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Ich teile die Erfahrungen meiner 46 Berufsjahre als Psychotherapeut mit allen Neugierigen und Interessierten. Und gebe Hilfestellungen für alle Unterstützer und alle an Eigen-Heilung Interessierten. In meinem Buch geht es um die Vermittlung von Informationen für Unterstützer, Neugierige und Interessierte: Was ist Psychotherapie, wie verläuft sie, was kostet sie, wie kann man sie finanzieren? Was trägt zu ihrem Erfolg bei, was sind Stolpersteine, wie können Hindernisse überwunden werden? Was sind die Ursachen für unsere Erkrankungen und wie finden wir erfolgreich wieder aus ihnen heraus?
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Seitenzahl: 551
Veröffentlichungsjahr: 2024
WOLFGANG SCHÄDRICH MAHAN KIRN SINGH
Safari
oder
Zitronensaft
Ich widme dieses Buch
allen Mutigen, die die Wahrheit in Erfahrung bringen wollen
und allen Mutigen, die sich entschieden haben, zur Wahrheit zu stehen, und sie denen mitzuteilen, die sie in Erfahrung bringen wollen.
Und ich danke allen von Herzen, die mir geholfen haben, „mein Buch“ in dieser Inkarnation zu schreiben und zur Verwirklichung zu bringen:
Allen Patientinnen, Patienten, Kolleginnen und Kollegen, denen ich auf meiner Reise durch die 46 Jahre als Psychotherapeut begegnen durfte.
Allen die mich mit ihrer Geduld, ihrem Wohlwollen, ihrem Interesse und ihren Ratschlägen, persönlichen Rückmeldungen und tatkräftigen Hilfestellungen unterstützt haben.
Ich sehe euch und ich danke euch ganz besonders:
Ute, Bodo, Mechthild, Detlef, Nina, Iris, Chistine, Martin, Susanna, Andreas, Björn, Gabriele, Dieter, Doris, Steffi, Peter, Sabrina, Martin, Verena, Birgit, Bernd, Gundula, Claudia, Ellen, Edelgard, Mecit, Wolle, Phillip, Walter, Sonja, Markus, Anja, Gero, Agata, Jens, Renato, Bruno, Jens aus R.
WOLFGANG SCHÄDRICH MAHAN KIRN SINGH
Safari
oder
Zitronensaft
Meine Reise durch 46 Jahre als
Psychotherapeut
© 2024 Wolfgang Schädrich, Mahan Kirn Singh
Coverdesign von: Mecit About und BodoChat
Foto: Ute Schädrich, 2024
Druck und Distribution im Auftrag des Autors:
tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, postalisch zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland und per E-Mail unter [email protected].
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.
ISBN 978-3-384-42938-4
Cover
Halbe Titelseite
Titelblatt
Urheberrechte
(1): Vorwort
(2): Vorwort
2 Wie fängt eine Sitzung an.
3 Wie sieht das Therapiezimmer aus?
4 Der Verlauf – die Struktur – einer Sitzung
5 Das Sitzungsende
6 Diagnostik
7 Meine mentale Haltung in der Therapie alt und neu Und die Geschichte vom Reiter in der Nacht
8 Vom richtigen Therapieren zum freien Therapieren
9 Ich und Gruppentherapie
10 Psychosomatik – Grundsätzlich.
11 Was bedeutet ein „Symptom“? Und unser heilsamer Umgang damit.
12 Psychosomatik im Einzelnen Hilfreiche Suchfragen und Mitteilungen.
13 Psychosomatik in Aktion
14 Bilder in der Psychotherapie
15 Die Intelligenz des Handgelenks
16 Das Füttern der Dämonen
17 Träume als Schlüssel zu verborgenen Wünschen verborgenen Konflikten und verborgenen Traumata
18 Die Arbeit mit dem Hocker/dem Stuhl/der anderen Position im Sitzen, im Stehen, in Gedanken.
19 Das Auflösen von Verträgen und die Arbeit mit den Ahnen
20 Kognitive Umstrukturierung Umdeutung, Neu-Deutung, Reframing. Perspektivwechsel. Wechsel der Blickrichtung. Wechsel des 'Standpunkts'. Wechsel des Standorts, von dem aus ich die Welt und mich sehen will. (Von dem aus mir beigebracht wurde, die Welt und mich zu sehen.)
21 Der Short Cut für Depressionsauflösung Perspektivwechsel
22 Die Arbeit mit dem inneren Kind und mit den inneren Halbwüchsigen
23 Die Arbeit mit dem verzagten Erwachsenen
24 Das epidemische Achill-Problem
25 Verantwortungsangst
26 Die Angst vor den eigenen Schattenseiten
27 Die 9 Grundbedürfnisse und die Gewaltsprache
28 Die Wahrheit von Standpunkten (und deren Perspektiven von dort aus)
29 Das Fundament der Psychotherapie
30 Die Liebe in der Psychotherapie
31 Das Geld in der Psychotherapie
32 Die Macht in der Psychotherapie
33 Die Dankbarkeit in der Psychotherapie
34 Geschenke in der Psychotherapie Ihre Bedeutung Und ein guter Umgang damit
35 Urlaub
36 Abrechnung über die Krankenkasse und andere Abrechnungsmöglichkeiten
37 Schwarzes Kapitel 1 Gier Machtgier, Geldgier, Bequemlichkeitsgier, Stimulierungs- und Betäubungsgier.
38 Schwarzes Kapitel 2 Unterwerfungssucht & Untertanengeist, Ergänzungen und Heilungs-Wege
39 Menschliche Niederungen Nachschlag aus der Niederfrequenz-Suppe
40 Unbewältigte Traumata und Retraumatisierungen.
41 Ein bisschen Cold Reading und Warm Reading
42 Meine Oster-Einstellung
43 Wie edel und wie Mächtig sind wir Menschen wirklich.
44 Schlüssel
45 Nach-Kapitel. Die letzten vier Jahre. Frühjahr 2020 – Sommer 2024. Mein Blick auf die Welt von heute.F
6 Schnipsel Die nicht in den Text passten
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Anhang 11 - Zur Fußnote von S. 10,
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Vor Allen Worten.
Auf besonderen Wunsch einer Elfenkönigin
und Göttlichen Siegerin –
Meiner Frau Ute Devi Fateh Kaur,
in deren Gegenwart ich gerade laut nachgedacht hatte:
„Wir Seelen sind alle – ohne Ausnahme – Minizwillinge Gottes. Göttliche Funken. Inkarniert, für unser Bewusstsein verhüllbar und blockierbar, von dunklen Kräften, die ebenfalls nur Teile von uns selbst sind. Aber in Wirklichkeit: Unverletzbar. Und Unsterblich. Ewig: Allmächtig. Allgegenwärtig. Allwissend. Allliebend.“
Und nun zum
Vorwort
(1)
Sansibar. Nordost-Strand. Im ersten Stock des Manolo-Hauses. Mit Deckenventilator und Klimaanlage. Mit Blick auf Palmen, Papayabäume, weißen Sand und den blau und türkisfarbenen Indischen Ozean, mit unendlich freiem Blick Richtung Südamerika. Zweiter ‚Anlauf‘: ‚Mein Buch‘ in dieser Inkarnation zu schreiben. Die ersten großen Teile entstanden auf Tansania Mainland.
Gut 46 Berufsjahre, in denen ich Jahr für Jahr in dem Selbstbewusstsein arbeitete, in diesem Leben ein Vollbluttherapeut zu sein. Und in denen ich versuchte, immer präziser, immer wirkungsvoller und heilsamer Psychotherapie zu machen. Die vielen und wertvollen Erfahrungen von meinen Mitte 20 bis Anfang 70 Jahren, schreibe ich hier gerne weiter auf.Und möchte sie dann allen als Buch, als E-Book und als Hörbuch zur Verfügung stellen, die auf Informationssuche sind: Sei es aus Neugierde, aus Eigeninteresse, auf der Suche nach eigenen Problemlösungen oder aus Weiterbildungsinteresse, weil sie auf demselben Weg des Heilen- und Unterstützenwollens sind, wie ich es war. Und wie ich es immer noch bin.
Ich schreibe für die, die wissen wollen: „Wie geht denn eigentlich Psychotherapie?“ „Wie kann ich mir denn das vorstellen?“ „Könnte mir das bei meinen Problemen helfen?“ „Wie komme ich denn da ran?“ „Was kostet sowas?“ Ich schreibe auch für die, die aus reiner Neugierde das Buch lesen oder hören wollen, weil sie mich kennen oder kennen gelernt haben, als Freunde, als Lebensgefährten und Bekannte, als Familienmitglieder, als Kolleginnen und Kollegen, als ehemalige Patientinnen und Patienten, als Seminar- und Workshopteilnehmer, als Mit-Gäste und als mir lieb gewordene Hotelangehörige in Hotels, als Mitbewohner in WGs, in Hausgemeinschaften, in Eigentümergemeinschaften oder ‚auf dem Plot‘. Ich schreibe auch für die, die mich überhaupt nicht kennen, aber die ein Interesse daran haben, einem ‚alten Hasen‘ (der tatsächlich ein liebevoller Löwe ist), einmal über die Schultern zu schauen, um zu sehen, ob der vielleicht auch nur mit Wasser kocht (natürlich tut er das), aber wenn ja, wie und mit welchen Zutaten? Gibt es dabei irgendetwas Neues, Hilfreiches, Spannendes oder Brauchbares, was ich mir von dem und seinen Erfahrungen noch ‚abkucken‘ kann? Was meine eigene Arbeit eventuell zusätzlich bereichert oder was mir vielleicht sogar aus dem einen oder anderen therapeutischem Steckenbleiben heraushelfen kann? Und ich schreibe für eine Patientin, die mir bei einem Abschiedsgespräch, vor meiner Abreise in mein verlängertes Sabbatical Jahr nach Afrika, klar machte, dass ich das Buch schreiben muss: Weil sie es schon ‚gesehen‘ hätte, mit schwarzem hinterem Einband und meinem Foto drauf, und außerdem hätten schon mindestens 12 Bekannte von ihr gesagt, dass sie es kaufen würden. – Tja, was soll man da machen? Bei so starken Argumenten. Da kann man’s ja nur schreiben. Oder?
Meine Grundhaltung für den Gebrauch dieses Buches ist die:
Nehmt von den Ideen, Einstellungen und Handlungsvorschlägen nur, welche euch ansprechen und euch ausprobierenswert erscheinen und probiert sie aus. Und macht allein von der Erfahrung, die ihr beim Ausprobieren macht abhängig, ob ihr sie annehmt – dann sind sie ‚euer‘ – oder ob ihr sie für euch passend verändert und dann annehmt oder – ob ihr sie 'wegwerft‘. Tun sie euch gut, nehmt sie an und gebt sie liebevoll als gute Vorschläge (nicht als Wahrheiten) an andere weiter. Tun sie euch nicht so gut, wie sie anderen schon gutgetan haben, dann checkt, ob ihr sie so zu euch passend abändern könnt, dass ihr davon eine gute Hilfe erfahrt und sie deshalb, von euch verändert, als 'euer' annehmen mögt. Tun sie euch nicht gut oder haben sie sogar eine negative Wirkung auf euch, dann legt sie bedenkenlos beiseite, oder verwerft sie. Dann sind sie entweder zurzeit, oder vielleicht auch in diesem Leben überhaupt, nichts für euch. Wenn der Adler begeistert verkündet: „Luft ist das Element des Lebens!“ – Dann muss das für den Fisch noch lange nicht gelten. „Für kurze Zeit“, sagt er zum Adler „springe ich gerne und mit Freude in dein Element, aber auf längere Zeit ist dein Lebenselement für mich der Niedergang. Danke für deinen Vorschlag.“
Vorwort
(2)
Ganz ursprünglich, schon vor 20 oder 30 Jahren, wollte ich einmal ein Buch schreiben für Kolleginnen und Kollegen, und für solche, die es werden wollten. Ein Buch, das sie so begeistern und anregen sollte, mit meinem hinzugesammelten Wissen, wie mich damals das Buch: „Gestalttherapie in Aktion“. Aber im Laufe der Zeit kam die Idee hinzu, es so zu schreiben, dass es ‚alle‘ lesen und davon profitieren könnten. Nicht nur interessierte Kolleginnen und Kollegen, sondern auch alle selbständig Problemlösungssuchende und alle neugierigen und interessierten ‚Ehemaligen‘, die bei mir in den gut 46 Jahren bis dahin in Therapie gewesen waren. Es so zu schreiben, dass es helfen könnte, alle Interessierten zu befähigen, an ihren Problemen eigenständig zu arbeiten, oder weiterzuarbeiten. Und dass alle, die lernen wollen, wie sie andere noch besser unterstützen können, in deren Heilungsversuchen, durch das Lesen und Hören dieses Buches darin große und befriedigende Fortschritte machen können.
Aus einem anderen Blickwinkel: Ich schreibe das Buch
- für alle, die ein Interesse daran haben, selbständig zu bleiben und ihre Probleme eigenständig lösen zu lernen, statt sich den Führungsansprüchen der meisten Behandlerinnen und Behandler des alten Systems unterwerfen zu wollen. Und die sich, erst wenn sie alleine nicht mehr weiterkommen, vorübergehend Hilfe bei kompetenten Unterstützern suchen wollen. Unterstützung. Aber keine Führung mehr.
- für alle, die mit dem Gedanken spielen, ihre Selbständigkeit zurückerobern und eigenständige Problembehandlung erlernen zu wollen. Also
- für alle, die sich befreien wollen von der bequemen, Verantwortung abgebenden Unterwerfung als ‚Patienten’/Geduldige/alles mit sich machen Lassende – das ist krank. Unter besserwissende, großartige Führer, ‚Halbgötter in Weiß‘, ‚Koryphäen‘, ‚Experten auf ihrem Gebiet‘ und welcher Verherrlichungen auch immer wir uns sprachlich noch bedient haben – das ist auch krank.
- und für alle Unterstützerinnen und Unterstützer, die lernen wollen, wie sie noch besser jene anderen unterstützen können, die in ihren Versuchen, sich selbst zu heilen, stecken geblieben sind.
Wenn wir uns befreien wollen aus der antrainierten Selbstsicht, dass wir machtlose Staubkörner in einem riesigen, nahezu leeren Universum wären – das sind wir nicht – und wieder die selbständigen und mächtigen Mitschöpfer werden wollen, die wir wirklich sind, dann brauchen wir eine Beendigung der sehr alten folie à deux, der Verrücktheit zu zweit, folgender beider, extrem ungleich großer Gruppen: Die Einen Wenigen, die sich aufs Podest heben lassen, als die angeblich Großartigen, Unverzichtbaren, es besser Wissenden und Könnenden, die sich damit, nebenbei bemerkt, immens an Macht, Geld, Einflussnahme und Selbstbestätigung bereichern. Und die Anderen Vielen, die die selbsterklärten Besseren in ihrem Wahn bestätigen, die Besseren und Überlegenen zu sein, indem sie sich ihnen unterwerfen; die antrainierter, gehirngewaschener und bequemer Weise ihre Verantwortung für sich selbst an die, sich besser Wähnenden, abgeben, und die dafür extrem teuer mit ihrem Geld, mit der Blockade ihrer freien Selbstentfaltung, mit ihrer Gesundheit und, nicht selten, mit verfrühtem Ableben bezahlen.
„Hau mich, stech mich, mach mit mir, was du willst. Aber nimm mir mein Problem weg.“ So fasste ein älterer Mannheimer Psychiater mir, als damals jungem Psychologiestudenten, seine Berufserfahrungen bezüglich der Grundhaltung ‚seiner‘ Patienten ihm gegenüber zusammen.
Ich wollte und will mit dem was ich aus meinem Berufsleben schreibe, dazu beitragen, damit aufzuhören: Mit der Unterwerfung der Vielen („Mach du! Ich folge jedem Vorschlag von dir nach.“) und mit der Überhebung der Wenigen („Ich weiß es besser, folge mir und meinem Rat. Ohne Fragen, fraglos.“) (Ähnlichkeiten mit der Schlange Kaa aus dem „Dschungelbuch“ sind rein zufällig.). Und mit der dazugehörigen Aneignung durch die Wenigen („Meine Patienten.“). Unterwerfung schwächt uns. Überhebung korrumpiert uns. Beides zusammen ist die Grundlage für die lange Fehlentwicklung unseres bisherigen, alten Gesundheitssystems und für die katastrophische Fehlentwicklung der letzten vier Jahre. (Anfang 2020 bis Mitte 2024)
Und das Schlusswort im Vorwort:
Wenn wir uns entscheiden, unsere Führungs- und Ausbeutungsgelüste einzutauschen gegen die Gleichberechtigung aller und eine gegenseitige Fürsorglichkeit, und wenn wir uns vor allem dafür entscheiden, unsere Bereitschaft zur Unterwerfung unter Führung Anbietende einzutauschen gegen eine neue Bereitschaft zur erwachsenen Selbständigkeit, Selbstverantwortlichkeit und freien Selbstentfaltung,
dann werden wir erst den Platz in uns und äußerlich frei bekommen, für die Entwicklung eines neuen Gesundheitssystems: Frei von Hierarchien und getragen von Respekt und Wertschätzung aller füreinander. Die Grundlage dafür ist die Entfaltung eines neuen Selbstbewusstseins von uns allen: Mit neu entfaltetem Selbstrespekt und Selbstvertrauen, neuer Selbstsicherheit, Selbstfürsorge und Selbstliebe, neuem Respekt und Fürsorge für alle anderen, der Rückkehr zu dem Wissen, dass wir mächtige Mit-Schöpfer des Universums sind, mit göttlichem Selbstbewusstsein (oder wie die Yogis es mit einem wunderschönen Mantra ausdrücken: „hammi ham, Brahm ham.“ – „Wir sind wir, und wir sind Gott“) und mit einem neuen, maßvollen, respekt- und liebevollen Umgang mit unserer befreiten Kreativität, unserer Schöpfungskraft.
2 Wie fängt eine Sitzung an.
Schon mit der Begrüßung im Wartezimmer. Oder an der Praxistür. Und in der Regel bei mir so:
Ich hole den Patienten im Wartezimmer ab. Finde ihn mit den Augen auf seinem Stuhl. Nehme lächelnd Blickkontakt mit ihm auf. Reiche ihm, während er aufsteht oder wenn er schon steht die Hand: „Guten Tag Frau Müller." ("Guten Tag Herr Schmidt.") „Kommen Sie bitte?“ Beim ersten Mal gehe ich voraus und zeige dem anderen den Weg ins Therapiezimmer und zu seinem Stuhl. Wenn er den Weg von vorherigen Sitzungen schon kennt, lasse ich ihn vor und nehme schon auf dem Weg ins Therapiezimmer, hinter ihm hergehend, wahr, wie seine Körperspannung, seine Körperhaltung, sein Gang und seine ‚Ausstrahlung‘ ist, (gebeugt, aufrecht, schleppend, vital, apathisch, aufgeregt, verlangsamt, hektisch, hinkend (verletzt?), beschwingt).
So war das in all den Jahren, als ich eine Praxis mit Wartezimmer hatte – und das war in den gut 46 Jahren der Arbeit in Gemeinschafts- und später in Einzelpraxis – immer.
Manchmal fand die Begrüßung schon an der Praxiseingangstür statt, wenn der Patient beim Türöffnerknopf-Drücken und Türöffnen oben schon vor der Praxiseingangstür stand, statt, wie meistens, unten vor der Haustür. Wenn gerade jemand unten hinausgegangen war und er 'hereinwitschen' konnte oder der Türöffner mal wieder nicht funktionierte und die Haustür, bis zur Reparatur durch die Hausverwaltung, offen stand. Kurze Momente der freundlichen Überraschtheit meinerseits. Manchmal mit einem extra „Hallo“. Immer mit der Handschlagbegrüßung und dem Hinweis: „Nehmen Sie noch einen Moment im Wartezimmer Platz? Ich komme dann.“
Eine Sitzung fängt also schon mit der Art der Begrüßung und der Art des gemeinsamen ins Therapiezimmergehens (oder des den anderen von Weitem Rufens: „Frau… (Herr…), kommen Sie bitte?!“ an. Und in diesen Sekunden haben wir schon die Möglichkeit, den anderen emotional verhungern zu lassen/ihn kalt auf Distanz zu drücken oder ihn freundlich für die nächsten 50 (bis 60) Minuten zum sich Öffnen zu ermutigen.
Lange Jahre ließ ich den Rat- und Hilfesuchenden beim ersten Gespräch die Wahl des Tür-nahen oder des etwas ferneren Tür-beobachtbaren Stuhls (den sie dann allerdings bis zum Ende der Therapie beibehalten mussten.) Sie konnten also (in der Regel völlig unbewusst) wählen zwischen der 'schnellen Flucht' zur Tür raus (falls es ihnen in der Sitzung zu brenzlig werden würde) oder der optischen Kontrolle darüber, wer eventuell zur Sitzung 'hereinbrach'. Die meisten (geschätzte 70%) wählten den 'Flucht-Stuhl'. Ich wars damit zufrieden, den Patienten einen Bevorzugungswunsch als 'Eingangsgeste' erfüllt zu haben und selbst immer mal wieder die Abwechslung eines optischen Perspektivwechsels auf mein Therapiezimmer während der Sitzung zu bekommen. Später wurde es mir wichtiger, 'meinen' Therapiestuhl zu haben, in dem ich stabil von meiner eigenen Energie profitieren konnte, den ich mir auch für meinen linken Ellenbogen etwas mehr auspolstern konnte und von dem aus ich leicht nach meinem Terminkalender 'angeln' und nach meinen Utensilien (Notizpapier, Kugelschreiber…) greifen konnte. Die eindeutige, mit einer Handbewegung unterstrichene Stuhlzuweisung: „Nehmen Sie bitte hier Platz.“ signalisierte meine Bereitschaft, die anderen nicht nur zu begleiten (was schon sehr wertvoll ist) sondern auch in speziellen Regressions- und Verunsichertheitssituationen der Patienten vorübergehend die Führung zu übernehmen. Und brachte zudem meine gewachsene Bereitschaft zum Ausdruck, erstmal für mich zu sorgen („put yourself first“), statt erstmal für den anderen.
Aus der Warte der Patientinnen und Patienten fängt die Sitzung oft damit an, dass sie unsicher sind, wie und ob sie anfangen sollen. Ob der Therapeut irgendwelche Erwartungen an sie hat, die sie nicht kennen. Ob sie überhaupt anfangen dürfen oder ob der Therapeut das Ruder in die Hand nimmt und von sich aus bestimmt, wo's lang geht. Manche fragen sich, ob das Ganze nicht sowieso eine große, ausgetüftelte Struktur hat, die nur der zweifellos grandiose Therapeut kennt, an die der sich insgeheim hält und die sie als Patienten nicht stören möchten. Andere sind unsicher:
„Was zu besprechen, ist therapeutisch überhaupt hilfreich?“ „Darf ich (mit)bestimmen, wo’s langgeht? Oder komme ich dem Therapeuten damit in die Quere?“ „Darf ich die Führung ganz und gar dem Therapeuten überlassen? Weil sich führen lassen so bequem und vertraut ist?“ Oder: „Bekomme ich endlich die gute Führung und Richtungsweisung, die in der Kindheit so schmerzlich-geringe Mangelware war?“
Natürlich will ich als Therapeut wissen, welche Erfahrungen der Patient in der letzten Woche oder seit unserem letzten Termin gemacht hat. Ob er vereinbarte 'Hausaufgaben' oder Verhaltensexperimente gemacht oder ob er sie 'vergessen'/verdrängt hat. Welche Erfahrungen er damit machte oder welche Gründe ihn bewogen haben, sie nicht zu machen (zu leicht?/zu langweilig? zu schwer?/zu ängstigend?). Aber erstens haben Störungen Vorrang: Wenn das Reden zu Sitzungsbeginn für den Patienten aus Unsicherheit oder Ängstlichkeit blockiert ist, dann geht es zuallererst darum, diese Unsicherheit miteinander zu erkennen, zu verstehen und weitestmöglich aufzulösen.
(Unter anderem durch die Information, dass ich kein vorgefertigtes Programm habe. Und dass ich die Haltung der 'alten Gestalttherapeuten' übernommen habe, mich dem anzuvertrauen, was beim Patienten als erstes und von alleine 'hochkommt';wo seineAufmerksamkeit 'von sich aus' hingeht; dass dort sein größtes, augenblickliches Interesse ist, und dass eben deshalb dort am meisten zu gewinnen' ist; selbst wenn es so aussieht, als läge es abseits des Hauptthemas.)
Und zweitens ist es hoch informativ, ob und wie der Patient von sich aus mit Hausaufgaben- und Experimenterfahrungen der letzten Woche beginnt. Oder ob er Mal um Mal mit anderen Themen ablenkt; die natürlich und zweifelsfrei wichtig sind; die aber eben doch auch die Funktion der Ablenkung erfüllen.
Von Sitzungsbeginn an registriere ich, ob ein Patient die Themen und Hausaufgaben-Erfahrungen der vorausgegangenen Sitzung anspricht, oder ob er andere Themen 'vorzieht'. Sollte er wirklich die ganze Sitzung über zu anderen Themen gegangen sein, stelle ich die Frage nach dem Sinn dieser Themenwahl (und Themenvermeidung) entweder noch gegen Ende der Sitzung oder spätestens in der darauffolgenden Sitzung. Zu vermeiden oder Umwege zu gehen ist ja erlaubt. Es ist nur gut, Vermeidung miteinander wahrzunehmen. Und statt sie zu übergehen, sie miteinander zu besprechen, um zu verstehen, wozu sie gut war. Das ist der Unterschied zum Lebensalltag: In der Therapie macht der Patient genau dasselbe 'wie draußen', es wird mit der Hilfe des Therapeuten nur für ihn wahrnehmbar gemacht und in sein Bewusstsein gebracht. Und miteinander besprochen. Und wenn es gut geht: verstanden. Und schließlich, auch vom Patienten akzeptiert. Was erst die Grundlage für echte, stabile Veränderung ist.
Da meine Aufmerksamkeit mit Sitzungsbeginn (und auch schon davor bei der Begrüßung) nicht draußen ‚bei den weißen Wolken am Himmel‘ oder ‚bei den grünen Straßenbäumen vor dem Haus‘, sondern ungeteilt bei meinem Gegenüber war, mitsamt der Neugierde, 'wer' mir heute gegenüber sitzt und welche Veränderungen er oder sie wohl heute mitbringt, konnte manchmal der mir zurückgemeldete Eindruck entstehen, sich 'beobachtet' (statt wahrgenommen) zu fühlen. Das tat mir, und tut mir auch im Nachhinein noch, leid. Über diese, dankenswerte, Mitteilung zu sprechen, half uns aber wiederholt, den Unterschied zwischen distanzierter Beobachtung/ihn auskundschaften zu wollen und echtem Interesse am anderen/ihn wirklich wahrnehmen zu wollen, zu besprechen. Es half mir auch, eine bessere Feinabstimmung meines Hinwendungs- und Aufmerksamkeits-'Lichts' zu erlernen. D.h.,bei wahrgenommenem Unbehagen des anderen es zu 'dimmen' (sagen wir von strahlend ausleuchtenden 300 Watt auf angenehm warm erhellende 60 Watt). Und öfter innerlich 'einen halben Schritt zurück' zu gehen, den Blickontakt bewusst zu reduzieren und meine Aufmerksamkeit mehr auf die subtilen Wahrnehmungen des ihn umgebenden elektromagnetischen Feldes, seiner Aura, zu lenken. Die, wie ich von 'den Yogis' gelernt habe, randvoll ist 'mit Informationen bis zum Anbeginn aller Zeiten'. Konnte ich die Aurainformationen des anderen sehen? Nein. Dennoch konnte die Hinlenkung meiner Aufmerksamkeit zu diesen 'Feld' inspirierend für mich und für meine Intuition sein.
Früher, am Anfang meiner therapeutischen Arbeit, fing ich also eine Sitzung, nach der freundlichen Begrüßung, aktiv mit dem Erfragen von Symptomveränderungen und der Hausaufgabenergebnisse an. Später und bis heute interessierten und interessieren mich die Symptomveränderungen, Hausaufgabenergebnisse und Wochenerlebnisse immer noch: Ich hatte und habe sie innerlich ‚im Sinn‘, erfrage sie aber nicht mehr systematisch. Ich lenke meine Aufmerksamkeit zu Sitzungsbeginn viel mehr auf meine Wahrnehmung von Neuem beim anderen: Von der Frisur und Haarfarbe, über die Kleidung und Farbenwahl des Tages bis zu potentiell neuen Tattoos oder Hautbildern, größeren oder kleineren körperlichen Verletzungen, die mitgebrachte Stimmung, Körperspannung, Gestik und Mimik, Sprach- und Stimmveränderungen, die bewusste oder unbewusste Mitteilung neuer Gedanken und Einstellungen und neue Verhaltensweisen. Und ich nehme bewusst war, was sie/er bereit ist, von sich zu erzählen, zu bearbeiten oder lieber zu umgehen. Alles das ist ok. und, zusammen mit mitgeteilten Hausaufgabenerfahrungen, Wochenerlebnissen und Symptomveränderungen, willkommener Ausgangspunkt, um den anderen dort abzuholen, wo er gerade ist. Und mit ihr/ihm von dort aus 'Richtung Zentrum der Kugel' zu gehen (das war ein Bild von C. G. Jung). Sofern sie/er denn dorthin mitkommen will.
3 Wie sieht das Therapiezimmer aus?
Im Grunde kann man überall therapeutisch arbeiten, wo die Intimität des Gesprächs und des Patienten gewahrt ist. Wo Blickschutz gegenüber Dritten und akustischer Schutz von und nach außen besteht. Wo Störungen durch Dritte weitgehend ausgeschlossen sind und wo genügend ‚Raum in der Hütte‘ ist, um Luft zum Atmen zu haben und um die jeweils gute Entfernung zueinander variierend herstellen zu können. Um weder aufeinander kleben, noch in starrem Abstand verharren zu müssen. Wo es also locker, vor allem für den Patienten, möglich ist, mit seinem Stuhl auch einmal vom Therapeuten wegzurutschen, wenn der ihm mal mit einer Aussage oder Frage zu dicht 'auf den Pelz gerückt' ist, oder auch einmal mit dem Stuhl ein Stück näher an den Therapeuten heranzurutschen, wenn er mit leiser Stimme ein ganz besonders heikles Geheimnis mitteilen möchte.
Ich habe in sehr kleinen Zimmern (12 m2), in denen Distanzveränderungen nur minimalistisch möglich gewesen waren, und sehr großen Zimmern (40 m2) gearbeitet. Und viele Jahre auch in einem mittelgroßen, wunderschönen Altbau-Erkerzimmer (mit ca. 25 m2). Aber immer war mir daran gelegen, dass das Zimmer hell war und nach jeder Sitzung gut belüftbar (noch von meiner Atemtherapieausbildungszeit her), um die 'verbrauchte Problembearbeitungs-Luft' rauszulassen und den Raum mit frischer Luft für den nächsten Patienten wieder zu füllen. Und ebenfalls wichtig, was man nicht sehen, aber angenehm fühlen konnte, war mir eine gute Schallisolierung. In der Regel durch meinen damaligen, begnadeten Tischler-Freund Georg: Zu dünnen Nachbarzimmer- oder Toilettenraum-Wänden wurden Regipswände mit Luftisolierung vorgebaut, in die nicht ein einziger, potentiell schallüberbrückender Nagel eingeschlagen werden durfte (um jegliche ‚Schallbrücke‘ zwischen den Räumen zu vermeiden), die Doppelglas-Kastenfenster zur Straße hinaus bekamen zwei jeweils verschieden (!) dicke Glasscheiben und rundum Gummiisolierungen zur weiteren Reduktion des Außenschalls. Wobei er mich erfolgreich davor warnte, den Schallkontakt zur Außenwelt, wie der Straße draußen, nicht völlig abzublocken, sondern ihn nur deutlich und angenehm zu dämpfen. Dünne Altbau-Holztüren wurden konsequent durch dickere neue Türen ersetzt, die ebenfalls rundum fein eingefügte Gummiisolierungen bekamen und die zusätzlich zum Boden hin mit eingefrästen, dichten Borstenleisten versehen wurden, die sich beim Schließen der Tür komplett zum Boden hin absenkten und dadurch die Luftschallbrücke unten schlossen (und sich beim Öffnen wieder diesen Zentimeter hochzogen, um nicht auf dem Boden zu schleifen.) Alte unrettbar verkommene Holzdielen wurden durch schönes, helles Stabparkett ersetzt. Alte schöne, aber knarrende Parkettfußböden wurden durch neue Unterbodenkonstruktionen komplett entknarrt, frisch abgezogen, giftfrei wasserlackiert und eins zu eins, exakt wie vorher, wieder verlegt. Und last but not least wurden die Wände der Hauptarbeitsräume mit Raumklima ausgleichendem Lehm verputzt und mit sehr schönen, hellen und warmen Lehmfarben gestrichen. Dass die Farbqualität der Stehund Tischlampen hell und warm war, war für mich immer selbstverständlich. Und meine Entscheidung dafür wurde einmal von jemandem als „goldwarm richtig“ bezeichnet.*
Ich habe es vorgezogen, meinen Patienten immer direkt gegenüber zu sitzen. Offen und face to face. Und dafür auf zwei – immer gleichwertigen – Stühlen, die ein bisschen weiter entfernt voneinander standen. Ohne 'schützende' Utensilien oder gar einem großen ‚wichtigen‘ Schreibtisch dazwischen. Auch nicht im größeren oder kleineren Winkel der Stühle zueinander (um die gerichteten Vektor-Kräfte vom anderen und von mir in ihrer Wirkung aufeinander abzuschwächen). Auf diese Art kann man in kleineren Räumen, als Notbehelf, näher zusammenrücken. Aber gerade auch nach der Atemtherapieausbildung habe ich nie verstanden, warum man sich als Therapeut freiwillig so setzt, dass man beim entspannten geradeaus Schauen den Patienten gerademal im Augenwinkel ahnt, oder, um ihn zu sehen und direkten Blickkontakt mit ihm zu haben, stundenlang den Kopf mit verdrehtem Hals halten muss. Doch, eines Tages ich habe es verstanden. Und zwar als Schutz vor 100% Direktheit, Offenheit und notfalls auch Konfrontation. Und ich vermutete außerdem eine insgeheime Bequemlichkeit dieser Therapeuten oder eine getarnte, sich selbst gegenüber noch uneingestandene restliche Selbstunsicherheit bei ihnen. Auf jeden Fall bewertete ich als bewusste oder unbewusste Abminderung des Angebots:
'Ich bin da. Ganz.'
'In diesen 50 Minuten bin ich ganz für dich da.
Um dich zu verstehen und um dir Rückhalt zu geben.
Um dich wahrzunehmen, wie du bist
und um dir zurückzumelden, was du in mir auslöst
an Wahrnehmungen, Gedanken, Gefühlen, Handlungsimpulsen.
Und um mit dir zusammen Lösungen zu finden
für deine Probleme, mit denen du gekommen bist.'
Um mich als 'Projektionsfläche' für die Patienten so groß und so rein wie möglich zu halten, habe ich versucht, 'persönlich' so wenig wie möglich 'in Erscheinung' zu treten und das Zimmer mit so wenig wie möglich Persönlichem zu 'schmücken'. „Hier hängen so wenig Bilder an der Wand.“ Das meldeten mir Patienten einige Male im Laufe der Jahre zurück. „Der Raum ist schön und hell und ich fühle mich wohl hier, aber da hängt fast nichts an der Wand.“ - In den letzten Jahren in der Kufsteiner Straße bröckelte das, auch mit dem Hinstellen eines bunte Notizblöcke tragenden, lächelnden, thailändischen Wasserbüffels, den ich zur Begrüßung, als Schutz während der Sitzung und zur Verabschiedung innen an die Zimmertür gestellt hatte. Und zum Schluss in der Wannsee-Praxis bröckelte das noch deutlich mehr, mit vielen Steinen und Halbedelsteinen auf schmalen Holzborden, mit Buddhastatuen, Tarabildern, Klangschalen und kleinen, bunten geschenkten Gegenständen von Patientinnen und Patienten (zu Weihnachten, zu Ostern, zum Therapieende…)
Nach zwei 'Generationen' Sitzelemente für meine Patienten und mich, mit fragwürdiger, anfänglicher Geldknappheit bedingter Qualität, hatte ich (merkwürdigerweise) 'die Nase voll' und beherzigte zum ersten Mal den damaligen, wunderbaren Hinweis einer älteren Kollegin: „Sparen Sie nicht an Ihrem Stuhl, auf dem Sie so viele Jahre Ihres Lebens sitzen werden. Das ist Ihr Hauptarbeitsinstrument.“ Ich kaufte mir also zwei, von mir damals als sehr teuer erlebte, ergonomische, grünlederbezogene Freischwinger aus fein gemasertem, hellen Holz einer Schweizer Firma, für mich und meine Patienten in derselben hohen Qualität, - gleiches Recht für alle – und auch um damit meine Einstellung der grundsätzlichen Ebenbürtigkeit von Therapeuten und Patienten zum Ausdruck zu bringen. Erfreute mich jahrzehntelang alltäglich an ihrer optischen und Sitzqualität – und habe sie heute noch, wenn auch auf 'Patientenseite' mit deutlich ramponierterem Sitz- und Rückenlehnenleder.
Als Schreibtuschstuhl wählte ich zum Schluss einen silberfarbenen Metallfreischwinger mit maisgelbem Lederbezug der Sitz- und Rücklehnenfläche, um jederzeit und leicht eine ausgewogene Dreiersitzgelegenheit herstellen (und wieder auflösen) zu können, wenn ich sie für Paarberatungen oder andere Gespräche zu Dritt brauchte. Die Paare bekamen dabei immer die beiden grünen Holzfreischwinger (von mir „zur Waffengleichheit“ angekündigt) und ich nahm den gelben Metallfreischwinger.
Und natürlich gab es immer kleinere oder größere Beistelltische neben den Stühlen: Auf der Patientenseite für die obligatorischen Tempotaschentücher und für Notizzettel, einen Kugelschreiber, Buntstifte und einen Zeichenblock, und auf meiner Seite für meinen Terminkalender, Notizpapier und Kugelschreiber, einen Timer für manche Übungen und eine für den Patienten einsehbare Uhr. Ich hatte all die Jahrzehnte, mir irgendwo gegenüber, eine große, analoge Kienzle Tisch-Standuhr, silbergebürstet. So dass wir beide immer wissen konnten, ‚was die Uhr geschlagen hat‘. Was – wie ich schon beschrieben habe – in der Regel für ein gemeinsames, gutes Gestalten des Sitzungsendes nicht viel geholfen hatte.
Gut. Soweit Informationen über meine Therapiezimmergestaltungen. Allgemein sehe ich es so: Ein Therapiezimmer sieht immer so aus, wie es in der Psyche des Therapeuten oder der Therapeutin zugeht. Wenn ihr ein Therapiezimmer zum ersten Mal betretet, schaut euch einfach in Ruhe um, lasst alles auf euch wirken, was ihr bewusst wahrnehmt und auch was ihr unbewusst als Informationen aufnehmt, registriert auch, auf welche Weise ihr euren Therapiestuhl erreicht habt, vom Therapeuten begleitet oder allein gelassen, und wenn begleitet, dann wie?, und nach spätestens 30 Sekunden 'wisst' ihr, ob ihr mit euren Problemen hier gut aufgehoben seid oder nicht. Ihr wisst es. Und wenn ihr ein Unbehagen habt, und trotzdem bleibt, und wieder und wieder kommt, dann weil ihr euch unbewusst dafür entschieden hattet, diesesmal noch nicht erfolgreich an den Kern eures Problems herangehen zu wollen. Und zwar wahrscheinlich schon deutlich vor der Therapie. Ich weiß, ein gewöhnungsbedürftiger Gedanke. Aber letztlich der lohnendste, den ich kenne:
Ich ziehe, aus meinem Unterbewusstsein heraus,
genau die Dinge und Menschen in mein Leben,
die ich, aus gesunden oder aus kranken Gründen,
zu einer Zeit in meinem Leben haben will und brauche.
Alle.
Wenn ihr euch nun aber wohlfühlt in diesem Raum und in der Gegenwart des Therapeuten/der Therapeutin, dann ist das wirklich eine gute Grundlage für eine gemeinsame Arbeit. Und selbst wenn ein Gefühl der Beklemmung oder eine Angst hinzukommt, bei dem Gedanken an die Therapie hier, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass ihr den Mut mitgebracht habt, wirklich an den Kern eures Problems heranzugehen, und fühlt, dass ihr hier dafür an den 'Richtigen' oder die 'Richtige' geraten seid. Und deshalb, neben eurem Wohlbehagen im Therapiezimmer, auch euren Mut braucht, um diesem Abenteuer zuzustimmen. Was aber auch keine Garantie ist für den Therapieerfolg, sondern nur eine sehr, sehr günstige Bedingung dafür. Eine Therapie ist immer ein Versuch.
Von einem erfahrenen Supervisor und Coach, der in seinem Leben viele Supervisionsaufträge von Unternehmen bekommen hatte, bekamen wir als junge Therapeuten und Supervisoren in Weiterbildung lächelnd folgenden Hinweis auf eine äußerst hilfreiche Informationsquelle: „Wenn ich zu einem Unternehmen gehe, das mich zur Supervision beauftragt hat, gehe ich am Tag des ersten vereinbarten Treffens, als allererstes, noch bevor ich mich mit den Mitarbeitern und den Führungskräften treffe, in deren Toilettenräume und schau mich da aufmerksam um. Hier erfahre ich auf einen Blick mehr über das Problem des Unternehmens als danach in langen Ausführungen der Supervisanden.“ Da ist was dran. Und da das nicht nur für Unternehmen zu gelten scheint, gebe ich euch diesen Hinweis gerne weiter: Geht in einer für euch neuen Praxis nicht einfach nur so zur Toilette, um euch zu erleichtern. Sondern nehmt diesen Raum sehr bewusst wahr, lasst ihn auf euch wirken, egal ob ihr für eure Gefühle dabei Begriffe habt oder nicht. Das ergänzt euren Therapiezimmer- und Praxis-Eindruck sehr und hilft euch bei der 'Bauchentscheidung': Therapie hier? Ja oder Nein.
* Diese helle und warme Farbqualität des Lichts ist heilsam. Und wurde eines, aus meiner Sicht, unseligen Tages vom Europa-Parlament per Gesetz und mit fadenscheinigem Energieargument verboten. Und durch quecksilberhaltige, psyche- und augengefährdende, neue, kalte Lampen ersetzt (s. Anhang). Wenn das Verbot des warmen Glühbirnenlichts unserer Gesundheit nicht nutzt. Wem dann? (Cui bono?) Wem nützt das?
4 Der Verlauf – die Struktur – einer Sitzung
Die Grundstruktur, die sich mir eingeprägt hat und die ihre Wurzel im verhaltenstherapeutischen Setting hat, ist folgende:
Nach der Begrüßung, der Wahrnehmung des ersten Gesamteindrucks des Patienten bei mir, und dem Austausch über meine ersten Wahrnehmungen, galt mein Hauptinteresse den Erfahrungen des Patienten in der letzten Woche, bzw. in der Zeit seit der letzten gemeinsamen Sitzung.
Das konnte ausgesprochen oder auch nur innerlich 'laut gedacht' die Frage sein:
„Wie geht es Ihnen jetzt, gerade hier, mir gegenüber sitzend?“
Und:
„Welche Erfahrungen bringen Sie aus der letzten Woche mit? Wie hat die letzte Sitzung nachgewirkt, was hat sie ausgelöst? Welche Erinnerungen, Gefühle, Gedanken? Welche aktuellen Lebenserfahrungen und welche Erinnerungen an alte Lebenserfah rungen bringen Sie mit?“
Und, vorausgesetzt wir hatten eine 'Hausaufgabe' vereinbart (wie z.B. Fragebögen beantworten, Tagesprotokolle zu führen über bestimmte Gefühle, Gedanken, Symptome oder Ereignisse oder gemeinsam vorbesprochene Verhaltensübungen durchzuführen) oder wir hatten uns auf ein 'Experiment' geeinigt (wie z.B. eine neue Verhaltensweise auszuprobieren oder den Tag mit einer neuen Einstellung/Kognition zu gestalten), dann war die Frage:
„Haben Sie die Hausaufgaben/das Experiment gemacht?“ Wenn ja: „Mit welchen Ergebnissen, mit welchen Erfahrungen?“ Wenn nein oder 'vergessen': „Warum nicht? Wofür war das Vergessen gut? War die Aufgabe oder das Experiment zu schwer? Zu 'gefährlich'? Zu leicht? Zu langweilig?“
Auf der mitgeteilten konkreten Erfahrungsgrundlage der letzten Woche (der Zeit seit dem letzten Termin) wurde dann besprochen, wie es am besten weitergeht: Ob die letzten Hausaufgabenschritte und Verhaltensübungsschritte sinnvollerweise wiederholt werden sollten. Oder ob sie besser erleichtert oder mit dem nächst höheren Schwierigkeitsgrad durchgeführt werden sollten. Und ob ein Experiment sinnvollerweise noch einmal wiederholt werden oder doch besser in einer neuen Richtung abgeändert werden sollte.
Dann gab es 'Platz' für das Besprechen von 'hinderlichen‘ (blockierenden, ängstigenden) Gedanken, Einstellungen und Kognitionen. Oder von Traumaerinnerungen, bedrückenden Lebenserfahrungen, von Träumen, von aktuellen Partnerschafts-, Kinder-, Familien-, Freundschafts-, Kollegen- oder Arbeitsplatz-/Ausbildungsplatzkonflikten. Es gab auch Platz für kognitiv-verhaltenstherapeutische Interventionen: Systematische Desensibilierungsschritte, das Erlernen der Progressiven Muskelentspannung nach Jacobson und anderer Entspannungstechniken, Selbstsicherheitstrainingsübungen, geführte Dialoge mit sich selbst, geführte Traumbesprechungen, 'entlehnte' (natürlich anfänglich ins Lerntheoretische übersetzte) Übungen aus der Gestalttherapie, der Atemtherapie, der Neurolinguistischen Programmierung (NLP), des Hatha und Kundalini Yoga, der Gewaltfreien Kommunikation, der Arbeit mit dem inneren Kind.
Entstanden bei mir während dieser 'freien' Arbeit Impulse für weitere Hausaufgaben oder Experimente 'zu Hause', wurden sie gemeinsam besprochenen, und ggf. den bisherigen Hausaufgaben- und Experimentschritten hinzugefügt.
Ab der Zusatzausbildung zum Atemtherapeuten und der gestalttherapeutischen Weiterbildung stellte ich öfter die 'Suchfrage', um den Aufbau von Achtsamkeit, Bewusstmachung und Selbstsicherheit zu unterstützen:
„Wenn Sie jetzt ein Blitzlicht in Ihre Gefühlswelt werfen: Welches Gefühl taucht geade jetzt, am Ende dieser Sitzung, in Ihnen auf?“
Kam als Antwort ein Gedanke („Ich finde, das war interessant.“) oder ein als Gefühl getarnter Gedanke („Ich glaube, ich bin jetzt ruhiger.“) (was sehr oft vorkam, da die meisten Menschen nicht darauf trainiert sind, bewusst auf ihre Gefühle als wertvolle Informationsquelle zu achten, sondern sich vom Verstand lenken zu lassen und sich mit ihren Gedanken zu orientieren) kam von mir der Hinweis:
„Das ist ein wertvoller Gedanke. Aber es ist ein Gedanke. Wie fühlen Sie sich gerade? Welches Gefühl nehmen Sie gerade wahr?“
War die Mitteilung dann ein Gefühl, wie „Freude“ oder „Erleichterung“ oder „Wehmut“, war meine Zusatzfrage nach der Wiederholung des Gefühlsnamens durch mich:
„Sie fühlen Freude (oder Erleichterung oder Wehmut). Ok. Gut. Und wo, körperlich, nehmen Sie dieses Gefühl der Freude (der Erleichterung, der Wehmut) am deutlichsten wahr.?“
„(Dort und dort (im Hals, in der Brust, im vorderen oder hinteren Kopf, in den Schultern, in den Beinen…).)“
„Ok. Prima. Lassen Sie diese Freude (diese Erleichterung, diese Wehmut) jetzt genau so gelten, wie Sie sie jetzt fühlen, und wo Sie sie jetzt fühlen. Und achten Sie darauf, was aus diesem Gefühl wird, wenn Sie jetzt hinausgehen aus dem Therapiezimmer, auf dem Weg nach unten, und in Ihren Alltag. Und wenn es sich verändert, wenn es ausklingt, wenn ein neues Gefühl kommt und viel leicht an einem anderen Ort des Körpers, dann lassen Sie alle Veränderungen gelten, genau so, wie sie sind. Es kommt auch nicht darauf an, ob Sie sie verstehen. Oder nicht. Es geht nur darum zu lernen, sich in allen Aspekten zu akzeptieren. Alle Ihre Gefühle und Aspekte sind ok. Ohne Ausnahme.“
Das Ende war dann (bei Therapien mit wöchentlicher Sitzungsfrequenz) die Rückversicherung
„Bis nächste Woche?“
oder (gegen Ende der Therapien, bei langsam sinkender Sitzungsfrequenz) die Klärung des nächsten Termins
„Wann machen wir unseren nächsten Termin?“
oder
„Was sagt Ihre innere Stimme: Wann ist es gut, den nächsten Termin zu machen?“
Wobei es sich im laufe der Zeit als sehr hilfreich erwies, für die Klärung von Terminen, die nicht durch wöchentlichen Sitzungsrhythmus festgelegt waren, einige Minuten mehr einzuplanen, als man denkt, dass es braucht. „Wann?“ „Am besten: dann…“ Punkt. Weil dieses notwendige Klären nicht selten benutzt wurde, so umständlich, wie möglich, laut denkend abzuwägen, wann der Termin ginge, unter welcher Bedingung und warum vielleicht doch nicht… Und ob ein anderer vielleicht nicht doch noch besser wäre…, – um so viel weitere Zeit des Kontakts, der Aufmerksamkeit und der Zuwendung des Therapeuten herauszuholen. Und bei manchen Patienten, um den neurosenbedingten Trennungsschmerz nach jeder Sitzung, so lange wie möglich hinauszuzögern.
Und schließlich die Verabschiedung.
So war die Sitzungsstruktur der vielen anfänglichen, verhaltenstherapeutisch fundierten Sitzungen. Später, nach eindrücklicher gestalttherapeutischer Weiterbildungen und Supervision (vor allem mit dem Gestalttherapeuten Werner Zillig) behielt ich diese Struktur zwar 'im Hinterkopf', aber mein Fokus lag zu Sitzungsbeginn viel stärker auf der Frage: Was bringt der andere heute mit? Wo ist seine Aufmerksamkeit gerade jetzt, in diesen ersten Minuten, was beschäftigt ihn jetzt? Und was spricht er von sich aus an? Um ihn von dort 'abzuholen'. Und dabei abzuwarten, ob er von sich aus seine Erfahrungen mit den Hausaufgaben oder 'Experimenten zwischen den Sitzungen' als erstes einbrachte, oder erst später, oder in dieser Sitzung vielleicht auch gar nicht. Und sah das als wertvolle Informationen an, wo der andere gerade 'stand', wie zielgerichtet seine Motivation war oder wie ausgeprägt sein (erlaubter) Widerstand gegen das Voranschreiten in einem Thema war. Alles war o.k. Und besprechenswert/des Besprechens wert. Ich lernte, dass es nichts gab, was nicht beachtens- und besprechenswert gewesen wäre. Auch scheinbare Ablenkungen und sich Ergehen in Oberflächlichkeiten nicht. Alles erwies sich als wert, es zu besprechen, um zu verstehen, was es für den anderen bedeutete.
Die Grundstruktur blieb, das in der Sitzung Besprochene und Bearbeitete auf potentielle 'Hausaufgaben' oder 'Experimente für zu Hause' zu überprüfen. Und diese Handlungsideen, für die Zeit zwischen den Sitzungen, spätestens gegen Ende der Sitzung gemeinsam hinsichtlich ihrer Machbarkeit für den Patienten und seiner Annahmebereitschaft zu besprechen.
Was machen Ausnahmen? Sie bestätigen die Regel. Und in der Regel kamen Ausnahmen durch Störungen zustande. Da die Regel Nummer 1 in der Therapie ist: 'Störungen haben Vorrang', verliefen, nicht selten, Sitzungen so:
Wenn Patienten mit aktuell erlittenen Traumata in die Sitzung kamen oder mit Unfallerlebnissen, Todesfällen in der Familie, im Bekannten- oder Kollegenkreis, mit unerwarteten oder angedrohten Arbeitsplatzkündigungen, Ausbildungsplatzkündigungen oder aber auch mit einem unerwartet sensationell positiven Arbeitsplatz- oder Beziehungserfolg, dann hatte das natürlich Vorrang. Und wurde als erstes und so ausgiebig besprochen, wie es dieses Thema erforderte. Die Besprechung von Hausaufgaben und vereinbarten Experimenten wurde zurückgestellt, bis sie wieder 'im Guten' dran war. Notfalls durch Vertagung auf die nächste Sitzung oder auf eine der nächsten Sitzungen.
5 Das Sitzungsende
Noch einmal speziell zum Thema des Sitzungsendes: In der Absicht, ein frustrierend abruptes Gesprächsende zu vermeiden, hatte ich mir in den letzten Jahren angewöhnt, das Sitzungsende 'ein Thema voraus' anzukündigen:
„Und mit der nächsten (Information, Fragestellung, dem nächsten Hinweis) kommen wir heute zum Sitzungsende.“
(Ich sprach dann die letzte Information, Fragestellung, den letzten Hinweis aus.)
(Und wartete ab, bis der Patient mir zu verstehen gab, dass er mich verstanden hatte; mit einem Nicken, mit einem „Ok.“ Oder ob es noch eine kurze Frage seinerseits zu klären gab.)
„Gut. Wenn Sie jetzt, am Ende dieser Sitzung, ein Blitzlicht in Ihre Gefühlswelt wer fen, welches Gefühl taucht als erstes auf, nehmen Sie als erstes wahr?“
„Erleichterung (Freude, Wut, Enttäuschung, ein Kribbeln …)“
„O.k. Und wo können Sie dieses Gefühl der Erleichterung (der Freude, Wut, Enttäuschung, des Kribbelns …) körperlich am deutlichsten wahrnehmen?“
„In den Augen (in der Brust, im Bauch, in den Armen, im rechten Bein…)“
„Gut. Dann akzeptieren Sie dieses Gefühl und dass Sie es am deutlichsten in den Augen, (in der Brust, im Bauch, in den Armen, im rechten Bein…) fühlen, egal ob Sie es verstehen oder nicht. Lassen Sie es einfach gelten. Und seien Sie neugierig, was aus diesem Gefühl nach der Sitzung wird, beim Hinausgehen, auf dem Heimweg. Zu Hause. Im Laufe des Tages und Abends. Und seien Sie neugierig, ob es stärker wird oder schwächer, ob es sich auflöst und einem anderen Gefühl Platz macht, und wenn ja, welchem Gefühl und wo Sie das fühlen, in welcher Körperregion. Und akzeptieren Sie auch das. Akzeptieren Sie sich so, wie Sie sind, in allen Ihren Facetten. Ohne Ausnahme.“
„Das klingt gut. Das ist neu für mich. Ich versuch’s.“
„O.k. Dann auf Wiedersehen. Bis nächste Woche/ (bis (soundsovielten soundsovielten)/ bis zu unserem nächsten Termin).“
Wir stehen gemeinsam auf. Geben uns, von meiner Seite aus freundlich und mit Blickkontakt, die Hand. Der Patient/die Patientin geht zur Zimmertür, ich Richtung Schreibtisch. Bevor er/sie durch die Tür raus ist, drehe ich mich noch einmal um, winke mit einer Hand, lächle und rufe: „Tschüs!“ In ‚gefühlt‘ 90 von 100 Fällen kommt ein Lächeln und ein „Tschüs“, mit Winken, zurück; selten auch nur ein muffiges „Tschüs“ oder ein stummes, weinendes Hinausgehen. Auch das ist o.k. - und kann am Anfang der folgenden Sitzung zum Thema werden.
z.B. so:
„Was hat Sie am letzten Sitzungsende so sehr berührt, dass Sie weinten? Und was wurde aus dem Weinen/dem Gefühl nach der Sitzung, zu Hause?“
Sehr selten kann auch einmal jemand wütend aus dem Zimmer stürmen, die Praxistür knallend. Auch das ist o.k. Und kann/sollte zum Thema in der nächsten Sitzung werden.
„Was hat Sie letzte Sitzung so wütend gemacht (so empört, verletzt, gekränkt)?“
Aber nach meiner Erinnerung brauchte ich diese oder eine ähnliche Frage gar nicht erst zu stellen, weil der andere von sich aus zum nächsten Sitzungsbeginn seine Empörung oder Verletztheit zum Thema machte; meistens vorwurfsvoll:
„Sie haben in der letzten Sitzung (folgendes) gesagt/gemacht …, …, … das fand ich völlig unmöglich!“
- Dann ist das die Grundlage für die gute, gemeinsame Klärung: Ich überprüfe ernsthaft meine Erinnerung an die letzte Sitzung. Habe ich mich wirklich genau so falsch, verletzend, kränkend verhalten, wie es mir der Patient/die Patientin gerade mitgeteilt hat? So etwas kann vorkommen und braucht deshalb das genaue und gemeinsame Hinschauen. Und falls ich, bedauerlicherweise, das mir vorgehaltene Verhalten in meiner Erinnerung wiedererkenne, dann braucht es auch meine Bereitschaft und meinen Mut, diese Wahrheit offen anzuerkennen, um die durch mich als Therapeuten angeschlagene therapeutische Beziehung wieder zu heilen. Und auch mein ehrliches:
„Das tut mir leid. Das war nicht meine Absicht.“
Und zwar als Signal an das Tagesbewusstsein des Patienten und an sein Unterbewusstsein: Als Signal für meine Bereitschaft, aus meinem Fehler (der Verletzung welcher Art auch immer) zu lernen, um dessen Wiederholung zu vermeiden.
Die gute Vorbereitung einer solchen potentiellen Besprechung von Sitzungs-Missklängen (seitens des Therapeuten) in der jeweiligen Folgesitzung, ist eine Information durch mich als Therapeut schon in den ersten, vorbereitenden und klärenden (sogenannten probatorischen) Sitzungen:
„Ich bin nicht fehlerfrei. Und es kann sein, dass ich mich manchmal unbewusst verhalte, wie Ihre Mutter, Ihr Vater. Ihr Großvater. Ihre Tante. Ihr Lehrer. Aber wenn ich dabei einen Fehler gemacht habe, bin ich bereit ihn anzuerkennen. Und mit Ihnen zusammen zu verstehen, was wir da entweder aus Ihrem Leben unbewusst wiederholt haben oder was auch ich noch unbewusst von mir hereingebracht habe. Um daraus zu lernen. Und um diesen Fehler nicht wiederholen zu müssen.“
Anderenfalls, wenn ich beim gemeinsamen Klären sicher werde, dass ich nach meiner Erinnerung etwas anderes gesagt oder gemacht habe als der Patient verstanden/gehört oder gesehen hat, dann frage ich mich: Durch welchen Filter hat er meine Äußerung, mein Verhalten wahrgenommen? Wen, in mir, hat er sprechen hören/sich verhalten sehen? Technisch gesprochen: Wen hat er beim Hören und Wahrnehmen in mich hinein projiziert und ‚aus mir heraus‘ gehört? Und kläre das mit ihm z.B. so:
„Das habe ich, nach meiner Erinnerung, so nicht gesagt, das ging nicht so von mir weg. Wenn es bei Ihnen so ankam, woran ich kei nen Zweifel habe, dann muss es an dem Filter gelegen haben, durch den hindurch Sie mich gehört haben. Wen, in mir, haben Sie das sagen hören? An wen habe ich Sie in die sem Moment erinnert?“ Oder kurz: „Welche Szene in Ihrem Leben, welche Erfahrung von Ihnen haben wir hier zusammen, aus Ihrer Sicht, wiederholt?“
Und dann bearbeiten wir diese Szene, Lebenserfahrung, Verletzung. Mit den psychotherapeutischen Techniken, die sich dafür in dem Moment anbieten: Geführter Dialog mit dem Verletzer/Aggressor, ev. unter Zuhilfenahme eines Hockers für den Verletzer/ Aggressor und mit gestalttherapeutischer Begleitung und Lenkung des Gesprächs und der Stuhlwechsel; die Rettung des inneren Kindes durch den liebevollen, starken Erwachsenen; eine kognitive Umstrukturierung,…. Und dabei versuchen wir die Suchfragen zu beantworten:
„Welche Aspekte meines (Therapeuten-) Verhaltens waren Parallelen zum Verhalten der damaligen Leidensverursacher (eine Geste, eine Mimik, eine Wortwahl, eine Formulie rung, …?) und konnten dadurch die (unbewusste) Erinnerung auslösen? Welche Unterschiede bestehen zwischen den damaligen Personen und mir heute und können von Ihnen (als Patient) wahrgenommen und benannt werden? Wie könnwn Sie heute als der starke Erwachsene (Patient) Ihrem damaligen verletzten Kind liebevoll und erfolgreich helfen? Wie können Sie es konkret, in Ihrer inneren Bilderwelt, schützen, es bewahren vor weiteren Verletzungen, es nachhaltig und stabil herausholen aus der früheren traumatisierenden Situation?“ (Das geht alles. Hochwirksam. Wenn wir die Bilderwelt der Vergangenheit verändern, verändern wir die Gefühlswelt der Gegenwart.)
Missklänge und Konflikte am Sitzungsende – und natürlich auch während der Sitzungen – dürfen also nicht nur sein. Sie sind sogar unumgänglich und essentieller Teil jeder längeren Therapie. Denn der Patient trägt seine negativen Lebenserfahrungen und früheren zwischenmenschlichen Konflikte in die Therapie hinein. Das soll er auch. Und er wiederholt sie hier, um sie ‚zu erzählen'. Der Unterschied zu 'draußen' und seinem bisherigen neurotisierenden Leben ist, dass diese Missklänge und Konflikte hier miteinander besprochen, geklärt und verstanden werden, um so aufgelöst und befriedet zu werden.
Ein Spezialthema
Am Sitzungsende gibt es oft ein Spezialthema: den Kampf um das Sitzungsende. Ein unbewusstes Ziehen vieler Patienten am Therapeuten mit dem Ziel, die Beendigung des Gesprächs, des Kontakts, des Zusammenseins zu verhindern oder so lange wie möglich hinauszuzögern. Nur wenige drängen ihrerseits auf das Ende und wollen von der Helikoptermutter/Therapeut nicht festgehalten werden. Weitaus mehr regredieren in die Zeit, wo sie die Mama zum Überleben brauchten und wo sie katastrophische Gefühle erlitten, wenn die Mama sie allein ließ und wegging. Wohin und wie lange auch immer. Für diese Patientinnen und Patienten ist ein Sitzungsende nach 50 Minuten genauso eine Kränkung, Verletzung und innere Katastrophe wie nach 53, 58 oder 62 Minuten. Es ist fast egal, wieviel Zeit man als Therapeut hinzugibt (zu den vereinbarten 50 Minuten einer klassischen Einzelsitzung) – der Trennungsschmerz, die Enttäuschung, die Verlustangst, die Empörung (je nach psychischem Alter) bleibt so sicher, wie das Amen in der christlichen Kirche. Natürlich habe ich dieses Thema immer wieder zum Thema gemacht. Und häufiger auch mit einer positiven graduellen Wirkung. Aber ‚gefühlt‘ nur selten mit einer tiefgehenden und stabil anhaltenden Auflösung dieses Abschieds- und Trennungsthemas.
Bei einigen wenigen Patienten, mit denen ich wegen dieses, bei ihnen ungewöhnlich ausgeprägten Problems (vierzehntägliche) Doppelstunden vereinbarte, in der gemeinsamen Hoffnung, das würde helfen, hörten die Sitzungen aber auch nicht nach 2 x 50 also 100 Minuten im Guten auf. Die Dynamik des (unbewussten) Ziehens und Hinauszögern Wollens war zwar schwächer, aber nicht aufgelöst. Und die Unzufriedenheit mit der Tatsache des jeweiligen Sitzungsendes war verringert, aber nicht eingetauscht gegen Zufriedenheit oder wohlige Sattheit. So blieb auch dieser Versuch immer ein Behelf.
Ich habe bestimmt ein Dutzend ernsthafter Interventionsversuche mit mir selbst und auch mit diverser kollegialer Unterstützung gemacht, es zu ‚schaffen‘, die Sitzungen in der Regel nach 50 Minuten zu beenden. Schon aus Psychohygiene und zur Erholung für mich. Aber auch um ein Vorbild für meine Patienten für gute Grenzziehung und Selbstfürsorge zu werden. So richtig gelungen ist mir das in diesem Verhaltensausschnitt nie. Die Willkürlichkeit der 50-Minuten-Regel und der Grundgedanke: „50 Minuten sind oft zu kurz.“ blieben mir ‚in der Tiefe‘ erhalten und darum auch hemmend wirksam beim Gestalten eines zeitlich regelmäßig und klar begrenzten Sitzungsendes. Vielleicht trug dazu auch meine Erfahrung mit meiner allerersten ambulanten Patientin bei, die mir so beeindruckend von der „Klatsche“ berichtete, die sie in der vorausgegangenen Psychoanalyse von ihrem Therapeuten an vielen Sitzungsenden bekommen hatte: „Wenn der nach fuffzig Minuten uffjehört hat, ejal ob ick mitten im Theam war oder nich', det war immer 'ne Klatsche.“ Und dass sie ihn deshalb als kalt und desinteressiert erlebt hätte. Und deshalb, und weil auch ihre schweren Depressionen nicht nachgelassen hätten, hätte sie diese Therapie abgebrochen. Für mich als sehr jungem Therapeuten eine Super-GAU-Vorstelllung: DerAbbruch einer Therapie durch einen Patienten, mit dem Vorwurf des Desinteresses und der Gefühlskälte an mich. Und dem Hinausposauenen dieses Desasters in die Welt. Da könnte ich als Therapeut ja gleich einpacken. Und Würstchenverkäufer werden…
Als Anekdote ein Blick hinter (meine) Therapeutenkulissen: Nur zwei bis drei Minuten zu überziehen, war für mich respektabel wenig. 5,6,7 Minuten waren ‚normal‘. Und 9-12 Minuten, wenn danach keine weitere Sitzung anschloss, waren nicht ganz selten. So habe ich in den bisherigen knapp 5 Jahrzehnten Psychotherapie geschätzte 300 – 400.000 Minuten ‚überzogen‘. Immer in der Absicht und in der Bemühung, noch etwas an Lern-Fortschritt für den Patienten herauszuarbeiten und die Trennung nach jeder Sitzung so behutsam, schmerzarm und ‚abrundend‘ wie möglich zu gestalten. Manche Patienten haben mir die Bemühung um ein ‚gutes‘, zumindest verträgliches Sitzungsende tatsächlich gedankt. Wirklich viele nicht. Was von heute aus, im Rückblick, alles ok ist. Und: Gut gemeint ist eben nicht immer gut. Ich hoffe sehr, dass meine Patientinnen und Patienten, die dieses souveräne und konsequente Grenzenziehen (am vereinbarten Gesprächsende) von mir nicht nachahmend erlernen konnten, es sich später bei anderen Therapeuten oder anderen, souveränen Menschen ihres Lebensalltags, noch erfolgreich abschauen konnten.