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Tunis im Jahr 1609 Wenn Pfauen schreien, hat es immer einen Grund. Samira, eine hübsche junge Frau aus gutem Haus, erinnert sich an diese Weisheit ihrer Großmutter. Schon bald soll diese Vorahnung böse Gewissheit werden, als sie von Piraten gekidnapped und entführt wird. Einige Zeit später entstehen Gerüchte über ein Schiffsunglück vor der Küste des Osmanischen Reiches in der Nähe von Konstantinopel. Das Schiff sei im Sturm zerschellt, und es gebe keine Spur von den Piraten und dem Mädchen. Als der junge Roma Leon sie des Morgens am Strand in Silviri findet, beginnt eine aufregende Zeit. Denn die zarte Liebe zwischen den beiden, scheint keine Chance zu haben. Zu groß sind die Unterschiede beider Kulturen ...
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Autor: Gerwine Ogbuagu Originalausgabe: Juli 2022
Covermotive: Pixabay.com
Coverdesign: Michael Frädrich
Lektorat: Renate Habets, Manuela Klumpjan
© Edition Paashaas Verlag
www.verlag-epv.de
Printausgabe: ISBN: 978-3-96174-106-9
Die Handlung ist frei erfunden, Ähnlichkeiten mit noch lebenden Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.d-nb.de abrufbar.
Samira und der Pfauenschrei
Alles ist wie durch ein heiliges Band miteinander verflochten. Nahezu nichts ist sich fremd. Alles Geschaffene ist einander beigeordnet und zielt auf die Harmonie derselben Welt. Aus allem zusammengesetzt ist eine Welt vorhanden, ein Gott, alles durchdringend, ein Körperstoff, ein Gesetz, eine Vernunft, allen vernünftigen Wesen gemein, und eine Wahrheit, sowie es auch eine Vollkommenheit für all diese verwandten, derselben Vernunft teilhaften Wesen gibt.
Marc Aurel, Selbstbetrachtungen, Siebentes Buch, 9.
“Wenn Pfauen schreien,
hat es immer einen Grund.“
Großmutterweisheit
Als Samira an ihrem Geburtstag wach wird, breitet sich das bekannte Gefühl in ihr aus: Schmerz. Wie Rotwein, der aus einem umgestoßenen Glas auf ein weiß in der Sonne schimmerndes Tischtuch fließt, sich in alle Richtung ergießt und gnadenlos die Tafel verunziert. An diesem Tag hat sie vom Tod ihres Vaters erfahren. Vor elf Jahren. Seitdem hat sie sich an ihrem Geburtstag nie mehr glücklich gefühlt. Jahr für Jahr. Wird der Schmerz jemals aufhören? Heute tut er besonders weh, eine unbestimmte Angst nagt. Das Schlimmste kommt erst noch: das Gesicht ihrer Mutter zu sehen, von Tränen überströmt, am Tisch mit der Geburtstagskerze. Ihr Kuchen, der ihr nie mehr schmeckt wie früher, als ihre Welt noch in Ordnung gewesen ist.
Die Erlösung kommt dann, wenn sie wieder zum Strand gehen und dort die Morgenstunden verbringen kann. Nachmittags muss sie die Pflichtgäste aushalten, ihre Tante, die Schwester ihrer Mutter, mit ihrer Tochter, Samiras dümmlicher Cousine Isabella. Sie hat gar keine Gemeinsamkeiten mit ihr. Onkel Tarek wird auch kommen, Vaters Bruder. Er hat keine Kinder. Seine Frau ist vor zwei Jahren gestorben. Niemand sonst wird eingeladen. Sie hat keine Freundinnen, sie geht in keine Schule, sondern bekommt Privatunterricht. Samira ist gern allein, sie schreibt Gedichte in ein kleines Notizheft und malt Bilder mit Tusche, wenn sie nicht ihre Aufgaben macht und Vokabeln lernt, französische und lateinische.
Sie steht auf und ruft leise nach ihrer Kinderfrau Amina. Sie möchte einen Pfefferminztee trinken, der ihre Nerven beruhigt. Bald kommt diese mit dem Tee. Sie weiß, was ihr Täubchen, wie sie Samira liebevoll nennt, morgens braucht und heute ganz besonders.
„Wenn ich dich nicht hätte, Amina“, dankt Samira ihr und beginnt den belebenden Tee zu trinken.
„Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, mein liebes Kind!“, begrüßt Amina ihren Augenstern Samira und gibt ihr ein kleines Päckchen.
„Danke, was ist das?“, fragt Samira überrascht.
„Damit du mich nicht vergisst, meine Süße! Mach es auf!“
„Ich kann dich niemals vergessen, Amina, nie, glaube mir!“ Sie umarmt ihre Kinderfrau, hält sie dann etwas auf Abstand und küsst ihre beiden Wangen. Sie weiß nicht, wie wahr sie spricht.
Das Geschenk ist eine dünne Goldkette mit einem Anhänger aus einer einzelnen Perle, die in einen fünfzackigen Stern eingefasst ist. „Wie wunderschön, liebe Amina, genau was ich mag! Ich danke dir so sehr. Lege sie mir um, bitte!“
Samira steht auf und umarmt Amina. Sie hat Tränen in den Augen, so gerührt ist sie. Dann hebt Samira die Arme und ihr lockiges Haar hoch und lässt sich die Kette umlegen. Diese passt wie für sie gemacht.
„Lass mich kurz nach meiner Mutter schauen, Amina!“, bittet sie ihre vertraute Dienerin, mehr eine Freundin, und eilt die Treppe nach oben, um nach Lilia zu schauen.
Sie trifft Fatma an, die treue Fatma, die kocht und sich um das Haus kümmert. Diese flüstert ihr zu, dass ihre Herrin nach einer schlaflosen Nacht jetzt eingeschlafen ist.
Samira teilt ihr mit, dass sie nun zum Strand gehe, mit Ahmed, wie immer.
Fatma nickt, sie wird es ihrer Herrin mitteilen. Schnell gratuliert sie Samira und erinnert sie daran, sich nicht zu lange am Strand aufzuhalten und bald zurückzukommen. Es sei ja schließlich ihr Geburtstag.
„Ganz bestimmt, Fatma, ich werde heute nicht so lange bleiben wie sonst.“
Fatma fährt fort mit ihren Vorbereitungen. Sie legt eine gestickte Brokatdecke auf den marmornen Esstisch im Speisezimmer. Dann verteilt sie Messingleuchter mit Kerzen in der Mitte des Tisches und lässt Platz frei für die Kuchenplatten, die sie später aufdecken wird mit all den Köstlichkeiten. Das Licht der Kerzen wird Muster an die Wände und Decken werfen, wenn sie in Leuchtern brennen.
Fatma betrachtet ihr Werk zufrieden und seufzt. Es wird Samira gefallen, so hofft sie. Wenn es nur deren Mutter besser gehen würde. All die Konsultationen mit klugen Ärzten haben nicht erreicht, dass ihr geholfen werden kann mit ihren Depressionen seit dem Tod ihres Mannes. Ausgerechnet an Samiras Geburtstag hat er sterben müssen. Ein Schicksalsdatum. Soll es nicht vielleicht auch bedeuten, dass das Leben weitergeht, trotz des schlimmen Verlustes? Lilia hat doch eine Tochter, die ihr in allem beisteht und so geduldig die Last mit ihr trägt.
Fatma betrachtet noch einmal den Raum, bevor sie zurück in die Küche geht. Auf dem Weg wird sie nochmals nach ihrer Herrin schauen.
Der Pfau fliegt mit seinen rosa Schwingen ruhig und stetig dem Garten zu. Seinem Zuhause, von wo aus er Ausflüge in die Umgebung macht, das Terrain beobachtet und sich dann auf seinem bevorzugten Baum niederlässt. Seine kleinen, listigen Augen sehen alles, wenn er ruckartig den Kopf hin und her bewegt.
Vorsichtig geht Samira hinter Ahmed über die steinigen Gartenwege. Sie nähern sich der Pforte in der Mauer. Der Schlüssel liegt in einer kleinen Nische hinter einem losen Stein in einem geflochtenen Kästchen in der Farbe der ziegelroten Mauer. An dieser Stelle ranken Pflanzen an der Mauer hoch und verdecken die Wandvertiefung.
Da schreit der Pfau so, dass der Schrei sich für immer in Samiras Gedächtnis eingräbt. Schrill, schneidend, scharf wie ein Messer fährt er ihr in die Glieder. Sie zuckt zusammen. Das kann nichts Gutes bedeuten. Hektisch blickt sie umher „Ahmed, Ahmed, hast du gehört? Warum schreit er heute Morgen auf einmal? Das macht er doch sonst nicht.“
Ahmed ist herbeigeeilt, ihrem treuen Diener entgeht nichts. „Er ist nur ein Tier, Hoheit. wer weiß schon, was er hat. Es ist nichts!“, versucht er sie zu beruhigen, „nur eine Laune des Vogels!“
Samira nickt. Sie zittert noch immer. Hoffentlich ist es so. Wenn die Pfauen schreien, hat es immer einen Grund. Ihre Großmutter hat sie oft daran erinnert.
Sie schaut hoch. Der Pfau sitzt ruhig auf einem starken Ast des Tulpenbaums und blickt sie aus seinen kleinen kalten Augen an.
„Du wirst mir den Morgen nicht verderben!“, ruft sie dem Vogel zu.
Ahmed ist weiter gegangen und hat die Mauer erreicht. Er nimmt den losen Stein aus der Nische, öffnet das Kästchen, nimmt den Schlüssel, legt den Stein zurück, steckt den Schlüssel in das Schlüsselloch der Pforte, schließt wieder zu, und beide gehen dem Strand entgegen. So machen sie es fast jeden Morgen, nur bei schlechtem Wetter bleiben sie im Haus. Das rhythmische Aufschlagen der Wellen ist zu hören. Langsam setzt Samira im tiefen kühlen Sand einen Fuß vor den anderen. Ihre Ledersandalen hält sie in der Hand. Der feine Sand breitet sich zwischen ihren Zehen aus und behält ihre Spuren. Es ist windstill, bloß ein leichter Lufthauch verfängt sich in Samiras Locken, die sie zu einem losen Zopf geschlungen hat. Gemälde, die Odalisken im Harem des Sultans in Konstantinopel zeigen, haben sie so beeindruckt, dass sie deren Haarstil nachahmt. Sie hat auch viele Geschichten über diese wunderschönen Frauen gehört, die der Sultan um sich versammelt hat, auch, dass die Korsaren schöne Mädchen geraubt haben, um sie dann dem Sultan zu verkaufen. Oft hat sie darüber nachgedacht, wie es diesen Frauen wohl gehe und hat sich nicht vorstellen können, eine von vielen Ehefrauen eines einzigen Mannes zu sein. Sie bemitleidet sie.
Sie hat keine Angst, dass ihr hier am Strand etwas geschieht. Noch nie sind hier Piraten aufgetaucht. Sie fühlt sich sicher, bewacht von Ahmed, hier wird ihr nichts geschehen. Trotzdem hält sie alle Sicherheitsvorkehrungen ein, wenn auch unter Zwang. Aber diese kleine Freiheit, am Strand unter einem Tulpenbaum zu liegen, von Ahmed bewacht, das lässt sie sich nicht nehmen.
Bei ihrem Baum setzt sie sich in die Mulde, lauscht auf das Rauschen der Wellen und beobachtet die Muster der Blätter, die die Sonne durch die Zweige in den Sand zeichnet. Sie schützen auch ihre elfenbeinfarbene zarte Haut vor der ständig heißer werdenden Sonne.
Samira trägt immer ein Tuch bei sich, das sie faltet und unter ihr Haar legt, um es vor dem feinen Sand zu schützen, wenn sie sich in ihm genüsslich ausstreckt. Diese Zeit am Morgen gehört ihr ganz allein, bevor sie ins Haus zurückkehren muss, um auf ihren Lehrer Adil zu warten, der jeden Tag zu ihr kommt, nur heute nicht.
Ahmed bewacht sie, verborgen in der Hecke vor der Mauer, die den Strand vom Garten abgrenzt. So beobachtet er sorgfältig die Gegend. Er weiß: Das Böse lauert unablässig, unsichtbar sowie tückisch, auch in friedlichen Stunden.
Der Morgen erscheint so harmlos, dass Samira ihre Augen schließt, um die Ruhe in sich aufzunehmen.
Ahmed lässt sie nicht aus den Augen, er konzentriert sich so sehr auf sie und wähnt sich unsichtbar, dass er nicht erfasst, wie zwei Männer sich von der linken Seite her nähern. Er hat sie nicht auftauchen sehen, denn sie sind mit einem Ruderboot außerhalb seiner Sicht hinter einem riesigen Felsen, der recht weit entfernt ist von Ahmeds Platz am Strand, an Land gegangen,.
Wochenlanges Beobachten hat sie vertraut gemacht mit den täglichen Gewohnheiten der beiden. Ein dritter wartet im Boot auf die Rückkehr der Komplizen mit ihrem Opfer. Ein vierter Mann hält in einem Segelboot weit draußen auf dem Meer Wache, um die Rückkehr der Menschenräuber zu erwarten.
Es ist bereits zu spät, als Ahmed ihre Gegenwart spürt. Sie drücken ihm eilig einen mit viel Äther getränkten Lappen auf Nase und Mund, rollen den Betäubten unter die Hecke und laufen dann zu Samira, die unter dem Baum vor sich hin träumt. Als sie die Männer bemerkt, hat sie keine Zeit mehr wegzulaufen. Sie ist wie gelähmt. Sie schreit „Ahmed! Ahmed!“
Doch da drücken die Männer auch ihr einen Lappen auf die Nase, allerdings ist dieser weniger stark getränkt als der von Ahmed, aber doch genug, um sie bewusstlos zu machen. Sie fesseln ihre Fußgelenke und Arme und tragen sie den Strand hinunter dem Boot entgegen, das im flachen Wasser dümpelt. Sie legen sie auf den Bootsboden, nehmen ihre Plätze auf den hölzernen Sitzbänken ein und rufen: „Los geht’s, wir dürfen keine Zeit verlieren.“
Sie lachen und scherzen und loben sich, dass sie endlich erfolgreich waren, die Prinzessin am Morgen zu fangen. Nach Wochen konnten sie heute endlich zuschlagen. Sie sind begeistert über die Aussicht, viel Geld für diese schöne junge Frau zu bekommen und unterhalten sich darüber, wie sehr sie es bedauern, dass sie nicht selbst diesen hübschen Körper genießen dürfen.
Samira ist bewusstlos und merkt nichts. Das Boot hat Fahrt aufgenommen und bewegt sich schneller und schneller vom Strand fort, dem Segelschiff weit draußen im Meer entgegen.
Die Kidnapper beobachten Samira sorgfältig, um sofort die Betäubung zu erneuern, sollte sie sich bewegen.
„Lass uns schnell machen, bevor sie uns verfolgen.“ Der Wind ist jetzt flau, sie rudern kräftig.
„Sie ist sehr hübsch!“, bemerkte Ali zu Hussein, seinem Bruder.
Jibril am Bug wendet den Kopf und grinst breit.
„Gut so, wir werden einen guten Teil des Geldes behalten können. Es war sehr gefährlich, was wir hier zu tun hatten. Wenn sie uns erwischt hätten, wären wir zwei Köpfe kürzer! Dafür müssen wir uns belohnen.“
∞
Ahmed schläft noch immer in der Betäubung. Er merkt nicht, wie schnell die Räuber sich mit Samira im Boot eilig von der Küste entfernen. Als er langsam erwacht und um sich blickt, starren die vielen Spuren im aufgewühlten Sand ihn an. Als er dann den Tuchfetzen neben sich entdeckt, versucht er sich zu erinnern. Habe ich alles nur geträumt? Er fühlt sich benommen und reibt sich die Augen. Er sieht gar nichts mehr auf dem Meer. Anstatt jedoch zurückzulaufen und die Wachen zu verständigen, auch wenn es jetzt zu spät ist, beginnt er heftig zu weinen. Oh Allah, Allah, was ist geschehen, was habe ich nur versäumt, wie konnte ich nur so dumm sein und mich so einwickeln lassen von diesen Hurensöhnen, mögen sie ewig verdammt sein. Er ist verzweifelt, fühlt sich gottverlassen auf ewig, denn er hatte “seine“ Prinzessin nicht richtig bewacht. Sie würden ihn umbringen. Es wäre besser, wenn ich flüchtete, ich habe keine Zukunft mehr. Oh, meine arme Mutter. Sie wird vor Kummer sterben. Was soll ich nur tun? Wenn ich meine Sachen hole, werden sich alle wundern. Am besten, ich verschwinde. Ich bin jetzt ein Verfolgter. Sie werden mich überall suchen, also muss ich als erstes meine Haare rasieren lassen und meinen Bart, damit mich keiner erkennen kann. Er blickt sich um. Niemand ist zu sehen. Allah sei Dank, meine Kollegen sind so unaufmerksam. Er entfernt sich über einen Seitenweg aus dem Garten. Eine andere kleine geheime Pforte gibt es, die nach außen führt, heraus aus dem Garten. Von dort läuft er zum Basar, zu seinem Freund, dem Barbier. Dann würde er auf immer die Stadt verlassen, beschließt er.
∞
„Samira, Samira, komm‘, komm‘, ich habe solche Kopfschmerzen, bring mir Wasser, bitte!“ Lilia lässt sich erschöpft in die Kissen sinken. Oh, was für ein Morgen! „Samira, bitte, komm‘ jetzt, ich brauche dich“, ruft sie nochmal mit heiserer Stimme. Sie verhallt im hohen Raum, hemmungsloses Schluchzen überkommt sie. Lilia hat einen ihrer grauen Tage erwischt, so nennt sie Tage, an denen sie einfach nur liegenbleiben will und niemanden sehen außer Fatma und Samira. Sie denkt nicht einmal an Samiras Geburtstag. Hätte nicht Fatma dafür gesorgt, den Kuchen vorzubereiten und in der Küche Bescheid zu geben wegen der Gäste heute Nachmittag, wäre gar nichts passiert.
Fatma hat die Rufe gehört und beeilt sich auf dem Weg zu Lilia. Sie weiß, so schnell wird Samira nicht zurückkommen, wenn auch früher als an anderen Tagen. Lilia war immer so ängstlich, wenn sie ihre Tochter außerhalb des Hauses wusste. Die Zeiten waren einfach zu unsicher. Am liebsten hätte sie es gesehen, wenn Samira nirgends hinginge. In die Stadt ging sie ohnehin nur mit Fatma oder Ahmed oder mit beiden, niemals allein.
Fatma eilt durch den Gang, der am Ende links abbiegt, und klopft an Lilias Tür.
„Komm, Samira!“, hört sie Lilia und öffnet die Tür.
„Guten Morgen, Herrin, ich bin es, Fatma“, flüstert sie. „Samira ist nicht in ihrem Zimmer, ich denke, dass sie mit Ahmed zum Strand gegangen ist.“
„Oh… mein Traum war so schrecklich, große Wellen schlugen auf den Strand und mittendrin Samira, die darin kämpfte … Oh Jesus, ich hoffe, ihr ist nichts geschehen. Von diesem Traum habe ich so grauenvolle Kopf- und Augenschmerzen, bitte, bring mir Wasser, Fatma, und dann rufe Ali, er soll nach Ahmed und Samira schauen.“
Fatma eilt, um das Wasser zu holen. Immer muss Samira ihre Mutter ängstigen. Nie kann man sicher sein, was sie sich gerade ausdenkt, außer sie war mit ihrem Lehrer zusammen. Oh, ihr Lehrer, heute würde er ja nicht kommen.
„Sie ist meine klügste Schülerin“, hat er Fatma anvertraut.
Sie hat ihn immer hineingelassen, wenn er zu den Lektionen gekommen ist, und sie haben sich ein wenig unterhalten.
Was für ein schrecklicher Traum, von dem ich gerade gehört habe. Als ob zwei Hände ihr den Hals zusammenschnüren, so fühlt Fatma sich. Sie blickt sich um, ob auch keine Dschinns ihr folgen. Natürlich sind diese unsichtbar, aber überall und besonders an diesem Morgen fühlt sie sich verfolgt. Angst breitet sich in ihr aus, Angst, die sie nicht definieren kann, sie ist einfach da, ein Vorbote des Bösen.
„Ali, Ali!“, ruft sie, während sie zum Eingangstor läuft, um Ali zu holen.
„Hier bin ich, Fatma!“, hört sie ihn antworten. Da kommt er schon angelaufen, er ist atemlos, aber tadellos gekleidet mit seinem roten Turban und den weiten currygelben Seidenhosen.
„Ali, schau nach Ahmed, er ist mit Samira zum Strand gegangen. Wir suchen Samira, ihre Mutter ist völlig außer sich.“
„Sehr wohl, Fatma!“, verbeugt er sich und läuft davon.
In der Küche schöpft Fatma Wasser in eine Tonschale. Sie wundert sich, dass sie niemanden dort sieht, sehr ungewöhnlich um diese Zeit. Dann eilt sie zurück zu Lilia.
Lilia sitzt auf ihrem Diwan, mit einem braungoldenen Kamm zerteilt sie ihr langes schwarzes Haar.
„Oh, gut, dass du da bist, Fatma.“ Sie streckt die Hände nach dem Wasser aus und trinkt vorsichtig aus der vollen Schale. „Hast du Ahmed gefunden?“, erkundigt sie sich und blickt Fatma erwartungsvoll aus ängstlichen Augen an.
„Nein, ich habe Ali zum Strand geschickt, um ihn und Samira zu suchen. Er weiß, wo Ahmed immer auf sie aufpasst. Samira ist ja sonst auch immer pünktlich zurück. Heute Morgen ist alles ganz anders.“
„Oh, Fatma, Fatma, mir ist so unwohl nach dem Traum. Irgendetwas stimmt nicht.“ Schon glänzen Tränen in ihren Augen.
„Bitte, Herrin, beruhigen Sie sich, es wird sich alles aufklären. Trinken Sie noch ein wenig, das wird Ihnen gut tun.“ Dabei streichelt sie Lilias Arm sanft, womit sie ihre Herrin beruhigen will, und hofft inständig, dass es auch wirklich so ist.
Adil findet das große eiserne Tor unbewacht. Heute wird kein Unterricht sein, aber er ist gekommen, um Samira zu gratulieren und ein bisschen mit ihr und ihrer Mutter zusammenzusitzen. Wie merkwürdig. Samiras Lehrer freut sich sehr auf die Zeit mit ihr. Er versucht, das Tor aufzudrücken, es ist unverschlossen.
Fatma kommt ihm entgegen, als er den langen Flur betritt, um Samira und ihre Mutter zu begrüßen.
„Samira ist nicht hier, Herr! Wir vermuten, sie ist an den Strand gegangen, wie sie es so oft tut, aber sie kommt ja immer rechtzeitig zurück, wie Ihr wisst!“ Ihre Brust hebt und senkt sich, so schnell atmet sie und ringt die Hände. „Ihre Mutter weint schon!“
Adil streift ein kalter Hauch, er atmet tief ein und erwidert: „Wir müssen Ruhe bewahren. Ich werde gleich im Garten nachschauen, ob sie schon kommen. Ist Ahmed nicht bei ihr?“
„Ahmed ist auch nicht zurückgekommen, wir wissen gar nichts! Ich habe Ali geschickt, dass er nach beiden sucht. Wartet lieber hier!“
„Ich möchte Samiras Mutter begrüßen!“
Sein Herz ist kalt, als er von Lilia zurückkommt. Gänsehaut überzieht seine Arme. Er zittert, hat ein schlechtes Gefühl, so als ob sein Magen sich verknotet und hofft, dass er sich täuscht. Es gibt eigentlich keinen Grund zur Besorgnis, es ist ein Morgen wie immer. Ich werde auch nach ihr schauen, das nutzlose Warten hier gefällt mir nicht. Er macht sich auf den Weg durch das Haus, die Treppe hinunter, aus der Eingangstür hinaus und hinter das Haus. Es ist nicht weit. Der Garten liegt ruhig wie immer, bezaubernd und friedlich. Der Pfau hat sich auf einem hohen Ast niedergelassen, ruckt seinen kleinen Kopf hin und her und schreit dann wieder durchdringend und mit hochgerecktem Schnabel. Adil, der noch nie Pfauen gemocht hat, zuckt zusammen und fühlt sich noch schlechter.
Weit und breit ist keine Samira zu sehen, und auch von Ahmed gibt es keine Spur. Die kleine Pforte, die zum Strandweg führt, ist offen. Die See liegt ruhig, der Strand verwaist, kein Schiff am Horizont, die Sonne strahlt. Alles scheint wie immer. Er geht weiter, immer weiter bis zu dem großen Baum, dessen Wurzeln sich am Boden weit ausbreiten. Das muss Samiras Baum sein, von dem sie mir immer erzählt. Ich habe ihr so oft gesagt, dass er zu weit vom Garten entfernt ist. Ihre einzige Antwort war immer, ‚Ahmed ist doch bei mir. Was kann mir schon geschehen?‘
Da, das feine Gespinst dort zwischen den rauen Baumwurzeln! Adil hockt sich nieder. Das kann nichts anderes sein als Samiras Schal, ihr sandfarbener Schal, den sie so gern trägt. Er liegt dort so unschuldig, locker zusammengeknüllt, wie hingeworfen. Adil hockt sich nieder und streicht mit der Hand über das kostbare Gewebe. Er hebt es hoch, riecht daran. Das ist Samiras Duft nach Jasmin, den sie so liebt und immer trägt. Was bedeutet das? Wo ist Samira? Er fühlt sich so hilflos, auf dem Meer tut sich nichts, nur weit in der Ferne bewegt sich kaum merklich ein Fischerboot, wie sie hier täglich vorbeifahren, wenn das Wetter gut ist.
Er schaut sich um, fühlt sich irgendwie beobachtet. Aber wer sollte hier sein? Kaum jemand kommt an diesen ruhigen einsamen Strand. Er sucht aufmerksam den Radius um den Baum ab. Er sieht Schleifspuren im Sand und verschiedene Abdrücke, viele verwischt, trotzdem sind es eindeutig Fußabdrücke. Sie führen ans Meer. Es kann nur eins bedeuten: Sie wurden verschleppt, Samira und Ahmed. Jeder hier weiß Bescheid, wie gefährlich die Korsaren sind mit ihren Raubzügen an den Küsten Nordafrikas. Regelmäßig werden sie gut bezahlt vom Sultan von Konstantinopel, um ihn mit schönen neuen Frauen zu verwöhnen. Mit Tränen in den Augen nimmt er den Schal und hastet den Weg zurück zum Haus. Er würde, nein, er muss ihn Lilia und Fatma zeigen – und dann versuchen, Ahmed zu finden.
Adil findet Lilia vollkommen aufgelöst vor, als er mit Samiras Schal zurückkommt. Zu gerne hätte er ihn selbst behalten, aber er weiß, ihre Mutter hat ein Recht darauf. Er ist grundehrlich und unterschlägt den Schal nicht.
Lilia, Samiras Mutter kann von niemandem getröstet werden, sie ist in Verzweiflung versunken. Fatma versucht alles, sie aus ihrer tiefen Depression herauszulocken, vergeblich.
Sie schließt sich in ihr Zimmer ein und verweigert jede Nahrung. Nur etwas Tee nimmt sie an. Nachmittags, als Samiras Gäste kommen, weiß niemand, wo sie anfangen können, zu suchen. Das Verschwinden von Ahmed ist ein großes Rätsel. Ali hat die schwere Aufgabe, Ahmeds Mutter mit der schlimmen Nachricht aufzusuchen. Sie bricht sofort in Weinen und Schreien aus, jammert, wälzt sich auf der Erde.
Ali holt die Nachbarn, die bei Ahmeds Mutter bleiben, um sie zu beruhigen.
∞
Jede Suche in den darauffolgenden Tagen endet im Nichts. Adil verspricht, sich überall zu erkundigen, so gut er kann. Sie sind alle ratlos und wissen nicht, wo sie beginnen sollen.
Die Geschichte von Samiras Verschwinden hat sich sofort herumgesprochen. Die ganze Gegend, in der Samiras Familie wohnt, ist aufgescheucht und nach vielen Tagen immer noch ratlos.
Adil vermutet einen Raub, die Spuren im verwüsteten Sand haben darauf hingedeutet, aber wo beginnen, wen fragen? Die Piraten sind berüchtigt. Sollte es Mitwisser geben, in der Stadt, im Basar, sind sie alle mit Geld mundtot gemacht worden. Es ist nichts darüber herauszubringen, was mit Samira geschehen ist. Alles sind nur Vermutungen.
Adil zermartert seinen Kopf, was zu tun sei. Jeden Tag geht er zum Strand, er hofft, jemanden zu treffen, der helfen kann, mit irgendetwas. Er weiß, es ist fast unmöglich, aber besser, als gar nichts zu tun. Danach geht er in ein Kaffeehaus, trinkt seinen Mokka, spricht mit Bekannten und versucht, soviel wie möglich zu hören, einfach indem er da sitzt und zuhört, was die Menschen murmeln.
Eines Morgens hört er, wie eine Gruppe von Männern über ein Schiffsunglück vor der Küste des Osmanischen Reiches in der Nähe von Konstantinopel redet. Er hört angestrengt hin. Es heißt, dass es der Sultan von Konstantinopel gewesen sei, der die Schiffsführer beauftragt hat, die schöne Prinzessin aus Tunis zu ihm zu bringen. Sie sprechen darüber, dass drei Piraten ein Mädchen hier am Strand geraubt hätten, mit dem Plan, sie an den Sultan zu verkaufen und ordentlich Geld damit zu verdienen. Das Schiff sei im Sturm zerschellt, und es gebe keine Spur von den Piraten und dem Mädchen.
Seine innere Stimme sagt Adil, dass dieses Mädchen niemand anders gewesen sein kann als Samira.
Leon
Leon Rose fühlt sich an diesem Morgen glücklich und zuversichtlich, ein Gefühl, das er nicht allzu oft spürt. Das neue Fohlen und seine Mutter haben in der Nacht ruhig geschlafen, der Überbringer ist vorhin abgereist. Er hatte ihm versichert, dass er an diesen Tieren viel Freude haben werde. Leon hofft, dass der Jährling gut auf seine Versuche ansprechen wird, ihm Kunststücke beizubringen. Da wird noch einige Arbeit vor ihm liegen.
Er nähert sich langsam dem Strand. Der Wind fährt ihm ins dunkle, halblange Haar, das er in einem kurzen Pferdeschwanz zusammenhält. Seine Sandalen sind schon abgetragen vom vielen Laufen. Eine schwarze, weit fallende Hose erinnert an Clowns, ein weinrotes Hemd unter der schwarzen Jacke passt gut zu seiner gebräunten Haut. Leon ist kräftig und groß, ein starker Mann. Lachfalten in seinen Augenwinkeln zeigen Humor, und seine nach oben gerichteten Mundwinkel sind stets bereit zu lächeln.
Sein freundliches Äußeres ist die Hülle für einen scharfen, wachen Verstand, künstlerische Fähigkeiten und eine hohe Einfühlsamkeit in Menschen und Tiere, die sofort Vertrauen zu ihm fassen.
Gleichmäßig rauschen die Wellen, und der dumpfe Ton ihres rhythmischen Aufschlagens auf den feuchten Sand, der hier auf dem Weg deutlich zu hören ist, zeigt, wie nah Strand und Meer sind. Diese Geräusche liebt er, sie wirken so beruhigend. Leon ist zuversichtlich. Alles wird sich gut entwickeln. Heidekraut bedeckt den Boden. Beinahe unmerklich verwandelt sich die Landschaft in hügelige Dünen. Sie bilden mit ihren gewellten Formen ein Meer aus Sand, so als ob sie die See vorwegnehmen wollten, die dann zwischen den Hügelkämmen hervorblitzt.
Leon versucht, jeden Morgen kurz vor Sonnenaufgang einen kleinen Strandspaziergang zu machen. Er reflektiert die Nacht und plant den kommenden Tag. Es ist Meditation und Entspannung für ihn, den Geräuschen des Windes zu lauschen, das Knacken der Kiefernäste wahrzunehmen.
Heute sind seine Gedanken bei seinen Pferden. Er ist vor acht Wochen hierhergekommen, um zwei neue Pferde zu kaufen, die er trainieren kann, damit vier Pferde in den Vorstellungen in seinem kleinen Wanderzirkus in Bukarest auftreten können. Der Pferdekauf ist gelungen, er ist sehr zufrieden. Das Fohlen wird er selbst trainieren, die Mutter wird helfen. Sie ist eine sanfte rotbraune Stute mit weißer Mähne und Schweif, die mit den Zugpferden die Reise zurück nach Bukarest antreten wird.
So können sich die Pferde hier aneinander gewöhnen. Das Fohlen wird im Anhänger mitfahren. Seine beiden anderen Pferde sind in der Obhut seines Onkels Honza in Bukarest geblieben. Genau wie seine Hunde. Solange er hier in Silivri mit seinem Bruder und seiner Großmutter gelebt hat, sind die Vorstellungen, die er mit seinem Bruder gegeben hat, gut angekommen. Er hat hier viel Zulauf von Menschengehabt, die sich gern seine Darbietungen angeschaut haben. Er und Mirko haben akrobatische Kunststücke vorgeführt, Lieder auf ihren Geigen gespielt, und Großmutter Anyeta hat vielen Menschen, besonders Frauen, geholfen, Fragen ihres Lebens zu besprechen. Dazu hat sie ihnen Karten gelegt oder aus der Hand gelesen oder beides. In einigen Tagen werden sie die Rückreise antreten. Leon hat Sehnsucht danach, seine Ideen umzusetzen mit den neuen Tieren in seinem kleinen Zirkus.
Es ist noch sehr frisch Ende Februar, doch Leon liebt es, den Tag so zu beginnen, der Sonne zu folgen, wie sie langsam hochsteigt und das Tageslicht minütlich verändert. Er hat schon oft versucht, mit seinen Kreiden die Farbspiele festzuhalten, so sehr faszinieren sie ihn. Leon ist schon lange wach. Der Ruf des Muezzins weckt ihn immer um 05:00 Uhr. Er liebt die langgezogenen Töne, auch wenn der Islam nicht seine Religion ist. Wenn sein Bruder Mirko im Vardo, dem traditionellen Pferdewagen und Wohnraum der Roma, noch schlief, steht er auf, öffnet vorsichtig die Tür, steigt die kleine Treppe hinunter und folgt dem Sandweg zwischen Kiefern und Casuarinenbäumen.
Das Meeresrauschen wird jetzt lauter und lauter, die Dünenketten öffnen den Blick auf den Strand und die Brandung, jeden Morgen ein neues Wunder. Immer weht Wind, mal schwächer, mal stärker. Leon atmet tiefer, fährt sich mit der Zunge über die Lippen und schmeckt Salz.
Gelb-olivgrüne Seetangketten ziehen sich entlang der Wasserlinie wie eine Halskette, die eine schöne Frau schmückt. Steine und Muscheln liegen verstreut, all dies erkennt er aus der Entfernung, wie jeden Morgen. Heute ist etwas anders, es scheint, als ob ein Kleiderbündel auf dem Sand liegt.
Er ist ungefähr hundertfünfzig Meter entfernt, beschleunigt seine Schritte aber noch nicht. Die Dämmerung verhüllt klarere Konturen. Oft findet man hier Strandgut. Ihm fällt ein nicht weit entferntes, kompaktes Stück Holz auf, fast wie das Stück eines Floßes, wie sie so oft an Stränden vorkommen. Vielleicht kann ich es auf dem Rückweg mitziehen, für Feuerholz, wenn es getrocknet ist. Erst als ihm klar wird, dass es kein Feuerholz und auch kein Kleiderbündel ist, das er bemerkt hat, beginnt er zu laufen, was im feuchten Sand nicht so einfach ist. Er zweifelt noch immer an dem, was er zu sehen glaubt, bis es deutlich ist: Es ist ein Mensch, eine Frau. oh Del, Gott der Roma, hilf.
Eine so schöne Frau. Er kniet nieder und betrachtet sie. Ihr Atem geht flach, ihr Brustkorb hebt und senkt sich kaum merklich. Ihr Mund steht leicht offen. Er ist weich wie eine dunkelrosa Rosenblüte. Das nasse Haar ringelt sich vom Kopf über die Schultern, die Arme und Beine liegen gestreckt, sie besitzt zarte schmale Füße. Ein Stück Seil hängt von einem Knöchel lose herab. Was für makellose feine Züge sie hat, wie blass sie ist , oh Del, und dann in dieser Kälte und dem Wind. Er nimmt ihre geschwungenen dunklen Augenbrauen wahr. So hübsche Brauen hat er lange nicht gesehen. Ihre dunklen Wimpern beschatten das fahle Gesicht. Aber hier – ganz blau ist die Wange und etwas geschwollen. Deutlich drücken sich ihre Körperformen durch die nasse Bekleidung. Der Wickelrock ist von der Taille ab zerrissen. Auch in der Bluse klafft an der Schulter ein Riss. Sie muss schon länger hier gelegen haben, sie ist bestimmt unterkühlt. Trotzdem ist ihre Haut nicht aufgequollen. Leon ist ratlos: Was soll ich tun, was wird das Beste sein?
