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Kinder und Jugendliche, die an einer Blutgerinnungsstörung leiden, kämpfen häufig mit zwei Problemen: Schmerzen und Blutungen. Dabei empfinden sie Schmerzen anders als Erwachsene und können diese gerade im Kleinkindalter nur schwer benennen und lokalisieren. Dieser Ratgeber erklärt Ihnen nicht nur, warum es durch Blutungen zu akuten und chronischen Schmerzen kommt, sondern bringt Ihnen die veränderte Schmerzwahrnehmung von Kindern und deren Umgang mit diesen Empfindungen nahe.
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Seitenzahl: 80
Dr. med. Günter Auerswald Facharzt für Pädiatrie mit Zusatzbezeichnung Hämostaseologie und Neuropädiatrie. Seit 1985 Oberarzt für Neuropädiatrie und Hämostaseologie an der Prof.-Hess-Kinderklinik am Klinikum Bremen-Mitte. Leiter des Hämophiliezentrums. Wissenschaftliche Publikationen auf dem Gebiet der Hämophilie und der Hämostaseologie mit Schwerpunkt VWD und Inhibitorenentwicklung. Mitglied u.a. des ärztlichen Beirats der Deutschen Hämophiliegesellschaft, der Gesellsschaft für Thrombose und Hämostaseforschung, der American Society of Hematology und der International Society of Thrombosis and Haemostasis.
Dr. med. Susan Halimeh Praktizierende Ärztin für Kinder- und Jugendmedizin und Spezialistin in den Bereichen Transfusionsmedizin und Hämostaseologie im medizinischen Versorgungsrat in Duisburg. Gründete 2003 eine Hämophilie-Ambulanz für Kinder und Erwachsene. Seit 2007, ebenfalls in Duisburg, in einer Gemeinschaftspraxis tätig. Sie ist Expertin für das von-Willebrand-Syndrom und derzeit im Gerinnungszentrum Rhein-Ruhr tätig.
PD Dr. med. Karin Kurnik Betreut als Oberärztin am Dr. von Haunerschen Kinderspital der Universität München junge Hämophiliepatienten. Sie ist Mitglied des ärztlichen Beirats der Deutschen Hämophiliegesellschaft und des Vorstands der Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung.
Ao. Univ. Prof. Dr. Christoph Male Als Oberarzt an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde an der Medizinischen Universität Wien und Leiter der Hämophilie- und Gerinnungsambulanz der Kinderklinik begleitet er junge Patienten mit Blutungsneigung und Thrombosen. Zu diesem Thema ist er auch aktiv in Forschung und Lehre und Träger mehrerer Wissenschaftspreise. Prof. Male ist Co-Chair des Scientific Subcommittee on Perinatal/Pediatric Hemostasis der International Society of Thrombosis and Haemostasis, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Österreichischen Hämophiliegesellschaft und österreichischer Delegierter im Pädiatrischen Komitee der European Medicines Agency (EMA).
Dr. med. Raymund Pothmann Als Arzt für Kinder- und Jugendmedizin sowie Kinderneurologie spezialisierte er sich auf die Bereiche Schmerztherapie und Akupunktur bei Kindern und veröffentlichte zahlreiche Arbeiten u.a. zu den Themen Chronische Schmerzen und Kopfschmerzen bei Kindern, Kinder- und Laserakupunktur und TENS. Zudem war er mitverantwortlich für die Herausgabe der ersten Leitlinien zur Kopfschmerztherapie bei Kindern. Weiterhin ist er Initiator und Gründer des Zentrums für Integrative Kinderschmerztherapie – delfin-kids – zur Versorgung von chronisch schmerzkranken Kindern in Hamburg.
Dr. med. Rosemarie Schobeß Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin, Spezialgebiet Hämostaseologie. Zentrum für Blutgerinnungsstörungen Leipzig, MVZ Reising-Ackermann und Kollegen, behandelt Kinder und Jugendliche mit akuten und chronischen Schmerzen als Folgeerscheinung insbesondere bei angeborenen und erworbenen Störungen der Blutgerinnung.
Dipl.-Psych. Sebastian Schobeß Diplom-Psychologe und approbierter Psychologischer Psychotherapeut mit den Schwerpunkten Verhaltenstherapie, Hypnotherapie und psychosomatische Störungen. Darüber hinaus werden psychische Problemen sowie Lebenskrisen behandelt. Mitglied in der Deutschen Psychotherapeuten Vereinigung, der Milton Erickson Gesellschaft für Klinische Hypnose e. V. und der Ostdeutschen Psychotherapeutenkammer. Als vor Ort praktizierender Psychologe betreut er Menschen mit chronischen Schmerzen.
G. Auerswald · S. Halimeh · K. Kurnik · C. Male · R. Pothmann · R. Schobeß · S. Schobeß
Schmerz bei Kindern und Jugendlichen mit Blutungsneigung
Ein Ratgeber für Eltern, Angehörige und Begleiter
Vorwort
Blutgerinnungsstörungen bei Kindern
Hämophilie und von-Willebrand-Syndrom: große und kleine Unterschiede
Am von-Willebrand-Syndrom erkranken auch Mädchen
Blutung und Schmerz bei Kindern
Problem Schmerz
Schmerz bei Kindern
Auch Kinder empfinden Schmerz
Strategien gegen den Schmerz sind wichtig
Äußerung von Schmerz: eine Frage des Alters
Säuglinge: Schreien und ungezielte Bewegungen
Kleinkinder: Weh tut immer der Bauch
Schulkinder: Schmerz als Folge äußerer Einwirkung
Chronischen Schmerz verhindern
Schmerz altersgerecht erfassen
Fremdeinschätzung mit KUSS
Selbsteinschätzung
Akuter Schmerz – chronischer Schmerz
Blutgerinnungsstörungen und Schmerz
Akuter Schmerz bei Blut gerinnungsstörungen
»Pieksen« erträglich machen
Schmerz durch Blutung
Akuter Schmerz als Alarmsignal
Strategien gegen akuten Blutungsschmerz
Strategien gegen chronischen blutungsbedingten Schmerz
Psychologische Ansätze zur Schmerzbewältigung
Vorsicht mit Schmerzmitteln
Schmerzmittel im Überblick
Nicht-Opioid-Analgetika
Opioid-Analgetika
Schmerzmittel und Blutgerinnung
ASS und NSAR stören die Blutgerinnung
Ideal bei Fieber und Schmerzen: Paracetamol
Opioide: gegen starke Schmerzen
Behandlung häufiger Kinderkrankheiten
Fieber
Zahnschmerzen: besser vorbeugen als behandeln
Wenn der Hals weh tut
Bei »Bauchschmerzen« nachhaken
Durchfall? Keine Schonkost mehr!
Wenn »Pipi machen« schmerzt: auf Blut im Urin achten
»Aua Kopf«: Was tun bei Klagen über Kopfschmerzen?
Ohrenschmerzen
Was tun während der Menstruation?
Verletzungen, Verstauchungen
Piercen und Tätowieren verboten
Auf den Kopf gefallen
Lebensgefahr bei schweren Unfällen
Konsequent impfen
Serviceteil
Adressen
Literatur
Glossar
Register
Liebe Leserinnen und Leser, liebe Eltern und Betroffene,
nach unserem letzten Ratgeber zum Thema Schmerz und Blutungsneigung bei Erwachsenen haben wir viele Anfragen bekommen, einen Ratgeber für Eltern, Erzieher, Lehrer und Begleitpersonen zu veröffentlichen. Dies hat uns dazu veranlasst, den ersten Ratgeber für Erwachsene, die Umgang mit Kindern, die an einer Blutungsneigung leiden, zu verfassen.
Meistens fällt es uns Erwachsenen nicht leicht, wenn Kinder »Aua« sagen, die Ursache und den Ort des Schmerzes herauszufinden. Oftmals bringt uns gezieltes Nachfragen wie »Tut es hier weh?« und das gleichzeitige Berühren der Körperstelle nicht weiter. Die meisten Kinder antworten immer mit »Ja«, um darauf hinzuweisen, dass sie Schmerzen haben.
Kinder und Jugendliche empfinden anders als Erwachsene. Aus diesem Grund widmet sich dieses Buch der unterschiedlichen Schmerzwahrnehmung der jungen Patienten und deren Umgang mit diesen Empfindungen. Dabei gibt Ihnen dieses Buch nicht nur Erklärungen, warum es durch Blutungen zu Schmerzen kommt, sondern offenbart Ihnen Möglichkeiten, wie Sie es Ihrem Schützling beispielsweise bei einer Injektion so bequem wie möglich machen können. Darüber hinaus lernen Sie mehr über die Unterschiede von akutem und chronischem Schmerz und den Umgang mit diesen beiden Arten von Blutungsschmerzen.
Wie andere Kinder bleiben auch Kinder mit einer Blutungsneigung nicht von den üblichen Erkältungen und Magen-Darm-Infekten sowie Unfällen und Verletzungen verschont. Doch worauf müssen Sie in solchen Fällen achten?
In der heutigen Zeit ist das Leben mit einem Kind, das an einer Blutgerinnungsstörung wie Hämophilie, von-Willebrand-Syndrom oder Thrombozytopenien leidet, mit deutlich weniger Einschränkungen verbunden als in der Vergangenheit. Selbst bei der schweren Hämophilie gibt es nur noch selten Blutungen, da die Kinder und Jugendlichen eine vorbeugende Therapie (Prophylaxe) mit dem fehlenden Gerinnungsfaktor erhalten.
Obwohl das Medikament intravenös gespritzt werden muss und es sich viele Eltern anfangs kaum vorstellen können, erlernen fast alle Mütter und Väter innerhalb kürzester Zeit das Spritzen und können somit die Therapie selbst schon bei sehr kleinen Kindern zu Hause selbst durchführen. Dies ermöglicht es den Familien, trotz der schweren Erkrankung des Kindes, ein nahezu normales Leben zu führen.
In jedem Fall ist es elementar, dass Ihre Kinder und Schützlinge ein Leben lang gut betreut werden. Hilfe und Ratschläge in allen Situationen und zu der veränderten Wahrnehmung von Blutgerinnungsstörungen im Kinder- und Jugendalter bekommen Sie in Ihrem Hämophiliezentrum. Gewährleisten Sie eine optimale und erfolgreiche Versorgung durch eine regelmäßige Zusammenarbeit mit Ihren Ärzten.
Mit unserem Ratgeber geben wir Ihnen Tipps und Hinweise, damit Sie ein Gefühl für das Schmerzempfinden von Kindern und Jugendlichen bekommen. Mithilfe dieses Ratgebers wollen wir Sie in Ihrem Alltag beim Umgang mit akuten und chronischen Schmerzen im Rahmen von Blutgerinnungsstörungen unterstützen.
Ihre Autoren
Hinweise können blaue Flecken und Nasenbluten sein. Dabei haben Kinder, die an Hämophilie, am von-Willebrand-Syndrom oder an Thrombozytopenien leiden, mit zwei Problemen zu kämpfen: Blutungen und Schmerzen.
Hämophilie und von-Willebrand-Syndrom sind angeborene Blutgerinnungsstörungen. Ihnen gemeinsam ist eine erhöhte Blutungsneigung. Doch es gibt auch viele Unterschiede.
Bei der Hämophilie werden Gerinnungsfaktoren, die für einen geregelten Ablauf der Blutgerinnung notwendig sind, vom Körper nur unzureichend oder gar nicht produziert. Meist fehlt der Faktor VIII (Hämophilie A), seltener der Faktor IX (Hämophilie B).
Beim von-Willebrand-Syndrom versagt dagegen das Gerinnungssystem, weil ihm keine ausreichende Menge an dem funktionsfähigem von-Willebrand-Faktor zur Verfügung steht. Entweder wird zu wenig produziert oder der zur Verfügung stehende von-Willebrand-Faktor ist nicht oder nur bedingt funktionsfähig. Entsprechend wird das von-Willebrand-Syndrom in drei Typen eingeteilt:
Typ 1 produziert zu wenig von-Willebrand-Faktor,
Typ 2 produziert von-Willebrand-Faktor mit eingeschränkter Funktion,
Typ 3 produziert nahezu keinen von-Willebrand-Faktor.
Die Blutungssymptomatik ist innerhalb der einzelnen Typen sehr variabel. Bei jedem Typ kann es zu leichten oder auch schwereren Blutungen kommen. Kaum Spielräume gibt es allerdings bei Typ 3: Dieser seltene Typ zeigt immer einen schweren Verlauf.
Die Hämophilie ist wegen des Erbganges nahezu eine reine »Männerkrankheit«. Und sie ist selten. In Deutschland muss etwa einer von 5 000 Männern mit dieser Diagnose leben.
Anders beim von-Willebrand-Syndrom: Es tritt bei etwa einem Prozent der Bevölkerung auf, und zwar gleichermaßen bei Männern und Frauen. Während die Hämophilie aber meist einen schweren, behandlungsbedürftigen Verlauf zeigt, bleibt das von-Willebrand-Syndrom oft im Verborgenen. Die meisten der 800 000 Menschen, die in Deutschland betroffen sind, wissen von ihrer Erkrankung nichts, da sie keine oder keine auffälligen Symptome haben. Oder sie werden erst im Laufe ihres Lebens damit konfrontiert, wenn ihr Blutgerinnungssystem außergewöhnlichen Belastungen ausgesetzt ist, etwa bei einer schweren Operation oder einer Entbindung. Ein schwerer Verlauf, der eine regelmäßige Behandlung erfordert, tritt nur bei drei von einer Million Menschen auf.
Kinder mit einer angeborenen Blutgerinnungsstörung haben gleich mit zwei Problemen zu kämpfen: Blutungen und Schmerzen. Blutungen sind das Kennzeichen und gleichzeitig das Hauptsymptom der Krankheit. Sie treten häufiger auf und halten länger an als bei Menschen ohne Blutgerinnungsstörung. Und sie können lebensbedrohlich werden, etwa bei einer Hirnblutung. Erste Hinweise auf eine angeborene Blutgerinnungsstörung sind auffällig viele blaue Flecken, die schon bei kleinen Stößen oder völlig ohne äußere Einwirkung auftreten. Auch Impfhämatome, Einblutungen unter der Haut und häufiges Nasenbluten können Zeichen für eine Blutgerinnungsstörung sein.
HINWEIS
Wenn Blutplättchen fehlen
Blutgerinnungsstörungen treten nicht nur auf, wenn Gerinnungsfaktoren fehlen. Auch wenn die Blutplättchen nicht voll funktionsfähig sind, kann es vermehrt zu Blutungen kommen. Die Thrombozyten sind an allen Phasen der Blutgerinnung beteiligt. Entsprechend hoch ist die »Störanfälligkeit«. Können sich die Blutplättchen im Wundbereich nicht richtig festsetzen oder nur unzureichend verklumpen, wird die Wunde nicht komplett verschlossen. Werden sie bei einem Blutungsgeschehen nicht ausreichend aktiviert, stehen zu wenig funktionsfähige Thrombozyten zur Verfügung.