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In eher behutsamen und leisen Worten und doch mit faszinierender Sprachgewalt führt die Novelle in die Einsamkeit einer geheimnisumwitterten Landschaft und erzählt die Geschichte von einem Mädchen und einem Jungen, deren Schicksal sich in winterlicher Abgeschiedenheit erfüllt und den Leser am Ende voller Emotionen zurücklässt. Ein bewegendes, ein anrührendes Buch, dessen oft stiller Eindringlichkeit man sich kaum zu entziehen vermag. Bei Literaturveranstaltungen vorgelesen, im Gymnasialunterricht besprochen, von Internet-Literaturportalen zum Lesen empfohlen.
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Seitenzahl: 146
Veröffentlichungsjahr: 2018
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Wohin gehen wir?
Immer nach Hause.
(Novalis)
Für Inge
Als ich nach den ersten Seiten des Manuskriptes aufgeben wollte, bestärkte sie mich darin, diese Geschichte bis zum Ende weiterzuerzählen.
An Wintertagen liefen sie über die verschneiten Wiesen und den zugefrorenen Bach, der manchmal dort, wo er stark schlängelte, eine dunkle Eisfläche freigab. Das Eis war glatt und durchsichtig wie Glas. Darunter breitete sich eine raumlose Schwärze aus, und ein bißchen fürchteten sie sich, obwohl der Bach nicht tief war. Das wußten sie vom Sommer, aber im Winter war es ein anderer Bach.
Unter den Kufen des Schlittens, auf dem sie vorwärts glitten, knisterte das Eis, es warf blitzschnelle Risse, die schneller als die Fahrt des Schlittens vorauseilten. Wenn sie zurückkehrten, stand oft ein dünner Wasserfilm auf dem Eis. An manchen Stellen, die besonders schwarz schienen, hielten sie die Schlitten an und versuchten, in die Tiefe zu schauen.
Der aufkommende Abend machte die Luft noch kälter. Sie fühlten die Kühle nicht. Wenn der Durst sie plagte, leckten sie Schnee von den Handschuhen, der auf der Zunge brannte.
Dann hielten sie inne, heftig atmend, durchwärmt, saßen auf den Schlitten am Rande des Baches, von der beginnenden Dämmerung eingehüllt. Der Schnee lag wie weiße Polster auf der Wiese und dämpfte jeden Laut. Wenn es schneite, fielen die Flocken wie in einem lautlosen Taumel, und an den Wangen spürten sie das leise Netzen, wenn sie in Sekundenschnelle am Gesicht zerschmolzen. Reglos lauschten sie in den Wald, der zu beiden Seiten wie eine schwarze Wand an das Weiß der Wiese heranreichte. Sie sprachen kaum noch und wenn doch, dann nur wispernd.
Sie rutschte mit ihrem Schlitten näher an seinen heran, so daß ihre Beine sich berührten. Selbst die Tiere, deren Laute sie alle kannten, schwiegen. Sie schreckten auf, wenn ein Rauschen aufkam und einer der Bäume seine Schneelast abschüttelte. Wenn sie flüsterte, schaute sie nach vorne, wandte kaum einmal das Gesicht zu ihm. Von der Seite sah er ihre Wange und die Haare, die aus ihrer Mütze hervorlugten. Manchmal schauderte sie leise, dann schüttelte sie sich wie ein scheuendes Tier, um sogleich wieder ganz still zu sitzen. Dann fühlte er ihre Hand an der seinen. Sie standen auf und zogen die Schlitten hinter sich her, über die Wiese auf den schwarzen Wald zu, dorthin, wo der Weg bergauf zum Dorf anfing. Er ging voraus, und sie blieb hinter ihm in seiner Spur. Wenn er sich umdrehte, hörte er, wie sie angestrengt atmete.
Als der Wald wieder zurückwich und sie das freie Feld erreichten, sahen sie die Lichter der ersten Gehöfte und verlangsamten die Schritte.
Leise näherten sie sich der Stalltür, stießen sie auf und drangen in die feuchte Wärme ein, wo sofort die Köpfe der Kühe herumfuhren und für einen Augenblick mit ihrem mahlenden Kauen innehielten.
Sie tranken Milch aus dem Eimer, der unter dem hölzernen Regal stand, an dem die Melkschürze und der Melkschemel hingen. Die Milch hatte schon Rahm angesetzt und war noch warm.
„Bis morgen“, sagte er dann.
„Bis morgen“, sagte sie, und er trat aus dem Stall in den Lichtkegel vor der Tür und dann in die Dunkelheit und stapfte den Weg weiter hinauf.
Die Winter dauerten oft lange und hielten wochenlang alles wie unter einem Bann gefangen. Tagelang wurde es nicht richtig hell, von morgens bis abends waren Wiesen und Felder und die Gehöfte in fahles Licht getaucht. Der Schnee fiel unaufhörlich, so dicht oft, daß schon das nächste Haus dem Blick entschwand und die weiße Flur übergangslos mit dem Himmel verschwamm. Eine sonderbare Stille lastete über dem Land und legte sich wie eine betäubende Müdigkeit über die Menschen und die Tiere.
Am Morgen traf er sie an der Weggabelung, wo der talaufwärts führende Fahrweg die schmale Dorfstraße aufnahm. Sie war immer früher als er dort und wartete am Podest für die Milchkannen auf ihn. Nur ihr Gesicht war zu sehen, ein langer Mantel hüllte sie bis zu den Schuhen ein, und ihre Mütze hatte sie tief in die Stirn gezogen. Sie machten sich auf den Weg zur Schule, und obgleich sie ihn so oft gingen, wurde es ihnen niemals eintönig. Wenn der Schnee tief war, versuchte sie meist in seine Fußstapfen zu treten, und er machte kleinere Schritte, damit es ihr gelang. Den größeren Bäumen hatten sie Namen gegeben, auch auffälligen Felssteinen im Weg, doch diese waren nun begraben vom Schnee.
In wenigen Augenblicken lag das Dorf hinter ihnen wie ausgelöscht, der verschneite Weg durch die Felder war kaum auszumachen. Erst als sie die Kammhöhe erreichten und der Wald näher an den Weg heranrückte, warfen die Stämme ganz leichte Schatten, so daß sie wieder mehr erkennen konnten.
Beinahe eine Stunde brauchten sie bis zum Tal, ehe das Schulhaus im anbrechenden Morgenlicht auf dem gegenüberliegenden Hang zu sehen war. Sie trennten sich auf dem Schulhof, und sie ging zu den Mädchen und er zu den Jungen. Im Schulzimmer saß sie weiter vorne als er, auf der linken Seite, wo die Mädchen ihre Plätze hatten. Meist trug sie Zöpfe, die ihre Mutter geflochten hatte, mit kleinen bunten Spangen an den Enden. Wenn sie grübelte, nahm sie oft einen Zopf in die Hand und strich sich mit den Haarspitzen über die Wange. In den Pausen sahen sie sich kaum auf dem Schulhof. Ältere Schüler waren mit Schneeräumen beschäftigt, während die anderen in Gruppen die frei werdenden Hofflächen für ihre Spiele nutzten. Sie stand meist am Rand und schaute den anderen zu oder hob einen Ball auf, um ihn zu den Spielenden zurückzuwerfen.
Beim Heimweg gingen sie langsamer als in der Frühe. Der Weg stieg nun steiler an, und da es den Vormittag über weitergeschneit hatte, sanken sie noch tiefer ein. Von den Spuren am Morgen war kaum noch etwas zu entdecken. An den Biegungen, wo die Bäume weiter auseinander standen, türmte sich der Schnee zu hohen Wächten, in die sie hineinsprangen und oft bis zur Brust versanken. Dort, wo der Weg für eine kurze Weile eben verlief, bogen sie in den Jungwald hinein, in dem die Fichten weniger dicht wuchsen und von der Schneelast niedergedrückt wurden. Wenn der schier grundlose Schnee unter ihnen nachgab und sie hineinfielen, blieben sie für Sekunden liegen und waren eingehüllt von einem pulvrigen Weiß, das ihnen in Augen, Mund und Nase drang. Dann standen sie unvermittelt still, lauschten, die Augen des Mädchens waren weit geöffnet, als ob es Dinge sehe, die es nur ganz alleine wahrnehmen könne. Ihre Wangen waren rosa überflutet, und wenn sie atmete, schwebten kleine weiße Wolken vor ihrem Mund. Die Tornister legten sie nicht ab. Bei manchen Bewegungen hörten sie auf dem Rücken Geräusche der Hefte und Bücher, des Lineals und der anderen Sachen, die sie mit in die Schule nahmen. Der Hang neigte sich erst leicht, dann steil nach unten und fiel in das Seitental hinunter. Wenn sie zu atmen aufhörten, war es vollkommen still.
Erneut begann es zu schneien. Es war, als ob weißer Sand vom Himmel käme, so dicht fiel der Schnee. Er schwebte nicht hernieder, sondern rieselte wie ein dichter Vorhang. Kleine weiße Perlen liefen über ihre Ärmel, blieben nicht haften, verfingen sich nur in ihren Kragen und Mützen. Dann hielt sie inne und wandte sich ihm zu. Sie nahm den Tornister nach vorn, öffnete ihn und nahm ein Stück Brot heraus, biß hinein und brach ein Stück für ihn ab. Schweigend aßen sie, unterbrochen durch den vom Spiel noch keuchenden Atem. Immer wieder horchte sie, drehte den Kopf dabei wie ein witterndes Tier. Er verstummte, suchte ihren Blick und wartete, bis sie ihn wieder anschaute. Dann kämpften sie sich zurück zum Weg und gingen weiter aufwärts, langten auf der Kammhöhe an, von der aus der Weg mit nur wenig steilem Gefälle und einigen Kehren und Windungen in das Dorf hinabführte.
Am Milchkannen-Podest trennten sie sich.
„Bis morgen“, sagte sie und wandte sich dem Weg zum Hof ihrer Eltern zu.
„Bis morgen“, rief er ihr nach und lief zur anderen Seite durch den hohen Schnee in den Pfad hinein, an dessen Ende sich die dunklen Umrisse seines Elternhauses zeigten.
Es waren nicht mehr viele Tage bis Weihnachten. David mochte diese Zeit, wenn es warm im Haus war, in jedem Raum Lampen oder Kerzen ihr Licht verbreiteten und Tannenzweige mit allerlei bunten Schleifen in Vasen steckten und die Mutter bei allem Tun einen süßen Duft verbreitete. Es behagte ihm, aus dem Schnee heimzukehren in die Wärme des Hauses, nachdem er seine Sachen ausgezogen hatte und auf Strümpfen in die Stube trat. Meist erzählte er rasch von den Vorkommnissen in der Schule oder von dem Hermelin, das vor ihm über den Weg schnürte, während die Mutter weiter ihren Beschäftigungen nachging und ihm mit seitwärts zugewendetem Gesicht zuhörte. Er stieg hinauf zu seinem Zimmer, das an der rückwärtigen Seite des Hauses lag. Dort schlief er auch. Das Zimmer hatte ein großes Fenster, das für die Abmessungen des Raumes zu groß schien. Aber David liebte dieses Fenster. Seinen Tisch hatte er ganz nahe herangerückt, die Gardinen schob er bis an den äußeren Rand zur Seite. Der Blick ging über den Garten und über die angrenzenden Obstwiesen hinweg zum kleinen Wäldchen in der Senke bis zur gegenüberliegenden Hangseite, wo er oft in der heraufziehenden Dämmerung Wildschweine sah. Nie hatte er sie bei Tag an einer anderen Stelle zu Gesicht bekommen, nur dort auf der anderen Seite des Tales, von seinem Fenster aus. Wenn er in seinen Heften schrieb, zog es seinen Blick wie unter einem geheimnisvollen Antrieb immer wieder nach draußen. Dann ließ er den Federhalter sinken und beobachtete träumend die Wolken und den Wald. Er hörte aus den unteren Räumen die Geräusche der Mutter und wußte sich nicht allein.
Wie so oft, überkam ihn eine merkwürdige Unruhe. Er schob die Hefte weg, sprang auf, lief die Stiege hinab, an der Mutter vorbei, zog hastig seine Sachen an und rannte in den tiefen Schnee hinaus, versank bei jedem Schritt bis über die Schuhe, stapfte den Pfad entlang und dann in den Weg hinein, der zu Elena führte. Die Dämmerung hatte bereits begonnen. Nach der Hälfte des Weges blieb er stehen und stellte sich an einen Baum, der schwarz und mächtig in den Himmel wuchs. Elenas Fenster war dunkel. Nur aus einem Fenster an der Vorderseite des Hauses und aus den Stallungen fiel Licht. Minutenlang stand David still. Es hatte wieder zu schneien begonnen, in unaufhörlicher Flut kamen die Flocken wie ein lautloser Regen aus dem Grau des Himmels, und es schien, als ob sie sich erst ganz nah über seinem Kopf aus den Wolken lösten und auf ihn herabfielen. Unverwandt schaute er zu Elenas Fenster. Ein Lichtschein fiel auf den Schnee vor dem Haus, eine dunkle Gestalt trat aus der Tür und wendete sich in seine Richtung. David drückte sich dicht an den Baum, und sein Herz klopfte erschrocken. Es war Elenas Vater, der um das Haus ging, zu einer der Scheunen, darin verschwand, kurze Zeit später wieder zum Vorschein kam, zum erleuchteten Fenster ging, etwas rief und dann in der Stalltür verschwand. Wieder wurde die Haustür geöffnet, Elenas Mutter trat heraus und ging über den Hof in die offenstehende Scheunentür.
David blickte sich zu den verstreut liegenden Gehöften um, deren Umrisse durch die zunehmende Dämmerung und den Schneefall immer mehr verblaßten. Dann hörte er das Schließen einer Tür, Elenas Mutter kehrte zurück aus der Scheune und ging in den Stall. David roch die Tiere, roch den Dunghaufen, der an der Stirnseite der Scheune lag, zum Weg hin. Er kannte diesen Geruch, er war ihm vertraut und verkörperte für ihn Tiere und Wärme. Das Licht im Stall wurde dunkler, verlöschte jedoch nicht ganz. David wußte, daß sie nun den Stall verließen und durch eine Tür im Innern wieder das Wohnhaus betraten.
Da leuchtete Elenas Fenster in der dunklen Giebelwand auf, ganz oben, wo die Dachschräge ihren Anfang nahm. David sah die Lampe an der Decke, ihren bunten Schirm, sah die Gardinen und er schaute hinein in den hellen Lichtschein und wartete. Dann veränderte sich die Helligkeit zum Fenster hin, und kurz darauf erschien Elenas Kopf. Sie drückte die Gardinen beiseite, kam mit dem Gesicht ganz nah an die Scheibe und blickte in die Dämmerung hinaus. David glitt unwillkürlich noch weiter in den Schutz des Baumes. Er wußte nicht, ob es Minuten oder Sekunden waren, bis Elena ihren Kopf hob, sich aufrichtete und mit beiden Händen die Vorhänge zuzog und das Licht bis auf ein mattes Schimmern, das durch die Vorhänge drang, gedämpft wurde. David schaute noch eine Weile auf dieses warme Leuchten in der dunklen Wand, dann drehte er sich um und rannte durch den hohen Schnee heimwärts, wobei er versuchte, seine alten Fußabdrücke zu treffen und überlegte, was Elena in diesen Momenten, in denen er zurücklief, tat, was sie dachte, was sie anfaßte, worauf ihre Augen gerichtet waren.
Über Nacht hatte es beharrlich geschneit. Als David am nächsten Morgen das Haus verließ, versank er bis zu den Knien im Schnee, der sich über die ersten Treppenstufen angehäuft hatte. Er drehte sich um und bemerkte die Mutter hinter dem Fenster. Am Ausdruck ihres Gesichtes erkannte er, daß sie sich sorgte. Der Schnee lag besonders hoch, wo er sich gefangen hatte oder angeweht worden war. Schon aus einiger Entfernung nahm er Elenas dunkle Gestalt am Milchkannen-Podest wahr. Er sah nur ihre Augen oberhalb des Tuches, das sie um das Gesicht gelegt hatte.
Schon nach kurzer Strecke atmeten sie heftig, wenn sie immer wieder einsanken, oft bis über die Knie, und ausruhen mußten. Auf einmal griff sie nach seiner Hand. Er half ihr bis zur Kammhöhe hinauf und fühlte den Druck ihrer Hand, die sich fest an der seinen festhielt.
Sie erreichten die Schule erst zum Beginn der zweiten Stunde, doch die Lehrerin schaute eher beiläufig und wies sie mit einer stummen Geste in ihre Bänke. In der Wärme des Raumes spürte David, daß Schnee in seine Schuhe gedrungen war und seine Füße feucht waren. Am Ende sangen sie das Lied von der blauen Blume, das David in seltsamer Weise faszinierte. Oft vergaß er dabei, selbst zu singen, weil ihn der Text und der Klang der Stimmen, vor allem die der Mädchen, sonderbar einnahmen. Dann sah er zu Elena hinüber. Sie wirkte wie abwesend, blickte unverwandt zur Lehrerin, und er hörte ihre Stimme aus allen Stimmen heraus. Bei manchen Stellen des Liedes, das die Lehrerin meist unvermittelt zu singen vorgab, durchzogen hellklingende Stimmenakkorde den Raum, und David vermochte sich nicht zu erklären, wie solche Laute, bei denen immer eine leise Wehmut in ihm erwachte, aus den einzelnen Stimmen entstehen und zu diesen mächtigen Tonreigen anschwellen konnten, die ihn so eigenartig berührten.
Auf dem Rückweg, als sie wieder langsamer gingen und die Fußstapfen vom Morgen noch gut zu erkennen waren, empfand er mit einem Mal, daß Elena ihm etwas sagen wollte. Er blieb stehen und sah sie schweigend an. Sie schob das Tuch, das sie wieder um das Gesicht gelegt hatte, herunter, so daß er ihren Mund sehen konnte.
„Morgen wird geschlachtet“, sagte sie. Dann schwieg sie wieder.
David rann ein Schauer über den Körper. Er wußte, was das bedeutete. Einmal hatte er zugesehen, zufällig. Als er plötzlich das hohe Quieken eines Schweines hörte, war er stehengeblieben, dann neugierig nähergekommen. Einer der Bauernsöhne trieb das Schwein aus dem Stall auf den Hof. Dort stand sein älterer Bruder. Auch der Bauer und die Bäuerin waren zugegen und hantierten mit Eimern und Wannen. Dann packte der ältere der Söhne eine Axt, drehte sie herum, während der Bruder das Schwein an einem Strick festzuhalten versuchte. Das Schwein schrie in hohen, gellenden Tönen. Dann schlug der ältere Bruder mit der Axt zu, traf den Schädel des Schweins, jedoch nur auf der einen Kopfhälfte, da es nicht stillhielt. Ein Teil des Kopfes wurde zu einer blutigen Masse, die Schreie des Schweins klangen nun schrill und in einer Höhe, die David wie ein körperlicher Schmerz durchfuhren. Der Mann hob erneut die Axt und schlug wieder auf den Schädel des Schweins, das schrie und wankte, aber nicht fiel. Auf einmal hatte der jüngere Bruder ein langes Messer in der Hand und machte sich über das den Kopf hin- und herwerfende Tier her und stieß ihm die Klinge mit einem einzigen Stich bis an den Griff in den Hals, aus dem sofort ein starker Blutstrom hervorspritzte. Die Bäuerin hatte sich bereitgehalten und schob eine Wanne unter den Hals des Tieres, aus dem das Blut in heftigen Schüben hervorsprudelte.
David stand benommen, taumelte, konnte die Augen weder abwenden noch schließen. Das Schwein fiel nun vornüber, die Schreie waren in ein Röcheln übergegangen, das dann verstummte. Ohne weiteren Laut zuckte der Körper, die Beine strampelten in abrupten Bewegungen. Mit vereinten Handgriffen schoben die Männer den Körper des Schweins mit Kopf und Hals über den Wannenrand, in dem die Bäuerin mit einem großen Holzstab rührte.
David wandte sich um und lief fort, er lief den