Schlafen kannst du, wenn du tot bist - Daniela Pfeiffer - E-Book

Schlafen kannst du, wenn du tot bist E-Book

Daniela Pfeiffer

4,6

Beschreibung

Leila ist eine junge Frau aus Berlin. Ihr Leben dreht sich um Partys, Männer, Einkaufsbummel und Treffen mit Prominenten. Spaß will sie haben, so viel wie möglich, egal, was es kostet. Mit 18 ist sie zu Hause ausgezogen. Seitdem ist die Berliner Nachtszene ihre Heimat. Leila kennt jeden Türsteher und kommt in jede Disko. Mit Wesley Snipes hat sie Yoga gemacht, mit Nick Nolte getanzt, mit deutschen Serienstars geknutscht. Ihr Leben ist eine einzige, große Party. Trotzdem träumt sie von der großen Liebe und einem festen Job - irgendwann. In ihren Tagebüchern hält Leila fest, was sie erlebt und was sie beschäftigt. Die Journalistin Daniela Pfeiffer ("Welt am Sonntag", "Bild") zeichnet anhand von Leilas Tagebüchern ihren bewegten Lebensweg nach und präsentiert ein eindringliches Porträt der Party-Generation.

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Seitenzahl: 98

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Die Autorin:

Daniela Pfeiffer, geboren 1973 in Wedel, studierte Journalistik, Sportwissenschaft und Psychologie an der Universität Hamburg. Sie volontierte an der Journalistenschule des Axel-Springer-Verlages, arbeitete anschließend als Redakteurin bei der „Welt am Sonntag“ und bei BILD.

Leila traf sie zum ersten Mal im Juli 2000 bei der Recherche für einen Artikel in der „Welt am Sonntag“. Zwei Lebenswelten prallten aufeinander – aber gerade das machte für sie den Reiz aus: „In die Seele eines Menschen einzutauchen, der so ganz anders ist als ich.“

Daniela Pfeiffer

Leilas Tagebuch

HEEL Verlag GmbH

Gut Pottscheidt

53639 Königswinter

Tel.: (0 22 23) 92 30-0 · Fax: (0 22 23) 92 30-13

E-Mail: [email protected]

Internet: www.heel-verlag.de

© 2001 HEEL Verlag GmbH, Königswinter

Alle Rechte, auch die des Nachdrucks, der Wiedergabe in jeder Form und der Übersetzung in andere Sprachen, behält sich der Herausgeber vor. Es ist ohne schriftliche Genehmigung des Verlages nicht erlaubt, das Buch und Teile daraus auf fotomechanischem Weg zu vervielfältigen oder unter Verwendung elektronischer bzw. mechanischer Systeme zu speichern, systematisch auszuwerten oder zu verbreiten.

Der Verlag übernimmt für die Richtigkeit der Angaben keine Gewähr und weist darauf hin, dass es sich um eine literarische Darstellung realer Begebenheiten handelt.

Autorin (verantwortlich für den Inhalt):

Daniela Pfeiffer, Hamburg

Titelfoto:

© Erik Hackenschmidt

Titelgestaltung:

Olaf Schumacher, Königswinter

Alle Angaben ohne Gewähr.

Lektorat:

Petra Hundacker, Antje Schönhofen

Satz und Gestaltung:

HEEL Verlag, Königswinter

ISBN 978-3-86852-665-3

Inhaltsverzeichnis

1. Kapitel

Das Leben eines Partygirls

2. Kapitel

Partys, Schnitten und Promille

3. Kapitel

Promis und VIP-Partys

4. Kapitel

Warum Favoritenschnitten besser sind als One-Night-Stands

5. Kapitel

Familienbande

6. Kapitel

Leilas Abgrund

7. Kapitel

Make-up-Junkie und Fashion-Victim

8. Kapitel

Zivilcourage statt Tierschutzdemo

9. Kapitel

Zukunftsvisionen

Bildstrecke

 

1. Kapitel

Das Leben eines Partygirls

Dies ist die Geschichte von Leila, einer jungen Frau aus Berlin. Ihren Lebenssinn findet die 23-Jährige in Partys, Männern und Treffen mit Prominenten. Mit Wesley Snipes hat sie Yoga gemacht, mit Nick Nolte getanzt, mit Alexander Scheer geknutscht.

Zu Hause ist sie in den Bars und Clubs von Berlin-Mitte. Und im Prada-Laden. Denn Leila hasst es, in voll gestopften Regalen mit verschwitzten Klamotten herumzuwühlen. Lieber bummelt sie durch die Edelboutiquen, kauft sich schicke Designerkleidung und lässt sich mit einem Glas Champagner verwöhnen. Dafür isst sie schon mal eine Woche lang nur Toastbrot.

Leila ist der Fleisch gewordene Traum eines jeden Marketingstrategen: markenbewusst und konsumorientiert. Und sie ist ein Kind der Spaßgeneration: narzistisch und egoistisch. Arbeiten? Das würde ja von der Zeit abgehen, in der sie sich amüsieren kann. Und warum sollte sie in die Rentenkasse einzahlen, wenn sie eh nicht weiß, wie alt sie wird? Sie will sich nicht abrackern, sondern das Leben genießen; die Zeit nutzen – und zwar für sich, nicht für andere.

Schlafen kannst Du, wenn Du tot bist, lautet ihre Lebensmaxime. Und: If it’s fun, do it. „Das Leben ist aufregend“, findet sie, „und viel zu schnell vorbei.“

Vor acht, neun Jahren, als Leila gerade 14 war, da hat ihr Leben zwischen Bars, Partys und Diskotheken begonnen. Nur weg wollte sie. Weg von zu Hause, weg von den Eltern, die sich getrennt hatten und ständig an ihr herumzerrten. „Ich wollte meine Ruhe und bin jeden Abend ausgegangen – selbst wenn ich 39 Grad Fieber hatte“, sagt Leila. „Seitdem ist die Szene ein Teil meines Lebens. Die Partys sind ein Selbstfindungsprozess. Solange ich nicht weiß was ich will, nutze ich die Zeit, um Spaß zu haben.“

„Electric Kingdom“ war natürlich die Party aller Partys, und ich habe den Rapstar Africa Islam kennen gelernt, der mir jetzt zu verfallen scheint … hm! Hab mit Alex und mit einer Wodkaflasche in der Hand auf dem DJ-Pult getanzt … Handy, Filofax und meine Contenance verloren und kam morgens dreckig, blutig und blau nach Hause … Es war jede Minute wert! (26.2.2000)

In ihren Tagebüchern hält Leila seit ihrem achten Lebensjahr fest, was sie erlebt und was sie beschäftigt. 15 Bücher stapeln sich inzwischen unter ihrem Bett, eng beschrieben, mit Gedichten und Fotos. Eines zeigt sie im Alter von fünf Jahren. Ein kleines Mädchen mit Zöpfen und Sommersprossen lächelt fröhlich in die Kamera.

Heute ist Leila 23. Mit 18 ist sie ausgezogen, zu ihrer Mutter hat sie keinen Kontakt mehr. Und mit Männern hat sie auch ständig Pech.

Die Tagebücher sind der Versuch, etwas festzuhalten in ihrem Leben, in dem kaum etwas länger dauert als eine Nacht. Alles ist flüchtig, zieht vorüber, die Partys, die Affären, die Freunde. Und so sitzt Leila oft zu Hause, blättert in ihren Tagebüchern, die sie liebevoll „Lee“ oder „Liebes“ nennt, und liest Passagen aus vergangenen Zeiten. „Ich habe Angst, etwas zu vergessen“, sagt sie. „Deshalb schreibe ich alles auf, was mir wichtig ist.“

Was für eine Nacht! Nach langem Styling, Schminken und Haare machen konnte ich also zum Party-Aperitif ins „Cibo Matto“ eilen, wie immer 30 Minuten zu spät. Nur Stefan schaffte es, noch später als ich zu erscheinen. Angeschwipst und frisch gepudert eilten wir ins „WMF“, wo der samstägliche Wahnsinn seinen Lauf nahm – wir tanzten auf der Bar rum, ohne Schuhe und arbeiteten hart am Spaß haben … Wie süß Arbeit doch schmecken kann! Dann hatten wir die Idee, das Kinderschwimmbad im Monbijouxpark zu einer kleinen Abkühlung zu nutzen. Mit einer Sektflasche kletterten wir über den Zaun, um dann eine halbe Stunde später im „Sternradio“ aufzulaufen – zerzaust, feucht und super gelaunt! Ich tanzte auf dem DJ-Pult und die Jungs unter den Tisch, und am Morgen, als der schönste aller Sonnenaufgänge uns die Samstagnacht erhellte, krochen wir auf allen Vieren ins Taxi und zu mir. Da legten wir uns in die Morgensonne aufs Dach, knäuelten uns nach einem üppigen Frühstück zu fünft in mein Bett, aufeinander, ineinander zu einer Schmuseorgie … Und was glaubst du, was ich geträumt habe? What a lovely way 2 burn … süße Träume …(29.7.2001)

2. Kapitel

Partys, Schnitten und Promille

Wenn andere Menschen aufstehen, um zur Arbeit zu gehen, liegt Leila noch im Bett und schläft. Oft schält sie sich erst mittags aus ihrem chromgestählten Himmelbett, manchmal auch erst abends – je nachdem, wie lange die Party am Vorabend gedauert hat.

Leilas Lieblingsbar ist das „Cibo Matto“ in Berlin-Mitte. Sie sitzt an einem Ecktisch, wo sie den Laden überblicken kann. Wie eine Prinzessin, die Hof hält.

Leila wechselt ihr Gesicht im Sekundenrhythmus. Gibt sich verführerisch, unschuldig, dominant, lächelnd – je nachdem, was die Männer gerade sehen wollen. Und wie sie am besten den nächsten Mann abschleppen kann. Sie reckt ihre kecke Stupsnase in die Luft, spitzt die Lippen und wirft einen Kuss in Richtung Tresen. „Das ist Frankie“, sagt sie. „Ein ganz Süßer.“ Süß ist bei Leila allerdings fast jeder. „Honey“ oder „Sweetie“ nennt sie Bekannte, die sie im Vorbeigehen grüßen. Oder: „Leckere Schnitte“, was soviel wie ein Ritterschlag für einen Mann ist.

Leila redet ununterbrochen, wie eine Platte, die einen Sprung hat. Erzählt von den Männern, die vorbeikommen, von der Party, die morgen steigt, von der Sex-Orgie, die sie mit zwei Mädels und einem unbekannten Mann vor drei Tagen gefeiert hat. Ihre erste, wie sie betont. Ständig schweift ihr Blick ab, wandert durch die Bar – sie könnte ja was verpassen. Einen „tollen Hintern“ zum Beispiel.

Leila trägt einen schwarzen, geschlitzten Rock von Gucci, Stilettos und eine Jeansjacke. Ihre Haut ist blass, die rötlich-blonden Haare hat sie zum Zopf gebunden, die Augenbrauen gezupft und durch einen schmalen braunen Strich verstärkt. Die Augenlider glänzen golden, die grünen Augen sind schwarz umrahmt, der Mund leuchtet feuerrot.

Heute ist Samstag, und Leila will feiern – Auftakt zu einer neuen Nacht mit viel Alkohol, ausgelassenem Sex und jeder Menge Spaß.

Bin wieder einigermaßen zurechnungsfähig. Gestern war ich auf der Marlboro Casino Party in der „Kalkscheune“. Marcello und ich haben backstage mit den Veranstaltern Sekt und Tequila getrunken, sind dann gegen 3.30 Uhr mit einer Limousine durch Berlin gefahren und haben Champagner getrunken. Anschließend ins „Discount“. Habe mit einer Frau herumgeknutscht, die ich noch nicht einmal kannte! Danach habe ich mich auf Hannes’ Schoß gesetzt und mit ihm weiter geknutscht. Wir sind zu ihm gefahren … (4.4.1998)

„WMF“, ebenfalls in Berlin-Mitte, einige Stunden später. Leila begrüßt den Türsteher, wird sofort durchgewunken. Bezahlen muss sie in den Clubs schon lange nicht mehr. Leila kennt jeden Türsteher, Barkeeper und Partyveranstalter in Berlin. An keiner Tür wird sie abgewiesen. „Man muss nur mit den richtigen Leuten bekannt sein“, sagt sie, „dann kommt man überall umsonst rein, und an der Bar werden einem die Getränke ausgegeben.“

Stell dir vor, Marcello hat mich in seiner Klatschspalte im „030“ erwähnt als Leila Groupie (wessen denn?), der Süße! Wir sind viel zusammen unterwegs, er ist der ideale Ausgehpartner – mit Stil, Humor und Contenance in jeder Situation. Jemand ganz Besonderes! Heute hat er mich im „103“ zu einem Glas Champagner eingeladen, das ich sehr genossen habe. In der „bz“ ist ein Foto von mir und Lord Knut – ich wäre seine neue Freundin und meine Eltern wüssten noch von nichts! Na sicher! Dabei hat er mich nur mit seinem Z3 abgeholt und wir sind zusammen zu einer Party gefahren. Marcello und ich klappten lachend zusammen. (11.4.1998)

Marcello Masturbani, Szenekenner und Klatsch kolumnist des Stadtmagazins „030“, entscheidet über das „in“ und „out“ des Berliner Nachtlebens. Er hat Leila vor drei Jahren in seiner Kolumne bekannt gemacht. Seitdem gehört sie dazu.

„Leila ist eine von vielen Frauen der Nacht“, sagt er. „Aber sie fällt auf, weil sie schon so viel Glamour erlebt hat, Stars kennt, auf VIP-Partys dabei ist. Sie ist eine Mischung aus Groupie und Schlampe. Groupies sind Mädchen, die wegen der Musik hinter Stars her sind, Schlampen wegen des Geldes.“

Was mir alles weh tut! Ich habe mich mit Jörg im „90 Grad“ so betrunken, dass ich nun zwei Beulen und einen blauen, aufgeschlagenen Ellenbogen und diverse andere Blessuren habe. Jörg sagt, wir haben geknutscht, und ich wäre die U-Bahn-Treppe heruntergefallen. Gott, wie peinlich, aber wir haben weder dem DJ einen Aschenbecher an den Kopf geworfen, noch gesungen oder dem Veranstalter auf die Schuhe gekotzt (glaube ich). Und das, wo ich doch Zurückhaltung – CONTENANCE – üben wollte. Keine Drogen und kein Alkohol mehr. Ich will wieder zuverlässig und ansprechbar sein. 2.17 Uhr: Bin auf dem Weg ins „Sage“, aber derart pleite, dass ich mich in den Nachtbus schummeln muss. (14.6.1998)

Das „WMF“ hat sich gefüllt. Leila steht mittendrin, wippt mit dem Rhythmus der Musik. Sie hält ein Glas Sekt in der Hand, begrüßt einen Bekannten mit einem Küsschen auf die Wange. Als ihr Glas leer ist, schmachtet sie den Barmann mit großen Augen an. Er gibt ihr einen Sekt aus. „Danke, Sweetie“, flötet sie.

Sonntag ließ ich mich im „Sage“ mit Koks zukippen und ins Holiday Inn abschleppen, wo wir teeniemäßig rumknutschten und frühstückten. Trotzdem war ich froh, als ich wieder zu Hause war. Bin halt doch im Grunde meines Herzens brav. (22.7.1998)

Früher war es Leila egal, wohin sie abends gegangen ist. Hauptsache weg. „Ich habe mich gezwungen, wegzugehen, auch wenn ich keine Lust hatte. Aber das ist der falsche Weg. Da hat man keinen Spaß, da kann man nicht lächeln“, sagt sie. Warum? „Vielleicht war es so was wie eine Flucht, weil ich nicht zu Hause sein wollte“, sagt Leila. „Und weil es cool war auszugehen.“

What a night! Die Gotham-City-Party am Samstag war toll. Ich saß in der „Must B seen“-Stage und soff den Abend über Schampus. Irgendwann steckte ich Stefan meinen Slip in die Jackentasche und beobachtete von weitem sein fassungsloses Gesicht. (17.12.1998)

Mit 14 hat es angefangen. Sie ging in Kreuzberg ins „Trash“, ins „Rocket“ und in den „Bunker“. Dort war Hardcore angesagt, „eine Drogenhöhle“, sagt sie. „Ich habe damals Käppi und Bomberjacken getragen und gehörte dazu.“