konzentrierten, damit würden wir alle Hände voll zu tun haben. Aber ich hatte in den letzten paar Jahren – im Grunde mein ganzes Leben lang – zu viel erlebt, um zu glauben, dass es so einfach sein konnte. Ich fasste nicht leicht Vertrauen in Menschen, und das aus gutem Grund. Ich konnte mir schlicht nicht vorstellen, dass wir jemanden finden würden, den ich für vertrauenswürdig hielt.

»Du machst dir Sorgen«, unterbrach Belle meine Gedanken und glitt durch das Wasser zu den Eingangsstufen. Langsam und vorsichtig stieg sie sie herauf. Mit jeder Stufe wurde mehr von ihrem üppigen Körper sichtbar und traten meine Bedenken ein Stück weiter in den Hintergrund.

»Jetzt nicht mehr«, versprach ich und strich mit der Zunge über meine Unterlippe. »Jetzt entscheide ich nur noch, was ich zuerst mit dir anstelle.«

»Ich habe nicht getan, was du gesagt hast«, betonte sie mit einem verruchten Funkeln in den blauen Augen. Ich hatte richtig vermutet, sie wollte bestraft werden.

Ich legte ihr das Handtuch um die Schultern.

»Was soll ich nur mit dir machen, meine Schöne?«, fragte ich und zog an dem Frotteetuch, in dem sie gefangen war, bis sie so nah war, wie es ihr schwangerer Körper zuließ.

Belle legte den Kopf in den Nacken, ihr Haar tropfte auf ihre Schultern, sie lächelte. »Alles, was du willst.«

In diesem Fall brauchten wir das Handtuch nicht. Ich rieb damit über ihre nackte Haut, bis sie trocken war, und hielt inne, um sie einen Moment lang zu betrachten. »Ist dir kalt?«

»Nein.« Aber sie zitterte.

Ich hob eine Augenbraue.

»Vielleicht ein bisschen«, gab sie zu.

Ich ließ meine Hand zwischen ihre Schenkel gleiten und drängte ihre Beine auseinander, damit ich über ihre von der Lust feuchte Haut streichen konnte. »Ich kann dich aufwärmen.«

»Aber ich habe dir nicht gehorcht«, murmelte sie und wand sich.

Meine Handfläche zuckte bei der Einladung. Ich beugte mich hinunter, strich mit meinen Lippen über ihren Mund und dann weiter über ihre Kieferpartie bis zu ihrem Ohr. »Ich habe nicht gesagt, dass ich dich nicht bestrafen werde. Dir wird an einigen Stellen bald ziemlich warm werden.«

Ein Hüsteln brach den Bann zwischen uns, und ich fuhr herum und stellte mich zwischen meine Frau und den Eindringling.

»Ich bitte um Verzeihung.« Humphrey, unser neuer Butler, hielt den Blick sorgsam auf den Boden gerichtet. Sein leicht gerötetes Gesicht war ebenso kantig und korrekt wie der Frack, den er trug. »Sie haben einen Gast. Ich habe sie in den östlichen Salon gebracht. Ich dachte, bei den Arbeiten in der Küche …«

»Danke«, unterbrach ich ihn. »Wir kommen gleich hoch.«

»Ich lasse etwas Tee bringen«, schlug er vor, wobei sein Blick immer noch am Boden klebte.

Nach diesem Zwischenfall würde ich einen Whiskey brauchen. Humphrey verbeugte sich, dann drehte er sich um und stieg die Treppe zum Erdgeschoss hinauf.

»Wir werden nie auch nur ein bisschen verdammte Privatsphäre haben«, brummte ich.

»Wessen Idee war es, London zu verlassen und aufs Land zu ziehen?«, erinnerte mich Belle, die sich von mir entfernte, während sie ihr Handtuch zurechtrückte, um sich vollständig zu bedecken.

»Ich will einen Neuanfang«, sagte ich. Fort aus London. Fort aus der geschäftigen Stadt. Nach allem, was uns widerfahren war, hatte Belle zugestimmt, allerdings nicht ganz so bereitwillig. Zum Glück verfügte ich jedoch über diverse Methoden, sie zu überreden – wenn wir nur einen Moment für uns hatten.

»Wollen wir Mary Poppins kennenlernen?« Belle streckte ihre Hand aus und lenkte meine Aufmerksamkeit auf das zurück, worum es eigentlich ging: unsere Zukunft. Ihre, meine und die unserer Tochter.

Ich würde mich an das Personal gewöhnen, und das Personal würde sich daran gewöhnen, uns so anzutreffen.

»Gehen wir, meine Schöne.« Ich nahm ihre Hand und führte sie zum Aufzug. Wir traten hinein, und ich drückte den Knopf für die erste Etage. »Ich begrüße sie. Komm zu uns runter, wenn du angezogen bist.«

Als wir die erste Etage erreichten, trat Belle in den Flur, dann drehte sie sich um und streckte eine Hand vor, um zu verhindern, dass die Aufzugtüren zuglitten. »Es ist doch richtig, oder? Dass wir herziehen?«

Ich hörte nur die Frage, die sie eigentlich stellte: Können wir die Vergangenheit hinter uns lassen?

Ich lächelte, dann tat ich etwas, wozu ich bei meiner Frau selten das Bedürfnis verspürte: Ich log. »Ja. Hier wird alles einfacher. Du wirst sehen.«

Sie nickte, als ich mich aus dem Aufzug lehnte, um sie zu küssen, doch ihr Körper blieb starr, und in dem Moment wurden mir zwei Dinge klar: Sie wusste, dass es eine Lüge war, aber sie hatte gehofft, mir glauben zu können.

»Ich bin in ein paar Minuten unten«, versprach sie.

Die Türen schlossen sich, und sie verschwand aus meinem Blickfeld. Ich hatte versprochen, sie zu beschützen, und fast hätte ich dafür mein Leben geopfert. Daran würde sich nichts ändern, aber bald musste ich auf zwei aufpassen. Das war hier leichter, fern von dem Chaos, das in unserem königlichen Freundeskreis herrschte.

2

Belle

Sobald ich aus der Kabine in den Korridor trat, in dem mein Refugium, wie ich es gern nannte, lag, begrüßten mich die Geräusche der Bauarbeiten im Erdgeschoss. Ich watschelte den Flur hinunter in den Ostflügel und schloss die Schlafzimmertür hinter mir. Für einen Moment lehnte ich mich von innen gegen das Holz und zog das Handtuch fest um meinen Körper. Das Leben in einem schönen Haus auf einem großen Anwesen war nicht gerade ein Zuckerschlecken. Da ich auf einem aufgewachsen war, bis ich aufs Internat ging, wusste ich, was ein solches Anwesen an Personal erforderte. Es war weise von meinem Mann, dass er darauf bestanden hatte, einen Butler, einen Koch, einen Gärtner und eine Haushälterin einzustellen. Er hatte sich um alles gekümmert – um fast alles.

Im Moment war es schwer vorstellbar, wie ruhig dieses Haus bald sein würde. Aber sobald der Polier und seine Leute ihre Arbeit beendet hatten, würden nur noch wir beide hier sein. Der nächste Nachbar war mehrere Kilometer entfernt, und in den Ort brauchte man mit dem Wagen eine Viertelstunde. Die Aussicht, hier mit meiner Familie zu leben, hätte mich glücklich stimmen müssen. Das hatte ich schließlich gewollt: Kinder mit Smith. Das wollte ich immer noch, aber ich konnte nicht umhin, mir Gedanken darüber zu machen, wie viel ich dafür aufgab. Ich hatte ihm sogar beinahe vorgeschlagen, ein Haus im Umkreis meiner Mutter zu suchen, nur damit ich jemanden in der Nähe hatte, den ich kannte. Aber ich wusste im Grunde, dass das eine schlechte Idee war.

»Kopf hoch, Soldat«, murmelte ich mir selbst zu. Ich warf das Handtuch aufs Bett und machte mich auf den Weg ins Bad, wo ich die Dusche anstellte und mich daran erinnerte, dass dies einer der vielen Gründe war, warum dieses Haus das Opfer wert war. Das gesamte Bad war entkernt, die Sanitäranlagen erneuert worden. Die Toilette sah aus wie in einem Fünf-Sterne-Resort. Smith hatte darauf bestanden, dass es genau meinen Vorstellungen entsprach, damit ich während des restlichen Umbaus einen Rückzugsort und nach der Geburt des Babys einen ruhigen Platz zum Entspannen hatte. Ich hatte mich für Carrara-Marmor entschieden, weil seine schlichte Eleganz nie aus der Mode kommen würde. Eine Badewanne für zwei Personen bot einen Blick auf die sanften Hügel hinter dem Haus. Die beiden Waschbecken lagen einander an einem langen Toilettentisch gegenüber, der von Kronleuchtern beleuchtet wurde. Nicht nur der Boden, sondern auch eine Wand war ganz mit den eleganten weißen Marmorfliesen gekachelt, davor befand sich die große ebenerdige Dusche. Eine einzelne Glasscheibe trennte die zwei Regenduschen vom übrigen Raum ab. Es war schwierig gewesen, einen Platz für die Seife zu schaffen, ohne die Wirkung zu zerstören. Schließlich war ein kleines Regal in die Wand eingelassen worden, in dem wir unsere Sachen verstauen konnten. Ich hatte den Raum so gestaltet, dass Smith und ich gleichzeitig duschen konnten. Angesichts dessen, wie regelmäßig er sich mit unter meine Dusche gesellte, hätte auch eine genügt.

Ich steckte mein Haar hoch und stieg unter die Dusche in der Hoffnung, meine Bedenken wegzuspülen, bevor ich mich mit den potenziellen Kindermädchen traf – ein weiteres Zugeständnis, das ich meinem beschützenden Ehemann gegenüber gemacht hatte. Wir hatten beide ein Geschäft zu führen. Ich hatte überlegt, meiner Geschäftspartnerin meine Hälfte an Bless, einem Couture-Kleiderverleih, zu verkaufen, aber ich konnte mir nicht vorstellen, ganz darauf zu verzichten. So sehr ich auch Mutter sein wollte, meine Identität wollte ich nicht völlig aufgeben. Da spürte ich einen heftigen Tritt in meinem Bauch, der mir den Atem raubte, als hätte mein kleines Mädchen bereits eine eigene Meinung zu diesen Dingen.

»Du könntest mich doch später zur Arbeit begleiten«, säuselte ich, strich kreisförmig über meinen immer größer werdenden Bauch und kassierte einen weiteren Tritt. »Wir Mädels müssen zusammenhalten.«

Ich sah einfach nicht ein, warum ich nicht beides sein konnte: Mutter und Geschäftsfrau. Meine beste Freundin schaffte es ja sogar, Mutter und Königin von England zu sein.

»Mit jeder Menge Personal«, erinnerte ich mich mit einem Seufzer und stellte das Wasser ab. Sogar Clara hatte anfangs ein Kindermädchen. Seit William auf der Welt war, hatte ich ihr geholfen. Frauen brauchten Frauen. Es machte mich nicht zu einer schlechten Mutter, wenn mir jemand half, und es machte mich nicht zu einer schlechten Unternehmerin, wenn ich ein Baby hatte. Ausgeglichenheit war sowieso eine Illusion. Das hatte ich in meinem ersten Jahr in der eigenen Firma gelernt.

Weil ich in Gedanken gewesen war, war mein Haar zu nass geworden, um es offen zu tragen, und ich hatte keine Zeit, es zu trocknen. Ich steckte es zu einem Knoten zusammen, trat in mein Ankleidezimmer, nahm einen blauen Seidenschal und band ihn mir kunstvoll um den Kopf. Den Großteil meiner Umstandskleider bewahrte ich in London auf, wo ich sie für Geschäftstreffen und meine Besuche im Palast brauchte. Auf dem Land entschied ich mich in der Regel für eine bequemere Garderobe, die es mir erlaubte, über Baumaterialien zu klettern, durch das hohe Gras hinter dem Anwesen zu streifen oder mich zu entspannen, nachdem die Handwerker gegangen waren. Aber heute wollte ich einen guten Eindruck machen, und dafür eigneten sich Overalls und Pullover nicht. Ich schnappte mir eine dehnbare schwarze Leggings und zog sie an, wobei ich kaum das Gleichgewicht halten konnte, als ich den hohen Bund nach oben und über meinen runden Bauch zog. Je weiter die Schwangerschaft voranschritt, desto schwieriger wurde es, die einfachsten Dinge zu tun. Ich verließ meine Seite des Ankleidezimmers und ging zu Smith’, wo ich ein einfaches weißes Oxford-Hemd fand. Ich zog es an, knöpfte die ersten paar Knöpfe zu und knotete es dann knapp über dem Bund der Leggings. Ich schlüpfte in ein Paar Samt-Birdies, das Beste, was meinen Füßen in den letzten drei Monaten passiert war, und beschloss, dass das genügte. Immerhin besser, als in Jogginghosen aufzutauchen.

Ich schnappte mir mein Telefon vom Nachttisch und machte mich auf den Weg zur Treppe, hielt jedoch inne, als ich eine Nachricht bemerkte.

Clara: Wann kommst du zurück? Vielleicht können wir uns alle zusammen zum Lunch treffen?

Ich holte tief Luft, unsicher, wie ich reagieren sollte. Mit »alle« meinte sie Edward und mich. Lunch mit Clara bedeutete, nach Buckingham zu fahren. Sie hatte ein Neugeborenes, daran ließ sich nichts ändern. Ich wusste zufällig, dass Edward sie vermisste und gern mit ihr essen und seinen neuen Neffen sehen würde. Aber in Buckingham war eben auch Alexander, und ganz gleich wie sehr Edward seine Schwägerin und Freundin liebte, nichts konnte ihn dazu bringen, einen Fuß an den Ort zu setzen, an dem Alexander lebte. Das war schon seit Wochen so, und ich konnte es ihm nicht verübeln. Ich hatte aufgehört, ihn zu fragen, wann er wieder mit seinem Bruder sprechen würde, aus Angst, dass er mich auch noch aus seinem Leben ausschließen könnte. Und jemand musste schließlich ein Auge auf ihn haben.

Ich schrieb zurück, dass ich es noch nicht sagen könne, wohl wissend, dass ich ein schwierigeres Gespräch damit nur aufschob. Ich scrollte durch meine Nachrichten, um zu sehen, ob Edward auf meine letzte freundliche Frage geantwortet hatte, ob er reden wollte. Zwei Worte hatte er geschrieben.

Alles gut.

Gut. Mehr erfuhr ich momentan nicht von ihm. Gut? Blödsinn. Es ging ihm nicht gut. Überhaupt nicht. Wem würde es schon gut gehen, wenn er seinen Mann verloren hatte? Zumal unter solchen Umständen. Er war fast nur noch unterwegs, als könnte er so seinen Sorgen entfliehen. Ich wusste nie, wann er in London oder überhaupt in England war, und Clara erwartete, dass ich sie über seinen jeweiligen Aufenthaltsort informierte. Es war mir zutiefst unangenehm, zwischen meinen besten Freunden zu stehen. Und ich fand es schrecklich, dass ich hier draußen feststeckte und die beiden nicht einfach zwingen konnte, sich endlich zusammenzusetzen und miteinander zu reden. Vermutlich fand ich einfach das Gefühl furchtbar, dass mein eigentliches Leben eine Stunde entfernt in London stattfand und ich hier festsaß.

Als ich die Treppe hinunterging, drehte ich die Lautstärke meines Klingeltons herunter und wappnete mich innerlich für das Gespräch. Die Tür zum Wohnzimmer stand offen, ich trat ein und schloss sie hinter mir, um den Baulärm zumindest etwas zu dämpfen.

Smith hielt mitten im Satz inne und drehte sich zu mir um. Sein Blick streifte mich auf eine Weise, die mir immer einen Schauer über den Rücken jagte. Selbst jetzt, bei einer der banalsten Aufgaben überhaupt – einem Vorstellungsgespräch –, spiegelte sich das Begehren in seinen grünen Augen wider. Er sah mich an wie immer: als würde er sich gleich auf mich stürzen und mich an die Wand drängen.

Und bei diesem Blick fühlte ich mich wie immer: Ich sehnte mich danach, dass er genau das tat.

Mein Mann stellte die meisten Männer in den Schatten. Es gab gut aussehende Männer, und dann gab es Smith. Dunkles Haar, einen Hauch dunkler als kastanienbraun, und markante Gesichtszüge, die ihn gottgleich aussehen ließen. Breite Schultern, ein muskulöser Oberkörper – er strahlte eine natürliche Arroganz aus, der ich nicht widerstehen konnte. Anfangs hatte ich es zumindest versucht, nachdem er mich als seine Assistentin eingestellt hatte. Immerhin war ich deutlich später in seinem Bett gelandet, als zu vermuten gewesen war. Nachdem ich ihn jetzt kannte, wünschte ich, ich hätte nicht so lange gewartet. Es gab nur wenige Laster im Leben, die köstlicher waren, als einem so mächtigen und selbstsicheren Mann wie Smith Price zu gehören und von ihm dominiert zu werden. Die Vorstellung, dass ich auch nur einen Moment davon durch meine eigene Sturheit verloren hatte, war beinahe unerträglich. Selbst jetzt war ich kurz davor, ihn ins Bett zu zerren – oder zur nächstbesten freien Oberfläche.

Aber wir hatten einen Gast, und der Art und Weise nach zu urteilen, wie sie ihre unglaublich dünnen Lippen zu einer schmalen Linie zusammenpresste, missbilligte sie … anscheinend alles. Der Rest von ihr war ebenso hart, von der Hakennase bis zu ihrem streng zurückfrisierten Haar. Ich zwang ein warmes Lächeln auf mein Gesicht und ging mit ausgestreckter Hand auf sie zu.

»Das ist meine Frau Belle«, stellte Smith mich vor, und das potenzielle Kindermädchen ergriff derart fest meine Hand, dass ich dachte, sie wolle sie mir abreißen. »Belle, das ist Martha.«

»Freut mich«, sagte ich sanft, was mir nicht mehr als ein Grunzen einbrachte, dann richtete sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf Smith. Ich setzte mich zu meinem Mann aufs Sofa.

»Und die Stunden?«, fragte sie und ignorierte mich völlig.

»Das haben wir noch nicht ganz entschieden.« Er sah Bestätigung suchend zu mir.

»Wir brauchen jemanden in Teilzeit«, sagte ich. »Nachdem sie geboren ist und wir eine Weile mir ihr zu Hause waren und uns eingelebt haben.«

»Glauben Sie mir, Sie wollen keine Teilzeitkraft«, sagte sie – nicht zu mir, sondern zu Smith.

Smith legte mir beschwichtigend eine Hand aufs Knie. Spürte er, dass ich die Frau unmöglich fand?

»Ach nein?«, fragte er höflich. Ich kannte diesen Tonfall. Er war Small Talk vorbehalten.

»Beständigkeit ist essenziell. Es dauert ein paar Jahre, bis das Kind zur Schule geht, aber Struktur ist enorm wichtig. Sie sind beide geschäftlich eingebunden. Keiner von Ihnen kann die Hauptbezugsperson sein«, sagte sie und beschrieb die Situation etwas zu treffend. »Jemand muss dafür sorgen, dass Disziplin und Struktur strikt durchgesetzt werden.«

»Ich glaube nicht, dass Babys Disziplin brauchen«, platzte ich heraus. Kinderbetreuung war doch kein Bootcamp.

Marthas vernichtender Blick deutete an, dass sie da anderer Meinung war.

»Das sollte man auf jeden Fall im Hinterkopf behalten«, sagte Smith sanft und drückte zweimal mein Knie, unser Geheimcode für »Lass mich das regeln«. »Wie Sie sehen, sind wir noch dabei, die beste Lösung zu finden, und es wird eine Weile dauern, ehe wir jemanden hier brauchen.«

»Bis zur Geburt müssen jede Menge Vorbereitungen getroffen werden«, beharrte Martha.

»Natürlich, aber wir wollen trotzdem warten, bis die Bauarbeiten abgeschlossen sind.« Smith ging nahtlos von einer Ausrede zur nächsten über. »Wir melden uns.«

Wir standen alle auf, und Smith führte sie aus dem Raum. Als er zurückkam, hob ich fragend eine Augenbraue.

»Wo hast du diese Schreckschraube denn gefunden? Ich dachte, dieser Typ wäre ausgestorben.«

»Ich glaube, man hat sie alle aufs Land verbannt«, sagte er müde. »Bereit für Runde zwei?«

»Glaubst du, die sind alle so?«, fragte ich und überlegte, ob unser Tag voll von missbilligenden Marthas sein würde.

»Das will ich nicht hoffen.«

Unser Wunsch wurde erfüllt, aber anders, als wir es uns erhofft hatten. Unter den Kandidatinnen waren ein paar eher strenge konservative Gouvernantentypen, eine ehemalige Lehrerin und eine amerikanische College-Studentin, die offensichtlich auf ein schnelles Visum aus war. Keine von ihnen passte. Sie alle wollten im Haus wohnen und eine Vollzeitstelle. Das konnte ich ihnen kaum verübeln.

»Will denn keine etwas nebenher machen?«, grummelte ich.

Smith griff nach unten, hob meinen Fuß auf seinen Schoß, zog mir den Slipper aus und begann, meinen Fuß zu massieren. Ein Stöhnen entfuhr mir, und er lachte leise.

»Hör bloß nicht auf«, befahl ich, rollte genüsslich mit den Augen und entspannte mich.

»Nicht aufhören hat dich überhaupt erst in diese Schwierigkeiten gebracht, meine Schöne«, erinnerte er mich in schroffem Ton, der meine Gedanken zu dunkleren Orten wandern ließ, an die nur er mich führen konnte.

»Halt die Klappe und massier mir die Füße.«

Er fügte sich und knetete mit seinen kräftigen Händen den Stress weg, der mich die ganze Woche geplagt hatte. »Vielleicht sollten wir wirklich darüber nachdenken, jemanden Vollzeit einzustellen.«

Ich riss die Augen auf, der Zauber war verflogen. »Was? Nein.« Ich schüttelte den Kopf. »Ich will nicht, dass jemand anders unser Baby großzieht.«

»Das will ich auch nicht«, sagte er beschwichtigend. »Aber ehrlich gesagt, möchte ich auch keine Fremde in ihrer Nähe haben. Woher weißt du, dass du jemandem dein Kind anvertrauen kannst, wenn du ihn nicht kennst?«

»Wir können sie zum Essen einladen«, sagte ich. »Wir müssen ja nicht mit ihr leben.«

»War nur so ein Gedanke.« Aber es war ihm ernst, das hörte ich an seiner Stimme. Später würde er auf das Thema zurückkommen, wenn er sich mit weiteren Argumenten für seinen Standpunkt gerüstet hatte.

»Vielleicht brauchen wir auch gar kein Kindermädchen.«

»Meine Schöne«, sagte er und sprach meinen Kosenamen wie eine Warnung aus. »Das haben wir doch schon besprochen. Du willst Bless nicht aufgeben, und ich will auch gar nicht, dass du das tust. Und ich werde mit meiner neuen Kanzlei alle Hände voll zu tun haben.«

»Was hat es für einen Sinn, aufs Land zu ziehen, wenn wir uns nicht entschleunigen? In London wäre es einfach, einen Babysitter zu finden. Jane. Edward. Clara. Sie würden es alle umsonst machen, und wir kennen sie. Außerdem hat Buckingham seine eigene Armee. Unsere Tochter wäre sehr sicher.«

Ich wartete darauf, dass er mir widersprach. Stattdessen widmete er sich meinem anderen Fuß. Er wollte Zeit gewinnen. Ich hatte diesen Punkt schon ein paarmal angesprochen, jedes Mal war er mir eine Antwort schuldig geblieben. Aber wir beide kannten den Grund, warum er nicht in London sein wollte. Er wollte nicht, dass einer von ihnen auf das Baby aufpasste. Er wollte sie nicht in der Nähe haben. In gewisser Weise konnte ich es ihm nicht verübeln. Nach allem, was dort passiert war – uns und denen, die wir liebten –, schien es gefährlich zu sein, in der Stadt zu bleiben. Doch die Stadt war voll von Verbündeten, nicht nur von Feinden. Ich wusste nicht, wie ich ihm das klarmachen sollte.

Die Tür ging auf, und ein dunkler Haarschopf tauchte darin auf. »Oh, bitte entschuldigen Sie. Ich habe geklopft, aber …«

»Kommen Sie rein, Miss …«

»Miss Welter«, sagte sie und trat ein.

Ich zog meinen Fuß zurück und schob ihn in meinen Schuh, und Smith stand auf. Als ich wieder aufsah, machte ich große Augen. Die Frau, die in den Raum kam, konnte nicht älter als zweiundzwanzig sein, und sie war umwerfend. Sie strahlte Selbstbewusstsein aus und trug ein schickes Ensemble, das sich auch in meinem eigenen Kleiderschrank hätte finden können – einschließlich einem Paar Slipper mit Leopardenmuster. Ihr dunkles Haar schwang um ihre Schultern. Sie lächelte mich an. »Ich wollte nicht stören, aber der Butler sagte, ich könnte Sie hier finden.«

»Es ist schrecklich laut da draußen«, sagte ich, als sie uns gegenüber Platz nahm und ihren schwarzen Bleistiftrock glatt strich. »Wir müssen uns entschuldigen. Ich bin Belle. Das ist mein Mann Smith.«

»Nora«, sagte sie und schaute sich im Raum um. »Ihr Haus ist wunderschön. Zumindest die Teile, die schon fertig sind.«

»Danke«, sagte Smith lachend.

»Wird es fertig, bevor das Baby kommt?«, fragte sie und betrachtete meinen Bauch.

»Das hoffe ich«, sagte ich, auch wenn ich diesen Traum schon so gut wie aufgegeben hatte. Das Baby konnte jeden Tag kommen, und es musste noch einiges gestrichen und ein Dutzend kleiner Projekte erledigt werden. »Ich bin mir nicht sicher, ob sich Bauarbeiten und Kleinkinder gut vertragen.«

»Babys können bei allem schlafen«, sagte sie mit einer wegwerfenden Handbewegung und zeigte dabei gepflegte Fingernägel. »Klar, Sie wollen das sicher endlich hinter sich haben. Ich kann mir vorstellen, dass es nicht sonderlich angenehm ist, ständig fremde Leute im Haus zu haben.«

»Ja, das stimmt«, sagte Smith. »Lassen Sie uns beginnen. Also, warum sind Sie an dem Job interessiert?«

»Das hört sich jetzt sicher klischeehaft an.« Sie rollte mit den Augen. »Aber ich liebe Kinder. Ich habe angefangen, auf Lehramt zu studieren. Ich möchte Grundschullehrerin werden, aber ich hab nicht so viel Geld, also dachte ich, ich nehme mir eine kleine Auszeit, spare etwas an und gehe im Frühjahr in Teilzeit zurück an die Uni.«

»Also studieren Sie noch?«, fragte ich.

»Ja. Also, nein. Momentan nicht, meine ich«, sagte sie und wirkte zum ersten Mal seit ihrer Ankunft verunsichert. »Ich will aber zu Ende studieren, und das werde ich auch. Es ist doch eine Teilzeitstelle, oder?«

»Ist das okay?«, fragte ich und rechnete bereits mit ihrer Enttäuschung.

»Ja«, sagte sie strahlend. »In den ersten Monaten, wenn Sie mich womöglich mehr brauchen, kann ich viel für Sie da sein, und im Frühjahr kann ich dann zurück an die Uni gehen. Das Timing ist perfekt.«

Da musste ich ihr zustimmen.

»Erzählen Sie uns mehr über sich«, sagte Smith. »Ihre Bewerbung verrät nicht viel.«

»Ich bin im Norden aufgewachsen. Als ich jünger war, habe ich viel auf Kinder in der Nachbarschaft aufgepasst, doch es kommt mir seltsam vor, potenziellen Arbeitgebern zu sagen, sie sollen die Nachbarn in der Straße anrufen. Ich kann Ihnen aber gern ein paar Namen und Nummern geben, wenn Sie möchten.«

»Das wird nicht nötig sein«, warf ich ein, weil ich wusste, dass mein Mann sie ohnehin genauestens überprüfen würde, wenn er es nicht schon getan hatte.

»Außerdem muss ich gestehen, dass ich Sie gegoogelt habe«, sagte sie.

»Oh.« Ich war mir nicht sicher, was ich davon halten sollte.

»Und ich finde die Idee von Bless einfach wunderbar! Die Hälfte der Oufits, in die ich mich in den Läden verliebe, kann ich mir nicht leisten. Sie sind ein Genie.«

»Nein, nicht wirklich.« Ich schüttelte verlegen den Kopf, doch Smith ließ mich nicht entkommen.

»Sie ist bescheiden. Sie ist ein Genie.« Smith’ Blick begegnete meinem, und einen Moment lang waren wir die Einzigen im Raum. Als ich mich aus dem Bann löste, bemerkte ich, dass sie uns mit einem verträumten Lächeln beobachtete.

»Sie zwei sind einfach …« Sie presste eine Hand auf ihre Brust. Dann schüttelte sie den Kopf und griff in ihre Tasche. »Oh, ich denke, ich sollte Ihnen das hier geben. Ich bin zertifiziert in Herz-Lungen-Wiederbelebung sowie …«

Ein energisches Klopfen unterbrach sie.

»Entschuldigen Sie«, sagte Smith und drehte sich um. »Ja?«

Die Tür ging auf, und dort stand mit gelbem Schutzhelm auf dem Kopf unser Vorarbeiter Benjamin und machte ein grimmiges Gesicht. »Entschuldigen Sie die Störung, aber wir haben ein Problem.«

»Ein Problem?«, wiederholte Smith und war schon auf den Beinen.

»Sie sollten mit in den Weinkeller kommen.«

Smith folgte ihm zur Tür hinaus, und ich stand auf, hin und her gerissen zwischen dem Wunsch, ihnen zu folgen und meinem Anstand. Ich sah zu Nora, die immer noch ihre Unterlagen in der Hand hielt.

»Ich hatte keine Ahnung, dass Umbauen so aufregend ist«, gestand ich ihr. »Wollen wir mal sehen, was es jetzt wieder für ein Problem gibt?«

»Ich bin dabei.« Mit einem Grinsen ließ Nora die Papiere auf den Tisch fallen.

Kaum waren wir aus dem Wohnzimmer getreten, fiel mir die gespenstische Stille im Haus auf. Alle Bauarbeiten waren zum Stillstand gekommen. Das konnte kein gutes Zeichen sein.

»Wie lange leben Sie schon hier?«, fragte Nora, als wir die Wendeltreppe hinunter in das Untergeschoss gingen, wo sich der Pool, der Weinkeller und die Lagerräume befanden.

»Wir sind nur ab und zu hier. Die meiste Zeit verbringen wir noch in der Stadt.«

»In London?«, fragte sie aufgeregt. »Da würde ich gern leben.«

»Wir haben dort ein Haus. Ich glaube, wir können das Stadtleben nicht ganz loslassen.«

»Ich liebe London. Sussex hat seine eigenen Reize, aber ehrlich gesagt wüsste ich auch nicht, ob ich die Stadt ganz aufgeben würde«, sagte sie und fügte schnell hinzu: »Natürlich haben Sie einen guten Grund.«