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Welche Voraussetzungen müssen vorliegen, damit Rückstellungen überhaupt gebildet werden dürfen? Wie unterscheiden sich der Ansatz und die Bewertung einer Rückstellung in der Handelsbilanz und in der Steuerbilanz? Dieses Fachbuch stellt den richtigen Umgang sowohl im Handels- als auch im Steuerrecht übersichtlich dar. Die Autorin Michele Schwirkslies behandelt nicht die Bilanzposition "Rückstellung" im Allgemeinen, sondern die vielen verschiedenen einzelnen, in der Praxis häufig auftretenden Rückstellungsarten. Sie zeigt anhand von zahlreichen Beispielen und unter Beachtung der aktuellen Rechtsprechung, wie Sie bei Rückstellungen alles richtig machen. Inhalte: - Rückstellungsarten - Einordnung der Rückstellungen in das Bilanzbild - Abgrenzung der Rückstellungen von anderen Bilanzpositionen - Rückstellungen in der Handelsbilanz: Ansatz, Bewertung, Auflösung - Rückstellungen in der Steuerbilanz: Ansatz, Grundsatz der Maßgeblichkeit, Sonderregelungen, Bewertung, Auflösung - Kontierungslexikon Neu in der 2. Auflage: - Berücksichtigung von Elektro- und Hybridfahrzeugen im Berechnungsschema zur Ermittlung der Gewerbesteuerrückstellung - Berücksichtigung der aktuellen sozialversicherungsrechtlichen Beitragsbemessungsgrenzen für die Berechnung von Urlaubsrückstellungen - Wegfall der Abzinsungspflicht für Verbindlichkeiten durch das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz
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Seitenzahl: 326
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Michele Schwirkslies
Rückstellungen bilden, auflösen und buchen
2. aktualisierte und überarbeitete Auflage, August 2024
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Lektorat: Helmut Haunreiter
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Wie bildet man eine Rückstellung für Garantieverpflichtungen? Was ist bei der Ansammlungsrückstellung zu beachten? Wie bildet und bewertet man Rückstellungen für Abbruchkosten? Wie ermittelt man steuerrechtliche Rückstellungen dem Grunde und der Höhe nach? Welche Voraussetzungen müssen vorliegen, damit man eine Rückstellung für Prozesskosten bilden kann? Löst man Rückstellungen besser erfolgswirksam auf oder nicht? Wann bietet sich die Auflösung von Rückstellungen an?
All diese Fragen stellen sich Mitarbeiter von Steuer- und Wirtschaftsprüfungskanzleien, in Rechnungswesenabteilungen, aber auch Steuerberater im Rahmen der jährlichen Jahresabschlusserstellung. Rückstellungen bilden nach einer Statistik der Deutschen Bundesbank im Durchschnitt ca. 20–22 % der Bilanzsumme, sodass es sich um eine Position in der Bilanz handelt, die eine wesentliche Auswirkung auf das Jahresergebnis hat. Diese Auswirkung der Rückstellungen gewinnt noch an Bedeutung, weil mit deren Bildung oder Auflösung eine Steuerungswirkung verbunden ist. Das Bilden von Rückstellungen führt zu Aufwand, die Auflösung kann dagegen entweder erfolgsneutral oder gewinnerhöhend erfolgen. Unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe Rückstellungen gebildet werden können, hängt von zahlreichen Sachverhalten ab. Hinzu kommt, dass die Rechtsprechung diese Sachverhalte nicht nur stetig konkretisiert, sondern das gesamte Thema auch neu überdenkt und weiterentwickelt.
Mit dem BilanzrechtsmodernisierungsgesetzBilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoGBilMoG), das am 29.5.2009 in Kraft getreten ist, hat der Gesetzgeber umfangreiche Änderungen bei den Ansatz- und Bewertungsvorschriften für Rückstellungen vorgenommen, die auch heute noch die Basis für die Bildung von Rückstellungen dem Grunde und der Höhe nach darstellen. Ziel des Gesetzgebers war es, die deutschen Rechnungslegungsstandards mit dem BilMoG an den internationalen Rechnungslegungsstandard anzupassen. So wurde unter anderem § 249 Abs. 2 HGB a. F. abgeschafft, wodurch Aufwandsrückstellungen in den Jahresabschlüssen, deren Geschäftsjahre nach dem 31.12.2009 begannen, nicht mehr gebildet werden konnten. Gewinnsprünge können seither nicht mehr durch das Bilden von Aufwandsrückstellungen geglättet werden. Ein Vorteil der Streichung des § 249 Abs. 2 HGB a. F. besteht aber in der besseren Vergleichbarkeit der Informationen, die sich aus dem Jahresabschluss ergeben. In § 249 Abs. 2 HGB n. F. steht nun, dass Rückstellungen für andere als in § 249 Abs. 1 HGB bezeichneten Zwecke nicht gebildet werden dürfen. Weiterhin wurde mit dem BilMoG festgelegt, dass Rückstellungen mit dem Erfüllungsbetrag, der sich nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung ergibt, zu bewerten sind. Das heißt, dass die künftigen Preis- und Kostensteigerungen in die Bewertung der Rückstellungen mit einzubeziehen sind. Das gilt jedoch nur für das HGB, im Rahmen der steuerrechtlichen Bewertung von Rückstellungen bleiben künftige Preis- und Kostensteigerungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchstabe f EStG weiterhin unberücksichtigt.
Weiterhin sind seit der Änderung durch das BilMoG alle Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von über einem Jahr abzuzinsen (§ 253 Abs. 2 HGB). Der hierfür zu verwendende Zinssatz wird von der Deutschen Bundesbank auf Basis der vergangenen sieben Jahre ermittelt und monatlich veröffentlicht. Sowohl die Berücksichtigung künftiger Preis- und Kostensteigerungen als auch die Abzinsung führen zu einer Bilanzierung der annähernd tatsächlichen Kostenverhältnisse und werden damit der Bewertung zum Erfüllungsbetrag gerecht. Die Abzinsung im Steuerrecht ist im Unterschied zum Handelsrecht gesetzlich mit einem Zinssatz von 5,5 % fixiert (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchstabe e EStG). Die Abweichung der Abzinsungssätze führt im Ergebnis dazu, dass der Handels- und der Steuerbilanzansatz voneinander abweichen.
Durch das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz wurde die Abzinsung von Verbindlichkeiten mit 5,5 % aufgehoben. Dies galt aber nicht für Rückstellungen. Seit der Abschaffung der Abzinsung von Verbindlichkeiten ist jedoch die Diskussion entstanden, auch für die Rückstellungen die Abzinsung abzuschaffen. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung war jedoch nicht mit einer Gesetzesänderung hierzu zu rechnen.
Zu wesentlichen Änderungen durch das BilMoG kam es auch in Bezug auf die Bewertungsmethode bei den handelsrechtlichen Pensionsrückstellungen. Genaueres hierzu finden Sie in Kapitel 6.18.
Dieses Buch wird Ihnen dabei helfen, Rückstellungen dem Grunde und der Höhe nach sowohl gemäß den handelsrechtlichen als auch den steuerrechtlichen Vorschriften richtig bilden, auflösen und buchen zu können. Zahlreiche begleitende Beispiele mit den dazugehörenden Buchungen veranschaulichen, wie sich die gesetzlichen Vorgaben korrekt in die Praxis umsetzen lassen.
Das VollständigkeitsgebotVollständigkeitsgebot des § 246 Abs. 1 Satz 1 HGB besagt, dass der Jahresabschluss sämtliche Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten sowie Aufwendungen und Erträge zu enthalten hat, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Der Begriff der SchuldenSchulden ist wiederrum der Oberbegriff für VerbindlichkeitenVerbindlichkeiten und Rückstellungen.
Bilanzrechtlich ist die Schuld, also die Verbindlichkeit und die Rückstellung, die Verpflichtung zum Erbringen einer Leistung gegenüber einem Dritten, durch die das Unternehmen eine wirtschaftliche Belastung erfährt. Ist die Schuld dem Grunde und der Höhe nach explizit qualifizierbar, handelt es sich um eine Verbindlichkeit. Hat man es mit einer Verpflichtung zu tun, die dem Grunde und/oder der Höhe nach ungewiss ist, spricht man von einer Rückstellung. Rückstellungen gehören als Passivposten in der Bilanz zum Fremdkapital.
Für die steuerrechtliche Definition einer RückstellungRückstellungenRückstellungen, Definition kommen folgende weitere Merkmale hinzu:
wirtschaftliche Verursachung bis zum Bilanzstichtag,
betriebliche Veranlassung,
tatsächliche Erfüllungspflicht – »es muss mehr für eine Inanspruchnahme des Unternehmers aus einer Verpflichtung sprechen als dagegen«,
»Kennenmüssen« bis zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung.
Ob der Schuldner die Schuld tatsächlichen erfüllen kann, stellt kein Kriterium dar für die Entscheidung, ob die Verbindlichkeit oder Rückstellung in der Bilanz angesetzt wird oder nicht.
Auch muss die Schuld am BilanzstichtagBilanzstichtag nicht rechtlich bestehen, sondern kann sich über die Laufzeit eines Vertrags aufbauen.
§ 247 Abs. 1 HGB
In der Bilanz sind das Anlage- und das Umlaufvermögen, das Eigenkapital, die Schulden sowie die Rechnungsabgrenzungsposten gesondert auszuweisen und hinreichend aufzugliedern.
§ 247 Abs. 1 HGB, der regelt, was eine Bilanz beinhalten muss, richtet sich an jeden Kaufmann i. S. d. § 1 HGB sowie an Personenhandelsgesellschaften i. S. d. § 2 HGB. Auch hier ist der Begriff der Schulden wieder ein Oberbegriff für die Verbindlichkeiten und Rückstellungen.
Nachdem der Ansatz der Rückstellungen in der Bilanz dargelegt ist, betrachten wir für die Bewertung der Schuldposten die allgemeinen BewertungsgrundsätzeBewertungsgrundsätze des § 252 HGB, die auch auf die Rückstellungen Anwendung finden:
StichtagsprinzipStichtagsprinzip nach § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB: Der Bilanzposten Rückstellung ist mit seinem Wert zum jeweiligen Stichtag (Bilanzstichtag = Abschlussstichtag) darzustellen.
Grundsatz der EinzelbewertungEinzelbewertung nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB: Die Rückstellung muss individuell bewertet werden; bei gleichartigen Produkten ist eine Pauschalbewertung nach Maßgabe der Erfahrung aus der Vergangenheit möglich (vgl. Gruppenbewertung nach § 240 Abs. 4 HGB).
VorsichtsprinzipVorsichtsprinzip nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 1. Halbsatz HGB: Die Bewertung der Rückstellungen hat vorsichtig zu erfolgen, d. h., Gewinne sind erst auszuweisen, wenn sie am Bilanzstichtag tatsächlich realisiert sind, Verluste hingegen sind bereits dann bilanziell auszuweisen, wenn der Kaufmann mit ihnen rechnen musste (sog. Imparitätsprinzip).
WertaufhellungWertaufhellungsprinzip nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 2. Halbsatz HGB: Sofern ein Ereignis, das vor dem Bilanzstichtag eingetreten ist und Auswirkungen auf die Bewertung von Rückstellungen hat, dem Unternehmer zwischen dem Bilanzstichtag und dem Tag der Erstellung der Bilanz bekannt wird, handelt es sich um ein »wertaufhellendes« Ereignis, das in der Bilanz Berücksichtigung finden muss. Ein erst nach dem Bilanzstichtag eingetretenes Ereignis, das zwischen dem Bilanzstichtag und dem Tag der Bilanzaufstellung bekannt wird, ist hingegen ein sog. »wertbegründendes« Ereignis. Es darf in der stichtagsbezogenen Betrachtungsweise nicht mehr berücksichtigt werden.
PeriodisierungsprinzipPeriodisierungsprinzip nach § 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB: Die Aufwendungen in Gestalt der Rückstellungen sind Aufwendungen des laufenden Rechnungslegungsjahres und werden über Bilanzpositionen der Höhe nach dem Wirtschaftsjahr zugeordnet, in dem sie angefallen sind. Führt die Aufwendung erst nach dem Bilanzstichtag zu einer Ausgabe (Zahlungsabfluss), ist die Rückstellung im alten Jahr zu passivieren.
BewertungsstetigkeitBewertungsstetigkeit nach § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB: Gleichartige Sachverhalte sind bilanziell gleich zu beurteilen und entsprechend zu bewerten. Das Stetigkeitsgebot rechtfertigt jedoch nicht, dass die Bewertung von Bilanzposten nicht an veränderte wirtschaftliche Verhältnisse anzupassen sind.
Das Bilden von Rückstellungen, ein Mittel der Innenfinanzierung, vermittelt dem Bilanzleser ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens.
Eine Legaldefinition des Begriffs der Rückstellung liefert weder das Handels- noch das Steuerrecht. § 249 Abs. 1 HGB enthält jedoch eine abschließende Aufzählung der Arten von Aufwendungen, für die Rückstellungen gebildet werden müssen (sog. Passivierungspflicht). In § 249 Abs. 2 HGB heißt es weiter, dass für andere als die in § 249 Abs. 1 HGB bezeichneten Zwecke keine RückstellungenRückstellungen, Abgrenzung von Verbindlichkeiten gebildet werden dürfen.
Abgrenzung von den Verbindlichkeiten
Auch für den Begriff der Verbindlichkeit existiert keine handels- oder steuerrechtliche Definition. Der BFH ging jedoch in seinen Urteilen vom 18.12.2002 und vom 11.10.2007 vom Begriff des Anspruchs aus1. Anspruch ist nach § 194 Abs. 1 BGB das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen. Entsprechend dieser Beurteilung durch den BFH ist eine Verbindlichkeit eine der Höhe und dem Inhalt nach bestimmte Leistungspflicht, die erzwingbar ist.
Betrachtet man § 249 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative HGB zeigt sich, dass es sich bei einer ungewissen Verbindlichkeit um eine Rückstellung handelt. Explizit kommt es für die Abgrenzung zwischen Verbindlichkeiten und Rückstellungen auf den Begriff der Ungewissheit an. Die Ungewissheit bezieht sich auf den Grund und/oder die Höhe.
Darüber hinaus sind Verbindlichkeiten sog. Außenverpflichtungen (Verpflichtungen gegenüber einem Dritten), die der Höhe und dem Grunde nach gewiss sind. Rückstellungen hingegen sind Innenverpflichtungen.
Beispiel:
Ein Kunde der R-GmbH verletzt sich, weil er im nassen Eingangsbereich des Bürogebäudes der GmbH ausrutscht. Dies geschieht am 29.12.2022. Der Kunde verklagt daraufhin die GmbH auf Schadensersatz i. H. v. 15.000 €. Der Prozess hierzu wird voraussichtlich erst im Jahr 2023 abgeschlossen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die GmbH aus der Schadensersatzklage in Anspruch genommen wird, ist sehr hoch. Es spricht mehr dafür als dagegen, sodass die Zahlung einer Schadensersatzsumme wahrscheinlich ist. Die Höhe des Schadensersatzes ist im Jahr 2022 allerdings noch unbekannt. Aufgrund dieser Ungewissheit kann die GmbH zum Bilanzstichtag 31.12.2022 keine Verbindlichkeit, sondern nur eine Rückstellung bilden.
Abgrenzung vom passiven Rechnungsabgrenzungsposten
Der RechnungsabgrenzungspostenRückstellungen, Abgrenzung von Rechnungsabgrenzungsposten ist sowohl im Handelsrecht in § 250 Abs. 2 HGB als auch im Steuerrecht in § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG definiert: Auf der Passivseite sind als Rechnungsabgrenzungsposten Einnahmen vor dem Abschlussstichtag auszuweisen, soweit sie für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag einen Ertrag darstellen. Die Ertragswirkung der Einnahme soll in die Periode verlagert werden, in der die korrespondierenden Aufwendungen anfallen. So hat es bereits der BFH definiert.
Die Beträge des passiven Rechnungsabgrenzungspostens stehen bereits der Höhe nach fest, wodurch sich zugleich die Abgrenzung von den Rückstellungen vornehmen lässt: Eine Rückstellung ist zum Bilanzstichtag der Höhe nach ungewiss, der passive Rechnungsabgrenzungsposten bereits exakt bestimmt.
Abgrenzung von den RücklagenRückstellungen, Abgrenzung von Rücklagen
Rücklagen sind Eigenkapital, das noch nicht versteuert wurde oder durch Einzahlungen der Gesellschafter entstanden ist. Rücklagen stellen somit keinen Schuldposten dar, ganz im Gegensatz zu den Rückstellungen. Seit dem BilMoG dürfen in der Handelsbilanz keine Sonderposten mit Rücklagenanteil mehr gebildet werden (§ 247 Abs. 3 HG a. F.).
1 BFH, Urteil v. 18.12.2002 – I R 17/02, BStBl 2004, II S. 126 und BFH, Urteil v. 11.10.2007 – IV R 52/04, BStBl 2009, II S. 705.
§ 249 Abs. 1 HGB enthält zwar keine Definition der RückstellungenRückstellungen, in der Handelsbilanz, zählt aber abschließend alle Einzelfälle auf, für die in der HandelsbilanzHandelsbilanz Rückstellungen zu bilden sind. Handelsrechtlich werden fünf verschiedene Arten von RückstellungenRückstellungen, Arten unterschieden:
Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten (§ 249 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative HGB),
Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften (§ 249 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative HGB),
Rückstellungen für unterlassende Aufwendungen für Instandhaltungen, die in den ersten drei Monaten des folgenden Geschäftsjahres nachgeholt werden (§ 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HGB),
Rückstellungen für Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt wird (§ 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HGB), und
Rückstellungen für Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden (Kulanzrückstellungen) (§ 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 HGB).
Für andere als die o. g. Zwecke dürfen keine Rückstellungen gebildet werden (§ 249 Abs. 2 HGB).
Die Rückstellungs-/PassivierungspflichtPassivierungspflicht besteht im Handelsrecht für folgende Rückstellungen:
ungewisse Verbindlichkeiten,
drohende Verluste aus schwebenden Geschäften,
im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandsetzung, die im folgenden Geschäftsjahr innerhalb von drei Monaten nachgeholt werden,
im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden,
Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden, und
passive latente Steuern gem. § 247 Abs. 1 Satz 1 HGB.
Im Rahmen des BilMoG wurde das Wahlrecht zur Bildung von Rückstellungen durch den Gesetzgeber stark eingeschränkt und die Rückstellung als Instrument der Bilanzpolitik größtenteils abgeschafft. Das zeigt sich insbesondere durch die Abschaffung der Aufwandsrückstellungen (§ 249 Abs. 2 HGB a. F.). Lediglich das Passivierungswahlrecht für Pensionszusagen, die vor dem 01.01.1987 zugesichert wurden, bleibt bestehen (Art. 28 Abs. 1 EGHGB).
Für folgende Ausgaben ist durch das BilMoG eine Rückstellungsbildung nicht mehr möglich:
Rückstellungen für ihrer Eigenart nach genau umschriebene, dem Geschäftsjahr zuordenbare Aufwendungen, soweit sie am Abschlussstichtag sicher oder wahrscheinlich, jedoch hinsichtlich ihrer Höhe noch unbestimmt sind.
Rückstellungen für unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung, wenn die Instandhaltungsmaßnahmen später als drei Monate nach dem Bilanzstichtag ausgeführt/nachgeholt werden.
Für Aufwandsrückstellungen, die vor der Gesetzesänderung durch das BilMoG gebildet wurden, besteht ein Wahlrecht. Sie können beibehalten und dem ursprünglichen Bildungsgrund nach in Anspruch genommen werden. Es besteht aber auch die Möglichkeit, sie erfolgsneutral in die Gewinnrücklage einzustellen.
Die einzige Ausnahme von der Möglichkeit der erfolgsneutralen Einstellung in die Gewinnrücklage bilden die Beträge, die im letzten Geschäftsjahr vor Anwendung des BilMoG in die Aufwandsrückstellungen eingestellt wurden. Im Rahmen der erstmaligen Anwendung des BilMoG waren diese Rückstellungsbeträge bis zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme beizubehalten (und dann im Zeitpunkt der Inanspruchnahme erfolgsneutral aufzulösen) oder im Rahmen der Erstanwendung des BilMoG erfolgswirksam aufzulösen.
Für Aufwendungen, die nicht zu den in Kapitel 4.1.1 genannten fünf Fällen gehören, gilt das PassivierungsverbotPassivierungsverbot gem. § 249 Abs. 2 HGB.
Um den Zeitpunkt der Bilanzierung von RückstellungenRückstellungen, Bewertung bestimmen zu können, muss der Zeitpunkt der Verursachung oder Verwirklichung des Rückstellungsgrunds ermittelt werden. So sind Rückstellungen für Gewährleistungsverpflichtungen nach einer Lieferung mit der Umsatzrealisierung und dem Eintritt des Gewährleistungsfalls zu passivieren. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten sind zu bilden, wenn eine Verpflichtung gegenüber einem Dritten zum Bilanzstichtag rechtlich entstanden oder wirtschaftlich verursacht war und der Unternehmer mit der Inanspruchnahme aus der Verpflichtung ernsthaft rechnen musste. Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften sind zu bilden, wenn mit dem Eintritt des Verlusts ernsthaft gerechnet werden muss. Alle drei Beispiele verbindet, dass der Rückstellung ein konkreter Sachverhalt zugrunde liegt, der individuell bewertbar ist.
Für Sachverhalte, die gleichartiger Natur sind, oder wenn es sich um annähernd gleichwertige ungewisse Schulden handelt, kann die Bewertung mittels einer PauschalrückstellungPauschalrückstellung gebildet werden (vgl. § 240 Abs. 4 i. V. m. § 256 Satz 2 HGB). So z. B. im Falle von RückstellungenRückstellungen, für Gewährleistungen für Gewährleistungen. Es ist sinnvoll, die GewährleistungsrückstellungenGewährleistungsrückstellungen durch eine Sammelrückstellung zu passivieren, weil die Merkmale der Rückstellungen auf unternehmensspezifischen Erfahrungssätzen der Vergangenheit beruhen.
Für die Frage, ob eine Rückstellung zu passivieren ist, ist auf die Verhältnisse am Bilanzstichtag abzustellen. Dabei sind alle Umstände und Risiken zu berücksichtigen, die bis zum Bilanzstichtag aufgetreten sind. Insbesondere sind hierbei auch die sog. wertaufhellenden Sachverhalte zu berücksichtigen. Nach dem Gesetzeswortlaut des § 252 Abs. 1 Nr. 4 2. Halbsatz HGB ist für das Stichtagsprinzip auf zwei Termine abzustellen: zum einen auf den Bilanzstichtag und zum anderen auf den Tag der Erstellung der Bilanz. Ausgehend von diesen beiden Terminen muss es Sachverhalte und Ereignisse geben, die zwischen den beiden Terminen entstehen oder bekannt werden können. Dem Inhalt nach nimmt das Gesetz eine Unterscheidung vor zwischen Ereignissen, die bis zum Bilanzstichtag entstanden sind (objektiver Tatbestand), jedoch erst nach dem Bilanzstichtag bekannt werden (subjektiver Tatbestand), die sog. wertaufhellenden Ereignisse, und Ereignissen, die nach dem BilanzstichtagBilanzstichtag entstanden und entsprechend auch erst nach dem Bilanzstichtag bekannt geworden sind, den sog. wertbegründenden Ereignissen.
Aus dem Schrifttum und der Rechtsprechung ergeben sich zwei WertaufhellungskonzepteWertaufhellungskonzepte:
Subjektives Konzept: Der Kaufmann hat seine Bilanz so zu erstellen, wie es ein vorsichtiger und ordentlicher Kaufmann unter verständiger Würdigung aller Umstände und Verhältnisse am Bilanzstichtag tun würde. Die Bilanzierung hat so zu erfolgen, als wäre die Bilanz bereits am Bilanzstichtag erstellt worden.
Objektives Konzept: Die Bilanzierung hat so zu erfolgen, dass alle Ereignisse, die bis zum Bilanzstichtag eingetreten sind, dem Kaufmann aber erst nach dem Bilanzstichtag und vor dem Tag der Erstellung der Bilanz bekannt wurden, berücksichtigt werden. Maßgebend sind die am Bilanzstichtag vorliegenden Ereignisse unter Berücksichtigung des Kenntnisstands des Kaufmanns bis zum Tag der Bilanzaufstellung.
Das StichtagsprinzipStichtagsprinzip des § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB ist hinsichtlich der zuvor genannten Ereignisse ein dehnbarer Begriff. Auf der einen Seite dient es der abschließenden Darstellung aller Sachverhalte innerhalb einer festgelegten Periode, dem Wirtschaftsjahr. Auf der anderen Seite ist der Zeitraum der Bilanzierung bis zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung auszudehnen, wenn dem Unternehmer Sachverhalte und Ereignisse bekannt werden, deren Verursachung bereits vor dem Bilanzstichtag liegen und sich damit auf die Bilanz des aktuellen Wirtschaftsjahres unmittelbar auswirken.
Beispiele:
Beispiel 1
Eine Warenlieferung, die am 01.12.2022 ausgeführt wurde, war fehlerhaft. Der liefernde Unternehmer hat als Bilanzstichtag den 31.12. eines Jahres (Wirtschaftsjahr = Kalenderjahr). Der Kunde reklamiert daraufhin die Lieferung und macht gleichzeitig Schadensersatzansprüche geltend. Die Reklamation des Kunden erfolgte erst am 15.01.2023.
Für die Schadensersatzansprüche des Kunden muss bereits im Jahresabschluss 2022 eine Rückstellung gebildet werden, weil die Lieferung, die den liefernden Unternehmer zum Schadensersatz verpflichtet, noch vor dem Bilanzstichtag (31.12.2022) erfolgte. Die Geltendmachung des Reklamationsanspruchs des Kunden ist eine wertaufhellende Tatsache, die dem liefernden Unternehmer nach dem Bilanzstichtag, aber noch vor der Erstellung der Bilanz bekannt geworden ist. Da es sich um eine wertaufhellende Tatsache handelt, ist eine Rückstellung für den voraussichtlichen Schadensersatz zu bilden.
Beispiel 2
Der Vorstand eines an der Börse notierten Unternehmens beschließt die Belohnung seiner leitenden Angestellten für deren hervorragende Leistungen im abgelaufenen Wirtschaftsjahr 2022 mit einer freiwilligen Prämienzahlung i. H. v. 100.000 € pro Person. Die Zusage der freiwilligen Prämienzahlung und die Auszahlung erfolgten im Februar des Folgejahres 2023.
Obwohl es sich um eine freiwillige Zahlung des Vorstands handelt, wurde die Zusage auf Zahlung der Prämie erst im Februar 2022 vorgenommen, damit entsteht auch die rechtliche Verpflichtung erst im Jahr 2023. Die Zahlung der Prämien stellt ein wertbegründendes Ereignis dar. Im Jahresabschluss 2022 kann keine Rückstellung für die Prämienzahlungen passiviert werden.
Rückstellungen sind zu buchen, sobald ihre Voraussetzungen vorliegen. Sie sind spätestens zum Bilanzstichtag im Rahmen der Jahresabschlussarbeiten zu bewerten und zu buchen. Es ist auch möglich, Rückstellungen bereits ratierlich durch monatliche, vierteljährliche oder halbjährliche Buchungen im Rahmen der Buchhaltung einzubuchen. Die unterjährigen Buchungen von Rückstellungen haben den Vorteil, dass dem Unternehmer in seinen monatlichen, vierteljährlichen oder auch halbjährlichen betriebswirtschaftlichen Auswertungen ein genaueres Bild über seine Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage verschafft wird.
Eine ungewisse Verbindlichkeitungewisse Verbindlichkeit muss konkretisiert sein, d. h., mit der Entstehung der Verbindlichkeit muss ernsthaft gerechnet werden. Ernsthaft meint in diesem Zusammenhang, dass die Verbindlichkeit dem Grunde nach mit hoher Wahrscheinlichkeit entstehen muss. Die Sicherheit, dass sie tatsächlich entstehen wird, wird vonseiten des Gesetzgebers nicht gefordert. Ein Prozentsatz (50,1 % o. Ä.), bei dem vom Vorliegen einer hohen Wahrscheinlichkeit ausgegangen werden kann, lässt sich nicht beziffern. In der Literatur geht man von einer Abwägung aus: Es müssen mehr Gründe für als gegen eine Entstehung der ungewissen Verbindlichkeit und auch eine Inanspruchnahme aus dieser vorliegen. Nach Moxter gilt als Indiz für die Wahrscheinlichkeit des Entstehens der Verbindlichkeit, wenn ein gedachter Erwerber des ganzen Unternehmens die Verpflichtung in seiner Kaufpreiskalkulation berücksichtigen würde2.
Bedingung für die Passivierung einer Rückstellung ist und bleibt, dass der Unternehmer mit der Inanspruchnahme aus der betrieblich veranlassten Verpflichtung ernsthaft rechnen musste. Diese Bedingung liegt bereits dann vor, wenn er davon ausgehen muss, dass sein Gläubiger den Anspruch kennt (z. B. bei Gewährleistungs- oder Schadensersatzansprüchen eines Kunden). Eine Rückstellung darf nur dann nicht gebildet werden, wenn aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls trotz der Wahrscheinlichkeit bestehender Verpflichtungen ausnahmsweise nicht mit einer Inanspruchnahme gerechnet werden kann. Kaufpreisminderungen oder Schadensersatzansprüche sind z. B. noch nicht wahrscheinlich, wenn zum Bilanzstichtag noch Verhandlungen über Nachbesserungen geführt werden. Laut BMF-Schreiben vom 23.04.2001 ist die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit für den Einzelfall anhand der Erfahrungen der Vergangenheit vorzunehmen3. Nach dem BFH-Urteil vom 03.07.1991 ist auch eine Schadensersatzverpflichtung aus einer unerlaubten Handlung so lange nicht passivierungsfähig, wie der Schuldner davon ausgehen kann, dass die Handlung unentdeckt bleibt4.
Die Rechtsprechung des BFH und auch die Bilanzierungspraxis erkennen sog. faktische Verpflichtungen als Voraussetzungen für den Ansatz von Rückstellungen an. Die fehlende Identifizierbarkeit eines Gläubigers ist deshalb kein Kriterium bzw. keine Begründung mehr dafür, dass man auf den Ansatz einer Rückstellung in der Bilanz verzichtet. Kann sich der Unternehmer aus eigenen wirtschaftlichen Gründen künftig auf ihn zukommenden Verpflichtungen nicht entziehen, muss er eine Rückstellung bilden. Das gilt beispielsweise auch für Rückstellungen wegen Patentverletzungen (so der Rückschluss aus § 5 Abs. 3 EStG).
Nach Ansicht der Finanzverwaltung (R 5.7 Abs. 9 EStR) kann sich ein Unternehmer den Restrukturierungsverpflichtungen aufgrund eines SozialplansSozialplan nicht entziehen, wenn der Betriebsrat über die geplante Betriebsänderung nach § 111 Satz 1 BetrVerfG unterrichtet ist. Darüber hinaus wird die Rückstellung auch dann anerkannt, wenn die Betriebsänderung bis zum Bilanzstichtag beschlossen wurde. In diesen Fällen liegt zum Bilanzstichtag zwar keine rechtliche Verbindlichkeit gegenüber Dritten vor, eine Rückstellung ist aber aufgrund der faktischen Verpflichtung zu passivieren.
Sieht ein GesellschaftsvertragGesellschaftsvertrag vor, dass der Jahresabschluss zu prüfen ist, darf hierfür keine Rückstellung in der Steuerbilanz gebildet werden, weil keine rechtliche Verpflichtung gegenüber einem Dritten und damit auch keine Außenverpflichtung vorliegt5. Folgt man für die Erstellung der Handelsbilanz dem IDW, muss man im Falle einer eigens durch Gesellschaftsvertrag auferlegten Prüfungspflicht eine Rückstellung bilden. Diese unterschiedlichen Behandlungen werden in Zukunft häufig zu Abweichungen zwischen der Handels- und der Steuerbilanz führen.
Ist das Bestehen einer Verbindlichkeit wahrscheinlich, muss der Unternehmer aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns entscheiden, ob er in Zukunft aus einer Verpflichtung in Anspruch genommen werden wird oder nicht. In die Entscheidungsfindung sind zum Bilanzstichtag sowohl die betriebsüblichen als auch die betriebsindividuellen Erfahrungen, aber auch die Erfahrungen aus der Vergangenheit objektiv abzuwägen6.
In Abgrenzung von der AufwandsrückstellungAufwandsrückstellung setzt der Ansatz einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten eine Verpflichtung gegenüber einem Dritten voraus (vgl. R 5.7 Abs. 3 EStR).
Gemäß § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB sind Rückstellungen in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrags anzusetzen. Diese Regelung gilt seit Einführung des BilMoG im Jahre 2009. Nach der Regierungsbegründung zum BilMoG sollen künftige Preis- und Kostensteigerungen sowie der voraussichtliche Zeitpunkt der Erfüllung berücksichtigt werden. Die Berücksichtigung künftiger Preis- und Kostensteigerungen steht dem Stichtagsprinzip entgegen, diese Einschränkung ist durch die Gesetzesänderung jedoch vertretbar.
Der SchätzwertSchätzwert, auf dem die RückstellungRückstellungen, Schätzwet der Höhe nach basiert, muss durch die Ausübung des vernünftigen kaufmännischen Ermessens gestützt sein.
Tipp
Für die Bewertung eines Rückstellungsansatzes kann eine Mittellösung ein probates Mittel zum Zweck sein. Hierbei bestimmt man das Mittel von zwei gerade noch in Betracht kommenden Größen. Dieses Mittel setzt man dann in der Bilanz an.
Bei GeldleistungenGeldleistungen ergibt sich der ErfüllungsbetragErfüllungsbetrag aus dem Betrag, den der Schuldner zur Erfüllung der ungewissen Verbindlichkeit voraussichtlich aufbringen muss. Bei verzinslichen Geldleistungsverpflichtungen sind die voraussichtlich anfallenden Zinsen laut IDW bereits in die Bemessungsgrundlage des Nominalbetrags der Rückstellung einzubeziehen7. Diese Vorgehensweise begründet der IDW damit, dass die noch anfallenden Zinsen den Charakter einer Preissteigerung haben und diese Preissteigerungen nach § 253 Abs. 1 HGB bei der Bewertung zu berücksichtigen seien.
Bei SachleistungenSachleistungen ergibt sich der ErfüllungsbetragErfüllungsbetrag entweder aus dem Geldbetrag, der zum Erhalt der Sachleistungen aufgewendet wird, oder durch den Wert der anfallenden Einzelkosten zuzüglich der notwendigen Gemeinkosten (Vollkostenansatz8). Sachleistungsverpflichtungen sind ein Oberbegriff für sämtliche Verpflichtungen, die nicht durch die Bezahlung eines Geldbetrags, sondern durch das Erbringen einer Lieferung, Dienst- oder Werkleistung erfüllt sind9. Zu ihnen zählen unter anderem Gewährleistungs- und Garantieverpflichtungen, Sanierungs- und Entsorgungsverpflichtungen, aber auch Rückstellungen für Jahresabschlusskosten.
Sowohl der Geldbetrag als auch der Sachleistungsbetrag ist durch eine Schätzung zu ermitteln. Auf diese Weise ist der Bilanzansatz zu prognostizieren. Die Prognose hat in einer Höhe zu erfolgen, in der das bestehende Risiko aus der Inanspruchnahme in vollem Umfang abgedeckt wird.
Handelt es sich bei der Verpflichtung um einen selbst hergestellten oder noch zu erstellenden Gegenstand oder um eine noch zu erbringende Leistung, ist auf den Vollkostenansatz zurückzugreifen. VollkostenVollkosten sind die EinzelkostenEinzelkosten und die notwendigen GemeinkostenGemeinkosten:
Einzelkosten
Gemeinkosten
Materialeinzelkosten
Materialgemeinkosten
Fertigungseinzelkosten
Fertigungsgemeinkosten
Sondereinzelkosten der Fertigung
Wertverzehr des Anlagevermögens
Die Einzelkosten können dem herzustellenden Vermögensgegenstand direkt zugeordnet werden (die durch die Herstellung des Gegenstands verbrauchten Güter und Dienstleistungen). Zu den Materialkosten gehören in der Regel die Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, die zur Herstellung von Gütern und Erzeugnissen verwendet werden. Die Gemeinkosten gehen zwar nicht unmittelbar in das Produkt ein, können aber über einen Umlageschlüssel in eine Beziehung zum Produkt gebracht werden.
Bestehende Ersatz- und Rückgriffsansprüche gegenüber Dritten (z. B. Versicherungen u. Ä.) sind aufgrund des Saldierungsverbots des § 246 Abs. 2 Satz 1 HGB unsaldiert auszuweisen10. Laut BFH-Urteil vom 31.5.2017 sind Rückgriffsansprüche gegenüber Dritten jedoch insoweit nicht zu berücksichtigen, als der Anspruch gegenüber dem Dritten Ausfallrisiken unterliegt und über das allgemeine Kreditrisiko hinausgeht11.
Nachdem die ZugangsbewertungZugangsbewertung in der Bilanz erfolgt ist, sind die Rückstellungen zu jedem folgenden Bilanzstichtag dem Grunde und der Höhe nach zu überprüfen. Besteht die Verpflichtung dem Grunde nach noch oder wurde sie ggf. unterjährig bereits beglichen bzw. abgearbeitet? Sollte die Prüfung der Rückstellung dem Grunde nach dazu führen, dass ein Ansatz in der Bilanz des Unternehmers auch weiterhin erforderlich ist, stellt sich die Frage nach der Höhe. Kann die bislang passivierte Rückstellung beibehalten werden oder muss der Betrag angepasst werden?
Durch das BilMoG haben sich auch hinsichtlich der AbzinsungAbzinsung von RückstellungenRückstellungen, Abzinsung Veränderungen ergeben. Rückstellungen mir einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr am Bilanzstichtag müssen abgezinst werden. Dabei bemisst sich der Abzinsungszeitraum nach der Restlaufzeit der Rückstellung. Die Restlaufzeit ist der Zeitraum zwischen dem Bilanzstichtag und dem Zeitpunkt, zu dem der Unternehmer mit der Inanspruchnahme zu rechnen hat. Innerhalb dieses Zeitraums sind auch Preis- und Kostensteigerungen zu berücksichtigen, d. h., der Unternehmer muss anhand objektiver Kriterien darlegen können, dass es zu Lohnsteigerungen oder höheren Preisen beim Materialeinkauf u. Ä. gekommen ist. Zu berücksichtigen sind hierbei die Erkenntnisse, die der Unternehmer bis zum Erstellen des Jahresabschlusses erlangt hat. Sich allein auf die Schätzungen von EZB und anderen ähnlichen Instituten zu stützen, die bestimmte Inflationsraten prognostizieren, reicht als Beweis dafür, dass von Preis- und Kostensteigerungen ausgegangen werden sollte, nicht aus. Neben den Preis- und Kostensteigerungen sollten auch Preis- und Kostensenkungen bei der Folgebewertung der Rückstellungen zum Bilanzstichtag berücksichtigt werden. Die Berücksichtigung der gestiegenen und gesunkenen Preisverhältnisse ergibt sich aus dem vom bilanzierenden Unternehmer zu beachtenden Vorsichtsprinzip gem. § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB.
Sollte sich die Restlaufzeit einer Rückstellung nicht aus konkreten Hinweisen (Verträgen u. Ä.) ergeben, ist sie vorsichtig zu schätzen. Hat der Unternehmer Verträge mit Kündigungsfristen abgeschlossen, ist für das Ende der Laufzeit auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem das Vertragsverhältnis erstmalig gekündigt werden kann. Sollte der Unternehmer zum Bilanzstichtag von einer Verlängerungsoption Gebrauch gemacht haben, ist die ausgeübte Option bei der Ermittlung der Restlaufzeit zu berücksichtigen.
Bei GarantierückstellungenGarantierückstellungen muss jedes Jahr zum Bilanzstichtag beurteilt werden, ob ein Teil der Garantierückstellungen zum Jahresende in Anspruch genommen wurde und ob der verbleibende Teil innerhalb eines Jahres oder in mehr als einem Jahr in Anspruch genommen wird. Die Rückstellung ist dann vom Unternehmer aufzuteilen. Der Teil der Garantierückstellungen, der bis zum Bilanzstichtag in Anspruch genommen wurde, ist nicht abzuzinsen. Das gilt auch für den Teil, der voraussichtlich innerhalb der nächsten zwölf Monate in Anspruch genommen wird. Lediglich der verbleibende Teil der Garantierückstellung ist zum Bilanzstichtag abzuzinsen.
Bei RückstellungenRückstellungen, Restlaufzeit mit einer Restlaufzeit von mehr als 50 Jahren ist es zulässig, von einer Restlaufzeit von 50 Jahren auszugehen.
Aus dem Wortlaut des § 253 Abs. 2 Satz 1 HGB ergibt sich ein AbzinsungswahlrechtAbzinsungswahlrecht für Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von weniger als einem Jahr. Sollte sich der Unternehmer für dieses Wahlrecht entscheiden, muss er aufgrund der geltenden BewertungsstetigkeitBewertungsstetigkeit des § 252 Abs. 1 HGB auch für die weiteren Jahresabschlüsse bei dieser Methode bleiben. Ein jährlicher Wechsel der Bewertungsmethode ist nicht zulässig.
Der anzuwendende Zinssatz bemisst sich nach § 253 Abs. 2 Satz 1 HGB am durchschnittlichen MarktzinssatzMarktzinssatz der vergangenen sieben Geschäftsjahre. Die Zinssätze werden monatlich von der Deutschen Bundesbank veröffentlicht. Sie können sie unter folgendem Link herunterladen:
https://www.bundesbank.de/de/statistiken/geld-und-kapitalmaerkte/zinssaetze-und-renditen/abzinsungszinssaetze
Auszug aus dem Dokument der Deutschen Bundesbank:
Abb. 1:
Abzinsungszinssätze
Abzinsungszinssätze Deutsche Bundesbank
, Quelle: Deutsche Bundesbank
Deutsche Bundesbank, Abzinsungssätze
Aus dem HGB ergeben sich keine Regelungen hinsichtlich der Vorgehensweisen bei einer nicht mehr ganzjährigen RestlaufzeitRestlaufzeit, nicht mehr ganzjährig. Laut IDW gibt es jedoch drei Möglichkeiten, von denen der Unternehmer Gebrauch machen kann12:
Ermittlung des zu verwendenden Zinssatzes durch (monats- und quartalsgenaue) lineare Interpolation, ausgehend von den Zinssätzen für die nächstkürzere und nächstlängere ganzjährige Restlaufzeit.
Verwendung des von der Deutschen Bundesbank bekanntgegebenen Zinssatzes für die ganzjährige Restlaufzeit, die am nächsten am Erfüllungszeitpunkt der zu bewertenden Verpflichtung liegt.
(Im Falle einer normalen Zinsstruktur) Verwendung des von der Deutschen Bundesbank für die nächstkürzere ganzjährige Restlaufzeit bekanntgegebenen Zinssatzes.
Beispiel:
Die A-GmbH hat zum 31.12.2017 eine Rückstellung für Garantieverpflichtungen i. H. v. 10.000 € gebildet. Die Rückstellung wird am 31.12.2023 fällig. Die Restlaufzeit der Rückstellung beträgt zum Bilanzstichtag noch sechs Jahre.
Zum 31.12.2017 hat die A-GmbH die Rückstellung aufgrund der sechsjährigen Restlaufzeit mit 1,88 % abzuzinsen. Damit beträgt der Bilanzansatz zum 31.12.2017:
10.000 € × (1 + 1,88 % : 100) ^ (Restlaufzeit) = 12.330,51 €.13
Die Erhöhung der Rückstellung um 2.330,51 € stellt einen Zinsaufwand aus der Abzinsung dar. Zum 31.12.2018 hat die A-GmbH die Rückstellung aufgrund der nunmehr verbleibenden fünfjährigen Restlaufzeit mit 1,25 % abzuzinsen, die Rückstellung beträgt deshalb:
10.000 € × (1 + 1,06408 % : 100) ^ (Restlaufzeit) = 12.282,51 €.
Die Differenz zwischen dem Ansatz vom 31.12.2017 und dem zum 31.12.2018 i. H. v. 48 € stellt einen Zinsaufwand aus der Abzinsung der Rückstellung dar. Zum Bilanzstichtag (31.12.2022) muss die A-GmbH keine Abzinsung mehr vornehmen, weil die Restlaufzeit der Verpflichtung weniger als ein Jahr beträgt. Der A-GmbH steht das Wahlrecht zur Abzinsung einer Verpflichtung auch dann zu, wenn deren Laufzeit weniger als ein Jahr zum Bilanzstichtag beträgt.
Beispiel: BruttomethodeBruttomethodeAbzinsung, Bruttomethode
Die B-GmbH hat zum 31.12.2019 eine Rückstellung für Garantieverpflichtungen i. H. v. 50.000 € gebildet. Die Rückstellung wird am 30.09.2023 fällig. Die Restlaufzeit der Rückstellung beträgt zum Bilanzstichtag noch drei Jahre und neun Monate.
Würde die B-GmbH beschließen, die Abzinsung auch für das letzte Jahr der Laufzeit der Rückstellung vorzunehmen, müsste für die Restlaufzeit von dreieinhalb Jahren der Mittelwert zwischen den Zinssätzen für vier und für drei Jahre berechnet werden. Dieses sog. Interpolieren (Ermitteln eines Zwischenwerts) ist monatsgenau vorzunehmen. Aus Vereinfachungsgründen kann das Kalenderjahr mit 360 Kalendertagen angenommen werden, mithin jeder Monat mit 30 Tagen. Folgende Prozentsätze ergeben sich aus der Tabelle der Deutschen Bundesbank:
Abzinsungszinssatz gemäß § 253 Abs. 2 HGB (7-Jahresdurchschnitt) bei einer Restlaufzeit von …. Jahr(en)
% p. a.
1
2
3
4
5
31.12.2013
3,34
3,43
3,59
3,76
3,93
31.12.2014
2,80
2,90
3,07
3,26
3,45
31.12.2015
2,02
2,16
2,34
2,54
2,74
31.12.2016
1,59
1,67
1,81
1,97
2,14
31.01.2017
1,57
1,65
1,77
1,93
2,10
31.07.2017
1,41
1,48
1,59
1,74
1,89
31.08.2017
1,38
1,45
1,56
1,71
1,87
30.09.2017
1,36
1,42
1,53
1,68
1,84
31.10.2017
1,33
1,39
1,50
1,65
1,80
30.11.2017
1,29
1,36
1,47
1,61
1,76
31.12.2017
1,26
1,33
1,43
1,58
1,73
Zuallererst wird der Nominalwert der Verpflichtung in voller Höhe als Aufwand erfasst. Danach erfolgt die Abzinsung der Rückstellung. Sie wird über einen Zinsertrag in der Buchhaltung bzw. in den Jahresabschlussbuchungen erfasst. Zum 31.12.2013 multipliziert man den Rückstellungsbetrag mit dem linear interpolierten Prozentsatz für die Restlaufzeit zwischen drei und vier Jahren. Dementsprechend ist die Differenz zwischen dem Vervielfältiger von drei Jahren und vier Jahren zu bilden.
Vervielfältiger vier Jahre
3,76
Vervielfältiger drei Jahre
3,59
Differenz
0,17
Die Differenz von 0,17 entspricht der zusätzlichen Laufzeit ab dem dritten Jahr, nämlich den 270 Tagen bis zum 30.09.2017. Der anzuwendende Zinssatz ergibt sich wie folgt:
Zinssatz für vier Jahre
3,76 % – (90 : 360 × 0,17 %)
3,76 % – 0,0425 %
3,718 %
oder
Zinssatz für drei Jahre
3,59 % + (270 : 360 × 0,17 %)
3,59 % + 0,1275 %
3,718 %
Es ergibt sich ein Divisor:
(1 + 3,718 : 100) ^ (Restlaufzeit) = 1,14669.
Damit ergibt sich ein Rückstellungsbetrag zum 31.12.2013 i. H. v. 50.000 € : 1,14669 = 43.603,85 € (neuer Barwert). Der Abzinsungsbetrag i. H. v. 6.396,15 € stellt einen sonstigen Zinsertrag dar.
Buchung: SKR 03/SKR 04
Datum
Umsatz
Gegenkonto
Konto
Buchungstext
31.12.2013
43.603,85 € (H)
4790/6790
0974/3090
Rückstellungen für Garantieverpflichtungen
31.12.2013
6.396,15 € (H)
2144/7362
0974/3090
Zinsertrag aus der Abzinsung von Rückstellungen
Gewinnauswirkung Buchungssatz 1: – 43.603,85 €
Gewinnauswirkung Buchungssatz 2: + 6.396,15 €
Zum 31.12.2014 ist der Wert der Rückstellung in der Bilanz wie folgt zu ermitteln:
Vervielfältiger drei Jahre
3,07
Vervielfältiger zwei Jahre
2,90
Differenz
0,17
Die Differenz von 0,17 entspricht der zusätzlichen Laufzeit ab dem zweiten Jahr, nämlich den 270 Tagen bis zum 30.09.2017. Der anzuwendende Zinssatz ergibt sich wie folgt:
Zinssatz für drei Jahre
3,07 % – (90 : 360 × 0,17 %)
3,07 % – 0,0425 %
3,0275 %
oder
Zinssatz für zwei Jahre
2,90 % + (270 : 360 × 0,17 %)
2,90 % + 0,1275 %
3,0275 %
Es ergibt sich ein Divisor:
(1 + 3,0275 : 100) ^ (Restlaufzeit) = 1,08548.
Damit ergibt sich ein Rückstellungsbetrag zum 31.12.2014 i. H. v. 50.000 € : 1,08548 = 46.062,64 € (neuer Barwert). Der Abzinsungsbetrag i. H. v. 3.937,36 € stellt einen Aufwand dar.
Buchung: SKR 03/SKR 04
Datum
Umsatz
Gegenkonto
Konto
Buchungstext
31.12.2014
3.937,36 € (H)
2144/7362
0974/3090
Zinsaufwendungen aus der Abzinsung von Rückstellungen
Gewinnauswirkung: – 3.937,36 €
Zum 31.12.2015 ist der Wert der Rückstellung in der Bilanz wie folgt zu ermitteln:
Vervielfältiger zwei Jahre
2,16
Vervielfältiger ein Jahr
2,02
Differenz
0,14
Die Differenz von 0,14 entspricht der zusätzlichen Laufzeit ab dem ersten Jahr, nämlich den 270 Tagen bis zum 30.09.2017. Der anzuwendende Zinssatz ergibt sich wie folgt:
Zinssatz für zwei Jahre
2,16 % – (90 : 360 × 0,14 %)
2,16 % – 0,0035 %
2,125 %
oder
Zinssatz für ein Jahr
2,02 % + (270 : 360 × 0,14 %)
2,02 % + 0,105 %
2,152 %
Es ergibt sich ein Divisor:
(1 + 2,125 : 100) ^ (Restlaufzeit) = 1,03748.
Damit ergibt sich ein Rückstellungsbetrag zum 31.12.2015 i. H. v. 50.000 € : 1,03748 = 48.193,55 € (neuer Barwert). Der Abzinsungsbetrag i. H. v. 1.806,45 € stellt einen Aufwand dar.
Buchung: SKR 03/SKR 04
Datum
Umsatz
Gegenkonto
Konto
Buchungstext
31.12.2015
1.806,45 € (H)
2144/7362
0974/3090
Zinsaufwendungen aus der Abzinsung von Rückstellungen
Gewinnauswirkung: – 1.806,45 €
Aufgrund der verbleibenden Restlaufzeit zum 31.12.2016 von weniger als zwölf Monaten müsste gemäß dem o. g. Sachverhalt eine Abzinsung für die verbleibenden sechs Monate vorgenommen werden. Mangels fortgeführter Zinsliste der Deutschen Bundesbank wird von weiteren Berechnungen abgesehen.
Neben der zuvor aufgezeigten Bruttomethode ist auch die Nettomethode zulässig. Bei der NettomethodeNettomethodeAbzinsung, Nettomethode wird bereits der abgezinste Barwert über den Aufwand in der Buchhaltung erfasst.
Beispiel: Nettomethode
Die B-GmbH hat zum 31.12.2019 eine Rückstellung für Garantieverpflichtungen i. H. v. 50.000 € gebildet. Die Rückstellung wird am 31.12.2023 fällig. Die Restlaufzeit der Rückstellung beträgt zum Bilanzstichtag noch vier Jahre.
Die Rückstellung wird mit dem abgezinsten Barwert verbucht:
1 : (1 + 0,84 : 100) ^ (Restlaufzeit)
0,96697
50.000 € × 0,96697
48.349 €
Buchung: SKR 03/SKR 04
Datum
Umsatz
Gegenkonto
Konto
Buchungstext
31.12.2019
48.349 € (H)
4790/6790
0974/3090
Rückstellungen für Garantieverpflichtungen
Gewinnauswirkung: – 48.349 €
Zum 31.12.2020 beträgt die Laufzeit der Rückstellung noch mehr als zwölf Monate, insofern ist erneut eine Abzinsung auf den Barwert vorzunehmen. Der Zinssatz zum 31.12.2020 beträgt 0,54 %.
1 : (1 + 0,54 : 100) ^ (Restlaufzeit)
0,98397
50.000 € × 0,98397
49.198,50 €
Bilanzansatz zum 31.12.2019
48.349,00 €
Bilanzansatz zum 31.12.2020
49.198,50 €
Differenz
849,50 €
Die Rückstellung muss zum Bilanzstichtag (31.12.2020) erneut erhöht werden.
Buchung: SKR 03/SKR 04
Datum
Umsatz
Gegenkonto
Konto
Buchungstext
31.12.2020
849,50 € (H)
2144/7362
0974/3090
Zinsaufwendungen aus der Abzinsung von Rückstellungen
Gewinnauswirkung: – 849,50 €
Zum 31.12.2021 beträgt die Laufzeit der Rückstellung noch mehr als zwölf Monate, insofern ist erneut eine Abzinsung auf den Barwert vorzunehmen. Der Zinssatz zum 31.12.2021 beträgt 0,34 %.
1 : (1 + 0,34 : 100) ^ (Restlaufzeit)
0,99323
50.000 € × 0,99323
49.661,50 €
Bilanzansatz zum 31.12.2020
49.198,50 €
Bilanzansatz zum 31.12.2021
49.661,50 €
Differenz
463,00 €
Die Rückstellung muss zum Bilanzstichtag (31.12.2021) wieder aufgestockt werden.
Buchung: SKR 03/SKR 04
Datum
Umsatz
Gegenkonto
Konto
Buchungstext
31.12.2021
463,00 € (H)
2144/7362
0974/3090
Zinsaufwendungen aus der Abzinsung von Rückstellungen
Gewinnauswirkung: – 463,00 €
2 Vgl. Moxter in FS Forster, S. 430.
3 BMF, Schreiben v. 23.04.2001 – IV A 6 – S 2133 – 1/01, DB S. 1224.
4 BFH, Urteil v. 03.07.1991 – X R 163/87, BStBl II 1991, S. 804 – »Untreuefall«.
5 BFH, Urteil v. 05.06.2014 – IV R 26/11, BStBl II 2014, S. 886.
6 FG Hamburg, Urteil v. 23.07.2008 – 2 K 38/07.
7 Vgl. IDW RS HFA 34, Tz. 34.
8 Gemäß IDW RS HFA Rückstellungen, Bilanzposition34, Tz. 15.
9 Vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, § 6 EStG, RzBilanzgliederung. 1173.
10 Vgl. IDW RS HFA 34, Tz. 33 »Bruttobilanzierung«.
11 BFH, Urteil v. 31.5.2017 – X R 29/15, BFH/NV 2017 S. 1597 Nr. 12.
12 Vgl. IDW RS HFA 34, Tz. 42.
13 Das ^ zeigt an, dass die »Restlaufzeit« der Exponent der Gleichung ist.