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Leben mit und ohne Dramen Dankbar. Das ist das Wort, das mir einfallt, wenn ich auf mein zurückliegendes halbes Leben blicke. Ich bin dankbar, dass ich bisher kein extremes Unglück erlebt habe. Ich wurde in eine friedliche Zeit geboren und in ein demokratisches und freiheitlich geprägtes Land, in dem auch Frauen einen Wert haben. Ich wuchs in einer intakten Familie auf, in einer ländlichen Umgebung, nach der sich heute wieder mehr und mehr Menschen sehnen. Wir hatten alles, was wir brauchten, auch wenn das aus heutiger Sicht nach wenig klingt oder aussieht. Von einem hatten wir als Kinder sehr viel: Zeit zum Spielen, zum Fantasieren und um fürs Leben zu lernen – ganz ohne Bildschirm. In der Schule tat ich mich sehr leicht und musste kaum wirklich schwere Hindernisse überwinden. Kämpfen musste ich eigentlich nie für irgendwas, eher kämpfte ich dagegen.Kurzum: Ich habe bisher ein recht unspektakuläres, langweiliges und leichtes Leben gefuhrt – so hört es sich zumindest an. Richtig? Vermutlich habe ich so ein Leben mit ganz vielen Menschen gemeinsam, womoglich auch mit dir. Denn die meisten Menschen sind nun mal nicht Michelle Obama, Nelson Mandela oder Hape Kerkeling. Hin und wieder frage ich mich: Warum? Warum trifft es manche Menschen so unglaublich hart, wieso spielt ihnen das Leben offenbar besonders übel mit, weshalb mussen sie so vieles ertragen? Ist es gerecht, dass andere Menschen ein vergleichsweise sorgloses Leben führen konnen und wieder anderen scheinbar alles zufliegt: Ruhm, Erfolg, Geld und Liebe? Was ist der Grund dafur, dass manchen nur ein kurzes Leben vergönnt ist und andere ein biblisches Alter erreichen? Was ich weiss, ist, dass wir Menschen mit einem Lebensplan auf die Welt kommen. Und dieser „passiert“ uns ganz persönlich, damit wir all das lernen, was notwendig ist, um dieses Leben und seine Aufgaben so zu meistern, wie es im Drehbuch steht. Es beginnt mit der Geburt, die meist das erste Trauma des Lebens darstellt. In diesem Moment werden viele Weichen gestellt fur die Irrungen und Wirrungen unserer Geschichte. Es endet mit dem Tod, vor dem sich viele fürchten, denn er konnte zu früh eintreten. Ich bin enorm dankbar, dass mir bisher nichts wirklich Schlimmes widerfahren ist, und vertraue darauf, dass das einen Sinn ergibt. Denn offensichtlich sieht mein Lebensplan vor, dass ich heil, also ganz, bleibe, um meine Aufgaben zu erfüllen. Erfüllung – das ist es nämlich, was jedes einzelne Leben lebenswert macht. Egal ob es kurz oder lang, aufregend oder öde ist. Das sollst du wissen, bevor du weiterliest Dies ist keines dieser Bucher, in denen es um Extremerfahrungen geht. Es ist auch keine Biografie, in der ich mein komplettes Leben aufzeichne. Dennoch: Ich komme darin vor – und all die Episoden, die sich als relevant fur meine komplette Entfaltung herausgestellt haben. Ich halte es für glaubhafter, etwas zu erzählen, das ich selbst erlebt habe – an den unterschiedlichsten und exotischsten Orten unseres schönen Planeten. Wie du feststellen wirst: mit Aufs und Abs, irren Wendungen, aufregenden Begegnungen, Siegen und Niederlagen. Du wirst sehen, dass auch andere Menschen und ihre Erfahrungen auftauchen. Konkret schildere ich, wie ich endlich so wurde, wie ich schon immer war. Du erfährst, was alles geschehen musste, damit ich schliesslich erkannte, wofür ich dieses Leben lebe und was meine übergreifende Aufgabe ist. Der Sinn meines Daseins, der Lebenszweck, die Bestimmung. Es geht also um Selbstfindung – um meine und um deine. Du kommst auch vor in diesem Buch Denn du wirst hoffentlich einen Bogen zu dir und deinem Leben schlagen konnen. Meine Erfahrung soll dir dabei helfen, dich und die Ereignisse in deinem Leben aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten. Du wirst sie vermutlich ganz neu einordnen und viele Verbindungen erkennen – und deren Sinn. Mögest du Antworten finden auf deine ganz persönlichen Fragen. Deine Gabriele Feile
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Seitenzahl: 276
Veröffentlichungsjahr: 2023
Cover
Widmung
Impressum
Titelseite
Inhaltsverzeichnis
Leben mit und ohne Dramen
Prolog
Bis der Schmetterling fliegt
Der Zeit voraus
Ent-faltet
Die Lebensauf-Gabe
Das Erbe
Ich bin nicht wichtig
Die Überfliegerin
Eine sogenannte Karriere
Das große Fressen
Aus der Traum!
Übersättigt
Hinein in den Kokon
In Klausur
Ständig selbst
Freiheit und Sicherheit
Auf dem Weg zum Ganzsein
Heilsam
Raphael und Caroline
Geburtswehen
Endlich fliegen
Angekommen auf der Schmetterlingsfrequenz
Dein Weg zur Schmetterlingsfrequenz – 11 wertvolle Impulse
Empfohlene Lektüre und verwendete Quellen
Über die Autorin
Für alle Menschen, die mirbisher begegnet sind – und die mir nochbegegnen werden.
Von Herzen Danke für eure lehrreiche Wegbegleitung.
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über dnb.dnb.de abrufbar.
Lektorat: Isabelle Romann
Gestaltung und Satz: Miriam Hase
Bildnachweis:
Karte Seite 198 Schirner Verlag Marion Zuber, Adobe Stock #532297226 Lozzy, Adobe Stock #58225900 Budairomi, iStock #959125450 Vladimir18
Print: ISBN 978-3-948885-27-4
Ebook: ISBN 978-3-948885-28-1
www.lebensgut-verlag.de
Inhaltsverzeichnis
Leben mit und ohne Dramen
Prolog
Bis der Schmetterling fliegt
Der Zeit voraus
Ent-faltet
Die Lebensauf-Gabe
Das Erbe
Ich bin nicht wichtig
Die Überfliegerin
Eine sogenannte Karriere
Das große Fressen
Aus der Traum!
Übersättigt
Hinein in den Kokon
In Klausur
Ständig selbst
Freiheit und Sicherheit
Auf dem Weg zum Ganzsein
Heilsam
Raphael und Caroline
Geburtswehen
Endlich fliegen
Angekommen auf der Schmetterlingsfrequenz
Dein Weg zur Schmetterlingsfrequenz – 11 wertvolle Impulse
Empfohlene Lektüre und verwendete Quellen
Über die Autorin
Leben mitund ohne Dramen
Dankbar. Das ist das Wort, das mir einfällt, wenn ich auf mein zurückliegendes halbes Leben blicke. Ich bin dankbar, dass ich bisher kein extremes Unglück erlebt habe. Ich wurde in eine friedliche Zeit geboren und in ein demokratisches und freiheitlich geprägtes Land, in dem auch Frauen einen Wert haben. Ich wuchs in einer intakten Familie auf, in einer ländlichen Umgebung, nach der sich heute wieder mehr und mehr Menschen sehnen. Wir hatten alles, was wir brauchten, auch wenn das aus heutiger Sicht nach wenig klingt oder aussieht. Von einem hatten wir als Kinder sehr viel: Zeit zum Spielen, zum Fantasieren und um fürs Leben zu lernen – ganz ohne Bildschirm.
In der Schule tat ich mich sehr leicht und musste kaum wirklich schwere Hindernisse überwinden. Kämpfen musste ich eigentlich nie für irgendwas, eher kämpfte ich dagegen. Weder hatte ich bisher einen ernsthaften Unfall, noch leide ich oder leidet jemand aus der nahen Familie an einer schlimmen Krankheit, die den Alltag signifikant beeinträchtigt. Ich habe keine Familienangehörigen und niemanden aus dem Freundeskreis „vor der Zeit“ oder „plötzlich und unerwartet“ verloren. An eine bewusste Nahtoderfahrung kann ich mich nicht erinnern. Ich lag auch nicht im Koma und nie völlig am Boden – mittellos und ohne Dach über dem Kopf. Ergo hatte ich auch keine plötzliche Erleuchtung, stieg nicht wie Phönix aus der Asche auf und wurde nicht vom Saulus zum Paulus.
Kurzum: Ich habe bisher ein recht unspektakuläres, langweiliges und leichtes Leben geführt – so hört es sich zumindest an. Richtig?
Vermutlich habe ich so ein Leben mit ganz vielen Menschen gemeinsam, womöglich auch mit dir. Denn die meisten Menschen sind nun mal nicht Michelle Obama, Nelson Mandela oder Hape Kerkeling.
Hin und wieder frage ich mich: Warum? Warum trifft es manche Menschen so unglaublich hart, wieso spielt ihnen das Leben offenbar besonders übel mit, weshalb müssen sie so vieles ertragen? Ist es gerecht, dass andere Menschen ein vergleichsweise sorgloses Leben führen können und wieder anderen scheinbar alles zufliegt: Ruhm, Erfolg, Geld und Liebe? Was ist der Grund dafür, dass manchen nur ein kurzes Leben vergönnt ist und andere ein biblisches Alter erreichen?
Was ich weiß, ist, dass wir Menschen mit einem Lebensplan auf die Welt kommen. Und dieser „passiert“ uns ganz persönlich, damit wir all das lernen, was notwendig ist, um dieses Leben und seine Aufgaben so zu meistern, wie es im Drehbuch steht. Es beginnt mit der Geburt, die meist das erste Trauma des Lebens darstellt. In diesem Moment werden viele Weichen gestellt für die Irrungen und Wirrungen unserer Geschichte. Es endet mit dem Tod, vor dem sich viele fürchten, denn er könnte zu früh eintreten.
Ich bin enorm dankbar, dass mir bisher nichts wirklich Schlimmes widerfahren ist, und vertraue darauf, dass das einen Sinn ergibt. Denn offensichtlich sieht mein Lebensplan vor, dass ich heil, also ganz, bleibe, um meine Aufgaben zu erfüllen.
Erfüllung – das ist es nämlich, was jedes einzelne Leben lebenswert macht. Egal ob es kurz oder lang, aufregend oder öde ist.
Das sollst du wissen, bevor du weiterliest
Dies ist keines dieser Bücher, in denen es um Extremerfahrungen geht. Es ist auch keine Biografie, in der ich mein komplettes Leben aufzeichne. Dennoch: Ich komme darin vor – und all die Episoden, die sich als relevant für meine komplette Entfaltung herausgestellt haben.
Ich halte es für glaubhafter, etwas zu erzählen, das ich selbst erlebt habe – an den unterschiedlichsten und exotischsten Orten unseres schönen Planeten. Wie du feststellen wirst: mit Aufs und Abs, irren Wendungen, aufregenden Begegnungen, Siegen und Niederlagen. Du wirst sehen, dass auch andere Menschen und ihre Erfahrungen auftauchen.
Konkret schildere ich, wie ich endlich so wurde, wie ich schon immer war. Du erfährst, was alles geschehen musste, damit ich schließlich erkannte, wofür ich dieses Leben lebe und was meine übergreifende Aufgabe ist. Der Sinn meines Daseins, der Lebenszweck, die Bestimmung. Es geht also um Selbstfindung –um meine und um deine.
Du kommst auch vor in diesem Buch
Denn du wirst hoffentlich einen Bogen zu dir und deinem Leben schlagen können. Meine Erfahrung soll dir dabei helfen, dich und die Ereignisse in deinem Leben aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten. Du wirst sie vermutlich ganz neu einordnen und viele Verbindungen erkennen – und deren Sinn.
Mögest du Antworten finden auf deine ganz persönlichen Fragen.
Deine Gabriele Feile
Prolog
An die Decke starren ist gar nicht so einfach, wenn diese aus Glas ist. Trotz des durchsichtigen Materials ist der Blick nicht gerade berauschend. Links und rechts von mir: genau dasselbe. Wenigstens kann ich dort andere Menschen sehen. Es sind drei von uns hier. Leider reagieren die beiden kaum auf meine Kontaktversuche. Sie scheinen fast die ganze Zeit zu schlafen und haben noch mehr Schläuche und Kabel an sich als ich.
Wie lange ich wohl schon hier bin? Ich habe kein Zeitgefühl, doch so allmählich wird mir langweilig. Jeden Tag derselbe Trott und das gleiche Essen. Ich hatte mehr erwartet, als ich mich für diesen Ort entschieden hatte. Doch offensichtlich hat meine überraschende Ankunft alle ein wenig überfordert.
Wenigstens ist es warm, doch so richtig was los ist hier nicht. Nur hin und wieder kommen Leute und schauen durch eine weitere Glasscheibe zu mir herüber. Was sie sagen, höre ich nicht. Doch ich sehe, dass sie Taschentücher in der Hand halten, mit denen sie sich manchmal über die Augen wischen.
Ich muss unbedingt mit Raphael sprechen, damit er ein bisschen Tempo in diese Sache bringt. Auf dem Weg hierher, in dieses große und anonyme Gebäude, das komisch riecht, versuchte er, mich zu beruhigen. „Das hat alles seinen Sinn“, sagte er immer wieder. Doch so richtig kann ich ihm nicht glauben.
Wo bleibt er nur? Er ist doch sonst immer pünktlich. Ausgerechnet heute, wenn ich ihn fragen will, ob er was von Caroline gehört hat, kommt er zu spät.
Caroline. Sie hat mir hoch und heilig versprochen, mir weiterhin zur Seite zu stehen. Doch bisher fehlt jedes Lebenszeichen von ihr.
Ach, wäre sie doch nur hier! Es gibt so vieles, worüber ich mit ihr reden möchte. Wie kann sie mich nur so im Stich lassen?
Jetzt muss ich alles ohne sie machen.
Allein.
Ein Schmetterling brauchtmehrere Wochen oder Monate, um sichkomplett zu verwandeln.
Bis derSchmetterling fliegt
Wer mag sie nicht, die bunten, zarten Wesen, die so fröhlich um uns herumflattern und ohne die ein Sommer kein Sommer ist? Bei ihrem Anblick vergessen wir, dass Schmetterlinge als Raupen unsere wertvollen Pflanzen fressen.
Die Geburt eines Schmetterlings ist genauso faszinierend wie die anderer Lebewesen. Dennoch ist seine Verwandlung deutlich ausgeprägter und sichtbarer – in einem überschaubaren Zeitraum – als etwa unsere eigene Geburt. Damit ein Schmetterling zur Welt kommt, sind keine Eingriffe von außen nötig oder möglich. Er schlüpft dann, wenn die Zeit reif ist.
Bis ein Schmetterling endlich fliegen kann, vergeht einige Zeit – je nach Art dauert es unterschiedlich lange, selten länger als einige Wochen, in Einzelfällen schon mal Monate. Der Schmetterling macht eine vollständige Metamorphose, eine Verwandlung, durch und wird vom Ei zur Raupe, zur Puppe und schließlich zum wunderschönen Falter.
Schon der Balztanz der Schmetterlinge ist eine bezaubernde Flugshow. Männchen und Weibchen flattern in der Luft ganz leicht und spielerisch umeinander herum und verbinden sich dann mit ihren Hinterleibspitzen, sodass die Eier des Weibchens befruchtet werden. Nach wenigen Tagen legt es die Eier (zwischen 30 und 1000) auf einer passenden Pflanze ab. Also auf einer, von der sich die aus den Eiern schlüpfenden Raupen ernähren können. Der Bananenfalter sucht sich folglich eine Bananenstaude und sorgt dafür, dass die Eier vor Regen und Fraßfeinden geschützt sind. Häufig befinden sich Eier an der Unterseite von Blättern, meist so gut getarnt, dass wir Menschen sie nicht auf Anhieb entdecken.
Im Inneren des Eies entwickelt sich ein winziger Embryo zur Raupe. Die kleine Raupe zerbeißt zum Schlüpfen die Eihaut und frisst erst einmal die Schale seines eigenen Eies. Die Lebensaufgabe einer Raupe ist: fressen, um zu wachsen. Sie nagt sich also „nimmersatt“ durch die Blätter ihrer Futterpflanze und erfüllt somit ihren ganz persönlichen Zweck der Existenz.
Die Raupenhaut wächst dabei nicht mit. Fünf- bis sechsmal im Laufe des Raupenstadiums häutet sich die Raupe deshalb. Die zu klein gewordene Haut reißt jeweils auf, und die neue Haut, die sich zwischenzeitlich gebildet hat, kommt zum Vorschein. In dieser neuen Hülle ist wieder genug Platz, sodass die Raupe sich weitere Polster anfüttern kann. Sie weiß nämlich intuitiv, dass es mit dem großen Fressen vorbei ist, sobald das Puppenstadium beginnt.
Für dieses Stadium sucht sich die Raupe einen geschützten Platz. Denn: Das Sein eines Schmetterlings wird ganz in der Ruhe transformiert. Manche Arten graben sich in den Boden ein, andere hängen sich kopfüber an einen Ast, und wieder andere weben sich einen Gürtel und fixieren sich damit an einem aufrechten Zweig. Die Puppenphase dauert meist wenige Wochen, bei manchen Arten auch länger, zum Beispiel den ganzen Winter.
Innerhalb der Puppenhülle, auch Kokon genannt, findet die vollkommene Verwandlung statt – ein intensiver biologischer Prozess. Währenddessen verharrt die Puppe unbeweglich in ihrer Position und wird dabei zu einer Meisterin der Täuschung und Tarnung. Mit bloßem Auge nehmen wir sie kaum wahr.
Es bilden sich alle Körperteile des Falters aus, und wenn es so weit ist, reißt die Hülle an einer von der Natur vorgesehenen Sollbruchstelle auf. Der frisch geschlüpfte Schmetterling sucht sich dann zu Fuß einen Platz, um Blut und Luft in seine Flügel zu pumpen, damit sie sich entfalten können.
Es kann bis zu zwei Stunden dauern, bis die Flügel getrocknet sind und die Haut ausgehärtet ist. Und dann, endlich, ist der Moment da: Der Schmetterling fliegt – in eine völlig neue Welt, die auf ihn gewartet hat.
Als Raupe war das Leben von schwerfälligem Kriechen und stetigem Fressen bestimmt. Im Innern des Kokons war es dunkel, und ein Ortswechsel war als Puppe nicht möglich. Jetzt aber segelt der Falter leicht und beschwingt durch die Welt und ernährt sich vom Nektar der Blumen, während die Sonne ihm Antrieb gibt. Er stellt seine Farben offen zur Schau und begeistert uns einfach durch sein Dasein.
Der Schmetterling steht wie kein anderes Tier für die Transformation. Alle vorherigen Lebensabschnitte des Falters werden jeweils komplett abgeschlossen, damit etwas Neues entstehen kann.
Ein Schmetterling schaut nie zurück, er lässt jeglichen Ballast ohne Groll los.
Denn so fliegt es sich leichter.
Es ist je nach Art unterschiedlich,wie lange die einzelnenStadien dauern.
Der Zeit voraus
Es ist ein Freitagnachmittag im März 1975. So gegen 16 Uhr fährt ein roter Ford Capri mit leicht überhöhter Geschwindigkeit auf der Landstraße in Richtung Stadt. Am Steuer sitzt ein junger Mann mit schulterlangen, leicht gelockten, schwarzen Haaren – wie sie halt gerade in Mode sind. Er ist sichtlich nervös und redet nichts.
Neben ihm sitzt eine Frau. Es ist seine Schwester, die ein paar Jahre älter ist als er. Ihr sieht man deutlich an, dass es ihr nicht gut geht. Voller Angst hängt sie im Sitz und hält sich am Türgriff fest. Der Schweiß steht ihr auf der Stirn. Sie hat Schmerzen, ja, mehr als das, sie hat Wehen. Sie bekommt ihr erstes Kind und hofft, dass sie bald im Krankenhaus ankommen. Ihren Mann konnte sie nicht erreichen, er ist bei der Arbeit. Also musste ihr Bruder einspringen und sie fahren.
Gerade noch rechtzeitig kommen sie in der Klinik an. Es ist eine Sache von Minuten: Kaum sitzt die junge Frau am Rand einer Badewanne, die im Kreißsaal steht, bringt sie auch schon ihr Baby zur Welt. Eines mit relativ vielen und langen, schwarzen Haaren – ganz der Mode entsprechend. Es ist ein Mädchen.
Und dieses Mädchen bin ich!
Nicht nur, dass ich fast im Sportwagen meines Onkels zur Welt komme. Nein, ich habe es so eilig, dass ich auch noch zwei Monate vor dem errechneten Geburtstermin das Licht der Welt erblicke. In den 1970er Jahren ist das ein ziemliches Drama. Das Atmen fällt mir schwer, ich bin blau angelaufen und bekomme das erste Etikett meines Lebens verpasst: „Risikokind“ steht im Mutterpass – in Rot!
Die katholischen Ordensschwestern, die die Geburtsklinik betreiben, reagieren gefasst und machen erst mal eines: eine Nottaufe. Eine solche darf bei Lebensgefahr eines Säuglings von Laien durchgeführt werden. Weil es schnell gehen muss, werde ich als Baby mit Wasser übergossen, während die Taufformel gesprochen wird. Ich bekomme die Namen Gabriele Hildegard. Später, als ich der Ordnung halber in der Kirche „getauft“ werde, spart sich der Pfarrer den Teil mit dem Weihwasser. Er führt nur noch die Salbungen und die anderen rituellen Abläufe durch. Und dieses Mal sind fast alle dabei, die dazugehören.
In den ersten drei Stunden meines Lebens werde ich gründlich untersucht. Die Ärzte teilen meiner Mutter mit, dass sie einige Defekte an mir festgestellt hätten, zum Beispiel sei meine Zunge zu lang und ich hätte einen Herzfehler.
Wenigstens darf ich eine kurze Weile in den Arm meiner Mama, wir beide machen das Beste aus der Situation und versuchen, uns aneinander zu gewöhnen. Meine hastige Ankunft, die sich lediglich durch ein paar undefinierbare Rückenschmerzen bei meiner Mutter angekündigt hat, bringt vieles durcheinander. Niemand ist darauf vorbereitet, alle sind irgendwie überfordert. Und genau dieses Gefühl löse ich nicht zum letzten Mal bei anderen Menschen aus!
Schließlich bringt man mich in einen Krankenwagen, und ich fahre zusammen mit dem Notarzt in die rund 20 Kilometer entfernte Kinderklinik. Meine Mutter darf nicht mitfahren. Sie hat schließlich gerade ein Baby zur Welt gebracht und muss sich schonen. Zehn Tage bleibt sie noch in der Klinik, und in dieser Zeit sind wir körperlich, räumlich und emotional getrennt. Immerhin gibt sie mir ihren Namen, der auch der Name der Großmutter ist, als zweiten Vornamen mit.
Im Kinderkrankenhaus wartet ein Brutkasten auf mich. Ich werde verkabelt, also an Überwachungsmaschinen und an ein Beatmungsgerät angeschlossen, und verbringe die nächsten vier Wochen allein in einem warmen Behälter aus Glas. Wenn Besuch kommt, was erst nach ein paar Tagen der Fall ist, darf dieser nur aus der Ferne durch eine Glasscheibe zu mir herüberschauen. Fremde Leute kümmern sich um mich und versorgen mich mit Nahrung. Vermutlich nicht mit viel mehr. Und ich? Ich habe ganz viel Zeit, über das Leben nachzudenken, das auf mich zukommt …
Ich erinnere mich bewusst natürlich gar nicht an diese Zeit. Als Kind wurde mir erzählt, dass ich im Brutkasten war und notgetauft wurde, aber ansonsten wurde darüber nicht viel gesprochen. Es war halt eine Geschichte, eine Episode des Lebens.
Erstmalig denke ich intensiver darüber nach, als ich einen Vortrag bei der Volkshochschule besuche. Ich gehe schon auf die 40 zu, die „Krise in der Mitte des Lebens“ beginnt gerade. Das weiß ich bloß in jenem Moment nicht. Unter der Überschrift „Transaktionsanalyse“ lernen wir Zuhörenden, wie stark die Kindheit und hier vor allem die ersten fünf Jahre unser Leben prägen. Alles, was in dieser Zeit geschieht, wird unauslöschlich in unserem System und unseren Zellen gespeichert. Was ich erst einige Jahre später lernen werde: Zu diesen prägenden Jahren zählt auch die Zeit der Schwangerschaft. Es beginnt also alles mit dem Zeitpunkt der Befruchtung.
Der Psychologe, der den Vortrag hält, erzählt aus seiner Praxis und kommt auf das Thema „Geburt“ zu sprechen. Er teilt mit uns Beispiele und stellt Verbindungen her zwischen den Umständen einer Geburt und dem, was im späteren Leben passiert. Mir dämmert so langsam, dass meine Ankunft auf der Welt mehr Bedeutung hat, als ich ihr bisher zugeschrieben habe.
Das erste Trauma des Lebens
Die Schweizer Ärztin Elisabeth Kübler-Ross (bekannt und ausgezeichnet für ihre Forschungen zum Leben nach dem Tod) erzählt etwa, dass sie als „unerwünschtes“ Kind zur Welt kam. Denn sie war eine von Dreien, und ihre Eltern hatten nicht mit Drillingen gerechnet. Lieber wäre ihnen ein „wohlgediehener Zehnpfünder“ gewesen. Stattdessen erschien die kleine Elisabeth, nur zwei Pfund schwer, ohne Haare und nach eigenen Worten sehr hässlich. Die beiden Geschwister folgten ihr, und erst das dritte Kind brachte den Eltern das ersehnte Glück.
„Zwei von uns hätten sie am liebsten wieder zurückgegeben“, beschreibt es die inzwischen verstorbene Wissenschaftlerin in einem ihrer Bücher. Sie empfand ihre Ankunft auf der Erde so, dass selbst ein zweipfündiges Nichts mit ganzer Kraft beweisen müsse, dass es wert war, leben zu dürfen. Für die Ärztin hieß das folglich zeit ihres Lebens: Sie arbeitete ganz besonders hart.
Ähnliche Erfahrungen machen viele Menschen. Sei es, weil ein Junge gewünscht ist und ein Mädchen zur Welt kommt. Sei es, weil die Umstände einer Schwangerschaft nicht ideal sind. Oder weil bei der Geburt Komplikationen auftreten.
Eine Sturzgeburt wie die meine kann genauso heftige Folgen für das Leben eines Neugeborenen haben wie das manuelle Einleiten einer Geburt, der Einsatz einer Geburtszange oder lebensbedrohliche Situationen für Mutter und Kind.
Der als „Eismann“ bekannte, niederländische Extremsportler Wim Hof kann berichten, dass er bei seiner Geburt fast gestorben wäre. Sein Zwillingsbruder kam vor ihm, er selbst wurde übersehen. Erst in allerletzter Sekunde, auf dem kalten Flur des Krankenhauses, kam er zur Welt. „Von da an war die Kälte ein Tattoo auf meiner Seele“, sagt er in einem Zeitungsinterview. Wim Hofs Metier sind kalte Temperaturen. Er hält internationale Rekorde im Ertragen extremer Kälte.
Lebenslange Erinnerungen
Keine Geburt ist wie die andere, das können Hebammen bestätigen – und Mütter, die mehrere Kinder zur Welt gebracht haben. Je nachdem, wie wir dieses Erlebnis der eigenen Geburt begehen, bleibt es in unserem Unterbewusstsein gespeichert, so wie auf einer Festplatte. Auch wenn wir uns nicht aktiv daran erinnern können.
Neurologisch wird das so erklärt: Das stärkste Zellwachstum in unserem Gehirn findet kurz vor und kurz nach der Geburt statt. Das heißt: Alte Zellen werden durch neue Zellen ersetzt. Sie werden praktisch überschrieben, und damit verschwinden auch die alten Erinnerungen.
Heute weiß die Wissenschaft auch, dass es einen Unterschied macht, ob jemand per Kaiserschnitt oder auf natürlichem Weg zur Welt kommt.
„Natürlich“ ist das, was der Natur entspricht. Der Weg durch den unglaublich engen Geburtskanal gehört zu den frühesten Erlebnissen, die ein Mensch durchmacht – quasi ein erstes Hindernis, das es zu überwinden gilt. Schaffen wir es dort hindurch (natürlich mithilfe der Mutter, die durch die körperlichen Reaktionen gezwungen ist, mitzuarbeiten), haben wir eine ganz große Hürde in unserem Leben bereits gemeistert. Das wappnet uns für alles Weitere, das kommt.
Kaiserschnittkinder erleben ihre Geburt völlig anders. Es bahnt sich nichts langsam an, stattdessen öffnet sich plötzlich die schützende Wand, die einen umgibt, und fremde Hände heben den kleinen Menschen hinaus in die Kälte. Ein Schock.
Unsere Geburt kann also ein traumatisches Erlebnis auslösen, bei manchen mehr als bei anderen. Selbst wenn alles glattgeht und es keine Komplikationen gibt, verlassen wir den geschützten, warmen und friedlichen Bauch der Mutter. Dort wurden wir ganz automatisch mitversorgt, wir wuchsen in einem hohen Tempo heran, und alles, was wir zum (Über-) Leben brauchten, entwickelte sich von allein.
Und jetzt, plötzlich, müssen wir diese Komfortzone verlassen. Wir haben keine Wahl und werden nicht gefragt. Das Licht der Welt wartet auf uns, und das ist erst mal viel zu hell! Diese Welt ist laut, Hände greifen nach uns, wir werden vermessen und begutachtet. Das neue Leben beginnt – kein Wunder – häufig mit Tränen.
Was danach passierte:
Mir wird immer häufiger deutlich, dass meine „verfrühte“ Ankunft ein Muster ist, das sich regelmäßig wiederholt in meinem Leben. Ich tue viele Dinge (nicht alle) früher als andere und bin Gleichaltrigen geistig und auch ganz praktisch oft voraus. Später überfordere ich Menschen mit meinen manchmal schockierenden Aussagen oder Taten. Genauso, wie ich meine unvorbereiteten Eltern mit meiner „schlagartigen“ Geburt überraschte.
Ich antizipiere viele Entwicklungen früher als andere und wundere mich oft, warum diese Anderen die Dinge nicht mit mir zusammen erkennen. Meine Geduld wird sehr strapaziert, und ich bin frustriert, weil ich weder verstanden noch unterstützt werde. Gleichgesinnte zu finden ist extrem schwierig, und Unterhaltungen, die sich um oberflächliche Themen drehen, strengen mich unglaublich an. Viel lieber erweitere ich die Perspektive und sehe Zusammenhänge.
Was ich gelernt habe:
Die Tatsache, dass ich die ersten vier Lebenswochen getrennt von Mutter und Vater bin und auf ihre Fürsorge, ihre körperliche Nähe und ihren elterlichen Schutz verzichten muss, prägt mich nachhaltig.
„Das ist also der Grund, warum ich glaube, alles allein machen zu müssen“, kommt mir eines Tages die Erkenntnis. „Aber du kannst es auch allein!“, sagt ein guter Bekannter daraufhin zu mir. Und das stimmt.
Ob ich es allein kann, weil meine erste Lebenserfahrung mich darauf vorbereitet hat, oder ob diese Erfahrung die erste Feuerprobe war für ein Leben, in dem ich vieles allein durchstehen muss – das habe ich tatsächlich noch nicht herausgefunden.
Und jetzt zu dir:
• Wie verlief dein Start ins Leben?
• Wer kann dir etwas zu den Umständen deiner Geburt erzählen und Licht ins Dunkel deiner Erinnerungen bringen?
• Verspürst du bei diesem Thema intensive Emotionen?
• Welche Grundlagen für dein Leben sind wohl mit deiner Geburt gelegt worden?
Die finale Entfaltung eines Schmetterlingsdauert nicht sehr lange, das lässt sichin Stunden messen.
Ent-faltet
„Sie haben alles, was es braucht, und sind stabil genug, um der Welt enorm viel zu geben! Finden Sie sich und bleiben Sie bei sich. Und verlassen Sie dafür endlich Ihren Kokon!“
Diese Sätze höre ich, während ich mich im Juni 2020 von der Behandlungsliege meiner Osteopathin erhebe. Sie hatte mich gerade eine Stunde lang „bearbeitet“, ganz feinfühlig und minimal und gleichzeitig sehr wirkungsvoll und tiefgehend, wie das in der Osteopathie üblich ist. Mein Oberkörper, speziell die Schultern, waren heute dran, und diese fühlen sich jetzt wesentlich gelenkiger und freier an. Vorher hatte ich das Gefühl, dass meine Arme irgendwie am Oberkörper festgeklebt waren, in angewinkelter Haltung. Besonders morgens nach dem Aufwachen fühlte ich mich oft ganz steif und brauchte eine Weile, bis ich in Schwung kam. Die Arme schmerzten, speziell in den Armbeugen.
Über Schmetterlinge hatten wir beide vorher nie gesprochen. Stattdessen sprechen wir während der Termine über die aktuelle Zeitqualität und die möglichen Veränderungen auf der Welt, die das Coronavirus mit sich bringt. Dabei erzähle ich, was bei mir emotional so los ist und welche neuen Erkenntnisse zu mir kommen. Sie selbst trägt auch zu diesen Erkenntnissen bei. Denn sie teilt mir während der Behandlungen ihre Wahrnehmungen zu meinem Körper mit. Diese sind absolut stimmig mit dem, was ich täglich erlebe und wahrnehme. Der Körper spricht also eine deutliche Sprache. Und er kennt die Wahrheit.
Die klare Ansage der Osteopathin überrascht mich also überhaupt nicht!
Ich habe schon vor einer ganzen Weile realisiert, dass ich mich im Kokon befinde. Ja, ich bin sogar sicher, dass ich ihn bald verlassen werde. Die Sollbruchstelle zeigt sich tatsächlich schon, sie ist allerdings noch nicht offen. Wie sich herausstellen wird, ist dies nur noch eine Frage von Tagen. Und die heutige Lockerung des Schulterbereiches ist eine Vorbereitung darauf. Denn wie sonst sollen sich meine Flügel ausbreiten können?
Bei Schmetterlingen läuft das ganz natürlich ab, sie brauchen keine osteopathische Behandlung dafür. In der Puppenhülle ist nicht viel Platz, sodass sich Flügel, Beine und Fühler eng an den Körper schmiegen. Sobald die Hülle verschwindet, breiten sich alle Körperteile zur vollen Pracht aus. Diese Vorstellung gibt mir Hoffnung und ein sehr vorfreudiges Gefühl. Bald ist es so weit! Ich spüre es.
Den letzten Ausschlag für meine Ent-Faltung gibt ein Termin bei einer meiner anderen Helferinnen. Es ist Michaela, eine Heilberaterin mit wunderbaren Fähigkeiten und kosmischen Verbindungen. Mit ihr male ich am 1. Juli ein Bild, so eine Art Schaltskizze. Meine Fragestellung dafür lautet: Was brauche ich noch und was brauche ich nicht mehr, um endgültig und vollkommen ich selbst zu sein?
Die Skizze bildet sich aus fünf Begriffen, die mir spontan einfallen, und wird ergänzt durch ein paar weitere Worte, die ich aus einem Kartenstapel ziehe. Die Verbindungen zwischen diesen Begriffen zeigen sich ebenfalls durch das Ziehen von Karten, wobei vordergründig meine Intuition, ein Pendel, farbige Stifte und gezeichnete Symbole zum Einsatz kommen. Hintergründig spielen dabei noch ganz andere Elemente eine Rolle, die ich unter dem schönen Begriff Universum zusammenfasse.
Am Ende zeigt sich ein Bild, das meine Zukunft symbolisiert. Damit diese sich auch so manifestieren kann, räumen wir noch ein paar Hindernisse aus dem Weg und schließen ein paar offene Wunden – rein energetisch versteht sich. Welche das sind, daran kann ich mich tatsächlich nicht mehr erinnern. Das scheint wohl keine Rolle zu spielen.
Der finale Höhepunkt dieses Erlebnisses zeigt sich erst ein paar Tage später. Denn: Meine Aufgabe ist es jetzt, dieses Bild zurückzugeben an den Planeten Erde. Und zwar in Form eines Naturelementes, also Erde, Wasser, Luft oder Feuer. Ich entscheide mich spontan für das Feuer und vertraue darauf, dass sich ein solches für mich entzünden wird. Bis dahin trage ich die Skizze meines zukünftigen Lebens noch ein paar Tage in einem Beutel um den Hals mit mir herum.
Und siehe da, am 4. Juli 2020, der Nacht vor dem Vollmond, bietet sich die ideale Gelegenheit: Es ist eine laue Sommernacht, die ich mit wundervollen Menschen, gutem Essen und anregenden Gesprächen verbringe. Elke, die Gastgeberin, zündet zum Ausklang des Abends ihren mexikanischen Aztekenofen an. Mein Feuer ist entzündet! Ich übergebe meine Zukunft diesem lodernden, heißen und kraftvollen Element. Ganz unspektakulär und vollkommen friedlich verwandelt sich das Papier zu Asche. Und der Schmetterling entsteigt der Glut!
Ich erkenne das daran, wie leicht ich mich danach fühle und wie ich buchstäblich nach Hause schwebe. Dorthin, wo mein Schmetterlingslogo schon wartet. Denn dieses habe ich in der Zwischenzeit erschaffen – in Rot, der Farbe des Feuers. Mein voller Name, Gabriele, den ich 45 Jahre lang verleugnet habe, ist Teil davon. Jetzt ist klar: Die kleine Gaby gibt es nicht mehr. Sie hat Platz gemacht für die große Gabriele. Es fühlt sich plötzlich ganz stimmig an, dass ich mich selbst so nenne.
Der Name, den wir zu Beginn des Lebens bekommen, hat oft mehr Bedeutung, als wir ihm zuschreiben. Ihn nicht zu benutzen oder ihn abzuwandeln hat etwas damit zu tun, dass wir uns selbst nicht vollkommen annehmen können. Ich habe gelernt, dass wir uns besonders durch Verkürzungen von Namen an die „abgeschnittene“ Form unseres Selbst gewöhnen.
Als ich diese Erklärung zum ersten Mal höre, sträubt sich in mir alles. Es dauert mehrere Jahre, bis ich voller Selbstbewusstsein meinen schönen (und übrigens auch bedeutungsvollen) Namen aussprechen kann. Heute ist mein Name ein hör- und sichtbares Zeichen für mich, das einen großen Unterschied macht. Denn es bedeutet:
Die Vergangenheit ist vorbei.
Ein Falter macht sich keine Gedanken über seine Vergangenheit als Raupe oder Puppe. Er ist voll und ganz Schmetterling. Obwohl ich das genauso empfinde und die alten Stadien meines Lebens mir erstens recht unwirklich und zweitens recht egal erscheinen, kann ich mich noch an sie erinnern. Das ist gut so, denn sonst könnte ich das hier nicht schreiben und dich teilhaben lassen an dem, was ich erfahren und erlebt habe. In all der Zeit, die es brauchte, um auf der Schmetterlingsfrequenz anzukommen.
Retrospektiv vergleiche ich die einzelnen Lebensphasen von Schmetterlingen und Menschen so:
Die Eiphase ist die Zeit im Mutterleib. Sie dauerte bei mir nur knapp sieben Monate, weil ich es kaum erwarten konnte, zur Welt zu kommen.
Die Raupenphase nehme ich als die Phase des Wachsens wahr – ganz wörtlich, aber auch ganz metaphorisch. Als Raupe fressen wir, denn wir wollen groß und stark werden. Das entspricht der Natur, und daran ist absolut nichts Falsches. Wir nehmen Nahrung zu uns, und später ernähren wir uns von Wissen, Erfahrungen und Erlebnissen. Also von geistiger Nahrung, wie ich sie nennen möchte.
Irgendwann sind wir körperlich ausgewachsen und könnten in die ruhige Puppenphase wechseln. Doch weil uns das nicht unbedingt sinnvoll erscheint, beschließen wir einfach, weiterzuwachsen.
In die Raupenhülle passt nichts mehr, also wachsen wir außerhalb davon. Wir häufen Gegenstände und Kleidung an und horten Lebensmittel, als wären wir Ameisen. Wir erwerben Technik und Fahrzeuge, besitzen Immobilien und kaufen uns Unterhaltung und Vergnügen, indem wir reisen, feiern, essen, trinken und noch allerhand anderes tun zur Zerstreuung und Ablenkung.
Wir sammeln Ausbildungen, Weiterbildungen, Fortbildungen, Abschlüsse, Zertifikate, Zeugnisse und Titel und kommen damit zwar voran, aber oft auch immer weiter weg von unserem Kern. All das tun wir scheinbar ganz unersättlich – wie eine Raupe.
Wir gönnen uns alles Mögliche, nur nicht den Luxus, zur Ruhe zu kommen.
Hin und wieder häuten wir uns, weil unsere alte Hülle zu eng wird. Wir wechseln Wohnung, Job, Auto oder Partnerschaft – meistens freiwillig. Prompt geht das Fressen weiter: neue Erfahrungen, neues Wissen, neue Erlebnisse. Bis auch die nächste Hülle wieder zu eng wird und wir ausbrechen wollen.
Diese Raupenphase können Menschen, so scheint es, unendlich lange aushalten – ich selbst zum Beispiel rund 35 Jahre. Kein Wunder: Wir leben in einem Wirtschaftssystem, das auf stetiges Wachstum ausgerichtet ist. Obwohl wir auf einem Planeten leben, der nur begrenzte Ressourcen zur Verfügung hat. Obwohl nichts in der Natur, auch nicht eine Raupe, unendlich wächst. Alles in der Natur, und wir als Teil davon, wächst stets bis zur optimalen Größe. Es sei denn, der Tod kommt dazwischen.
Die Raupe wird, wenn sie nicht mehr wachsen kann, zur Puppe. Sie schafft sich selbst eine Komfortzone, in der sie völlig ruhig und bewegungslos verharrt. Kein Fressen mehr, nur noch Stillhalten. Die Puppe ist ein Meister im Täuschen und Anpassen. Sie fällt nicht besonders auf, sie wird übersehen, sie ist unscheinbar. Dennoch: Hinter der Fassade, der Maske, der Rüstung oder dem Panzer entsteht etwas Wunderschönes.
Im Kokon ist ein Schmetterling sicher. Aber dafür sind Schmetterlinge nicht gemacht.
Ein Schmetterling ist in erster Linie dafür da, von Blüte zu Blüte zu fliegen und diese so zu bestäuben. Dabei beglückt er uns Menschen mit seinen leuchtenden Farben und seinen vielfältigen Formen und Arten. Kein Schmetterling wird sich weigern, seinen Kokon zu verlassen. Wir Menschen allerdings, wir weigern uns gerne und vehement. Ich weiß das, ich weigere mich auch. Ziemlich lange und ohne dass mir das bewusst ist: zehn Jahre lang.
Ich habe mich gut eingeknüpft in meinen Kokon, und das sieht schön aus: keine Spur von langweiligem Braun oder Tarnfarben. Er changiert in Violett, je nach Stimmung leuchtend oder zurückhaltend. Mein Kokon hängt sogar an Stellen herum, an denen man ihn nicht übersehen kann. Aber: Es ist halt immer noch ein Kokon!
Irgendwann wird es mir doch zu eng in meiner schönen Hülle. Ich beginne, Schichten zu lösen und mich nach und nach buchstäblich zu ent-wickeln. Das tue ich nicht allein. Zahlreiche Menschen, die da sind, kaum dass ich bereit dafür bin, helfen mit. Sie ermuntern mich, meine Hüllen fallen zu lassen, und geben mir passende Werkzeuge dafür. Und sie erzählen mir, welch ein wunderschöner Schmetterling ich sei, den die Welt unbedingt sehen will. Sie ermutigen mich, doch sie zwingen mich zu nichts.
Es geht manchmal schneller vorwärts, dann kommen wieder Rückschritte. Mein Körper wird immer unleidiger. Die unterschiedlichsten Wehwehchen zeigen sich, manche kommen regelmäßig, andere gehen gar nicht mehr weg. Ich spüre irgendwann, dass ich nicht wirklich gut durchatmen kann.
Das führt mich zu der Osteopathin, die du schon kennengelernt hast. Im Laufe von vier Behandlungen überrascht sie mich immer wieder mit Aufgaben, nach denen mein Körper geradezu lechzt. Für den schon erwähnten unbeweglichen Oberkörper empfiehlt sie mir Lockerungsübungen, die ich bis heute jeden Morgen mache – mit Schwung und fühlbaren Ergebnissen. Für die recht steife Brustwirbelsäule rund um das Herz verschreibt sie mir Wärme, am besten durch Sonnenlicht, das direkt darauf scheint.
Für das echt verspannte Zwerchfell, das die Atembeschwerden auslöst, bekomme ich die schönste aller Hausaufgaben: möglichst viel singen. Und zwar nicht nur einfach so. Ich bekomme zu hören: „Das Singen ist etwas, das Sie vor alles andere stellen sollten. Es gehört zu Ihnen, und es tut Ihnen gut.“
So einfach soll das gehen?