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Ob schlechte Unterkünfte, ungastliche Städte, lange Sammelfahrten hier wird alles unter die Lupe genommen, was auf einer Busreise passiert. Aber auch einfache Reisebeschreibungen lassen sich finden. Doch selbst bei diesen geschehen immer wieder Dinge, die nicht vorhersehbar sind.
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Seitenzahl: 215
Veröffentlichungsjahr: 2014
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Heike-S. Rogg
Scheiß die Wand an...
-Reiseberichte eines Insiders
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Vorwort
Als ich fast nicht in der Toskana ankam
Als ich in Amsterdam einen Parkplatz suchte
Als ich zu einem defekten Kreuzfahrtschiff fuhr
Als ich beim Giro d‘Italia mitfuhr
Als ich auf einer Reise nach Venedig unter die Räuber fiel
Als ich wieder in einer Gaststätte rauchen durfte
Als ich nicht mit an den Bodensee durfte
Als ich am Lago Maggiore war
Als ich einmal nach Navi fuhr (Teil 1)
Wie ich es trotz Navi schaffte, das Ziel zu erreichen (Teil 2)
Wie ich Hamburg kennen lernte
Als ich im Miniatur Wunderland war
Als ich die Queens in Hamburg traf
Als ich in Amsterdam Fahrräder sortieren wollte
Als ich in einem 4-Sterne Hotel das Klopapier klaute
Als ich mit einem exklusiven Reiseunternehmen auf die Schnauze fiel
Wenn Sparen zur Maxime wird
Als ich einfach nur nach Dresden wollte
Als mir einiges spanisch vorkam
Als ein Putengeschnetzeltes fliegen lernte
Als Hannes in Potsdam das Rheingold fand
Als Hannes das Wort im Mund rumgedreht wurde
Als Hannes in Prag eine Trompete schmuggelte
Wie aus einer Forelle ein fliegender Fisch wurde
Hummel, Hummel…
Als Hannes mich nach Meran verschleppte
Impressum neobooks
Warum dieser Titel?
Ganz einfach. Manchmal gestaltet sich das Leben so, dass einem dieser Ausdruck rausrutscht.
Es gibt Dinge, die lassen sich nicht erfinden, die passieren einfach. Und solche wurden hier aufgeschrieben. Was zunächst ärgerlich erscheint, entlockt uns später oftmals ein Lächeln.
Im Nachhinein haben viele der Fahrgäste gesagt, die Reisen mit Hindernissen seien besser als jede problemlose. An diese könne man sich immer zurück erinnern. Manche der Geschichten handeln von Fahrten, die ohne Komplikationen verlaufen sind. Alle sollen den Eindruck vermitteln, wie schön Reisen sein kann, auch wenn nicht immer alles passt.
Dieses Buch möchte alle Leser einladen, mitzureisen und mitzulächeln. Träumen Sie einfach von Ihrem nächsten Urlaub - vielleicht im Bus mit Busfahrer Hannes...
Busfahrer Hannes gibt es wirklich. Seit über dreißig Jahren steuert er Reisebusse sicher quer durch Europa. Daher ist jetzt auch der Satz: »Ähnlichkeiten mit lebenden und toten Personen sind rein zufällig, aber durchaus gewollt.« notwendig. Denn es kann sein, dass sich der eine oder andere Fahrgast hier wiederfindet. Natürlich unter anderem Namen.
Von mir negativ erlebte und entsprechend beschriebene Orte wie Hotels, Gaststätten oder Geschäfte werden nicht mit ihrer richtigen Bezeichnung aufgeführt. Ihren richtigen Namen haben alle positiv erfahrenen Lokalitäten behalten. Diese kann ich guten Gewissens weiterempfehlen. Die in den Geschichten erwähnten Orte sind so beschrieben, dass Sie dieses Buch als eine Art Reiseführer verwenden können, um diese zu finden.
Und ich, die Autorin des Buches, bin die Frau von Busfahrer Hannes. Als Begleiterin war ich bei einigen seiner Fahrten dabei und habe vieles selbst miterlebt. Wenn Sie mich kennen lernen möchten, stöbern Sie auch meiner Homepage:
www.autorin-heikerogg.de
Leser, die mit Hannes unterwegs waren, werden ihn wiedererkennen. Allen anderen wünsche ich, dass auch sie einmal eine Reise mit ihm unternehmen können. Die Reiseberichte spiegeln Geschehnisse wider, die genauso passiert sind und bei denen uns der Satz: »Scheiß die Wand an…« immer wieder auf der Zunge lag. Gleichzeitig belegen sie, wie vielfältig der Beruf des Reisebusfahrers ist. Im Umgang mit seinen Reisegäste muss neben seiner eigentlichen Aufgabe des Fahrens auch noch Mechaniker, Reiseleiter, Psychiater, Seelsorger, Sanitäter und Mediator sein. Man glaubt kaum, mit welchen Nebensächlichkeiten ein einzelner Mensch sich manchmal rumschlagen muss.
Wenn Sie mehr von und über Busfahrer Hannes erfahren möchten, besuchen Sie ihn auf seiner Homepage:
www.busfahrer-hannes.de
Seit einige große Reiseunternehmen ihre Fahrten deutschlandweit anbieten, müssen die Fahrgäste in vielen verschiedenen Orten eingesammelt werden. Wie eine solche Sammeltour aussehen kann, erlebten wir auf einer Reise in die Toskana.
In den letzten Jahren gab es viel für mich zu sehen und zu erleben. Das liegt weniger an meinem Beruf, als an dem meines Mannes. Er ist Reisebusfahrer. Da alle Welt weiß, dass Lehrer häufig Ferien haben, gönne ich mir oftmals den Luxus des Mitfahrens.
So führt eine Fahrt über Silvester in die Toskana. Die warmen Pullover sind eingepackt, denn funktionierende Heizungen sind in Italien nicht so verbreitet wie bei uns. Mein Mann wartet bereits in der Nähe von Rosenheim. Dort musste er übernachten, bevor er den Bus übernehmen darf. Die EU kann einem das Leben schon schwer machen. Nur anhand einer Hotelrechnung oder einer Zugfahrkarte kann er belegen, dass er nicht als Fahrgast von Beginn der Fahrt an mitgefahren ist. Das gilt bereits als Arbeitszeit.Wenn ein Ziel weit entfernt liegt und die Fahrgäste in verschiedenen Orten zusammengesucht werden müssen, braucht man einen vorladenden Fahrer. Dieser sammelt und fährt so lange es seine Fahrzeit erlaubt. Dann steigt er aus und der Hauptfahrer ein. So werden die Zeitvorgaben bis zum Ziel erfüllt. Da diese Regelung für mich nicht gilt, fahre ich von Beginn an mit.
Morgens um vier steigt dieser Sammelfahrer in den Bus. Sein winterliches Outfit ist durchaus der Außentemperatur angemessen. Warum er es aber auch im Bus trägt, erschließt sich mir nicht. Der Bus ist neu und die Heizung funktioniert. Er aber sitzt im Wintermantel, mit Hut, Schal und Handschuhen am Steuer. Vor allem sein Hut bringt ihm bei den Fahrgästen schnell den Namen „Al Capone“ ein.
Nach Karlsruhe findet er – von Baden-Baden aus – ohne Probleme. Auf die Frage, in Höhe von Heimsheim, ob er denn die Fahrgäste in Pforzheim-West geladen habe, kommt die Antwort: »Wir sind doch erst an Ost vorbei. West kommt noch.« Naja, bisher fuhren wir von West nach Ost und nicht umgekehrt. Außerdem wollen die Fahrgäste eigentlich nach Italien, nicht nach Spanien. Daraufhin verlässt er in Heimsheim die Autobahn, programmiert sein Navi neu und will über die Landstraße nach Pforzheim-West. Er lässt sich jedoch bekehren, wendet und fährt auf der Autobahn in Richtung Karlsruhe zurück.
Wie immer gibt es Baustellen und die, welche uns fast zum Verhängnis wird, liegt an einem Berg. Dicke Finger, dicke Handschuhe und der kleine Hebel für die die Umstellung von automatischer auf manuelle Schaltung am Lenkrad, das kann nicht gut gehen. Natürlich passiert es ihm genau in der Baustelle. Er merkt nicht, dass er statt im Automatikbetrieb mit manueller Schaltung fährt und selber schalten müsste. Folglich würgt den Motor ab. Was bedeutet: dunkler Bus in dunkler Nacht in einer engen Baustelle. Dieser Umstand erfordert einen kompletten Neustart und nur mit Glück gelingt es ihm, den Bus ohne Auffahrunfall wieder zum Laufen zu bringen. Nach diesem Abenteuer schafft er es, die Fahrgäste von Pforzheim-West einzusammeln.
Nur eine halbe Stunde Verspätung!
Die nächste Station ist Stuttgart, SI-Zentrum. Da mir die Strecke bekannt ist, erkläre ich ihm, wo er von der Autobahn abfahren muss. Das schafft er. Aber dann will sein Navi anders fahren als ich und das geht prompt schief. „Al Capone“ überfährt vier rote Ampeln, weil er auf den Bildschirm statt auf die Lichtzeichen guckt, und fährt so dreimal im Kreis durch Stuttgart.
Eine Stunde Verspätung!
Eine Gruppe warten in Göppingen am Bahnhof. Eigentlich ganz einfach zu finden, wenn man den Schienen nachfährt. Unser „Mafioso“ fährt aber nach Navi und folglich gerade entgegengesetzt. Plötzlich ertönt aus dem Navi: »Sie haben ihr Ziel erreicht.« Klar! Der Bus steht vor einem Diskounter in dem es gekauft wurde. Der Bahnhof liegt allerdings wieder elf Kilometer entfernt.
Zwei Stunden Verspätung! Ohne größere Probleme sammelt er die Wartenden in Ulm und Augsburg ein. Endlich ist die Gruppe vollständig. Noch in Augsburg kommt unser geschulter Fahrer auf den Gedanken, dass er Pause machen muss, da der erste Teil seiner Fahrzeit abgelaufen ist. Also verlässt er am nächsten Rasthof die Autobahn. Besonders die Augsburger sind darüber sehr erfreut.
Zweieinhalb Stunden Verspätung!
Nach dieser Pause erreichen wir komplikationslos Rosenheim. Dort ist seine Fahrzeit endgültig abgelaufen und er will aussteigen. Statt wie üblich auf den nahegelegenen Rastplatz zu fahren, auf dem Hannes wartet, finden wir uns plötzlich mitten in Rosenheim wieder. Direkt am Bahnhof, schräg in einer Einfahrt, das Heck noch weit auf der Straße. Hannes, der vergeblich am Rastplatz wartet, muss nun mit einem Taxi nach Rosenheim kommen.
Drei Stunden Verspätung!
Normalerweise nimmt man bei einem solchen Wechsel sein Gepäck aus dem Kofferraum und geht. „Al Capone“ aber stellt seinen Koffer vor den Bus und öffnet ihn. Neben dem kostbaren Billig-Navi muss auch ein Teller mit dem restlichen Essen, das er auf der Raststätte nicht geschafft hat, eingepackt werden. Diesen hat er der Einfachheit halber mitgenommen und in eine Plastiktüte gesteckt. Warum er dazu seinen kompletten Hausrat ausräumen muss, übersteigt unseren Horizont. Von hinten meint eine Frau: »So ein schöner roter Koffer. Nein, den kann man nicht einfach so mitnehmen…«
Dreieinhalb Stunden Verspätung!
Endlich ist Hannes da. Er steigt ein und übernimmt die Regie. Erleichterung breitet sich aus. Jetzt fährt der Bus endgültig in die richtige Richtung. Da wir die fast vier Stunden Verspätung nicht aufholen können, landen wir folgerichtig erst nach dreiundzwanzig Uhr am Ziel.
Obwohl Hannes und ich seit Beginn der Reise wissen, dass „Al Capone“ die Fahrgäste auch auf dem Rückweg wieder verteilen wird, haben wir ihnen noch nichts gesagt. Wir trauen uns nicht. Auf uns wartet am Irschenberg ein Auto, mit dem wir ganz privat nach Hause fahren werden. Zum Glück hat es nur zwei Sitzplätze.
***
Auf einer Fahrt in den Niederlanden erlebten wir dann, dass Verkehrsregeln nicht immer europaweit das Gleiche bedeuten.
Ich liebe den Beruf meines Mannes – ihn natürlich auch. Hannes ist Reisebusfahrer und das ganze Sommerhalbjahr und Teile des Winters in Europa unterwegs.
Im Frühjahr verschlägt es ihn nach Amsterdam. Da Osterferien sind, kann er mit meiner Begleitung rechnen. In diesen Fällen teilen wir die Aufgaben auf. Das heißt, Hannes fährt und für mich bleibt der Innendienst. Dazu gehört: Fahrgäste betütteln, Müll entsorgen, Kühlschränke auffüllen und Kaffee kochen. Außerdem bekomme ich die notwendigen Landkarten und Stadtpläne, denn Hannes fährt nicht nach Navi. Trotz aller Vorurteile kommen wir immer dort an, wo wir hin wollen, obwohl ich die Karten lese.
Anders als bei den überregionalen Reiseunternehmen gibt es diesmal nur zwei Ladestellen. So erreichen wir kurze Zeit später die Autobahn in Richtung Trier.
Plötzlich steht auf der rechten Seite ein Bus auf der Autobahn. Mein erster Gedanke ist: ‚Der Arme hat `ne Panne‘, bevor mir einfällt - das ist eine Bushaltestelle. Wahrscheinlich die Einzige in Deutschland, mitten auf einer Autobahn.
Kurze danach erreichen wir die ersten Baustelle, bei Illingen. Das saarländische Straßenbauamt hat anscheinend auch hier die Schuldenbremse eingelegt. Der Verkehr wird einspurig auf eine 2,60 Meter breite Spur geleitet. Rechts und links befinden sich Fahrbahnteiler aus Metall oder Beton. Auf einen genauen Materialtest verzichtet Hannes lieber. Die Breite ist großzügig bemessen, wenn man bedenkt, dass ein Reisebus zwischen 2,50 – 2,55 Meter breit ist. Da heißt es nur noch Augen zu und durch.
Apropos Baustellen. Auf dem Weg zu meinen Eltern nach Kassel, ärgere ich mich immer über die drei Baustellen auf dem Weg dorthin.
Auf der Strecke von Saarbrücken nach Amsterdam, die etwa genau so weit ist, müssen acht Baustellen passiert werden. In Belgien ist plötzlich die komplette Autobahn gesperrt und der Verkehr wird ausgeleitet. Die Fahrt geht ein Stück über Land und durch mehrere Ortschaften, bis Hannes wieder auf die Autobahn darf. In Maastricht ist sie dann zu Ende und es erwartet uns eine Stadtdurchfahrt.
Mit Schrecken stelle ich mir vor, man würde in Kassel von der Autobahn geschickt, um dann durch Waldau, Bettenhausen und den Eichwald nach Heiligenrode fahren zu müssen, um in Kassel-Ost wieder auffahren zu dürfen. Eine entsetzliche Vorstellung!
Ohne zu meckern werden heute alle Baustellen, Umleitungen und Staus durchfahren. So landen wir in Amsterdam. Hier steht als Erstes eine Grachtenfahrt auf dem Programm. Also bringt Hannes unsere Reisegruppe zur Stadhouderskade an die Anlegestelle, genau gegenüber der Heinecken Brauerei. Die wird keines Blickes gewürdigt. Ob die Fahrgäste wohl an Bord des Schiffes gegangen wären, hätte Karlsberg Urpils geworben?
Das Aussteigen aus dem Bus erweist sich als lebensgefährliches Unterfangen. Der offizielle Busausstieg erfolgt an einem Fahrradweg, der zwischen Straße und Gehweg liegt und sich als gefährlicher als die Straße erweist. Allerdings gibt es Holland nur Straßen mit Radwegen.
Der Gefahr von einem wildgewordenen Radfahrer auf die Hörner genommen zu werden entronnen, besteigen die Fahrgäste unversehrt das Schiff.
Für meinen Mann beginnt das wirkliche Problem erst jetzt. Er braucht einen Parkplatz für den Bus. Es ist schon komisch. Zwar möchten die meisten europäischen Städte Touristen, die Geld ausgeben, die Busse, die diese bringen, wollen sie jedoch nicht. Also werden diese ungeliebten Fahrzeuge ausgesperrt und müssen oftmals auf teure Parkplätz in der Peripherie fahren. Oftmals handelt es sich dabei um sehr karge, teilweise unbefestigte Grundstücke, auf denen die Fahrer auf ihre Weiterfahrt warten müssen. Diesen fehlen in der Regel auch jegliche Annehmlichkeiten wie Kaffee, Essensmöglichkeiten oder Toiletten.
Eine rühmliche Ausnahme bildet bei dieser Unart unter anderen Berlin. Hier sind auch die Busse willkommen. Es sei mal dahingestellt, ob unsere Hauptstadt jetzt besonders freundlich ist, oder einfach nur dämlich.
In Amsterdam haben wir Glück. Zwar sind die wenigen überteuerten, innerstädtischen Parkplätze voll, aber auf einem entfernt Gelegenen existiert wenigstens eine geringe Infrastruktur. Immerhin kann man eine Hotelbar bequem zu Fuß erreichen.
Wesentlich interessanter gestaltet sich die Parkplatzsuche am folgenden Tag. Die Fahrt führt uns nach Volendamm. Bereits am Ortseingang steht ein freundlicher Mensch in gelber Warnweste mit Stadtplan in der Hand, der unseren Bus aufhält. Volendamm hat ein paar Tagen zuvor den eigentlichen Busparkplatz zugunsten eines Autoparkplatzes wegrationalisiert, dafür aber einen neuen installiert. Prima! Der muss nur noch gefunden werden.
Hannes fährt brav nach dem gerade erhaltenen Stadtplan und landet am Ortsausgang, ohne ein entsprechendes Parkplatzschild entdeckt zu haben. Am Ortsende dann der erste Hinweis. Zufahrt zum Busparkplatz. Allerdings immer nur in der halben Stunde von halb bis voll. Naja, es ist 11.25 Uhr, also beträgt die Wartezeit nur fünf Minuten. Das geht ja.
Punkt halb zwölf lenkt Hannes den Bus vor den Poller in der Mitte der Straße. Nachdem die Lichtschranke uns erkannt hat, senkt sich der Poller in die Erde, die Ampel schaltet auf grün und wir dürfen fahren.
Eine schmale Straße unterhalb des Deiches erwartet uns. Sieht doch gar nicht schlecht aus. Nach etwa zwei Kilometern beginnt die Einkaufspromenade des Ortes. Rechts und links stehen gut bestückten Ständer der zahlreichen Souvenirläden. Fünf Zentimeter zu weit rechts oder links und es gibt Sonderangebote. Dazwischen viele Menschen und unser Bus. Aber Hannes hat ja bereits in der Illinger Baustelle geübt. Der Straßenverlauf führt scharf nach links, noch mal links und wir stehen auf einem Parkplatz, direkt im Hafen. Das ist aber nicht der gesuchte Neue, denn dieser Platz existiert schon länger.
Der Bus muss rückwärts eingeparkt werden, das Heck hängt über dem Hafenbecken. Zweckmäßigerweise beordert man spätestens jetzt schwergewichtige Fahrgäste nach vorne.
Die Stunde Parkzeit kostet 12,50 Euro. Diesen Betrag sind wir nicht gewillt zu zahlen. Also steigen nur die Fahrgäste aus. Unsere Fahrt führt zurück auf die Suche nach dem neuen, kostenfreien Parkplatz im Ort. Wieder hält uns die Ampel auf, denn die Rückfahrt fällt jetzt in die halbe Stunde zwischen voll und halb.
Die Ampel schaltet auf Grün und der Poller in der Mitte senkt sich. Wir fahren los und landen wieder in der enge Einkaufsstraße. Plötzlich kommen uns zwei Busse entgegen! Also zurück. Wenden geht nicht, deshalb fährt Hannes diesmal rückwärts zwischen den Holzschuhständern durch und zweimal um die Ecke. Der Parkplatzwärter stürmt auf uns zu und fragt, warum wir denn gefahren seien. Auf die Antwort, die Ampel sei doch grün gewesen, erfolgt die Belehrung, dass grün erst als grün gilt, wenn es zwölf Uhr ist. Interessant und gut zu wissen. In Holland darf man sich nicht allein auf geltende Verkehrsregeln verlassen, man muss auch noch auf die Uhr gucken.
Nachdem dann zwölf Uhr vorbei ist, die Ampel immer noch grün, starten wir einen neuen Versuch. Diesmal klappt es tatsächlich. Ungehindert kommen wir zurück auf die Hauptstraße. Den neuen Parkplatz konnten wir immerhin vom Deich aus sehen. Aber immer noch kein Schild mit dem Hinweis auf eine Zufahrt. Dieses sieht Hannes durch Zufall im Rückspiegel. Es hängt im dritten Stock eines Hauses und ist – gelb.
Einmal um den nächsten Kreisverkehr, am gelben Schild rechts, noch einmal rechts und da ist er! Jede Menge freie Plätze. Kein Wunder! Hinter uns sind mittlerweile mehrere Busse aufgelaufen, die auch fälschlicherweise im Hafen gelandet waren. Da der Parkplatz gebührenfrei ist, können auch wir uns in dem kleinen Fischerort umsehen.
Weil unsere Reisegruppe mit dem Schiff auf die Insel Marken fährt, gondelt Hannes mit dem Bus über den Damm, der das Eiland mit dem Festland verbindet, um sie abzuholen. Natürlich gibt es auch hier einen Parkplatz. Dieser liegt vor dem Ort. Dort müssen alle Fahrzeuge parken, die nach Marken wollen, denn der Ort ist autofrei. Bis alle Fahrgäste eingestiegen sind, vergehen zehn Minuten. Diese kurze Zeit kostet 10,20 Euro.
Die Wartezeit am nächsten Morgen findet auf einem brachliegenden Gelände mitten in Amsterdam statt. Das ist kostenfrei, aber wieder ohne Toilette und Kiosk.
Die holländische Hauptstadt bietet noch andere Überraschungen. Eine auf dem Stadtplan eingezeichnete Ausfahrt, die uns sinnvoll erscheint, existiert in der Realität nicht und wir landen in einer Straße, die hinter dem Bahnhof entlangführt. Die Fahrgäste warten allerdings vor den Bahnhof. Jetzt könnte man denken, kein Problem, biegt man einfach rechts ab. Aber nicht mit einem Bus in Amsterdam. Um nämlich auf die parallel führende Straße zu kommen, muss man unter Bahnbrücken durchfahren. Diese sind leider nur zwischen 2,40 m und 3,60 m hoch. Unser Bus misst hingegen 3,80 m. Und da wir nicht als Cabrio, oben offen, heimfahren wollen, müssen vier Kilometer Umweg in Kauf genommen werden, bis die erste Brücke wenigstens 3,90 m hoch ist.
***
So schön und interessant diese Städtefahrten auch sind, ich jedenfalls würde jede Stadt meiden, die horrende „Eintrittspreise“ für Busse verlangt. Wenn alle Busunternehmer das nur eine Saison lang praktizierten, müssten diese Städte überlegen, wie sie sich in Zukunft ihren Touristen gegenüber verhalten wollen. Diese bringen ihnen schließlich viel Geld ein.
Seit ein paar Jahren sind Kreuzfahrten sehr beliebt. Dass diese aber auch Gefahren in sich bergen, verdrängt man häufig. Ganz schlimm kann so etwas werden, wenn die Veranstalter existierende Mängel kennen, diese aber aus Kostengründen nicht beseitigen.
Im Juni erreicht uns die Anfrage einer Transferfahrt nach Savona. Ein saarländisches Reisebüro hatte eine Kreuzfahrt mit einem großen Kreuzfahrtschiff ausgeschrieben und der Bus ist voll besetzt.
Die Reise soll von Savona aus über Barcelona, Casablanca bis nach Madeira führen.
Mit einem zweiten Fahrer geht die Fahrt über Frankreich und die Schweiz in Richtung Italien. Der Gotthardtunnel wirkt noch länger als beim letzten Mal, aber es geht diesmal ohne Blockabfertigung oder Stau durch, da wir ihn in der Nacht durchfahren. Nach dem Tunnel gibt es erst einmal Frühstück für die ganze Reisegruppe. Dann geht es weiter Richtung Süden.In Savona angekommen nehmen wir den direkten Weg in den Hafen. Da liegt er bereits, der Riesendampfer. Ein großes und stolzes, weißes Schiff mit gelbem Schornstein. Man kann es nicht einmal komplett sehen, aber es überragt das Kreuzfahrtterminal um mehrere Stockwerke.
Die Vorfreude im Bus ist groß. Bevor mein Mann die Koffer ausladen kann, kommt eine Reedereimitarbeiterin in den Bus. In der Hand hält sie einen Stapel Fotokopien und beginnt in bestem Französisch etwas zu erklären.
Leider versteht keiner ein Wort, denn das das Busunternehmen in Frankreich sitzt, ist der einzige Franzose unser Bus. Dahingehend aufgeklärt, wechseln die Mädels und die ominösen Zettel. Und schon folgt die Aufklärung.
Das Kreuzfahrtschiff hat seit der letzten Station einen Schaden am Antriebsstrang und nun muss die gebuchte Reise kürzer ausfallen, als geplant. Da der Schaden nicht schnell repariert werden kann, muss der Kapitän mit geringerer Geschwindigkeit fahren und deshalb fällt Madeira, im wahrsten Sinne, ins Wasser. Dafür bekämen die Fahrgäste aber fünfzig Prozent Rabatt auf die nächste Kreuzfahrt mit dieser Reederei und zusätzlich vierhundert Euro Bordguthaben.
Ratlosigkeit im Bus. Soll man das Angebot annehmen oder nicht? Die ersten Fahrgäste kontaktieren mittels Handy ihre Anwälte und bekommen den Rat, nichts zu unterschreiben oder wenn, nur unter Vorbehalt. Auf keinen Fall sollen sie an Bord gehen, bevor nicht klar ist, ob sie, ohne das eigentliche Ziel - Madeira, fahren wollen.
Nach einer längeren Beratungszeit entschließt sich die komplette Gruppe, die Reise nicht anzutreten. Das stellt für meinen Mann keine große Schwierigkeit dar, da er zusammen mit dem zweiten Fahrer sowieso den leeren Bus zurückgefahren hätte.
Andere Busfahrer, die im Hafen stehen, haben hingegen richtige Probleme. Ein großes Schweizer Busunternehmen hat nämlich nicht nur dreihundert Fahrgäste nach Savona gebracht, es muss auch dreihundert, die von dem Schiff kommen, wieder mitnehmen. Die einen wollen in die Busse, die anderen aber nicht raus. Wie es ausgeht, bekommen wir nicht mehr mit, denn wir begeben uns vorher auf den Heimweg.
Während der Wartezeit stand Hannes, der ganz gut italienisch spricht, im Hafen und unterhielt sich mit einem Offizier, der von diesem Schiff kam. Dieser erzählte ihm, dass der Dampfer einen Schaden am Antriebsstrang habe. Das sei nicht so einfach zu reparieren. Wenn man Pech hat, müsste das Heck aufgetrennt werden, damit eventuell die Welle getauscht werden kann. Dieses wiederum geht nur im Trockendock und das Schiff ist auf lange Zeit hin ausgebucht.
In der folgenden Zeit verfolgt mein Mann online die Route, welche das Schiff fortan fährt. Da viele Schiffe mittlerweile über Webcams verfügen, ist das ganz einfach. Die Fahrtstrecke beinhaltet seitdem nur noch die kurze Mittelmeerrunde, was bedeutet, dass der Kreuzfahrer scheinbar nicht repariert wurde. Als größter Dampfer der Flotte war er vorher immer auf der großen Runde eingesetzt.
Etwa acht Monate später hören wir, dass dieses stolze Schiff gekentert ist. Es gibt Tote und Verletzte. Jetzt stellt sich die Frage, lag es möglicherweise an dem Vorschaden? Ist auch noch der andere Antriebsstrang kaputt gegangen und kann das Schiff dadurch beim Manövrieren Probleme gehabt haben?
Weil ich wieder mal die Welt retten will, kontaktiere ich die wichtigen Fernsehsendern und Zeitungen, und denke, diese Information lohnt eine Überprüfung. Hat die Reederei aus reiner Profitgier einen weiteren Defekt billigend in Kauf genommen und damit über ein dreiviertel Jahr lang seine Fahrgäste in eine latente Gefahr gebracht?
Interessanterweise scheine nur mir dieser Gedanken zukommen. Die zuständigen Redakteure fragen zwar höflich nach, aber verfolgen die Sache nicht weiter. So ist das, wenn man eben die Welt retten will. Sie will nicht gerettet werden.
Eine Fortsetzung hat die Geschichte auch noch. Ziemlich genau ein Jahr später bricht dieselbe Reisegruppe aus dem Saarland wieder auf, um die geplante Kreuzfahrt zu unternehmen. Sie haben ja noch die fünfzig Prozent Ermäßigung vom Vorjahr.
Wieder bringen wir sie nach Savona und diesmal besteigen sie wirklich ein weißes Schiff mit gelben Schornsteinen. Nur, dass es diesmal ein etwas kleinerer Dampfer ist. Die Kreuzfahrt verläuft wie geplant, und da wir die Fahrgäste wieder abholen, wissen wir sicher, dass alle heil und trocken nach Hause gekommen sind.
Während wir den Radsport gern im Fernsehen verfolgen, gefiel es uns im Sommer gar nicht mehr, als Hannes und ich den Giro d’ Italia live erleben musste. In so einem Moment erfährt man hautnah die Einschränkungen, welche die jeweilige Routenführungen mit sich bringen.
1.Tag
Wieder einmal liegt ein Ziel in Italien. Genauer gesagt in Südtirol. Dieser Teil des Landes wird aber nie zu meinen Lieblingszielen gehören. Denn erstens sind mir die Berge zu hoch, zweitens die Wege zu steil und drittens ist es mir dort meistens zu kalt.
Diesmal führt die Fahrt mit einem Seniorenverein nach Bruneck. Schon am Ortseingang warnt uns ein rosafarbenes Schild, mit der Aufschrift „Giro d’Italia“, vor kommenden Schwierigkeiten. Natürlich haben wir genau die Woche erwischt, in der sich der gesamte Radtross durch Südtirol und die Dolomiten wälzt.
Zunächst erwischt uns erst einmal ein Regenschauer, der die Temperaturen auf elf Grad absenkt und natürlich nicht aufhört, als wir am Hotel ankommen und die Koffer ausgeladen werden müssen.
Bereits beim Abendessen hört man erste kritische Stimmen laut werden. Im ganzen Haus funktioniert keine Heizung und das bei dieser Außentemperatur. Die Wirtin beklagt, dass die gesamte Ortschaft ohne Heizung sei, da irgendetwas mit der Fernwärmeleitung nicht stimme. Komisch nur, dass auf der gesamten Strecke seit Brixen über Bruneck nach Reischach, kein Heizkraftwerk zu sehen war.
2.Tag
Nach einem gemütlichen Frühstück fahren wir nach Brixen. Mehrfach werden wir angehalten, weil die Kilometerschilder für die erwartete Giroetappe aufgestellt werden. Langsam schwant uns Böses.
In Brixen angekommen, führt der erste Weg ins örtliche Tourismusbüro. Zwar ist man nicht sonderlich gut informiert, sieht aber sofort im Internet nach und erfährt, dass Brixen spätestens ab vierzehn Uhr komplett gesperrt sein wird. Somit sollte man dann die Stadt bereits verlassen haben. Das funktioniert, denn um dreizehn Uhr geht es weiter Richtung Meran. Unser Programm sieht die Besichtigung von Schloss Trautmannsdorff mit seinen Gärten vor. Auch ich besuche das Schloss, denn immerhin war bereits meine Lieblingskaiserin „Sisi“ dort längere Zeit zu Besuch.
Zwei Stunden Zeit stehen für Besichtigungen zur Verfügung. Viel zu wenig, für das, was es zu sehen gibt. Ich schaffe gerade mal die leergeräumte Sisi-Etage. Da der Heimweg nahezu zwei Stunden erfordert, reicht die Zeit nicht für einen Meran Bummel.
Zehn Kilometer vor Bruneck hält uns eine Autoschlange auf. Zwar ist der Giro längst im Ziel angekommen, aber dem abfließenden Verkehr müssen wir Tribut zollen. Kurz vor dem Ziel, schickt uns noch ein Feuerwehrmann zurück, denn auf der Verbindungsstraße von Sankt Lorenzen nach Reischach ist ein LKW umgekippt. Also, wenden und zehn Kilometer Umweg fahren.