Schicksalsjahre einer Ananas - Petra Fastermann - E-Book

Schicksalsjahre einer Ananas E-Book

Petra Fastermann

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Beschreibung

Eine Ananas nennt sich plötzlich Aeneas von Fieberbaum. Sie wird erst Schriftsteller und beschließt dann, Politiker zu werden. Am Ende lässt sie sich zum König aller Früchte krönen. Der Aufstieg der Ananas, genannt Aeneas, ist nicht mehr zu bremsen. Zum Glück geht es nur um Obst und Gemüse. Aeneas von Fieberbaum ist ein Diktator mit lachendem Gesicht. Wird es für diese Ananas ein gutes Ende geben?

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Inhaltsverzeichnis

Die Ananas: nur eine unter vielen Früchten?

Wie schnell aus der gewöhnlichen Ananas eine Persönlichkeit wurde

Im Regal im Supermarkt – mit viel Zeit für neue Ideen

Rigorose und endgültige Aufgabe der Klassifizierung als Ananas, Verfassung eines Erstlingswerks

Eine neue Idee: Politiker werden

Weitere Korrekturen im Lebenslauf – mit Blick auf Abstammung und Ausbildung

Wie Aeneas zum Herrscher aller Früchte wurde

Beim Perforieren und Spannen der Folie

Klein Zaches genannt Zinnober – eine Hymne musste her

Die Birne Helene

Die Niederschlagung des vermeintlichen Gurkenaufstands

Entlarvung und Ausmerzung weiterer Hochstapler und Staatsfeinde

Eine richtige Königin wurde gebraucht

Eine Anekdote vom König zum Verschwinden seiner Ehefrau

Die Erschaffung der Dido

Die Planung des Kampfs gegen den Menschen

Auf dem Weg zum Menschen

Auf dem Weihnachtsmarkt – beim Menschen!

Ein einsamer langer Abend

Toast Hawaii

Ratlosigkeit im Land der Früchte?

Die Trauer um Aeneas war nur von kurzer Dauer

„Glücklich ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern ist“

Die Ananas: nur eine unter vielen Früchten?

Wer interessiert sich für die Geschichte einer gewöhnlichen Ananas, deren Größenwahnsinn und damit verbundener Aufstieg dadurch begann, dass es ihr zu wenig war, bloß eine Ananas zu sein? „Eine Ananas ist nichts Besonderes“, hörte die Ananas oft andere Früchte sprechen und ärgerte sich sehr darüber. Laut zu sagen traute die Ananas sich das nicht. Aber dabei wusste sie von der bekannten Redensart, dass jemand die Goldene Ananas gewonnen habe! Eine Ananas war immer schon ein Statussymbol gewesen! So sehr bedeutend war offenbar das Adelsgeschlecht der Ananas, dass sich der britische König Charles II im 17. Jahrhundert statt mit einer Dame mit der berühmten ersten in England gewachsenen Ananas hatte malen lassen. Und war das etwa nichts, wenn die Goldene Ananas sogar als Preis ausgelobt wurde? „Das ist bestimmt bloß ironisch gemeint“, behauptete arrogant eine Erdbeere. „Die Goldene Ananas ist ein Negativpreis!“, wagte die Hass-Avocado hämisch grinsend zu sagen. Die Ananas gab vor, nichts gehört zu haben, und schaute schweigend in Richtung der Bananen. „Ich bin außen gelb und innen ganz weich“, prahlte eine Banane. „Ich bin innen gelb und außen gemustert“, erklärte die Ananas stolz. „Was ist daran schon toll und hebt dich unter den anderen Früchten hervor?“, verlangte die Hass-Avocado aggressiv zu wissen. Vor der Hass-Avocado hatten alle Früchte großen Respekt, zumal keiner genau wusste, ob sie zum Obst oder zum Gemüse gehörte. Die Angst einiger Früchte war so stark, dass manche sich versteckten, sobald die Hass-Avocado ihre Stimme erhob. Wenn es gefährlich wurde, hielten in der Regel die Gruppen von Obst oder Gemüse zusammen, aber bei der Hass-Avocado war niemand sicher, welche Seite sie einnehmen würde, und sie war bekannt dafür, manchmal überraschend die Seiten zu wechseln. Deshalb wollte niemand sich mit ihr anlegen. Jetzt ärgerte die Ananas sich sehr über die beleidigenden Worte der Hass-Avocado und bekam Lust, jemanden zu provozieren. An die Hass-Avocado traute sie sich nicht heran, obwohl sie ihr für ihre Unverschämtheiten nur allzu gern einmal einen ordentlichen Schaden zugefügt oder ihr vor allen anderen Früchten öffentlich eine persönliche, peinliche und vernichtende Niederlage bereitet hätte. Die Ananas machte sich eine Gedankennotiz für die Zukunft, sich an der Hass-Avocado eines Tages zu rächen. Zunächst aber hatte sie nicht den Mut dazu, und zog es vor, die saure und verdrießliche Zitrone ein bisschen zu ärgern. Die Zitrone glaubte, zu Höherem gewachsen und bestimmt zu sein, dabei war es die Ananas, welche die eigentlich Großartige war. Die Überzeugung der Zitrone, sie sei mehr wert als nur Dekoration auf einem Cocktail zu werden, war aus Sicht der Ananas unglaublich lächerlich. Die Ananas hatte aus Bosheit einige Rezepte auswendig gelernt, in denen Zitronen verarbeitet wurden, und manchmal sagte sie eines davon auf, um der Zitrone tüchtig Angst einzujagen und sie herunterzuholen von ihrem hohen Ross. Eine Ananas musste sich nicht alles gefallen lassen! „Ein Genussmensch verspürt Lust auf einen erfrischenden Cubra Libre“, schrie die Ananas. „Ich weiß genau Bescheid und verrate diesem das Rezept dazu: Man nehme vier Zentiliter Rum, zwei Zentiliter Zitronensaft, füge sich nach Geschmack kalte Cola hinzu und garniere diesen feinen After-Dinner-Highball mit einer Zitronenscheibe. Zum Wohle!“ Das war Alarmstufe Rot für die Zitrone! Allein bei der Vorstellung, in Stücke geschnitten oder ausgequetscht zu werden, wurde ihr übel. Sie wurde dabei so grün, dass die Ananas lachen musste. Aber das war ihr längst nicht genug. Es musste noch jemand als Ersatz her, der für ihre Kränkung durch die Hass-Avocado büßen sollte. Auch den Apfel wollte die Ananas gern beleidigen, weil sie sich an der Hass-Avocado nicht rächen konnte und weil ihr so gar nichts einfiel, wodurch sonst sie sich hervorheben konnte. Es machte sie wütend, dass der Apfel grundsätzlich rund, bunt und gesund war und von sich behauptete: „Mich schmeißt so schnell nichts aus der Schale!“ Dabei führte nach Meinung der Ananas gerade der Apfel ein außergewöhnlich gefährliches Leben. Äpfel wurden für alles gebraucht und zu nahezu allem verarbeitet. Dass ihre Art nicht längst ausgerottet war, lag nach Einschätzung der Ananas bloß daran, dass es so viele davon gab. Hinter vorgehaltener Hand hatte die Kirsche behauptet, dass es allein in Europa fast zwanzigtausend Apfelsorten geben solle. Die meisten Früchte fanden es recht asozial vom Apfel, dass er sich so ungehemmt ausbreitete und auf Kosten aller anderen vermehrte. Aber vermutlich war das der Grund, weshalb so viele Äpfel gegessen und verarbeitet wurden, dachte die Ananas. Niemand wollte, dass sie sich noch weiter breit machten. „Ich hörte“, so rief die Ananas, „dass nach alter Tradition heute eingekocht wird. Apfelmus soll es geben!“ „Das ist nicht wahr“, meinte der Apfel: „Es wird heute nur Rübenkraut gemacht!“ Der Apfel hatte Recht, und alle Rüben hatten sich bereits versteckt. Trotzdem fühlte er sich überhaupt nicht gut, denn vor lauter Sorge bei der theoretischen Vorstellung, dass er zu Apfelmus verarbeitet werden könnte, entwickelte er das Gefühl, von innen ausgefressen zu werden. Die Macht der Gedanken ergriff den Apfel auf sehr unangenehme Art. „Ich glaube, du bist von der Apfel-Made befallen und gehörst in Quarantäne“, behauptete die Ananas. Das saß. Der Apfel fühlte sich tatsächlich etwas krank, aber einen Befall mit der Apfel-Made glaubt er für sich ausschließen zu können. Ohne es selbst zu bemerken, hatten sich oft schon einige andere Äpfel kurz vor der Einlagerung mit dem Apfelschorferreger infiziert. Erst während der Lagerung bricht solch eine Lagerfäule aus. Ängstlich kontrollierte der Apfel, ob sich auf seiner Fruchthaut vielleicht einzelne schwarze Punkte zeigten. Jetzt freute sich die Ananas über die Wirkung ihrer Worte. Trotzdem konnte sie nicht wirklich damit zufrieden werden, dass ihr Ruhm nur darauf beruhen sollte, dass sie andere beleidigte. Sie wollte doch gern etwas Außergewöhnliches sein. Nicht bloß mit dem Herunterputzen anderer wollte sie sich zu etwas Gutem und Einzigartigem erheben. Andere schlecht machen – das konnte fast jeder, wobei einige dabei viel geschickter und perfider als andere waren. Plötzlich ärgerte die Ananas sich über ihr Verhalten und fand sich primitiv und gewöhnlich. Zudem war sie geradezu erleichtert, dass niemand daran gedacht hatte, dass sie selbst gerade erst die Ananas-Welke halbwegs überstanden hatte. Es lohnte sich nicht, andere wegen ihrer Krankheiten und Schwächen zu verspotten. Was sollte sie aber sonst tun, um sich als bemerkenswert unter allen anderen hervorzuheben?

Wie schnell aus der gewöhnlichen Ananas eine Persönlichkeit wurde

Nachdem die Ananas einige Tage nachgedacht hatte, kam ihr eine bessere Idee. „Ich brenne mir ein Gesicht ein“, rief sie. „Das wird mich von allen anderen unterscheiden und zu etwas Außergewöhnlichem machen!“ Und so geschah es. Die Ananas setzte sich in die Sonne und positionierte sich dabei derart, dass ihr drei Striche im Gesicht entstanden: zwei gleich lange horizontal nebeneinander und oben, so dass es wie Augen aussah, und ein großer Strich darunter, der nach oben rund gebogen wurde. Das war jetzt ein Mund, und weil dieser nach oben gebogen war, sah es aus, als ob die Ananas lachte. Ob es ein freundliches oder ein hinterhältiges Lächeln war, hätte niemand mit Sicherheit zu sagen gewusst. Die Ananas würde ihren Charakter mit Hilfe dieses Gesichts entwickeln. Nun hatte sie das Potenzial für eine echte Persönlichkeit und würde mit Fug und Recht die Anerkennung aller Früchte genießen können. Das war das eigentlich Wichtige: über eine Persönlichkeit zu verfügen, welche sich durch besondere Merkmale unter der namenlosen Masse an gesichtslosen Ananas hervorhob. Die grünen Zacken oben an der Frucht waren laubblattartige Hochblätter, aber sie hätten ebenso gut ein Art Schopf sein können, wenn jemand beschlossen hätte, sie als solchen zu bezeichnen. Die Ananas beschloss, die Hochblätter zu pflegen, und ölte sie so sorgfältig, bis sie dunkelgrün zu glänzen begannen: „Das sind meine Haare, die mir aus dem Kopf herauswachsen, ganz genauso wie bei allen Menschen“, so sprach die Ananas. „Nur sieht mein Schopf geradezu aus wie eine Krone, ganz wie sie ein König tragen könnte. Solche Haare wie ich hat nicht einmal der mächtigste Mensch!“ Die Ananas machte sich viele Gedanken und glaubte sogar, den Menschen sehr ähnlich zu sein. Die Menschen wurden von den Früchten ebenso gefürchtet wie bewundert. Diese Bewunderung war allerdings eher eine Art ängstlicher Respekt vor einem Mächtigen. Der Grund dafür war, dass die Menschen über Wohl und Wehe der Früchte entschieden. Deshalb strebten viele Früchte es an, den Menschen ähnlich zu werden, weil sie sich von ihresgleichen dafür mehr Anerkennung erhofften. Wenn ein dürrer Sellerie von sich behauptete: „Mir wird nachgesagt, dass ich strategisch wie ein Mensch denke“, so roch dies stark nach Eigenlob, denn der Mensch war allen überlegen und maßte sich an, über die Früchte zu bestimmen. So erzählten viele Früchte prahlerisch, von Zeit zu Zeit eine positive Ähnlichkeit mit den Menschen an sich festzustellen, aber bei der Ananas war es jetzt wahr, denn sie hatte ein Gesicht – wie ein Mensch. „Ich persönlich,“ so sprach die Ananas zu sich selbst, „bin ganz verblüfft darüber, dass ich mit meinem Gesicht jetzt fast mit einem Menschen zu verwechseln wäre.“ Plötzlich fühlte die Ananas sich sehr sicher und allen anderen Früchten überlegen. Wer – wie sie – fast aussah wie ein Mensch oder doch sehr menschenähnlich war, dem konnte kein Unglück widerfahren.

Im Regal im Supermarkt – mit viel Zeit für neue Ideen

Die Früchte waren müde vom hellen langen Tag. Nun entspannten sie sich auf dem Feld und genossen den Sonnenuntergang. Die Ananas war vollkommen überrascht, als sie plötzlich mit allen anderen Früchten in ihren Transportkisten in einen kühlen Supermarkt getragen und in eines der langen Regale gestellt wurde. Aber vielleicht war das nur die Zwischenstufe einer Reise, um bald als Botschafter der Früchte bei den Menschen vorzusprechen. In der Sonne hatte die Ananas sich besser gefühlt. Aber jetzt ging es erst einmal darum, mit dem neuen Gesicht etwas anzufangen. Wie ein Mensch wirkte diese herrliche Ananas, und den Menschen würde sie erklären, wie groß das Unrecht war, das den Früchten durch die Menschheit zugefügt wurde. Die Früchte hatten allen Grund, die Menschen zu hassen, weil die Menschen sie ohne eine Spur von Mitgefühl häuteten, zerstückelten, auspressten und pürierten. Bei der Verarbeitung von Früchten kam es täglich zu sinnlosen, unvorstellbaren Grausamkeiten, welche teilweise so schrecklich waren, dass unter den Früchten oft nicht einmal gewagt wurde darüber zu reden. Vielleicht würde es einen selbst nie betreffen, wenn man es verdrängte und über schreckliche Details lieber schwieg, dachten sich viele Früchte. Das große Schweigen über die Gewaltexzesse der Menschen gegenüber den Früchten trug dazu bei, dass die wildesten Gerüchte um den Menschen und seine Verbrechen wucherten. Als Tatsache galt: Nahezu immer, wenn einer Frucht ein Unrecht zugefügt wurde, war ein mutmaßlicher Mensch daran beteiligt. Das war Fakt und deshalb nicht unerheblich, und so war es an der Zeit, dass jemand dem Treiben der Menschen ein Ende setzte. Die Ananas fühlte sich zum Handeln bereit. Das Gute musste endlich siegen. Dazu würden die Früchte sich unter der Führung der Ananas vereinen müssen. Erstaunlicherweise geschah im Supermarkt erst einmal nichts. Die Ananas lag herum und wartete. Die Langeweile wurde mit jeder Minute größer, denn nichts geschah. Statt dass die Menschen sich mit ihnen beschäftigten, sich vielleicht bei den Früchten für ihr Fehlverhalten entschuldigten, passierte nichts weiter als dass einige Früchte verschwanden, aber dann schnell durch andere ersetzt wurden. Mit einigen wenigen blieb die Ananas liegen, aber niemals kam ein Mensch auf eine Frucht zu, um Reue zu zeigen, um Vergebung zu bitten oder doch wenigstens Verhandlungen einzuleiten. Die Ananas begann sich im Supermarkt unwohl zu fühlen, denn sie sah keine Möglichkeit, aus dem Regal dort zu verschwinden. Es war eine Art Hausarrest, den der Mensch grundlos verhängt hatte. Was hatte das zu bedeuten? In jedem Fall hieß es für die Ananas, dass sie genügend Zeit hatte, ihren eigenen Gedanken nachzuhängen und – bis sie endlich wieder in Freiheit wäre – sich eine Strategie für ihren weiteren Lebensweg zu überlegen.

Da die Ananas jetzt mit ihrem Antlitz über ein Alleinstellungsmerkmal verfügte, reichte es ihr nicht mehr aus, bloß „Ananas“ zu heißen. Denn so hießen alle, die sie kannte. Ein völlig anderer Name sollte her. Wichtig war, dass er auch mit dem Großbuchstaben „A“ beginnen musste, denn in alles, was der Frucht gehörte, hatte sie bereits ein großes „A“ für „Ananas“ eingebrannt, um ihr Eigentum zu markieren. Selbstverständlich gab es unter den Früchten Hierarchien, arme und reiche Früchte. Die Ananas war keineswegs ein armes Stück Obst. Sie besaß verschiedene Holzkisten. Sogar eine Kiste aus Plastik gehörte ihr. Alles hatten irgendwelche Menschen produziert, und die Ananas hatte sie sich als Hehlerware besorgt. Für die Ananas waren diese Kisten Transportboxen – und eine eigene Plastikbox zu besitzen erfüllte sie ungefähr mit genauso viel Stolz wie einen Menschen der Besitz eines hochwertigen Autos stolz gemacht hätte. Sie lag jetzt in ihrer eigenen Plastikbox im Supermarktregal. Die Ananas war nicht nur eine vermögende, sondern auch eine belesene Frucht. Unter der Ananas lag als weiches Polster ihre Sammlung von vollgeschriebenen Schulheften. Da es außerdem inzwischen kostenlose Möglichkeiten zur Internetnutzung überall gab, hatte die Ananas ein recht umfangreiches Wissen. Was sie nicht wusste, konnte sie recherchieren und nachlesen. So war es nicht schwer, sich vorzustellen, dass die ganz schnell einen Namen fand, der mit „A“ begann und ihrer würdig war. Die Ananas entschied sich, dass sie fortan „Aeneas“ gerufen werden wollte. Aeneas begann mit „A“ und hörte sich gar nicht so sehr viel anders an als „Ananas“. Der Klang aber, und das würde jeder zugeben müssen, war ein viel würdigerer und erhabenerer. „Aeneas“, hauchte die Ananas zärtlich. „Aeneas?“, flüsterte sie sich selbst fragend und schüchtern zu. „Aeneas“, rief sie gesellig und leutselig in die Runde. Am Ende schrie die Ananas: „Aeneas!“, und das so laut, dass zwei Melonen aus dem Supermarktregal fielen und auf dem Boden zerplatzten. Ganz gleich, in welcher Lautstärke und Tonlage der Name ausgesprochen oder gerufen wurde: Der Vorname „Aeneas“ würde in jeder Lebenslage unverändert stolz und ernst, dazu unglaublich vornehm und erlesen klingen. Von diesem Augenblick der Erkenntnis an gab es nicht mehr die Ananas, sondern den Aeneas. „Die Tatsache gilt als unveränderlich“, rief Aeneas laut aus. Während einer kurzen, würdelosen Übergangsphase sprachen einige Unbelehrbare den Aeneas weiterhin mit dem falschen Namen Ananas an, aber das ließ sich schnell korrigieren. „Mein Name ist Aeneas“, verbesserte er in solchen Fällen höflich, aber bestimmt. Bei Früchten, die etwas von ihm wollten und ihn nach wie vor Ananas riefen, reagierte Aeneas gar nicht, bis sie endlich seinen aktuellen Namen gelernt hatten. Sehr wütend wurde Aeneas, wenn jemand zwar verstanden hatte, dass er einen neuen Namen führte, aber sich einen falschen Namen gemerkt hatte, der auch mit „A“ anfing. So konnte es passieren, dass irgendeine Gurke ihn zum Beispiel mit einem Namen wie „Andreas“ ansprach. Wenn das geschah, wurde Aeneas augenblicklich weiß vor Zorn. Bis ins Innerste des Fruchtfleisches wich das gesunde Gelb sofort einem blassen, kranken Weiß. Gerade bei den Gurken, die lange nicht so dumm wie viele andere Früchte waren, unterstellte Aeneas nichts als Mutwilligkeit, wenn sie ihn Andreas nannten. Die wollten es wagen, sich über ihn lustig zu machen! Dass es immer wieder Gurken waren, die er korrigieren musste, nahm Aeneas gegen die Gurken ein. Allein dass sie ihn nicht mit irgendeinem anderen Namen ansprachen, der mit „A“ begann, wie zum Beispiel Alwin, Albert oder Anton, sondern stets Andreas sagten, schien Aeneas genügend Absicht zu beweisen, dass diese Gurken nichts weiter wollten als ihn zu beleidigen und zu verspotten. Wäre keine Bosheit dahinter, hätten sich nicht alle den gleichen falschen Namen gemerkt. Andreas!! Eines Tages würde Aeneas es denen heimzahlen und sie ihrer gerechten Bestrafung zuführen! Wenn er erst aus dem Supermarkt weg wäre,