Schatten der Versuchung - Christine Feehan - E-Book

Schatten der Versuchung E-Book

Christine Feehan

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Beschreibung

Seit jeher jagt Natalya die Kreaturen der Nacht und nimmt Rache für deren unschuldige Opfer. In Rumänien triff sie auf den Karpatianer Vikirnoff. Dieser ist schon weit in die Dunkelheit versunken und droht, zum Vampir zu werden. Für Natalya ist er ein Feind. Doch kann sie dem verführerischen Fremden widerstehen?
Vikirnoff dachte, dass ihn nichts mehr überraschen könnte. Doch als er Natalya begegnet, ist er augenblicklich fasziniert von ihr. Aber ist diese furchtlose Vampirjägerin wirklich seine Seelengefährtin? Ist sie diejenige, die das Volk der Karpatianer vor dem Untergang bewahren und sein Herz vor der Dunkelheit retten kann?

Dunkel, gefährlich und extrem heiß - Schatten der Versuchung ist der 16. Band der umfangreichen NEW YORK TIMES und SPIEGEL-Bestsellerserie Die Karpatianer.

eBooks von beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.


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Inhalt

Cover

Grußwort des Verlags

Über dieses Buch

Titel

Widmung

Danksagung

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Anhang 1

Anhang 2

Über die Autorin

Weitere Titel der Autorin

Impressum

 

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Über dieses Buch

Seit jeher jagt Natalya die Kreaturen der Nacht und nimmt Rache für deren unschuldige Opfer. In Rumänien triff sie auf den Karpatianer Vikirnoff. Dieser ist schon weit in die Dunkelheit versunken und droht, zum Vampir zu werden. Für Natalya ist er ein Feind. Doch kann sie dem verführerischen Fremden widerstehen?Vikirnoff dachte, dass ihn nichts mehr überraschen könnte. Doch als er Natalya begegnet, ist er augenblicklich fasziniert von ihr. Aber ist diese furchtlose Vampirjägerin wirklich seine Seelengefährtin? Ist sie diejenige, die das Volk der Karpatianer vor dem Untergang bewahren und sein Herz vor der Dunkelheit retten kann?

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CHRISTINE FEEHAN

Schattender Versuchung

Aus dem amerikanischen Englischvon Britta Evert

In Liebe für Dr. Christopher Tongund Mary WaltrichUnd für Kelley Granzow

Danksagung

Mein besonderer Dank gilt Dr. Christopher Tong, der eine ständige Quelle der Information ist. Es war seine Idee, Karpatianisch als Proto-Sprache des Finno-Ugrischen zu deuten. Dr. Chris Tong (www.christong.com), der mehrere Sprachen fließend spricht, belegte an der Columbia University Kurse in Linguistik und studierte an der Stanford University Computerlinguistik. In den letzten dreißig Jahren befasste er sich mit den großen spirituellen und heilenden Traditionen und Mythen der Welt (und nahm an einigen von ihnen aktiv teil). Außerdem ist er der Gründer der Practical Spirituality Press und Autor mehrerer Bücher über »praktische Spiritualität«. Danke, Mary, dass du Ungarisch sprichst und uns einen guten Start ermöglicht hast!

Kapitel 1

Natalya Shonski zog ihre schwarze Lederhose über Beine und Hüften, wo sie sich eng an ihren Körper schmiegte. Leder schützte vor Verletzungen im Kampf, und Natalya war sicher, dass sie heute Nacht noch Ärger bekommen würde. Während sie in ein weiches Lederhemd schlüpfte, schaute sie sich in dem sauberen Zimmer um, das sie in dem kleinen Gasthof gemietet hatte. Der Raum war nicht groß, aber mit farbenfrohen Wandbehängen ausgestattet, und auf dem Bett lag ein fröhlich gemusterter Überwurf. Natalyas Waffen waren sorgfältig auf der schönen gewebten Decke ausgebreitet.

Sie machte sich daran, die verschiedenen Waffen in die speziell angefertigten Taschen und Schlingen ihrer Hose zu stecken. Wurfsterne mit rasiermesserscharfen Kanten sowie mehrere Messer. Dazu ein Gürtel, der Platz für weitere Waffen und zusätzliche Munition für die zwei Pistolen bot, die Natalya in die beiden Halfter unter ihren Achselhöhlen schob. Sie zog eine ihrer neuen weiten Folkloreblusen und darüber eine bunt bestickte Schaffellweste an, wie sie die einheimischen Frauen zum Schutz gegen die Kälte trugen und die Natalyas Arsenal gut verbarg.

Der lange Rock verdeckte nicht nur die Lederhosen, sondern half ihr auch, unter den Einheimischen nicht aufzufallen. Sie hatte sich für einen Rock in bunten Farben entschieden, statt einen der schlichten schwarzen zu nehmen, den ältere Frauen häufig trugen. Zum Schluss band sie ein Tuch um ihr goldbraunes Haar, um sich noch weiter unkenntlich zu machen.

Nachdem Natalya zufrieden festgestellt hatte, dass sie sich äußerlich kaum von einer Einheimischen unterschied, steckte sie zwei Arnis-Stöcke in die ausgeleierten Schlaufen ihres Rucksacks und öffnete die Balkontür. Sie hatte bewusst ein Zimmer im ersten Stock gewählt. Ihren zahlreichen Feinden würde es schwerfallen, sich unbemerkt zu nähern, während sie selbst leicht nach unten entkommen oder übers Dach flüchten könnte.

Natalya stützte ihre Hände auf die Balkonbrüstung und betrachtete die Landschaft. Das kleine Dorf schmiegte sich an den Ausläufer eines der hohen Berggipfel des eindrucksvollen Gebirgszugs der Karpaten. Eine Anzahl kleiner Gehöfte war auf den wogenden, grünen Hügeln verstreut, und auf den Wiesen lagen bis hinauf zur Baumgrenze Heuballen. Über den dichten Wäldern ragten steile Gipfel empor, auf denen immer noch Schnee glitzerte. Natalya hatte angesichts der bescheidenen Katen und der ländlichen Lebensweise das Gefühl, eine Reise in die Vergangenheit angetreten zu haben, und doch fühlte sie sich, als wäre sie nach Hause gekommen. Und irgendwie stimmte das sogar. Sie hatte kein Zuhause.

Natalya seufzte und schloss einen Moment lang die Augen. Um mehr als alles andere beneidete sie die Menschen hier um ihre Familien. Um ihr Lachen und ihre Kinder und die Liebe, die in ihren Augen und auf ihren Gesichtern leuchtete. Sie sehnte sich danach, irgendwohin zu gehören. Von jemandem gebraucht zu werden. Von einem Menschen wahrhaft geliebt zu werden. Einfach die sein zu können, die sie war, ein echtes Gespräch führen zu können …

Ihre Finger ertasteten tiefe Kerben im Geländer, und sie ertappte sich dabei, mit ihren Fingerspitzen fast liebevoll über die Vertiefungen in dem polierten Holz zu streichen. Dann untersuchte sie die Stellen näher. Es sah aus, als hätte ein großer Vogel seine Krallen tief in das Geländer geschlagen, obwohl die Kerben alt waren und die Wirtsleute das kunstvoll geschnitzte Geländer kräftig mit Politur bearbeitet hatten und keine Splitter zu ertasten waren.

Natalya atmete die Nachtluft ein und starrte zu dem Berggipfel hinauf. Irgendwo dort oben befand sich ihr Ziel. Sie hatte keine Ahnung, was sie an diese bestimmte Stelle geführt hatte, aber sie vertraute ihrem Instinkt. Sie musste auf diesen Gipfel steigen und herausfinden, was es war, das ihr seit einiger Zeit keine Ruhe mehr ließ. Dichter Nebel hüllte die Bergspitze ein und umgab sie mit einer undurchdringlichen Wolke. Ob es sich bei der Wolke um ein normales Wetterphänomen oder so etwas wie eine übernatürliche Warnung handelte, spielte keine Rolle. Sie hatte keine andere Wahl, als diesen Berg zu besteigen. Der Zwang, der sie dazu trieb, war viel zu stark, als dass sie ihn hätte ignorieren können.

Natalya warf einen letzten Blick auf die wirbelnden weißen Nebelschwaden und ging in ihr Zimmer zurück. Es hatte keinen Sinn, die Sache noch länger hinauszuzögern. Sie hatte die letzte Woche damit verbracht, mit den Dorfbewohnern bekannt zu werden, mit einigen der Frauen Freundschaft zu schließen und sich mit der Umgebung vertraut zu machen. Obwohl sie eine Einzelgängerin war, stellte sie fest, dass sie menschliche Gesellschaft brauchte. Sie genoss es, mit den Frauen aus dem Dorf zusammen zu sein, und hatte schon einige Informationen von ihnen bekommen, aber es bekümmerte sie, dass ihre Freundschaften nie über das Oberflächliche hinausgehen konnten. Dadurch war ihr Leben einsam, und sie wünschte sich so sehr, irgendwo dazuzugehören, jemandem wie Slavica Ostojic zu erzählen, wer und was sie war – sich den Luxus zu gönnen, zu jemandem, den sie wirklich mochte, völlig ehrlich zu sein.

Gang und Treppe waren sehr eng und führten nach unten in den Aufenthaltsraum, der sich zwischen Speisesaal und Schankraum befand. Viele der Einheimischen kamen abends nach einem harten Arbeitstag auf ein Bier und ein Schwätzchen hierher. Natalya winkte zwei, drei Leuten, die sie kannte, zu, wobei ihr Blick automatisch die Räume absuchte, um Ausgänge, Fenster und vor allem neue Gesichter zu überprüfen. Ein paar Männer, die an der Theke saßen, schauten zu ihr. Sie registrierte die gefurchten Gesichter, das freundliche Lächeln und die prüfenden Blicke und speicherte sicherheitshalber alles in ihrem Gedächtnis.

Ein Augenpaar, das über ihr Gesicht huschte, machte sie stutzig. Die Musterung war schnell, aber gründlich. Der Mann schätzte sie genauso ab, wie sie ihn abschätzte. Ihr Rucksack mit den zwei Arnis-Stöcken und ihr auffallender Wanderstock waren ihm bestimmt nicht entgangen. Natalya drehte sich mit einem raschen Lächeln zu der Besitzerin des Gasthofs um, froh, dass sie diesem prüfenden Blick entkommen konnte. Falls sie überwacht wurde, musste der Betreffende nicht unbedingt ihre Pläne kennen.

»Slavica.« Sie nahm die Hände der Wirtin in ihre. »Vielen Dank für die köstliche Mahlzeit.« Sie sprach Englisch, weil Slavica hart daran arbeitete, ihre Sprachkenntnisse zu verbessern, und ständig übte. Bewusst führte sie die Frau von der Theke in eine ruhigere Ecke des Aufenthaltsraumes, wo neugierige Ohren ihr Gespräch nicht belauschen konnten. »Ich mache mich jetzt auf den Weg in die Berge. Meine Exkursionen dauern oft tagelang. Mach dir keine Sorgen um mich. Ich komme schon zurück. Gib mir mindestens eine Woche Zeit, ehe du in Panik gerätst.«

Slavica schüttelte den Kopf. »Es ist schon nach Sonnenuntergang, Natalya. In den Bergen und Wäldern hier kann es nachts …« Die Wirtin zögerte und suchte nach dem richtigen Wort. »… beunruhigend sein. Es ist besser, du machst deine Forschungen am Tag, wenn die Sonne scheint und Leute in der Nähe sind.« Sie blickte auf und lächelte, als sie dem Blick ihres Mannes begegnete.

Natalya spürte sofort einen Anflug von Neid. Sie beobachtete die Wirtin gern im Umgang mit ihrem Mann Mirko und ihrer Tochter Angelina. Ihre Liebe zueinander zeigte sich deutlich in den vielen kleinen Blicken, die sie wechselten, und den liebevollen Gesten.

»Ich bin jeden Abend ausgegangen, und du hattest noch nie etwas dagegen«, erinnerte Natalya sie. »Und das war fast immer nach Sonnenuntergang.«

Slavica lächelte schwach. »Heute Abend fühle ich einen Unterschied. Du denkst bestimmt, ich bin abergläubisch, aber irgendetwas stimmt nicht heute Abend, und es ist besser, wenn du hier bei uns bleibst.« Sie tätschelte Natalyas Arm. »Hier gibt es viel zu tun. Mirko kann mit dir Schach spielen. Er ist ziemlich gut. Oder ich erzähle dir etwas über unsere Kräuter und ihre heilende Wirkung.« Slavica war Krankenschwester und in der ganzen Gemeinde für ihre medizinischen Kenntnisse und ihr Wissen über Heilkräuter und deren Anwendung bekannt. Das Thema faszinierte Natalya, und es machte ihr Freude, wenn Slavica sich zu ihr setzte und ihr Wissen an sie weitergab.

Natalya schüttelte bedauernd den Kopf. Slavica war die Art Frau, die in ihr das schmerzhafte Verlangen weckte, selbst Teil einer Familie und Gemeinschaft zu sein. »Danke, Slavica, aber ich habe einen Schutz.« Sie zog das Kreuz hervor, das an einer dünnen Silberkette unter ihrem Hemd baumelte. »Es ist lieb von dir, dass du dir Sorgen um mich machst, aber ich komme schon klar.«

Slavica schien etwas einwenden zu wollen, presste jedoch nur die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf.

»Ich weiß, was ich tue«, versicherte Natalya ihr. »Ich schlüpfe zur Küche hinaus, wenn es dir nichts ausmacht. Ich habe genug zu essen und zu trinken für mehrere Tage dabei, und Mitte nächster Woche bin ich wieder da, wenn nicht früher.«

Slavica begleitete sie durch den Speisesaal. Natalya spähte verstohlen zu dem Fremden, der an der Theke saß und sich mit Mirko unterhielt. Er schien völlig ins Gespräch vertieft, aber sie traute ihm nicht. Er hatte Interesse an ihr gezeigt, und es war nicht das normale Interesse eines Mannes an einer Frau gewesen. Sie hatte keine Ahnung, was dahintersteckte, doch sie würde kein Risiko eingehen. Sie nickte kurz in seine Richtung. »Wer ist das? Ich habe ihn hier noch nie gesehen.«

»Er kommt oft hier vorbei, wenn er geschäftlich unterwegs ist.« Slavicas Gesichtsausdruck verriet nichts. »Er ist eher wortkarg. Ich weiß nicht, in welcher Branche er arbeitet.«

»Ist er verheiratet?«

Die Wirtin machte ein beunruhigtes Gesicht. »Dieser Mann ist nichts für dich, Natalya. Er ist hier willkommen, wie alle Reisenden es sind, aber er ist nichts für dich.«

Natalya riskierte keinen Blick mehr in die Richtung des Mannes. Er beobachtete viel zu scharf, und sie wollte nicht seine Aufmerksamkeit erregen. Sie ging durch den Speisesaal in die kleine Küche mit dem unvermeidlichen Schafskäse und den Körben voller Kartoffeln. »Keine Sorge, ich halte nicht Ausschau nach einem Mann.«

»Ich habe die Sehnsucht auf deinem Gesicht und in deinen Augen gesehen, wenn du Kinder anschaust. Wenn du Ehepaare siehst«, sagte Slavica sanft. »Du wünschst dir eine eigene Familie.«

Natalya zuckte nachlässig die Schultern, wich aber dem Blick der anderen aus, weil sie nicht das Mitleid in ihren Augen sehen wollte. Waren ihre geheimen Wünsche so offensichtlich? Wann war es für sie zu einem Problem geworden, ihre Gefühle hinter ihrer sorgfältig kultivierten, forschen Persönlichkeit zu verbergen? »Ich bin gern auf Reisen. Ich wäre nicht gern angebunden.« Das war eine himmelschreiende Lüge, und sie wusste, dass sie sich zum ersten Mal in ihrem Leben verraten hatte.

»Es ist ganz normal, sich einen Mann und eine Familie zu wünschen. Ich habe auf den Richtigen gewartet«, erzählte Slavica. »Auch als meine Eltern und die Nachbarn fanden, dass ich zu alt wäre und ihm nie begegnen würde, hielt ich es für besser zu warten, als mich an jemanden zu binden, mit dem ich nicht mein ganzes Leben zusammen sein wollte. Ich habe auf Mirko gewartet, und das war richtig. Wir haben eine schöne Tochter und dieses Gasthaus, und das ist genug. Wir sind glücklich miteinander. Du verstehst, Natalya? Nimm nicht einfach irgendeinen Mann, bloß weil du glaubst, deine Zeit läuft ab.«

Natalya nickte feierlich. »Ich verstehe, was du meinst, und bin ganz deiner Meinung. Aber ich bin wirklich nicht verzweifelt auf der Suche nach einem Mann, ganz im Gegenteil. Wir sehen uns bald.« Sie stieß die Küchentür auf, winkte der besorgt blickenden Gastwirtin zu und eilte hinaus.

Nach der Wärme des Gasthofs war die Nachtluft kalt, doch darauf war Natalya vorbereitet. Mit forschen Schritten ging sie die schmale Straße hinunter, die zu dem Bergpfad führte. Als ein unbeladenes Pferdefuhrwerk an ihr vorbeirumpelte, rief sie dem Mann zu, ob sie mitfahren könne. Der Bauer zögerte kurz, bevor er anhielt. Natalya raffte ihren Rock und lief zu ihm, ehe er es sich anders überlegen konnte. Die meisten Einheimischen benutzten Pferdewagen statt Autos. Es waren einfache Gefährte, Karren auf Rädern, die von einem oder zwei Pferden gezogen und von Umzügen bis zum Transport großer Heuballen praktisch für alles verwendet wurden.

»Danke schön«, sagte sie, während sie ihren Wanderstock auf die Ladefläche warf und hinterherkletterte. Sie lehnte sich an die Rückwand des Karrens, da sie dem Bauern nicht noch mehr Unbehagen bereiten wollte, als er anscheinend ohnehin schon dabei empfand, eine fremde Frau auf der Straße aufzulesen.

Zu ihrer Überraschung sprach er sie an. Die meisten älteren, verheirateten Männer waren in Gegenwart junger, alleinstehender Frauen eher reserviert. »Was machen Sie denn noch so spät draußen? Die Sonne ist schon untergegangen.« Er schaute sich nervös um.

»Ja, das stimmt«, bestätigte sie, ohne auf seine Frage einzugehen. »Sie sind auch noch spät unterwegs.«

»Ist nicht gut«, sagte er. »Nicht heute Nacht.« Er senkte seine Stimme, doch seine Sorge war nicht zu überhören. »Sie sollten heute Nacht lieber bei mir und meiner Frau unterkriechen. Ich könnte Sie auch zum Gasthof bringen.« Sorgenvoll betrachtete er den Mond und die Wolken, die über den Himmel wirbelten und teilweise das Mondlicht verdeckten. Es war offensichtlich, dass er nicht gern umkehren würde. Er schüttelte die Zügel, damit das Pferd schneller lief.

Auch Natalya starrte zum Himmel hinauf und bemerkte die düsteren Wolken, die vor einigen Minuten noch nicht da gewesen waren. Die dichten Nebelschwaden, die über den Berggipfeln hingen, schienen wie bleiche Knochenhände nach dem Mond und dem Wald zu langen. Ein Blitzschlag überzog die Ränder der Nebelwand mit goldenen Lichtbögen. In der Ferne grollten Donnerschläge. Über den Bergen schien sich ein Gewitter zu entladen.

Natalya schob eine Hand in ihre Fellweste und berührte den Griff ihrer Pistole. »Das Wetter hat heute Abend schnell umgeschlagen.« Und dieser Umschwung hatte keine natürliche Ursache.

»So ist es nun mal in den Bergen«, bemerkte der Bauer und schnalzte mit der Zunge, um sein Pferd anzutreiben. »Am besten geht man in Deckung, bis sich alles wieder beruhigt hat.«

Natalya gab keine Antwort. Sie musste auf den Berg. Hatten Spione ihre Feinde davon verständigt, dass sie in der Nähe war? Wurde sie schon erwartet? Sie wandte ihre Aufmerksamkeit der Landschaft zu, die rasch vorbeizog. Bewegte sich dort im Schatten etwas? Falls es so war, musste sie den Bauern beschützen. Sie hatten das Dorf weit hinter sich gelassen und befanden sich mitten in dem weitläufigen Hügelland mit seinen vereinzelten Gehöften.

Sie blieb wachsam und achtete scharf auf Anzeichen eines drohenden Angriffs, indem sie alle ihre Sinne schärfte, um Informationen zu sammeln. Mit einem Atemzug nahm sie die Nachtluft tief in ihren Lungen auf und entschlüsselte die Geschichten, die ihr der Wind zutrug. Der Wind brachte den Gestank des Bösen mit. Das leise Rascheln im Wald. Den Geruch von Wölfen, die rastlos im Mondlicht umherstreiften. Natalya hob ihr Kinn. Es war so weit. Sie hatte es nicht auf einen Kampf abgesehen. Normalerweise war sie diejenige, die sich zuerst zurückzog, aber sie hatte es satt, verfolgt zu werden, satt, jede Minute des Tages über die Schulter zu schauen. Wenn die anderen einen Kampf wollten, konnten sie ihn haben. Sie war vorbereitet. Dieses Mal würde sie keinen Rückzieher machen.

Der Bauer bog in einen schmalen Feldweg ein. Als das Pferd langsamer wurde, um die scharfe Kurve zu nehmen, sprang Natalya ab und winkte dem Mann im Gehen zu. Er rief ihr etwas nach, doch sie ging einfach weiter und marschierte mit schnellen Schritten bergauf in Richtung Baumgrenze.

Sowie sie sicher war, aus der Sichtweite des Bauern zu sein, zog sie den bunt gemusterten Rock und die Bluse aus, faltete die Sachen und das Kopftuch zusammen und verstaute alles in ihrem Rucksack. Die Arnis-Stöcke kamen in Schlaufen an ihrem Gürtel, wo sie jederzeit griffbereit waren. Natalyas ganzes Auftreten veränderte sich, als sie nach dem vertrauten Wanderstock langte. Mit grenzenlosem Zutrauen zu sich selbst huschte sie über die Felder, indem sie zwischen den Heugarben hindurchschlüpfte, bis sie ein gutes Stück von den Bauernhöfen entfernt war. Ein Pfad führte den Berg hinauf, eher für Ziegen als für Menschen geeignet, aber Natalya nahm ihn, weil es der direkte Weg war.

Sie durchquerte ein Feld mit blühenden Wiesenblumen und kämpfte sich durch wogende Gräser immer näher an den Wald heran. Der Mond wurde fast völlig von den immer dunkler werdenden Wolken verdeckt, und je näher sie dem Wald kam, desto lauter hallten die Donnerschläge. Blumen und Gräser wichen Büschen und Sträuchern. Hier und dort ragten auf dem Abhang große Felsbrocken auf. Einige zähere Blumen hatten es geschafft, in den Felsspalten Wurzeln zu schlagen. Die Bäume waren klein und knorrig, aber nach zwei weiteren scharfen Kehren veränderte sich die Vegetation völlig und wuchs dichter und höher.

Natalya hatte die Karpaten gründlich studiert. Sie wusste, dass der Gebirgszug einer von Europas größten Lebensräumen für Fleischfresser und die Heimat von Braunbären, Wölfen und Luchsen war. Die Berge erstreckten sich über sieben Länder Mitteleuropas, und die dichten Wälder waren die letzten Refugien für Europas seltene und vom Aussterben bedrohte Vogelarten und größere Raubtiere. Obwohl in den Gebieten um die Karpaten viele Menschen lebten, gab es dort weite Landstriche, die immer noch wild und unberührt waren.

Natalya blieb stehen, um den dichten Wald zu überprüfen, der sich rings um sie erstreckte. In dieser Gegend gab es zweimal so viel Niederschläge wie in den angrenzenden Gebieten, und die endlosen Wälder und üppigen grünen Hügel zeugten von den Wassermengen, die Bäche und Flüsse speisten. Die satten Grünschattierungen zogen sie fast magisch tiefer in den Wald hinein. Warum kannte sie diesen Ort? Wie hatte sie davon träumen können? Woher wusste sie, dass der Pfad, der kaum mehr als eine Wildspur war und der nach links abging, tief ins Waldesinnere und weiter auf den schmalen Weg führte, der sie zum Gipfel bringen würde, direkt in die wirbelnden Nebelschwaden, wohin sich nur wenige Leute wagten?

Sie bewegte sich in einem leichtfüßigen, zügigen Laufschritt, der sie schnell durch das Unterholz brachte. Sie musste es vor Sonnenaufgang zum Gipfel schaffen und den Eingang zu den Höhlen finden.

Der Wald wurde dichter und die Vegetation üppiger, als sie durch das scheinbar undurchdringliche Gehölz lief. Über ihrem Kopf schlangen sich die Äste ineinander und hielten einen Großteil des Mondlichts ab. Natalya bereitete es keine Probleme zu sehen, wohin sie lief. Zusätzlich zu einer hervorragenden Nachtsicht verfügte sie von jeher über eine Art angeborenes Radarsystem, mit dessen Hilfe sie Hindernissen mühelos ausweichen konnte.

Sie bewegte sich schnell, aber mit instinktiver Vorsicht und Wachsamkeit; sie nahm das leiseste Rascheln, den schwächsten Geruch ebenso wahr wie das Schweigen der Vögel, alles Anzeichen, die ihr verraten würden, dass sie nicht allein war.

Plötzlich wurde ihr Mund trocken, ihr Puls beschleunigte sich, und ihre Nackenhaare sträubten sich leicht. Sie wurde beobachtet.

Hinter ihrem Rücken huschten Schatten um Bäume herum, als wollten sie Natalya einkreisen. Sie lief unbeirrt in ihrem stetigen Tempo weiter. Beim Laufen verlagerte sie ihren Griff um den Wanderstock in die vertrauten Vertiefungen, um ihn sofort einsatzbereit zu haben.

Der erste Wolf sprang aus der Deckung des Dickichts hervor, als sie über einen kleinen Bach setzte. Natalya wurde nicht langsamer, sondern konterte den Angriff mit einem kräftigen Hieb ihres schweren Stocks. Ein lautes Krachen war zu hören, und der Wolf wich winselnd zurück, als sie vorbeilief. Sie fuhr herum, zog geschickt den Degen aus dem Stock und stellte sich dem Tier.

»Wenn du mit mir kämpfen willst, Bruder, dann tu es. Ich habe einen wichtigen Weg vor mir, und du hältst mich auf.« Sie murmelte die Worte deutlich hörbar, während sie sich dem Tier näherte und dabei bewusst in den Wind trat, damit das Rudel ihre Witterung aufnehmen konnte.

Der Wolf hielt seine Schnauze in die Luft und wich, plötzlich vorsichtig geworden, vor ihr zurück. Die anderen Mitglieder des Rudels schwärmten unruhig aus. Natalya gab ein tiefes, kehliges Knurren von sich, die Warnung eines gefährlichen wilden Tieres. Als sie dem Rudel die Zähne zeigte, begann in ihren strahlend grünen Augen ein tiefes, sattes Blau zu wirbeln, das sie beinahe milchig erscheinen ließen, und durch ihr Haar zogen sich pechschwarze und leuchtend orange, beinahe rote Streifen. Die Wölfe ergriffen die Flucht. Nur das Alpha-Weibchen blickte zurück und fletschte knurrend die Zähne, um ihr Missfallen über den unbekannten Geruch zu bekunden. Natalya stieß ein warnendes Zischen aus, und das Weibchen jagte hinter dem Rudel her.

»Ja, das habe ich mir schon gedacht«, rief Natalya den Tieren nach und schob den Degen wieder in den Stock. Sie wartete einen Moment, bis sie sicher war, dass die Wölfe nicht zurückkommen würden, ehe sie ihren Weg fortsetzte.

Leichtfüßig sprang sie über einen umgestürzten Baumstamm, der mit Farn und Moos überwachsen war, und blieb dann abrupt stehen, als direkt vor ihr ein Mann hinter einem Baum hervortrat. Er war groß und dunkelhaarig und wirkte mit seinen breiten Schultern und dem charmanten Lächeln ausgesprochen attraktiv. Natalya überprüfte die Umgebung mit äußerster Wachsamkeit. Er war nicht allein, davon war sie überzeugt.

Sie ließ ihren Rucksack auf den Boden fallen und lächelte den Mann an. »Ich habe dich schon vor einer guten Stunde erwartet.«

Er machte eine elegante Verbeugung. »Dann tut es mir leid, dass ich mich verspätet habe, werte Dame. Ich bin hergekommen, um alles für Ihre Ankunft vorzubereiten.« Mit einer weit ausholenden Handbewegung zeigte er auf die Umgebung.

»Wäre nicht nötig gewesen, sich in Schale zu schmeißen«, bemerkte Natalya. »Obwohl die Alternative ziemlich widerlich ist.«

Ein Anflug von Zorn huschte über das Gesicht des Mannes, aber sein Lächeln blieb unverändert. Seine Zähne waren nicht sehr weiß und wirkten spitz und scharf. »Wollen Sie nicht den Stock weglegen?«

»Glaubst du etwa, ich werde es dir leicht machen? Ich bin nicht besonders glücklich über dich, Freddie, mein Junge.«

Diesmal ließ sich sein Zorn nicht unterdrücken. Braune Flecken tauchten auf seinen Zähnen auf. »Ich bin nicht Freddie. Wer ist Freddie? Mein Name ist Henrik.«

»Du gehst wohl nicht besonders oft aus, was? Hast du noch nie die Spätvorstellung im Kino gesehen? Freddie ist ein echter Star. Ein ausgesprochen hässlicher Massenmörder, genau wie du. Eigentlich ist es mir egal, wie du heißt. Aber mir ist nicht egal, dass du ständig hinter mir her bist. Ich habe es verdammt satt. Also gib dein Bestes, Freddie. Bringen wir es hinter uns.«

Henriks Atem entwich in einem langen, zornigen Zischlaut. »Ich werde dir schon noch Respekt beibringen.«

Natalya verzichtete auf eine Antwort und ging stattdessen direkt zum Angriff über, indem sie einen Satz auf ihn zumachte und gleichzeitig ihren Degen zog. Die Klinge schwirrte im hohen Bogen durch die Luft und bohrte sich in seinen Hals.

Henrik löste sich mit einem gellenden Wutschrei in feinen Dunst auf und wich vor ihr zurück. Mehrere Meter entfernt stellte er sich ihr wieder in seiner ursprünglichen Gestalt. Sein dichtes schwarzes Haar war verschwunden und durch lange weiße, sehr wirre Strähnen ersetzt worden.

»Hätte ich mir denken können, dass du wehleidig bist. Vampire sollen angeblich solche Kraftmeier sein, aber in Wirklichkeit seid ihr totale Waschlappen. Du wolltest doch einen Kampf.« Natalya provozierte ihren Gegner bewusst. »Ich habe heute Nacht noch etwas vor. Ich habe keine Zeit, deine kleinen Spielchen mitzumachen.«

»Du gehst zu weit. Egal, wie der Befehl lautet, ich bringe dich um«, knurrte der Vampir.

Sie grinste spöttisch und salutierte kurz. »Schön zu wissen, dass du selbstständig denken kannst. Ich dachte, dafür hätte dich dein Puppenspieler viel zu gut abgerichtet.«

Der Ast über ihrem Kopf brach laut krachend ab und flog wie ein Geschoss in ihre Richtung. Natalya ging in die Offensive, indem sie sich nach vorn warf und mit ihrem Degen direkt auf Henriks Brust zielte. Der Ast krachte genau an der Stelle, wo sie eben noch gestanden hatte, in den Boden.

Der Vampir parierte ihren Hieb, indem er lässig den Arm hob. Er war unglaublich stark, und bei der Wucht des Zusammenpralls vibrierte Natalyas Arm so stark, dass er einen Moment lang wie gelähmt war und der Degen aus ihren Fingern glitt. Trotzdem blieb sie in Bewegung, indem sie praktisch in der Luft herumwirbelte und dabei nach ihren Pistolen griff. Sie zog beide Waffen gleichzeitig und feuerte auf den Vampir, während sie auf ihn zurannte. Immer wieder schlugen die Kugeln in seinem Körper ein und schleuderten ihn nach hinten.

Henrik zuckte bei jedem Schuss zusammen und taumelte leicht, blieb aber auf den Beinen. Als Natalya auf Armlänge von ihm entfernt war, steckte sie eine ihrer Pistolen in das Schulterhalfter zurück und zog ein Messer, das sie eng am Körper hielt, als sie erneut auf den Vampir losging.

Er versuchte hastig, eine andere Gestalt anzunehmen, und schlug gleichzeitig mit seinen krallenbewehrten Händen und rudernden Armen nach ihr. Natalya stieß ihm das Messer in die Brust, direkt ins Herz, und wich sofort zurück, um zu verhindern, dass sein Blut mit ihrer Haut in Berührung kam. Aus Erfahrung wusste sie, dass es wie Säure brannte. Und Vampire konnten immer wieder zum Leben erwachen.

Sie fuhr herum und rannte zu ihrem Schwert. Ein jäher Windstoß streifte sie, ein wirbelnder Strudel aus Blättern und Zweigen. Flügel schlugen über ihrem Kopf, Krallen tauchten unvermittelt in der Luft auf und stießen mit beunruhigender Geschwindigkeit nach ihren Augen. Natalya warf sich blitzschnell in einer Flugrolle auf den Boden, landete mit einer Pistole in jeder Hand auf einem Knie und zielte auf den gewaltigen Vogel. Schon löste er sich wieder in Dunst auf. Die feinen Tropfen schimmerten und begannen, menschliche Gestalt anzunehmen.

Natalya wartete. Es war unmöglich, einen gestaltlosen Vampir zu töten. Henrik kam wieder zu sich und zerrte an dem Messer, das in seiner Brust steckte. Mit schwacher Stimme rief er dem Neuankömmling etwas zu. Natalya stieß einen Seufzer aus. »Stirb endlich! Also wirklich, das Mindeste, was du tun könntest, ist, deinem Elend ein Ende zu machen und es hinter dich zu bringen.«

»Guten Abend, Natalya.« Die Stimme war melodisch und hatte eine fast hypnotische Wirkung.

»Wenn das nicht mein guter Freund Arturo ist.« Natalya schenkte dem Vampir ein falsches Lächeln. »Wie schön, dich wiederzusehen. Es ist lange her.« Sie zeigte mit einer Pistole auf Henrik. »Dein Schwächling von Partner macht furchtbar viel Getöse. Könntest du ihn nicht erledigen, damit wir uns ohne Geräuschkulisse unterhalten können? Wenn es etwas gibt, das ich nicht ausstehen kann, dann einen wehleidigen Vampir.« Sie provozierte Henrik absichtlich, weil sie wusste, dass Vampire mehr Fehler machten, wenn sie wütend waren.

»Du hast dich kaum verändert.«

»Ich bin noch boshafter geworden.« Sie zuckte die Schultern und grinste. »Allmählich verliere ich nämlich die Geduld mit euch.«

Arturo warf einen Blick auf den blutenden Vampir, der sich auf dem Boden krümmte. »Das sehe ich. Er ist tatsächlich ziemlich laut.« Er ging zu seinem Partner, riss ihm das Messer aus der Brust und warf es beiseite. Dann stieß er den anderen verächtlich mit dem Fuß an. »Steh auf, Henrik.«

Sein Partner schaffte es, auf die Beine zu kommen. Er fluchte und fauchte vor Wut, und Speichel und Blut liefen ihm übers Gesicht. »Ich bring dich um«, zischte er Natalya hasserfüllt an.

»Halt den Mund«, sagte Natalya. »Du wiederholst dich.«

»Diesmal entkommst du nicht«, erklärte Arturo. »Gegen Henrik, mich und die Wölfe hast du keine Chance. Hörst du sie? Sie sind unterwegs, um uns zu unterstützen.«

»Du nimmst einem jeden Spaß am Kämpfen, weil du nie fair kämpfst«, beschwerte Natalya sich. »Du hast keinen Funken Ehre im Leib.«

Arturo lächelte sie mit seinen makellosen weißen Zähnen an. »Was zählt letzten Endes schon Ehre, Natalya? Gar nichts.«

In dem Moment, als Vikirnoff von Shrieder den dichten Wald betrat, wusste er, dass hier etwas Böses lauerte. Es lag so etwas wie eine Warnung im Schweigen des Waldes und in der Art, wie die Erde erschauerte und die Bäume sich krümmten. Nicht ein einziges Lebewesen regte sich. Nicht dass es von Bedeutung gewesen wäre. Er war Jäger und rechnete ständig mit Gefahren. Das war die Lebensweise, die er seit Jahrhunderten akzeptierte.

Nach einem Schritt blieb er abrupt stehen, als das Gras unter seinen Füßen zitterte. Halb und halb in der Erwartung, die Halme welken zu sehen, schaute er nach unten. Schrak selbst der Wald vor einem direkten Kontakt mit ihm zurück? Spürte er die Dunkelheit in Vikirnoff, die jeden seiner Schritte, jeden seiner Atemzüge überschattete? Die Natur mochte in ihm durchaus ein Monster sehen – einen Vampir, einen Karpatianer, der sich bewusst dafür entschieden hatte, für den kurzlebigen Machtrausch und die Emotionen, die das Töten und das Blut hervorriefen, seine Seele preiszugeben.

Es war möglich. Hatte er eine Entscheidung getroffen und wusste nicht mehr, ob er gut oder schlecht war? War so etwas schon jemals vorgekommen? Der Gedanke hätte ihn belasten sollen, tat es aber nicht. Er empfand gar nichts, nicht einmal, als er die Möglichkeit erwog, dass er kein ganzer Karpatianer mehr war, dass das Raubtier in ihm alles bis auf einen winzigen Funken in seiner Seele verschlungen hatte.

Er fiel auf die Knie, fuhr mit seinen Händen durch die Schichten von Zweigen und Laub, die den Waldboden bedeckte, und tauchte sie tief in die schwere, dunkle Erde, während er sein Gesicht dem Nachthimmel darbot. »Susu«, murmelte er. »Ich bin daheim.« Seine Muttersprache ging ihm leicht über die Lippen, und sein Akzent war stärker als sonst, als könnte er allein dadurch, dass er in den Karpaten war, eine Reise in die Vergangenheit unternehmen.

Nach all den Jahrhunderten des Exils im Dienst für sein Volk war er endlich an den Ort seiner Geburt zurückgekehrt. Schweigend kniete er auf dem Boden und wartete auf etwas. Irgendetwas, eine leise Gefühlsregung oder Erinnerung. Er hatte erwartet, dass ihm die Heimaterde Frieden oder Gelassenheit schenken würde, aber da war nur dieselbe karge Leere, in der er immer erwachte.

Nichts. Er fühlte absolut nichts. Vikirnoff senkte den Kopf, kauerte sich auf seine Fersen und schaute sich um. Was er wollte oder sogar brauchte, wusste er nicht, doch eine Flut von Empfindungen gab es jedenfalls nicht für ihn. Kein Hochgefühl. Keine Enttäuschung. Nicht einmal Verzweiflung. Der Wald mit seinen bizarren, bösartigen Schatten, die auf ihn lauerten, wirkte düster und grau. Der endlose Kreislauf des Lebens blieb bestehen. Fressen oder gefressen werden.

Der Hunger war jetzt ständig gegenwärtig, ein leises, lockendes Raunen in seinem Inneren. Der Wunsch nach Macht und Erfüllung, so trügerisch er auch sein mochte, war mit jedem Erwachen stärker geworden. Er hatte viele Kämpfe ausgetragen, mehr, als er zählen konnte, alte Freunde vernichtet, Männer, die er einmal geachtet und bewundert hatte: Er hatte den Niedergang seines Volkes beobachtet – und wofür das alles? »Sag mir den Grund«, flüsterte er in die Nacht. »Lass mich verstehen, warum mein Leben völlig verschwendet war.«

Hatte er in dieser Nacht schon Nahrung zu sich genommen? Er versuchte sich an den Moment seines Erwachens zu erinnern, aber es schien eine zu große Anstrengung zu sein. Bestimmt hatte er kein Leben genommen, während er sich vom Blut seines Opfers genährt hatte, oder? Geschah es auf diese Weise? Gab es keine bewusste Entscheidung, nur die Teilnahmslosigkeit, die immer größer wurde, bis die Nahrungsaufnahme unverbrüchlich mit Töten verbunden war und Gleichgültigkeit zu der Waffe wurde, die seine eigene Zerstörung herbeiführte?

Er schaute nach Süden, wo, wie er wusste, der Herrscher seines Volks residierte. Der Wind begann stärker und schneller zu wehen und in südlicher Richtung durch den Wald zu fegen. »Ehre ist eine verwunschene Eigenschaft und eine, die vielleicht keine Ewigkeit andauert.« Mit einem kleinen Seufzer murmelte Vikirnoff die Worte, als er sich zu seiner vollen Größe aufrichtete und sein langes Haar im Nacken mit einer Lederschnur zusammenband. Besaß er noch Ehre? Hatte das Tier, das in seinem Inneren lauerte, ihn nach jahrhundertelangen Bemühungen, sein Wort zu halten, doch besiegt?

Die Blätter auf den Bäumen in seiner Nähe fingen an zu rascheln, und die Äste schwangen unruhig hin und her. Er war Karpatianer, Angehöriger einer uralten Rasse, die jetzt vom Aussterben bedroht war. Es gab unter ihnen nur wenige Frauen, die so wichtig für die Männer und die Erhaltung ihrer Art waren. Mann und Frau waren zwei Hälften eines Ganzen, und die Männer wurden von der Dunkelheit beherrscht, während in den Frauen das Licht lebte. Ohne Frauen, die ihnen Halt gaben, fielen die Männer irgendwann ihren eigenen gierigen Dämonen zum Opfer.

Vikirnoff lebte unter Menschen und versuchte, Ehre und Disziplin in einer Welt zu bewahren, in der es für ihn weder Farben noch die leisesten Gefühlsregungen gab. Nach zweihundert Jahren waren seine Gefühle verblasst, und im Lauf der endlosen Jahrhunderte war das finstere Raubtier in seinem Inneren stark und mächtig geworden. Allein vage Erinnerungen an Lachen und Liebe hielten ihn aufrecht, und auch das war nur durch die Nähe zu seinem Bruder Nicolae möglich. Jetzt war auch das vorbei, da ein Ozean ihn von Nicolae trennte.

Vikirnoff hatte zu lange gelebt und war zu gefährlich geworden. Seine Fähigkeiten im Kampf waren außerordentlich und in viel zu vielen Begegnungen mit denjenigen seiner Art verfeinert worden, die ihre Seelen für die kurzlebige Illusion von Macht oder vielmehr – was noch tragischer war – für einen kurzen Augenblick des Fühlens aufgegeben hatten. Er hatte das Gefühl, eigenhändig sein Volk auszulöschen. So viele Tote. So viele verlorene Freunde. »Wofür?«, fragte er laut. »Möéri?« Wieder benutzte er seine Muttersprache.

Vikirnoff hatte bewusst das karpatianische Wort verwendet, um sich seine Pflicht und sein Versprechen gegenüber seinem Prinzen in Erinnerung zu rufen. Er hatte freiwillig angeboten, in die Welt hinauszugehen. Es war seine eigene Entscheidung, war es immer gewesen. Sein eigener freier Wille. Aber er war nicht mehr frei. Er war so knapp davor, zu ebendem Wesen zu werden, auf das er Jagd machte, dass er kaum noch erkennen konnte, wer oder was er war.

Der Boden schwankte unter seinen Füßen, und das Grollen des Nachthimmels klang wie eine unheilvolle Warnung. Irgendwo vor ihm befand sich die Person, die er suchte – eine Frau mit blauen Augen, die er über einen ganzen Ozean hinweg verfolgt hatte. Zwischen der Frau und Vikirnoff stand ein Vampir, vielleicht mehr als einer.

Vikirnoff zog das Foto der Frau aus der Brusttasche dicht an seinem Herzen. Er konnte nur Grautöne sehen, aber trotzdem hatte er gewusst, dass ihre Augen blaugrün wie das Meer waren, und Nicolae hatte ihm erzählt, dass ihr Haar auf dem Foto tiefschwarz schien. Blau wie die fast vergessenen Bergseen seiner Heimat. Blau wie die verschiedenen Schattierungen des Himmels. Er hatte gedacht, nein, gehofft, dass sein instinktives Wissen um dieses kleine Detail bedeuten könnte, dass er seiner wahren Gefährtin auf der Spur war. Der anderen Hälfte seiner Seele, dem Licht für seine Dunkelheit, der einen Frau, die ihm die verlorenen Farben und vor allem die Fähigkeit, Gefühle zu haben, zurückgeben konnte. Aber im Lauf der Zeit war auch diese Hoffnung verblasst, und die Welt war wieder trostlos und düster geworden.

Wieder grollten Donnerschläge, und die Luft knisterte vor Elektrizität. Wolkenmassen ballten sich am Himmel und stiegen in dichten Säulen nach oben. Vikirnoff strich in einer unbewussten Liebkosung mit seinem Daumen über das Bild der Frau, wie er es schon so oft getan hatte. Natürlich träumte er von der perfekten karpatianischen Gefährtin. Von einer Frau mit diesem Gesicht und diesen Augen, einer Frau, die ihn glücklich machen würde, genauso wie er sie. Das Leben würde heiter und friedlich sein, voller Freude und vor allem voller Gefühle. Er steckte das Foto wieder in sein Hemd, über sein Herz, wo es gut geschützt war. Vikirnoff konnte nicht einmal bekümmert seufzen. Er konnte kein Bedauern empfinden, keine Verzweiflung, nur diese endlose Leere.

Du musst damit aufhören! Die Worte drangen auf einem unerwartet starken telepathischen Weg in sein Bewusstsein und wirbelten durch seinen Kopf. Deine Gefühle sind so unglaublich stark, dass ich mir nicht vorstellen kann, wie es möglich ist, dass du sie nicht erkennst. Du zerreißt mir das Herz. Das kann ich mir gerade jetzt nicht leisten. Sieh zu, dass du deine Emotionen in den Griff kriegst, oder verschwinde schleunigst aus meiner Nähe!

Die Frauenstimme erfüllte sein ganzes Inneres, drang in Herz und Lungen ein und rauschte mit der tosenden Gewalt eines Orkans durch seine Blutbahnen. Fast zweitausend Jahre lang hatte er ein graues Schattendasein geführt und keine Gefühle mehr gehabt. Ohne Verlangen oder Zorn oder Zuneigung hatte er in einer unendlichen Wüste existiert. In diesem einen Augenblick änderte sich alles, und in seinem Inneren herrschte sofort Chaos.

Farben blendeten ihn, Farben, so grell und eindringlich, dass seine Augen und sein Gehirn den Anblick kaum verkraften konnten. Sein Magen brannte und schnürte sich zusammen, als sich der Boden unter seinen Füßen aufbäumte und er darum kämpfen musste, nicht in seiner Wachsamkeit nachzulassen. Dämme brachen in seinem Inneren, und wo vorher nichts gewesen war, war jetzt alles, ein wildes Durcheinander an allen erdenklichen Empfindungen, genährt von seiner ungeheuren Stärke und Macht.

Die Bäume in nächster Nähe splitterten und schlugen mit einem ohrenbetäubenden Krachen, das die Erde beben ließ, auf den Boden. Ein zerklüfteter Spalt öffnete sich dicht bei ihm im Boden, gefolgt von einem zweiten und dritten. Die Felsen wogten und schwankten und eine weitere Reihe von Bäumen zerbarst und sank zu Boden.

Der Dämon in seinem Inneren erhob sein Haupt und brüllte auf, hieb mit langen Krallen nach ihm und kämpfte um die Freiheit, jede Ehre zu vergessen und sich das eine zu nehmen, das ihm allein gehörte. Seine Rettung. Vielleicht war sie aber auch sein Untergang. Seine Eckzähne wurden länger, und sein Blut wurde so heiß, dass er fürchtete, in Flammen aufzugehen.

O mein Gott! Du bist einer von ihnen! Ihre Stimme bebte vor Entsetzen.

Ebenso wie er ihr seine Einsamkeit, sein Leid und sein Unglück mitgeteilt hatte, gab er seine Dunkelheit und die furchtbare Intensität seiner überwältigenden Emotionen an sie weiter. Sie spürte sein scharfes Verlangen nach Gewalt, nach dem Rausch, den der Akt des Tötens hervorrief, den animalischen sexuellen Hunger, der ihn beherrschte und der sich mit dem Drang vermischte, sie für sich zu beanspruchen. Sie erlebte all das mit ihm zusammen, nicht nur den berauschenden Höhenflug, sondern das ganze Ausmaß des wilden Verlangens, das durch seinen Körper strömte. Die Zweifel an seiner Existenz, das immer stärker werdende Bedürfnis, zu jagen und zu töten. Den Wahnsinn des Tieres in ihm, das sich aufbäumte und um seine Freiheit kämpfte, darum, allein zu dem Zweck losgelassen zu werden, zu ihr zu kommen.

Furcht, die an Entsetzen grenzte, schlug ihm wie eine Sturmflut entgegen und verwandelte sich gleich darauf in Entschlossenheit. Die Empfindungen waren so stark, dass es ihm den Magen umdrehte. Es dauerte einen Moment, ehe er erkannte, dass er ihre Gefühle genauso intensiv spürte wie seine eigenen. Er rührte an diese Flut weiblicher Leidenschaften und fand Macht. Sie würde kämpfen. Sie war umzingelt und hatte keine andere Wahl, als zu kämpfen und zu siegen. Die Furcht war bezähmt, das Entsetzen verschwunden. Was oder wer es auch war, sie würde es bekämpfen, weil es ihre einzige Chance auf Überleben war.

Vikirnoff verschloss sein Bewusstsein vor ihr, um den Sturm an Emotionen aufzuhalten, der ihn überschwemmte, und suchte nach einem geistigen Pfad, einer Spur, die ihn zu der Frau zurückführen würde. Sie gehörte ihm. Keinem anderen. Keinem anderen Karpatianer. Nicht den Vampiren, die es auf sie abgesehen hatten. Sie war sein. Er würde sie bekommen, oder viele würden ihr Leben verlieren, Menschen ebenso wie Karpatianer.

Indem er tief Luft holte, um sich wieder in den Griff zu bekommen, hob Vikirnoff langsam den Kopf und blickte sich um. Der Wald schien sich vor ihm auszudehnen und mitten im Dunkel der Nacht zu leuchten und zu glitzern, als hätte er ein starkes Halluzinogen genommen. Die Wolken über ihm waren schwarz und unheilverkündend und von weiß glühenden Blitzen durchzogen. Fahle Nebelfetzen wanden sich durch die Bäume und blieben über dem Boden hängen.

Vikirnoff verhielt sich völlig still und ließ sich von seiner Erfahrung als Jäger führen, statt den Befehlen seines aus dem Gleichgewicht geratenen Verstandes zu folgen. Er ließ sich Zeit, die aufgewühlten Empfindungen zu sondieren und zu warten, bis er seine Ruhe wiedergefunden hatte, ehe er handelte.

Die ganze Zeit dachte er an den Klang ihrer Stimme. Der geistige Weg, der zu ihr führte, war kaum zu erkennen. Es war verwirrend. Sie war Karpatianerin und war es doch wieder nicht. Sie war ein Mensch und doch wieder nicht. Er spürte die Macht in ihrer Stimme, den unterschwelligen »Zwang«, den sie ausübte, um Gehorsam zu erzwingen. Ja, sie hatte versucht, seinen Gehorsam zu erzwingen. Vikirnoff atmete noch einmal tief ein, um Luft in seine Lungen zu bekommen, vor allem aber, um die Witterung der Frau aufzunehmen.

Kapitel 2

Natalya wischte sich die Tränen, die ihr die Sicht nahmen, aus den Augen. Ihr Herz klopfte laut, aber sie biss entschlossen die Zähne zusammen. Sie konnte Henrik töten und vielleicht auch Arturo besiegen. Sie konnte es sogar schaffen, sich vor den Wölfen zu retten, aber sie hatte soeben geistigen Kontakt mit einem Wesen gehabt, das so mächtig war, dass sie am liebsten nie wieder etwas mit ihm zu tun haben wollte. Zunächst hatte sie ihn für einen der Jäger gehalten, einen der Männer, die ihren Zwillingsbruder getötet hatten und jetzt Jagd auf sie machten. Aber in ihm waren so viel Trauer und Verzweiflung gewesen, dass es ihr fast das Herz zerrissen hatte.

Noch nie zuvor hatte sie eine so starke geistige Verbindung erlebt. Es war nicht ihre Absicht gewesen, dass er ihren Protest hörte. Sie hatte keine Ahnung, wie sie beide auf ein und denselben geistigen Pfad hatten gelangen und derart starke Emotionen austauschen können, aber sie wollte lieber keine Zeit damit vertrödeln, mehr darüber herauszufinden. Noch nie war sie mit einer so überwältigenden Flut von Gefühlen konfrontiert worden. Seinen Gefühlen. Lust und Verlangen, Freude und Erleichterung, und all das überlagert von dem nahezu übermächtigen Drang zu töten. Sie musste sich schleunigst davonmachen, bevor derjenige, der scheinbar versehentlich mit ihr kommuniziert hatte, sie aufspürte.

»Sieh mal einer an, wer heult denn da auf einmal?«, höhnte Henrik. »Ich hab doch gleich gewusst, dass bei dir alles bloß leeres Gerede ist.«

»Stimmt, Freddie, mein Schatz, ich rede gern«, stimmte Natalya ihm zu, während sie drei Messer blitzschnell hintereinander nach ihm schleuderte. Jede Klinge traf ihr Ziel und bohrte sich bis zum Anschlag in Henriks Körper, eine ins Herz, eine in die Kehle und eine in den Mund. »Aber wie ich bereits sagte, ich hasse es, mir das Gewinsel von Schwächlingen anzuhören.«

Wieder ging Henrik zu Boden. Kreischend vor Wut warf er sich hin und her und schlug mit seinen Klauen tiefe Löcher in die Erde. Sein Blut spritzte auf alle Pflanzen in einem weiten Umkreis von ihm und ließ sie sofort verdorren.

Arturo seufzte. »Das war nicht nett, Natalya. Jetzt wird er viel schwerer zu kontrollieren sein. Ich will dich lebend haben, doch er wird deinen Tod fordern.«

Natalya spähte in das dunkle Waldesinnere. Bis jetzt war es einfach zu leicht gegangen. Keiner der beiden Vampire versuchte sie zu töten. Die Begegnungen, die sie in letzter Zeit mit den Untoten gehabt hatte, waren insofern seltsam gewesen, als keiner von ihnen die Absicht zu haben schien, sie umzubringen. Das verschaffte ihr zwar einen Vorteil im Kampf, verhieß aber nichts Gutes für ihre Zukunft. Sie hatte vor einigen Jahren entdeckt, dass man aus einem ihr unbekannten Grund Jagd auf sie machte und dabei sehr hartnäckig war.

»Ich glaube, du brauchst ihn eigentlich nicht, Arturo«, sagte sie. »Er ist ein ziemlich armseliges Exemplar, findest du nicht?«

»Aber ein nützliches Opfer«, machte Arturo sie aufmerksam.

Natalya hatte Probleme mit ihrem Sehvermögen. Farben liefen vor ihren Augen ineinander, Farben, die trotz der dunklen Wolken, die sich um den Mond ballten, hell und strahlend waren. Die Blätter an den Bäumen glitzerten silbrig und blendeten sie, sodass ihr räumliches Wahrnehmungsvermögen litt, als sie zum Angriff auf Arturo überging. Sie konnte es sich nicht leisten zu warten. Es war offensichtlich, dass Arturo Henrik als Verzögerungstaktik einsetzte, während er auf Verstärkung wartete, und Natalya wusste, dass der unbekannte Jäger unterwegs war.

Aus reiner Notwendigkeit holte sie zum tödlichen Schlag aus, indem sie einen Salto durch die Luft schlug und das Messer, das sie an ihrem Handgelenk verbarg, erst im letzten Moment zog und direkt auf Arturos Brust zielte. Er sprang zur Seite, sodass sie nur seinen Arm und seine Schulter erwischte und mit einem langen, dünnen Schnitt aufschlitzte. Als sie an ihm vorbeiglitt, holte er mit seinem anderen Arm aus und hieb seine scharfen Krallen in ihre Seite.

Ein jäher Schmerz drang Vikirnoff tief bis ins Mark. Als er nach unten schaute, stellte er zu seinem Entsetzen fest, dass Blut aus einer klaffenden Wunde lief. Er legte eine Hand an seine Seite. Seine Augen begannen, rot zu glühen, seine Eckzähne wurden lang und spitz, und ein tiefes Knurren kam aus seiner Kehle, während er seine Form wandelte und die Gestalt einer Eule annahm. Seine Muskeln verbogen sich, seine Sehnen spannten sich an, und dann war der Schmerz verschwunden. Wieder schaute er nach unten. Es war kein Blut mehr zu sehen. Nichts. Seine Kleidung und seine Haut waren unversehrt, und seine schillernden Federn, die nach vollendeter Formwandlung seinen Körper bedeckten, ebenfalls.

Er hatte geglaubt, die Gefahr, die sie gespürt hatte, wäre von ihm selbst ausgegangen, und ihre Entschlossenheit hätte sich gegen ihn gerichtet. Aber jemand anders, irgendein böses und heimtückisches Wesen, hatte sie in eine Falle gelockt, und sie hatte einen schrecklichen Preis bezahlt. Wenn es nicht sein Blut und seine Schmerzen waren, konnte es nur von ihr stammen. Der Vampir, den er vorhin gewittert hatte, war nicht zwischen ihnen, sondern hatte die Frau bereits gefunden. Irgendwo vor ihm kämpfte seine wahre Gefährtin um ihr Leben.

In seiner Gestalt als Eule warf Vikirnoff den Kopf zurück und brüllte vor Zorn. Mit schweren Schlägen seiner gewaltigen Schwingen jagte er in einem selbstmörderischen Wettlauf mit der Zeit durch die Bäume hindurch, so knapp, dass er die Äste streifte. Er hielt sich im Schutz des undurchdringlichen Laubdachs und manövrierte eher mit seinem Instinkt als mit seiner Sehkraft. Als er eine verstärkte Unruhe wahrnahm, drosselte er sein Tempo, indem er nach Art einer echten Eule über den Bäumen kreiste und sich dabei langsam in die Höhe schraubte, um seine Beute auszumachen.

Unter ihm waren Bewegungen wahrzunehmen, dunkle, schattenhafte Schemen, die lautlos durch den Wald huschten und von einem Schatten zum nächsten glitten. Der wilde Geruch des Wolfs vermischte sich mit dem süßen Duft von Blut. Direkt unter ihm war ein Gestrüpp aus dichtem Strauchwerk, umgeben von einem Baumkreis. Die Äste verflochten sich ineinander und bildeten ein scheinbar undurchdringliches Dach. Vikirnoff ließ sich durch die Zweige weiter nach unten sinken und machte seine Gestalt kleiner, ohne sich darum zu kümmern, dass der Einsatz von magischen Kräften seine Anwesenheit verraten könnte. Er konnte einen Vampir sehen, der sich knurrend und fluchend auf dem Boden wand und finstere Racheschwüre ausstieß, während er versuchte, mehrere Messer aus seinem Fleisch zu ziehen.

Vikirnoff wusste, dass sich seine Gefährtin in diesem Dickicht befand. Sämtliche Beschützerinstinkte in ihm wurden wach, und jeder besitzergreifende Zug des Karpatianers, den er besaß, sagte ihm genauso wie all sein angeborenes Wissen, dass sie da war. Er konnte sie bloß nicht sehen.

Eine Bewegung erregte seine Aufmerksamkeit. Vikirnoff ließ sich lautlos auf einem dicken, knorrigen Ast hoch über dem Boden nieder, legte seine Flügel zusammen und beobachtete das Geschehen. Eine schattenhafte Gestalt löste sich von einem verwitterten Baumstumpf und glitt an den verdorrten schwarzen Blättern und Gräsern vorbei zu einer kleinen Lichtung inmitten des Baumkreises.

»Du bist verwundet. Lass dir von mir helfen.« Der Schatten hob den Kopf und nahm eine festere Gestalt an, während er in die Luft witterte. »Der Geruch von Blut ist so verlockend.«

Selbst die scharfen Augen der Eule entdeckten die Frau erst, als sie sich bewegte. Sie schien direkt aus den Bäumen hervorzutreten, und ihr Körper war in den fahlen Silberstreifen des Mondes kaum auszumachen. Die Wolken, die über den Himmel zogen, veränderten das Licht ständig. Vikirnoff hielt den Atem an, als die Frau ansatzlos von völliger Regungslosigkeit in geschmeidige Bewegung überging und einige Schritte auf ihren schattenhaften Gegner zumachte. Das hier war also seine Gefährtin des Lebens. Natalya Shonski, die Frau, für die er einen Ozean überquert hatte, um sie zu finden.

Sie schien zu leuchten. Golden schimmernde Lichter brachen sich in ihrem Haar, das nun von eigenartigen Streifen durchzogen war, schwarz, orange und hell wie Platin. Ihre Augen, ihre wundervollen Augen, waren nicht mehr blau, sondern erinnerten an Opale, eine wirbelnde Mischung strahlender Farben, wild und stürmisch wie die Macht, die von ihr ausging. Um sie herum knisterte die Luft vor Energie, und die Nebelschwaden, die vom Waldboden aufstiegen, wurden dichter und intensiver, als hauchte allein die Gegenwart dieser Frau dem fahlen Dunst neues Leben ein.

Sie war atemberaubend. Vikirnoff starrte sie an, konnte einfach nicht den Blick von ihr abwenden, obwohl ihre strahlenden Farben seinen Augen wehtaten. Noch nie hatte er eine Entfaltung von so unverfälschter Macht gesehen. In ihrer Regungslosigkeit wirkte sie zerbrechlich, aber sowie sie sich bewegte, zeichneten sich straffe Muskeln unter ihrer goldenen Haut ab. Es lag an der Art, wie sie sich bewegte, fließend wie Wasser, das über Felsen strömt, die kleine Gestalt hoch aufgerichtet und unerschrocken im Angesicht ihres Feindes. Vikirnoff erschien sie fremdartig und schön und sehr königlich. Trotz des roten Blutflecks, der sich auf ihrer Seite ausbreitete, blieb ihr Blick auf den Vampir gerichtet, starr und unverwandt und bedrohlich wie der eines wilden Raubtiers.

Schau hin! Dort steht sie, Vikirnoffs Gefährtin. Ihre Haltung und ihre Ausstrahlung brachten ihn völlig aus der Fassung. Seine Lungen brannten, und seine Kehle war rau. Hitze strömte durch seinen Körper und erfüllte ihn mit Verlangen. Er konnte Lust nicht von Zorn unterscheiden, Freude nicht von dem Drang, diejenigen zu töten, die sie bedrohten. Ihm war fast schwindlig von der Kombination und der Intensität dieser unbekannten Empfindungen.

Vikirnoff wusste, dass er sich das Chaos in seinem Inneren nicht länger leisten konnte. So einfach war es. Er war ein Jäger, und ihm stand ein Kampf bevor. In seinem jetzigen Zustand war er nutzlos. Schlimmer als nutzlos – er war eine Gefahr für sich selbst und seine Gefährtin. Er griff auf die Erfahrungen seiner langen Jahre als Kämpfer zurück und langte tief in sein Inneres, um im Auge des Sturms den Mann zu finden, der er immer gewesen war – ein Mann, der nicht viele Worte machte, aber ungeheure Ausdauer besaß, wenn es darauf ankam. Ein Mann, der von Logik und Pflichterfüllung und Ehre beherrscht wurde. Er wartete, bis sich der Sturm in seinem Inneren beruhigt hatte und er ausgeglichen und gefasst war, ehe er sich erlaubte, wieder seine Gefährtin anzuschauen.

Natalyas starrer Blick geriet ein wenig ins Wanken und huschte kurz über ihre Umgebung. Sie atmete ein und streifte aus dem Augenwinkel Vikirnoffs Eulengestalt, bevor sie wieder die schattenhaften Formen beobachtete, die sich langsam anschlichen und einen losen Kreis um sie bildeten.

Arturo neigte den Kopf in ihre Richtung. »Du blutest. Ich will dir nichts tun. Ich möchte nur, dass du eine kleine Aufgabe für mich erledigst. Danach kannst du gehen.« Er zeigte mit einer weit ausholenden Handbewegung auf den Wald, der sie umgab. »Du hast keine Chance auf Entkommen. Du bist von denen umzingelt, über die ich gebiete, und sie werden dir Furchtbares antun, wenn du zu fliehen versuchst. Komm. Sei vernünftig und komm zu mir.« Er breitete beide Arme aus. Seine Stimme war von bezwingender, fast hypnotischer Schönheit. Er wirkte wie ein gut aussehender junger Mann, fast so anziehend wie Natalya selbst.

Vikirnoff erkannte den starken unterschwelligen Zwang, den der Vampir mit seiner Stimme ausübte. Er studierte die Gesichtszüge. Sie waren natürlich nur eine Illusion, wie fast jede Maske, die ein Vampir trug, aber es war ein Gesicht, das Vikirnoff kannte. Arturo war einmal ein Jäger desselben Geschöpfs gewesen, zu dem er nun selbst geworden war. Vikirnoff konnte nur hoffen, dass Arturo erst vor Kurzem auf die dunkle Seite übergewechselt war und noch nicht Jahrhunderte der Ausübung böser Mächte hinter ihm lagen.

»Wie oft sollen wir das noch machen, Arturo?« Die Verachtung in Natalyas Stimme war deutlich zu hören. »Ich habe dich schon ein paar Mal aufgespießt. Willst du wirklich wieder ein Tänzchen mit mir wagen?«

Das aalglatte Lächeln des Vampirs verschwand. »Du bist nicht in der Lage, einen von meiner Stärke aufzuspießen«, knurrte er. »Du blutest.«

»Tja, wenn du meinst«, sagte sie. »Aber ich glaube, dass es dein Arm ist, von dem Blut hinunterläuft.« Sie blieb völlig regungslos stehen, und wieder fielen Streifen des Mondlichts auf sie und gaben ihr eine Art Tarnung, sodass Natalya mit dem Hintergrund zu verschmelzen schien. Nur ihre Augen erstrahlten in einem tiefen Rubinrot, das in der Dunkelheit fast glühte.

Der Ast unter Vikirnoffs Krallen bebte, als die Luft vor Macht vibrierte. Er hielt sich zurück, obwohl ihm sein Instinkt befahl, zu ihr zu gehen und sich zwischen sie und alles Böse zu stellen. Jahrhunderte des Kampfes gegen die Untoten halfen ihm, sich ruhig zu verhalten. Die Falle war für seinen Geschmack zu offensichtlich. Er benutzte die Jagdinstinkte der Eule, um herauszufinden, was sich dahinter verbarg.

»Du bist schon immer zu überheblich gewesen, Natalya«, sagte Arturo. Seine Stimme schraubte sich zu einem schrillen, hässlichen Kreischen hinauf, und seine Illusion äußerer Schönheit verblasste im selben Maße, wie sein Zorn auf seine Gegnerin wuchs. »Diesmal entkommst du uns nicht.« Seine Hand wanderte zu seiner Brust und strich über die Stelle, wo sich sein schwarzes, verdorrtes Herz befand. »Leider war ich bei unserer letzten Begegnung nicht im Vollbesitz meiner Fähigkeiten, aber seither habe ich viel gelernt.« Wieder verzog ein freudloses Lächeln seine Züge, das die straffe, fahle Haut auf seinen Knochen spannte und die scharfen, spitzen Zähne in seinem Mund entblößte.

Der andere Vampir, der über den Boden kroch, riss sich mit beiden Händen das Messer aus der Brust und stieß dabei einen Schrei aus, hoch und gellend vor Schmerz. Dann wandte er den Kopf, um Natalya aus hasserfüllten Augen anzustarren. Eine Klinge durchbohrte immer noch seinen Mund und Hals.

»Kann dir denn nichts das Maul stopfen?«, fuhr Natalya ihn an und verdrehte die Augen.

Das Rauschen des Windes schien aus allen Richtungen zu kommen, mit ungeheurer Kraft zwischen Arturo und Natalya zusammenzutreffen und den fauligen Geruch von verwestem Fleisch mit sich zu bringen. Blätter und Zweige stiegen durch den wirbelnden Nebel wie ein schwarzer Tornado auf und verflochten sich rund um Natalya zu einem dichten Netz. Einen Moment lang war es nicht möglich, den freien Raum zwischen dem Vampir und der verletzten Frau zu sehen. Innerhalb des wilden Strudels kreischten und heulten schaurige Stimmen.

Vikirnoff hatte keine Wahl. Die Wölfe rückten näher und kreisten um das dunkle Netz, das der Wind geschaffen hatte. Er konnte sehen, wie sich der Boden außerhalb der wirbelnden Masse bedrohlich hob und senkte, als lauerte etwas Böses unter der Erde. Blitze zuckten über den Himmel, und Donnerschläge ließen den Boden erzittern. Mit gezückten Krallen ließ er sich von großer Höhe nach unten fallen, um den Schild aus wogenden Blättern und Zweigen zu durchbrechen. In dem Moment, als er die Barriere berührte, spürte er die Gegenwart von etwas anderem.

Der Eindruck von etwas Bösem überflutete ihn. Es war anders als alles, was er je erlebt hatte. Vampire? Ja, doch es war mehr als das. Vampire waren schlecht, heimtückisch und verschlagen. Was auch immer darauf wartete, zum Vorschein zu kommen, was auch immer diese Falle für seine Gefährtin gestellt hatte, es lauerte unter der Erde, und es fühlte sich viel, viel bösartiger an als jeder Vampir, dem er in den Jahrhunderten der Jagd begegnet war.

Sein Herz machte einen Satz. Lauf! Bleib nicht hier, um zu kämpfen! Kannst du es nicht spüren? Lauf weg, bevor es sich zeigt! Er gab den Befehl auf telepathischem Weg und legte so viel Zwang hinein, wie er es mit einem Geschöpf von unbekannter Macht in so dichter Nähe wagen konnte.

Erst im allerletzten Moment, als er direkt vor der Frau landete, wechselte Vikirnoff seine Gestalt und schirmte sie mit seinem Körper vor dem angreifenden Vampir ab. Im nächsten Moment wurde er von vorn und von hinten gleichzeitig attackiert. Natalya schlug ihre Fingernägel in seinen Rücken und riss ihm das Fleisch vom Nacken bis zur Taille auf, während Arturo einen Wutschrei ausstieß und mit messerscharfen Krallen auf seine Brust einhieb.

Den Tod durch seine Gefährtin zu finden, würde Vikirnoff hinnehmen, aber den Tod durch einen Vampir niemals. Er stieß seine Faust in Arturos Brusthöhle, ohne den Schmerz zu beachten, der ihn durchzuckte, als sich die Krallen des Vampirs tiefer in sein Fleisch bohrten und ätzendes Blut über seinen Arm und seine Hand lief.

Verdammt! Du hättest mich ruhig vorwarnen können, dass du mitmachen willst! Der Angriff von hinten brach abrupt ab, und Vikirnoff spürte, wie sich Schuldgefühle in Natalyas Zorn mischten.

Einen Moment lang gab es nur den furchtbaren Schmerz, der durch seinen Körper schoss, das Geräusch schweren Atmens und den wutentbrannten Schrei des Vampirs. Arturo löste sich in feinen Nebel auf, einen grauen, mit Rot vermischten Dunstschleier, und wich zurück. Vikirnoff taumelte und wäre beinahe in die Knie gegangen, bevor er die Schmerzen in einen Winkel seines Bewusstseins drängte, wo er sie ignorieren konnte.

Der zweite Vampir, Henrik, zog mit einem gellenden Schrei noch ein Messer aus seinem Körper. Blut spritzte in alle Richtungen. »Tot«, knurrte er mit so belegter Stimme, dass er kaum zu verstehen war. »Du bist tot.«

Pass auf!, rief Natalya.

Als Vikirnoff die Warnung hörte, war er schon dabei, den ersten Wolf abzuwehren, der sich auf ihn warf. Das Tier landete mit seinem ganzen Gewicht auf Vikirnoffs Brust und schlug seine Krallen tief in die Wunde, die der Vampir gerissen hatte. Der Aufprall war so stark, dass Vikirnoff zurücktaumelte, doch er schaffte es, sich auf den Beinen zu halten, den Wolf zu packen und von sich zu schleudern. Seine Kraft war gewaltig, und das knurrende Tier schlug mit solcher Wucht an einen Baumstamm, dass der Baum bis in die Äste erzitterte. Vikirnoff fuhr zu drei anderen Wölfen herum, die näher kamen.

Mach, dass du wegkommst! Ich kümmere mich hier um alles. Es war unbedingt notwendig, seine Gefährtin zu warnen und sie außer Gefahr zu bringen, wenn Henrik schon die Krallen wetzte, um sich am Kampfgetümmel zu beteiligen.

Du machst wohl Witze! Vikirnoff empfing den deutlichen Eindruck weiblicher Empörung. Du könntest dich im Moment nicht mal aus einer Papiertüte befreien.