Schottland - Wandern mit Robert Louis Stevenson - Iris Heerdegen - E-Book

Schottland - Wandern mit Robert Louis Stevenson E-Book

Iris Heerdegen

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Beschreibung

Ich weiß nicht, wie alt ich war, als ich das erste Mal ein Buch von Stevenson in der Hand hielt und fasziniert davon war. Ich glaube, es war die Schatzinsel, die jedenfalls zur Pflichtlektüre in der Schule gehörte, in der ehemaligen DDR. Natürlich habe ich auch die faszinierende Verfilmung des Stoffes im Fernsehen gesehen, im Rahmen der Adventsvierteiler, die um die Weihnachtszeit immer liefen. Diese Filme, die von 1964 bis 1983 gezeigt wurden, waren dann der Grund, weitere Bücher von Stevenson zu lesen, und zwar »Entführt, die Abenteuer des David Balfour« und »Catriona«. Diese beiden Bücher faszinierten mich so, dass ich unbedingt einmal nach Schottland wollte, was zu jener Zeit ein bizarrer, ferner Traum war. Ich war eingesperrt in meinem eigenen Land und konnte nur in Büchern und Filmen reisen. Doch dann kam die Wende und 1992 erfüllte ich mir diesen Traum. Seither bin ich fast jährlich dort und habe die Orte besucht, die Stevenson in seinen Romanen beschrieb und mich mit dem, in den Büchern aus der Schulbücherei nur am Rande erwähnten, historischen Hintergrund dieser Geschichte befasst.

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Blows the wind today, and sun and rain are flying

Blows the wind on the moors today and now

Where about the graves of the martyrs the whaups are crying

My heart remembers how

Grey recumbent tombs of the dead in desert places

Standing stones, on the vacant wine red moor,

Hills of sheep, and the howls of silent vanished races

And winds austere and pure

Robert Louis Stevenson

Denkmal von Alan Breck und David Balfour Corstophine Road Edinburgh

Karte der Strecke, die David Balfour und Alan Breck zurücklegten. © google maps:https://mapsengine.google.com/map/edit?mid=z0bXl22cuCZU.kaitMuJHdXSc

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Culloden

Der Wald von Lettermore 14. Mai 1752

Die Entstehung von »Entführt, die Abenteuer des David Balfour«

Earraid und Mull

Morvern

Der Wald von Lettermore

Duror

Glen Coe

Corrynakiegh

Rannoch Moor

Loch Rannoch

Von Rannoch nach Stirling

Edinburgh

Gullane und der Bass Rock

Danksagung

Nichts wird die Dinge ändern

Bildnachweise

Quellen Nachweis

Vorwort

Ich weiß nicht, wie alt ich war, als ich das erste Mal ein Buch von Stevenson in der Hand hielt und fasziniert davon war.

Ich glaube, es war die Schatzinsel, die jedenfalls zur Pflichtlektüre in der Schule gehörte, in der ehemaligen DDR.

Natürlich habe ich auch die faszinierende Verfilmung des Stoffes im Fernsehen gesehen, im Rahmen der Adventsvierteiler, die um die Weihnachtszeit immer liefen. Diese Filme, die von 1964 bis 1983 gezeigt wurden, waren dann der Grund weitere Bücher von Stevenson zu lesen, und zwar »Entführt, die Abenteuer des David Balfour« und »Catriona«.

Diese beiden Bücher faszinierten mich so, dass ich unbedingt einmal nach Schottland wollte, was zu jener Zeit ein bizarrer, ferner Traum war. Ich war eingesperrt in meinem eigenen Land und konnte nur in Büchern und Filmen reisen.

Doch dann kam die Wende und 1992 erfüllte ich mir diesen Traum.

Als ich an frühen Morgen mit dem Bus von London kommend, Arthurs Seat in der Julisonne sah, konnte ich es kaum fassen.

Seither bin ich fast jährlich dort und habe die Orte besucht, die Stevenson in seinen Romanen beschrieb und mich mit dem, in den Büchern aus der Schulbücherei, nur am Rande erwähnten historischen Hintergrund dieser Geschichte befasst.

Am Ende hat mich der Stoff so fasziniert, das ich selbst ein Buch schreiben wollte. Eine Zeitreisegeschichte, die erzählt wie ein Mensch sich fühlen würde, der aus dem 20. Jahrhundert in diese verworrene Zeit vor über 200 Jahren gerät und dort auf Alan Breck Stewart, James of the Glen oder Colin Campbell trifft, die es ja wirklich gegeben hat.

Ich möchte in diesem Buch etwas über die historischen Ereignisse von damals schreiben und meine Wanderungen auf den Spuren von David Balfour und Robert Louis Stevenson.

Culloden

› Als die Clansmänner bei Culloden unterlagen und die Pferde bis über die

Fesseln in bestem Nordmannsblut wateten, da musste Ardshiel wie ein gehetztes Wild über die Berge flüchten – er, seine Frau und seine Kinder. Das war ein saures Stück Arbeit für uns, bevor wir ihn endlich auf ein Schiff gebracht hatten. Und als er sich noch in der Heide versteckte, betrogen ihn die englischen Schurken, die ihm nicht ans Leder konnten, um seine Rechte. Sie raubten ihm seine Herrschaft, sie raubten ihm seine Ländereien; den Händen seiner Clansmänner entwanden sie die Waffen, die sie drei Jahrhunderte getragen hatten, ja, sie zerrten ihnen sogar die Kleider vom Leibe und nun gilt es als Verbrechen einen Kilt zu tragen, und ein Mann wandert womöglich ins Gefängnis. Doch eines konnten sie nicht ausrotten die Liebe der Clansmänner zu ihrem Oberhaupt.‹ »Entführt«, Robert Louis Stevenson.

Abb. 1 -Culloden Moor an einem sonnigen Frühsommertag

Stevensons Roman schickt seine Leser in die Zeit sieben Jahre nach der Niederlage der Clans auf dem Moor von Culloden. Eine Zeit der gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Umbrüche. Die Helden seines Buches, wie Alan Breck Stewart, James of the Glens und Colin Campbell hat es wirklich gegebenen. Der Mord, in den sie alle drei verwickelt waren, der Rote Fuchs - Colin Campbell als Mordopfer, Alan Breck und James of the Glens als Mörder und Komplize, ist bis heute ein heißumstrittenes Thema unter Historikern und Buchautoren.

Um die geschichtlichen Hintergründe deutlich zu machen, will ich in diesem ersten Kapitel ein wenig über die Ereignisse schreiben, die zu der blutigen Niederlage der Clans auf dem Moor von Culloden geführt haben und damit einen Grundbaustein für Stevensons Buch »Entführt« legten.

Viele, die Schottland lieben, sehen in den Ereignissen an jenem trüben Aprilmorgen stets den Kampf der Schotten gegen die Engländer. Sie haben da wohl Mel Gibsons Darstellung von Braveheart, William Wallace im Kopf und denken an heroisch kämpfende Männer in Kilts gegen böse Rotröcke!

Doch die Geschichte ist nicht so eindeutig, so schwarz - weiß. Diese letzte Schlacht auf britischen Boden war eine Kampfhandlung in einem Bürgerkrieg.

Zuerst ein wenig Geschichtsunterricht: Jakobiten oder Jakobiter (von engl. Jacobites, abgeleitet von James II. von England- in Latein Jacobus) wurden die englischen, schottischen und irischen Anhänger der im Exil lebenden Thronprätendenten aus dem Haus Stuart genannt (v. a. 1688– 1766).

König James II. verspielte durch seine prokatholische Politik in wenigen Jahren (1685–1688) die relativ starke politische Position der Stuarts, die ihm sein Bruder Charles II. hinterlassen hatte. Gerade die anglikanisch geprägten traditionellen Eliten Englands gingen auf Distanz zur Krone. Als darüber hinaus eine katholische Thronfolge durch einen im Juni 1688 geborenen Sohn drohte, wurde Jakob II. im Rahmen der sogenannten Glorious Revolution vom englischen Thron vertrieben und durch seine Tochter Maria II. und ihren Ehemann William von Oranien ersetzt.

Die Anhänger James II., die Jakobiten, opponierten zwischen 1689 und 1760 mehrfach gegen die neue Herrschaftsordnung und die protestantische Thronfolge. Sie versuchten in den 1690er Jahren James II. selbst, später dann seinem Sohn James Francis Edward Stuart (oder James III.), die Rückkehr auf den englischen Thron zu ermöglichen. Letzterer wurde daher The Old Pretender (der alte Prätendent) genannt, er hielt sich wie sein Vater zunächst in Frankreich, ab 1719 aber in Italien auf.

Die katholischen Anhänger waren allerdings nur eine der zahlreichen Gruppierungen, die sich unter dem Banner der Stuarts sammelten. Die Mehrzahl der Jakobiten auf den britischen Inseln war sogar protestantisch. Meist war es eine Mischung aus patriotischer Einstellung (in Schottland), religiöser Überzeugung Scottish Episcopal Church und englische Non - Juror, d. h. strenggläubige Anglikaner, wirtschaftlicher Not (in Schottland bzw. Nordengland) und Loyalität gegenüber den Stuarts, die Menschen ins jakobitische Lager wechseln ließ. Um einen harten Kern ideologisch überzeugter Stuartanhänger formierten sich so Jakobiten unterschiedlichster Herkunft. Dies verlieh der jakobitischen Bewegung eine gewisse Dynamik, trug aber auch dazu bei, dass militärische Planungen und die Aufstände in den Jahren 1689, 1708, 1715, 1719 und 1745 durch interne Streitigkeiten immer wieder behindert wurden. Die heterogene Zusammensetzung erklärt somit sowohl das Überleben des Jakobitismus bis in die 1750er Jahre hinein als auch die letztlich erfolglosen Versuche, den britischen Thron wieder zu erlangen.

Der Aufstand von 1745 war nicht spontan. Er kam aus zwei Gründen zustande: erstens durch die diplomatische Situation in Westeuropa und zweitens aufgrund der Persönlichkeit des jungen Charles Edward Stuart, Bonnie Prince Charlie. Der erste Sohn von James Francis Edward Stewart und der polnischen Prinzessin Maria Clementina Sobieski wurde 1720 in Rom geboren und sprach fließend Latein, Italienisch, Französisch, Englisch und Gälisch. Aus Frankreich kommend, hisste er am 19. August 1745, wenige Tage nach seiner Landung bei Glenfinnan, im Zeichen der Rebellion seine Standarte.

Zuerst folgten ihm nur wenige Clans. Die meisten, unter ihnen die Mac-Leods und MacDonalds aus Skye verweigerten sich ihm wortwörtlich. Sie hielten diesen Aufstand für absoluten Irrsinn und waren nicht bereit das Leben ihrer Männer und ihren Besitz für einen jungen Mann aufs Spiel zu setzten, der nie einen Fuß in die Highlands gesetzt hatte.

Zuerst schlossen sich ihnen die Mac Donalds of Keppoch und Clanranald und die MacDonnells of Glengarry an, wilde verwegene Chiefs und in den Augen der Briten nichts als Mörder und Diebe.

Das änderte sich jedoch, als sich den Prinzen der wohl berühmteste Clanchief anschloss, Donald Cameron of Lochiel, ein Chief, der die Zeichen der Zeit verstanden hatte und als sehr modern galt. Er war zuerst auch sehr skeptisch und ablehnend, doch der Prinz konnte ihn überreden.

In Appin, der Heimat der Appiner Stewarts, hatte Bonnie Charlie zuerst auch nicht den großen Erfolg. Dougal der Chief der Appiner Stewarts wollte sich ihm nicht anschließen. Er liebte das gute, luxuriöse Leben in Edinburgh zu sehr, um das für eine fixe Idee zu riskieren.

Doch seine Untergebenen, die Lairds der verschiedenen Satelliten Familien, waren da anderer Meinung. Unter Führung von Charles Stewart of Ardshiel brachten auch sie ihre Männer unter die Fahne des Prinzen.

Mit etwa 3000 Hochländern verschiedener Clans marschierte er auf Edinburgh zu und konnte die Stadt – nicht jedoch die Burg – am 17. September 1745 ohne nennenswerten Widerstand einnehmen. Die Garnison floh überstürzt. Die zur Rückeroberung Edinburghs an-rückenden Regierungstruppen unter Sir John Cope wurden von Charles' Hochländern am 21. September in der Schlacht bei Prestonpans vernichtend geschlagen.

Abb. 2 -Hollyrood House Edinburgh

Auch hier standen sich schon Schotten und Hochländer in feindlichen Lagern gegenüber. Unter ihnen war Allan Breck, der als Soldat bei den Rotröcken diente und nach der Schlacht, die er wohl nur mit großem Glück überlebte, die Seiten wechselte. Er hatte an diesem Tag seinem Ziehvater James of the Glen gegenübergestanden.

Nennenswerten Widerstand gab es danach in Schottland nicht mehr, lediglich die Festungen von Edinburgh und Stirling wurden von Regierungstruppen gehalten. Gut sechs Wochen lang residierte der Prinz sogar im Palast von Holyrood House und gab dort auch noch einen großen Ball, auf dem er, so heißt es, die Damen nur so verzaubert habe. Doch die Kontrolle über Schottland reichte ihm nicht aus. Mit seiner auf 5000 Mann angewachsenen Hochlandarmee marschiert Charles Edward bald danach in England ein, wo er sich noch größeren Zulauf von den englischen und irischen Jakobiten erhoffte. Diese Erwartung aber wurde enttäuscht. Die englische Seite war vorsichtiger. In schnellen Aktionen wurden jedoch die Städte Lancaster und Manchester eingenommen. Im Dezember stand er schon vor Derby, nur knappe 150 km von dem völlig unvorbereiteten London entfernt. Das schnelle Vordringen der Jakobitenarmee löste bei Hof und in der ganzen Stadt Panik aus. König Georg II. wurde neben der Jakobitenarmee auch noch fälschlicherweise die Landung von 10.000 Soldaten aus Frankreich an der englischen Südküste angekündigt.

Genau zu diesem Zeitpunkt beging jedoch - so zumindest behauptet die jakobitische Mythologie - Charles den strategisch entscheidenden Fehler. Anstatt weiter auf das völlig überraschte London vorzurücken, wurde er von seinen Offizieren zum Rückzug nach Schottland gezwungen, um dort die Truppen erneut aufzubauen. Jetzt erst schickte die Regierung den Sohn König Georgs II. – William Augustus, Duke of Cumberland – hinter ihm her. Von da an war die Sache der Stuarts verloren. Die jakobitische Armee schlug in der Schlacht bei Falkirk am 17. Januar 1746 noch einmal britische Truppen unter Generalleutnant Henry Hawley, zog sich aber tatsächlich bis hinauf nach Inverness zurück.

Am 16. April 1746 wurde diese total erschöpfte, hungernde und schlecht ausgerüstete Armee von knapp 5.000 Mann vor den Toren der Stadt in der Schlacht bei Culloden vernichtend geschlagen. Ihr stand eine gut ausgerüstete, disziplinierte und trainierte Armee in Stärke von 9.000 Mann unter dem Kommando von Cumberland gegenüber. Cumberland hatte nie zuvor eine Schlacht gewonnen. Mit seiner fast doppelt so starken Übermacht aus regulärer Armee und zusätzlich ausgehobenen Truppen unter besserer und stärkerer Bewaffnung brauchte er aber nur knapp 25 Minuten, um die Clanarmee zu vernichten, und er kannte dabei keine Gnade. In England wurde Cumberland nach seinem Sieg in Culloden als großer Retter gefeiert. In Schottland schimpfte man ihn fortan nicht ohne Grund den »Schlächter«. Der Prinz entkam. Auf seiner Flucht irrte er fünf Monate lang kreuz und quer durch das Hochland und über die Inseln. Nach allem, was die Menschen des Hochlands mit ihm und durch ihn erlitten hatten und trotz der unglaublichen Belohnung von £30.000, die auf seinen Kopf ausgesetzt war, halfen sie ihm während dieser Flucht, denn sie waren dem alten Königshaus noch immer treu ergeben. Er wurde versteckt und entkam mithilfe der im Hochland auch heute noch als Heldin gefeierten Flora MacDonald in Frauenkleidern. Als Zofe Betty Burke verkleidet, ruderte er zusammen mit Flora in einer höchst abenteuerlichen Fahrt über das Meer zu der Insel Skye.

Am 20. September 1746 schaffte Bonnie Prince Charlie es endlich, sich heimlich im Gebiet von Moidart, wo seine Expedition etwas über ein Jahr zuvor begonnen hatte, einzuschiffen und nach Frankreich zu segeln. Die Menschen, die ihm geholfen hatten und an ihn glaubten, ließ er zurück – um sie »kümmerten« sich, in berüchtigt brutaler Manier, Cumberland und die Regierungsarmee. Charles Edward Stuart ging zurück auf den Kontinent und irrte die nächsten 15 Jahre kreuz und quer durch Europa. Zwar bemühte er sich an zahlreichen Höfen, weitere Unterstützung für die jakobitische Sache zu erhalten, aber sein zunehmender Alkoholismus und die gefestigte Position Großbritanniens erschwerten jede diplomatische Initiative und ließen auch die Anzahl der eigenen Anhänger deutlich schrumpfen.

Die britische Regierung reagierte auf den Aufstand von 1745 sehr entschieden und mit drakonischen Maßnahmen. Die am Aufstand beteiligten Clanchiefs und oft auch die Clanmitglieder mussten ins Ausland fliehen oder wurden nach Schauprozessen hingerichtet. Im Disarming Act von 1747 wurde den Hochländern das Tragen von Waffen und ihrer traditionellen Hochlandkleidung verboten. Ein Großteil des alten gälischen Kulturgutes versiegte für immer. Die Wirtschafts- und Sozialstruktur im Hochland wurde drastisch geändert. Was blieb, war aber die romantische Erinnerung an den letzten Stuart – Bonnie Prince Charlie.i

Der Wald von Lettermore 14. Mai 1752

›Aber eben, als er sich umdrehte, krachte von weiter oberhalb ein Schuss und mit seinem Knallen stürzte Glenure zu Boden.»Oh, ich sterbe!«, rief er mehrmals hintereinander.‹ »Entführt« Robert Louis Stevenson.

Abb. 3 - Waldgebiet in der Nähe von Ballachulish

Und das geschah, laut der Gerichtsakten des Prozesses gegen James Stewart, wirklich an diesem 14. Mai 1752, gegen fünf Uhr abends.

Es war ein friedlicher Frühsommertag. Eine Gruppe Männer war in einem Waldstück am südlichen Ufer des Loch Linnhe unterwegs, der sich hier zum Loch Leven hin verengte. Sie waren zu viert, drei von ihnen zu Pferde, der Vierte zu Fuß.

Sie hatten gerade mit einer Fähre, einem kleinen Ruderboot, die Meerenge nahe bei dem Ort Ballachulish überquert. Der Fährmann Archibald Mac Innes hatte sie herübergebracht und zweimal hin und zurück rudern müssen, um zuerst die Pferde und dann die Männer herüberzubringen. Eine nicht ungefährliche Angelegenheit, denn die Meerenge war durch ihre Gezeitenströmung tückisch. Doch Mac Innes, der einäugige Fährmann beherrschte sein Handwerk, genauso wie man ihm das Zweite Gesicht nachsagte.

So verwunderte es keinen der Mitreisenden, als er einen gutgekleideten Mann, der um die vierzig sein mochte und dessen rotes Haar in der Sonne auffällig leuchtete, beiseite nahm und mit ihm sprach.

»Nehmt nicht den Weg durch den Wald von Lettermore Glenure, geht einen anderen über Laroch. Es wäre besser für Euch und Eure Gesundheit!«, warnte der Fährmann.

Doch Colin Campbell of Glenure winkte ab. Seit er sich auf dem Südufer befand, fühlte er sich sicher, war er heraus aus dem Land seiner Mutter, die eine Cameron war. Den ganzen Weg von Fort William nach Callert hatte er das Gefühl gehabt, als ob ein Gewehrlauf auf seinen Rücken gerichtet sei und der kalte Schweiß war ihm ausgebrochen vor Angst. Auch war ihm nicht verborgen geblieben, dass sein treuer Diener der achtzehnjährige John MacKenzie sich immer wieder zwischen ihn und das Gebüsch am Wegesrand gebracht hatte, um ihn vor den tödlichen Schüssen zu bewahren.

Colin Campbell war der königliche Verwalter, des nach dem Jakobitenaufstand 1745/46 an die Krone gefallenen Besitzes der Camerons in Mamore und Callert und dem von Charles Stewart of Ardshiel in Appin, einem der Rädelsführer. Er wurde von den Leuten üblicherweise Cailin Ruaidh genannt, der rote Colin, wegen seines Haares.

Seine Aufgabe war das Einsammeln der Pachten und die alljährliche Neuaufteilung des Pachtlandes, das oft genug die Vertreibung der vorherigen Pächter zur Folge hatte, was aber keineswegs unüblich war.

In Appin, dem Gebiet das einst Charles Stewart gehörte, war das bisher gutgegangen, aber in Mamore standen ihm die Leute offen feindlich gegenüber, sodass er schon darüber nachgedacht hatte, dem Vorschlag des Kommandanten von Fort William zu folgen, der ihm eine Eskorte Soldaten zum Schutz angeboten hatte.

Doch Colin verlegte sich lieber darauf, Recht und Gesetz seiner Majestät König Georg II. mit legalen Mitteln durchzusetzen, deshalb begleitet ihn auch sein Neffe Mungo Campbell, ein junger Rechtsanwalt aus Edinburgh und ein Vertreter des Sheriffs, Donald Kennedy.

Dennoch war das ganze Gebiet in Aufruhr, denn die Tatsache, dass Glenure begonnen hatte, Stewart Besitz an Freunde und Familienangehörige zu verpachten, sorgte für böses Blut. Es waren einige Vertreibungen geplant in Appin und die Betroffenen sahen das als eine Willkürmaßnahme an. Ärger und Wut machten sich breit. Es war nicht gut gelaufen in Callert und Mamore, aber die Konfrontation mit den nächsten Pächtern war erst in 24 Stunden fällig.

Als der kleine Trupp am Ufer des Loch Linnhe entlang ging, trafen sie einen älteren Herrn, der Colin Campbell freundlich grüßte. Es war der alte Laird von Ballachulish, Alexander Stewart, ein Veteran, der bereits während zweier Stuart-Rebellionen gekämpft hatte. Etwas, was ihn aber nicht davon abhielt Colin Campbell freundlich zu begrüßen und diesen, ein Gespräch mit dem Laird anzufangen. Glenure war von Pferd abgestiegen, während die anderen vorausritten, um ihn Ruhe und respektvoll mit Alexander Stewart zu plaudern, wobei sie beide allerdings vermieden, die bevorstehenden Enteignungen in Appin zu erwähnen. Der alte Herr begleitete sie ein Stück den schmalen Reitweg entlang, bis dieser in den Wald von Lettermore mündete.

Donald Kennedy, der ebenfalls zu Fuß ging, hatte wegen der Wärme des Tages seinen Mantel ausgezogen und ihn dem jungen MacKenzie gegeben, der ihn über den Sattel von Glenures Pferd gehängt hatte.

Schließlich bemerkte Alexander Stewart, dass er zu Boden gefallen war, und machte den Diener darauf aufmerksam, der nun zurücklief, um ihn wieder aufzusammeln.

Colin Campbell verabschiedete sich schließlich freundlich von dem alten Herrn, als der Weg beschwerlicher wurde.

Als der kleine Trupp nun dem Wald von Lettermore erreichte, waren sie weit auseinandergezogen. Zuerst ritt nun Kennedy, dann Glenure und sein Neffe Mungo, der junge MacKenzie war etwas zurückgefallen.

Keiner dachte im Geringsten, dass hier irgendeine Gefahr lauern konnte. Die Sonne schien, in den Bäumen und Büschen des Waldes lärmten die Vögel. Man konnte den blau schimmernden Spiegel der Meeresbucht unter ihnen durch das Grün schillern sehen.

Über ihnen, in den klaren Frühsommer Himmel reckten sich die Zwillingsgipfel den Ben a Bhethir. Zwischen den Büschen am Wegesrand blühten verschwenderisch Hasenglocken und wilde Primeln, und der Farn begann seine Blätter auszurollen.

Schwer zu sagen, ob Colin Campbell oder sein Neffe das alles wirklich sahen. Sie ritten nebeneinander und unterhielten sich angespannt, was sie wohl erwarten würde am kommenden Tag. Vielleicht trifteten ihre Gedanken auch schon voraus zum Gasthof in Kentallen, wo ein gutes Abendbrot und ein kräftiger Schluck auf sie warteten.

Doch schließlich wurde der Weg schwieriger und enger, schraubte sich weiter den Hügel hinauf, über ihnen ein steiler felsiger Überhang voller Büsche und Bäume, die sich vom Wind zerzaust hier festklammerten.

Mungo Campbell ritt nun voraus und sein Onkel folgte ihm in etwas größerem Abstand.

Plötzlich zerriss der Knall eines Schusses die friedliche Stille des Frühsommerabends. Glenure sackte im Sattel zusammen.

»Oh, ich bin tot ... er wird Euch auch erschießen, passt auf Euch auf ...«, oder ähnliche Worte rief er aus.

Mungo Campbell riss sein Pferd herum und eilte zu seinem Onkel, um ihm aus dem Sattel zu helfen.

Abb. 4 - Blick von der Stelle an der der Mörder saß

Nur ein Schuss war gefallen, doch der königliche Verwalter blutete aus zwei Wunden. Die Kugeln waren in seinen Rücken eingedrungen und am Bauch wieder ausgetreten.