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Wenn Katzen lieben Als Kater Minkus sich seinen Lebensabend eingerichtet hat und keiner seinen Katzenfrieden stören soll, kommt alles anders als gedacht: ein junger schwarzer Kater, der, verlassen von seiner Mutter, eines Morgens im Katzenkorb liegt. Sofort erobert er die Herzen aller, besonders aber Minkus nimmt sich seiner an. Die beiden sind unzertrennlich, bis eines Tages die Streunermama auftaucht, um nach ihrem kleinen Jungen zu sehen. Und so wird aus dem glücklichen Katzenduo am Ende ein glückliches Katzentrio.
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Seitenzahl: 106
Veröffentlichungsjahr: 2014
Inhalt
Prolog
Unter dem hohen, weiten Himmel
Von ferne flüstert das Meer
Ein adoptiertes Waisenkind
Katzen und Menschen
Fremder Besuch
Machen wir einen Katzensprung?
Katertricks
Die Weisen der Nacht
Tante Jenny kommt zu Besuch
Die Schöne und der Potthässliche
Das Multi-Kulti-Nachtkonzert
Merlin in kuscheliger Gesellschaft
Katzenmelancholie
Wenn die bunten Herbstblätter regnen
Nächtliches Harfenspiel
Dunkle Tage
Unterwegs
Die bunte Zauberwelt
Eine hündische Liebe
Theo, der Altmetallsammler
Das schönste Hundegesicht der Welt
Ein Geschenk von Katzengöttin Bastet?
Kater Minkus träumt
Minkus’ letztes großes Abenteuer
Spuren im Schnee
Mondschein-Sonate
Winterstille
Katzenweihnacht
Samtpfoten und Sternenglanz
Kater Minkus horchte in die Nacht. Die Nacht klang fremd. Auch die Sterne kamen ihm fremd vor am hohen nordischen Himmel. Weit weg. Es war seine erste Nacht in Eulenburg in Schleswig-Holstein, seiner neuen Heimat.
Minkus begann zu träumen. Er träumte von seinem langen bewegten Leben und ahnte, dass nun sein siebentes Katzenleben begonnen hatte. Die Menschen sagten, dass Katzen sieben Leben hätten.
»Schnurr mir ein Lied«, hörte Minkus im Traum den sanften Frühlingswind singen. Minkus begann zu schnurren mit seiner dunklen Katerstimme, die sich mit der Oberstimme des Windes vermischte.
Es klang wie ein Hymnus auf das Leben. Das Leben aller Katzen auf dieser Welt.
Lea Meerbaum, die zu Kater Minkus gehörte, blickte in ihren Wachträumen wie durch bunte Glasfenster. Ihre vielen Reisen und mehrere Umzüge in andere Städte hatten ihr Leben reich und farbenfroh gemacht. Jetzt ließ sie die Ereignisse der letzten Zeit nachklingen. In ihrer ersten Nacht in Eulenburg in Schleswig-Holstein saß sie auf dem großen Balkon ihres Wohnzimmers in der ersten Etage der Jugendstilvilla, die Antonin Leander, dem Cousin ihrer verstorbenen Mutter, gehörte und die jetzt die neue Heimat für sie und Kater Minkus war.
Das grün angestrichene Haus lag malerisch inmitten einer hügeligen Wiese, die von Laubwald begrenzt wurde. Im Untergeschoss wohnte »Onkel Antonin«, der nach langen Jahren in der Ferne in sein Elternhaus zurückgekehrt war. Ein geschwungenes schmiedeeisernes zweiflügeliges Tor bildete den Eingang zum weiträumigen Anwesen, das von einer dichten Buchenhecke umgeben war. Leas Blick schweifte über die Wiese mit den wilden bunten Blumen. Die Dunkelheit ließ die alten hohen Bäume mit den breiten Kronen wie eine Wand erscheinen, hinter der das Meer flüsterte, vom Nachtwind begleitet, ewig und geheimnisvoll.
An einem leuchtenden Vorfrühlingstag war Antonin Leander in Leas und Minkus’ Leben »hereingeschwebt«, quasi aus dem Himmelsblau, und hatte das Leben der beiden gründlich durcheinandergebracht. Mit seinem Privatjet war er in München gelandet, um Lea, seine einzige noch lebende Verwandte, aufzusuchen.
Als Jugendlicher war Antonin von zu Hause weggegangen, mit einem Frachter nach Amerika gelangt, um sein eigenes Leben zu führen und nicht die Lederfabrik seiner Eltern eines Tages übernehmen zu müssen. Seine Eltern waren kurz darauf bei einem Unfall gestorben, die Fabrik wurde verkauft, und Antonin Leander ging seinen erfolgreichen Weg. Er machte das Kapitänspatent und den Pilotenschein, spekulierte an der Börse und wurde steinreich. Was sollte er mit seinem Reichtum jetzt im Alter anfangen? Antonin fühlte sich einsam, da er keine Familie hatte. Er bekam Heimweh. Es war, als würden die Wurzeln seiner Kindheit, die ihn einst hatten gehen lassen, zurückrufen.
»Willst du nicht mit deinem Kater bei mir einziehen?«, hatte er Lea gefragt an jenem Tag in München, als sie zusammen in Leas Wohnzimmer in der Dachgeschosswohnung gesessen hatten. »Überleg es dir. Bei deinem Beruf als Übersetzerin und Lektorin kannst du doch überall arbeiten.«
Für Lea war der Gedanke, aus München wegzuziehen, zunächst unvorstellbar gewesen. Nach vielen Umzügen in ihrem und Minkus’ Leben fühlte sie sich hier angekommen. Ausschlaggebend, das Angebot Onkel Antonins anzunehmen, war schließlich die überraschende Kündigung von Leas Dachwohnung gewesen. Nach dem Tod der Besitzerin des Hauses wollten die Erben das Haus abreißen lassen, um eine moderne Seniorenresidenz errichten zu lassen. So hatte wieder einmal ein Umzugswagen vor Leas Haustür auf der Straße gestanden, zum großen Missfallen von Kater Minkus, der seine Aussicht über die Stadt von der Dachterrasse aus genossen hatte.
Hier wollte er bleiben. Sein Misstrauen darüber, auf seine alten Tage noch einmal in eine fremde Umgebung zu ziehen, hatte er deutlich zum Ausdruck gebracht von dem Moment an, als die Umzugskisten überall in der Wohnung herumstanden. Wütend hatte er sie angefaucht wie faule stoische Tiere, die seinen alten Katerfrieden störten. Auch mit seiner Menschin Lea war er böse gewesen. Sie musste sein Missfallen spüren. Wenn Lea einzelne Kleidungsstücke in eine Kiste packte, holte Minkus sie demonstrativ wieder heraus, verstreute sie in der Wohnung oder versteckte sie. So fand Lea ihre Seidenbluse, die sie in Seidenpapier eingehüllt hatte, in der Höhle von Minkus’ Kratzbaum, was ihr nicht gut bekommen war. Im Kratzbaumversteck lagen außerdem noch mehrere bunte Wäscheklammern verstreut, die Minkus so liebte.
Aber Minkus’ Missfallenskundgebungen änderten nichts an der konkreten Umstellung seines Lebens. Lea versuchte, ihm gut zuzureden. Minkus tat so, als höre er zu, wandte sich dann aber beleidigt mit stolz aufgerichtetem Schwanz von ihr ab, so als zeige er ihr die kalte Schulter.
Und jetzt waren sie beide im Norden, in Schleswig-Holstein angelangt. Die erste Nacht tastete sich leise und kühl an Lea heran. Der alte breitkronige Ahornbaum vor Leas Fenster fiel in sein nachtdunkles Schweigen, nachdem der letzte Vogelruf verklungen war. Über dem Ahornbaum hing wie eine schiefe Kinderlaterne der Halbmond im Glitzern der Sterne, die Lea heller und leuchtender empfand als dort, wo sie hergekommen war …
Kater Minkus hatte seine erste Nacht in der neuen Heimat im Freien verbracht. Auch er hatte das Flüstern des Meeres gehört wie seine Menschfrau Lea und den Geruch gespürt, den der Wind zu ihm getragen hatte. Minkus erwachte, bevor die ersten Sonnenstrahlen die Morgendämmerung vertrieben, unter einem duftenden Jasminstrauch. Er streckte sich. Weiße Blütenblätter schwebten auf ihn herab, sanft und schwerelos. In seinem schwarzen glänzenden Fell sahen sie wie Schneesterne aus.
Minkus begann sich zu putzen. Das hohe Alter hatte ihm etwas an Geschmeidigkeit genommen. Alles ging jetzt langsamer und gemächlicher. Etwas Neues kroch in seine Nase. Ein himmlischer Duft. Es waren gelbe Blumen, Himmelschlüssel. Minkus schnupperte an ihnen. Aber für Katzenfutter waren sie nicht tauglich.
Kater Minkus streifte durch das hohe Gras, auf dem die Tautropfen glitzerten, unter den hohen Laubbäumen entlang, um das weitläufige Gelände zu erkunden. Seine Katzenneugierde trieb ihn immer noch an. Als die Morgendämmerung sich lautlos zurückgezogen hatte und die Sonnenstrahlen ihre Glitzerpunkte in die Buchenkronen warfen, stolzierte er dem Haus zu, Richtung Katzenklappe, die Onkel Antonin für seinen samtpfotigen Mitbewohner hatte anbringen lassen.
Da Lea in dieser frühen Morgenstunde noch schlief, beschloss Minkus, dem verlockenden Duft nachzugehen, der aus Onkel Antonins Küche im Erdgeschoss kam. Er schlich in die Küche. Onkel Antonin saß am Tisch und frühstückte Rührei mit Krabben. Der Kater fixierte Onkel Antonin etwas argwöhnisch. Er musste sich erst an ihn gewöhnen. So genau wusste er noch nicht, was er von Onkel Antonin halten sollte. Marke knöchernes Langbein, wildwuchernde weiße Mähne, Lebensstreuner, Raubeinstimme, eigentlich nichts für samtpfotige Leisetreter.
Onkel Antonin hatte ihn noch nicht bemerkt, da er nebenbei Zeitung las. Minkus wartete zunächst höflich ab. Der Frühstücksduft stieg immer verlockender in seine Nase. Gegen Onkel Antonins Missachtung musste etwas unternommen werden. Minkus gab ein höfliches Gutenmorgenmiau von sich. Da endlich bemerkte Onkel Antonin ihn.
»Guten Morgen«, erwiderte er den Katergruß. »Hab dich gar nicht kommen hören, du Leisetreter, du.« Als er Minkus’ begehrlichen Blick auf seinen Frühstücksteller sah, sagte er zu ihm: »Willst du mit mir frühstücken?« Er stand auf, ging zum Küchenschrank und holte einen vornehmen Porzellanteller, füllte ihn mit den Köstlichkeiten des Frühstücks und stellte alles vor Minkus auf den Boden.
»Guten Appetit«, wünschte Onkel Antonin. Minkus ließ sich das nicht zweimal sagen. Die morgendliche Streunerei hatte ihn hungrig gemacht. Krabben waren etwas Neues für Minkus, sie schienen ihm genauso gut zu schmecken wie Onkel Antonin.
Nachdem Minkus den Teller in Windeseile leergeputzt hatte, sodass er wie frisch gespült aussah, bedankte er sich mit einem artigen Blick bei seinem Gastgeber. Mit vollem Bauch wurden die Gedanken friedlicher. Ganz sympathisch, fällte Minkus sein Urteil über Onkel Antonin. Minkus beschloss, nach oben zu Lea zu gehen, um in seinem Körbchen ein Nickerchen zu machen, das im Wohnzimmer neben dem »Chefsessel« stand.
Der Kater hörte Wasser im Bad fließen. Lea war also auch aufgestanden. Sollte er warten, bis Lea aus dem Bad kam und ihn begrüßte? Er wollte mit einem Satz ins Körbchen springen, als er erstaunt innehielt. In dem Körbchen lag schon jemand. Ein kleines schwarzes seidiges Bündel mit einem weißen Katerstern auf der Brust.
Der Winzling blinzelte ihn verschlafen aus smaragdgrünen Augen an. Der Eindringling musste sich unbemerkt durch die Katzenklappe geschlichen haben. Minkus wollte dem Katzenkind gerade unmissverständlich klarmachen, dass er hier das Sagen hätte und Unbefugte sich nicht so einfach einschleichen könnten, indem er ihm eine gemäßigte Watschen verpassen wollte, als er mitten in der Bewegung innehielt.
Der Kleine richtete sich schüchtern auf, sah Minkus an und gab ein ängstliches »Miau« von sich. Dann streckte er seine winzige Pfote nach ihm aus, praktisch als Friedensangebot. Von diesem Augenblick an war es um den alten Minkus geschehen. Er fühlte eine Zärtlichkeit, beinahe eine Liebe für den kleinen Fremdling in sich aufsteigen. Behutsam legte er sich zu dem Katzenkind ins Körbchen. Sie kuschelten sich aneinander und begannen im Duett zu schnurren. So fand Lea die beiden im Katzenkorb. Eine Zeit lang betrachtete sie das rührende Bild der schlafenden Katzen.
»Wo kommst du denn her?«, fragte Lea in die harmonische Stille hinein. Aber das Katzenkind schlief friedlich weiter.
»Willst du wieder gehen oder wirst du bleiben? Wenn du bleiben willst, wäre mir das recht. Minkus hat dich ja schon angenommen.«
Aber das wird die Zeit zeigen, spann Lea weiter ihre Gedanken. Die Zeit, die Katzen einfach so in sich ruhend vergehen lassen konnten, wie es den Menschen wohl kaum möglich war …
Und der Kleine hatte sich entschieden. Er blieb bei Minkus und Lea. Minkus zeigte ihm die neue Umgebung. Die Katzen strichen durch das ganze Haus, einschließlich durch die Wohnung von Onkel Antonin. Im weiten Gelände hinter dem Anwesen fühlte sich der Neue ebenso wohl wie Minkus.
»Ich werde dich Merlin nennen«, hatte Lea zu dem Kleinen gesagt. »Du hast dich wie der Zauberer Merlin durch die Katzenklappe gezaubert und du bist willkommen.«
Der alte Minkus und der junge Merlin erlebten einen gemeinsamen Frühling mit allen Facetten des nordischen Klimas. Sie ließen sich im wahrsten Sinne des Wortes den stürmischen Frühlingswind um die Ohren wehen, tobten im Gelände und kuschelten sich in manchen Nächten bei Lea im Bett zusammen, wobei sie oft das Kopfkissen frequentierten, sodass sie kaum Platz hatte. Aber sie fühlte sich wohl mit »ihren« beiden Katzen.
Manche Nächte verbrachten Minkus und Merlin draußen, um dann in aller Morgenfrühe bei Lea im Schlafzimmer zu erscheinen, was so viel wie Frühstückszeit hieß. Für Lea war das mitten in der Nacht, aber sie gehorchte aufs Wort, erhob sich müde und fütterte ihre beiden hungrigen nächtlichen Abenteurer.
Wenn sie dann nach einem kurzen Schlaf aufstand, wollten die beiden Kater bei ihr im Bett weiterschlafen, sodass es oftmals ungelüftet bis in den späten Morgen blieb. Lea betrachtete Merlin als unverhofftes Geschenk, zumal Minkus aufzublühen schien. Meine beiden Katzen, dachte sie oft zärtlich, wenn der Alltag manchmal grau und fade war. Und dieser Gedanke machte sie immer wieder froh.
Der Frühling mit seinen bunten, duftenden Vorboten war in die Reife des Sommers übergegangen und hatte sich mit stürmischen nordischen Winden, die das Meer peitschten und die alten hohen Bäume mit ihrem Blattwerk zerzausten, verabschiedet. Für Minkus war das ein neues faszinierendes Szenario. Er konnte lange Zeit in Begleitung von Merlin in den Sturmnächten über die Wiese streichen und den sich biegenden schwingenden Ästen der Bäume zusehen.
Die beiden Kater waren unzertrennlich geworden. Der alte lebenserfahrene Minkus und der junge, der am Anfang seines Lebens stand. Merlin hatte beschlossen, in seiner Adoptivfamilie zu bleiben. Er hatte sich gut eingelebt. Er war von irgendwoher gekommen und gehörte wohl nirgendwo hin. Niemand schien ihn zu vermissen. Lea hatte Anzeigen aufgegeben, damit sich ein eventueller Besitzer melden konnte. Aber nichts war bisher geschehen. Minkus hatte Merlin als seinen Enkelsohn adoptiert.
An diesem schönen Sommertag sagte Merlin zu Großvater Minkus: »Wollen wir einen Spaziergang nach draußen jenseits der Hecke machen? Ich möchte dir meine Straße zeigen und ich suche noch immer nach meiner Mutter.«
»Du hast deine Mutter verloren?«, fragte Minkus den Kleinen. »Erzähl mir von ihr.«
