Science Fiction Dreierband 3075 - Wilfried A. Hary - E-Book

Science Fiction Dreierband 3075 E-Book

Wilfried A. Hary

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Beschreibung

Dieser Band enthält folgende SF-Romane: (399) Entscheidung auf Zyzschniy Der Seelenberg Der Tod aus dem ewigen Eis Er heißt John Willard. Er steigt aus den unmenschlichsten Slums aller Zeiten hinauf zum Licht, berufen vom HERRN DER WELTEN, um in dessen Namen die Macht zu haben. Die Macht über das Universum! Viele tausend Welten sind von Menschen besiedelt. Überlichtschnelle Flüge sind verboten, weil es sich erwiesen hat, dass diese auf Dauer das energetische Gleichgewicht des Universums und somit das Raum-Zeit-Gefüge stören, was in manchen Bereichen des Universums in der Vergangenheit zu schrecklichen Katastrophen führte. Die von Menschen besiedelten Welten haben keinen direkten Kontakt miteinander, da es keine überlichtschnellen Kommunikationsmöglichkeiten gibt. Dennoch entstand im Verlauf der Jahrhunderttausende ein funktionierendes Handelssystem: Riesige Container-Schiffe reisen im Unterlichtflug zu ihren Zielwelten, mit mannigfaltigen Waren bestückt. Sie sind teilweise Jahrtausende unterwegs, um ihr Ziel zu erreichen, aber da der Strom der Handelscontainer niemals abreißt, werden die Planeten untereinander reibungslos versorgt. Die Erde beispielsweise ist eine gigantische "Zuchtanstalt für Menschenmaterial" - dem wichtigsten Exportartikel der Erde. Die Betreffenden werden in Tiefschlaf versetzt, bevor sie auf den Weg gehen. Ein Übriges tut die Zeitdilatation, so dass sie unbeschadet den langen Flug überstehen. Dieses komplizierte Handelssystem ist natürlich hochempfindlich - und muss überwacht werden. Dafür zuständig ist der Sternenvogt - der wahre HERR DER GALAXIEN...

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Wilfried A. Hary

Science Fiction Dreierband 3075

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Inhaltsverzeichnis

Science Fiction Dreierband 3075

Copyright

Entscheidung auf Zyzschniy

Der Seelenberg

Der Tod aus dem ewigen Eis

Science Fiction Dreierband 3075

Wilfried A. Hary

Dieser Band enthält folgende SF-Romane:

Entscheidung auf Zyzschniy

Der Seelenberg

Der Tod aus dem ewigen Eis

Er heißt John Willard.

Er steigt aus den unmenschlichsten Slums aller Zeiten hinauf zum Licht, berufen vom HERRN DER WELTEN, um in dessen Namen die Macht zu haben.

Die Macht über das Universum!

Viele tausend Welten sind von Menschen besiedelt. Überlichtschnelle Flüge sind verboten, weil es sich erwiesen hat, dass diese auf Dauer das energetische Gleichgewicht des Universums und somit das Raum-Zeit-Gefüge stören, was in manchen Bereichen des Universums in der Vergangenheit zu schrecklichen Katastrophen führte. Die von Menschen besiedelten Welten haben keinen direkten Kontakt miteinander, da es keine überlichtschnellen Kommunikationsmöglichkeiten gibt. Dennoch entstand im Verlauf der Jahrhunderttausende ein funktionierendes Handelssystem: Riesige Container-Schiffe reisen im Unterlichtflug zu ihren Zielwelten, mit mannigfaltigen Waren bestückt. Sie sind teilweise Jahrtausende unterwegs, um ihr Ziel zu erreichen, aber da der Strom der Handelscontainer niemals abreißt, werden die Planeten untereinander reibungslos versorgt. Die Erde beispielsweise ist eine gigantische "Zuchtanstalt für Menschenmaterial" - dem wichtigsten Exportartikel der Erde. Die Betreffenden werden in Tiefschlaf versetzt, bevor sie auf den Weg gehen. Ein Übriges tut die Zeitdilatation, so dass sie unbeschadet den langen Flug überstehen.

Dieses komplizierte Handelssystem ist natürlich hochempfindlich - und muss überwacht werden. Dafür zuständig ist der Sternenvogt - der wahre HERR DER GALAXIEN...

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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

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Alles rund um Belletristik!

Entscheidung auf Zyzschniy

Wilfried A. Hary

In über einer Million Jahre: Viele tausend Welten sind von Menschen besiedelt. Überlichtschnelle Flüge sind verboten, weil es sich erwiesen hat, dass diese auf Dauer das energetische Gleichgewicht des Universums und somit das Raum-Zeit-Gefüge stören, was in manchen Bereichen des Universums in der Vergangenheit zu schrecklichen Katastrophen geführt hat. Der so genannte HERR DER WELTEN wacht unnachgiebig über dieses Verbot.

Das Verbot wurde nicht immer befolgt, weil es den HERRN DER WELTEN nicht schon immer gegeben hat. John Willard, der Diener des HERRN DER WELTEN, erfährt: Wenige Jahrhunderte in der Zukunft, von hier und heute aus betrachtet (und somit über eine Million Jahre in der Vergangenheit aus der Sicht von John Willard!), hatte der Mensch bereits einen Teil des Weltraums erobert. Überlichtschnelle Flüge wurden von hoch spezialisierten (und teilweise sogar regelrecht »gezüchteten«) so genannten PSI-Menschen durchgeführt. Man nannte sie in Anlehnung an einen Begriff aus der SF des zwanzigsten Jahrhunderts der so genannten christlichen Zeitrechnung Psychonauten. Als der Ultimate-Konzern die Psychonauten mittels technischem Überlichtantrieb zu ersetzen trachtete, hatte das unabsehbare Folgen, was die negativ betroffenen Fremdrassen auf die Menschen aufmerksam machte und zu einer tödlichen Bedrohung werden ließ. Endlich sah auch Ultimate und mit dem Konzern das totalitäre Regime des menschlichen Imperiums ein, dass sie sämtliche Experimente in dieser Richtung einstellen mussten. Eine Friedensmission wurde gegründet, um die Völker des Universums zu besänftigen. Das Raumschiff ESPERANTO (zu deutsch etwa: Der Hoffende) wurde mit der Friedensmission auf den Weg geschickt. Doch an Bord herrscht gegenseitiges Misstrauen und sogar... Hass!

Außerdem ist ihre erste Zielwelt, Zyzschniy, am Rande des Abgrundes. Den PSI-Zwillingen Pago und Gulap gelingt die Hilfe zur Selbsthilfe und der Planet scheint gerettet zu sein, weshalb sie mit dem Berichterstatter der Geschehnisse, PSY 9.11 - auch genannt: DER GOLDENE - zurückkehren an Bord der ESPERANTO.

Doch der Schein trügt...

1

Ich bin PSY 9.11. Man nennt mich DER GOLDENE. Kein Wunder, denn mein gesamter Körper ist bedeckt von einer goldenen Aura - einschließlich den Körperöffnungen. Die Aura hält die tödliche PSI-Strahlung zurück, die mein Körper ohne mein Zutun erzeugt. Wenn ich die Aura auflöse, muss ich sterben - und alles im weiten Umkreis mit mir. Das Chaos würde entstehen.

Ich habe die Aura mehrmals zumindest teilweise aufgelöst. Diesmal werde ich es ganz tun.

Mir bleibt keine andere Wahl, Soschnyz-Baschraz-Som, Außerirdischer, der du zu uns gekommen bist, um die Menschheit zu retten und vor weiteren Fehlern zu warnen.

Wir haben es dir vergolten, indem wir unsererseits Zyzschniy gerettet haben.

Doch es nutzte nichts. Wir haben eines gemeinsam, wir beide, mein außerirdischer Freund, den ich lieber »Sosch« nenne als mit vollem Namen: Wir versuchen das Beste, doch das Beste ist nicht gut genug.

Du hast mir gesagt, ich sei ein Statist, ein Beobachter auf Zyzschniy, der später berichten soll, was alles geschehen ist.

Ja, ich war ein Berichterstatter, als die große Katastrophe durch die Instabilität der Weltenräume drohte. Doch dann wurde ich mehr und mehr zum Akteur.

Ich werde auch noch den Rest berichten. Ich werde Zeugnis ablegen über die Dinge, die sich über Zyzschniy ereignet haben. Ich werde Zeugnis ablegen über die Dinge, die nicht nur die Zyzschniyer etwas angehen. Ich werde Zeugnis ablegen, was ich erlebt habe, nachdem wir, in dem trügerischen Glauben, Zyzschniy sei wieder gesundet, zu unserem Schiff ESPERANTO zurückkehrten, um unsere Reise fortzusetzen.

Du hast dich uns angeboten, Soschnyz-Baschraz-Som.

Du hast versprochen, mit uns zu kommen, um zu jenem Ort im Universum zu fliegen, an dem wir eine der geheimnisvollen Superzivilisationen des Alls anzutreffen hoffen. Denn die ESPERANTO hat eine wichtige Mission zu erfüllen - wichtig für die Menschheit und all ihre Freunde. Die ESPERANTO will mit Vertretern der Menschheit an Bord um Verzeihung bitten: für alles, was die Menschheit den Völkern der Galaxis durch ihre verderben bringende Ultimatecraft angetan hat und für das, was als Spätfolgen durch Ultimatecraft noch alles geschehen wird.

Die Zyzschniyer haben uns verziehen, nicht wahr, Soschnyz-Baschraz-Som? Die Zyzschniyer sind zu größeren Freunden der Menschheit geworden denn je.

Und doch kannst du dich nicht erinnern?

Ich weiß, Soschnyz-Baschraz-Som, du schwebst im Nichts und spürst die Verbindung zwischen unseren Geistern nicht. Dein Inneres ist so leer und ausgehöhlt wie das Nichts, das dich umgibt.

Du versuchst zu begreifen, wer oder was du bist, wo du bist, doch du weißt nichts und deine Gedanken bemühen sich vergeblich, etwas aus der Erinnerung hervorzuholen, das es nicht mehr geben kann, weil du überhaupt nicht mehr bist!

Es gibt keine Rettung aus diesem Zustand des Nichtseins, an der Schwelle der endgültigen Aufgabe von allem - an der Schwelle dessen, das nicht einmal mehr einen Gedanken ermöglicht - sei er auch noch so sinnlos und leer.

Warte, Soschnyz-Baschraz-Som, ich will alles tun, um dir zu helfen. Warte, Soschnyz-Baschraz-Som, dein Opfer darf nicht umsonst gewesen sein. Schon löse ich die Aura auf. Ich spüre es, aber ich sehe es nicht, denn ich bin bei dir, auch wenn du es nicht merkst. Ich bin deine letzte Verbindung zur Wirklichkeit. Ein Sicherheitsfaden, der dein Opfer sinnlos macht, wenn er reißt.

Er darf nicht reißen, Soschnyz-Baschraz-Som. Es ist das einzige, was ich noch tun kann.

Wenn du scheiterst, sind wir alle verloren.

Deshalb löse ich die Aura auf. Es kann nur noch gewonnen werden. Ich lasse das brüllende Inferno aus mir heraus. Ich lasse die sengenden Todesstrahlen meiner veränderten Wesenheit, die nur scheinbar so menschlich ist, in die Umwelt und - zu dir.

Du schwebst im Nichts, doch aus diesem Nichts schält sich auf einmal das Chaos. Es ist die Angst, das Grauen. Es ist die Brutalität, die Vernichtung. Es ist wimmelndes Gewürm, ekliges Geschleim, sonnenheiße Hitze, Weltraumkälte, das Böse schlechthin - es ist alles Negative in Reinkultur. Es ist die Summe von allem, was du als negativ empfinden könntest. Und es überfällt dich, um dich dem Wahnsinn zu zutreiben.

Und du wirst wahnsinnig, Soschnyz-Baschraz-Som, weil dein Verstand all dies nicht verkraften kann. Ich sehe es und spüre es und kann es nicht verhindern.

Und meine goldenen Hände lösen die Aura auf. Erst am Bauch, als wäre das nicht ohnehin egal, wo ich beginne, Stück für Stück. Die rasch größer werdenden Löcher in der Schutzaura nähren das brüllende Inferno, das dich hinwegschwemmt, bis du in deinem Wahnsinn begreifst, dass es dich nicht zu vernichten vermag.

Nicht zu vernichten vermag!

Daran hältst du dich fest, Soschnyz-Baschraz-Som, Außerirdischer, Einäugiger, Grünflaumiger, Zyzschniyer.

Es gibt dir keine Erkenntnis, aber die Kraft, den Wahnsinn zu bekämpfen.

Denn alles dies prallt an dir ab, während ich die nächsten Löcher entstehen lasse. Bauch und Brust sind befreit. Ich weiß es, obwohl ich im Moment nichts mehr über meine Umgebung weiß. Vielleicht gibt es diese Umgebung überhaupt nicht mehr, weil sie sich durch die Auswirkungen der tödlichen Strahlen aufgelöst hat?

Es gibt uns beide und das ist wichtig. Soschnyz-Baschraz-Som, ich löse die Aura an den Hüften auf. Es schien soeben noch, als könnte sich das brüllende Inferno nicht mehr verstärken, weil es jetzt schon die reinste Hölle ist.

Die Steigerung beginnt dennoch. Das Universum explodiert. Hörst du die Schreie der Milliarden, die unter grausamen Qualen vergehen? Hörst du das Zerreißen der Welten, das Zerbersten aller universeller Ordnung, die Vernichtung von Weltraum I und Hyperraum?

Dann musst du auch den Tod sehen, der alles heimsucht, in grausamster, unvorstellbarster, unerbittlichster Weise.

Dann musst du auch die Geister der Hingerichteten sehen, die so lange sterben, wie für dich die Qualen anhalten.

Und ich löse die Aura auch an den Beinen auf. Es geht immer schneller. Ich entwickele regelrecht Routine darin.

Auch du brüllst nun - im Chor des Infernos, du körperloses Nichts, der du mal Soschnyz-Baschraz-Som warst. Lass mich mitbrüllen, denn alles, was aus mir herausströmt, all das Furchtbare, Unbeschreibliche kommt auf mich zurück. Oder glaubst du, die Marter wären für mich geringer?

Glaubst du denn, ich wäre besser dran als du, während ich die letzten Reste der Aura an den Armen auflöse?

Ich habe keine Ahnung, ob sich wirklich ein menschlicher Körper darunter befindet. Ich weiß nichts mehr - genauso wenig wie du -, weil ich damit beschäftigt bin, den Wahnsinn aufzuhalten. Wenn ich das nicht schaffe, war auch mein Opfer umsonst - nicht nur dein Opfer.

Soschnyz-Baschraz-Som, es folgt die Aura am Kopf. Bald ist es vollendet. Tauche ein, in die Höllenglut meiner Gedanken.

Verbrenne im ewigen Feuer meines Monsterleibes. Brülle ruhig. Der Chor der Verdammten wird dich übertönen.

Und noch immer explodieren die Sonnen und Planeten, grellen die Farben durch den immer kläglicher werdenden Überrest des Universums.

Draußen lauert schon die Schwärze, die alles verschlingen will. Soschnyz-Baschraz-Som, warte nur: Noch die Aura an der Stirn und dann...

Die Schwärze ist da. Es gibt kein Inferno mehr. Das Universum ist nicht gestorben.

Es ist vollbracht.

Weißt du noch, wie es zu allem kam?

Du erinnerst dich. Warte, lass mich teilhaben. Wir müssen Stück für Stück die nahe Vergangenheit erforschen, weil ich alles vergessen habe und es neu rekonstruieren muss.

Hoffentlich machen wir keinen Fehler, Soschnyz-Baschraz-Som, nicht wahr?

Wenn wir die Vergangenheit verlieren, fehlt uns der Sinn für die Zukunft. Ja, dann hat auch mein letztes Opfer nichts genutzt und es gibt wahrlich kein Zurück mehr...

*

Etwas stimmte nicht, als wir die ESPERANTO betraten. Mit dem Schiff nicht, der Umgebung - mit mir! Und wenn ich darüber nachdenken wollte, wurde es verhindert, obwohl ich nicht zu ergründen vermochte, wie und durch wen.

Soschnyz-Baschraz-Som, der Zyzschniyer, schritt an meiner Seite. Ich wandte den Kopf und betrachtete ihn verstohlen. Soschnyz-Baschraz-Som war sehr groß, ungeheuer muskulös, bewegte sich trotzdem schlaksig - wahrscheinlich eine Folge der viergliedrigen Arme und Beine -, erschien geschlechtslos, hatte einen grünlichen Flaum, der seinen gesamten Körper bedeckte, Atemlöcher anstelle einer Nase, einen lippenlosen Mund und ein glutrotes Zyklopenauge auf der Stirn.

Soschnyz-Baschraz-Som konnte man mit einigem guten Willen als Humanoid bezeichnen. Wir kamen soeben von seiner Heimatwelt Zyzschniy und ich hatte dort nicht ein einziges Lebewesen gesehen, das Soschnyz-Baschraz-Som auch nur ähnelte.

Weil es auf Zyzschniy kaum kein Wesen gab, das irgendeinem anderen ähnelte!

Soschnyz-Baschraz-Som hatte es damit begründet, dass für bestimmte körperliche Formen auf Zyzschniy keinerlei Notwendigkeit bestünde, weil sich alle Lebewesen aus unerschöpflichen PSI-Energien ernährten.

Zyzschniy hatte nämlich eine Besonderheit: Hier war die Verbindung zwischen Weltraum I und Hyperraum wie eine Membran gestaltet, die ausreichend Energien hindurch ließ, aber niemals einen negativen Einfluss hatte.

Abgesehen von den Störungen, die letztlich durch Ultimatecraft entstanden waren und Zyzschniy beinahe vernichtet hätten.

Die beiden »PSI-Zwillinge« Gulap und Pago Garcia waren ebenfalls dabei gewesen. Sie hatten mit den Zyzschniyern eine Superseance gebildet, hatten diese mit dem »Gegenstück« aller Zyzschniyer im Hyperraum, einer mächtigen Entität, verbunden, damit die Instabilität des Raumsektors um Zyzschniy wieder behoben wurde.

Es hatte geklappt, weil Pago und Gulap im gewissen Sinne so etwas wie Zwitterwesen waren: Körperlich gehörten sie in dieses Universum, das wir neuerdings Weltraum I nannten, seit wir wussten, dass es ein Paralleluniversum gab mit Namen Weltraum II. Geistig jedoch gehörten die beiden... in den Hyperraum! Danach: Scheinbar war alles wieder beim Alten.

Wir betraten die Zentralebene der ESPERANTO.

Bei der ESPERANTO war auf den Ultimatecraftantrieb verzichtet worden, weil die gesamte Menschheit auf Ultimatecraft verzichten wollte, ja: musste!

Ultimatecraft war der technische Ersatz für die Psychonautenraumfahrt, wie sie vorher betrieben worden war und jetzt wieder aktuell sein musste. Psychonauten waren Menschen mit PSI-Fähigkeiten. Sie lenkten das Raumschiff mittels Hyperraum-Energien als PSI-Kollektiv innerhalb einer Seance. Nur auf diese Weise waren auch Raumsprünge über den Hyperraum möglich, um die schier unendlichen Entfernungen im All zu überbrücken, während das Schiff zwischen den Sprüngen auf konventionelle Triebwerke zurückgreifen musste. Aber das Kollektiv beherrschte über seinen Koordinator während einer Seance auch das Haupt-Schiffsgehirn und somit das gesamte Schiff bis in den letzten Winkel, nur eingeschränkt durch gewisse Sicherheitsvorkehrungen, die dazu dienten, so genanntes »menschliches Versagen«, gegen das auch PSI-Menschen nicht gefeit waren, zu verhindern.

Alle warteten in der Zentralebene auf uns, auch Liza, die kleine Hexe, wie ich sie gern nannte und PSI-Koordinatorin Shoan.

Ich schaute kurz nach Heinz Stahlforce. Er war der Psychonaut, den ich dazu bestimmt hatte, Palocchi nicht aus den Augen zu lassen, weil ich Palocchi nicht traute: Palocchi war der Delegat von Reed. Er vertrat diesen diktatorischen Herrn über die Menschheit. Vor dieser Expedition waren Feinde zwar nicht zu Freunden geworden, aber ein gemeinsames Ziel hatte sie zusammengeschweißt.

Wenigstens schien es so. Nur konnten die ehemaligen Psychonauten-Rebellen nicht so recht daran glauben.

Ich am wenigsten, obwohl ich größtenteils so tat, als würde ich alles in Ordnung finden.

Die gemeinsame Sache diente der Menschheit an sich. Da konnte man sich schon einmal beherrschen.

Ich sah Palocchi kurz an. Dieser Mann, der, wie Reed und Konsorten, so lange Zeit zu den Todfeinden der Psychonauten-Rebellenbewegung gehört hatte, hielt dem Blick stand. Manchmal wurde ich nicht klug aus ihm. Erschien es nicht so, als wäre er niemals in der Lage, mit uns falsches Spiel zu treiben?

Mein Blick glitt weiter zu Mitsumo Taganaki (wie gewöhnlich verpestete er die kostbare Luft auf der Zentralebene mit einer dicken Zigarre; ich hätte nicht wissen wollen, wie seine geteerte Lunge aussah).

Alle vollzählig zum Rapport erschienen. So sah es aus.

Ehe ich etwas sagen konnte, traten die PSI-Zwillinge Gulap und Pago Garcia vor.

»Wo sind die Super-Psychonauten Nenia 46 und Esper 98?«, fragte Gulap.

Ich schwieg verblüfft, hatte ich die beiden doch total vergessen. Was war mit mir los? Was machte mich so unaufmerksam und konfus?

Palocchi antwortete: »Sie sind krank!«

Drei einfache Worte, die allerdings von ungeheurer Tragweite waren. Zwei kranke Super-Psychonauten?

Die beiden waren Monster, obwohl sie die Körper von Menschen besaßen. Sie waren in den Retorten der Ultimate-Wissenschaftler entstanden. Man hatte sie »geklont« und dabei PSI-Kapazitäten eröffnet, die man sagenhaft nennen konnte.

Ich hatte das stumme Ringen auf PSI-Ebene zwischen einem Super-Psychonauten und Soschnyz-Baschraz-Som erlebt. Soschnyz-Baschraz-Som hatte gesiegt, aber wohl nur, weil wir uns im Raumsektor von Zyzschniy befunden hatten. Eine fremdartige Umgebung - selbst für die Super-Psychonauten.

Ich sah Soschnyz-Baschraz-Som von der Seite an. Er sagte: »Ich verstehe, warum ihr alle versammelt seid. Ich spüre eure Sorgen.«

Liza schnappte: »Sorgen um zwei Super-Psychonauten? Ob nun zwei Monster mehr oder weniger - was macht es schon aus?«

Ihre Aversion war nur zu verständlich, denn die beiden Super-Psychonauten hatten sich sehr schlecht benommen. Sie waren von einem einzigartigen Hochmut. Sie fühlten sich als »einzig wahre Menschen« und sahen uns als halbe Tiere an, die man züchtigen, dressieren und bevormunden musste - oder töten, wenn sie nicht mehr nutzten oder gar im Weg waren.

Ich wusste, dass Palocchi sie dennoch im Griff hatte, selbst wenn mir nicht bekannt war, wie er das anstellte.

Die Super-Psychonauten waren sozusagen Reeds Eigentum!

Ich wollte mich an dem Gespräch beteiligen, denn die Versammelten machten sich tatsächlich Sorgen. Wenn nicht um die angeblich kranken Super-Psychonauten, um was sonst?

In diesem Augenblick glitt ein Schott auf. Nenia 46 erschien. Ihre Augen schienen zu glühen. Ihre Wangen waren eingefallen.

»Esper 98 hat sich erholt«, murmelte sie schwach und trat ein.

Tatsächlich. Esper 98 drängte sich hinter ihr vorbei und betrat die Zentralebene im Computerring.

Er erschien so wie sonst. Von Krankheit keine Spur.

Nenia 46 schwankte verdächtig, als hätte sie zuviel getrunken. »Was ist mit ihr?«, fragte ich.

Liza zuckte die Achseln. »Frage lieber, was mit uns ist, Goldener: Unsere Psychonautenkräfte funktionieren nicht mehr!«

»Wie bitte?«, entfuhr es mir. Ich sah Gulap, Garcia und Soschnyz-Baschraz-Som an, doch sie gaben sich ruhig, als würde diese Äußerung keinerlei Überraschung für sie bergen. Ich lauschte in mich hinein.

Alles normal!

»Goldener!«, schrie Pago Garcia plötzlich auf. Er brach zusammen, ehe Gulap es verhindern konnte.

Ich sprang zu ihm hinüber und wollte mich nach ihm bücken.

Da packte mich eine unsichtbare Kraft und trieb mich zurück.

Unwillkürlich setzte ich mich zur Wehr - mit PSI. Es gelang. Ich konnte die unsichtbaren Fäuste, die nach mir stießen, abwehren.

Pago Garcia wälzte sich schreiend am Boden. Gulap kam nicht an ihn heran. Soschnyz-Baschraz-Som stand abseits. Seinem unmenschlichen Gesicht war nicht anzusehen, was in ihm vorging. Aber er machte keinerlei Anstalten, Garcia zu Hilfe zu eilen.

Ich kämpfte mich wie durch zähen Sirup zu dem Gestürzten hin. Jetzt kam auch Liza, aber etwas packte sie und schleuderte sie quer durch die Zentrale. Sie landete auf einem Computerblock, krümmte sich jedoch rechtzeitig zusammen wie eine Katze. Deshalb verletzte sie sich nicht.

Ich kümmerte mich nicht mehr länger um sie.

»Garcia!«, sagte ich und meine Worte flossen so zäh von meinen Gold kaschierten Lippen wie der Sirup, durch den ich mich bewegen musste.

Alles erstarrte in Zeitlupe. Die Zeit wurde gedehnt, der Raum verzerrt. Die Bewegungen der Menschen stoppten. Liza zog sich auf einmal in die Länge, als würde sie aus Kaugummi bestehen. Die hoch gewachsene Gestalt von Soschnyz-Baschraz-Som wurde zu einer grünen Kugel mit hässlichen Auswüchsen.

Ein Grollen entstand, das anscheinend aus jenseitigen Gefilden zu mir drang.

Pago Garcia lag ruhig am Boden. Er wälzte sich nicht mehr hin und her und schrie auch nicht mehr. Er schaute mich an, ohne mich jedoch zu sehen. Sein Blick wanderte ab, zur Seite. Pago Garcia sah ganz normal aus. Ich blickte auf meine Hände. Auch mein Körper, überzogen von der goldenen Aura, als hätte man ihn in ein Goldbad getaucht, erschien normal.

Pago Garcia murmelte etwas und da tauchten die Lichtschemen auf: durchsichtige Gebilde, die einen irren Reigen tanzten, das Grollen verjagten und es in ein helles Zirpen verwandelten. Es kletterte die Tonleiter empor und marterte mein Gehör. Ich glaubte, im nächsten Augenblick müssten meine Trommelfelle platzen - so ich denn überhaupt noch welche besaß unter der Goldaura.

Die Schemen tanzten immer schneller umher. Wenn sie mich berührten, durchzuckte es mich wie ein Stromstoß. Ich wehrte mich innerlich gegen die Erscheinungen, weil ich ahnte, um was es sich handelte: Zwitterexistenzen - isolierte Seelen, die dazu verdammt waren, in Hyperraum zu leben. Anders konnte es nicht sein.

Der Mensch des Mittelalters hätte Geister dazu gesagt. Ich sah es weniger mystisch. Für mich waren diese Erscheinungen real erklärbare Dinge. Es war nicht das erste Mal, dass ich mit ihnen konfrontiert wurde.

Es durchfuhr kurz mein Denken, ohne dass meine Gedanken dabei verweilten. Es war ein winziges Stückchen uninteressant gewordene Vergangenheit. Jetzt wollte ich wissen, was das Zwitterexistenz-Phänomen auf der ESPERANTO verursachte.

»Goldener!«, stöhnte Pago Garcia und da war mir, als würde jemand über meine Augen wischen, Dunkelheit breitete sich aus. Ich schien zu schweben. Jemand schickte mir ein Bild. Es war ein alter, sehr weise aussehender Mann mit einem langen, grauen Bart. Er blickte nicht mich an, sondern wandte sich an einen anderen.

Ich sah den alten Mann nicht selber. Das wurde mir schnell klar. Es war die Übermittlung von einem anderen. Er übertrug sein Erlebnis auf mich.

Ich hörte die Stimme von Pago Garcia und er sprach zu dem Alten: »Der, den die Menschen ein Abbild Gottes nennen würden, obwohl du nur ein Schemen bist, eines dieser Zwitterwesen, in Hyperraum existent, ohne wirklich dorthin zu gehören... Wenngleich du mit mehr Erkenntnissen ausgestattet bist als alle anderen, wie ich spüre, denn ich gehöre auch zur Hälfte in Hyperraum... Hast du mich gerufen?«

»Pago, es ist wichtig«, sagte der Alte, ohne seine Lippen zu bewegen. »Ihr müsst zurück nach Zyzschniy. Es ist äußerst dringend. Nehmt Kontakt mit Psiona, der Eremitin vom Berge, auf. Achtet auf ein bestimmtes Gebiet von Zyzschniy. Am Nordpol. Es ist ständig von Wolken umhüllt. Tafelberg!«

»Gottbild!«, rief Pago Garcia aus Leibeskräften.

Der Alte hob den rechten Arm. Seine Gestalt war durchsichtig. Noch einmal wehte seine Stimme zu Pago Garcia hinüber und Pago Garcia übermittelte es synchron an mich. Er ließ mich an dem Erlebnis teilhaben, weil ich der einzige Psychonaut war, der seine PSI-Fähigkeiten behalten hatte.

»Erst zu Quasimodo. Dort Psiona und... Vorsicht... Ohne PSI zum Berg, sonst...«

Der Alte verschwand. Schlagartig war die normale Umgebung an Bord wiederhergestellt.

Ich sah, dass Pago Garcia sich vom Boden aufrappelte. Gulap wollte ihm behilflich sein, aber Garcia lehnte die Hilfe ab. Er brauchte sie nicht mehr. Es ging ihm gut.

Kurz kreuzten sich unsere Blicke. Ich wandte mich an Liza, die den Sturz ebenfalls unbeschadet überstanden hatte.

Jetzt wollte ich erst einmal wissen, was an Bord geschehen war, nachdem ich mich auf den Planeten begeben hatte, um dadurch vielleicht die Phänomene besser einschätzen zu können: »Was ist in meiner Abwesenheit passiert? Der Reihe nach, bitte!«

Liza erzählte es mir: »Als du weg warst, kam noch Przondrij zu uns. Er hatte keine Scheu mehr vor uns. Es schien ihm nichts auszumachen, dass du als seine erste Kontaktperson nicht mehr da warst. Er sagte uns, dass sich alles zum Guten wenden würde. Soschnyz-Baschraz-Som hätte einen Weg gefunden. Zyzschniy werde von der Labilität des Raum-Zeit-Gefüges bedroht. Die PSI-Zwillinge Gulap und Pago Garcia würden gemeinsam mit Zyzschniyern versuchen, eine Superseance zu gründen und damit die entscheidende Verbindung mit einer Wesenheit im Hyperraum zu schaffen, die wir Entität nennen würden.

Przondrij verschwand wieder. Unser Schiff setzte sich ohne unser Zutun in Bewegung. Wir materialisierten im Weltraum. Sogleich spürten wir die katastrophalen Auswirkungen im Gebiet um Zyzschniy, aber es schadete uns nicht, denn wir befanden uns außerhalb des direkten Wirkungsbereichs.

Da legte sich ein schwarzer Schatten um das Schiff. Wir spürten die Anwesenheit eines anderen Wesens, das für uns unerklärlich blieb. Zwitterexistenzen tauchten auf. Etwas saugte unsere PSI-Kräfte ab. Wir fielen in tiefe Bewusstlosigkeit. Als wir daraus erwachten, waren Esper 98 und Nenia 46 nicht mehr ansprechbar. Sie wirkten apathisch und völlig ausgelaugt. Beide hatten Fieber.

Und wir anderen hatten Angst.

Dann kamt ihr zurück und ich merke, wie meine PSI-Kräfte allmählich wieder erstarken.«

Ich nickte ihr zu. Mein Blick suchte Soschnyz-Baschraz-Som. Wieso hatte ich unterwegs angenommen, es wäre längst nicht alles im Lot? Wieso kam ich mit mir selber nicht mehr so recht ins Reine?

Soschnyz-Baschraz-Som wich offensichtlich meinem Blick aus.

Quasimodo! Es durchzuckte mich wie ein Blitz.

Pago Garcia sah mich mit großen Augen an.

Quasimodo! Es erfüllte mein Inneres. Vor meinem geistigen Auge tauchte eine lebendige Qualle auf Spinnenbeinen auf. Auf dem Körper schwamm ein großes Auge, das mich traurig anblickte.

Das war Quasimodo und er hatte versucht, mir einen Teil meiner Erinnerung zu nehmen. Es war ihm sogar gelungen, aber jetzt wurde die Erinnerung wieder frei.

Zyzschniy und seine Geheimnisse. Ich hegte den Verdacht, dass Soschnyz-Baschraz-Som sie uns verschwieg und alles verniedlichte, wenn er von seiner Welt erzählte. Deshalb hatte ich die Zeit während der Superseance genutzt, an der ich nicht beteiligt gewesen war: Niemand kümmerte sich um mich. Ich schöpfte aus den PSI-Energien, die mir auf Zyzschniy in Hülle und Fülle zur Verfügung standen, lernte billionenfaches Leben kennen: alles Einzelwesen, die völlig abgeschlossen von den anderen lebten. Der hundert Meter hohe Dschungel barg in jedem Meter eine Überraschung an Lebensvielfalt, die sich sogar unterirdisch fortsetzte.

Denn die Zyzschniyer hatten genügend PSI zur Verfügung und benötigten somit keine funktionsfähigen Körper. Sie lebten in ihren eigenen Miniuniversen, jeder für sich, gebildet von Fantasie und Gedanken, bis zum Tode.

Nur tief unter der Erde war das anders. Zyzschniy barg unterirdisch eine Überraschung.

Hatte Soschnyz-Baschraz-Som nicht einmal gesagt, er stamme von einer Maulwurfart ab? Jetzt konnte ich es verstehen. Dort, in einem hell erleuchteten, endlos erscheinenden Gang, traf ich auf Quasimodo, den Hüter des Erbes, wie er sich selber nannte - sich und die anderen, die ich nicht zu Gesicht bekommen hatte.

Auf seinen seltsamen Namen angesprochen, sagte er zu mir: »Er ist so gut wie jeder andere Name. Weißt du, Goldener, ich ähnele Modo. Du würdest uns kaum unterscheiden können, aber ich bin nicht Modo. Deshalb nenne ich mich Quasimodo. Dabei orientiere ich mich selbstverständlich an mensch­lichen Sprechgewohnheiten. Tja und außerdem erinnert es doch auch an den Glöckner von Notre Dame, nicht wahr? Mag sein, dass ich auf dich noch hässlicher wirke, aber wir wollen nicht gleich übertreiben...«

Warum hatte mir Quasimodo, der es plötzlich sehr eilig gehabt hatte, einen Teil meiner Erinnerung rauben wollen? Als ich zur Superseance zurückkehrte: Warum war Soschnyz-Baschraz-Som sofort mit uns abgereist, nachdem anscheinend keine Gefahr mehr bestand?

Gab es eine Gefahr, die von der Superseance und ihrer Verbindung zur Entität im Hyperraum nicht behoben werden konnte? Eine, die man vor uns verheimlichte?

Was konnte das denn für eine zusätzliche Gefahr sein?

»Gottbild« (unwillkürlich hatte ich diese mehr als ungewöhnliche Bezeichnung von Pago mit übernommen) hatte Pago Garcia etwas mitgeteilt, aber es wirkte zu orakelhaft, zu unwirklich, als dass man damit viel hätte anfangen können, wie ich nun fand.

Soschnyz-Baschraz-Som wandte sich an mich und unterbrach meine Gedanken. Er hatte begriffen, dass ich meine Erinnerung wieder gewonnen hatte, ging jedoch nicht darauf ein, sondern betrachtete mich stumm mit seinem Zyklopenauge, das jetzt eine leicht gelbliche Färbung hatte.

Das hatte ich noch nie gesehen. Als er zu uns auf das Schiff kam und vom drohenden Untergang von Zyzschniy sprach, hatte er eher sachlich und nüchtern gewirkt, als könnte ihn auch das Schlimmste nicht erschüttern. Jetzt war das anders. Die Gefahr musste schlimmer sein als alles, was wir kannten.

Ich konnte es mir einfach nicht vorstellen, aber ich musste unwillkürlich an die Worte von Gottbild denken. Was hatten sie zu bedeuten? Was war mit dem Tafelberg?

Ich hatte ihn gesehen, als ich die Superseance verlassen hatte. Er war nicht von Wolken umgeben gewesen - wahrscheinlich eine Folge der Katastrophensituation.

Ein Tafelberg und somit der einzige Berg auf dem gesamten Planeten, der für gewöhnlich von einem hundert Meter dicken Dschungelteppich, mit ausgedehnten Sümpfen darunter, beherrscht wurde.

Psiona: Wer war das?

Wieso war sie die Eremitin vom Berge?

»Die Gefahr für Zyzschniy ist längst nicht beseitigt«, sagte ich brüchig und blickte zu Boden, als wäre dort etwas besonders Interessantes zu sehen.

»Nein!«, sagte Soschnyz-Baschraz-Som fest.

Ich schaute ihn an. Er hielt meinem Blick stand.

»Nein, Goldener. Es - es tut mir leid. Ich wollte mit euch weg von Zyzschniy, weil ich dachte, dass mich mein Volk nicht mehr braucht, aber ich habe mich geirrt - auch Quasimodo und die anderen haben sich geirrt. Er hat mir mitgeteilt, dass du auf ihn getroffen bist.«

»Wer ist dieser... Quasimodo?« fragte ich und ballte die Hände zu Fäusten. »Wer ist Psiona? Wirst du uns jetzt alles sagen?«

Das Zyklopenauge wirkte auf einmal traurig.

»Es liegt nicht in meiner Macht, Goldener, dir irgendwelche Auskünfte zu geben. Das übersteigt meine Kompetenzen.«

»Deine Kompetenzen?«

»Ich fürchte, du wirst umdenken müssen. Zyzschniy - das ist anders, als du es dir vorstellst. Zyzschniy, das ist einmalig im Universum. Es ist...« Soschnyz-Baschraz-Som brach ab.

Ich überdachte alles, was ich Fantastisches auf Zyzschniy gesehen und erlebt hatte.

Und es sollte alles noch fantastischer sein?

Quasimodo hatte mir bereits vorgeworfen, dass ich falsche Schlüsse zog. Er hatte nichts getan, um die Irrtümer aufzuklären, sondern sich anschließend für seine Korrigiersucht entschuldigt.

Besser, wenn ich nicht mehr über diese Dinge nachdachte und mich von der Vergangenheit abwandte - um mich der Zukunft zuzukehren.

Liza trat näher. Sie war bleich und hielt mir ihr funkelndes Medaillon entgegen, das sie gewöhnlich zur Steigerung ihrer Konzentration benutzte, wenn sie ihre PSI-Kräfte einsetzte.

Ich wusste nicht, was sie von mir wollte.

»Es geht von meinem Medaillon aus«, sagte sie brüchig.

»Was meinst du? Das ist doch nur ein Medaillon, ein Stück Metall...?« Ich schüttelte den Kopf.

Da sah ich es: Etwas kroch aus dem Medaillon. Es war fast unsichtbar - so durchsichtig, dass man eigentlich nur ein leichtes Flimmern in der Luft erkennen konnte.

Und es umwehte Liza, die Hexe, wie einen Schleier.

Das Ding setzte Liza zu. Das war deutlich zu sehen. Sie brauchte ungeheure Kraft, um etwas zu sagen: »Ja, es war bisher immer nur ein gewöhnliches Stück Metall gewesen, auch wenn ich es wie einen Fetisch benutzt habe. Doch jetzt, Goldener, ich - ich kann nicht mehr richtig denken. Warum - warum hilft mir denn keiner?«

Alle standen herum wie angewurzelt und starrten auf die unwirkliche Szene. Ich näherte mich vorsichtig Liza und streckte die Rechte aus.

»Vorsicht!«, brüllte Mitsumo Taganaki.

Es war zu spät, denn das Ding war auf mich aufmerksam geworden und drang nun auch auf mich ein.

Es handelte sich um Energie aus Hyperraum. Oder war es mehr? Waren da nicht Gedanken, die mich niederringen wollten? Es war so seltsam. Ich begriff nichts mehr. Warum stierten sie mich so an?

Ich kicherte amüsiert über die entsetzten Gesichter. Da war einer mit einem Zyklopenauge auf der Stirn. Ich musste lachen.

Wohin war ich denn geraten? Alles war so leer gewesen, so einsam. Jetzt war ich hier. Es ist ein Traum!, redete ich mir ein. Es konnte nur ein Traum sein, denn wo ich sonst war, da war nichts. Ein Traum?

Und die andere da, mit der ich auf seltsame Weise verbunden war? Sie schaute mich an und kam mir vertraut vor. Jetzt, ein Gesicht, das sich über ihr Gesicht schob.

Nein, ich kannte es nicht, obwohl es mir vertraut vorkam.

Verdammt, ich bin doch hier, von Angst getrieben!, sagte ich mir. Ich bin hier, weil alles verändert ist. Etwas lockt mich an wie der Schlund eines Molochs. Es lockt alles an. Wir können uns dagegen wehren, aber nicht mehr lange. Wir sind verzweifelt und kreisen um das Zentrum, bis es uns alle holt. Uns?

Ich bin nicht allein, obwohl ich das niemals wusste. Ich war ein Mensch und bin jetzt... Ja, was bin ich eigentlich?

»Nein!« Der mit dem Zyklopenauge. Er soll mich in Ruhe lassen. Er ist so nahe und das - das tut so weh. »Nein!«

Meine Arme. Sie zucken. Was ist los mit mir? Wieso sind sie aus Gold? Das - das war doch niemals so! Durch den Moloch? Der Moloch, er saugt und schlürft. Er will auch mich aufsaugen wie die anderen, die sich gleich mir zur Wehr setzen.

»Nein!«

2

Ich schlug die Augen auf und blickte in das unmenschliche Gesicht von Soschnyz-Baschraz-Som.

Er sagte: »Gottlob, er kommt wieder zu sich. Es ist alles wieder in Ordnung mit ihm.«

»Mit Liza auch!«, rief jemand außerhalb meines Gesichtskreises.

Es dauerte eine Weile, bis ich mich zurechtgefunden hatte: Ich lag am Boden in der Zentralebene und richtete mich, von helfenden Händen gestützt, mühsam auf.

Eine unerklärliche Schwäche war in mir.

»Du warst das Opfer einer Zwitterexistenz«, erläuterte Mitsumo Taganaki und paffte mir den Zigarrenqualm direkt ins Gesicht.

Ich hustete ihn an. Das war gewollt, denn der Qualm machte mir nicht wirklich was aus. »Verdammt, kannst du nicht das kleine Kraftwerk in die andere Richtung halten, du Umweltverschmutzer? Und so etwas will nun ein Psychonaut sein.«

Mitsumo Taganaki wandte sich an Soschnyz-Baschraz-Som.

»Tatsächlich, PSY 9.11 ist wieder okay!«

Die Schwäche klang langsam ab. Ich schaffte es, ohne weitere Hilfe ganz aufzustehen. Schwankend stand ich da.

Gerade erhob sich auch Liza vom Boden, von eisernem Willen getrieben. Sie war bewundernswert. Liza, die Hexe, war eine überdurchschnittlich begabte Psychonautin. Sie war zirka einen Meter siebzig groß, hatte blonde, schulterlange Haare, die sie mit grauen Strähnen zu schmücken pflegte und war mit einem ausgesprochen losen Mundwerk gesegnet - für gewöhnlich, aber nicht im Moment, denn es ging ihr nicht besonders gut.

Anscheinend war sie schlimmer dran als ich.

»Von einer Zwitterexistenz - und das hier an Bord?«, murmelte ich und lauschte den Worten nach.

Schlagartig setzte die Erinnerung wieder ein - nicht nur meine eigene Erinnerung, sondern auch die der Zwitterexistenz, die mich kurz heimgesucht hatte.

Ein saugender Moloch, der alles verschlingen wollte? Alle Zwitterexistenzen oder was?

Ich erzählte es den anderen. Sie waren nicht minder erstaunt als ich. Nur Soschnyz-Baschraz-Som benahm sich sehr merkwürdig. Er wich wieder meinen Blicken aus und ging auf keine Frage ein.

Bis es mir zu bunt wurde.

»Wir werden unter diesen Umständen nicht abreisen!«, sagte ich hart. »Soschnyz-Baschraz-Som, Quasimodo wollte mich abschieben. Es ist ihm nicht gelungen und ich habe etwas dagegen, abgeschoben zu werden.«

Soschnyz-Baschraz-Som nickte mir zu. »Du willst also wirklich nach Zyzschniy zurück? Du hast die Koordinaten für einen Ort im Weltraum, an dem du mit einer Entität zusammentreffen kannst. Reise ab und lass mich zurück, damit ich mich um das weitere Schicksal meines Volkes kümmern kann. Ich bitte dich darum, Goldener, denn du kannst uns nicht helfen. Niemand kann das. Wir müssen es selbst schaffen.«

»Nein!«

»Goldener, ich beschwöre dich. Lass mich keine Gewalt anwenden. Niemand kann uns helfen, weil niemand begreift, was...«

Er brach ab.

Ich hörte Schritte hinter mir: Esper 98 und Nenia 46.

Die beiden Super-Psychonauten schoben sich einfach an mir vorbei und nahmen gegenüber Soschnyz-Baschraz-Som eine drohende Haltung ein.