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Mein Niklas ist jetzt endlich achtzehn und genießt seine Freiheit. Vielleicht sollte ich mir mehr Sorgen darüber machen, was er jedes Wochenende in Salzburg treibt ... tu ich aber nicht ... ich vertraue ihm. Habt ihr schon von Tristan und Deniz gehört? Die beiden werden immer mehr Teil unserer Familie und das ist großartig. Aber unter uns, da braut sich was zusammen. Es knistert gewaltig. Schaut einfach rein ... wir sehen uns. Küsschen eure Arie
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Seitenzahl: 312
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Melanie Dommenz
Buch 2
© dead soft verlag, Mettingen 2025
http://www.deadsoft.de
Kontakt für alle Belange rund um die Produktion:
dead soft verlag
Querenbergstr. 26
D-49497 Mettingen
© the author
Cover: Irene Repp
http://www.daylinart.webnode.com
Bildrechte: © Visual Generation – stock.adobe.com
1. Auflage
Mein Niklas ist jetzt endlich achtzehn und genießt seine Freiheit. Vielleicht sollte ich mir mehr Sorgen darüber machen, was er jedes Wochenende in Salzburg treibt … tu ich aber nicht … ich vertraue ihm.
Habt ihr schon von Tristan und Deniz gehört? Die beiden werden immer mehr Teil unserer Familie und das ist großartig. Aber unter uns, da braut sich was zusammen. Es knistert gewaltig. Schaut einfach rein … wir sehen uns.
Küsschen
eure Arie.
Endlich Freitag! Pünktlich um zwölf Uhr stürze ich nach der Arbeit zum Bus. Grinse bis zu den Ohren, als ich mich auf einen freien Sitz fallenlasse. Das wird für lange Zeit die letzte Busfahrt in meinem Leben sein! Aufgeregt zappele ich rum, kann es kaum erwarten, wieder auszusteigen. Elias hat organisiert, dass mein Auto mir direkt vor die Tür gestellt wird. Wenn ich also nach Hause komme … hoppla! Jetzt hätte ich doch fast die Haltestelle verpasst.
Froh, der stickigen Luft des Busses zu entkommen, sauge ich frische ein und sprinte los. Ich glaube, mein Grinsen reicht jetzt bis zum Arsch. Noch ein paar Meter! Als ich das funkelnde Fahrzeug in unserem Hof sehe, könnte ich laut schreien vor Glück. Andächtig gehe ich einmal drumherum. Lasse meine Hand über das glatte, rot lackierte Metall gleiten. Das ist jetzt allein meins! Ich brenne darauf, einzusteigen und loszufahren.
Hektisch krame ich im Rucksack nach meinem Haustürschlüssel. Sause die Treppe hoch und noch während ich durch die Lounge flitze, ziehe ich mein Shirt über den Kopf. Die Dusche läuft, bevor ich die Socken abstreife. Kühl tropft das Wasser auf meine Haut und ich atme tief durch, um mich zu konzentrieren. Erst rasieren, das dauert am längsten. Mein Haar waschen und dann ganz schnell den Rest.
„Niklas!“
Die Stimme meiner Mutter erschreckt mich fast zu Tode, als ich mich abtrockne.
„Ich bin im Bad, Mama!“
„Hast du was an oder soll ich draußen warten?“
Mit dem Fuß stupse ich die Tür auf. „Reicht dir auch ein Handtuch?“
„Blödmann!“ Sie kommt zu mir und nimmt mich in den Arm. „Ich wollte dir gute Fahrt und viel Spaß in Salzburg wünschen. Grüß mir Chris und pass auf dich auf, ja?“
„Mach dir keine Sorgen, Mama, ich bin ja nicht allein.“
„Ich versuche es, aber bitte melde dich ganz oft. Ach, deine Papiere sind im Handschuhfach und den Schlüssel stecke ich dir gleich ins Auto. Den Rest der Unterlagen habe ich unten in deinem Ordner abgeheftet. Du hast dir übrigens einen tollen Wagen ausgesucht, mein Krümel.“
Sie bekommt einen dicken Kuss auf die Stirn. „Danke. Ich hab dich lieb, Mami. Sollen wir noch zusammen eine Runde fahren?
„Ich dich auch, mein Baby. Nein, ich weiß doch, dass du los möchtest. Ich treffe mich jetzt mit Sabine.“ Noch während sie spricht, eilt sie bereits Richtung Treppe und schlüpft diese schnell hinunter. Bedrückt sehe ich ihr hinterher. In ihren Augen konnte ich Tränen erkennen, die sie mir nicht zeigen will. Hoffentlich schafft Sabine es, sie abzulenken. In Gedanken verspreche ich ihr hoch und heilig, sie jeden Tag anzurufen.
Der kurze Besuch meiner Mutter hat meine Stimmung etwas gedämpft. Ein bisschen geknickt ziehe ich mich an. Die Gutscheine vom Geburtstag lege ich oben in meine gepackte Reisetasche, die ich gleich mit nach unten in die Küche nehme. Vor lauter Aufregung habe ich noch nichts gegessen, was mein Magen mir nun laut verübelt. Es ist bereits nach drei, als ich mich endlich in mein Auto setzte und feierlich den Zündschlüssel umdrehe. Das brummende Motorengeräusch ist Musik in meinen Ohren. Einen lauten Jubelschrei später lege ich den Rückwärtsgang ein und fahre vom Hof.
Der erste Stopp ist eine Tankstelle, bevor ich in das Bekleidungsgeschäft düse und die Gutscheine einlöse. Zwei Shirts, ein Hemd und eine knackig sitzende Jeans sind meine Ausbeute. Jetzt geht es auf dem schnellsten Weg nach Salzburg. Bei offenen Fenstern und lauter Musik, die meine Finger dazu bringt, den Takt auf dem Lenkrad enthusiastisch mitzuklopfen.
Der Fahrtwind zerzaust mir das Haar und ich fühle mich so frei wie ein Biker ohne Helm auf der Route 66. Fehlt nur noch der klassische Hippie-Sound. So was wie „San Francisco“ von Scott McKenzie. Allerdings passt die Gegend nicht so ganz, korrigiere ich meine Fantasie mit einem Grinsen. Selbst die verstopften Straßen in Salzburg verderben mir die Laune, denn ich genieße jede Sekunde in meinem neuen Baby.
Das Haus, in dem Chris wohnt, habe ich schnell gefunden, nur die Suche nach einem Parkplatz gestaltet sich verdammt schwierig. Ganze drei Mal muss ich um den Block fahren, bis ich eine freie Parklücke finde. Ich schnappe mir mein Zeug aus dem Kofferraum und gehe voller Vorfreude auf die Eingangstür zu. Als ob er nur darauf gewartet hätte, ist kurz nach dem Klingeln der Summer zu hören. Ein bisschen perplex über seine schnelle Reaktion, stehe ich im Treppenhaus und sehe ihn an der geöffneten Wohnungstür lehnen.
„Schön, dass du da bist!“, begrüßt mich Chris freundlich und zieht mich nach drinnen in sein Reich.
Ohne Punkt und Komma erzählt er von seinem Tag, während er mich durch die Altbauwohnung führt. Der Flur ist ein langer Schlauch. Chris' Schlafzimmer und das Bad befinden sich an einem Ende, mein kleines Gästezimmer am anderen. Ein großes Bett, eine Kommode und seine Trommeln für die Mittelalterfeste stehen darin. Ich lege meine Sachen in dem Raum ab und gehe mit ihm in die große Wohnküche.
Die enorme Deckenhöhe und die langen Fenster sind faszinierend. Seine Einrichtung ist ganz nach meinem Geschmack, viel Holz und Metall. Anthrazit mit einem warmen Honig-Ton. Der Stil ist modern, sieht aber sehr heimelig aus. Die Küche selbst wird ein wenig verdeckt durch einen hohen Bartresen in denselben Farben. Der große Esstisch mit einer dicken Tischplatte aus Holz, stämmigen Eisenfüßen und passenden klobigen Stühlen ist ein Blickfang. Dahinter breitet sich eine riesige Wohnlandschaft aus. Viele Kissen lockern die Optik auf. An den Wänden hängen große Leinwände, die das Farbschema wieder aufgreifen. Allerdings bleibt mir der Sinn hinter diesen Kunstwerken verborgen. In meinen Augen sind es nur Striche und Farbkleckse, aber irgendwie passt es perfekt.
Chris deutet auf einen der Barhocker vor dem Tresen. „Setz dich, möchtest du was trinken?“
„Ja, ein Wasser wäre super.“
Flink füllt er ein Glas und schiebt es zu mir. Jetzt kann ich ihn mir gut als Barkeeper vorstellen. Dabei fällt mir wieder ein, dass ich mich bald selbst als solcher versuchen darf. Hoffentlich bekomme ich das hin. Das Angebot, ihm in seiner Kneipe zu helfen, war sehr spontan und ich will ihn nicht enttäuschen.
„Ich verschwinde noch schnell ins Bad, dann können wir los.“ Schmunzelnd deutet er an seinen Kopf. „Ich schätze, du willst auch noch mal vor den Spiegel?“
Ich brauche einen Moment, bis ich seine Anspielung verstehe und mir die Autofahrt wieder einfällt. „Ja, schaden kann es sicher nicht.“ Lachend stehe ich auf, und während Chris im Bad ist, gehe ich ins Gästezimmer, wechsle mein Shirt und richte vor dem Spiegel im Flur meine Haare, die auf einer Seite steil in die Höhe stehen. Wenig später kommt er wieder, schnappt sich seine Schlüssel und wir gehen los. Ich finde sieben zwar etwas früh, sage aber nichts.
Wir laufen auf einem Schleichweg zwischen villenhaften Wohnhäusern, bis wir unvermittelt an der Straße rauskommen, in der sich viele Kneipen aneinanderreihen. Weil er in seiner noch etwas zu erledigen hat, ist sie unser erster Anlaufpunkt. Ich bin schon sehr gespannt, wie es dort aussieht. Wir kommen an mehreren Bars vorbei, von denen erst einige ihre Türen geöffnet haben. Das Gebäude, vor dem er letztendlich stehenbleibt, sieht von außen wie jedes andere in dieser Straße aus. Oben sind vermutlich Wohnungen und unten befinden sich die Lokale. Auf einem rustikalen Holzschild über der Tür steht dick nur ein Wort: Keller.
Neugierig betrete ich den Schankraum und stelle fest, es ist eine wirklich urige Location. Ich bin fasziniert. Die Wände sehen aus, wie in den Felsen gehauen, davon, dass hier alte Kohlenspeicher umfunktioniert wurden, habe ich schon gehört. Dennoch muss ich ihn nachher fragen, ob das echt ist. Tische und Bänke sind aus dunklem Holz, ebenso der Boden. Ich habe das Gefühl, in einem alten Weinkeller zu sein, was den Namen dann auch erklärt. An den Wänden hängt das ein oder andere mittelalterliche Accessoire. In der Mitte ist etwas Platz zum Tanzen, während rechts an der Wand eine Art Podest oder Bühne aufgebaut wurde. Die große Bar selbst befindet sich direkt gegenüber der Eingangstür und ist durch ihre pinkfarbene Beleuchtung der Eyecatcher schlechthin. Links davon ist eine Tür zu sehen, die vermutlich zu den Toiletten führt. Zwei junge Frauen sind hinter der Bar beschäftigt, scheinen alles für den Abend vorzubereiten.
„Hallo, ihr fleißigen Bienen!“, ruft Chris schon von der Tanzfläche aus. Die beiden grüßen freundlich zurück, hören aber nicht mit ihrer Arbeit auf. „Darf ich euch einen ganz lieben Freund und unsere Hilfe für die nächsten zwei Wochen vorstellen? Flora und Jasmi, das ist Niklas.”
„Hallo, freut mich, euch kennenzulernen. Ich hoffe, ich kann euch dann auch wirklich etwas unterstützen.“
„Na logisch! Wir sind über jede helfende Hand glücklich!“, erwidert Jasmi und Flora nickt eifrig.
„Kann ich euch noch irgendwie unter die Arme greifen, bevor ich wieder verschwinde?“ Chris geht dabei hinter den Tresen und kramt in einer Schublade.
Jasmi schaut ihm belustigt zu und Flora antwortet: „Nö, danke, es ist alles fein. Es kommt aber noch jemand heute, oder?“
Chris zieht einen Zettel aus der Schublade, steckt ihn in seine Hosentasche und knallt sie mit der Hüfte wieder zu. „Ja, Max. Er schafft es aber nicht vor zehn.“
„Das passt schon, bis dahin kommen wir allein zurecht“, meint Jasmi.
„Das denke ich doch auch! Also bis die Tage und viel Spaß“, flötet Chris und zieht mich mit sich zum Ausgang. Schnell winke ich meinen neuen Kolleginnen, ehe sich die Tür hinter uns schließt. Die Mädels machen einen sehr netten Eindruck. Ich kann mir vorstellen, dass mit ihnen der Job recht spaßig wird. Tatsächlich freue ich mich darauf, die nächsten zwei Wochen hier zu arbeiten.
Mir bleibt kaum Zeit mich umzugucken, denn schon zwei Häuser weiter hält Chris mir die Tür zu einem kleinen Bistro auf. Laut seiner Aussage gibt es dort leckere Kleinigkeiten zu essen. Ich habe überhaupt keinen Appetit, bin viel zu aufgeregt, was der Abend noch bringen wird. Aber einen kleinen Snack sollte ich vielleicht doch im Magen haben. Also suchen wir uns beide ein Sandwich aus.
Nachdem wir unsere Bestellung aufgegeben haben, muss ich meiner Neugierde Luft machen.
„Was hast du denn jetzt für heute geplant?“
Verschmitzt grinst mich Chris an. „Wir besuchen eine Bar, die dir gefallen wird.“
Ich nicke zustimmend. Vielleicht ein bisschen zu eifrig, denn er lacht laut.
„Aber bevor wir uns auf den Weg machen, würde ich gern kurz mit dir über die Arbeit reden. Ich möchte nicht, dass du das komplett unentgeltlich machst.“
Ich öffne meinen Mund, um etwas zu sagen, komme aber nicht weit.
„Warte, bis ich fertig bin“, bittet er mit eindringlichem Blick. „Am besten machst du erstmal die Frühschicht. Das heißt, du arbeitest von acht bis zwölf im Keller. Am Anfang ist noch nicht so viel los. Zum Einlernen also perfekt. Die anderen haben so genug Zeit, dir alles zu zeigen.“ Nachdenklich sieht er kurz auf seine Hände. „Ach, Sonntag und Montag haben wir Ruhetag. An diesen beiden Tagen bin ich meistens nicht da. Ich muss mich um ein paar Dinge kümmern. Morgen früh bekommst du den Zweitschlüssel für die Wohnung“, erklärt er mir knapp.
„Du willst mir deinen Wohnungsschlüssel geben?“ Mit seinem Vertrauen überrumpelt er mich. Für einen Moment kann ich ihn nur anstarren, bevor der Schalk wieder durchbricht. „Hast du keine Angst, dass ich wilde Partys feiere?“, frage ich und wackle albern mit den Augenbrauen.
„Nö, ich denke, ich hab mir da den Richtigen ausgesucht. Du möchtest bestimmt öfter kommen, um hier die Bars unsicher zu machen. Warum also die Hand beißen, die einen füttert?“
Er ist die Ruhe in Person, was mich anstachelt, ihn ein bisschen mehr zu reizen. Ich stütze meinen Arm auf dem Tisch ab, lege meinen Kopf darauf und blinzle ihn unschuldig an. „Wie ist es dann mit ausufernden Orgien?“
Leider bleibt er völlig entspannt. „Nichts, was diese Wände nicht schon gesehen hätte. Sei einfach nicht zu laut, damit ich noch schlafen kann.“
Irgendwann schaffe ich es schon noch, ihn aus der Reserve zu locken. Aber zuerst mal stelle ich meinen Standpunkt klar. „Du hast nichts zu befürchten. So weit bin ich noch lange nicht und mit nach Hause will ich auch niemanden nehmen.“
„Ich will ja nicht zu tief in deine Privatsphäre eindringen, aber mir persönlich wäre es schon lieber, du nimmst sie mit zu uns, als wenn du zu irgendeinem Typen nach Hause gehst. Sorry, aber seit ich von deiner Geschichte weiß, fühle ich mich damit kein bisschen wohl. Natürlich schützt dich meine Wohnung nur bedingt, aber ...“
Dieses Mal bin ich es, der ihn unterbricht. „Keine Sorge, ich habe vor brav zu sein. Das ist alles neu für mich. Lass mich erst sehen, wie es hier ist, dann können wir uns gern noch mal darüber unterhalten.“
„Sag ich doch, ich habe mir da den Richtigen ausgesucht. Aber nur für den Fall zeige ich dir morgen auch noch, wo frisches Bettzeug ist und wie die Waschmaschine funktioniert.“ Ein listiges Grinsen begleitet seine Worte.
Ich stöhne innerlich bei dem Gesprächsverlauf. Ich will mich nicht über mein nicht vorhandenes Sexleben mit Chris unterhalten. „Du bist echt fürchterlich.“
Worauf Chris nur wieder schallend lacht.
Wir futtern unsere Sandwiches und ich mache eine interessante Feststellung. Einerseits fühle ich mich leicht überdreht. Ich bin unruhig und kann es kaum erwarten, bis Chris mir diese Bar zeigt. So viel Unbekanntes will von mir entdeckt werden. Andererseits fühle ich mich auch entspannt. Weil heute niemand da ist, der mich argwöhnisch beobachtet, dem ich versichern muss, dass es mir gut geht. So sehr ich die Fürsorge der Jungs und Arie zu schätzen weiß, so sehr war sie auch eine Last in den letzten Monaten. Auch wenn ich es ihnen nicht verdenken kann, dass sie mich im Auge behalten, nach allem was passiert ist. Ihre Aufmerksamkeit hat zwar inzwischen etwas nachgelassen, aber wie früher ist es noch lange nicht.
Chris kommt noch einmal auf das Gehalt zu sprechen, das er mir bezahlen möchte. Jedes meiner Gegenargumente schmettert er ab und so stimme ich ihm am Ende nur noch zu. Weit nach neun brechen wir vom Bistro auf. Ein angenehmes Kribbeln begleitet meine wachsende Neugierde. Schon wieder sind es nur wenige Meter, bis er auf einen der Eingänge zusteuert. Und wieder bin ich überrascht, wie nah alles beieinanderliegt. Vom Keller bis hier her brauche ich nur wenige Minuten. Wie praktisch!
Über dem Eingang leuchtet der Schriftzug Black Diamond. Die Glastür ist mit Plakaten und Stickern beklebt, sodass man nicht ins Innere sehen kann. Von außen wirkt es nicht gerade ansprechend, ist aber ein absoluter Hingucker, wenn man es erst einmal betreten hat. Der Name ist Programm: Lüster mit schwarzen Kristallen hängen von der Decke und verbreiten angenehmes Licht. Das Mobiliar mit den schwarzen Lederbezügen und einigen wenigen lilafarbenen Highlights ist recht dunkel gehalten und sehr modern.
Wir setzen uns an die Bar und bestellen uns ein Getränk. Natürlich habe ich mich mit dem Gesicht zum Tresen platziert, was sich als total dumm herausstellt. Da bin ich zum ersten Mal in einer Gay-Bar und alles findet hinter meinem Rücken statt. Das schaffen weder ich noch meine Neugierde. Also drehe ich mich auf meinem Barhocker um 180 Grad, lehne meinen Rücken an den Tresen und sehe mich um.
Die kleinen Sitzgruppen im hinteren Teil des Lokals sind schon gut besetzt. Dort ist die Beleuchtung eher spärlich, was in dem Bereich für etwas Intimität sorgt. Ausgefallene Bilder hängen an den Wänden und geben dem Ambiente den letzten Schliff. Gegenüber dem Bartresen ist Platz zum Tanzen und hinter der Bar erkenne ich einen Gang mit Schildern, die den Weg zu den Toiletten weisen. Die Musik ist nicht ganz mein Fall, da sie aber nicht zu laut ist, lässt sie sich leicht ausblenden.
Mir schießt der Gedanke durch den Kopf, endlich an einem Ort zu sein, an dem ich mich ausleben kann. Jeder, der hier reinkommt, geht davon aus, dass die Männer hier schwul sind. Nur sehr langsam berührt diese Erkenntnis mein Bewusstsein. Als ob ein Stein in Wasser fällt und sich die so entstandenen Wellen kreisförmig ausbreiten. Diese Idee, nein, vielmehr das Ausmaß an Möglichkeiten muss erst einmal in mir ankommen, Wurzeln schlagen. Doch bereits die Saat erzeugt ein Lächeln auf meinem Gesicht.
„Na, was sagst du dazu? Schon was Passendes gefunden?“
Chris reißt mich mit seiner Frage aus meinen Gedanken. „Um ehrlich zu sein, hab ich mich noch gar nicht umgeguckt.“ Ich war viel zu beschäftigt, meine neu gewonnene Freiheit wahrzunehmen.
Ungläubig schaut er mich an. „Du willst mich jetzt verarschen, oder?“
Ich muss aufpassen, nicht laut loszulachen, so schockiert sieht er aus. Mit einem Schmunzeln antworte ich: „Nein, ich war gerade gedanklich ganz wo anders. Aber wo du schon davon anfängst, wie schaut es bei dir aus?“
„Nö, für mich ist hier nichts dabei“, sagt er ironisch.
Wir bekommen unsere Getränke und stoßen auf den Abend an. Ich nehme einen Schluck und lege automatisch schützend meine Handfläche über das Glas. Dann sehe ich mich verstohlen um, doch an der Bar sitzen bis jetzt nur wir beide. Es sind nur kleine Gesten, aber sie zeigen mir deutlich, wie stark mich das Erlebte beeinflusst. Noch fällt es mir schwer, diese Veränderungen in meinem Verhalten zu akzeptieren. Sie geben mir das Gefühl, ein Freak zu sein, und zerstören die zarte Hoffnung, wieder der Niklas zu werden, der ich war. Und das zieht mich ein bisschen runter.
Chris bemerkt meine plötzliche Niedergeschlagenheit und legt mir beruhigend eine Hand auf die Schulter, sieht mich eindringlich an und schüttelt leicht den Kopf. Er hat recht, ich sollte mir den Abend nicht versauen. Was passiert ist, kann ich nicht ändern, aber ich kann meine Gedanken in eine positive Richtung dirigieren. Erst wenn ich aufhöre, an mir zu arbeiten, habe ich verloren und so weit bin ich noch lange nicht.
Mit neuer Entschlossenheit konzentriere ich mich auf das Publikum. Hier ist wirklich für jeden was dabei. Alle Altersklassen tummeln sich. Aber was mir schon nach kürzester Zeit ins Auge sticht, ist die Tatsache, dass alle Männer, egal ob jung oder alt, sehr gut, um nicht zu sagen, teuer gekleidet sind. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, die Bar befindet sich in einem Bankenviertel. Sie sind schon arg herausgeputzt. Na mal sehen, ob das so bleibt. Vielleicht ändert sich das zu späterer Stunde.
Mir gegenüber haben ein paar Leute zu tanzen begonnen, oder sagen wir, ich vermute, dass sie tanzen. Denn das, was sie in „Dirty Dancing“ machen, ist dagegen ein Kindergarten. Es sieht verdächtig nach Vorspiel aus. Ziemlich heiß, aber auch irgendwie abschreckend. Denn so kann ich mich nicht bewegen, ich würde mich nur unendlich blamieren. Um die Tanzfläche werde ich auf jeden Fall einen großen Bogen machen.
Inzwischen ist mein Glas leer und das viele Wasser will auf anderem Weg wieder raus. Schon als ich die Tür zur Toilette öffne, dringen eindeutige Geräusche an mein Ohr und ich stelle schockiert fest: Dieses stille Örtchen ist anscheinend für alles da, nur nicht zum Pinkeln. Und still ist es auch nicht. An der Wand, auf dem Waschtisch – überall machen Paare rum. Alle Kabinen sind belegt und auch aus ihnen kommt lautes Gestöhne. Hier kann man sich zwar erleichtern, aber nicht auf die vorgesehene Art und Weise.
Rückwärts verlasse ich wieder den Raum, bleibe einen Moment stehen und schüttle den Kopf, um die eben gesehenen Bilder zu vertreiben. Heiliger Strohsack! Hier geht´s ja ab. Und ich dachte immer, eine Faschingsfeier in unserem Dorf ist krass. Der Vergleich lässt mich grinsen.
Ich sehe mich nach einer anderen Möglichkeit um und entdecke gegenüber die Damentoiletten. Vorsichtig stecke ich den Kopf zur Tür rein, keiner da, perfekt. Als ich mir die Hände wasche, kommt eine der sehr wenigen Frauen rein, lächelt wissend und verschwindet in einer der Kabinen. Vermutlich bin ich kein Einzelfall und alle weichen auf die Damentoilette aus.
Ich schlendere zurück an die Bar. Chris befindet sich in einem angeregten Gespräch mit einem Mann, den ich auf sein Alter schätze. Keine Ahnung, ob er ihn kennt oder ob er gerade angemacht wird. Ich möchte die beiden nicht unterbrechen, also schiebe ich mich einfach nur wieder auf meinen Barhocker.
Kaum, dass ich sitze, taucht neben mir ein Kerl auf.
„Hi, ich bin Noah“, stellt er sich vor und hält mir seine Hand hin.
Etwas überrascht greife ich danach. „Niklas, hi.“
Sein Äußeres ist wirklich schräg, aber irgendwie interessant. Er hat ein sehr maskulines Gesicht mit stark hervorstehenden Wangenknochen. Seine Augen sind durchdringend, grau, denke ich. Schwer zu sagen in dem Licht. Noahs dunkle Haare, gestylt zu einem Seitenscheitel, der ihm fransig ins Gesicht fällt, sehen flott aus. Er trägt einen Ring durch die Nase, einen durch seine schmale Unterlippe und seine Nippelpiercings blitzen durch das schwarze Mesh-Shirt. Noahs Hintern steckt in einer weißen Skinnyjeans, die seine Beinmuskulatur zusätzlich unterstreicht. Ich schätze ihn auf Mitte zwanzig. Er ist fit und er weiß es. Seine Körperhaltung strotzt vor Selbstbewusstsein.
„Ich hab dich vorher noch nie hier gesehen. Machst du Urlaub in der Stadt?“ Warm und weich klingt seine Stimme.
„Mhm, könnte man so sagen, ja!“, antworte ich keck.
Auf seinem Gesicht macht sich ein schmutziges Lächeln breit, als seine Augen mich abscannen. Er ist nicht zu mir gekommen, um mich kennenzulernen. Seine Absichten sind eindeutig. Viel Zeit bleibt nicht, mir drüber den Kopf zu zerbrechen, denn Noah rückt ein Stück näher an mich heran.
„Ah, voller Geheimnisse. Willst du mir nicht ein paar davon verraten?“, raunt er kokett an mein Ohr. Sein herbes, aber doch dezentes Parfum hüllt mich dabei ein.
Ein kleines bisschen überfordert mich seine Nähe, aber bin ich nicht genau deshalb hier? Um mich zu versuchen? Um herauszufinden, was ich mag, wie weit ich gehen möchte? Jetzt habe ich die Gelegenheit. Angenehm kribbelt Nervosität in mir, als ich mich gedanklich auf das Spiel einlasse. Obwohl er deutlich macht, dass ihm nichts an den Informationen liegt, beantworte ich seine Frage. Muss dabei aber grinsen, weil seine Unverblümtheit ihren Charme hat.
„Was möchtest du denn wissen?“
„Magst du tanzen?“
Oh Gott! Ist das jetzt nur eine allgemeine Frage oder eher eine Aufforderung? Mühsam halte ich mein Lächeln aufrecht, um mir nicht die Blöße zu geben, und kontere mit einer Gegenfrage.
„Magst du was trinken?“
„Unbedingt! Jeder Grund hierzubleiben, ist mir recht.“
Er ist frech, das gefällt mir. Ich drehe mich in Richtung Tresen und gebe ihm zu verstehen, dass er sich etwas aussuchen soll. Er bestellt sich einen Cocktail und ich bezahle. Noah nimmt den Strohhalm lasziv zwischen seine Lippen und saugt. Dabei lässt er mich nicht aus den Augen. Noch mit dem Glas in der Hand beugt er sich zu mir rüber. Ich kann seinen Atem an meinem Hals spüren.
Wow! Das prickelt auf der Haut wie Brausepulver auf der Zunge.
„Mit deinem Arsch solltest du dich unbedingt auf die Tanzfläche schwingen.“
Zu gern würde ich ihn in genau dieser Position halten und genießerisch die Augen schließen, aber so leicht mache ich es ihm nicht. Wo bliebe denn da der Spaß? Als er sich wieder etwas zurücklehnt, ziehe ich unbeeindruckt die Augenbrauen hoch und sehe ihn abwartend an. Ich meine, es ist ziemlich merkwürdig über einen Arsch zu reden, der auf einem Barhocker sitzt. Aber er scheint meine Gedanken zu erraten.
„Ich beobachte dich schon eine Weile. Und nicht nur ich! Dein Lächeln bringt Eisberge zum Schmelzen.“
Netter Versuch! Ich bin vielleicht jung und unerfahren, aber nicht blöd! Wer lässt sich denn von solchen Sprüchen einlullen? Grinsen muss ich trotzdem. „Das ist die schönste Umschreibung, die ich je gehört habe, um mir zu sagen, dass ich hier Frischfleisch bin.“
Noah lässt sich dadurch nicht beirren. „Du bist gar nicht so unschuldig, wie ich dachte, das macht dich nur noch interessanter“, schmeichelt er weiter und malt ganz nebenbei mit einem Finger Kreise auf mein Knie. Schauer jagen durch meinen Körper – nur wegen dieser kleinen, kitzelnden Berührung.
Er blickt mir tief in die Augen und spielt mit dem Ring in seiner Lippe. Das ist heiß! Er ist ein verdammt hübscher Kerl und er weiß ganz genau, wie er bekommt, was er möchte.
Chris tippt mir auf die Schulter, um meine Aufmerksamkeit zu bekommen. „Ich verschwinde mal schnell.“
„Also, wenn ich dir einen Tipp geben darf – geh gleich auf das Damenklo.“
Er zieht fragend die Augenbrauen hoch und wartet darauf, dass ich weiterspreche.
„Das, was im anderen abgeht, willst du nicht wissen.“
„Oh!“ Er nickt und schmunzelt, bevor er aufsteht und in der Menge verschwindet.
Ich drehe mich wieder zu Noah.
„Ist das dein Freund? Er ist ein ganzes Stück älter als du.“ Seine gute Laune scheint einen Dämpfer bekommen zu haben.
„Er ist ein Freund“, stelle ich unsere Verbindung klar. War das richtig? Klingt das für jemanden wie Noah nicht direkt nach einer Aufforderung? Was, wenn es nicht bei Flirten bleibt? Er ist der erste Mann nach Paul. Wird mich ein Kuss oder mehr aus der Bahn werfen?
Kokett legt er den Kopf schief und lächelt mich zuckersüß an, ehe er erneut nach seinem Cocktail greift. Aufmerksam beobachte ich, wie er sanft in den Strohhalm beißt, bevor sich seine Lippen darumlegen. Die Zweifel, die mich noch Sekunden vorher befallen hatten, sind wie weggeblasen. Mein Fokus liegt wieder ganz auf Noah und der aufgeheizten Spannung zwischen uns.
Immer wieder wird mein Blick von seinen Augen abgelenkt, hin zu seinem Mund. Keck schiebt seine Zunge das Plastikröhrchen zwischen seinen Zähen von einer Seite zur anderen. Er beobachtet mich und ich ihn. Meine Haut bitzelt, die kleinen Härchen stellen sich auf und mein Herz schlägt aufgeregt schneller. Es scheint, als würde unser Schweigen die Luft um uns herum erotisch aufladen. Sie wird gefährlich explosiv wie Gas, fehlt nur noch der Funke, der alles entzündet.
„Möchtest du mal kosten?“
„Kommt drauf an“, antworte ich und starre dabei noch immer wie hypnotisiert auf seinen Mund. Jetzt will ich es aber wissen. Möchte diesen verlockenden Kerl küssen, am besten sofort! Er wartet, bis ich ihm in die Augen sehe, bevor er leise flüstert: „Worauf?“
„Von wo du mich probieren lässt.“
Ich kann sehen, wie sich Gänsehaut auf seinen Armen bildet. Er rückt nah an mich, schiebt mir eine Hand in den Nacken und drückt seinen Mund auf meinen. Fordernd gleiten unsere Lippen übereinander. Prickelnd breitet sich Wärme in meinem Körper aus. Mit zitternden Händen greife ich um seine Taille.
Neugierig erkunde ich mit meiner Zunge das Piercing, bis er mit seiner gegen meine stupst. Das entfacht eine Hormonparty in mir. Als ob eine Zelle die andere antippt und schreit: „Partytime!“ Wie bei einem Fieber wird mir heiß und kalt.
Ausgehungert erobert er meinen Mund und lässt mich so von dem fruchtigen Getränk kosten. Noah küsst gut, verdammt gut sogar. Er gibt sich voll seinen Empfindungen hin und gibt mir das Gefühl, der Beste zu sein, den er jemals hatte. Damit setzt er in mir eine Gier frei, einen Rausch, ihm immer mehr zu geben, damit er weiter genießen kann und sich noch mehr fallen lässt. Das ist so irre!
Er gibt einen wohligen Laut von sich, der mir das Blut in die Hose pumpt. Ich brauche mehr davon. Einen Fuß stelle ich auf die obere Querstrebe des Barhockers. Mit beiden Händen greife ich an seinen Arsch und ziehe ihn an mich. Sein Schritt reibt über meinen Oberschenkel. Lustvoll keucht er gegen meinen Mund.
Noah braucht keine zweite Einladung, um die Aktion zu wiederholen. Wieder gibt er leise Seufzer von sich, die fast von der Musik geschluckt werden. Nur um das zu hören, könnte ich ewig weitermachen.
Noahs Mund auf meinem, seine Arme um meinen Hals geschlungen und sein Ständer, der gegen meinen Oberschenkel drückt – es ist einfach geil. Und es ist mir egal, ob wir gerade mitten in einer Bar stehen. Ob Chris, der hinter mir sitzt, das sieht. Ich bin in meiner eigenen Welt. Gefangen in Lust und Faszination, die Noahs Reaktionen in mir auslösen. All das war ich! Der Freak Niklas kann so etwas bei einem anderen Mann bewirken!
Ich bin mir sicher, er hält sich noch zurück. Da geht noch mehr! Und genau das hole ich mir. Ab jetzt sage ich, wo es lang geht. Kurz entschlossen schiebe ich ihn von mir, packe ihn an seinem Handgelenk und ziehe ihn hinter mir her. Nicht grob, aber bestimmt.
Wir enden wie so viele andere auf der Herrentoilette. Noah knallt die Tür der Kabine hinter uns zu, ohne den Kuss zu unterbrechen. Ich drehe uns und drücke ihn auf die Kloschüssel. Noah wehrt sich nicht, macht es mir leicht. Er sieht zu mir rauf, grinst anzüglich, während er langsam meine Hose öffnet. Er zelebriert es und reizt mich damit nur noch mehr. Es fällt mir schwer, mir meine Ungeduld nicht anmerken zu lassen. Ich bin so hart, ich könnte Felsen sprengen.
Kurz schließe ich die Augen, um mich zu sammeln. Hier sage nur ich, wo es lang geht, und keiner nimmt mir die Kontrolle!
Meinen Blick hefte ich an Noahs Gesicht, will keine seiner Regungen verpassen. Beobachte, wie er sich genüsslich auf die Unterlippe beißt. Er streift meine Jeans nach unten, befreit meine Härte, die aufgeregt zuckt, aus den Shorts. Die Berührung von Haut auf Haut raubt mir für einen Moment den Atem, als er mich an der Hüfte an sich zieht.
Gebannt sehe ich dabei zu, wie er sich verheißungsvoll seine Lippen leckt und den Mund öffnet. Ich schließe meine Augen, um nur noch zu fühlen. Tauche in Noahs feuchte Wärme, spüre, wie er seine Zunge unter den Rand meiner Eichel schiebt.
Oh, mein Gott!
Hemmungslos stöhne ich auf und kann fühlen, wie er lächelt. Mit den Händen suche ich nach Halt in seinem Haar. Er bewegt seinen Mund gekonnt auf mir. Massiert mit einer Hand meine Eier, die andere umschließt fest, was nicht in ihm verschwindet. Mein Dasein besteht nur noch aus fantastischen Empfindungen. Nicht denken, nur genießen. Wärme, Lippen, Zunge, pure Lust, konzentriert auf einem Punkt. Noah weiß verdammt genau, was er da macht.
„Oh, shit!“, rutscht mir laut raus, als er stärker saugt. Ich sehe zu ihm runter und er schaut mich mit einem unschuldigen Augenaufschlag an. Wie er seinen Mund um meinen Schwanz bewegt, sollte strafbar sein. Den Anblick bekomme ich nie mehr aus dem Kopf!
Während er das Tempo beschleunigt, gebe ich Laute von mir, von denen ich nicht wusste, dass sie in mir sind. Mein Kopf knallt gegen die Wand der Kabine. Auch Noah stöhnt unaufhörlich und sendet damit Vibrationen an meine Eichel. Meine Bauchmuskeln spannen sich, als sich der Höhepunkt aufbaut.
„Noah, ich …“, starte ich einen armseligen Versuch, ihn zu warnen.
Er drückt sich nur noch fester gegen mich, rammt seine Fingernägel in meine Hüfte.
Oh, wow, wow, wow! „Fuck!“ Laut stöhnend spritze ich in seinen Mund.
Er schluckt mit geschlossenen Augen, leckt sich danach frech die Lippen und lächelt mich zufrieden an. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals und ich brauche ein paar Sekunden, um mich zu fangen. Mit zitternden Händen fahre ich mir durch das Haar.
Noah reißt ein Stück Toilettenpapier ab, um sich die Hände abzuwischen. Mir fällt erst jetzt auf, dass seine Hose offen ist. Er hatte also auch seinen Spaß!?
Er folgt meinem Blick. „Tut mir leid, ich konnte mich nicht beherrschen.“ In seinen Augen ist nicht ein Funken Reue.
„Nein, tut es nicht“, antworte ich, schüttle den Kopf und greife nach meinen Hosen, um sie wieder hochzuziehen.
„Du hast ja keine Ahnung, wie sensationell du dich anhörst! Ich wäre fast in meine Jeans gekommen und die ist weiß“, sagt er vorwurfsvoll.
Er steht auf, schließt den Reißverschluss und kommt näher zu mir. Legt seine Hand auf meine Brust. „Das nächste Mal möchte ich aber sehen, was unter dem Shirt hier steckt.“
Oh, das nächste Mal? Ist das ein Versprechen? Will ich das wiederholen? Unbedingt! „Okay, ich denke, das lässt sich einrichten, solange ich dann auch ran darf.“ Ich unterstreiche meine Worte mit einem Blick in seinen Schritt.
Dafür ernte ich einen Klaps gegen den Arm und wir verlassen mit geröteten Wangen die Toilette. Gleich hinter der Tür verabschiedet sich Noah und ich gehe allein zurück an die Bar. Hoffentlich ist Chris noch da. Ich habe keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen ist. Erleichtert stelle ich fest, dass er noch am selben Platz steht.
Ich setzte mich wieder neben ihn, als ob nichts passiert wäre, und bestelle mir ein großes Wasser.
Chris sieht mich durchdringend an. „Ich nehme alles zurück, was ich vorhin gesagt habe! Du bist ein notgeiler Teenager, der mir die Bude zerstören wird!“ Er versucht, dabei ernst zu bleiben, was ihm nicht wirklich gelingt. „War es wenigstens gut? Oder gehe ich mit meiner Frage zu weit?“
Ich trinke das halbe Glas aus und suche in meinem Kopf nach einer passenden Antwort. Aber mein Hirn ist noch immer auf der Toilette mit Noah. Mir will nichts Freches einfallen, also antworte ich ehrlich.
„Was willst du jetzt von mir hören? Stell einen Hungernden vor eine gedeckte Tafel. Ich befinde mich hier im Schlaraffenland. Kann von allem probieren und das war erst der Anfang!“
Ungehalten knalle ich die Haustür hinter mir zu, pfeffer meinen Rucksack ins Auto und schnalle mich an. Es ist gerade mal sieben Uhr morgens, aber ich bin schon auf Hundertachtzig! Soll er doch in seinem Dreck ersticken! Die Autotür kracht als Nächstes und ich starte wütend den Motor.
„Das ist das erste Wochenende seit Ewigkeiten, das wir gemeinsam freihaben, aber nein, Deniz will lieber alleine faulenzen. Ich kenne sein Faulenzen schon! Lesen will er. Irgendwann verbrenn ich seine Bücher.“ Fuchsteufelswild schimpfe ich vor mich hin, pöble sogar das Navi an, das mir die Strecke zum Parkplatz vorgibt, an dem der Wanderweg beginnt.
Die ganze Woche habe ich mich wie blöd gefreut, nur um dann enttäuscht zu werden. Hat Deniz wirklich geglaubt, sein Hundeblick hätte noch eine Wirkung auf mich? Nicht nach dem, was er sich in letzter Zeit alles geleistet hat. Und er wusste schon gestern, dass er mir absagen würde, denn er hat sich keinen Wecker gestellt, dieser scheinheilige Kerl.
Zusammen! Was an dem Wort hat er nicht verstanden? Zusammen wollten wir die kleine Bergtour nah bei Salzburg machen. Keine anspruchsvolle Route, aber mit einer besonders schönen Aussicht und das Wetter passt heute einfach perfekt. Ein wunderschöner Herbsttag wartet nur darauf, genutzt zu werden. Er hätte noch den ganzen Nachmittag für seine Bücher Zeit. Aber der werte Herr sitzt lieber im Haus.
Kein Wort rede ich mehr mit ihm, bis er wieder zur Vernunft kommt! Nichts, absolut nichts hat Deniz die letzten Wochen gemacht. Den kompletten Haushalt wuppe ich allein, weil er nicht einen Finger krümmt. Ich habe die Schnauze gestrichen voll. Langsam fühle ich mich wie eine frustrierte Ehefrau.
Sauer trete ich viel zu heftig auf die Bremse, höre den Kies unter den Reifen knirschen. Um diese Uhrzeit ist der Parkplatz fast leer. Nur zwei weitere Autos stehen am anderen Ende, deshalb kümmert es mich nicht. Schnaubend schnappe ich meinen Rucksack und stapfe grimmig den Weg entlang. Ich kann mich einfach nicht beruhigen.
Dieser Kerl! Zuerst vergräbt er stundenlang seine Nase in den Büchern und spricht über nichts anderes mehr. Dann höre ich, wie er seine Instrumente spielt. Für alles hat Deniz Zeit, nur nicht für mich oder die Arbeit, die er zu Hause erledigen soll. Hätte ich nicht den Nachbarn gefragt, stünde der Rasen jetzt bestimmt einen Meter hoch. Der war so freundlich und hat mir seinen Sohn geschickt, um ihn zu mähen. Der Junge hat sich gefreut, sein Taschengeld aufbessern zu können, ich dagegen habe mich geschämt. So habe ich mir unseren Neuanfang weiß Gott nicht vorgestellt.
In Gedanken maule ich weiter, trete wütend nach einem Tannenzapfen und gehe mit energischem Schritt den Weg hinauf. Dadurch erreiche ich mein Ziel schneller als gedacht. Eigentlich sollte mich jetzt ein Glücksgefühl durchströmen, so hoch oben am Gipfelkreuz, aber ich bin in erster Linie traurig. Vor lauter Zorn habe ich bis jetzt nichts von der Umgebung wahrgenommen. Unter mir erstreckt sich das Tal, in dem wir wohnen, noch eingehüllt in den Nebel, der aus den Bächen steigt. Weich wie Watte wabert er zwischen den Baumwipfeln.
Enttäuscht, weil der Tag ganz anders laufen sollte, rutscht mir ein lauter Seufzer raus. Ohne Bewegung kriecht mir die Kälte unter die Haut, deshalb nehme ich meine Jacke aus dem Rucksack und ziehe sie über. Unsere Nachbarn hatten recht, der Herbst kommt mit großen Schritten. Obwohl wir erst Anfang September haben, hat sich die Luft merklich abgekühlt. Ich wollte ihnen zuerst keinen Glauben schenken, weil es in den letzten Wochen noch so heiß war, aber der Regen der vergangenen Tage hat die Temperaturen ordentlich nach unten gedrückt.
Von hier oben kann ich sehr gut erkennen, wie stark sich die Laubbäume bereits verfärbt haben. Orange und gelb leuchten sie zwischen den grünen Nadelbäumen. Bestimmt wäre es mir schon beim Aufstieg aufgefallen, hätte ich ein Auge dafür gehabt, aber ich war so mit Deniz beschäftigt.