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Gesunde Herzen schlagen länger Unser Herz schlägt unermüdlich, 100 000-mal am Tag. Frauenherzen sind kleiner als Männerherzen und schaffen es trotzdem, in der Schwangerschaft für zwei zu schlagen. Doch psychischer Stress, falsche Ernährung und fehlende Bewegung setzen ihnen stark zu. Und das kann fatal enden: Todesursache Nummer 1 bei Frauen sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Aber du könntest dein Risiko, um die Hälfte reduzieren und deine Lebenserwartung entscheidend steigern! Wie das geht, zeigt Dr. Catharina Hamm in diesem Buch. Mit medizinischen Fakten, persönlichen Erfahrungen und praktischen Tipps, erklärt sie, wie ein herzgesunder Longevity-Lifestyle aussehen kann und wann man am besten mit der Herzvorsorge anfängt. Spoiler: Zu früh gibt es nicht. Jetzt wäre gut.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 480
Veröffentlichungsjahr: 2024
Was braucht man für ein langes, gesundes Leben? Natürlich: ein gesundes Herz! Aber was kannst du tun, um dein Herz optimal zu unterstützen? Dieses Buch zeigt dir, welche Ernährungsweise für dein Herz langfristig am besten ist, wie du durch Sport deine Herzfitness steigerst – und warum dazu auch Krafttraining gehört.
Es gibt viele Risiken, die unsere Herzgesundheit gefährden können, darum ist zum Beispiel wichtig zu wissen: Welche Cholesterinwerte sind entscheidend? Wie gut schläfst du? Kommt dein Körper regelmäßig zur Ruhe? Ab wann solltest du deine Blutdruckwerte kennen? Und: Wie wirken sich Schwangerschaft und Menopause auf dein Herz aus? Aber keine Sorge: Du bist nicht allein mit diesen Fragen. Hier erfährst du leicht und verständlich erklärt alles, was du für deine Herzgesundheit wissen musst. Und du wirst merken: Je besser du deinen Körper kennst, desto gezielter kannst du dein Herz mit dem versorgen, was es braucht – und noch viele gute Lebensjahre gewinnen.
Dr. med. Catharina Hamm
Save your Heart
Starte deinen Weg in ein herzgesundes Leben
Mit Illustrationen von Lorena Addotto
Für alle Frauenherzen dieser Welt&für ClaraundCarl
Cover
Über das Buch
Haupttitel
Widmung
Inhaltsverzeichnis
Prolog: Bikini-Medizin ist nicht genug
Teil 1 DISCOVER YOUR HEART – WAS DU ÜBER DEIN HERZ WISSEN MUSST
Skincare is good, Heartcare is better
Cardio-logic– Darf ich vorstellen, das ist dein Herz
Kleine Herzmuskelkunde
Unbreakable Hearts: Nur wer die Risiken kennt, kann sie meiden
Die »Big Five«: Das ABC der Risikofaktoren
Ich sehe was, was du nicht siehst – oft übersehene Gefahren für unser Herz
Im Rausch der Hormone – Wie Östrogen und Co. deine Herzgesundheit beeinflussen
Östrogen und Progesteron
Powerhouse: Die Schwangerschaft als Ausdauertraining mit Risiken
Brustkrebs undHerzgesundheit
Autoimmunkrankheiten: Angriff auf uns selbst
Geknickte Herzen: Dauerstress und Depressionen
Navigation Perimenopause: Warum die Fahrt ab hierunruhiger werden kann
Kardiocheck: Vorsorgetipps für die Frau
Herzvorsorge vor der Menopause
Herzvorsorge nach der Menopause
Teil 2 PROTECT YOUR HEART – SO BLEIBT DEIN HERZ LANGE GESUND
Longevity: Dein Leitfaden für ein langes undherzgesundes Leben
Die DNA deines Herzens
Be unstoppable– Starke Muskeln für ein starkes Herz
Deine Muskeln: Die Schutztruppe deines Herzens
Krafttraining– Mehr als nur Pumpen und Proteineundmein persönlicher Gamechanger
Ausdauerprogramm fürs Herz: Gute Fitness als Basis für gesundes (Anti-)Aging
Ein Hit für die Gesundheit– Hochintensives Intervalltraining, Sprints und Tabata
Sport in der Schwangerschaft: Prävention²
Body and Soul: Flexibel und entspannt mit Yoga und Pilates
Biohacking 3.0: Gesundheitsparameter für deine Transformation zu einem herzgesunden Leben
Nutrition is Key: Herzgesunde Ernährung
Kohlenhydrate: Die Guten, bitte!
Ballaststoffe– Entlastung für Darm und Herz
Fit mit Fett: Warum gesunde Fette so wichtig sind
Proteine: Garant für den gesunden Frauenkörper
Der Energiekick für dein Herz:(Mikro-)Nährstoffe und Vitamine von Alpha-Linolensäure bis Zink
Koffein: Kickstarter fürs Gehirn, aber auch für deine Muskeln
Gefährliche Mischung: Energydrinks und kardiovaskuläre Effekte
Softe Drinks sind harter Tobak für die Gesundheit deinerGefäße
Machen Zuckeralternativen das süße Leben leichter?
Salz brennt nicht nur in der Wunde: Strategien und Tipps zum Salzsparen
Welche »Diät« ist die beste fürs Herz?
Smart Recovery: Stärke deine Ressourcen
Gesunder Schlaf, gesundes Herz
Die Sache mit dem Stress
Gebraucht werden und Bindungen schützen vorHerzerkrankungen
Das sexy Zusammenspiel fürs Herz: Liebe, Sex und Zärtlichkeit
Der 10-Punkte-Plan für ein gesundes Herz
Teil 3 SAVE YOUR HEART – WIE DEIN HERZ ERKRANKT, WIE ES BEHANDELT WIRD UND WELCHE ROLLE DEINE PSYCHE SPIELT
Herzalarm: Erkrankungen, die du kennen solltest
Eine enge Sache: Die Koronare Herzerkrankung bei Frauen
Herzschmerz– Herzinfarkt bei Frauen
Frau Doktor, ich habe einen Krampf: Haarkleine Gefäße, große Beschwerden
Keine Angst vorm Herzkatheter
Der stille Killer: plötzlicher Herztod bei Frauen
Atemlos durch den Tag: Herzschwäche bei Frauen
Wenn Frauenherzen brechen: Das Broken-Heart-Syndrom
Myokarditis– die stille Entzündung
Das Tor ist kaputt: Die Aortenklappenstenose
Die ist doch nicht mehr ganz dicht: die Mitralklappeninsuffizienz
My heart skips a beat
Total taktlos: Vorhofflimmern
Hilfe, ich habe ein Loch im Herz– das Persistierende Foramen ovale (PFO)
Oh she’s sweet, but psycho: Warum Herzbeschwerden bei Frauen oft als »psycho« abgestempelt werden
Die Chemie muss stimmen– Heilmittel fürs Herz
Wir müssen reden– Warum Forschung und Aufklärung sowichtig sind
Medikamente, die Frauenherzen bewegen
Bluthochdrucktherapie in der Schwangerschaft
Cholesterin-Champions: Statine und mehr
Alternativen und Kombipartner
Herzfreundliche Zuckersenker– zwei Fliegen mit einer Klappe
Staying alive– Ich bin herzkrank, wie geht es weiter
Epilog– Die Zukunft der Frauenherzen
Rezepte
Mucki-Queen-Shake
Berry Beet Boost-Shake
Proteinreiches Chili sin carne mit Avocado Dip
Danke!
Glossar
Anmerkungen
Fußnoten
Register
Über Catharina Hamm
Impressum
Ein heißer Juniabend. Die Frau liegt auf der kalten Untersuchungsliege im klimatisierten Herzkatheterlabor. Der Rettungsdienst hat sie mit einem akuten Herzinfarkt in die Klinik gebracht. Während des Transportes blieb ihr Herz zweimal stehen– Kammerflimmern– und sie musste mit einem Defibrillator wiederbelebt werden. Jetzt ist sie schläfrig von den Medikamenten und dem Schmerz in ihrer Brust. Sie schaut mich an und fragt, was ich mache. Ich sage, dass ich die diensthabende Ärztinim Herzkatheterlabor sei und soeben ihre Herzschlagader geöffnet hätte. Die sei durch ein Blutgerinnsel komplett verschlossen gewesen. Ich hatte der Frau eine Gefäßstütze, einen Stent, eingebaut, der die Stelle jetzt offen hält. Der Verschluss des Herzvorderwandgefäßes hatte dazu geführt, dass ein großer Teil des Herzmuskels nicht mehr genug Sauerstoff bekommen hatte. Kein Sauerstoff, kein Leben. Herzstillstand.
Die Frau will es nicht glauben. Ein Herzinfarkt? Sie? Mit 58? Sie war mitihrer Freundin zum abendlichen Walking im Park, als ein heftiger Schmerz in ihrer linken Brust sie um den Atem brachte. Sie kannte denSchmerz aus den letzten Tagen, dieses Gefühl, als säße ein Elefant auf ihrer Brust, vor allem, wenn sie sich schnell bewegte. Allerdings war er nach einigen Sekunden immer wieder von allein weggegangen. Sie war– verunsichert von den Beschwerden– vor einigen Tagen abends beim Ärztlichen Notdienst gewesen, dort hatte man sie beruhigt: Wahrscheinlich sei ein Wirbel blockiert; man empfahl ihr eine Vorstellung beim Orthopäden. Aber dann, im Park, schnürte ihr der Schmerz die Kehle zu, ihr wurde heiß, sie hatte das Gefühl, ihr Herz springt ihr gleich aus der Brust, ihre Knie sackten zusammen. An mehr kann sie sich nicht erinnern.
Wir Frauen nehmen in unserer Gesellschaft oft mehrere Rollen gleichzeitig ein: Wir haben einen Beruf, sind Lehrerinnen, Ärztinnen, Kassiererinnen, Anwältinnen, Unternehmerinnen, Marketingmanagerinnen und Verkäuferinnen. Wir sind Mütter, Hausfrauen, Partnerinnen, Ehefrauen und Pflegerinnen. Unsere eigene Gesundheit vernachlässigen wir zwischen all den Anforderungen viel zu oft, dabei kümmern wir uns mit Hingabe um die Gesundheit unserer Kinder, Partner, Eltern oder Haustiere. Frauen (mich eingeschlossen) haben (zu Recht) Angst vor Brustkrebs oder Gebärmutterhalskrebs. Über unsere Herzgesundheit hingegen denken wir kaum nach.
Das verwundert nicht, denn jahrzehntelang regierte der »Bikini Approach« in der Medizin: Frauengesundheit beschränkte sich auf die weibliche Brust und die Fortpflanzungsorgane– nur da, so die vorherrschende Meinung, unterscheidet sich die Gesundheit von Frauen von derjenigen der Männer. Der Fokus in der Frauenmedizin wurde folglich auf die reproduktiven Lebensjahre, vor allem die Schwangerschaft, gerichtet, während andere wesentliche Aspekte unserer Gesundheit auf der Strecke blieben. Im 19.Jahrhundert hätte dieser Ansatz einen Sinn ergeben, denn damals betrug die Lebenserwartung von Frauen selten mehr als vierzig Jahre, viele überlebten das Wochenbett nicht oder erlagen Infektionskrankheiten und verstarben schlichtweg zu jung, um überhaupt Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu entwickeln.
Aber auch zwei Jahrhunderte später sind es immer noch die Männer, deren Gesundheit in den Fokus gerückt wird, wenn es um Herzerkrankungen geht. Kein Wunder, denn Medizin und Forschung waren jahrelang fest in Männerhand. Frauen spielten historisch in der Herzmedizin keine Rolle, weder als Patientin noch als Forscherin. Und es kommt noch schlimmer: Frauen wurden häufig sogar dafür verantwortlich gemacht, dass der Mann einen Herzinfarkt bekam. Renommierte medizinische Fachjournale befeuerten die öffentliche Debatte darüber, dass Frauen zu viel von ihren Männern im Haushaltforderten und diese deshalb Herzinfarkte erlitten. Frauen sollten Kochkurse belegen, um dem herzkranken Ehemann dann bitte schön die richtige Kost für das geschwächte Herz zu servieren. Der Mythos der Mitschuld der Ehefrau hielt sich bis in die Achtzigerjahre. Ziemlich heftig, oder?1
Die »Vermännlichung« der Herzmedizin und die Vernachlässigung der Frauenherzgesundheit in der Medizin und Forschung (danke für nichts, Patriarchat!) haben fatale Folgen. Die Sterblichkeit bei Herzerkrankungen hat zwar in den letzten vierzig Jahren deutlichabgenommen, allerdings ist diese Abnahme bei Frauen, insbesondere bei den jüngeren Frauen, nicht in gleichem Maße zu verzeichnen wie bei Männern.2 Und: Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die Todesursache Nummer 1 für Frauen in der westlichen Welt! Obwohl ein Großteil der Todesfälle durch die richtige Vorsorge (also Prävention) und die Früherkennung verhindert werden könnten. Aber die Präventivmedizin, in der es darum geht, dass Krankheiten gar nicht erst entstehen und der Mensch gesund bleibt, fristet genauso wie die Frauenherzgesundheit ein Schattendasein. Unsere Akutmedizin– die ohne Frage grundsätzlich eine sehr gute Qualität hat– ist auf die Behandlung von Krankheiten ausgelegt. Die Präventivmedizin jedoch, zielt darauf ab, Krankheiten und gesundheitliche Probleme zu verhindern, anstatt sie nur zu behandeln, nachdem sie aufgetreten sind.
Warum ist »Gesundheit« oder »gesunde Ernährung« nicht schon ein Pflichtfach in der Schule? Warum muss man erst herzkrank werden, damit man einen Herzcheck von der Krankenkasse erstattet bekommt? Warum müssen erst Ablagerungen an den Gefäßen nachweisbar sein, bevor hohe Cholesterinwerte ernst genommen werden? Prävention müsste viel früher anfangen, und zwar bei jedem Einzelnen von uns. Denn das Gesundheitssystem könnte viel Geld und Ressourcen sparen, wenn wir frühzeitig beginnen würden, uns mit unserer Gesundheit und deren Erhalt zu beschäftigen. Allen voran mit der Herzgesundheit.
Ich möchte daher das Spotlight auf den wichtigsten Muskel in deinem Körper richten: dein Herz. Als Kardiologin fasziniert mich dieses besondere Organ jeden Tag, es ist eher klein, dabei gleichzeitig extrem komplex und unglaublich stark. Es hält dich am Leben mit jedem Schlag, in jeder Sekunde. Aber es ist auch verletzlich, der Verschluss eines nur wenige Millimeter großen Herzkranzgefäßes kann es zum Stillstand bringen, heftiger psychischer Stress kann es besonders bei Frauen krank machen und brechen lassen (das sogenannte Broken-Heart-Syndrom gibt es wirklich).
Aus Erfahrung kann ich sagen, die meisten Menschen schätzen ihre Herzgesundheit erst dann, wenn sie herzkrank sind. Nicht immer, aber immer öfter, wenn ich eine Patientin mit akutem Herzinfarkt behandle, stelle ich fest: Es sind die Frauen, die besonders erstaunt sind, dass es »was am Herzen« ist. Und das scheint auch die allgemeine Auffassung zu sein. Frauen unterschätzen das eigene Risiko für Herzerkrankungen deutlich. Auch wenn Frauen meistens sehr viel gesundheitsbewusster und gesünder leben als Männer: Die »Awareness« für die Herzgesundheit lässt zu wünschen übrig.
Immer wieder ergeben Umfragen, dass sich mehr Frauen vor Brustkrebs fürchten und es für wahrscheinlicher halten, daran zu sterben, als an einer Herzerkrankung.3 Dabei sterben zehnmal mehr Frauen pro Jahr an Herz-Kreislauf-Erkrankungen als an Brustkrebs. Schauen wir in die USA. Auch dort zeigen Studien, dass Frauen eher damit rechnen, an Krebs zu versterben, Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben sie nicht auf dem Schirm. Trotz vermehrter Aufklärungskampagnen war 2019 die Wahrscheinlichkeit, dass Frauen Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Top-Todesursache benannten, um 74 Prozent geringer als noch zehn Jahre zuvor. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie Brustkrebs angaben, hat sich hingegen im gleichen Zeitraum verdoppelt.4 In der Wahrnehmung der Menschen laufen Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Frauen also leider völlig unter dem Radar.
Noch viel erschreckender ist, dass selbst viele Ärztinnen und Ärzte das Risiko für Herzerkrankungen bei Frauen falsch einschätzen. Und das ist nicht nur ein (feministisches) Bauchgefühl, sondern durch knallharte Daten belegt. Eine repräsentative Umfrage unter medizinischem Fachpersonal ergab: Weniger als die Hälfte der befragten Kardiologinnen und Kardiologen fühlte sich sicher in der richtigen Einschätzung des Herz-Kreislauf-Risikos bei Frauen. Das heißt, wenn du beim nächsten Besuch in einer Praxis über dein individuelles Risiko für Herzkrankheiten sprichst, kann es sein, dass du keine eindeutige Einschätzung bekommst.
Auch allgemeine Risikofaktoren für Herzerkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes werden bei Frauen oftmals zu spät erkannt und nicht adäquat behandelt. Es besteht also viel Nachholbedarf, und es wird Zeit, dass wir Frauen die Antworten bekommen, die wir brauchen und die uns zustehen, wenn es um unser wichtigstes Gut, unsere Gesundheit geht! Wir hängen weit hinterher mit der Erforschung der Frauengesundheit, die finanziellen Mittel, die dafür zur Verfügung gestellt werden, sind im Vergleich zu anderen Forschungsgebieten mickrig.
Aber nicht nur die Forschung hakt, auch die Lehre. Denn immer noch ist viel zu wenig bekannt, dass es bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen frauenspezifische Risikofaktoren gibt. Doch woher soll dieses Wissen auch kommen? Ich muss zur Verteidigung vieler Kolleginnen und Kollegen sagen, dass im Medizinstudium wenig bis nichts über Gendermedizin, die sich mit dem Einfluss des Geschlechts auf Gesundheit und Krankheit befasst, gelehrt wird. Nur sehr wenige Universitäten, so zum Beispiel die Charité in Berlin, haben das Fach »Gendermedizin« als Pflichtfach fest im Lehrplan des Medizinstudiums verankert. Zum Glück gibt es an den Universitäten nach und nach immer mehr Lehrstühle für Gendermedizin– davon erhoffe ich mir, dass der medizinische Nachwuchs von Anfang an für dieses Thema sensibilisiert und darauf trainiert wird. Trotzdem halten sich bis heute viele Vorurteile, insbesondere bei männlichen Kollegen. So sagte ein Kollege, als ich ihm vor drei Jahren erzählte, dass ich ein berufsbegleitendes Gendermedizinstudium anfangen werde: »Ist doch alles Quatsch mit dieser Gendermedizin, da kommt nichts bei rum, warum bist du so eine Emanze geworden?«
Dabei sind gerade in der Kardiologie die geschlechterspezifischen Unterschiede offensichtlich. Es geht immer wieder durch die Presse, dass Frauen bei einem Herzinfarkt andere Symptome haben als Männer. Trotzdem beruhen weiterhin die gesamte Herzmedizin sowie übliche Empfehlungen für Therapien hauptsächlich auf Daten, die bei Männern erhoben wurden. Alle gängigen Herzmedikamente wurden jahrelang vornehmlich an männlichen Probanden getestet, Frauen wurden von Studien ausgeschlossen oder waren unterrepräsentiert, insbesondere die im gebärfähigen Alter. Warum? Hormonschwankungen, die möglicherweise zu einer veränderten Wirkung des Medikamentes führen und damit zu einer Verzerrung der Studiendaten sind den Forschenden zu riskant. Kein Wunder also, dass Frauen nicht nur häufiger überdosiert sind, sondern auch häufiger Nebenwirkungen haben. Doch damit man sieht, dass die empfohlene Dosierung viel zu hoch ist, müssen sie erstam Steuer einschlafen und Unfälle verursachen. So geschehen beim Schlafmittel Zopiclon. Inzwischen gibt es hier zumindest eine Dosierung speziell für Frauen.
Aber nicht nur bei Arzneimittelstudien, auch in vielen anderen kardiologischen Studien ist der Frauenanteil zu gering, und das, obwohl die Frauen bei vielen kardiologischen Krankheitsbildern mindestens 50 Prozent der Erkrankten ausmachen. Männer und Frauen sind doch gleich und sollen gleichwertig betrachtet werden? Also einfach alles auf das andere Geschlecht übertragen, oder nicht? Das ist ungefähr so, als machte man den Autoführerschein und sagte dann: Jetzt kann ich auch Lokführer.
Zum Glück waren einige Forscherinnen in den letzten 20 Jahren sehr aktiv, was die Erforschung der Geschlechterunterschiede angeht. Dadurch wissen wir, dass Frauen am Herzen anders erkranken. Sie haben in der Regel weniger Ablagerungen an den Herzkranzgefäßen, bekommen aber häufiger spontane Einrisse der Herzkranzgefäße, und der Herzmuskel erkrankt anders. Auch die auftretenden Beschwerden beim Herzinfarkt unterscheiden sich von denen bei Männern, der typische Brustschmerz steht oft nicht im Vordergrund, vielmehr leiden Frauen an Luftnot, Übelkeit und Rückenschmerzen. Je genauer man hinschaut und hinhört, was die Patentinnen berichten, desto genauer erkennt man die Unterschiede.
Ich habe in meiner langjährigen Berufspraxis oft erlebt, dass Frauen mit Herzerkrankungen deutlich verspätet in die Klinik kamen, weil ihre Beschwerden wochenlang bagatellisiert, fehlgedeutet oder als »psycho« abgestempelt wurden. Mit zum Teil schwerwiegenden, lebensbedrohlichen und leider auch tödlichen Folgen. Mich wundert es nicht, dass vor fünfzig Jahren Frauen mit Herzbeschwerden empfohlen wurde, sich in der Klinik als Mann zu verkleiden, damit sie von Ärzten ernst genommen und behandelt werden. Und selbst heute lesen wir immer noch Studien, die zeigen, dass Frauen, insbesondere die jüngeren bis fünfzig Jahre, nach einem Herzinfarkt eine höhere Sterblichkeit haben als gleich alte Männer.5 Es dauert bei ihnen einfach zu lange, bis sie in der Klinik ankommen und behandelt werden.6 Und das, obwohl immer mehr Innovationen in der Herzmedizin vorgestellt werden und Roboter mittlerweile Herzoperationen durchführen können. Der technische Fortschritt scheint also besser zu sein als der menschliche.
2023 erschien eine besorgniserregende Studie mit dem Titel »The underwhelming German life expectancy«, die schwarz auf weiß zeigte, dass Deutschland in puncto Herz-Kreislauf-Erkrankungen schlecht abschneidet, weshalb wir im Ranking bei der Lebenserwartung sowohl für Frauen als auch für Männer im Vergleich zu anderen westeuropäischen Ländern ziemlich weit hinten landeten.7 Die Sterblichkeit im Hinblick auf Herzerkrankungen von Deutschen im Alter zwischen 50 und 64 Jahren war doppelt so hoch wie bei ihren Altersgenossen in den führenden Ländergruppen, wie der Schweiz oder Japan. Als einer der möglichen Hauptgründe wird die mangelhafte Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen angegeben.
Dies soll sich aber nun verbessern. 2023 wurde die sogenannte Nationale Herz-Allianz (NHA) gegründet– ein Bündnis aus Fachgesellschaften und Patientenvertretungen der Herz-Kreislauf-Medizin unter der Schirmherrschaft des Gesundheitsministeriums. Nach dem Motto »Wissen teilen, Gesundheit stärken« ist es ihr langfristiges Ziel, gemeinsam mit der Gesundheitspolitik die Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch die Schaffung gesundheitsförderlicher Rahmenbedingungen und gezielte Vorsorgeprogramme zu verbessern. Es besteht also Hoffnung, aber du siehst, die Tatsachen sind alarmierend.
Die Versäumnisse der Vergangenheit können wir leider nicht rückgängig machen, aber wir können in Zukunft gesünder sein. Du kannst jetzt deinen Weg in ein herzgesundes Leben starten. Spoiler: Ein »zu früh« gibt es nicht. Auch wenn für viele das Wort »Herzgesundheit« nach Rheumadecke klingt– es sollte zum Beispiel bereits für werdende Mütter Basiswissen sein. Denn schon in der Schwangerschaft prägen wir die (Herz-)Gesundheit unserer ungeborenen Kinder. Es ist also nie zu früh, aber zum Glück auch nie zu spät für einen gesunden Lifestyle. Dein Herz, deine Gefäße und deine Gesundheit werden es dir danken! Mein Ziel ist es, niemals eine Leserin meines Buches mit akutem Herzinfarkt vor mir auf dem Kathetertisch liegen zu haben– denn die lebt ab heute gesünder und besser! Versprochen?
Jetzt noch ein paar Worte dazu, was dich auf den folgenden Seiten erwartet. Zunächst gibt es im ersten Teil eine kleine Einführung in die Funktion deines Herzens. Dann ist es mir wichtig, dass du lernst, welche Erkrankungen und Risikofaktoren dein Herz so gar nicht mag. Nur wer die Risiken kennt, kann sie auch meiden. Du wirst danach wissen, auf welche allgemeinen und frauenspezifischen Risikofaktoren du ein besonderes Augenmerk legen solltest und wie du deine Lebensgewohnheiten anpassen kannst, um Herzkrankheiten abzumildern, aufzuschieben oder besser noch: gar nicht erst zu bekommen. Hier werde ich auch ausführlich über den Einfluss von Hormonen sprechen, denn zwischen unserer ersten Regelblutung und der Menopause (und natürlich auch danach) kann eine Menge passierenund deine spätere Herzgesundheit richtig auf die Probe gestellt werden.
Ein großes Kapitel ist den Themen Ernährung und Bewegung und ihrem Stellenwert für die Herzgesundheit gewidmet. Wer mich aus den sozialen Medien kennt, weiß, dass ich eine absolute Bewegungsfanatikerin bin und gutes Essen sowie gesunde Ernährung liebe. Auch die Bedeutung der Psyche für die Herzgesundheit findet Beachtung, denn es gibt einen enormen (und oft unterschätzten) Zusammenhang zwischen Psyche und Herz– der seelische Zustand prägt die Entstehungen und den Verlauf von Herzerkrankungen maßgeblich. Im letzten Teil des Buches wird es einen Überblick über die wichtigsten Herzerkrankungen bei Frauen geben, außerdem gehe ich auf die gängigsten Medikamente ein, die in der Herzmedizin verordnet werden.
Damit du nicht von zu viel Theorie erschlagen wirst, ist das Buch gespickt mit wichtigen Save-your-Heart-Praxistipps und Wissensboxen. Außerdem werde ich über spannende Fälle aus der klinischen Praxis berichten, die natürlich alle zum Schutz der Privatsphäre modifiziert und anonymisiert sind.
Discover yourHeart-Was du überdein Herz wissenmusst
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In der ersten Hälfte unseres Lebens opfern wir unsere Gesundheit, umGeld zu erwerben, in der zweiten Hälfte opfern wir unser Geld, um die Gesundheit wiederzuerlangen. Und während dieser Zeit gehenGesundheit und Leben von dannen.
Voltaire
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Wir müssen reden, über DEIN Herz. Denn seine Funktion und Gesundheit ist von entscheidender Bedeutung für ein langes und erfülltes Leben. Ganz gleich, ob du dich schon mal mit der Gesundheit deines wichtigsten Organs auseinandergesetzt oder dich noch überhaupt nie damit beschäftigt hast, ich werde dir einen guten Rundumblick geben, damit du verstehst, wie dein Herz funktioniert und vor allem welchen potenziellen Gefahren und Risiken es im Laufe deines turbulenten Frauenlebens so ausgesetzt ist. Unser Frauenherz macht in der Tat viel mehr Hormonturbulenzen durch als ein Männerherz, sei es in der Pubertät, während der Schwangerschaft, in der es für zwei schlägt, in der Perimenopause mit wilden Hormonschwankungen oder nach der Menopause mit drastischem Abfall der Hormonpegel.
Einen Vorteil haben Frauen übrigens im Vergleich zu Männern in Sachen Herzgesundheit: Sie haben mehr Zeit. Denn im Schnitt erkranken wir zehn Jahre später an den typischen Herzerkrankungen wie der Koronaren Herzerkrankung mit ihrer lebensbedrohlichen Komplikation– dem Herzinfarkt. Den Vorteil in Bezug auf die Zeit können und sollten wir wirklich gut nutzen, um den Beginn der Erkrankung hinauszuzögern oder am besten ganz zu verhindern. Das würde nicht nur etliche Milliarden Euro Behandlungskosten sparen, sondern auch all die schrecklichen Schicksale vermeiden, die wir tagtäglich in der Klinik zu sehen bekommen. Und nein, ich möchte damit keine Panik machen, sondern einfach einen Appell an euch rausschicken und euch darin bestärken, frühzeitig auf euch und euer Herz aufzupassen.
Vielleicht wunderst du dich, warum ich über die Haut in das Thema Herz einsteige. Das liegt unter anderem daran, dass dermatologischeSchönheitsmedizin für die meisten einfach »sexier« klingt als Herzmedizin. Bei »Pflegeroutine« denken wir meist an das tägliche Waschen und Bearbeiten der äußeren Fassade, das bei der Durchschnittsfrau in Deutschland pro Tag angeblich etwa fünfzig Minuten absorbiert.8 Auf die Woche gerechnet sind das mehr als sechs Stunden. Wenn ich nach meiner täglichen »Pflegeroutine« gefragt werde, denke ich: sieben Stunden Schlaf, gesunde Ernährung mit viel Gemüse und Proteinen, täglich eine Handvoll Nüsse, wenig Zucker, viel Wasser, Sport, Lachen und frische Luft. Denn: Äußere und innere Pflege lassen sich nicht trennen, wenn ich meinen Körper gut behandle, strahlt auch meine Haut und umgekehrt! Und es gibt mehr Schnittstellen zwischen Herz und Haut, als du denkst. Würden alle Frauen täglich soviel Zeit in Herzpflege, also Bewegung, gesunde Ernährung und Stressbewältigung stecken wie in ihre Hautpflege, hättenwir deutlich weniger Gesundheitsprobleme, da bin ich mir sicher. Erschreckenderweise schaffen es aber nicht mal die Hälfte aller Frauen, 150 Minuten Sport pro Woche zu treiben.
Na klar, deine Haut ist dein größtes Organ und bildet eine wichtigeSchutzbarriere nach außen, sie reguliert deine Körpertemperatur,schützt dich vor Krankheiten und Infektionen. Deshalb verdient sie zweifellos unsere tägliche Aufmerksamkeit und Pflege. Sicherlichverwendest auch du zahlreiche Cremes, Lotionen und Seren, um deine Haut zu schützen, zu nähren und zu verschönern. Kein Wunder, dass die Hautpflegeindustrie boomt, noch nie waren die Möglichkeiten der äußerlichen Selbstoptimierung größer. Ich gebe zu, auch ich bin eine totale Skincare-Enthusiastin und mein Äußeres ist mir wichtig, aber ich bin auch ein »Health-Nerd« und pflege mein Inneres, jeden Tag.
Die meisten Menschen nehmen sich für die Herzgesundheit, ihre Ernährung oder Maßnahmen zur Stressreduktion viel zu wenig Zeit. Natürlich haben viele auch schlicht und einfach keine Kapazitäten, im hektischen Alltag auch noch an einen gesunden Lebensstil zu denken, aber ich glaube, oft werden die Prioritäten auch falsch gesetzt. Dennoch ist es besser vorauszudenken, statt das Nachsehen zuhaben. Wenn du denkst, ein gesunder Lebensstil ist zeitaufwendig,warte, bis die Krankheit da ist. Sie ist mit noch viel mehr Zeitaufwand verbunden, allein die Stunden, die man in Wartezimmern verbringt…
Also, was nutzt uns ein nach außen hin makelloses Aussehen, wenn es »innen« nicht stimmt? Ich möchte dich nicht desillusionieren, aber du kannst cremen und peelen, wie du willst– mit einer kaputten Pumpe bröckelt auch das Äußere. Wenn das Herz nicht mehr gut arbeitet und deine Gefäße voll sind mit Ablagerungen, bekommt auch deine Haut kein Blut mit wertvollen Nährstoffen mehr. Und das hinterlässt sichtbare Spuren, auch in deinem Gesicht.
Ich erinnere mich an einen erfahrenen Professor für Innere Medizin während meiner Ausbildung. Wenn man mit ihm auf Visite in die Zimmer ging, erkannte (und erroch) er bereits beim Betreten des Raums, an welcher Organerkrankung der Patient oder die Patientin litt. Und das, obwohl nur das Gesicht unter der Bettdecke hervorlugte. Das hat mich fasziniert und beeindruckt. Immer gut zu erkennen sind zum Beispiel die sogenannten Xanthelasmen, das sind gelbliche Fettablagerungen an den Augenlidern, die durch eine Fettstoffwechselstörung verursacht werden. Sie sind unschön, aber an sich harmlos für die Haut und nur durch eine Behandlung der hohen Cholesterinwerte und mit keiner Creme der Welt zu kurieren.
Wenn wir uns vor Augen halten, dass Erkrankungen wie Bluthochdruck oder ein zu hoher Cholesterinspiegel die Durchblutung in den Gefäßen beeinträchtigen können, ist es nur logisch, dass auch die Haut darunter leidet.9 Menschen, die optisch ihrem tatsächlichen Alter voraus sind, haben oftmals auch eine schlechtere Gesundheit. Dies ist durch Studien belegt, die zeigen, dass solche Risikofaktoren mit einer höheren Wahrscheinlichkeit Zeichen der Hautalterung wie Falten und Pigmentflecken hervorbringen.10 Oft werde ich außerdem gefragt, ob das frühe Sprießen von vereinzelten grauen Haaren auf eine schlechtere Herzgesundheit hinweisen kann.
Save your heart Wissen
Graue Haare und Herzgesundheit
In der Tat teilen sich ergrauende Haare und Ablagerungen an den Herzkranzgefäßen die gleichen Entstehungsmechanismen: altersbedingte DNA-Schäden, vermehrter oxidativer Stress und alternde Zellen. Das Haar ergraut, weil sogenannte freie Radikale, die bei der Bildung der Haarpigmente entstehen, die pigmentproduzierenden Zellen der Haare attackieren. Je älter wir werden, desto schlechter funktionieren die Gegenspieler, die Antioxidantien. Deshalb ergrauen auch Raucherinnen und Raucher inder Regel früher, denn sie produzieren durch das Qualmen mehr schädigende Radikale. Bei Männern zeigte sich tatsächlich, dass die Stufe der Vergrauung im Haar mit der Verkalkung der Herzkranzgefäße korrelierte. Sprießen schon vor dem 30. Lebensjahr vereinzelt graue Haare, lassen sich bei den Betroffenen auch erhöhte Blutfette, ein schlechterer Zuckerstoffwechsel und erhöhte Entzündungsmarker nachweisen.11 Allerdings hat graues Haar auch eine starke genetische Komponente. Wenn also deine Eltern auch früh grau geworden sind, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es dir genauso gehen wird, ohne dass dies ein Indiz für eine schlechtere Herzgesundheit ist. Immer ausschließen bei frühem Ergrauen: einen Mangel an Vitamin B12 und eine Schilddrüsenunterfunktion.
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Dein Äußeres wie Haare und Haut sind also gewissermaßen ein Spiegel der inneren Gesundheit. Beim Blick ins Gesicht meiner Patientinnen und Patienten erkenne ich– wenn ich es nicht ohnehin direkt mit meiner feinen Spürnase rieche– zum Beispiel, ob sie rauchen oder nicht. Das Rauchen schädigt die kleinsten Blutgefäße in der Haut, die Folge sind ein weniger rosiges Erscheinungsbild und schlechterer Sauerstofftransport, verbunden mit einem »fahlen« Teint.
Andersherum können allerdings auch Hautleiden die Herzgesundheit beeinflussen. Entzündliche Hauterkrankungen wie die Psoriasis (Schuppenflechte) oder Neurodermitis gehen mit einer erhöhten Entzündungsaktivität einher und können dadurch auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen.12, 13 Eine Eindämmung der Entzündungsaktivität hat damit nicht nur Einfluss auf den Verlauf der Hauterkrankung, sondern auch auf das Risiko für Herzerkrankungen. Deshalb sollte sowohl die Pflege der Haut als auch des Herzens nie isoliert betrachtet werden. Denn: Du machst mit »Herzpflege« gleichzeitig auch Gesichtspflege. Alles, was dem Herzen guttut, sei es Sport, gesunde Ernährung, ein schöner Abend mit Freunden oder auch guter Schlaf, lässt auch deine Haut strahlen!
Save your heart Tipp
Wenn du im Spiegelbild Alterungserscheinungen feststellst und beim Einkauf instinktiv zu Anti-Aging-Produkten greifst, dann solltest du anfangen, über deine »inneren Werte« nachzudenken. Das heißt, zu dem Zeitpunkt solltest du auf jeden Fall deine Blutdruck- und Cholesterinwerte bestimmen lassen und spätestens jetzt mit dem Rauchen aufhören!
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Dein Herz ist nicht einfach nur ein Organ. Es hat eine lebenswichtige Bedeutung in deinem Körper. Ich bin jeden Tag aufs Neue begeistert davon, habe Herzen schon in der Hand gehalten und schlagen gespürt, Herzen gerettet, Herzen neu gestartet und leider auch Herzen sterben sehen. Ich erinnere mich außerdem noch gut an das unglaubliche Gefühl, als ich das Herz meines Kindes das erste Mal in meinem Bauch habe schlagen sehen. Wenn du bisher nicht viel mit dem Herz (außer vielleicht in Sachen Liebe) zu tun hattest, möchte ich dich in diesem Kapitel für dein Herz begeistern und zunächst auf seine Funktion und Aufgaben eingehen.
Dein Herz ist in etwa so groß wie deine Faust. Ein ausgewachsenes Frauenherz ist durchschnittlich etwas kleiner und leichter als ein Männerherz und wiegt mit 250 Gramm gerade mal so viel wie eine durchschnittlich große Avocado, das Männerherz ist etwa fünfzig Gramm schwerer. Das Herz ist ein Muskel, der sich um die 100000-mal pro Tag zusammenzieht und entspannt, ohne dass wir in der Lage sind, dies willentlich zu beeinflussen. Manchmal würde man sich wünschen, das Tempo des Herzschlags aktiv drosseln zu können, insbesondere wenn man aufgeregt ist. Leider können wir dem Herz nicht einfach befehlen, dass es langsamer schlagen soll, aber durch Atemmanöver können wir zum Beispiel den Herzschlag beruhigen.
Dein Herzmuskel ist einzigartig. Mit seinen Herzmuskelzellen, den sogenannten Kardiomyozyten, unterscheidet er sich von den restlichen Muskeln in deinem Körper. Ihr geschickter Aufbau und die gute Connection untereinander, die sogenannten Gap Junctions, machen es möglich, dass sich alle Herzmuskelzellen regelmäßig und gleichmäßig zusammenziehen und erschlaffen. Bei Anstrengung reagiert das Herz und passt ganz automatisch und von uns unbemerkt den Herzschlag den Bedürfnissen unseres Körpers an. Wird mehr Sauerstoff gebraucht, zum Beispiel beim Gehen oder Joggen, steigert es den Herzschlag. Wenn das nicht klappt, merken wir das anhand von Luftnot und schneller Erschöpfung. Auch sonst bemerken wir dieses beeindruckende Organ meist erst, wenn etwas nicht stimmt, das heißt, wenn es rumpelt, ruckelt oder Probleme macht.
Stellen wir uns vor, dein Körper ist eine Bühne, dann ist dein Herz dieProtagonistin im Scheinwerferlicht, alle Augen sind auf sie gerichtet. Wenn sie nicht performt, leert sich der Saal und alle gehen nach Hause. So groß ist auch die Bedeutung des Herzens für unseren Körper. Wir sind maximal darauf angewiesen, dass mit jedem Herzschlag sauerstoffreiches Blut in alle Organe und auch das noch so kleinste Körperteil, ja, bis in die kleine Fußzehe, gepumpt wird. Es müssen sozusagen alle entertaint werden, auch die Dame in der letzten Reihe.
Unsere Pumpe vollbringt also eine beachtliche Leistung, dabei besteht ihre Arbeit doch nur aus zwei Bewegungen: nämlich sich zusammenziehen (die sogenannte Systole), was bewirkt, dass das Blut aus dem Herzen herausgepumpt wird, und erschlaffen (die sogenannte Diastole), was der erneuten Füllung mit Blut und als Verschnaufpause dient, sonst würde den Herzmuskelzellen die Puste ausgehen.
Das Herz ist aufgeteilt in zwei Vorkammern (Vorhöfe) und zwei Hauptkammern (Ventrikeln), die jeweils durch Herzklappen getrennt sind. Die Herzklappen kannst du dir wie Türsteher vorstellen. Ihre Aufgabe ist es sicherzustellen, dass nur die richtigen Gäste zur richtigen Zeit hineinkommen und niemand unerwünscht hereinplatzt.
Der linke Vorhof ist über eine Herzklappe mit der linken Herzkammer verbunden, der rechte Vorhof über eine andere Herzklappe mit der rechten Herzkammer. Die Lunge, die unser Blut mit Sauerstoff aus der Atemluft anreichert, istdazwischengeschaltet. Das kannst du gut in der Abbildung erkennen.Im rechten Teil des Herzens fließt das sauerstoffarme Blut, große Venen sammeln es und münden in den rechten Vorhof, das Auffangbecken quasi. Hier herrscht nicht viel Druck oder Eile, und das Blut plätschert langsam vor sich hin, wie ein Bächlein. Vom rechten Vorhof fließt es weiter über die sogenannte Trikuspidalklappe in die rechte Herzkammer. Bei jedem Herzschlag wird das Blut von der rechten Herzkammer in die Lungenhauptschlagader (Lungenarterie) gepumpt, die es dann über kleine Seitenäste zur Sauerstoffanreicherung und zur Entfernung von »Altlasten« (CO2) durch die Lunge transportiert.
Das frische, sauerstoffreiche Blut kommt dann in den Lungenvenen wieder an (übrigens die einzigen Venen in deinem Körper, die sauerstoffreiches Blut transportieren), die in den linken Herzvorhof münden. Über die sogenannte Mitralklappe gelangt das Blut in die muskelstarke linke Herzkammer. Dort herrscht deutlich mehr Druck (das Blut fließt hier wie ein reißender Fluss) als in der rechten Herzkammer, denn schließlich muss von hier aus der gesamte Körper mit sauerstoffreichem Blut versorgt werden. Die Aortenklappe ist das große Tor, das sich öffnet, wenn das Blut aus der Kammer in die Hauptschlagader gepumpt wird. Die Hauptschlagader wird auch Aorta genannt und ist die Hauptverkehrsstraße für dein Blut, von ihr gehen viele kleine Seitenstraßen zur Versorgung der anderen Organe ab. Sobald das Blut in die Aorta gepumpt wurde, schließt sich die Herzklappe, um zu verhindern, dass das Blut zurück ins Herz fließt, denn im Körper wird alles gebraucht, und jeder Tropfen, der hinauskatapultiert wird, ist wichtig.
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Obwohl das weibliche Herz kleiner ist, schlägt es durchschnittlich fünf bis zehn Schläge pro Minute mehr als ein Männerherz.Männer hingegen pumpen durchschnittlich pro Herzschlag mehr Blut in den Körper, ihr sogenanntes Schlagvolumen (das Blutvolumen, das pro Schlag transportiert wird) ist höher als bei Frauen.Dein Herz pumpt pro Tag etwa 7200 Liter Blut durch deinen Körper.+++
Es gibt eine Spezialeinheit im Herzmuskel, die »Elektrofraktion«, das sind sogenannte Schrittmacherzellen. Sie sind spezialisiert auf die Steuerung der elektrischen Impulse, man kann sie auch als DJs des Herzens bezeichnen, denn sie geben den Rhythmus vor, in dem das Herz in deiner Brust schlägt. Wie kommt dieser Herzrhythmus jetzt zustande? Das geht alles dank des raffinierten elektrischen Reizleitungssystems, das die elektrischen Impulse von oben nach unten durch das Herz leitet.
Im Mittelpunkt des Systems steht der sogenannte Sinusknoten, der Cheftänzer mit Wohnsitz im rechten Herzvorhof. Er gibt den Startschuss für jeden einzelnen Herzschlag, indem er einen »elektrischen Impuls« sendet. Weiter geht es über den sogenannten AV-Knoten (A steht für Atrium =Vorhof, V steht für Ventrikel =Herzkammer), der sich– wie der Name schon sagt– zwischen Vorhof und Herzkammer befindet. Er leitet die Impulse des Sinusknotens über das kurze His-Bündel mithilfe sogenannter Kammerschenkel bis in die Herzkammern weiter. Die Herzkammern bekommen somit das Signal, sich zusammenzuziehen und das Blut durch den Körper zu pumpen.
In der Regel läuft dieser ganze Prozess etwa 60- bis 80-mal pro Minute ab– das ist der Beat eines gesunden Herzens. Wir sprechen hier vom Ruhepuls oder der Ruheherzfrequenz. Wenn wir schlafen, kann dieser Puls noch etwas weiter absinken, auf unter sechzig Schläge pro Minute, was bei Herzgesunden ohne Beschwerden vollkommen normal ist. Strengen wir uns an und steigen Treppen oder rennen dem Bus hinterher, kann der Sinusknoten mit einer höheren Frequenz feuern und der Puls je nach Alter und Trainingszustand um mehr als das Doppelte bis Dreifache der Ausgangsruhefrequenz ansteigen. Natürlich lauern auf so einem komplexen Weg auch Gefahren für sogenannte Reizleitungsstörungen und Fehlzündungen, die das ganze System aus dem Gleichgewicht bringen können. Erfassen können wir diese Systemstörungen mit dem EKG. Der Stromkurvenverlauf im EKG gibt Aufschluss darüber, in welchem Teil des Herzens genau welche Störungen vorliegen. Eine Störung des Kammerschenkels nennen wir zum Beispiel Schenkelblock.
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Ein dauerhaft erhöhter Ruhepuls mit über 100 Schlägen pro Minute sollte abgeklärt werden.Viele Menschen, die Ausdauersport machen, haben eine etwas niedrigere Ruheherzfrequenz (unter 60 pro Minute), das hat keinen Krankheitswert.Ein Ruhepuls von unter 50 pro Minute, verbunden mit Symptomen wie Schwindel, Ohnmacht und Schwäche, muss dringend abgeklärt werden.+++
Das Reizleitungssystem des Herzens unterliegt wiederum einer Steuerungszentrale, dem sogenannten vegetativen Nervensystem. Das vegetative Nervensystem spielt eine entscheidende Rolle für deine Herzfunktion und deine Herzgesundheit. Es steuert lebenswichtige Funktionen wie deine Herzfrequenz, deinen Blutdruck, aber auch die Bewegungen deines Darms. Bestimmt hast du schon mal von den zwei Bestandteilen gehört, dem sympathischen und dem parasympathischen Nervensystem. Der Sympathikus wird auch dein »Action«-Nerv genannt (fight and flight): Wenn’s stressig wird und dein Körper mehr Sauerstoff braucht, bereitet dieser Nerv dich auf Kampf oder Flucht vor– deine Herzfrequenz erhöht sich, deine Herzerregung wird schneller durchs Herz geleitet, dein Blutdruck steigt. Der Parasympathikus hingegen ist der Ruhe-Nerv (rest and digest): Wenn er aktiv ist, wird’s ruhiger, dein Herzschlag und dein Blutdruck sinken. Der Clou bei der Sache– die Balance zwischen den beiden muss stimmen, dann passt auch deine Herzgesundheit! Wenn dein Action-Nerv dauerhaft hochreguliert ist, bei Stress zum Beispiel, dann führt das zu einer massiven Belastung deiner Herzgesundheit, Betroffene leiden dann unter Herzrasen, Nervosität und erhöhtem Blutdruck. Einen Status deines vegetativen Nervensystems kannst du anhand der Messung der sogenannten Heart rate variability (HRV) abrufen, auf die ich im zweiten Teil des Buches eingehe.
Wer unermüdlich Tag und Nacht durcharbeitet, braucht 24/7 Nährstoffe und Sauerstoff und damit ein optimales Versorgungskonzept. Dafür gibt es die Herzkranzgefäße oder wie wir sie im Fachjargon nennen, »die Koronarien« (siehe Abbildung).
Der Name leitet sich aus dem lateinischen »Corona« (deutsch Krone) ab, weil sie den Herzmuskel wie eine Krone umgeben. Die Koronarien liegen außen auf dem Herzen. Man kann sie sich als nährende Flüsse für den Herzmuskel vorstellen, die ihn mit Blut versorgen. Sie haben haarfeine Verästelungen, die den Herzmuskel durchziehen und so klein sind, dass wir sie mit bloßem Auge nicht sehen können. Im Gegensatz dazu können wir die großenHerzkranzgefäße sichtbar machen, zum Beispiel in einer Herzkatheteruntersuchung.
Die drei Hauptgefäße der Koronarien sind das rechte Herzkranzgefäß, das Vorderwandgefäß und das Seitenwandgefäß, die jeweils einen Durchmesser von drei bis fünf Millimeterhaben. Sie sind sowohl für die Funktion des Herzmuskels als auch für die Elektrofraktion essenziell, denn beide müssen rund um die Uhr mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden.
Leider muss ich dich jetzt noch mit etwas Detailwissen strapazieren, damit du im Folgenden die Entstehung von Herzkrankheiten besser nachvollziehen kannst. Die Wand deiner Koronarien, also deiner Herzschlagadern, besteht aus verschiedenen Schichten, und im Inneren der Gefäße, die du dir wie einen Schlauch vorstellen kannst, fließt dein Blut. Ganz außen liegt die Außenschicht, die das Blutgefäß mit der Umgebung verbindet. Darunter befinden sich noch zwei weitere Gefäßschichten, die Innenschicht und die mittlere Gefäßschicht. In der mittleren Schicht tummeln sich viele Muskelzellen, die sich– ähnlich wie dein Bizeps– zusammenziehen können. Sie sind zum Beispiel für die Anpassung und Regulation deines Blutdrucks zuständig. Ganz innen, zum Blutfluss hin, liegt die wichtigste Schicht, die Innenschicht mit der sogenannten Endothelschicht, die für die langfristige Gesundheit deiner Gefäße enorm wichtig ist. Sie hat nicht nur eine Barrierefunktion, sondern reguliert auch den Blutdruck und ist Bildungsort wichtiger gefäßpflegender Substanzen.
Wenn sich Ablagerungen in der Gefäßwand bilden, sogenannte Plaques, entsteht die Koronare Herzkrankheit (KHK), die Zivilisationskrankheit der wohlhabenden Industrienationen. Richtig gelesen, die Plage mit den Plaques gibt es nicht nur am Zahn, sondern auch an den Herzkranzgefäßen. (Die Venen hingegen, die bei dir zum Blutabnehmen angezapft werden, sind davon nicht betroffen.) Plaques entwickeln sich langsam und über viele Jahre und verstopfen die Versorgungswege unseres Herzens, im medizinischen Fachchinesisch bezeichnen wir das als »Atherosklerose«. Und Atherosklerose an den Herzkranzgefäßen nennen wir wiederum KHK.
Ablagerungen können nicht nur die Herzkranzgefäße betreffen, sondern auch andere arterielle, also pulsierende Gefäße im Körper, etwa in den Beinen oder im Hals.
Von diesen Ablagerungen gehen zwei große Gefahren aus. Erstens können die Plaques immer größer werden und irgendwann Gefäße vollständig verschließen. Außerdem sind einige dieser Plaques dünnhäutig und können jederzeit einreißen– mit verheerenden Folgen. Gerät der schmodderige Inhalt der Plaques, bestehend aus Cholesterin und schaumigen, abgestorbenen Zellen, mit dem Blut in Kontakt, wird das interne Abwehrsystem des Körpers alarmiert und schickt eine Abwehrtruppe zum Verschluss der aufgerissenen Stelle.Diese Truppe bildet ein Blutgerinnsel, das wiederum das Gefäß komplett verschließen kann und so einen Herzinfarkt auslöst. Durch die fehlende Durchblutung dieses Gefäßes kommt es zum typischen Schmerz (oder bei Frauen eben auch nicht) in der linken Brust, mit Ausstrahlung in den Kiefer und in den Arm sowie zu weiteren Beschwerden, die ich ausführlich in Teil 3 erläutere. Der Herzmuskel droht abzusterben, die Folge kann unter anderem der plötzliche Herztod sein. Zur Behandlung dieser verstopften Gefäße, setzen wir Gefäßstützen (sogenannte Stents) ein, sie stellen den Blutfluss wieder her.
Deine Herzkranzgefäße leiden sehr unter bestimmten gesundheitlichen Risikofaktoren. Deswegen gilt es, sie in besonderem Maße zu pflegen und zu schützen, sonst werden sie schnell zu Herzkrankgefäßen. Gesundheit ist keine Glückssache. Du kannst jeden Tag etwas dafür tun und Risiken meiden. Deshalb möchte ich im kommenden Kapitel zeigen, auf welche Risikofaktoren du achten musst, welche Werte du früh genug kennen solltest und welche Herz-Checks sinnvoll sind. Denn der Herzinfarkt tritt nicht nur bei älteren Menschen auf, fünfzig Prozent aller Herzinfarkte bei Männern ereignen sich vor dem 60. Lebensjahr, bei Frauen sind es immerhin dreißig Prozent. Also: lieber frühzeitig mit der Herzpflege anfangen. Better safe than sorry.
Auch wenn die Zahlen in den letzten Jahren rückläufig sind, in Deutschland sterben jedes Jahr mehr Frauen an Herz-Kreislauf-Erkrankungen als an allen Krebserkrankungen, die es gibt, zusammen. Laut dem aktuellen Deutschen Herzbericht, der von der Deutschen Herzstiftung herausgegeben wird, waren es im Jahr 2022 über 100000 Frauen, die an einer Herzerkrankung verstorben sind. Und auch die Erkrankungszahlen und die damit verbundenen jährlichen Behandlungskosten sind enorm, sie betrugen 2021 über 45 Milliarden Euro.Mir geht es nicht um das Geld, mir geht es um die vielen Einzelschicksale, die hinter all den viel zu früh erkrankten oder gestorbenen Herzen stecken. Unser gesundheitliches Schicksal haben wir zu einem großen Teil selbst in der Hand. Die gute Nachricht für dich: Du kannst Herzerkrankungen durch einen gesunden Lebensstil und einen klugen Umgang mit den Risiken vermeiden! Wer früh auf das Herz aufpasst, gewinnt gute und vor allem gesunde Lebensjahre.
Es gibt allerdings auch Risikovariablen, die wir nicht oder nur schwer beeinflussen können, wie unseren Sozialstatus und unsere Genetik, also die familiäre Veranlagung für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Ein niedriger sozialer und ökonomischer Status mit fehlendem oder erschwertem Zugang zu medizinischer Versorgung verkürzt die Lebenserwartung erheblich. Nicht umsonst definiert die WHO: »Gesundheit ist ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen.« Ein Zustand, der leider in unserer Welt seltener Mädchen und Frauen betrifft. Denn Frauen verdienen bei gleicher Arbeit oft weniger als Männer, und von Armut und sozialer Benachteiligung sind ältere und alleinerziehende Frauen am häufigsten betroffen. Das ist bedrückend und liegt in der Regel nicht in unserer Macht, sondern muss auf anderer Ebene gelöst werden. Ich möchte mich aber hier auf den Teil deines Risikos fokussieren, den du selbst beeinflussen kannst, und beginne mit den klassischen »Big Five« der Risikofaktoren.
Adipositas, auch Fettleibigkeit genannt, stellt einen bedeutsamen Risikofaktor für die Gesundheit von Frauen dar. Hier geht es nicht um unliebsame ein oder zwei Kilo zu viel auf der Waage– die Adipositasist eine chronische Erkrankung, die durch eine übermäßige Ansammlung von Fettgewebe und schwere Stoffwechselstörungen gekennzeichnet ist.
Der Maßstab für das Normalgewicht ist in der Regel der Body-Mass-Index (BMI), der das Verhältnis von Körpergröße zu Körpergewicht berechnet. Aber Achtung, dieser Wert ist undifferenziert, denn er gibt natürlich keine genaue Aussage darüber, wie hoch dabei der Anteil an Fettmasse ist. So kann es sein, dass durchtrainierte Bodybuilder einen erhöhten BMI haben, aber wenig Fett. Hier ist die genaueste Analyse eine sogenannte Bioelektrische Impedanzanalyse, die exakt den Anteil von Fettmasse, Muskelmasse und Flüssigkeit ermittelt. Dennoch habe ich mich in diesem Kapitel auf den BMI bezogen, weil seine Bestimmung trotz der genannten Schwächen immer noch Standard ist.
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Berechnung des BMI
BMI =Körpergewicht (kg) geteilt durch Körpergröße (m) zum Quadrat. Also zum Beispiel: 65kg: 1,7 m2 =22,5kg/m2
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Optimalerweise sollte der BMI zwischen 19 und 25 liegen. Bei einem Wert zwischen 25 und 30 sprechen wir von Übergewicht, über 30 von Fettleibigkeit (Adipositas). Sowohl die Adipositas als auch bereits das Übergewicht erhöhen nicht nur das Risiko für Herzerkrankungen per se. Sie haben meist weitere Erkrankungen im Gepäck, wie einen zu hohen Blutdruck, hohes Cholesterin und eine Störung des Zuckerstoffwechsels, dessen Endstadium ein Typ-2-Diabetes ist. Zusammen bilden diese Erkrankungen eine Art »Bösewicht-Truppe« aus Stoffwechselstörungen, die sich zusammentun, um Ärger zu machen, und dein Herz-Kreislauf-System attackieren, wir nennen das »Metabolisches Syndrom«.
Aber kommen wir zunächst zurück zur Adipositas und dem Übergewicht. Das Hauptproblem ist das Ungleichgewicht im Stoffwechsel und das sogenannte Bauchfett, auch »viszerales Fett« genannt. Diese Speckschicht lagert sich um die Bauchorgane herum an. Sie ist nicht nur ein Energiespeicher, sondern auch ein wahres Chemielabor und Produktionsstätte für viele krank machende Botenstoffe und Entzündungsfaktoren. Diese sorgen nicht nur dafür, dass unser Insulin schlechter wirkt und der Zuckerstoffwechsel entgleist, sie bringen auch unsere Hormone in Schieflage.
Zum Beispiel wird der Botenstoff Leptin vermehrt gebildet, ein Sättigungshormon, was erst mal gut klingt. Aber wenn der Leptinspiegel in deinem Blut dauerhaft erhöht ist, wird das Signal »ich bin satt« in deinem Gehirn nicht mehr wirklich wahrgenommen und der Dauerhunger ist vorprogrammiert. Ein Teufelskreis. Zusätzlich stimulieren die Botenstoffe aus den Fettzellen bestimmte Entzündungszellen, das ist der Kickstarter für Diabetes, Ablagerungen in den Gefäßen (Atherosklerose) und Bluthochdruck. Aber Achtung, wer schlank ist, darf sich hier nicht in falscher Sicherheit wiegen, denn es gibt auch »schlanke Kranke«.
Und leider wird Deutschland auch eher »immer schwerer«. Inzwischen sind 46 Prozent aller Frauen in Deutschland übergewichtig (BMIüber 25), 18 Prozent sind adipös (BMI über 30), Tendenz steigend. In den letzten fünfzig Jahren hat sich die Anzahl der übergewichtigen Menschen verdreifacht. Ein hausgemachtes »First World Problem«, kreiert aus der Kombination von Bewegungsmangel, falschem Essverhalten sowie psychischen und sozialen Faktoren. Zu viel Gewicht belastet zudem die Gelenke enorm– und dein Herz ebenfalls. Oft führen die Gelenkbeschwerden beim Übergewicht dazu, dass man sich noch weniger bewegt, und aus diesem Teufelskreis wieder herauszukommen, gestaltet sich für Betroffene als äußerst schwierig.
Grundsätzlich ist nicht jedes Fettpölsterchen schlecht, doch Übergewicht ist weder für Frauen noch für Männer gesund. Und aus der Gendermedizin-Forschung wissen wir, dass Übergewicht und Adipositas bei Frauen noch schädlichere Auswirkungen auf den gesamtenOrganismus haben als bei Männern. Wo in jungen Jahren meist das(weniger schädliche) Fett am Oberschenkel ansetzt, nehmen wir Frauen im Alter und mit der hormonellen Umstellung in den Wechseljahren besonders im Bauchraum zu. Und das ist genau das Fett, das uns gesundheitliche Probleme bereiten kann. So ist bei postmenopausalen Frauen mit Adipositas das Diabetesrisiko deutlich höher als bei gleich alten, adipösen Männern.14 Neben den negativen Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System steigern die überschüssigen Pfunde auch das Risiko für Brustkrebs und viele andere Krebserkrankungen.
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Das unliebsame Bauchfett kann abgeschätzt werden, indem man den Taillenumfang misst. Der sollte bei Frauen unter 80Zentimeter liegen, gemessen wird knapp unterhalb des Bauchnabels, ab 88Zentimeter steigt das Risiko für Erkrankungen. Spätestens wenn bei dir ein Prädiabetes oder ein Bluthochdruck festgestellt wird, heißt es ran an den Speck! Achtung: Sehr große und muskulöse Frauen haben oft einen erhöhten BMI und einen Taillenumfang von mehr als 80Zentimeter, ohne dass dies einen Krankheitswert hat. Gerade dann empfiehlt sich eine Bioelektrische Impedanzanalyse.1Kilogramm Fettmasse entspricht ungefähr einer Energiemenge von 7000 Kilokalorien. Um dies abzubauen, muss man zum Beispiel 14 Stunden in schnellem Tempo Rad fahren, 24 Stunden flott walken oder zwölf Stunden joggen gehen. Es dauert also ein wenig, bis die Pfunde weggeschmolzen sind. Sei geduldig mit dir, feiere kleine Erfolge, nimm kleine Rückschritte hin und bleib dran. Es lohnt sich wirklich!Bei Frauen gilt ein Körperfettanteil von 21 bis 33 Prozent als normal, weniger als 15 Prozent hingegen als krankhaft wenig+++
Gefragt sind jetzt also Strategien, mit denen sich langfristig das Gewicht reduzieren und halten lässt. Um den Stoffwechsel wieder auf Spur zu setzen, sind die richtige Ernährung und Bewegung essenziell. Unterstützend gibt es auch neuere Medikamente wie die sogenannte Abnehm-Spritze (zum Beispiel Semaglutid), deren Einsatz bei Übergewichtigen ab einem BMI von 27 inzwischen gut untersucht ist und positive Effekte auf das Herz-Kreislauf-System zeigt; das erkläre ich im letzten Teil des Buches. Aber: Eine Dauerlösung ist die Spritze nicht, sobald man damit aufhört, nimmt man wieder zu, deshalb ist die Kombi aus richtiger Ernährung plus Sport der langfristige Masterplan.
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Wie werde ich Pfunde los?
An oberster Stelle stehen die langfristige Ernährungsumstellung und viel Bewegung, also mindestens 30 bis 60 Minuten zügig gehen pro Tag, das entspricht etwa 5 bis 6Kilometern pro Stunde.Eine proteinreiche Ernährung ist ganz wichtig, das baut Muskelmasse auf und lässt zusammen mit Training das Fett schmelzen.Sportarten wie Walken, Schwimmen, Yoga und Radfahren sind bei Übergewicht deutlich gelenkschonender als Joggen. Such dir das aus, was dir am meisten Spaß macht.Ich empfehle eine Kombination aus Ausdauer- und Krafttraining, denn je mehr Muskelmasse du hast, desto höher dein Grundumsatz!Setze dir realistische Ziele, zum Beispiel einen Gewichtsverlust von 0,5Kilogramm pro Woche.+++
Neben der nachweislich negativen Belastung des Körpers durch Übergewicht, sollten wir jedoch den psychischen Aspekt von Körpergewicht nicht außer Acht lassen. In unserer Gesellschaft stehen wir oft unter Druck, bestimmten Schönheitsidealen zu entsprechen, insbesondere durch die sozialen Medien. Die Folge ist nicht selten ein negatives Körperbild, was nicht nur unser Selbstwertgefühl beeinflusst, sondern auch unsere Gesundheit, einschließlich der Gesundheit unseres Herzens.
Die Zahlen der psychischen Störungen steigen, vor allem bei Mädchen in der Pubertät, gefährlich rasant an. In den letzten zehn Jahren wurden über fünfzig Prozent mehr Fälle von Essstörungen wie Magersucht und Bulimie bei jungen Frauen festgestellt.15 Dabei führt bei jungen Frauen exzessiver Sport in Verbindung mit wenig Nahrungsaufnahme und Regeneration dauerhaft zu Zyklusstörungen, Mangelerscheinungen und vorzeitiger Osteoporose mit spontanen Knochenfrakturen. Extreme sind nie gut, auch zu wenig Gewicht ist ungesund und langfristig mit keiner guten Prognose verbunden.16
Es gilt außerdem: Nur weil jemand einen theoretisch hervorragenden BMI von 20 hat, ist er oder sie nicht automatisch stoffwechselgesund. (Gleichzeitig gibt es durchaus sehr fitte übergewichtige Menschen.) Ich erinnere mich gut an den hageren 62-jährigen Marathonläufer, der mit Herzinfarkt in unsere Klinik eingeliefert wurde. An ihm war kein Gramm Fett zu sehen. Seine Laborergebnisse zeigten, dass er unter einer ausgeprägten, bis dahin unerkannten Fettstoffwechselstörung litt. Obwohl er wusste, dass in seiner Familie Herzerkrankungen häufig vorkamen, nahm er keine Check-up-Untersuchungen wahr, in der Annahme, dass der viele Sport ihn schütze. Seine Herzkranzgefäße waren, obwohl er sehr schlank und sportlich war, voll von krankhaften Ablagerungen. Nicht jeden Risikofaktor sieht man von außen, insbesondere ein unentdeckter Bluthochdruck und zu hohes Cholesterin können jahrelang ihr Schindluder treiben, ohne dass man es spürt.
Zu hoher Blutdruck ist verantwortlich für die meisten Todesfälle bei Frauen weltweit. Warum ist das so und wie entsteht Bluthochdruck?
Dein Blutdruck ist der Druck, mit dem dein Blut gegen die Arterienwände gedrückt wird. Er wird traditionell in Millimeter-Quecksilbersäule (mmHg) gemessen und setzt sich zusammen aus einem systolischen oberen Wert und einem diastolischen unteren Wert. Der systolische Wert entsteht beim Zusammenziehen deines Herzmuskels, also wenn der Druck im Gefäßsystem am höchsten ist, der diastolische Wert beim Erschlaffen des Herzens, es ist der niedrigste Druck der Entspannungsphase. Der Normwert bei Erwachsenen liegt bei 120 zu 70 mmHg. Wenn der Blutdruck 140 zu 90 mmHg überschreitet, sprechen wir von Bluthochdruck oder im Fachjargon von »arterieller Hypertonie«. Seit Neustem gibt es noch eine neue Blutdruckkategorie, die zwischen den oben genannten Werten (121–139/71–89 mmHg) liegt und als »erhöhter Blutdruck« definiert wird.17
Für Frauen steigt das Risiko, an Bluthochdruck zu erkranken, erst mit dem Alter an, wohingegen Männer auch häufiger schon in jüngeren Jahren (unter fünfzig) betroffen sind. Gesunde junge Frauen haben in der Regel einen niedrigeren Blutdruck als gesunde junge Männer. Ich kenne viele Frauen, die unter zu niedrigem Blutdruck leiden. Dieses Symptom ist eigentlich keine Erkrankung, wird in Deutschland aber so behandelt und deshalb im englischsprachigen Ausland als »German’s disease« belächelt. Auch wenn ich aus eigener Erfahrung weiß, dass betroffene Mädchen und Frauen wirklich darunter leiden. Eine meiner engsten Freundinnen aus der Kindheit war sehr groß und schlaksig und hatte nie einen Blutdruck über 90 mmHg systolisch. Mit ihr zusammen auf Konzerte zu gehen und in der ersten Reihe zu stehen, endete daher nicht selten mit Rettungsdiensteinsätzen. Denn sobald sie länger stand, versackte ihr Blut und ihr wurde schwindelig, es folgten Ohnmacht und Sturz. Kompressionsstrümpfe und eine Wasserflasche für stets ausreichende Hydrierung waren also ihre regelmäßigen Begleiter. Inzwischen hat sich ihr Problem »verwachsen«. Natürlich ist ein niedriger Blutdruck nicht immer harmlos, je nach Alter der Betroffenen sollten eine Herzschwäche, Blutarmut sowie Schilddrüsenstörungen ausgeschlossen werden. Gerade bei den ganz jungen Frauen findet man oft keine Ursache. Ihnen werden Wechselduschen, Ausdauertraining und Kompressionsstrümpfe empfohlen.
Man weiß, dass der Blutdruck bei Frauen ab dem 30. Lebensjahr langsam und unbemerkt ansteigt. Mit Eintritt in die Postmenopause verdoppelt sich dann das Risiko für einen Bluthochdruck. Jede zweite Frau über sechzig leidet darunter.18 Du ahnst es wahrscheinlich schon, das hängt nicht nur mit dem Alter, sondern auch mit den Hormonen zusammen. Denn Östrogen wirkt von Natur aus blutdrucksenkend und durchblutungsfördernd, ein wahrer Gefäßschmeichler. Durch das abfallende Östrogen in den Wechseljahren nimmt nicht nur die Elastizität unserer Haut ab, sondern auch die unserer Gefäße–und starre Gefäßwände können den Blutdruck weniger gut ausgleichen. Außerdem kommt es durch das abfallende Östrogen zur Hochregulation anderer Hormonsysteme mit potenziell ungünstigen Folgen. So führt die steigende Produktion von Botenstoffen zum Beispiel zur vermehrten Absorption von Salz in den Nieren, wodurch mehr Wasser in die Gefäße gezogen wird, und der Blutdruck steigt.
In Fachkreisen diskutiert man aktuell darüber, für Frauen gesonderte Grenzwerte für Bluthochdruck zu definieren, da man weiß, dass der Anstieg des Blutdrucks bei Frauen im mittleren Lebensalter steiler ist als bei Männern. Und jede 20-mmHg-Blutdruckerhöhung bei Menschen zwischen 40 und 89 Jahren verdoppelt das Risiko, an Herzerkrankungen oder Schlaganfällen zu versterben.19 Dann doch lieber zu niedrigen Blutdruck haben, oder? Man weiß außerdem, dass bei Frauen bereits ein geringerer Anstieg des Blutdrucks zu einem Herzinfarkt führen kann als bei Männern. Ich bin gespannt, ob sich die Handlungsempfehlungen bezüglich einer frühzeitigeren Absenkung des Blutdrucks mit anderen Referenzwerten für Frauen in den nächsten Jahren ändern werden.20
Bluthochdruck gilt zwar als eine eigenständige Erkrankung, verursacht aber auch gewaltige Kollateralschäden an lebenswichtigen Organen, weil er das gesamte Gefäßsystem im Körper schädigt. So kommt es zu Erkrankungen an Nieren, Augen, Gehirn und eben am Herzen. Sogar ein erhöhtes Risiko für Gebärmuttermyome konnte bei Frauen mit unbehandeltem Bluthochdruck nachgewiesen werden.21 Leider entstehen die Schäden des hohen Blutdrucks häufig unbemerkt, da er gerade in den Anfangsstadien oft nur wenige oder gar keine Beschwerden auslöst.
Dein Herz mag den dauerhaft erhöhten Blutdruck gar nicht, denn er bedeutet große Anstrengung. Es muss bei jedem Herzschlag, mit dem es Blut in unsere Arterien (Schlagadern) pumpt, gegen einen erhöhten Widerstand (mehr Druck in den Gefäßen) anarbeiten. Schwerstarbeit, die ihre Spuren hinterlässt. Der Herzmuskel macht das Spiel eine Zeit lang mit, aber er verdickt sich durch das »Dauertraining« massiv und die Herzwände können dann fast den doppelten Umfang erreichen! Das Problem: Ein dickerer Herzmuskel braucht mehr Sauerstoff, aber die Herzkranzgefäße, die ihn mit Blut und Nährstoffen versorgen, wachsen leider nicht mit. Das Herz kann den Belastungen nicht dauerhaft standhalten, und über die Jahre drohen Komplikationen wie eine Herzschwäche oder Herzrhythmusstörungen. Ein ganz frauentypisches Krankheitsbild ist die sogenannte Herzschwäche mit erhaltender Pumpfunktion, das bedeutet, das Herz pumpt noch fleißig das Blut aus dem Herzen hinaus, aber es ist durch den langjährigen hohen Blutdruck (und weitere Risikofaktoren) sehr starr geworden und kann sich nicht mehr richtig mit Blut füllen. Dieser Rattenschwanz an schwerwiegenden Folgeerkrankungen kann und sollte durch konsequente Blutdruckeinstellung vermieden werden.
Ein prominentes Beispiel dafür, was ein unbehandelter Bluthochdruck anrichten kann, war Tina Turner (1939–2023). Die Sängerin litt jahrelang unter zu hohem Blutdruck und wollte keine Medikamente schlucken. Sie versuchte es mit homöopathischen Mitteln, die ihr von Wunderheilern angepriesen wurden. Die Folgen waren ein Schlaganfall sowie eine schwere Schädigung ihrer Nieren. Sie musste an die Dialyse, weil ihre Nieren komplett versagten. Schließlich spendete ihr Ehemann ihr eine Niere. Unter dem Motto #showyourkidneyslove klärte sie über Bluthochdruck und ihre Leidensgeschichte auf: Man habe ihr nämlich nie erklärt, welche Folgen ein zu hoher Blutdruck haben kann. Dieses Schicksal soll euch nicht ereilen! Deshalb liegt esmir am Herzen, dass du zumindest schon mal weißt, wie man den Blutdruck richtig misst.
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Blutdruckmessung– so wird’s gemacht
30 Minuten vorher keinen Sport machen, nicht rauchen und keine stimulierenden Getränke konsumieren (Alkohol, Kaffee).Blutdruck zu Hause messen: Setze dich auf einen Stuhl mit Lehne, dein Unterarm liegt auf einem Tisch, die Füße stehen flach auf dem Boden. Lehne dich entspannt zurück. Messe zweimal den Blutdruck im Abstand von etwa einer Minute. Den niedrigeren Wert notierst du.+++
Regelmäßiges Blutdruckmessen ist für alle Menschen sinnvoll und hocheffektiv, wenn es um die Vermeidung von Todesfällen geht. Eine Blutdruckmessung bei 276 Menschen verhindert statistisch gesehen einen Todesfall in den nächsten 5 bis 15 Jahren. (Zum Vergleich: 2970 Mammografien sind nötig, um einen Todesfall zu verhindern.) Todesfälle können also verhindert werden, wenn die durch regelmäßige Blutdruckmessung festgestellten erhöhten Werte entsprechend behandelt werden. Hast du kein Blutdruckmessgerät zur Hand, bieten zum Beispiel auch Apotheken eine Blutdruckmessung an. Solltest du wiederholt erhöhte Werte messen (bitte die Grundregeln der Blutdruckmessung beachten), kontaktiere auf jeden Fall deine Ärztin oder deinen Arzt. Bluthochdruck entsteht in der Regel nicht von einem auf den anderen Tag, sondern eher schleichend. Es lohnt sich, den Blutdruck vor einem Termin in der Praxis über ein paar Tage zu