Schwarzbuch Doping - Norman Schöffel - E-Book

Schwarzbuch Doping E-Book

Norman Schöffel

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Beschreibung

Spätestens seit dem Dopingskandal um den spanischen Arzt Fuentes sind einer breiten Öffentlichkeit die Ausmaße und Professionalität, mit denen Doping im Hochleistungssport betrieben wird, bekannt geworden. Doping ist jedoch keinesfalls nur ein Phänomen erfolgshungriger Sportler, Doping ist längst ein Extrem unter vielen in unserer Leistungsgesellschaft mit Körperkult, Fitnesswahn, Dauerstress, Medikalisierung und Sucht. Dieses Buch vermittelt erstmals wissenschaftlich fundiert die medizinischen und psychologischen Aspekte sämtlicher Substanzklassen und Methoden im Doping – auch im Kontext von Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Recht. Der Autor Norman Schöffel ist Ultramarathonläufer und Arzt und beleuchtet mit zweifacher Expertise das Phänomen Doping als ein gesellschaftliches Problem, für das es keine einfachen Lösungen mehr gibt.

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Norman SchöffelDavid A. Groneberg, Henryk Thielemann, Axel Ekkernkamp

Schwarzbuch Doping

Konzepte, Methoden, Praxis

Inhalt

InhaltVorwort1 Etymologie, Definition und Geschichte2 Doping und seine Hintergründe: eine Bestandsaufnahme2.1 WADA, NADA, IOC2.2 Das Problem der Dopingtests: gedopt und dennoch negativ2.3 Die Bedeutung der Dopinglabore 2.4 Die Problematik zwischen akkreditierten Nachweisverfahren und Missbrauch 2.5 Die Medikalisierung der Gesellschaft 2.6 Das Problem Doping im Breitensport2.7 Doping bei Männern und Frauen2.8 Die Rolle der Sportmedizin 2.9 Aspekte der Verträglichkeit und die Gefahr der Polymedikation 2.10 Doping und der Grenzfall Kreatin2.11 Die Beweggründe 2.12 Das Problemkind Radsport: warum immer der Radsport? 2.13 Die Bedeutung im Training2.14 Die Rolle der Medien2.15 Das Problem der Sucht 2.16 Die Rolle der Sportfunktionäre 2.17 Rechtsprechung2.18 Das Dilemma der Sportgerichtsbarkeit: der Fall Katrin Krabbe 2.19 Die Bedeutung der Sportverbände 2.20 Juristische Aspekte der Testverfahren 2.21 Ablauf und Problematik bei Dopingkontrollen2.22 Dopingkampf in Gefahr: Datenschutz und Persönlichkeitsrecht2.23 Die Forderung nach Freigabe 3 Dopingklassifikationen3.1 Wirkstoffe und Methoden, die zu allen Zeiten (in und außerhalb von Wettkämpfen) verboten sind3.1.1 AnabolikaDopingfälle, Besonderheiten und Kuriositäten3.1.2 Hormon-Antagonisten und -Modulatoren oder weitere anabole WirkstoffeDopingfälle, Besonderheiten und Kuriositäten3.1.3 Peptidhormone, Wachstumsfaktoren und verwandte SubstanzenDopingfälle, Besonderheiten und Kuriositäten3.1.4 Beta-2-Agonisten (β2-Sympathomimetika)Dopingfälle, Besonderheiten und Kuriositäten3.1.5 DiuretikaDopingfälle, Besonderheiten und Kuriositäten3.1.6 Blutdoping (Epo und andere)Dopingfälle, Besonderheiten und Kuriositäten 3.1.7 GendopingDopingfälle, Besonderheiten und Kuriositäten3.1.8 Pharmakologische, chemische und physikalische ManipulationenDopingfälle, Besonderheiten und Kuriositäten3.2 Ausschließlich im Rahmen von Wettkämpfen verbotene Wirkstoffe und Methoden 3.2.1 Stimulanzien Dopingfälle, Besonderheiten und Kuriositäten3.2.2 Narkotika/SedativaDopingfälle, Besonderheiten und Kuriositäten3.2.3 CannabinoideDopingfälle, Besonderheiten und Kuriositäten3.2.4 Kortikosteroide Dopingfälle, Besonderheiten und Kuriositäten3.3 In bestimmten Sportarten im Wettkampf verbotene Wirkstoffe3.3.1 AlkoholDopingfälle, Besonderheiten und Kuriositäten3.3.2 BetablockerDopingfälle, Besonderheiten und Kuriositäten3.4 Spezielle Wirkstoffe oder das Überwachungsprogramm der WADA3.5 Sauerstoff-Gabe3.6 Xenon-Gas4 Dopingprävention – die Stunde Null4.1 Ausblick4.2 Kein Ende in Sicht4.3 Dopingkampf ist nicht zu gewinnen – der Fall Ettorre Torri SchlusswortLiteraturverzeichnisWeblinksDie Autoren

Vorwort

„[…] Gedopt ist für mich jemand, der vom Rad steigt und keinen klaren Satz sprechen kann, weil er voll gepumpt mit Tabletten ist. Das war ich nie. Ich habe Pillen geschluckt, klar. Wie alle anderen auch. Aber in Absprache mit meinem Arzt, nie unkontrolliert. Außerdem: Zu meiner Zeit war Doping nicht verboten. […] Doping ist keine Frage der Qualität. Entscheidend ist doch, wie viel ich mir reinhaue!“

Diese Aussage zum Thema Doping hat keiner der typischen, verfehlten Hobby-Sportler abgegeben, sondern Rudi Altig im Jahr 1997, eines der Aushängeschilder des Radsports in Deutschland, einstiger Etappen-Sieger der Tour de France und Träger des Gelben Trikots. Sie zeigt deutlich, wie tief das Thema Doping im Sport verwurzelt ist, vor allem im Radsport.

Das Schwarzbuch Doping stellt heraus, dass Doping nicht nur ein Phänomen des Hochleistungssports, sondern des gesamten Sports ist. Die Autoren verfolgen die Hypothese, dass die Problematik über viele Jahrzehnte in ihren Ausmaßen öffentlich verkannt und heruntergespielt wurde. Nun ist jedoch einer breiten Öffentlichkeit deutlich geworden, dass der gesamte Sport von der Dopingproblematik betroffen ist. Wir müssen von einem gesamtgesellschaftlichen Problem ausgehen, dessen vollständige Lösung nicht umzusetzen zu sein scheint. Zu stark sind die Verflechtungen und zu schwach die Nachweismethoden und Sanktionen. Doping kann in diesem Zusammenhang auch als ein Spiegelbild der Gesellschaft verstanden werden: Je krasser der Leistungsgedanke ist, desto leichter fällt der Weg zu illegalen Methoden. Ethik spielt dann keine Rolle mehr.

Norman Schöffel

David A. Groneberg

Henryk Thielemann

Axel Ekkernkamp

im November 2014

1 Etymologie, Definition und Geschichte

Das Wort „Doping“ ist dem Verb „dope“ aus dem Englischen entlehnt und meint übersetzt „sich aufputschen“. Sein etymologischer (sprachgeschichtlicher) Ursprung liegt im Afrikaans, der Sprache der Buren in Südafrika. Als Buren werden die europäisch-stämmigen Weißen in Südafrika bezeichnet, die vorwiegend von niederländischen, deutschen und französischen Siedlern abstammen. Diese übernahmen das Wort „Dop“, das einen starken Schnaps bezeichnet, den die eingeborenen Zulu tranken, als generelle Bezeichnung für Getränke mit stimulierender Wirkung. Aus dem Afrikaans fand das Wort seinen Weg nach Großbritannien, wo es im Zusammenhang mit Pferderennen, bei denen Aufputschmittel zum Einsatz kamen, erstmals Erwähnung fand. Im Sport wurde nachweislich schon 1879 beim Sechstageradrennen in London gedopt. 1889 wurde der Begriff „Doping“ zum ersten Mal in einem englischen Lexikon aufgeführt und meinte die Verabreichung einer Mischung aus Opium und verschiedenen Narkotika an Rennpferde. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden lediglich bestimmte Substanzen wie Strychnin, Kokain, Morphin und Koffein als „Dopingmittel“ bezeichnet. Obwohl 1910 im Pferderennsport ein Speicheltest für Pferde zum Nachweis von Aufputschmitteln eingeführt wurde und bei positivem Nachweis zum sofortigen Ausschluss führte, galt dies für menschliche Sportler lange Zeit nicht. Die ersten systematischen Dopingkontrollen bei Olympischen Spielen wurden 1968 während der Olympischen Winterspiele in Grenoble und der Sommerspiele in Mexiko-City durchgeführt.

Die exakte Definition von „Doping“ ist schwierig. So ist es bis heute nicht gelungen, anhand einer Formulierung eindeutig darzulegen, was „Doping“ ist bzw. wann „Doping“ vorliegt. Erste Ansätze, die sich um eine ganzheitliche Definition bemühten, stammen aus den 1960er-Jahren. 1963 definierte der Europarat „Doping“ als „die Verabreichung oder den Gebrauch körperfremder Substanzen in jeder Form und physiologischer Substanzen in abnormaler Form oder auf abnormalem Weg an gesunde Personen mit dem einzigen Ziel der künstlichen und unfairen Steigerung der Leistung für den Wettkampf.“ Aus dieser Formulierung ergeben sich mehrere Probleme. So werden Substanzen erst mit „Doping“ in Verbindung gebracht, wenn diese „in abnormaler Form“ eingenommen werden. Weiterhin ist die Verwendung von „körperfremden Substanzen“ als „Doping“ definiert. Demnach gilt beispielsweise der Testosteronmissbrauch nicht als „Doping“, da Testosteron sowohl im Körper von Männern als auch in geringeren Mengen bei Frauen natürlich vorkommt. 1977 definierte der DSB (Deutscher Sportbund) „Doping“ als den „Versuch unphysiologischer Steigerung der Leistungsfähigkeit durch Anwendung von Doping-Substanzen (…).“ Die Problematik dieser Definition liegt innerhalb der Definition selbst, da der Begriff „Doping“ bzw. „Doping-Substanzen“ für die Umschreibung Teil der Definition ist.

1999 wurde bei der Welt-Doping-Konferenz in Lausanne schließlich eine neue Definition von „Doping“ festgelegt, die „Doping“ enumerativ bestimmt. Nach dieser werden verbotene Wirkstoffe, Methoden und Verhaltensweisen in einer Liste ausdrücklich aufgezählt (enumerativ). Als Grundlage diente ein Entwurf des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). Über einige Jahre galten sowohl die Liste des IOC als auch die der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA), die nicht identisch waren und deshalb in Dopingfällen mehrfach zu rechtlichen Auseinandersetzungen führten. Erst seit dem 1. Januar 2004 gilt international alleinig die Doping-Definition der WADA, womit das bisherige Reglement des IOC erweitert wurde. Das Reglement unterscheidet dabei drei Kategorien. So gibt es „zu jeder Zeit in und außerhalb von Wettkämpfen“, „nur im Wettkampf“ und „nur in speziellen Sportarten“ verbotene Substanzen und Methoden. Bestimmte Substanzen, die eigentlich verboten sind, können jedoch durch den Nachweis der medizinischen Notwendigkeit im Rahmen von Ausnahmeregelungen legal konsumiert werden (z.B. Kortison- und Asthmapräparate). Daneben gibt es Grenzwertfestlegungen für bestimmte Substanzen in bestimmten Sportarten (z.B. Alkohol beim Bogenschießen). Weiterhin legt die WADA Grenzwerte für einzelne Substanzen fest, um individuellen, physiologischen Schwankungen gerecht zu werden (z.B. Testosteron/Epitestosteron-Verhältnis). Es sollte jedoch bedacht werden, dass Grenzwertfestlegungen teilweise fehlende (z.B. Nachweis von Substanzen, welche die Blutbildung anregen wie HIF 1 Alpha-Stabilisatoren) oder sehr aufwändige und damit kostenintensive Nachweisverfahren (z.B. Nachweis künstlicher Wachstumshormone wie IGF-1) kompensieren sollen, da die Festlegung den Missbrauch zumindest einschränkt. Grenzwerte sollten generell lediglich als Richtwerte benutzt werden, da sie ein gewisses Maß an Doping ermöglichen können, ohne dass rechtliche Konsequenzen befürchtet werden müssen. So ist bekannt, dass systematisch an Grenzwerte „herangedopt“ wird. 1998 wurde mit der Festlegung des Hämatokrit-Grenzwertes auf 50 der EPO-Missbrauch zwar eingeschränkt, er war jedoch weiterhin weitgehend unkontrolliert möglich. Erst seit dem Jahr 2000 ist EPO nachweisbar und hat so bislang zu zahlreichen Aufdeckungen von Missbrauchsfällen geführt. Mehr dazu im Kapitel Blutdoping (s. Kap. 3.1.6).

Die aktuelle WADA-Liste ist in Bezug auf einige Mittel und Methoden lückenhaft, die in Sachen „Doping“ als besonders fragwürdig gelten, da sie erste Hemmschwellen des Doping- und Drogenmissbrauchs übertreten. Dazu gehört beispielsweise der erlaubte Konsum von Kreatinpräparaten, die vorrangig mit dem Ziel der Leistungssteigerung und nicht der Nahrungsergänzung eingenommen werden. In gewissem Maße wird die WADA dem grenzwertigen und fragwürdigen Konsum von Substanzen/Pharmaka gerecht, die unter dem Verdacht des Missbrauchs stehen. So führt die WADA zusätzlich eine Überwachungsliste der „speziellen Wirkstoffe“, die beispielsweise Substanzen erfasst, bei denen fraglich ist, inwiefern der Missbrauch Vorteile bringt (z.B. Cannabis). Inzwischen sind Cannabinoide im Wettkampf verboten. Zudem soll der Gebrauch von weitverbreiteten Inhaltsstoffen von Arzneimitteln (z.B. Pseudoephedrin), die in der Vergangenheit auf der Dopingliste standen, und neuen Wirkstoffen, deren Missbrauchspotenzial fraglich erscheint, überwacht werden. Im Allgemeinen wird bei Dopingkontrollen auf diese „speziellen Wirkstoffe“ getestet, um daraus mögliche Missbrauchstendenzen zu erkennen. Auf der Grundlage dieser Tests soll dann entschieden werden, ob die überwachten Substanzen auf die Liste der verbotenen Wirkstoffe und Methoden gesetzt oder gänzlich von der Dopingliste gestrichen werden.

Die Dopingliste der WADA unterliegt einer permanenten Aktualisierung und wird durch die Regelungen der nationalen Verbände ergänzt. Aufgrund dieser Tatsache, dass einzelne nationale Anti-Doping-Bestimmungen teilweise nicht mit denen der WADA identisch sind, ergeben sich diverse Probleme. So ist nicht gewährleistet, dass ein Dopingverstoß in jedem Land gleich geahndet wird. Eines der Ziele der WADA ist es deshalb, die Regularien und die Einhaltung derselben international zu vereinheitlichen.

Generell kommt die folgende Definition dem derzeitigen Verständnis von „Doping“ am nächsten: Als „Doping“ gelten die Anwendung und der Nachweis von Substanzen und Methoden sowie deren Metaboliten und Marker als auch das Überschreiten von Grenzwerten und das Missachten von Konventionen, die durch die WADA als „Doping“ festgelegt und definiert werden. Ziel des Dopings ist es vornehmlich, die Leistungsfähigkeit und Regeneration des Organismus „unphysiologisch“ zu steigern. Daneben werden der Handel mit sowie der Besitz von definierten, verbotenen Mitteln und Methoden, als auch der Versuch des Missbrauchs solcher, als „Doping“ definiert. Weiterhin gelten das Verfälschen von Proben, als auch der Verfälschungsversuch, das Nichterscheinen bei Dopingkontrollen oder der anderweitige Versuch sich diesen zu entziehen oder diese zu manipulieren, als „Doping“. Das Verwenden und der Besitz von Präparaten ohne ärztliche Erlaubnis (z.B. Rezept), die gewissen Konventionen unterliegen (z.B. Asthmamittel) sowie falsche oder nachlässige Angaben von Aufenthaltsorten wie sie von Verbänden für Dopingkontrollen gefordert werden, gelten ebenfalls als „Doping“ oder werden zumindest sanktioniert.

Leistungssteigernde Substanzen und Drogen sind bereits seit der Antike überliefert und werden vermutlich schon seit den Anfängen der Menschheit benutzt. Zu dieser Zeit wurden sie jedoch weniger im sportlichen Wettkampf an sich, als vielmehr in kriegerischen Auseinandersetzungen zur Steigerung der Kampfkraft und als Kulturgut für die Verwendung bei besonderen Anlässen wie Zeremonien verwendet. Als beispielhaft sei in dem Zusammenhang die Verwendung der Blätter des Kokastrauches (Kokain) in Mittel- und Südamerika erwähnt, die seit dem Mittelalter in Europa bekannt und wahrscheinlich schon weitaus länger in Gebrauch sind. Sie dienten z.B. der Steigerung der Kampfesleistung und der Erhaltung eines einzigartigen Postleitungssystems mittels „Schnellläufern“. In den letzten 100 Jahren gab es, bedingt durch die enormen technologischen und gesellschaftlichen Veränderungen, einen Wandel hinsichtlich des Missbrauchs von Dopingmitteln/Drogen und der Einstellung zu diesen in der Gesellschaft. In besonderem Maße ist dieser im Hochleistungssport zu beobachten. Seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert werden leistungssteigernde Substanzen und Drogen im Sport systematisch eingesetzt. Nachweislich dopten bereits 1879 die Engländer Haverley und Duryea mit Heroin und Kokain während einer Tag- und Nachtfahrt auf einer Radrennbahn, wobei sie mit ihrer Leistung für die Verlässlichkeit britischer Fahrräder werben sollten. Man kann verallgemeinernd sagen, dass bis in die 1930er-Jahre im Sport, vor allem mit Aufputschmitteln wie Strychnin oder hochkonzentrierten Koffein-Lösungen, kombiniert mit starken Schmerz- sowie Rauschmitteln wie Heroin oder Alkohol gedopt wurde. In den 1930er-Jahren wurden erstmals Sexualhormone wie Testosteron (dies gehört in die Gruppe der anabolen Steroide) isoliert und später auch künstlich synthetisiert. Seit diesem Zeitraum werden diese im Sport missbraucht. In den 1950er-Jahren setzte sich, zusätzlich zu den Anabolika, der Missbrauch von Amphetaminen im Sport durch. Allen voran sei hier das Präparat Pervitin mit dem Wirkstoff Methamphetamin erwähnt, das schon im 2. Weltkrieg während der Luft- und Bodenkämpfe eingesetzt wurde. Methamphetamin ist heute auch als „Crystal Meth“ bekannt. An den Folgen des Missbrauchs dieser Substanz starb der Däne Knud Enemark Jensen bei den Olympischen Spielen 1960, nachdem er während des 100 km Mannschaftsradzeitfahrens einen Hitzschlag erlitt.

Neben den Amphetaminen und Anabolika setzten sich in den 1950er-Jahren im Sport zunehmend Glukokortikoide (z.B. Kortisol) durch. In den 1960–1970er-Jahren wurde das Blutdoping neben den Anabolika im Hochleistungssport, vor allem im Ausdauersport, bestimmend. Zu dieser Zeit gab es jedoch noch kein Erythropoietin (kurz: EPO), sodass mit Fremd- oder Eigenblutkonserven vorliebgenommen wurde. Mitte der 1980er-Jahre ebnete ein weiterer Meilenstein in der technologischen und medizinischen Entwicklung den Weg für den bis dato wahrscheinlich größten Leistungssprung im Sport. Zu dieser Zeit gelang es erstmals mit Hilfe der Gentechnologie menschliches Erbgut in Zellen von anderen Organismen zu übertragen (fachsprachl. „transferieren“) und zur Produktion von verschiedenen Stoffen wie Insulin, Wachstumshormonen oder EPO anzuregen. Das Zeitalter der „rekombinierten Hormone“ wurde eingeläutet. Als Produktionsort dafür dienten vor allem Bakterienkulturen, da sie eine kostengünstige „Massenherstellung“ ermöglichten. Diese rekombinierten Substanzen, allen voran EPO, haben seit dem Ende der 1980er-Jahre dem Doping im Sport eine Dimension gegeben, die in Hinsicht auf die Möglichkeiten der Leistungssteigerungen bis dato nicht bekannt war.

Generell hat sich das Doping seit den 1980er-Jahren durch die allgemeine Professionalisierung im Sport, sowohl in Bezug auf die Trainingsmethodik als auch die finanziellen Beiträge (Sponsoring der großen Industriekonzerne), stark verändert. Man kann sagen, dass spätestens seit dieser Zeit das Doping im Hochleistungssport, vor allem im Ausdauersport, genauso systematisch und kostenintensiv geplant wurde und wird wie das Training. Erst in den letzten Jahren konnte mit der Einführung von Grenzwerten und sensiblen Nachweisverfahren der Missbrauch von rekombinierten Hormonen eingeschränkt werden.

Im auslaufenden Jahrtausend wurden darüber hinaus jedoch neue erschreckende Wege des Dopings eingeschlagen. Gemeint ist das sogenannte „Gendoping“, das seit der Affäre um den Leichtathletik-Trainer Thomas Springstein in aller Munde ist und für die Zukunft einen erneuten Quantensprung des Missbrauches und der damit verbundenen Leistungssteigerungen erwarten lässt.

2 Doping und seine Hintergründe: eine Bestandsaufnahme

Fragt man jemanden, was er mit dem Begriff „Doping“ assoziiert, werden bei den meisten die Begriffe EPO, Radsport und Bodybuilding fallen. Doping ist jedoch ein weitaus komplexeres Thema. So wird der Begriff „Doping“ im Sport vielfach mit dem „gewöhnlichen“ Drogenmissbrauch vermischt. In der Tat sind diese Begriffe sehr eng miteinander verbunden. Nicht umsonst haben sich Redewendungen wie „Sport ist Mord“ oder die allgemeine Auffassung davon, dass Sport eine „Droge“ ist und „abhängig“ macht, in unserem Wortschatz und in unserer Einstellung dem Sport gegenüber verfestigt. In den folgenden Kapiteln sollen neben den sozio-ökonomischen, persönlichen, politischen und wirtschaftlichen Aspekten des Dopings, auch andere Besonderheiten wie Doping im Breitensport, die sportrechtliche Autonomie und weitere Aspekte detailliert und differenziert dargestellt werden, um dem Gebilde „Doping“ zumindest annähernd in seinen Ausmaßen gerecht zu werden.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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