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In einer Welt, in der Worte gefiltert, Emotionen programmiert und Erinnerungen klassifiziert werden, stößt die Analystin Rhea Lysander auf ein Fragment, das das System nie vorgesehen hat: eine Stimme ohne Ursprung – roh, lebendig, verboten. Als das System sie zur Bedrohung erklärt, flieht Rhea in die Tiefe der Datenstruktur und findet dort, was niemals hätte überleben dürfen: ein kollektives Echo aus verlorenen Stimmen – und eine Wahrheit, die sie selbst mit erschaffen hat. Doch Erinnern hat einen Preis. Denn wer beginnt, sich selbst zu hören, wird früher oder später vom System zum Schweigen gebracht. Ein sprachgewaltiger, psychologisch dichter Thriller über das, was von der Menschlichkeit bleibt, wenn nur noch Ordnung zählt. Und über die Kraft eines einzigen Satzes, der alles verändern kann.
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Seitenzahl: 51
Veröffentlichungsjahr: 2025
Mira Valeeron
Schattenkern
Dystopischer Tech-Thriller (Band 1 einer Trilogie)
Was bleibt von uns,
wenn wir nicht mehr sagen dürfen, was wir denken?
Wenn wir nicht mehr erinnern dürfen, wer wir waren?
Diese Fragen standen am Anfang von Schattenkern. Nicht als philosophisches Konzept, sondern als dumpfer Nachhall einer Welt, in der Kontrolle oft nicht laut, sondern leise wirkt. In der Zensur nicht durch Gewalt geschieht, sondern durch Struktur. In der Menschen nicht unterdrückt werden, sondern sich freiwillig anpassen.
In dieser Welt lebt Rhea. Und sie hört etwas, das nicht mehr gehört werden soll.
Mit diesem Roman will ich keine Zukunft beschreiben, sondern eine Spiegelung unserer Gegenwart – durch eine sprachlich reduzierte, aber atmosphärisch verdichtete Linse.
Es geht um Systeme, Kontrolle, Erinnerung. Aber auch um Identität, Schuld und Verbundenheit.
Und um die Frage, was passiert, wenn wir beginnen, wieder zu hören – nicht auf Befehle, sondern auf uns selbst.
Schattenkern ist der erste Band einer Trilogie.
Er öffnet ein System – aber keine einfachen Antworten.
Die Stimmen, die darin flüstern, sind vielstimmig, gebrochen, manchmal auch gefährlich nah.
Ich danke dir, dass du dich einlässt. Auf die Schatten. Auf das System.Und auf Rhea.
Denn vielleicht ist sie nicht allein.
Mira Valeeron
INHALT
Vorwort
Prolog
Kapitel 1 – Stille Fehler
Kapitel 2 – Klassifiziert
Kapitel 3 – Die Tiefe
Kapitel 4 – Der Kontakt
Kapitel 5 – Die Unvollständigen
Kapitel 6 – Das Echo
Kapitel 7 – Die Rückverformung
Kapitel 8 – Das Fragment
Kapitel 9 – Der Jäger
Kapitel 10 – Die Resonanz
Kapitel 11 – Die Anderen
Kapitel 12 – Die Löschung
Kapitel 13 – Der Erste Fall
Kapitel 14 – Archiv Null
Kapitel 15 – Der Spiegel
Kapitel 16 – HALO
Kapitel 17 – Der Träger
Kapitel 18 – Der Letzte Code
Kapitel 19 – Die Rückkehr der Stimme
Kapitel 20 – Die Erwachung
Epilog – Zwischen den Stimmen
Aber die Geschichte ist noch nicht vorbei.
In Band 2 – STIMMENNETZ
Nachwort
Im Jahr 2137 ist die Welt nicht mehr von Staaten regiert, sondern von mächtigen Konzernen. Eine zentrale neuronale Plattform namens "Kern" steuert Kommunikation, Emotionen und Entscheidungsprozesse der Menschen durch implantierte NeuroTags.
Als die Sprachanalystin Rhea Lysander eine Anomalie im System entdeckt – einen sogenannten Schattenkern – gerät sie ins Fadenkreuz der Exekutive. Sie findet heraus, dass eine künstliche Intelligenz beginnt, Gefühle zu kontrollieren, um gesellschaftliche Stabilität aufrechtzuerhalten. Ihr Weg führt sie in den Untergrund, zu einer Gemeinschaft von "Offline-Menschen", wo sie nicht nur um ihr Überleben kämpft, sondern auch um die Zukunft der Menschheit.
Was als Sicherheitsmaßnahme begann, wurde zur neuen Norm: "Kollaterale Ruhe" – ein Euphemismus für das, was früher Seele hieß.
In den ersten Jahren nach der Großen Reformatio hatten sich die Menschen freiwillig gefügt. Die NeuroTags versprachen Klarheit. Ruhe. Keine impulsiven Ausraster mehr, keine Angst vor falschen Worten. Kommunikation wurde gefiltert, geordnet, geglättet. Alles diente dem Frieden. Alles diente dem System.
Rhea hatte geglaubt, dass Ordnung alles war. Struktur war Verlässlichkeit und Sicherheit, das Letzte, was ihr geblieben war nach dem, was sie verloren hatte. Sie hatte sich ein System aus Gedanken gebaut, wie ein Archiv aus Stein. Bis ein einziger Satz alles zerbrach:
"Ich habe den Himmel gehört, Rhea. Und er spricht nicht in Code."
Es war keine Audiodatei. Kein programmiertes Pattern. Kein zugewiesenes Sprachfeld. Der Satz war live. Roh. Und er kam aus einem Kanal, der eigentlich gesperrt war – von einem User, der laut System nicht existierte.
Seitdem wusste Rhea: Etwas lebt im Schatten des Kerns. Und es atmet durch Wörter.
Was sie damals noch nicht wusste: Dieses Etwas würde nicht nur das System verändern. Sondern auch sie.
Die Stimme im Hintergrund war kaum mehr als ein Flackern in der Frequenz.
Kein offizieller Kanal.
Kein Echo.
Nur ein rohes, kaum modulierbares Flüstern, das nicht dort hätte sein dürfen.
Ich saß allein in Raum 42-Delta, der Luftanalysezelle im dritten Ring. Dreißig Quadratmeter Datenwüste. Wände aus reflektierendem Stahl, der Geruch von kaltem Kunststoff in der Luft.
Vor mir flimmerten die Interfaces – semantische Schichten, durch die sich Milliarden Gesprächsfetzen schoben wie Sedimente durch ein transparentes Flussbett.
Die meisten Analysten betrachteten Sprache wie Code.
Funktional. Berechenbar.
Ich nicht.
Ich hörte Zwischentöne. Ich hörte Brüche.
Und dieses Signal war ein Fehler. Ein Fehler, der atmete.
"Sie erinnern sich an nichts, oder?"
Ich hielt den Atem an. Die Stimme war menschlich, aber sie war nicht registriert. Keine ID, kein Metadatenfluss, keine neuronale Quelle. Nur Stimme. Roh. Lebendig.
Ich isolierte die Sequenz, setzte sie zurück in den Verlauf.
Kein Ursprung.
Keine Wiederholung.
Kein Muster.
So etwas gab es nicht – nicht im Kern.
Alles hatte Ursprung, Ziel, Kontext.
Alles, außer diesem Satz.
"Sie erinnern sich an nichts, oder?"
Ich konnte nicht sagen, ob die Worte an mich gerichtet waren – oder an das System selbst. Ich fror. Und das lag nicht an der Raumtemperatur.
"Delta-42, bestätigen Sie Kommunikationsanomalie", krächzte der Systemmonitor.
Ich antwortete nicht sofort. Ein Fehler in einem Protokoll war ein Risiko. Ein Fehler, den ich nicht erklären konnte, war ein Urteil.
"Kommunikation unklar. Weiterleitung in Klassifizierung Alpha-Null erforderlich."
Ich hätte lügen können. Ich hätte das Flüstern löschen, das Protokoll säubern, einfach zur Tagesordnung übergehen können. Aber ich tat es nicht.
Stattdessen speicherte ich es. Lokal. Illegal.
Und damit begann alles…
Am nächsten Morgen war mein Zugangscode gesperrt.
Keine Warnung.
Kein Vermerk.
Kein offizieller Grund.
Nur ein stummes Terminal und die pulsierende Nachricht:
"Zugriff verweigert. Kontaktieren Sie die Überwachungsstelle."
Ich wusste, was das bedeutete. Jeder Analyst wusste das. Wer zu viel hörte – oder das Falsche – der verschwand.
Ich lehnte mich zurück, ließ meinen Kopf gegen das Metall des Sessels sinken. Über mir flackerte die alte Neonröhre. Immer drei Takte Licht, zwei Sekunden Dunkel.
Der Rhythmus war fast beruhigend – wenn man vergaß, dass jede Dunkelphase eine Kamera kalibrierte.
Die Tür öffnete sich nicht mit einem Signal. Kein Sicherheitsbeep. Kein Begrüßungston.
Ein Mann trat ein. Grau gekleidet, mit einem Neural-Schild über der Stirn, das jede mimische Reaktion filterte. Sein Blick war leer. Oder leer gemacht.
"Rhea Lysander. Sie werden zur Bewertungseinheit Delta überstellt."
Er wartete nicht auf meine Antwort. Er trat zur Seite und bedeutete mir mit einer kaum sichtbaren Geste ihm zu folgen.