12,99 €
Lausche dem Dreiklang in dir!
Es ist die Frage aller Fragen, seit Jahrhunderten gestellt, vielfach aus verschiedensten Disziplinen mit Antwortversuchen besehen, und doch stellt sie sich jeder Mensch immer aufs Neue und immer sehr persönlich: Wie gelingt es, ein zufriedenes Leben, voll Freude und Leichtigkeit zu führen?
Auf der Suche nach freudvoller Lebensqualität lassen sich viele Menschen professionell beraten und werden vor lauter Zufriedenheitswille oft immer unglücklicher. Dabei haben sie doch vermeintlich alles richtig gemacht: ausreichend Schlaf, gesunde Ernährung, Quality Time mit Freunden, der Familie…
Die spirituelle Coachin Claudia Mönius formuliert in diesem Buch ihr Gegenprogramm: Schau auf dich, lass dich inspirieren von einer Spiritualität, die das Göttliche in allen Dingen findet, und – schweig, sprich und spiel mal wieder!
Claudia Mönius weiß, wie herausfordernd die Basics in unserem Leben geworden sind. Aber auch, dass es sich lohnt, sich wieder auf sie zu konzentrieren. Denn schweigend, sprechend und spielend erschließt sich uns der Dreiklang für mehr Leichtigkeit und Lebensfreude wie von selbst.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 168
Veröffentlichungsjahr: 2025
Lausche dem Dreiklang in dir!
Es ist die Frage aller Fragen, seit Jahrhunderten gestellt, vielfach aus verschiedensten Disziplinen mit Antwortversuchen besehen, und doch stellt sie sich jeder Mensch immer aufs Neue und immer sehr persönlich: Wie gelingt es, ein zufriedenes Leben, voll Freude und Leichtigkeit zu führen?
Auf der Suche nach freudvoller Lebensqualität lassen sich viele Menschen professionell beraten und werden vor lauter Zufriedenheitswille oft immer unglücklicher. Dabei haben sie doch vermeintlich alles richtig gemacht: ausreichend Schlaf, gesunde Ernährung, Quality Time mit Freunden, der Familie …
Die spirituelle Coachin Claudia Mönius formuliert in diesem Buch ihr Gegenprogramm: Schau auf dich, lass dich inspirieren von einer Spiritualität, die das Göttliche in allen Dingen findet, und – schweig, sprich und spiel mal wieder! Claudia Mönius weiß, wie herausfordernd die Basics in unserem Leben geworden sind. Aber auch, dass es sich lohnt, sich wieder auf sie zu konzentrieren. Denn schweigend, sprechend und spielend erschließt sich uns der Dreiklang für mehr Leichtigkeit und Lebensfreude wie von selbst.
CLAUDIAMÖNIUS
Schweigen
DREIKLANGFÜRMEHR
Sprechen
LEICHTIGKEITUND
Spielen
LEBENSFREUDE
Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.
Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.
Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit konnte eine gendergerechte Schreibweise nicht durchgängig eingehalten werden. Bei der Verwendung entsprechender geschlechtsspezifischer Begriffe sind im Sinne der Gleichbehandlung jedoch ausdrücklich alle Geschlechter angesprochen.
Copyright © 2025 Kösel-Verlag, München,
in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,
Neumarkter Straße 28, 81673 München
(Vorstehende Angaben sind zugleich
Pflichtinformationen nach GPSR.)
Umschlaggestaltung: zero-media.net, München
Umschlagmotiv: FinePic©
Innenteilabbildungen: © TWINDESIGN Studio/stock.adobe.com
Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering
ISBN 978-3-641-32575-6V001
www.koesel.de
INHALT
Die Quelle meiner Inspiration für dieses Buch
Schweigen
Vom Wert der Stille
Oasen der Stille in der Großstadt
Kontemplation als Raum der Stille
Schweige und höre
Raum der Stille und Achtsamkeit
In der Stille dem eigenen wahren Wesen begegnen
Miteinander schweigen in Zeiten der Trostlosigkeit
Stille Nacht
Sprechen
Redet miteinander!
»Wie geht es mir? – Wie geht es dir?«
Kommunikation im digitalen Zeitalter
Kommunikation in Paarbeziehung und Familie
Mut zu Konfliktgesprächen
Mit wem soll ich denn reden?
Miteinander reden statt »fremdeln«
Reden über Wesentliches
Kommunikation mit der geistigen Welt
Spielen
Die Kraft des Spiels
Freudvoll feiern
Gemeinschaft erleben im Spiel
Beschäftigung mit Schöngeistigem
Sich spielerisch befreien von alten Lasten
Grenzenlos spielen
Digitale Spielwelten
Spielerisch die Welt verbessern
Lebendige Rituale
Das heilige Spiel
Schweigen – Sprechen – Spielen
Dreiklänge harmonischen Lebens
Werden Sie kreativ!
Nachwort
Mein Dank
Über die Autorin
Literatur und weiterführende Informationen
Anmerkungen
DIE QUELLE MEINER INSPIRATION FÜR DIESES BUCH
In seiner Abschiedspredigt anlässlich der Versetzung von Nürnberg nach München sprach der Jesuit Pater Karl Kern sehr persönliche Worte. Er hielt Rückschau auf sein bisheriges Leben als Priester und Ordensmann und gab uns als seinen Hörerinnen und Hörern drei Empfehlungen mit auf den Weg: »Geht in die Stille! Redet miteinander! Spielt mal wieder!« Diese drei Komponenten benannte er als wesentliche Bausteine seines eigenen gelingenden Lebens, das er – damals in der Mitte seiner 60er angelangt – an einem Punkt reflektierte, an dem Menschen üblicherweise in den Ruhestand versetzt werden. Er hingegen wusste, dass an der nächsten Station seines priesterlichen Lebens neue große Aufgaben auf ihn warten würden, und zog mit seinem Resümee quasi eine Zwischenbilanz seines Berufslebens, das man bei ihm getrost als Berufungsleben bezeichnen kann. Mir sind in meinem Leben bisher nur wenige Menschen begegnet, bei denen man so deutlich spürt wie bei ihm, dass er in seinem Sein und Wirken am richtigen Platz ist und seine Gaben und Talente lebt. Von Männern und Frauen, die in dieser Weise einen inneren Auftrag leben, geht oft eine magische Anziehungskraft aus. Es ist faszinierend, zu sehen, wie mächtig die eigene Schöpferinnenkraft sein kann, wenn es gelingt, das persönliche Potenzial zu erkennen und zu leben. Wie konstruktiv können wir unser Umfeld mitgestalten, wenn wir das in uns entdecken, womit wir die Welt in Leichtigkeit und Freude beschenken können! Ich glaube, das regelmäßige Aufsuchen dieser drei von Karl Kern SJ (Societas Jesu) benannten Zustände kann dazu beitragen. Was allerdings so schlicht, ja fast banal klingt, enthält bei näherem Beleuchten eine so tiefe Weisheit und so viele verschiedene Facetten, dass es sich lohnt, jedem der drei Bausteine eine eigene Betrachtung zu widmen. Bewusst habe ich dabei auf die Darlegung komplexer Theorien verzichtet, obwohl es zu jedem der drei Themenbereiche umfangreiche Forschung und Studien gibt. Ich möchte Impulse setzen und Sie, liebe Leserin und lieber Leser, zum Weiterdenken und Vertiefen bewegen. Jeder der drei Töne des hier skizzierten Dreiklangs verdient ausführlichere Beachtung.
Wir brauchen Stille und Zeiten des bewussten Schweigens, um zu uns selbst zu kommen und auf die feine innere Stimme zu lauschen, die uns als Leitstern den Weg zu unserem ureigenen Pfad weisen will. Nur wenn es in uns und um uns herum ruhig wird, können wir wahrnehmen, was aus unserer eigenen Tiefe aufsteigen und sich entfalten will. Wenn wir jedoch nur auf uns selbst hören, laufen wir Gefahr, das zu übersehen, was im Schatten liegend der Selbsterkenntnis nicht zugänglich ist und entsprechend ohne Blick von außen verborgen bleibt. Als soziale Wesen brauchen wir das Gegenüber, mit dem wir sprechen können und das in Resonanz mit uns geht. Wir brauchen jemanden, der uns mutig den Spiegel vor Augen hält und auch unbequeme Fragen stellt, damit wir Haltungen überprüfen und zu tieferer Erkenntnis gelangen können. Austausch und Kommunikation mit anderen lässt uns mehr begreifen über die Welt und über uns selbst. Die dritte Komponente schließlich mag vielleicht gerade in unserer Zeit, in der allenthalben Ernsthaftigkeit, Zielstrebigkeit und eine klare Positionierung zu den großen die Welt bewegenden Fragen gefordert werden, fast unangebracht wirken. Wo kommen wir denn hin angesichts der sich abzeichnenden oder drohenden Katastrophen, wenn wir uns als Menschen Spiel und Spaß erlauben? Ich bin überzeugt, dass wir genau diese Qualität brauchen, um sowohl individuell als auch kollektiv heilsame Wege und gute Lösungen für anstehende Probleme zu entdecken. Verbissenheit, fundamentalistische Haltungen und Abwertung anderer sind die Gegenspieler zu Kreativität, gesundem Wachstum und förderlicher »Ent-wicklung« (im Wortsinn). Vielleicht hatte Jesus auch spielerische Leichtigkeit im Sinn, als er das bekannte Wort sprach: »Wenn ihr nicht umkehrt und wie die Kinder werdet, könnt ihr nicht in das Himmelreich kommen.« (Mt 18,3) Kinder leben, wenn man sie denn lässt, alle drei Elemente – schweigen, sprechen und spielen – auf natürliche Weise: In einem Moment noch spielen sie in Ruhe selbstvergessen vor sich hin, im nächsten plappern sie drauflos und teilen mit, was sie in ihrem soeben selbstgeschaffenen Universum erlebt haben. Wir alle waren mit diesen kindlichen Qualitäten also schon einmal vertraut; es ist kein Neuland, das wir betreten, wenn wir versuchen, sie uns zurückzuerobern. Dieses Buch will Anregungen dazu geben, wie das möglichst anstrengungslos und spielerisch gelingen kann. Es ist keine Anleitung zum Nachkochen von Standardrezepten für gelingendes Leben und will sich nicht einreihen in die Vielzahl der Optimierungs-Ratgeber. Vielmehr vermittelt es Ideen und Impulse, die zum Ausprobieren, Reflektieren und Weiterentwickeln einladen. Kein »So geht’s!«, sondern inspirierender Begleiter auf der individuellen Reise zu mehr Leichtigkeit und Lebensfreude. Nebenbei entstand dadurch eine Hommage an Karl Kern, der die Welt mit seiner Weisheit, die einer tiefen Spiritualität und geistlichen Anbindung entspringt, nunmehr im achten Lebensjahrzehnt beschenkt und dem ich persönlich viel verdanke auf meinem beruflichen und spirituellen Weg.
Schweigen
Wenn es nur einmal so ganz stille wäre.
Wenn das Zufällige und Ungefähre
verstummte und das nachbarliche Lachen,
wenn das Geräusch, das meine Sinne machen,
mich nicht so sehr verhinderte am Wachen –:
Dann könnte ich in einem tausendfachen
Gedanken bis an deinen Rand dich denken
und dich besitzen (nur ein Lächeln lang),
um dich an alles Leben zu verschenken
wie einen Dank.
RAINERMARIARILKE
VOM WERT DER STILLE
Haben Sie einmal einem Musiker zugehört, der über die Pausen hinweg spielt, statt sie in der vom Komponisten vorgesehenen Länge zu halten? Sofort entsteht ein gehetzter Eindruck, eine Art akustische Atemlosigkeit, die in scharfem Gegensatz steht zu der wohltuend beruhigenden Wirkung, die Musik auf unsere oft gestressten Gemüter ausstrahlen kann. Pausen sind so wichtig, dass uns die Natur viele davon schenkt. Denken Sie nur an Ihre Atmung: Zwischen dem Einatmen und dem Ausatmen ergibt sich naturgemäß immer eine kleine Pause und wenn wir uns bewusst darauf konzentrieren, verlangsamt sich unser Pulsschlag; wir werden ruhiger. In hitzigen Debatten wirkt der Einsatz eines Redestabs Wunder, der in der Mitte der Gesprächsrunde liegt, so dass derjenige, der das Wort »er-greifen« will, aufstehen und auch den Stab »er-greifen« muss, ehe er spricht. Der kurze Moment der Stille, der dadurch entsteht, lässt den vorherigen Redebeitrag nachhallen, gibt Gelegenheit, darüber nachzudenken und mit Bedacht die eigenen Worte zu wählen. Ich sehe eine darüber hinaus reichende Wirkung: In diesem kleinen Raum des Schweigens kann sich ein heilsamer Geist ausbreiten und es entstehen leichter neue und hoffentlich »geist-reiche« Gedanken, als bei einem ununterbrochenen verbalen Schlagabtausch. Stellen Sie sich eine Fernsehtalkshow vor, die in solch einer entschleunigten Form mit bewusst gesetzten Pausen und Momenten der Stille durchgeführt würde. Was für eine andere Qualität!
Doch viele Menschen tun sich schwer damit, Stille auszuhalten. Vor einiger Zeit mussten wir auf unserem Nachbargrundstück eine lärmende Baustelle ertragen. Mir taten die Arbeiter leid, weil sie dieser Dauerbeschallung ausgesetzt waren. Als sie zur Frühstückspause ihre Werkzeuge abschalteten, atmete ich in der wohltuenden Stille richtiggehend mit ihnen auf – um im nächsten Moment meinen Ohren kaum zu trauen: Noch ehe sie sich zu Kaffee und Leberkässemmel niedersetzten, drehten sie lautstark das Radio auf. Von wegen Ruhepause! Bei einem Tischgespräch in privater Runde wünschen sich unsere Gäste Hintergrundmusik, damit nur ja kein Moment der Stille aufkommt. Eine alleinlebende Frau schafft sich zwei Kanarienvögel an, damit es daheim nie ruhig ist, sondern immer hörbares »Leben in der Bude«. Beim Einsteigen ins Auto schaltet sich bei den meisten automatisch das Radio an, im öffentlichen Raum ist es ohnehin fast immer laut und in Restaurants oder Läden beschallen uns verkaufsfördernde Töne oder unverhohlen aufdringliche Konsumwerbung. An dem Punkt angekommen, an dem sich die Gestressten nur noch die Ohren zuhalten und ihre Ruhe haben wollen, buchen sie dann für viel Geld »Retreats« in schicken Seminarzentren oder Wellnessaufenthalte in teuren Hotels. Endlich Stille! Um nach ein paar Tagen oder Wochen der Erholung erneut einzutauchen in den Lärm und die akustische Dauerberieselung.
Es geht anders: An Stille kann man sich gewöhnen und man kann sie als so heilsam empfinden, dass man sie nicht mehr missen mag. Wenn wir zur Ruhe kommen und es leise um uns herum wird, hält die Stille Einzug in unser Inneres und breitet sich immer mehr in uns aus. Wir können die Aufmerksamkeit nach innen richten und spüren, wie unbewegt und unbeirrt von den Wogen des Lebens unsere innere Tiefe ist. Es gibt einen Anteil in uns, der sich durch keine noch so widrigen Umstände aus der Ruhe bringen lässt. Das Bild der Lotosblüte bringt es zum Ausdruck: Der obere Teil mag von Wind und Wetter gebeutelt sein und muss den Stürmen des Lebens trotzen, in der Tiefe aber ist die Pflanze unerschütterlich verwurzelt. Diesen unverletzlichen und unversehrten tiefwurzelnden Grund haben wir Menschen ebenso und können ihn bewusst wahrnehmen, wenn wir still werden. Ich bin zutiefst überzeugt, dass wir in dieser »Ver-senkung« unserem wahren Wesen begegnen, unserem göttlichen Kern, der Idee, als die wir eigentlich gedacht sind. In der Stille unserer Innerlichkeit können wir das erfahren und erspüren, wonach so viele Menschen verzweifelt im Außen suchen: unseren eigenen Wert – unseren »Selbst-wert«.
Diese Annäherung an sich selbst will geübt werden. Wenn wir vom turbulenten Treiben unseres Alltags stark in Beschlag genommen sind, können wir nicht plötzlich den Hebel umlegen und in einen entschleunigten Modus der Stille und des Schweigens überwechseln. Möglicherweise kann in der Stille sogar Panik aufkommen, weil sich aus der Tiefe Gefühle melden und wahrnehmbar werden, mit denen man nicht ohne weiteres umgehen kann. Deshalb ist es gut, sich vorsichtig anzunähern und zunächst wieder die Fähigkeit zur unmittelbaren Wahrnehmung zu trainieren, die durch zu viel Input und Impulse von außen zu verkümmern droht, wie ein lange nicht beanspruchter Muskel. Dazu bedarf es keiner großen Veränderung. Es geht darum, sich zu fokussieren auf das, was um uns herum geschieht und welchen akustischen Einflüssen wir ausgesetzt sind. Aufmerksam wahrnehmen, was ist, und sich auf diese Weise allmählich bereitmachen für den spürbaren Wert des Schweigens und der Stille.
OASEN DER STILLE IN DER GROSSSTADT
Unsere Welt ist laut. In der Stadt sind wir ohnehin von einer dauernden Geräuschkulisse umgeben, die uns vielleicht schon gar nicht mehr bewusst ist. Doch selbst auf dem Land sind Phasen der Stille selten geworden. Irgendein Rasenmäher, eine Kettensäge oder ein Traktor produzieren beständig ein mehr oder minder lautes und nerviges Geräusch. Als wäre der im Außen produzierte Lärm nicht bereits genug, lassen sich immer mehr Menschen viele Stunden am Tag von einem digitalen Endgerät beschallen. Selbst beim Wandern oder Joggen im Wald werden Podcasts, Vorträge oder Musik gehört. Würden es die Beschallten überhaupt merken, wenn kein Vogel mehr zwitscherte, keine Grillen mehr zirpten oder im Wald keine Blätter mehr rauschten? Können wir, wenn wir uns permanent Geräuschen aussetzen, die feinen, leisen Töne überhaupt noch hören? Von den uns gegebenen Sinnen sind wir im Alltag stark auf den Sehsinn fixiert; wir nehmen unsere unmittelbare Umgebung vorwiegend über die Augen wahr. Wie vieles bleibt uns dadurch verborgen! Wenn wir wieder mehr und unmittelbarer, also vor allem nicht vermittelt durch Medien, wahrnehmen wollen, ist es wichtig, auch unser Gehör wieder für sanfte, natürliche Töne zu sensibilisieren. Da spreche ich noch gar nicht von Schweigen oder Stille, sondern überhaupt erst einmal vom bewussten Wahrnehmen der Umgebungsgeräusche und von der Unterscheidung zwischen menschengemachten und natürlichen Tönen. Ich probiere es selbst aus mitten im Großstadtgetümmel, mit geschlossenen Augen auf einer Bank an einem Kirchenvorplatz sitzend:
Als Erstes fällt mir ein Krachen von der in unmittelbarer Nähe gelegenen Baustelle auf. Nun nehme ich wahr, wie der Wind durch die beiden großen Linden rauscht, unter denen ich sitze. Aus dem Gastgarten des benachbarten Kaffeehauses dringt leises Stimmengewirr. Jemand parkt ein Fahrrad neben mir und ich höre das Einrasten des Ständers, als er heruntergeklappt wird. Eine Mutter schimpft mit ihrem Kind, ein Rollator rappelt über das Kopfsteinpflaster, ein Junge wirft einen Ball gegen die Kirchenmauer, der Rückprall verursacht ein ploppendes Geräusch auf dem gepflasterten Boden. Zwischendurch leises Vogelgezwitscher und das Bellen eines Hundes. Jemand lacht, eine Frau ruft den Kellner, etwas wird krachend auf den Tisch gestellt.
Je deutlicher und bewusster ich all diese Geräusche wahrnehme, desto mehr wächst in mir die Sehnsucht nach Stille. Ich gehe hinüber zur Kirche und betrete durch die Eingangstür und sich anschließende hölzerne Schwingtür den Kirchenraum. Zunächst umfängt mich die Kühle, die in krassem Kontrast steht zu der sommerlichen Großstadthitze. Erst allmählich nehme ich die wohltuende Stille wahr. Zuerst fühlt also die Haut, erst dann nimmt das Gehör die abrupte Veränderung wahr. Aus dem gleißenden Sonnenlicht kommend, gewöhnen die Augen sich erst allmählich an die Dunkelheit im Raum; ausnahmsweise sind nicht sie es, die als Erstes ihre Eindrücke ans Gehirn melden. Im Vergleich zu dem wilden Leben draußen vor der Tür wirkt die Stille fast unglaubwürdig. Abgetrennt nur durch ein paar dicke Mauern erscheint der aus dem Trubel mit wenigen Schritten zugängliche Ruheraum unwirklich. Ich setze mich und lasse die Stille auf mich wirken. Sofort spüre ich, wie ich selbst stiller werde. Meine Atmung wird tiefer, ich schließe für ein paar Momente die Augen und nehme wahr, wie sich alles in mir entspannt und auch der Geist zur Ruhe kommt. Dann lasse ich den barocken Kirchenraum auf mich wirken. Bei dieser Übung interessiere ich mich nicht für die Details, sondern nehme die Raumwirkung insgesamt wahr. Gedanken ziehen durch meinen Sinn, ohne sich festzukrallen: Wie viele Menschen mögen hier schon gebetet, gefleht oder gedankt haben? Wie viele andere vor mir sind hier zur Ruhe gekommen, sei es auch nur für eine kurze Unterbrechung ihres Alltags, einen entspannenden Moment der Besinnung. Südliche Länder stehen mir vor Augen, in denen es noch heute alltäglicher ist, zwischen zwei Besorgungen oder Terminen für wenige Minuten einen Kirchenraum zu betreten und dort innezuhalten. Eine Kindheitserinnerung macht es mir warm ums Herz: Wenn meine Großmutter mit mir in der Innenstadt zu Besorgungen unterwegs war, beendeten wir diese Shoppingtouren mit einem kurzen Besuch in einem am Altstadtrand und damit auf unserem Heimweg gelegenen Kirchlein. »Gehen wir noch auf ein Vaterunser in die Klarakirche!«, kommentierte die fromme Frau dieses Ritual, das für mich als verlässliche Konstante zu den Citybesuchen gehörte. Wenn das einmal ausgefallen wäre, hätte ich mir als Kind ernsthafte Sorgen um meine Oma gemacht.
Gemächlich ziehen diese Gedanken durch mich hindurch, lassen mich noch ruhiger werden und erfüllen mich mit wärmender Dankbarkeit. Einzelne Menschen betreten den Kirchenraum und einmal mehr bin ich beeindruckt davon, wie unmittelbar die Stille sich auch auf sie überträgt. Die meisten schweigen sofort. Wenn überhaupt gesprochen wird, dann im Flüsterton. Eltern dämpfen das stete Geplapper ihrer Kleinkinder und die meisten von ihnen lassen sich klaglos zum Schweigen oder zumindest zum Flüstern bewegen. Scheinbar spüren auch sie, dass in diesem Raum etwas anders ist und dass Rennen, Toben und Schreien außerhalb dieses Ortes ihren Platz haben. In den großen Kathedralen dieser Welt mag es anders sein. Wo Menschenmassen durchgeschleust werden, die vorwiegend aus touristischem Interesse einen Kirchenraum betreten, ist von wohltuender Wirkung der Sakralbauten meist wenig zu spüren. Mit optischen und akustischen »pscht«-Signalen muss nachgeholfen werden, um die Horden kunsthistorisch Interessierter oder ihr touristisches Programm abarbeitender Reisender akustisch zu dämpfen. Wenn jemand nach dem Betreten einer Kirche als Erstes das Smartphone zückt, um zu fotografieren oder ein Video zu drehen, statt den Raum unmittelbar wahrzunehmen und auf sich wirken zu lassen, verwundert es nicht, dass er das Empfinden für wohltuende Stille verloren hat. Ich erinnere mich mit Grauen an meinen ersten und einzigen Versuch, zu Weihnachten im Wiener Stephansdom an der Christmette teilzunehmen. Schon der unmittelbar vor Beginn des Gottesdienstes in drei Sprachen verkündete Hinweis, man möge auf seine Wertsachen achten, denn es seien Taschendiebe unterwegs, wollte nicht so recht besinnliche Stimmung aufkommen lassen. Ganz und gar unweihnachtlich entsetzt war ich, als ich sah, was passierte, sobald der Kardinal, weitere Priester und Ministranten durch das Hauptschiff einzogen: Wie auf Kommando reckten Heerscharen von Touristen ihre mit Tablets bewaffneten Arme nach oben, um das Geschehen zu filmen. Kaum war der feierliche Tross am Altar angekommen, strömten Menschenmassen dem Ausgang zu, sodass sogar Sitzplätze frei wurden. Scheinbar reichten die Videos vom Einzug aus, um auf Social Media posten zu können, man sei zur Weihnachtsmesse im weltberühmten Stephansdom zu Wien gewesen.
Auch diese kuriose Erinnerung steigt in mir auf, während ich in dem Kirchlein verweile. Solche Probleme gibt es hier nicht, trotz des durchaus ebenfalls sehenswerten Kirchenraumes. Nun aber dringt an diesem ruhigen Ort doch ein Geräusch an mein Ohr: Die Kirchturmuhr schlägt zur vollen Stunde. Diesen Unterbrecher der Stille empfinde ich persönlich nicht als unangenehm, sondern als berechenbare Konstante, von der ich weiß, dass sie mich nicht mit einem nervigen Dauergeräusch belästigen wird, sondern mich verlässlich viertelstündlich über die Uhrzeit informiert. Wie schön, wenn man nicht dauernd auf die Uhr oder das omnipräsente Handy schauen muss, um zu wissen, wie spät es ist!
Mein Mann und ich wohnen direkt neben dieser Kirche und an den Werktagen weckt uns morgens um sieben Uhr der Ruf ihres Glockenspiels. Mit über 100 Schlägen in einer bestimmten rhythmischen Abfolge läuten die Glocken den Tag ein. Manch einer mag das als störend oder nervig empfinden. Unlängst witzelte ein etwas weiter entfernt wohnender Anrainer, wir hätten doch dank unserer Wohnlage eine direkte Schusslinie, um das tägliche Gebimmel endlich zum Schweigen zu brin
