Schultage - Sigrun Casper - E-Book

Schultage E-Book

Sigrun Casper

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Beschreibung

Geschichten aus dem Alltag einer Lehrerin an einer Schule mit vielen Migrantenkindern. Nah am Leben erzählt die Autorin von paradoxen Situationen und Zweifeln, von Mut und Elan, auch vom Scheitern, von bösen Gedanken und dann wieder von Momenten, in denen sich wirklich etwas ändert, "pädagogischer Erfolg" sichtbar wird; in manchen Texten erzählt sie auch aus Schülersicht. Drama, Tragik, Komik und Herzerwärmendes entspringen der Realität; die Geschichten und Beobachtungen lassen sich als berührende Sozialreportagen lesen. Sigrun Casper arbeitete selbst knapp 20 Jahre lang als Lehrerin an einer Förderschule, in der fast ausschließlich Migrantenkinder unterrichtet wurden. Die Thematik ist unverändert aktuell und der Schulalltag heute nicht wesentlich anders, auch in Zeiten der "Inklusion". "Wirklich gut beobachtet und aus dem Herzen gesprochen. Ich würde das Buch meiner Tochter schenken, die Grundschullehrerin ist." (Gerd Wagner, Büro für Bücher) "Ihre sensiblen Beobachtungen kleidet die Autorin in klare schöne Sätze. (Tagesspiegel über Sigrun Casper) Zu den einzelnen Geschichten: Yilmaz verwandelt die Klasse während des Kunstunterrichts in eine Band tobender Schlagzeuger. Fadime möchte in ihre alte Klasse zurück. Und weg von ihrer Familie. Am liebsten wäre sie ein Junge. Rainer verlässt mitten in der Stunde wütend den Klassenraum, weil Lehrerin Frau Sonntag seinen Aufsatz nicht wahrnimmt, und beginnt eine Schlägerei. In „Herz über Schuss“ beschreibt die Lehrerin sich selbst in ihren einander widersprechenden Gefühlen. Weint sie, weil Benno sie geärgert hat, oder warum weint sie? „Wunder geschehen nicht an der Förderschule, nicht an irgendeiner Schule, nicht im Leben. Aber Lernprozesse geschehen, und sie geschehen oft auf Arten und Weisen, die in Lehrplänen nicht vorgesehen sind.“

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Seitenzahl: 114

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Sigrun Casper

Inhaltsverzeichnis

Titelseite

Schultage

Zum Buch

Yilmaz

Der Apfel         

Herz über Schuss. Selbstporträt einer Lehrerin

Der Blick von Frau Sonntag

Trauer-Schularbeit

Fadime

Kevin

Benno

Zur Autorin

Weiteres von Sigrun Casper

Schultage

Beobachtungen & Geschichten

konkursbuch Verlag Claudia Gehrke

Zum Buch

Eine engagierte Lehrerin an einer Schule mit vielen Migrantenkindern erzählt Geschichten aus ihrem Alltag. Nah am Leben berichtet die Autorin von paradoxen Situationen und Zweifeln, von Mut und Elan; in manchen Texten erzählt sie auch aus Schülersicht.

In diesem Buch entspringen Drama, Tragik, Komik und Herzerwärmendes der Realität. Sigrun Casper beschreibt, wie sie ihre Schüler individuell fördern möchte, jedoch immer wieder vor einem Gefühl der Ohnmacht steht. Die Geschichten und Beobachtungen sind unterhaltsam und lassen sich zugleich als berührende Sozialreportagen lesen.

Sigrun Casper arbeitete knapp 20 Jahre lang als Lehrerin an einer Sonder-/Förderschule, in der ausschließlich Migrantenkinder unterrichtet wurden. Die Thematik ist unverändert aktuell und der Schulalltag hat sich seit dem nicht wesentlich verändert.

Wirklich gut beobachtet und aus dem Herzen gesprochen. Ich würde das Buch meiner Tochter schenken, die Grundschullehrerin ist.

(Gerd Wagner, Büro für Bücher)

Ihre sensiblen Beobachtungen kleidet die Autorin in klare schöne Sätze.

(Tagesspiegel über Sigrun Casper)

Yilmaz

Sieben auf einen Streich, aber keine Fliegen. Erlegen sollte Frau Mai sie auch nicht, malen sollte sie mit ihnen. Als sie das erste Mal an einem Donnerstag in die Klasse kam, saßen die sieben brav an ihren Tischen. Nett lächelnd, wie es sich gehört für eine Lehrerin, die sich vorstellt, blickte Frau Mai von einem zum anderen.

»Ihr werdet bei mir malen, wie ihr wisst«, sagte sie, »wir werden im Fachraum arbeiten.«

Der, der am kindlichsten wirkte, kniff die Augen zusammen und fixierte die neue Lehrerin von oben bis unten.

Frau Mai setzte sich hinter den Lehrertisch und holte ihr Notizbuch heraus. In die gewittrige Stille hinein fragte sie:

»Habt ihr keine Mädchen in der Klasse?«

Sie hielten die dunklen Köpfe unbewegt und verdrehten die Augen. »Nein. Mädchen haben wir keine.« Sie kicherten.

Die Kunstlehrerin bemerkte die kahlen Wände. Zwischen zwei Fenstern, schief angepinnt, ein Poster von einem Tiger. »Findet ihr das nicht ein bisschen … langweilig?« Es dauerte eine Weile, bis sie das passende Wort gefunden hatte.

Sieben sehr junge Männer schauten aneinander vorbei und verzogen die Münder. Dann sahen sie von unten herauf Frau Mai an und grinsten. Frau Mai grinste auch. Sie fragte nach den Namen und trug sie ins Notizbuch ein. Einige mussten ihre schwer verständlichen Nachnamen an die Tafel schreiben. Yilmaz hieß der mit dem frechen Blick. Er krakelte seinen Namen unleserlich hin.

Frau Mai tat, als ob sie ihn entziffern könnte, und trug nur den Anfangsbuchstaben ein. Im Fachraum zeigte sie zuerst ein Buch mit Abbildungen moderner amerikanischer Malerei. Die Jungen saßen am Fensterende des langen Arbeitstisches, blätterten in dem Buch und zeigten einander Bilder, die ihnen gefielen.

»Ich finde van Gogh besser«, sagte Yilmaz hoch und tief.

»Du kennst van Gogh?«

»Klar. Der hat sich doch ein Ohr abgeschnitten. Der war sauer, dass keiner seine Kunst verstanden hat.«

»Und was weißt du noch von van Gogh?«

»Alles. Der malt super Bilder. Bäume und sowas. Und Felder, mit Vögeln.« Die anderen nickten.

»Ich werde euch nächstens ein Buch mit Bildern von van Gogh mitbringen.«

»Machense das.«

Tahir stand auf, nahm ein Malblatt aus dem Regal, fragte nach Farben und Pinseln. Er ließ Wasser in ein Glas laufen, legte sich alles am anderen Ende des Tisches zurecht und fing an zu malen. Tamer sah ihm eine Weile zu, dann suchte auch er sich alles zusammen und setzte sich neben Tahir. Die anderen, vor allem Ali mit den blond gefärbten Haarspitzen, wollten von Frau Mai wissen, wie man es schafft, berühmt zu werden. Frau Mai fiel nichts wirklich Überzeugendes ein.

»Aber wieso ist der van Gogh berühmt geworden?«, bohrte Yilmaz. »Und der Rembrandt?«

»Den kennst du auch?«

»Klar kenn’ ich den. Ich kenn’ alles. Der hat so dunkle Bilder gemalt. Aber van Gogh find’ ich besser.«

Frau Mai sah Yilmaz an. Seine Augen blitzten sehnsüchtig, sein Mund war verspannt vor Unzufriedenheit und Ungeduld. Wie ein Ertappter sprang er auf und streunte durch den Raum, zog das erstbeste Lineal aus dem Regal, hieb damit durch die Luft und schlug auf den Tisch ein, dass es nur so knallte. Das war das Zeichen. Orhan, Ali, Kemal und Mustafa schoben die Stühle von sich weg und schnappten sich zum Draufhauen geeignete Gegenstände, Pinsel, Lineale, eine Papierrolle. Fröhlich hieben fünf kräftige Jungen auf den Arbeitstisch, die Schränke, die Fensterbretter und das Regal ein. Die beiden Maler ließen sich, als wären sie Erschütterungen gewöhnt, nicht stören.

»Wir machen Musik!«, schrie Orhan. Fünf Radaubrüder hämmerten und tobten, die Lehrerin in den Augenwinkeln.