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Thilo Sarrazins Buch Vom neuen Tugendterror. Über die Grenzen der Meinungsfreiheit in Deutschland erschien Ende Februar 2014. Darin wird er seine bereits in Vorträgen dargelegten Thesen zur Meinungsfreiheit in einem Rundumschlag gegen Political Correctness gewinnbringend vermarkten. Politisch absolut ›unkorrekt‹ steht Sarrazin dabei in der ideologischen Tradition der Menschen- und Bevölkerungskorrekturen. Wer von Gutmenschen und Tugendterror spricht, will die Primärtugenden der Menschlichkeit durch angebliche Tugenden der Korrektheit ersetzen. Sarrazin stellt sich gleichermaßen als Rebell gegen Political Correctness wie als Opfer von Zensur dar. Er lenkt damit ab von der Tradition der Korrektions-Anstalten und der eugenischen Bevölkerungskorrekturen, deren Ideologie er vertritt. Thilo Sarrazin zeigt, dass sich noch immer die Ideologie des Forderns und Förderns mit Fragen der qualitativen Bevölkerungspolitik verbindet. Die modernisierte Variante dieser Ideologie besetzt in den Auseinandersetzungen um emanzipatorische Kämpfe das Schlagwort Political Correctness. Mit diesem Trick wendet er den antiquierten Mief der Korrektheit gegen emanzipatorische Meinungen und Gruppen. Er dreht den Spieß des Bürgertums um und lässt ihn gegen sich gerichtet erscheinen.
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Seitenzahl: 305
Veröffentlichungsjahr: 2014
Andreas KemperSarrazins Correctness
Für Ingrid
»Sich fügen heißt lügen!«
Erich Mühsam,1934 von deutschen Untertanen erschlagen
Andreas Kemper, Soziologe, engagiert sich schwerpunktmäßig in Theorie und Praxis gegen Diskriminierung aufgrund der sozialen Herkunft. Er gründete das erste autonome Referat für studierende Arbeiterkinder und das Magazin Dishwasher. Magazin für studierende Arbeiterkinder. Seit 2005 ist er bei Wikipedia im Themenbereich Diskriminierung aktiv. Er schreibt an seiner Doktorarbeit zum Thema ›Klassismus‹.
Andreas Kemper
Zur Tradition der Menschen-und Bevölkerungskorrekturen
Ein Index zum vorliegenden Band steht hier zum Download zur Verfügung: http://www.unrast-verlag.de
Andreas KemperSarrazins Correctnessebook UNRAST Verlag, Juni 2014ISBN 978-3-95405-015-4
© UNRAST-Verlag, Münster, 2013Postfach 8020, 48043 Münster – Tel. (0251) 66 62 93www.unrast-verlag.de
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Mitglied in der assoziation Linker Verlage (aLiVe)Umschlag: UNRAST Verlag, Münsterunter Verwendung einer Fotografie © picture alliance / dpaSatz: UNRAST Verlag, Münster
Vorwort
1Sarrazins Correctness
1.1Der verdrehte Spieß
1.1.1Sekundärtugendterror – Eine Widerstandskonferenz der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer
1.1.2Exkurs: Spießbürger, autoritärer Charakter, Ungleichzeitigkeit
1.1.3Meinungsfreiheit: für oder gegen Menschenrechte?
1.1.5»Denken ist Macht« – Bildung und Meinungsfreiheit
1.1.6Wutbürger gegen »Medienklasse« oder medial gehypte Hassbürgerlichkeit?
1.1.7Sarrazins 14 Elemente der ›Political Correctness‹
1.1.8Historikerstreit, Auschwitzkeule und der ›Fall Jenninger‹
1.2Abgeschriebene Rassenhygiene
1.2.1»Deutschland verblödet«: Sarrazin, Hinz und Weiss
1.2.2»Wissen ist Macht«: Wikipedia-Manipulationsversuche
1.2.3»Sprache ist Macht«: Dekontextualisierung der Rassenhygiene
1.3Anti-PC: Korrektur der Korrekturmöglichkeiten
1.3.1Der Mittelstand – seine Verrohung, sein Verbände
1.3.2Ein Konvent für die Korrektur der Politik
1.3.3Dohnanyis ›Anti-PC-DNA‹
2Menschenkorrekturen / Bevölkerungskorrekturen
2.1Korrektionsanstalten. Zur Geschichte des ›Forderns und Förderns‹
2.1.1Die sogenannte Humanisierung der Strafen
2.1.2Disziplinierungsmacht
2.1.3Korrektionsanstalten
2.1.4Exkurs: Herkunft des Begriffs ›Unterklasse‹ aus dem Korrektions-Diskurs
2.1.5Körperkorrekturen durch (Nazi-)Uniformen
2.1.6Die neue Korrektion der Armen: ›Workfare‹ und ›Prisonfare‹
2.1.7›Learnfare‹ – Sarrazins ›Bildungsunfähigkeit‹
2.2.Bevölkerungskorrekturen. Sarrazins rassenhygienische Tradition
2.2.1Kurze Geschichte der Rassenhygiene
2.2.2Kontinuitäten nach 1945
2.2.3Nachhaltige, d.h. forstwirtschaftliche, Familienpolitik
3Politische Korrekturen / korrekte Politisierungen
3.1Von der Tugend zur Tüchtigkeit: Zur Inkorporation der Sekundärtugenden
3.1.1Machiavelli: Tugend als traumatische Ertüchtigung
3.1.2›Tugendterror‹: Zum Machiavellismus der Jakobiner
3.1.3Der ›Tugendterror‹ oder ›Finis Germaniae‹
3.1.4Die preußischen Tugenden
3.1.5Von den preußisch-soldatischen zu den bürgerlichen Tugenden
3.1.6»Correctnessorientierte Verwerfung der Sekundärtugenden«
3.2.Zur Geschichte des rechten Schlagworts ›Political Correctness‹
3.2.1Campus Wars – US-amerikanischer ›Kulturkampf‹
3.2.2Politische Korrektheit im deutschsprachigen Kontext
3.3Zur Funktion von Anti-PC
3.3.1Rechtsextreme Strategie gegen ›Gutmenschen‹
3.3.2Recodierung des Politischen
3.3.3Dreifachfunktion des Anti-PC-Codes
3.4Politische Selbstorganisierung gegen normierenden Korrektionalismus
3.4.1Modernisierte Diskriminierung: Colorblind Racism, Postgender und Demografisierung des Sozialen
3.4.1›Nicht auf Linie‹ – Kritik am Parteimarxismus
3.4.2Materialität: Kritik am Postmodernismus
Literatur
»Wenn den rechtgläubigen Juden ein Eßgerät kultisch unrein geworden ist, dann reinigen sie es, indem sie es in Erde vergraben. Man sollte viele Worte des nazistischen Sprachgebrauchs für lange Zeit, und einige für immer, ins Massengrab legen.«
Victor Klemperer
1914 wurden die ersten Abschnitte des Romans ›Der Untertan‹ veröffentlicht, mit dem Heinrich Mann vor einer deutsch-spießigen Untertanenmentalität warnen wollte. Wenig später begann mit lautem Hurra-Patriotismus der Erste Weltkrieg und nur wenige Akademiker*innen1 und Schriftsteller*innen wie Heinrich Mann verweigertem sich diesem Kriegstaumel. Heinrich Manns Bruder, Thomas Mann, hingegen, griff diese pazifistischen ›Zivilisationsliteraten‹ in den ›Betrachtungen eines Unpolitischen‹ von 1918 scharf an. Er verteidigte die deutsche Kultur und die wilhelminische Ständegesellschaft gegen die Demokratisierung2 und die Werte der Französischen Revolution: Gleichheit, Freiheit, Brüderlichkeit. Ein ganzes Kapitel war gegen den Tugendterror der ›Zivilisationsliteraten‹ gerichtet, die sich nicht dem preußischem Militarismus und der preußischen Ständegesellschaft beugen wollten. Doch schon wenig später, geschockt durch politische Morde rechter Freikorps und ihrer Nachfolgeorganisationen, erkannte Thomas Mann seine Fehler – freilich ohne zuzugestehen, dass er sich im allgemeinen Kriegstaumel verrannt hatte. In seiner Schrift ›Von deutscher Republik‹ (Mann 1922) distanzierte er sich vom Wilhelminismus, sprach vom Krieg als Lüge und erkannte die Demokratie und das allgemeine Wahlrecht als Fortschritt an. Nur ein Jahrzehnt später sollte sich die von Heinrich Mann skizzierte Untertanenmentalität in ihrer ganzen Brutalität zeigen. Sein jüngerer Bruder – geheilt von seiner Deutschtümelei – schrieb 1945 in seiner Erklärung ›Warum ich nicht nach Deutschland zurückgehe‹:
»Es mag Aberglaube sein, aber in meinen Augen sind Bücher, die von 1933 bis 1945 in Deutschland überhaupt gedruckt werden konnten, weniger als wertlos und nicht gut in die Hand zu nehmen. Ein Geruch von Blut und Schande haftet ihnen an; sie sollten alle eingestampft werden.« (Mann 1945)
Ich habe diesen Zwist der beiden Brüder Heinrich und Thomas Mann, ausgedrückt in den Publikationen ›Der Untertan‹ und ›Betrachtungen eines Unpolitischen‹, aus einem ganz einfachen Grund an den Anfang des Vorwortes gestellt: Dieser Konflikt ist heute wieder aktuell. Heute werden die ›Betrachtungen eines Unpolitischen‹ wieder aus dem Hut, aus der verstaubten Pickelhaube, gezaubert3: sich hinwegsetzend über Thomas Manns Erfahrungen mit den Freikorps-Mördern und dem Nationalsozialismus; sich hinwegsetzend über Thomas Manns Sprachgebrauch, welcher sich im NS-Regime mit systematischem Morden verband4 und damit seine Unschuld verlor; und sich schließlich hinwegsetzend über Thomas Manns deutliche Distanz zu Schriftstellern, deren Literatur zwischen 33 und 45 in Deutschland gedruckt wurde. Der hier sich hier reaktionär hinwegsetzt ist Norbert Bolz, ein Medienphilosph. Er macht ungeachtet all dieser Distanzen und Distanzierungen Thomas Mann zum Kronzeugen einer angeblichen Vorherrschaft der Politischen Korrektheit und zwar aufgrund von Manns derart überholter Warnung vor der »Auferstehung der Tugend in politischer Gestalt, das Wieder-möglich-werden eines Moralbonzentums sentimental-terroristisch-republikanischer Prägung, mit einem Worte: die Renaissance des Jakobiners« (Mann 1920: 382; s.a. Bolz 2012: 8). Norbert Bolz beruft sich in seiner Polemik gegen den »Tugendterror« nicht nur auf den damals noch anti-demokratischen Thomas Mann, sondern auch auf Carl Schmitt und Ernst Jünger, die in der Weimarer Republik zu den antidemokratischen Wegbereitern des NS-Regimes zählten.
Exakt 100 Jahre nach dem Erscheinen von Heinrich Manns ›Der Untertan‹ erscheint Thilo Sarrazins ›Der neue Tugendterror. Über die Grenzen der Meinungsfreiheit in Deutschland‹ (Sarrazin 2014). Es handelt sich um nicht mehr als eine von vielen Neuauflagen von Thomas Manns gesellschaftspolitisch vergorener ›Betrachtung eines Unpolitischen‹. Entsprechend kopierend hatte sich bereits Sarrazins Deutschland schafft sich ab in die Riege verstaubter Thesen zum angeblichen Untergang Deutschlands eingereiht5, denn auch dieses dünkelhafte Gerede begann vor 100 Jahren bspw. mit Verlautbarungen aus dem ›Archiv für Rassen- und Gesellschaftsbiologie‹. Gerade aufgrund der schonungslosen Entfaltung, die die Untertanenmentalität mit ihren Dünkel gegen Emanzipation und Gleichheit in der Geschichte, vor allem im Nationalsozialismus erfuhr, erscheinen mit mehr oder minder großem Mediengetöse stets die selben überholten Inhalte mit neuem Anstrich6 – wobei der DVA-Verlag die letzten drei Bücher Sarrazins farblich passend in schwarz-weiß-rot herausgab.
Wenn heute die vermeintliche ›politische Korrektheit‹ angegriffen wird, so geschieht dies wie vor 100 Jahren vom Standpunkt der ›Betrachtung eines Unpolitischen‹, der die Korrektheit für sich reklamiert. Angegriffen wird also nicht so sehr die Korrektheit als vielmehr die spezifisch politische Korrektheit. Am Streit über die geschlechtergerechte Sprache lässt sich zeigen, dass nicht einfach nur graphostilistische Mittel wie das Binnen-I, der Unterstrich, das Sternchen usw. als drohender Zwang zu einer entsprechenden Sprachgestaltung aufgefasst wird, sondern es wird auf die vermeintlich korrekte Rechtschreibung verwiesen, aus der das Politische sich bitte heraushalten solle. Dass die Verfechter der strikten Durchsetzung des Maskulinums in der deutschen Sprache oftmals Antifeminist*innen, sie selber also sehr wohl politisch sind, wird aus diskursstrategischen Gründen verneint. Denn in der genuin politischen Auseinandersetzung hätten die Antifeminist*innen schlechte Karten, also spielen sie ein anderes Spiel und betrachten den Konflikt lieber ›unpolitisch‹. ›Unpolitisch‹ meint dann gottgegeben oder naturgegeben, in jedem Fall außerhalb gesellschaftspolitischer demokratischer Aushandlungsprozesse. Diese Ausweichstrategie lässt sich nie lange aufrechterhalten, deshalb muss mit neuer Geschmacksverstärkung und umettikettiertem Haltbarkeitsdatum die alte Ideologie wieder aufgetischt werden.
Unabgegolten hingegen ist Heinrich Manns ›Der Untertan‹. Hier muss nichts umgeschrieben werden. Man stelle sich die Urenkel Diedrich Heßlings in Joop-Klamotten mit Smartphone, Facebookzugang und Mittelklassewagen vor: ›Leistungsträger‹, die ja wohl noch sagen dürfen, was ihr Urahn vor 100 Jahren im trotzigen Klartext von sich gab. Es braucht hier keine Neuauflage und erst recht kein Verleugnen des Originals.
Allgemein gilt: Wer von Gutmenschen und Tugendterror spricht, will die Primärtugenden der Menschlichkeit durch die Sekundärtugenden der Korrektheit ersetzen. Thilo Sarrazin stellt sich in seinem neuen Buch Der neue Tugendterror als Widerstandskämpfer gegen Political Correctness dar. Er lenkt damit ab von der Tradition der Korrektions-Anstalten und eugenischen Bevölkerungskorrekturen, deren Ideologie er vertritt. Um von der problematischen eigenen politischen Verortung abzulenken, wird mit Vokabeln wie ›Politisch Korrekte‹, ›Tugendwächter‹ und ›Gutmenschen‹ auf Sarrazins Kritiker*innen eingehämmert. Ein Beispiel aus der Broschüre Sarrazin … und er hat doch Recht!:
»Es ist nicht schwer festzustellen, wer eigentlich zu den ›politisch Korrekten‹ gehört: Ein Gemisch aus (vorwiegend) linken politisch Aktiven und ›moderner‹ Medienmenschen sowie Vertretern der Kirchen und Sozialverbände. Sondergruppen wie attac oder Robin Hood (sic!) etc. sind per se die fleischgewordene Korrektheit. Alle diese, sich selbst als aufrichtig, ehrlich, betroffen und Wer-weiß-was-noch-Menschen (›Gutmenschen‹) ettikettierend, bilden eine in hehrem Geiste verbundene Gemeinschaft von Tugendwächtern. Sie überprüfen ungefragt Meinungen von Bürgern auf ihre Übereinstimmung mit den Prinzipien der Gutmenschen, die man natürlich selbst nicht in Frage stellen darf; denn diese Gutmenschen – ›Berufsempörer‹ nennt sie Peter Sloterdijk – sind nahezu unfehlbar und gerieren sich als hohe moralische Instanz. Sie organisieren Kampagnen und/ oder Fernsehtribunale, um die politisch Nicht-Korrekten an den Pranger zu stellen – die ohne ›Prozeß‹ bereits von den Korrekten vorverurteilt sind. ...« (Helmes 2010:18)
Dieses Stakkato, dieses Einhämmern der immer selben Schlagworte, ist eine Grundeigenschaft im nationalsozialistischen Sprachgebrauch, die Victor Klemperer als sprachliche ›Armut‹ bezeichnete. Diese ›Armut‹ ist nicht zu verwechseln mit einer vermeintlichen Spracharmut, die man aus bildungsbürgerlicher Sicht gerne Arbeiter*innen andichtet7, sondern Klemperer spricht von einer Art selbstauferlegtem »Armutsgelübde« (Klemperer)8 Diese Sprachnormierung hatte im NS-Staat auch mit der Übernahme militärischer Bezeichnungen zu tun, die wiederum mit einem Kontrollapparat verbunden gewesen waren, also einer Disziplinierung der Sprache zur besseren Kontrollierbarkeit des Gesagten. Darüber hinaus sollte die Sprachbeschränkung auch alternative Betrachtungsweisen ausschließen. »Sie war nicht nur deshalb arm, weil sich jedermann zwangsweise nach dem gleichen Vorbild zu richten hatte, sondern vor allem deshalb, weil sie in selbstgewählter Beschränkung durchweg nur eine Seite des menschlichen Wesens zum Ausdruck brachte.« (ebd.: 42) Diesen Aspekt der Denkbeschränkung durch Sprachbeschränkung hatte wenige Jahre nach Klemperer George Orwell in seiner Dystopie ›1984‹ zentral behandelt.
Sarrazin beschränkt seine Sprache im Rahmen einer bestimmten Leistungsideologie, die den Vorgaben bürgerlich-deutscher ›Leitkultur‹ folgt. Diese Richtungsvorgabe war bis in die frühen 1960er Jahre hinein geprägt durch den ›Kanon‹, was im Lateinischen ›gesetzter Maßstab‹ heißt und sich aus dem griechischen Wort für ›Rohrstock‹ ableitet. Ab Ende der 1960er Jahre kam dieser Kanon in die Krise, sowohl der Bildungskanon9 in den Gymnasien als auch der Rohrstock in den Volksschulen. Es geht den Gegner*innen der vermeintlichen politischen Korrektheit darum, den Kanon wieder zu etablieren. Der preußisch-ständische Kanon soll wieder zum Korrektionsmaßstab aufpoliert werden. Wenn Teile der Bevölkerung nicht den Korrektionsmaßstäben entsprechen, muss die Bevölkerung korrigiert werden. Probleme mit ^Unterschichten^10, die dieser Leitkultur nicht entsprächen, müssten sich also »auswachsen«, Menschen, die sich dieser Norm nicht anpassen, könnten auch gerne »woanders nichts leisten«. Sarrazin stellt sich als Opfer eines ›Tugendterrors‹ dar. Er musste wegen seiner rassistischen und klassistischen11 Thesen, die er im Lettre-Interview 2009 und in seinem Millionen-Bestseller Deutschland schafft sich ab 2010 verbreitete, seinen Vorstandsposten bei der Bundesbank aufgeben. Er handelte allerdings eine gute Pension aus und wurde durch den Bucherfolg von Deutschland schafft sich ab zum Millionär. Gabriel Kuhn und Regina Wamper hatten sich bereits 2011 in ihrem Artikel ›Das wird man ja wohl noch sagen können. Wie männliche, weiße, sozial Privilegierte zum Opfer der Unterdrückung wurden‹ (Kuhn/ Wamper 2011) im Sammelband ›Rassismus in der Leistungsgesellschaft‹ (Friedrich 2011) kritisch mit dem Argument der Meinungsfreiheit in der Sarrazin-Debatte auseinander gesetzt. Sie sahen in dem Slogan ›Das wird man ja wohl noch sagen dürfen‹ in der Bild-Zeitung am 09.09.2010 eine genau auf den Punkt gebrachte Diskursstrategie. Es sei an der Zeit, so die Bild, die ›falsche Rücksichtnahme‹ fallen zu lassen, um die ›fehlende Integrationswilligkeit‹ der Migrant*innen offen zu thematisieren. Bei dieser Diskursstrategie würde zwar die von Sarrazin geäußerte Position nicht hundertprozentig übernommen, so habe bspw. DER SPIEGEL (Ausgabe 37/ 2010) den biologistischen Begründungszusammenhang abgelehnt. DER SPIEGEL warnte aber gleichzeitig davor, das »Versagen in der Integrationspolitik« (ebd.: 21; zit. n. Kuhn/ Wamper 2011: 252) weiterhin zu verschweigen. Wenn nämlich die »Ausländerproblematik« (ebd.) nicht entschlossen angegangen würde, könnte diese Unfähigkeit wie in anderen Ländern auch rechtspopulistische Parteien nach oben spülen. Kuhn und Wamper stellten fest, dass die Argumentationsfigur, bei aller Kritik doch auch einen wahren Kern zu finden, sich durch etliche Medien zog. Hierbei seien Kategorien wie ›Fremdheit‹ oder Werte wie ›kulturelle Homogenität‹ unkritisch vorausgesetzt worden und damit auch die darin enthaltenen rassistischen Setzungen. Rassismus wird hierdurch zur ›Ausländerproblematik‹ umgedeutet, schuldig seien die Migrant*innen. Sie verwiesen auf ähnliche Diskursstrategien im Rahmen der massiven rassistischen Angriffe auf Flüchtlingsheime Anfang der 1990er Jahre, die zu einer Infragestellung des Asylrechts führte: »Die faktische Abschaffung dessen sollte auch die Pogromstimmung mildern.« (ebd.: 253) Bereits damals sei den Kritiker*innen dieser »perfiden Logik« (ebd.) vorgeworfen worden, sich der ›notwendigen Debatte‹ zu verweigern bzw. mediale Hetzjagden auf ›Andersdenkende‹ zu begehen. (ebd.) Hierzu ist anzumerken, dass Anfang der 1990er Jahre dieser Diskursstrategie noch nicht das politische Schlagwort ›Political Correctness‹ zur Verfügung stand, jedenfalls nicht in Deutschland. Mit diesem Schlagwort war es wenige Jahre später sehr viel einfacher, die Diskursstrategie zu fahren, vor allem in der extremen Rechten. Auch diese habe in der Sarrazin-Debatte mitgemischt. Während im Mainstream-Diskurs die rassistischen Setzungen nur implizit vorkämen, würden sie von der extremen Rechten expliziert. Sarrazin wird dabei von Udo Voigt (NPD) in eine Reihe mit ›nationalen Bürgern‹ und der NPD gestellt, da nun auch Sarrazin zu denjenigen gehöre, die erfahren müssten, was es heiße, tagtäglich verfolgt zu werden, wenn man etwas politisch vermeintlich Unkorrektes sage. Auch auf die Junge Freiheit gehen Gabriel Kuhn und Regina Wamper in ihrem Artikel zur Opferumkehrung in der Sarrazin-Debatte ein. Die Junge Freiheit ist eine Wochenzeitung, die konservative Positionen und die der Neuen Rechten vermittelt. Kuhn/Wamper beziehen sich auf den Artikel »Die Treibjagd auf Sarrazin« (Junge Freiheit 36/2010) von Thorsten Hinz. Diese »Treibjagd« zeige, dass in Deutschland noch immer »Tabus und ›Diskursverbote‹» (Kuhn/ Wamper 2011: 253) bestünden. Dabei merke Hinz an, dass in Deutschland auch in Bezug zum Nationalsozialismus keine Meinungsfreiheit bestünde. Regina Wamper, die zum Antisemitismus in der Jungen Freiheit ein Buch herausgebracht hatte (Das Kreuz mit der Nation. Christlicher Antisemitismus in der Jungen Freiheit, Münster 2008), sieht diese Äußerung von Hinz als gewohnte Manier, mit der die Junge Freiheit für das »›Recht‹ auf Verharmlosung und Leugnung des Holocaust« kämpfe (Kuhn/ Wamper 2011: 253). In der Süddeutschen Zeitung schaltete die Junge Freiheit am 02./03.10.2010 eine Anzeige, die ›Klartext‹ fordere (ebd.: 253f.). Die rechtspopulistische Partei Pro Deutschland sei in Solidarität mit Sarrazin sogar auf die Straße gegangen um vor der Gefährdung der Meinungsfreiheit zu warnen (ebd.: 254).
Mit der vorliegenden Publikation Sarrazins Correctness. Zur Tradition der Menschen- und Bevölkerungskorrekturen soll eine kurze Geschichte der Ideologie der Menschenkorrekturen seit dem 19. Jahrhundert dargestellt und gezeigt werden, dass ausgerechnet die Vertreter*innen dieser Ideologietradition den Begriff Political Correctness benutzen, um damit Kritik abzuwehren. Thilo Sarrazin versucht mit Hilfe des Schlagwortes Poltical Correctness die Vorrangstellung von Primärtugenden gegenüber Sekundärtugenden (Fleiß, Pünktlichkeit, Ordnung, ...) als ›politisch korrekt‹, damit als ›korrekt‹ im spießigen Sinn von ^Oberkorrektheit^ zu diffamieren. Das Kennzeichen von Spießigkeit, nämlich der fortschrittsfeindliche Vorrang der Sekundär- vor den Primärtugenden, wird damit unsichtbar gemacht: Es sei spießig, Spießertum abzulehnen. Nun geht es im vorliegenden Buch nicht nur um den Zusammenhang von Sekundärtugenden und Spießigkeit. Es geht um die Geschichte der Disziplinaranstalten und der qualitativen Bevölkerungsregulierung. In einem 400-jährigen Prozess der Disziplinierung wurden aus Bäuer*innen Fabrikarbeiter*innen fabriziert. Mit den Schlagworten Korrekturen und corrections wurden im 19. Jahrhundert Menschen in Anstalten gesperrt, um ihnen die Sekundärtugenden des Industriekapitalismus einzubläuen. Moderne Varianten dieser correctional camps sind heute als boot camps bekannt. Es ging darum, Menschen zu korrigieren, sie an die Erfordernisse des Industriekapitalismus anzupassen. Im zwanzigsten Jahrhundert erforderte die zunehmende Arbeitsteilung immer feinere Korrekturen: Der Korrektionalismus weitete sich auf die gesamte Bevölkerungsstruktur aus. Die Ideologie der Correctional Camps in den USA und Korrektions-Anstalten in Deutschland verband sich im Fin de Siècle, also um 1900, mit Theorien zur Vererbung von Tüchtigkeit und Intelligenz, mit den Ideen der rassenhygienischen Bevölkerungspolitik. Die Disziplinarmacht wurde zur Biomacht (Michel Foucault). Zur Feinsteuerung in den Arbeits- und Zuchthäusern, Schulen und Fabriken, trat die selektive Einwanderungs- und Familienpolitik. Da das Menschenmaterial nicht beliebig formbar, korrigierbar, erschien, musste die Produktion und der Zustrom dieses Materials der Korrektur unterzogen werden. Die Ideologie der Rassenhygiene, die um 1900 entstand, hatte im Nationalsozialismus ihren Höhepunkt. Allerdings konnten einige nationalsozialistische Ideologen der Rassenhygiene, oder gar Hauptideologen wie Otmar von Verschuer, bis Ende der 1960er Jahre als Dekane an medizinischen Universitätsinstituten weiter wirken. Thilo Sarrazin befindet sich nachweislich mit seinen Thesen des Bestsellers Deutschland schafft sich ab in dieser Traditionslinie. Auch Sarrazin fordert qualitative Bevölkerungskorrekturen und bezieht sich dabei auf Intelligenzforscher aus dem eugenischen Netzwerk der Zeitschrift Mankind Quarterly, welches von Verschuer mitgegründet wurde. In Deutschland richtete sich der Terror von Korrektionsanstalten und Bevölkerungskorrekturen zur Einpflanzung preußisch-korrekten Sekundärtugenden wie Gehorsam, Pünktlichkeit, Fleiß vor allem gegen Kinder aus armen Familien. Das Beispiel Thilo Sarrazin zeigt, dass sich die Ideologie des Workfare, des Forderns und Förderns, noch immer mit Fragen der qualitativen Bevölkerungspolitik verbindet. Neokonservative US-Amerikaner, die erfolgreich die Politik des Workfare in den Vereinigten Staaten einforderten, hatten mit dem Buch The Bell-Curve eine ebenfalls vieldiskutierte Neuauflage rassenhygienischer Ideologien vorgelegt. Und sie besetzten in den sogenannten Culture Wars um 1990 den Begriff Political Correctness. Es ist daher kein Zufall, dass Dieter E. Zimmer, der gleichzeitig mit Mathias Matussek 1993 das politische Schlagwort Political Correctness in Deutschland bekannt machte, auch einer der bekanntesten Verfechter der Idee ist, dass sich Intelligenz vererbe, während sich Matusseks Antifeminismus aus katholischer Ideologie speist: Biologischer und theologischer Essentialismus traten hier vereint gegen Political Correctness auf. Der Essentialismus stellt die (biologisch festgelegte oder gottgewollte) Natur des Menschen in den Vordergrund und schränkt damit den Bereich des gesellschaftlich Verhandelbaren ein: wenn Heterosexualität gottgewollt ist, dann wird Homosexualität nicht unter dem Vorzeichen der Selbstverwirklichung und der Menschenrechte verhandelt, sondern unter dem Vorzeichen der Korrigierbarkeit.12 Der Korrektionalismus verweigert sich seiner demokratischen Infragestellung, er entzieht sich der Sphäre des Politischen. Der entpolitisierende Korrektionalismus bekämpft aus antidemokratisch-ständischem Dünkel politische Korrekturen. Mit diesem Trick der Zuschreibung von Correctness/ Korrektheit an Menschen, die für Gleichberechtigung und kulturelle Vielfalt eintreten, schieben Rechtskonservative den abgestandenen Muff der Oberkorrektheit den emanzipatorischen Maßnahmen und Gruppen in die Schuhe. Sie drehen den Spieß des Klein-Bürgertums um und lassen ihn gegen sich gerichtet erscheinen.
Der Medienwissenschaftler Michael Haller kritisierte 2012 in einem Interview (Haller 2012) die Redaktionen der Massenmedien in der Sarrazin-Debatte. Diese hätten »kopflos« (ebd.) reagiert, da die meisten Journalist*innen den Rassismus Sarrazins nicht durchschaut hätten. Stattdessen fanden sie es »hip«, dass Sarrazin die Ängste des Kleinbürgertums bediene, in dem er eine »bildungsunfähige neue Unterschicht« (ebd.) als Last darstelle, an der das deutsche Schulsystem zu zerbrechen drohe. Durch die weitgehend unkritischen Artikel zum Besitzstandsdenken der Kleinbürger*innen konnte die Ideologie der Eugenik unwidersprochen ins kollektive Gedächtnis einsickern. Mit dem von ihm und Martin Niggeschmidt herausgegebenen Buch Der Mythos vom Niedergang der Intelligenz. Von Galton zu Sarrazin: Die Denkmuster und Denkfehler der Eugenik (Haller/ Niggeschmidt 2012) wurde eine analytisch-kritische Auseinandersetzung angestoßen, die vor allem in den Blogs der Internet-Community aufgegriffen wurde. Allerdings gab es bei den meisten Mainstream-Medien kaum Interesse, diese »begangenen Kopflosigkeiten« (Haller 2012) selbstkritisch zu reflektieren. Das Thema erschien den Redaktionen abgegrast.
In der Hoffnung mit dem vorliegenden Band diesmal rechtzeitig mit einer analytisch-kritischen Auseinandersetzung die Mainstream-Medien zu erreichen, wird versucht, zeitlich möglichst parallel zu Sarrazins neuem Machwerk die entsprechende Kritik herauszugeben.
1In einer von 3.000, also von fast allen Hochschullehrer*innen unterschriebenen ›Erklärung der Hochschullehrer des deutschen Volkes‹ hieß es: »Der Dienst im Heere macht unsere Jugend tüchtig auch für alle Werke des Friedens, auch für die Wissenschaft. Denn er erzieht sie zu selbstentsagender Pflichttreue und verleiht ihr das Selbstbewußtsein und das Ehrgefühl des wahrhaft freien Mannes, der sich willig dem Ganzen unterordnet. […] Unser Glaube ist, daß für die ganze Kultur Europas das Heil an dem Siege hängt, den der deutsche »Militarismus« erkämpfen wird, die Manneszucht, die Treue, der Opfermut des einträchtigen freien deutschen Volkes.« (Seeberg 1914)
2Thomas Mann setzte in seinen ›Betrachtungen ‹ Demokratisierung und Entdeutschung gleich: »Welches ist nun diese Entwicklung, dieser Fortschritt, von dem ich sprach? Aber es ist eine handvoll schändlich häßlicher Kunstwörter nötig, um anzudeuten, um was es sich handelt. Es handelt sich um die Politisierung, Literarisierung, Intellektualisierung, Radikalisierung Deutschlands, es gilt seine ›Vermenschlichung‹ im lateinisch-politischen Sinne und seine Enthumanisierung im deutschen … es gilt, um das Lieblingswort, den Kriegs- und Jubelruf des Zivilisationsliteraten zu brauchen, die Demokratisierung Deutschlands, oder, um alles zusammenzufassen und auf den Generalnenner zu bringen: es gilt seine Entdeutschung … Und an all diesem Unfug sollte ich teilhaben?« (Mann 1920: 30)
3Peter Sloterdijk verfasste 2013 das Buch ›Reflexionen eines nicht mehr Unpolitischen‹ im Suhrkamp Verlag, Frankfurt, welches bewusst auf Thomas Mann anspielt.
4Nur als ein Beispiel: Die antidemokratische Tendenz der Floskel ›Jedem was ihm gebührt‹ (Mann 1920: 407) wurde erst nach dem Spruch ›Jedem das seine‹ im Haupttor des KZ Bergen-Belsen kenntlich. Wir können diesen Spruch heute nicht mehr verwenden, ohne Bergen-Belsen zu reflektieren.
5Vgl. ›Die Angst vor dem Abstieg – Malthus, Burgdörfer, Sarrazin: eine Ahnenreihe mit immer derselben Botschaft‹ (Etzemüller 2012)
6Um entsprechende Kenntlichkeiten zu vermeiden, setzte das Lektorat gegenüber Sarrazin durch, dass in der Buchausgabe von Deutschland schafft sich ab die Vokabel ›Rasse‹ durch ›Ethnie‹ ersetzt wurde, was in einer rassenbiologischen Argumentation eigentlich keinen Sinn macht, die naheliegende Assoziation zum Nationalsozialismus allerdings weitgehend blockiert.
7Kritisch zum Sprachbarrieren-Ansatz und zum restringierten Code: Jäger 2001, 28ff
8Es findet sich allerdings nicht nur dieses Anti-PC-Gehämmer, sondern auch ein peinlich-elitärer Schreibstil. Hier ein Beispiel des Maskulisten Michail Savvakis, der den norwegischen Faschisten Breivik als Opfer von PC darstellen möchte und dies mit einem aufs Tiefenschwärmerische angelegten Dukturs versucht: »Gerade nun die Methode Politische Korrektheit, die durch Okkupation der Schaltstelle Sprache das Individuum zu der Schizoidität nötigt, sich über zwei widersprüchliche Ausgaben seiner selbst zu verstehen und zu äußern, sollte hier (gesetzt, die norwegischen Ereignisse haben sich so zugetragen, wie es die Medien schilderten) mit angeklagt sein. Es ist ihr menschenverachtender Bruch zwischen Erleben und Bekennen, der all jene Konstrukteure der Sprachlosigkeit, die allenthalben ihr frömmelndes Herz für universale Menschenrechte zu proklamieren pflegen, als widerwärtige ›Pharisäer‹ entlarvt [...] Gerade derlei Anmaßungen hinsichtlich des unsäglichen Dramas von Norwegen, die zeigen, daß die Geistesfolterer der Korrektheit, Feministen und andere, keinen Fußbreit von ihren politischen und kulturellen Ansprüchen zurück zu treten gedenken, läßt kaum etwas anderes in Zukunft annehmen, als deren Aufhebung. […] Daß die kommende Zeit den Klügeren dazu gereichen wird, das Fanal von Norwegen auch als das blutige Zerplatzen einer kulturpolitischen Blase zu begreifen, von Kräften aufgebläht, die weiter munter so vieler Seelen kulturelle Heimat ›dekonstruieren‹, wäre zu wünschen.« (Savvakis 2011)
9Ein typischer Vertreter dieses alteuropäischen Bildungskanons ist Dietrich Schwanitz, der den Band ›Bildung. Alles was man wissen muss‹ herausgab. Es ist sicher kein Zufall, dass Schwanitz mit seinen ›Campus‹-Romanen die Anti-PC-Debatte massiv anschob und Michel Foucault aus dem Bildungskanon explizit ausschloss.
10Mit den Circumflexen (Dachzeichen) kennzeichne ich vertikalistische Begriffe. Also Begriffe, die soziale Phänome vertikal anordnen (^Bildungsaufstieg^, ^Untermensch^, ^aufgewertet^)
11Klassismus ist Diskriminierung/ Ausbeutung aufgrund des sozialen Status. Vgl: Kemper/ Weinbach 2009
12In einem Beitrag für die WELT mit dem provokanten Artikel: ›Dann bin ich wohl homophob. Und das ist auch gut so‹, der zehn Tage vor Sarrazins ›Der neue Tugendterror‹ erschien, kennzeichnete Matussek die Abweichung der Homosexualtität von der Norm, in dem er diese mehrfach mit den Vokabeln »ganz normaaaal« überzeichnete. Zudem zitierte er Robert Spaemann mit den Worten: »"Das Natürliche ist auch moralisches Maß für die Beurteilung von Defekten. Nehmen Sie die Homosexualität: Die Abwesenheit der sexuellen Anziehungskraft des anderen Geschlechts, [...] ist ein solcher Defekt.«
Thilo Sarrazin und auch die Verteidiger seines Buches Deutschland schafft sich ab haben mehrfach behauptet, die Meinungsfreiheit sei eingeschränkt, er dürfe seine Thesen nicht äußern. Tatsächlich hat er sie mit einer Millionenauflage und in zahlreichen Talkshows äußern können. Zu diesem offensichtlichen Unsinn ist eine Menge geschrieben worden. Insbesondere wurde angemerkt, dass aus dieser Wahrnehmung von Kritik als Zensur vielmehr das Bedürfnis zu sprechen scheint, die Kritik zu unterdrücken. So bemerkt Volker Weiß:
»Kritik ist aber ein normaler Bestandteil ernsthafter Debatten und kann nicht mit Zensur gleichgesetzt werden. Das im Fall Sarrazin unterstellte ›Diskursverbot‹ ist eine reine Propagandafloskel. Vielmehr lässt, wer die Gegenargumente für Zensur hält, selbst den Wunsch durchblicken, diese verstummen zu lassen. In der Stilisierung Sarrazins zum Helden des offenen Wortes brach sich augenscheinlich ein autoritäres Bedürfnis Bahn. Hermann L. Gremliza brachte den diesem Geschrei um Sprechverbote innewohnenden Wunsch auf den Punkt: ›Der Ruf nach Meinungsfreiheit ist der Ruf nach Zensur: Es gehört verboten, Sarrazins Rassenkunde zu widersprechen.‹ Bestätigt wurde dies schließlich im äußerst rüden Ton, den der Autor gegenüber seinen Kritikern anschlug, so dass ihm Beobachter attestierten, er sei selbst nicht diskussionsfähig.« (Weiß 2011)
Dies ist nicht die einzige Verdrehung. Es geht nicht nur darum, Kritik zu zensieren, sondern es soll zudem das Korrektionsgebaren, welches aus Sarrazins Buch spricht, den Kritiker*innen untergeschoben werden. In diesem Kapitel werde ich anhand eines Vortrags Thilo Sarrazins zur ›Politischen Korrektheit‹ zeigen, dass Sarrazin in seinem Bemühen, die ›politisch Korrekten‹ als die eigentlichen Spießer darzustellen, eine Vielzahl von Verdrehungen der Wirklichkeit bemüht. Um befreit vom Muff der Spießigkeit weiterhin kleinkarierte Anpassungen und Einschränkungen der Geringverdienenden und Arbeitslosen fordern zu können, versucht Sarrazin den Vorwurf der Korrektions-Forderungen zurückzugeben, den Spieß umzudrehen und auf sich zu richten mit den Worten ›Schaut her! Schaut her! Seht, wie die Tugendterroristen mich bedrohen!‹ Wie verdreht diese Sache mit dem umgedrehten Spieß ist, wird am Ende des Kapitels ersichtlich. Im Kapitel ›Abgeschriebene Rassenhygiene‹ möchte ich anhand von Anekdoten zur Wiederbelebung bevölkerungsqualitiativer Diskurse deutlich machen, vor welchen Schwierigkeiten Sarrazin und seine Vordenker*innen stehen. Denn die Ideen der Rassenhygiene müssen in einer Weise abgeschrieben werden, aus der nicht erkenntlich wird, dass sie im doppelten Sinn des Wortes abgeschrieben sind. In den dann folgenden Kapiteln wird herausgearbeitet, dass Sarrazins Workfare- und bevölkerungspolitischen Forderungen in der Tradition der Körper- und Bevölkerungskorrekturen stehen.
Nach dem zweiten Weltkrieg gab es in Deutschland das Problem, dass das Beamtentum weitgehend aus Menschen bestand, die jahrelang das NS-Regime aufrecht erhalten hatten. Mit der neuen Verwaltungshochschule in Speyer sollte versucht werden, Verwaltungsfragen nicht nur von der Denkweise der Juristen der 1940er Jahre bestimmen zu lassen.13 Es sollte eigentlich eine ›Entpreußung deutscher Verwaltung und Kultur‹ erreicht werden – eigentlich. So wäre es theoretisch ein gutes Zeichen, wenn an der Verwaltungshochschule Speyer, die auch als ›Kaderschmiede‹ gilt, da sie Führungskräfte ausbildet, Demokratietagungen stattfinden. Während der Dreizehnten Demokratietagung im Jahr 2011 ging es jedoch sehr viel eher um Widerstand als um Demokratie, und als kompetente Vortragende waren Thilo Sarrazin und Hans-Olaf Henkel eingeladen. Letzterer hatte schon häufiger betont, dass er die Thesen Sarrazins teile. Sarrazin hat einen Lehrauftrag für praktische Finanzfragen an der Verwaltungshochschule Speyer. In seinem Tagungsvortrag mit dem Titel Widerstand mit Wort und Feder: gegen Politische Korrektheit (Sarrazin 2012) behandelte er jedoch keine Finanzfragen, sondern das Thema, zu dem aktuell auch sein neues Buch herausgekommen ist: ›Tugendterror‹ und ›Political Correctness‹. Die Öffentlichkeit nahm von der Tagung keine große Notiz. Dass es sich nur um eine reaktionäre Form von Widerstand handeln kann, wenn dieses Thema von einer Verwaltungshochschule organisiert wird, hatte sich zumindest auch die Landtagssfraktion der NPD in Sachsen gedacht, die daher die Tagung besuchte und eifrig mitdiskutierte. Von einer ›Entpreußung‹ kann also zumindest an jenem Wochenende nicht mehr die Rede sein.
In der Pressemitteilung der Landtagsfraktion der NPD-Sachsen vom 1. November 2011 heißt es entsprechend:
»Zusammen mit dem Parlamentarischen Berater Per Lennart Aae und Pressesprecher Thorsten Thomsen besuchte der Landtagsabgeordnete und haushaltspolitische Sprecher der NPD-Fraktion, Arne Schimmer, am 27./28. Oktober 2011 die 13. Speyerer Demokratietagung, die unter der wissenschaftlichen Leitung des renommierten Staatsrechtlers Prof. Dr. Hans Herbert von Arnim an der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer stattfand.« (Thomsen 2011)
Es gab – zumindest nach dieser Pressemitteilung – während der Tagung und am Rand der Veranstaltungen offenbar einen regen Austausch zwischen den Vortragenden und der NPD-Fraktion über die Frage der Widerstandskritierien:
»Hierbei kam es zu ebenso lebhaften wie fruchtbaren Diskussionen sowie interessanten Kontaktgesprächen am Rande der Veranstaltung, an denen die Vertreter der NPD-Fraktion intensiv teilnahmen. […] Auch viele der entscheidenden Fragen an den Gastgeber Professor von Arnim kamen von den Vertretern der NPD-Fraktion. Erst dadurch bekam der Referent die Möglichkeit, in seiner abschließenden Aussage die Widerstandskriterien noch einmal inhaltlich anzusprechen, und zwar in Bezug auf ihre Aktualität in der heutigen politischen und rechtlichen Situation« (ebd.).
Neben der NPD nahm auch der ehemalige FAZ-Journalist Klaus-Peter Krause an der Tagung teil. Klaus-Peter Krause und der Tagungsleiter Hans-Herbert von Arnim hatten bereits in der Ausgabe vom 21.4.2006 in der neurechten Zeitung Junge Freiheit zum Schwerpunktthema ›Erosion des Rechtsstaates durch Legitimierung der kommunistischen Verfolgungs- und Enteignungspolitik‹ Beiträge verfasst. Um gegen diese ›Erosion des Rechtsstaates‹ vorzugehen, wurde bereits damals über eine Reform der politischen Entscheidungsstruktur nachgedacht. Hans-Herbert von Arnim stellte klar, dass es in der Sowjetunion bei den Enteignungen nicht nur um eine ›Bodenreform‹ ging, sondern um die Zerschlagung einer ›bestimmten Klasse‹. Er vergaß aber darauf hinzuweisen, dass diese seine Herkunftsklasse, die ostelbischen Junker, maßgeblich dazu beigetragen hatten, eine demokratische, nicht-ständische Gesellschaft in Deutschland zu verzögern. Dankenswerterweise machte der Junge Freiheit-Autor Thorsten Hinz im Leitartikel unmissverständlich klar, dass er sich diese elitären Junker zurückwünsche:
»[Mit den Enteignungen] sollte – unbeschadet der Tatsache, daß die überwiegende Mehrheit der Enteigneten Bürgerliche, wenn nicht sogar Mittelständler waren – die Renaissance der sogenannten preußischen Junker verhindert werden ›vielleicht die einzige, sicher die stärkste herrschaftsfähige und staatsbildende Kraft, die Deutschland in der Neuzeit hervorgebracht hat‹ und die einst ›Geschlossenheit, Stil, Herrschaftswillen, Durchschlagskraft, Selbstsicherheit, Selbstdisziplin, Moral‹ verkörperte (Sebastian Haffner). Es galt, diesem Herkunftsstolz die räumliche und ökonomische Wiederverankerung zu verweigern, hätte sie doch einen potentiellen Nukleus der Unabhängigkeit gegenüber dem unersättlichen Staat bilden können. In dieser aus egalitärer Überzeugung gespeisten Abneigung stimmten die ›arbeiterlich‹ (Wolfgang Engler) geprägte DDR und die kleinbürgerliche Bundesrepublik überein. […] Es hätte Führungspersönlichkeiten gebraucht […] Weil er [der bundesdeutsche Staat, A.K.] im historischen Niemandsland wurzelt, verfügt er auch über keine kraftvolle, werbende Staatsidee. Folglich ist das Politische auf eine kannibalistische Sozialpolitik als Sedativ für die Bevölkerung geschrumpft« (Hinz 2006).
Interviewt wurde in dieser Ausgabe auch Beatrix von Storch, die dann – um weitere ›Erosionen des Rechtstaates‹ (bspw. beim Steuerrecht oder in der EU-Politik) zu verhindern, zusammen mit Karl-Peter Krause die Zivile Koalition gründete und später am Gründungsprozess der Alternative für Deutschland beteiligt gewesen ist, in der schließlich auch Hans-Olaf Henkel Parteimitglied wurde. Hans-Olaf Henkel, die Zivile Koalition und Hans-Herbert von Arnim repräsentieren nicht gerade die sogenannten ^unteren Schichten^. Wenn sie sich auf einer Tagung zum Thema Widerstand treffen, dann gilt ihre Sorge in erster Linie der drohenden Schlechterstellung gutverdienender ›Steuerzahler‹. Mit diesen Randbemerkungen wollte ich nur kurz darauf verweisen, dass sich die Herren und Damen während der Tagung nicht völlig fremd waren. Dennoch gab es auch während der Tagung zum Thema Widerstand Widerspruch, allerdings nach Aussage von Karl-Peter Krause nur von den ›politisch Korrekten‹:
»Später in der Diskussion spürte man, dass die Zahl der politisch Korrekten unter den Teilnehmern nicht gerade klein war und die durchaus zutreffenden Ausführungen Sarrazins eher missvergnügt oder zumindest reserviert zur Kenntnis nahm« (Krause 2011).
Thilo Sarrazins neues Buch, welches im März 2014 erschienen ist, trägt den Titel ›Der neue Tugendterror. Über die Grenzen der Meinungsfreiheit in Deutschland‹. Sarrazin möchte dort Redeverbote und Meinungskonformitäten benennen und die »14 vorherrschenden Denk- und Redeverbote unserer Zeit« analysieren, wie es in der Verlagsankündigung hieß. Da Sarrazin bereits Ende Oktober 2011 seine Thesen zur angeblichen ›Politischen Korrektheit‹ während der Demokratietagung in Speyer vortrug, werde ich diesen Text, in dem von ›13 Elementen der Politischen Korrektheit‹14 die Rede ist, zur Grundlage nehmen, um Sarrazins Angriff auf ›Politische Korrektheit‹ als den Versuch zu deuten/entlarven, den Spieß der kleinbürgerlichen Korrektheit umzukehren. Der Analyse des Textes von Sarrazin soll ein kleiner Exkurs zum geschichtlichen Phänomen des Spießers vorangehen.
Wenn vom ›Spießer‹ die Rede ist, dann geht dies zurück auf die Figur des sogenannten ›Spießbürgers‹. Dieser Begriff führt ins Mittelalter, Spießbürger waren demnach die ärmeren Bürger in der Stadt, die mit den leicht anzufertigenden Spießen in den Krieg zogen. Spieße waren auch die Waffen der Bauern, mit denen sie durchaus militärische Erfolge gegen berittene Adelige hatten. Allerdings waren diese Waffen spätestens dann veraltet, als Schusswaffen perfektioniert wurden. Zunächst wurde das Wort ›Spießbürger‹ klassistisch abwertend gegen ärmere Stadtbewohner*innen benutzt, später scheint dann auch die Antiquiertheit der Waffe den Aspekt der Rückschrittlichkeit in die Bedeutung von ›Spießbürger‹ hineingebracht zu haben. Karl Marx, dem wahrscheinlich aufgrund seiner Herkunft die Abwertung geläufig sein musste, hatte zwischen ›Spießbürgern‹ und ›Proletariern‹ differenziert. Unter ›Spießbürger‹ wurde fortan vor allem in sozialkritischen Texten das rückschrittliche ›Kleinbürgertum‹ verstanden. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden Spießbürger/ Kleinbürger schließlich hinsichtlich ihres autoritären Charakters zum Untersuchungsgegenstand sowohl in der Literatur als auch in der Sozialpsychologie. Hervorgehoben werden muss hier der Roman ›Der Untertan‹ von Heinrich Mann. Kindlers neues Literaturlexikon fasst die Charakterisierung des Protagonisten Diedrich Heßling aus Heinrich Manns ›Der Untertan‹ folgendermaßen zusammen:
»An dieser Kette von Episoden und mit Hilfe eines aus Kaiserreden entlehnten Zitatfeldes wird die Doppelrolle Heßlings als Tyrann und Untertan entwickelt. Einerseits prägt ihn ›Zugehörigkeit zu einem unpersönlichen Ganzen, zu diesem unerbittlichen, menschenverachtenden, maschinellen Organismus‹, den die Hierarchie des imperialistischen Wilhelminismus in jeder ihrer Institutionen darstellt. Andererseits verschafft ihm gerade das Erleiden institutioneller Macht – in Schule, Universität, Korporation, Militär etc. – persönlichen Machtbesitz; in Heßlings Maxime ›wer treten wollte, mußte sich treten lassen‹ versteinert der Opportunismus dieses Lebenslaufs zum Erfolgsgesetz. In Momenten totaler Unterwerfung verschiebt sich der Machtwille Heßlings zum Umsturz-Rausch; doch jedesmal, wenn er ›alles niedergeworfen, zerstoben‹ sehen will: ›die Herren des Staates, Heer, Beamtentum, alles Machtverbände und sie selbst, die Macht!‹, richtet er selbst ›das Gebäude der Ordnung‹ wieder auf« (Kindlers neues Literaturlexikon; zit. n. Deutsches Historisches Museum 2014).
Heinrich Mann beschreibt ein psychologisches Muster, welches später in der Psychoanalyse und vor allem in der Traumaforschung als ›Identifikation mit dem Aggressor‹ bezeichnet werden sollte. Ich habe dieses Phänomen anhand der Biografie Niccolo Machiavellis beschrieben, dessen berüchtigtes Werk ›Il Principe‹ nur unter der Berücksichtigung von Machiavellis Foltertrauma richtig gedeutet werden kann. ›Der Untertan‹ ist nicht nur die Momentaufnahme eines wilhelminischen Charakters, sondern als Charakterstudie verweist sie auf Persönlichkeitsstrukturen, die auch 50 Jahre später noch zu erkennen waren. So teilte Heinrich Böll nach der Lektüre von Der Untertan 1968 mit:
Im ›Untertan‹ ist die deutsche Klein- und Mittelstadtgesellschaft bis auf den heutigen Tag erkennbar. Es bedarf nur weniger Veränderungen, um aus diesem scheinbar historischen Roman einen aktuellen zu machen: den Mißbrauch alles ›Nationalen‹, des ›Kirchlichen‹, der Schein-Ideale für eine handfest-irdisch-materielle bürgerliche Interessengemeinschaft, der alles Humanitäre, sozialer Fortschritt, Befreiung jeglicher Art verdächtig ist, deren Moral heuchlerisch ist, die kritiklos Untertan ist. Ich war erstaunt, als ich den ›Untertan‹ jetzt wieder las, erstaunt und erschrocken: Fünfzig Jahre nach seinem Erscheinen erkenne ich immer noch das Zwangsmodell einer untertänigen Gesellschaft« (Böll 1968; zit. n. Emmerich 1980: 156).15
Neben Der Untertan gab es weitere literarische und künsterische Publikationen zur Spießigkeit des wilhelminischen autoritären Charakters. Vor allem der Malik-Verlag kritisierte das spießige Bürgertum, so erschien dort 1921 vom Zeichner George Grosz ›Das Gesicht der herrschenden Klasse‹. Grosz veröffentlichte 1925 zudem ›Der Spießer-Spiegel‹. Hierfür erfuhr er mehrfach Repressionen, so wurde er dreimal zu Geldstrafen verurteilt. Analytisch-sozialpsychologische Studien zum Kleinbürgertum gibt es ebenfalls bereits seit etwa 100 Jahren. Zunächst finden sich hier Studien von Otto Rühle und Wilhelm Reich zur ›Verkleinbürgerlichung‹ des Proletariats. Die Frankfurter Schule (Erich Fromm/Theodor W. Adorno) führte schließlich umfangreiche Studien zum autoritären Charakter durch. Erklärt wurde der autoritäre Charakter durch die Repression in den bürgerlichen Kleinfamilien. Michel Foucault nahm in den 1970er Jahren die ›Repressionshypothese‹ auf und ersetzte sie durch sein ›Bio-Macht‹-Konzept16