Secret Places Harz - Stefan Sobotta - E-Book

Secret Places Harz E-Book

Stefan Sobotta

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Beschreibung

Über 1 Million Besucher verzeichnete der Harz im Jahr 2021. Das deutsche Mittelgebirge mit dem 1141 Meter hohem Brocken als Herzstück wird immer beliebter als Urlaubsregion. Sie möchten auch mal hin? Aber bitte nicht in Touristenströmen versinken! Nichts leichter als das, wenn Sie den Ausflugsideen unseres neuen Harz-Reisebildbands folgen: Inspirierende Hidden Places, abseits der Massen – und doch jede Entdeckung wert.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 199

Veröffentlichungsjahr: 2022

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SECRETPLACES

HARZ

52 besondere Zieleabseits des Trubels

Stefan Sobotta

INHALT

Willkommen im Harz

Karte

Vorwort

DER OSTEN

1Alexisbad – Wildromantische Zeitreise

2Altenbrak – Kultur im Wald

3Bodentalsperre – Wasser und Feuer

4Brocken – Urians Lauschposten

5Derenburg – Durchsichtiges Handwerk und heiße Mitmachaktionen

6Drei Annen Hohne – Nationalpark live erleben

7Elend – Der Kirchenzwerg

8Elbingerode – Eiserne Schätze

9Gernrode – Romantik in Schieflage

10Stolberg – Architekturkalender in der Fachwerkstadt

11Blankenburg – Musik, Burgen und eine Bundesapotheke

12Sophienhof – Mehr Ziegen als Einwohner

13Wernigerode – Wo Harzer kaltgemacht werden

14Stapelburg – Licht, Luft und Bomben

DER WESTEN

15Altenau – Wo der Pfeffer wächst …

16Seesen – Wo Römer und Germanen aufeinandertrafen

17Bad Grund – Höhlenwesen, Felsen und ein Wald

18Bad Harzburg – Berg mit zwei Burgen

19Clausthal-Zellerfeld – Drehort im Welterbe

20Goslar – Draußen vor den Toren

21Lutter am Barenberge – Geschichte zum Nachfühlen

22Granetalsperre – Quell des weichen Wassers

23Polsterberg – Oberharzer Wasserwirtschaft

24Sankt Andreasberg – Energie aus der Tiefe

25Zorge – Geistreicher Harz

26Okertal – Runde Felsen und dunkles Wasser

27Mechtshausen – Wilhelm Buschs letzte Jahre

DER NORDEN

28Abbenrode – Ein Ort voller Wasserkraft

29Schladen – Die süßeste Pfalz

30Ballenstedt – Die Laute und die Stumme

31Baddeckenstedt – Der Spessart liegt im Nordharz

32Bornum – Erkaltet, aber sehenswert

33Drübeck – Die Stille finden

34Ermsleben – Wo der Esel im Rad trat

35Halberstadt – Die Langsamkeit im Ohr

36Vienenburg – Der Kaiser im Damenzimmer

37Hornburg – Der Papst war auch schon da …

38Liebenburg – Kunst in der Landschaft

39Harlingerode – Heimat der Saurier

40Quedlinburg – Sagenhafter Hund nahe der Hölle

41Osterwieck – Hessen liegt am Fallstein

DER SÜDEN

42Auleben – Humboldtsche Entdeckung

43Duderstadt – Kinderstube für Fledermäuse

44Bad Sachsa – Ravensberg – Vulkan der Spione

45Hünstollen – Vom Stuhl zum Stollen

46Breitungen – Wasser in Episoden

47Dietersdorf – Der Wolf und die Linde

48Ebergötzen – Neues Brot aus alten Öfen

49Ellrich – Dunkle Geschichte in zwei Bundesländern

50Sangerhausen – Elefantöse Entdeckungen

51Wallhausen – Ottonische Schule

52Seeburger See – Das Eichsfelder Auge

Register

Bildnachweis

Impressum

Ein Wintermärchen: Der Harz hat sich in sein schneeweißes Gewand gehüllt.

Der Harz in all seinen Facetten (von links nach rechts): Kaisereiche bei Osterwieck / Mountainbiking hoch über Goslar / Kastanienallee auf dem Weg zum Bismarckturm bei Bad Lauterberg / In der gläsernen Dampflokwerkstatt in Wernigerode erhalten die Harzer Schmalspurbahnen bei Bedarf eine Verjüngungskur / Erinnerung an die legendäre Römerschlacht am Harzhorn

Blick auf den Archäologischen Park auf dem Areal der alten Kaiserpfalz Werla

Bezaubernde Motive quer durch den Harz (von links nach rechts): Die Türme von Kloster Drübeck / Land und Leute von anno dazumal zeigt das Heimatmuseum Abbenrode / Überreste der Kaiserpfalz Werla in Schladen / Wanderweg am Salzgitter-Höhenzug / Zeitgenössische Skulpturen im Schlosspark Liebenburg

Die Ausstellung KlangZeitRaum im Kloster Michaelstein zeigt die wundersame Musikmaschine des Salomon de Caus.

WILLKOMMEN IM HARZ

MYSTISCHES GEBIRGE IM NORDEN

Die Schönheit einer Region lässt sich schwer beziffern, das gilt auch für den Harz, der seit jeher viele Menschen in seinen Bann zieht. Einige Zahlen gibt es dennoch, und die können sich sehen lassen.

HARZ QUERBEET

Auf über 2200 Quadratkilometern erstreckt sich der Harz von Westen nach Osten als Deutschlands nördlichstes Mittelgebirge und durchquert dabei drei Bundesländer. Höchster Berg ist der Brocken mit 1141 Metern, gefolgt vom 971 Meter hohen Wurmberg. Der Harz ist ein vielfältiges, gleichzeitig auch geheimnisvolles Mittelgebirge. Berge, Hochebenen, einsame Täler, Dörfer und kleine Städte wechseln sich ab. Geschichten und Sagen werden lebendig, Geologen werden hier begeistert fündig, Archäologen gehen der Geschichte auf den Grund.

1600 MILLIMETER REGEN

Im Luv des Harzes fällt reichlich Regen, Wasser, das in den Talsperren gesammelt wird. Von hier führen Wasserleitungen bis nach Bremen und Torgau und versorgen die Bevölkerung in weiten Teilen Nord- und Mitteldeutschlands mit wunderbar weichem Trinkwasser.

3 BUNDESLÄNDER

Sachsen-Anhalt kann den größten Teil des Harzes für sich verbuchen, dann folgt Niedersachsen. Thüringen hat sich eine kleine Ecke ganz im Süden gesichert. Der Harz ist politisch dreigeteilt. Bis zur Wende verlief die innerdeutsche Grenze quer durch das Mittelgebirge und teilte den Osten vom Westen. Heute sehen viel Initiativen den Harz als Ganzes, so wie es auch die Besucher erleben.

8000KILOMETER

Wanderpfade umfasst das Wegenetz im Harz, darunter allein 600 Kilometer im Nationalpark Harz. Atemberaubend schön ist der rund 100 Kilometer lange Harzer Hexen-Stieg, der von Osterode über den Brocken nach Thale führt.

3 HOCHSCHULEN

Mit der Technischen Universität Clausthal, der Hochschule Harz in Wernigerode und Halberstadt sowie der Hochschule Nordhausen verfügt die Region über drei höhere Bildungseinrichtungen. Die TU Clausthal wurde 1775 gegründet und zieht auch viele internationale Studierende an.

50 000 SCHILDER

Der Harzklub betreut seit 1886 einen großen Teil der Wanderwege. Den Besuchern fallen vor allem die markanten weißen Aluminiumschilder auf, die überall im Harz den Wanderern den Weg weisen. Insgesamt führen 71 Harzklub Routen durch den Harz, 400 Bänke laden zum Ausruhen aus, 300 Fußgängerbrücken werden regelmäßig gepflegt.

290 000 000JAHRE

ist der Granit des Brockens alt. Der Harz selbst ist 200 Millionen Jahre älter. In seiner Vielfalt ist er ein Eldorado für Geologiefans. Steil aufragend im Norden fällt er nach Süden eher flach ab.

4000JAHRE BERGBAU

Reich ist der Harz. Nicht nur seine Naturschönheiten beeindrucken die Menschen seit Hunderten von Jahren. Unter der Erde finden sich seit Jahrtausenden Bodenschätze, die bis zum Ende des 20. Jahrhunderts ans Tageslicht gefördert wurden. Schon zur Bronzezeit gruben die Menschen nach Kupfer. Am Rammelsberg in Goslar endete die Bergbauphase 1988. Hier konnten 1000 Jahre durchgängiger Bergbau dokumentiert werden, und auch für die Zeit davor finden Archäologen immer neue Spuren.

4 NATURPARKE, 1 NATIONALPARK, 1 BIOSPHÄRENRESERVAT

Der Harz ist eines der größten zusammenhängenden Waldgebiete in ganz Deutschland. Knapp 3000 Quadratkilometer Naturparke und 247 Quadratkilometer Nationalpark bilden einen großen Schirm an Schutzgebieten. Der Nationalpark Harz ist dabei eine Besonderheit unter den deutschen Nationalparken: Als erster länderübergreifender Nationalpark 2006 gegründet liegen 158 Quadratkilometer seiner Fläche in Niedersachen und 89 Quadratkilometer in Sachsen-Anhalt.

VORWORT

ABSEITS AUSGETRETENER PFADE

Der Harz ist das nördlichste deutsche Mittelgebirge. Auch außerhalb der klassischen Ferienzeiten tummeln sich hier mittlerweile die Gäste in großer Zahl. Dabei lockt nicht nur der Blick vom Brocken oder das Selfie am Instagram-Hotspot Oderteich.

Herbst im wildromantischen Okertal bei Goslar: Die Natur lässt ihre Farben explodieren.

Wassermühle Otto: eine der letzten ihrer Art in Abbenrode (Gemeinde Nordharz)

Überall finden sich jedoch immer noch Stellen, an denen man fast allein ist oder neue Einblicke von bekannten Plätzen gewinnen kann. Spannende Ort liegen vor, hinter und in den Bergen und warten darauf entdeckt zu werden.

Früher musste man in den Harz. Mit der Schule oder dem Verein. Manche wurden beim Wandern von den Eltern die Wege hinauf und hinuntergescheucht. Selbst erwachsen geworden, entdecken viele Städter heute den Harz als neuen hippen Urlaubsort. Entschleunigung, Natur erleben, wundervolle Orte bei Instagram posten. Das machen viele. An etlichen Stellen bereits viel zu viele für manchen Geschmack.

Klar, es gibt sie, die Hotspots. Auf dem Brockengipfel drängen sich die Wanderer für das Sonnenaufgangsfoto selbst im Winter bei Sturm und arktischer Kälte mitten in der Nacht. Doch wer schaut schon hinter die Kuppel auf dem Brockenhaus? An den Felsen des Hamburger Wappens stehen die Instagrammer mit großer Ausrüstung parat, wenn die Sonne um den Sandstein kommt. Auf dem Marktplatz von Goslar lauschen die Touristen den Klängen des Glockenspiels, und in Wernigerode herrscht an den Wochenenden Gedränge auf dem Weihnachtsmarkt vor dem bunten Rathaus. Diese und viele Orte mehr finden sich in den altbekannten Reiseführern. Sie sind wunderschön und einen Besuch wert. Viele vergessen dabei aber, wie groß der Harz ist. Weitläufig erstreckt er sich über drei Bundesländer: Niedersachsen im Westen, Sachsen-Anhalt im Osten und Thüringen im Süden. Früher wurden die Menschen durch die innerdeutschen Grenzen geteilt. Das war nicht nur eine politische Teilung. Heute kann man glücklicherweise überall hin. Ob mit dem Auto, dem Mountainbike oder per pedes. Der Harz ist eine offene deutsche Landschaft.

Winterwunderland im Harz

Reisen durch Zeit und Raum

Dieses Buch ist eine Einladung, den ganzen Harz zu erleben. Hinter die Fichten zu schauen, Theater im Wald zu erleben und in die Tiefe abzutauchen. Ich lade Sie ein auf eine Reise in die Natur abseits ausgetretener Pfade, aber auch in eine der vielfältigsten deutschen Kulturlandschaften. Lauschen Sie! Hier schlug einst im Mittelalter das Herz Europas. Kaiser, Könige und Bischöfe liebten den Harz, und Kaiser Heinrich III. ließ sein Herz in der Kaiserpfalz in Goslar bestatten. Soweit müssen Sie allerdings nicht gehen nach unserer Reise durch einzigartige Landschaften. Wir fahren durch von alten Bäumen gesäumte Alleen. Fliegen durch die Zeit von den Gräbern der Urmenschen, Plätzen heidnischer Kulte, bis in die Welt moderner Industriegeschichte. Wo Licht ist, ist auch Schatten, selbst im Harz. Dunkelste Orte deutscher Geschichte werden nicht ausgespart. Der Harz ist ein historischer Ort. Einst schlug hier das Herz des deutschen Bergbaus. Erfindungen wie das Drahtseil und die Schiene machten findige Oberharzer Bergleute und trugen sie in die Welt hinaus. Kreative finden Plätze, an denen man selbst aktiv werden kann. Christbaumkugel gefällig? Dann bitte selbst blasen unter fachkundiger Anleitung. Erleben, wie eine Dampflok gewartet wird? Auch das geht. Entdecken Sie eines der deutschesten Mittelgebirge neu.

Stefan Sobotta

DER OSTEN

Versteckte Kleinode im Wald, hohe Ingenieurskunst, Bergbautradition, Klöster, viel Fachwerk und mittendrin im Nationalpark: der Brocken

Künstliche Naturschönheiten. Die Selkefälle entstanden um 1830, als ein Speicherteich für eine nahe Eisenhütte gebaut wurde.

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ALEXISBAD

WILDROMANTISCHE ZEITREISE

Nach Sophienbad, einem Kleinod versteckt in den Wäldern des Ostharzes, geht die Ferienreise in Walter Kempowskis Roman »Tadellöser & Wolff«. Die Familie wohnte im »Offiziersheim« – einem der auch heute noch erhaltenen historischen Gebäude. Man fuhr in den Harz!

Ein Highlight ist die Doppelausfahrt der Dampfloks vom Bahnhof in Alexisbad.

Sophienbad heißt eigentlich Alexisbad und ist auch heute noch ein Kleinod. So wie die Kempowskis in den Dreißigerjahren des 20. Jahrhunderts kann man noch heute mit der Dampflok anreisen. Wenn man mag. Bereits 983 wird an diesem Ort ein Benediktinerkloster mit Namen Hagenrode erwähnt. Schon neun Jahre später bekam der Ort Markt-, Münz- und Zollrecht von König Otto III. verliehen. Nach kurzer Blüte verfiel Sophienbad jedoch wieder in einen Dornröschenschlaf. 1870 wurde mit den Steinen des alten Klosters das Hotel Klostermühle gebaut. Heute bezaubert Alexisbad durch eine wundervolle Bäderarchitektur. Urlaub war hier nicht nur bei Kempowskis schick. Nach dem Zweiten Weltkrieg richtete die Deutsche Reichsbahn in einem der historischen Gebäude ein Erholungsheim ein. Das Ministerium für Staatssicherheit hatte sein Erholungsheim gegenüber vom Bahnhof, und auch das Ministerium des Inneren und die Volkspolizei betrieben Ferienheime.

Aufstieg zum Kurbad

Alexisbad war in frühen Jahren ein Bergbauort. Aus dem Katharinenstollen und benachbarten Bergwerksanlagen wurden Schwefel, Silber, Blei und Zink zutage gefördert. Ein richtiger unterirdischer Schatz wurde jedoch erst 1766 durch den Leibarzt des Herzogs Friedrich Albrecht von Anhalt-Bernburg entdeckt. Aus dem lange aufgegebenen Davidstollen flossen braune Wasser. Wie sich aus einer Analyse des Arztes ergab, waren es Bittersalze, Eisen und kalkreiche Stoffe. Von nun an begann der Aufstieg des Ortes als Kurbad. Wie sich später herausstellen sollte, war das Wasser auch reich an Jod und Fluor. Diverse Bade- und Kurhäuser entstanden. Selbst eine Spielbank nahm im 19. Jahrhundert ihren Betrieb auf. Der renommierte Baumeister Karl Friedrich Schinkel übernahm die Planungen. Prominente wie der Komponist Carl Maria von Weber reisten zur Kur in den Harz. Wer etwas auf sich hielt, traf sich in Alexisbad. Unter anderem wurde hier 1856 der Verein Deutscher Ingenieure VDI gegründet.

Der Glanz alter Zeiten

Ein großer Teil der erhaltenen Gebäude steht heute unter Denkmalschutz. Vom Bahnhof bis zum Fachwerkbau des als Ausflugslokal gebauten Café Elysium reihen sich zahlreiche beeindruckende Baudenkmale aneinander und vermitteln einen Eindruck vom Glanz alter Zeiten. Seit 1887 verkehrt hier die Selketalbahn. Wer sein Auto stehen lassen möchte, findet so eine urige Möglichkeit, die Natur entspannt zu bereisen und an verschiedenen Haltepunkten zum Wandern auszusteigen und die urwüchsige Landschaft des Selketals hautnah zu erleben. Zeitweise gibt es aus dem Bahnhof sogar eine Doppelausfahrt von Dampfloks. Ein beeindruckendes Ereignis, das bei Eisenbahnfans und Fotofreunden gleichermaßen beliebt ist.

TIPP

KÖTHENER HÜTTE

Vom Talgrund des Selketals lohnt sich der Aufstieg zur Köthener Hütte. Der kapellenartige Bau thront auf dem Klippenberg über der Landschaft, von hier schweift der Blick weit über die Wälder. Stempeljäger finden hier den Stempel Nummer 195 der »Harzer Wandernadel«. Bereits 1897 errichtete der Harzklub-Zweigverein Köthen den romantischen Schutzbau an dieser exponierten Stelle. Steil geht es vom Bahnhaltepunkt Drahtzug hinauf. Wer mag, kann die kleine Glocke läuten, um seine Ankunft zu verkünden. Wieder im Tal, sollte der 85 Höhenmeter unterhalb gelegene Selkefall mit einem Abstecher bedacht werden. Das beeindruckende Schauspiel entstand im Jahr 1830 im Zuge von Bauarbeiten für einen Speicherteich der Eisenhütte Mägdesprung. Besonders im Herbst bietet sich dem Besucher ein romantisches Bild, wenn das Wasser unter dem Laub der alten Bäume talwärts strömt.

Einen Hauch von Thomas Manns Zauberberg versprühen die historischen Bauten im Kurort wie das ehemalige Erholungsheim der Deutschen Reichsbahn.

2

ALTENBRAK

KULTUR IM WALD

Im Bodetal am Harzer Hexen-Stieg liegt der kleine Luftkurort Altenbrak. Der Ort hat zwar nur knapp über 300 Einwohner, hält aber eine Waldbühne mit 900 Sitzplätzen bereit, auf der jedes Jahr Theateraufführungen, Konzerte und andere Events stattfinden.

Von den Rängen der Waldbühne Altenbrak geht der Blick über die Bühne ins Bodetal.

Unbedingt erwähnenswert ist, dass es kein alltäglicher Einsatz war, der zur Entstehung dieser idyllischen Freilichtbühne geführt hat. Denn die Bühne wurde im Jahr 1950 in 6500 Stunden freiwilliger und unentgeltlicher Arbeit von den Bürgern Altenbraks errichtet, darunter Frauen und Männer, ortsansässige Handwerker, selbst Kinder, Jugendliche und Senioren halfen tatkräftig mit. Neben populären Theateraufführungen wird heute hier an jedem ersten Septembersonntag der »Harzer Jodlerwettstreit« ausgetragen, der mit bis zu 15 000 Gästen alle Besucherrekorde sprengt. Von Juni bis September begeistern regionale Theaterensembles die Zuschauer mit ihren Aufführungen bei den Sommerfestspielen. Darüber hinaus dient die Bühne als Plattform für Konzert- und Kinoabende.

Amphitheater mit Weitblick

Eröffnet wurde die Spielstätte am 30. Juni 1951 mit der Operette Der Vetter aus Dingsda aus der Feder des Komponisten Eduard Künneke. Im Stil eines antiken Amphitheaters erbaut, schmiegen sich die Zuschauerränge an einen Berghang am Ostrand von Altenbrak. Der Blick reicht über die Bühne weit hinaus in die wunderschöne Landschaft, die einen einzigartigen Hintergrund abgibt. Allein die traumhafte Lage ist ein guter Grund für den Besuch der Waldbühne. Verschiedene Ensembles wie das Nordharzer Städtebundtheater, das Theater Fairytale, das Theater der Tiefe und andere wechseln sich bei den Vorstellungen vor der Naturkulisse des Bodetals ab. Wanderer erreichen diesen Kulturort über den reizvollen Bodetal-Wanderweg. Für Autofahrer stehen genügend Parkplätze zur Verfügung. In den mittlerweile mehr als 70 Jahren ihres Bestehens wurde an der Waldbühne natürlich mancherlei renoviert, verschönert oder modernisiert. Und weil Altenbraks Einwohner sich ihrer Waldbühne seit der Gründung verpflichtet fühlen, halfen sie – und ihre Nachbarn aus Treseburg – abermals mit: beim Anlegen von Wegen, beim Bau von Garderoben, Toilettenanlagen, Geländern, technischen Einrichtungen oder bei der Erneuerung von Sitzgelegenheiten.

Wunderwerk der Technik

Tiefgründig, aber ganz ohne Kultur geht es anderswo bei Altenbrak zu. Die in den 1960er-Jahren errichtete Wendefurth-Talsperre ist eine der Hauptsperren des Ostharzer Talsperrenverbundes. Zusammen mit der Rappbodetalsperre, der Talsperre Königshütte, einigen Vorsperren und der Mandelholztalsperre ist sie Teil der Multifunktionsanlage Bodewerk – eine der bedeutendsten Wasserbauanlagen in Deutschland. Sie dient dem Hochwasserschutz, der Niedrigwasseraufhöhung, Stromerzeugung, Naherholung sowie als Unterbecken für ein Pumpspeicherkraftwerk. Eine Besonderheit ist die Abdichtung der Staumauer. Wasserseitig sind untereinander verbundene Kupferbleche als Dichtung im Beton eingelegt. Die Fugen wurden mit Teer und Hanf verschlossen. Pendel an der Mauer machen Verformungen messbar. 115 000 Kubikmeter Beton halten das Wasser zurück. Baden, Tauchen und privater Wassersport sind auf den Talsperren nicht erlaubt. Das Innere der Staumauer ist jedoch für Besucher im Rahmen von Führungen zugänglich.

Die Betonmauer der Talsperre Wendefurth kann im Rahmen von Besichtigungen auch von innen erlebt werden.

TIPP

FLOSSFAHRT AUF DER TALSPERRE WENDEFURTH

Auf der Talsperre Wendefurth kann man eine einzigartige Floßfahrt erleben. Dort bietet die schwimmende Gaststätte Touren über den See an. Bei der anderthalbstündigen Fahrt über den 4,5 Kilometer langen Stausee erlebt man die Harzer Natur mit Bergen und Wasser hautnah. Dabei erfahren die Besucher viel Wissenswertes über dieses besondere Fleckchen Erde. Man kann aber auch selbst das Ruder in die Hand nehmen und sich beim Bootsverleih einen schwimmenden Untersatz ausleihen. Vom Tretboot bis zum Drachenboot für neun Personen steht eine große Auswahl für jeden Geschmack zur Verfügung.

WEITERE INFORMATIONEN

Führungen Talsperre Wendefurth

Am Stausee

06502 Thale OT Wendefurth

E-Mail: [email protected]

1. Juni–31. Okt. Mi 14 Uhr

Schwimmende Gaststätte und Bootsverleih

www.erlebnis-talsperre-harz.de

Tgl. 10–18 Uhr

Eine der längsten Seilhängebrücken weltweit: Mit 458,5 Metern Gesamtlänge überspannt die »Titan-RT« das Rappbodetal.

3

BODETALSPERRE

WASSER UND FEUER

In einer an Superlativen ohnehin nicht armen Region wie dem Harz nimmt die Rappbodetalsperre einen Spitzenplatz ein. Ihre Staumauer ist mit 106 Metern die höchste in Deutschland, und ebenso ist sie die größte Trinkwassertalsperre hierzulande.

Heute gilt die Rappbodetalsperre als Historisches Wahrzeichen der Ingenieursbaukunst in Deutschland. Mit 113 Millionen Kubikmetern Fassungsvermögen liegt sie deutlich vor der zweitplatzierten Dhünntalsperre im Bergischen Land, die 81 Millionen Kubikmeter Wasser speichern kann.

Von der Idee zur Ausführung

Die Planungen zum Bau einer Staumauer im Tal der Bode begannen bereits Ende des 19. Jahrhunderts. 150 Meter hoch sollte oberhalb der Stadt Thale das Bodetal abgeschlossen werden. Die Orte Treseburg und Altenbrak wären dadurch ebenso wie das wildromantische Bodetal tief im Wasser versunken. 150 Millionen Kubikmeter Wasser sollten hinter der gewaltigen Bogenmauer angestaut werden. Eine Idee, die glücklicherweise verworfen wurde. Nach diversen unterschiedlichen Planungen entschied man sich 1939 schließlich für den Bau einer Trinkwassertalsperre in der noch heute sichtbaren Form. Vorgesehen war, die Anlage als Trinkwasserspeicher, zum Hochwasserschutz und für die Energiegewinnung zu nutzen. Im Herbst war die Einrichtung der Baustelle nahezu abgeschlossen. Großgeräte, die bei anderen Projekten frei geworden waren, konnten herangeschafft werden. Bereits 1940 wurde ein als späterer Grundablass vorgesehener Umleitungsstollen für die Bode gebaut. 1942 endete diese erste Bauphase, in der infolge des Kriegsgeschehens auch Zwangsarbeiter schuften mussten. Etliches Großgerät wie Kräne, eine Seilbahn für den Zementtransport und Betonier-Einrichtungen überdauerten die Zeit bis nach Kriegsende.

Prestigeprojekt der DDR

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Projekt Rappbodetalsperre ein zentraler Baustein der Wasserversorgung in der damaligen sowjetischen Besatzungszone. 1952 nahm man die Bauarbeiten wieder auf. Dabei wurden die alten Einrichtungen genutzt, die einen damaligen Wert von rund 3,2 Millionen D-Mark hatten. 570 Tonnen Zement stabilisierten die Spalten und Risse im Untergrund. Im Dreischichtsystem trieb man das Prestigeprojekt mit großen Schritten voran. 1959, pünktlich zum 10. Jahrestag der DDR, war das Bauwerk mit der beeindruckenden Breite der Talsohlensperre von 78 Metern fertiggestellt. Das Gesamtprojekt beschäftigte 1200 Menschen, galt also in der jungen DDR auch als eine erfolgreiche Arbeitsbeschaffungsmaßnahme in einer ansonsten eher strukturschwachen Region. Da ein derart großes Talsperren-Bauwerk auch Einfluss auf die umliegende Infrastruktur nimmt, musste zusätzlich ein Tunnel gebaut werden, der die überflutete Straße von Hasselfelde nach Rübeland ersetzte. Diese 220 Meter lange Röhre erfreut sich heutzutage bei Tuningfreaks einer Beliebtheit, die nicht jeder teilt, wenn diese lautstark durch die »Soundröhre« donnern. Die Einweihung am 3. Oktober 1959 war eine Propagandaveranstaltung. Das Ereignis wurde genutzt, um den Sieg des Sozialismus zu feiern gemäß dem Motto »Sozialismus heißt der Baumeister einer der größten Talsperren Europas«. Ein Volkschor sang, das Orchester der Nationalen Streitkräfte spielte.

Man könnte sagen, dass es heute an, auf und im Luftraum vor der Staumauer eher kapitalistisch zugeht. So wandelt sich die Zeit. Was negativ klingen könnte, hat die Region touristisch jedoch weitergebracht. Von einem kleinen Turm rauschen Besucher aus 120 Metern Höhe an einem Drahtseil einen Kilometer weit in die Tiefe. Diese Mega-Zipline ist damit eine der längsten weltweit. Einen weiteren Superlativ haben die Betreiber mit der Errichtung einer der längsten Hängebrücken Europas auf der Luftseite der Staumauer geschaffen. Seit 2017 kann man hier das Tal auf der leicht schwankenden Konstruktion überqueren. Die frei hängende Brücke bringt 947 Tonnen Zugkraft auf das Schiefergestein an ihren Enden. Unter der Brücke kann man Europas größten Pendelschwung mit einem 75 Meter freien Fall wagen. Wer dann noch nicht genug Tiefblick hatte oder immer noch einen Adrenalinkick braucht, kann sich beim Wallrunning mit dem Gesicht nach unten an der Mauer abseilen lassen. Überblick verschafft seit Kurzem ein Aussichtsturm, der die Staumauer um 39 Meter überragt.

Aussichtsturm, Flying Fox und Hängebrücke machen die Talsperre zu einem Mekka für Adrenalinjunkies.

Als großer See erstreckt sich die Rappbodetalsperre heute in die Täler oberhalb der Staumauer.

Der wissenschaftliche Verein »Harzer Urania Wernigerode« informiert mit einer Aussichtsplattform an der Westseite über die Talsperren des Bodesystems. Auf Schautafeln finden Besucher Informationen zur Hydrologie des Harzes, zur Geschichte des Talsperrenbaus und zur Stromerzeugung durch Wasserkraft.

Die letzten Köhler

Nicht weit entfernt in Richtung Hasselfelde liegt die Harzköhlerei Stemberghaus. Als eine der letzten Köhlereien im Harz werden hier noch große Mengen Holzkohle erzeugt. 50 Tonnen des schwarzen Produktes entstehen jedes Jahr unweit der Talsperre in mühevoller Handarbeit. Ein Museum erinnert an alte Zeiten, in denen vielerorts in den Wäldern die Meiler rauchten und die Köhler ihrer schweren Arbeit nachgingen. Eine Arbeit, die in deutlichem Kontrast zur modernen Talsperre und ihrer Energieerzeugung steht. Von April bis Oktober rauchen die Meiler, und man kann den Köhlern bei ihrer Arbeit zusehen. Holzkohle war früher für die Harzer Bergwerke ein wichtiger Energieträger. Ohne sie wäre eine Verhüttung nicht möglich gewesen. Mit ihrer Hilfe konnten die zum Schmelzen der Metalle notwendigen hohen Temperaturen erzeugt werden.

Imposant spannt sich die höchste Staumauer Deutschlands durch das Tal.

TIPP

ABSTECHER ZUR TRAGEBURG

Ruhiger als an der Hauptsperre geht es an der Vorsperre der Rappbodetalsperre zu. Hier kann man auf einer Wanderung entlang dem Harzer-Hexen-Stieg einen Abstecher zur Trageburg machen. Von den dortigen Klippen bietet sich ein schöner Blick über den künstlichen See. Vom kleinen Ort Trautenstein führt die Route einmal rund um die Vorsperre. Auf knapp neun Kilometern Länge wird der Wanderer nur von wenigen leichten An- und Abstiegen gefordert. Die Trageburg selbst ist nicht mehr zu entdecken. Urkundlich kaum erwähnt, schützte sie den im jetzt überfluteten Tal liegenden Trogweg und bot Reisenden Sicherheit und Schutz. Dieser Weg war der mittlere von drei Hauptstraßen, die das nördliche Harzvorland mit Thüringen verband. Sonntagskinder sollen übrigens sehen können, wie sich die verstreuten Steine wieder zu einer Burg formen. Alle anderen müssen derweil mit einem schönen Blick auf den Felssporn vorliebnehmen, auf dem die Trageburg einst stand.

WEITERE INFORMATIONEN

Harzköhlerei Stemberghaus

Stemberghaus 1

38899 Hasselfelde

www.harzkoehlerei.de

Tgl. 11–17 Uhr

Unverkennbar: Der Wanderer befindet sich auf dem Harzer Hexen-Stieg.

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BROCKEN

URIANS LAUSCHPOSTEN

Weit hinaus in den Westen lauschten die Ohren vom höchsten Berg der DDR. Auf dem 1141 Meter hohen Brocken hatten Rote Armee und das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) ihre Horchanlagen platziert, um den »Klassenfeind« auszuspionieren.

Mitten im Sperrgebiet konnten die geheimdienstlichen und militärischen Aktivitäten ungestört betrieben werden. Der Brocken war für normale Menschen seit August 1961 nicht mehr zugänglich. Ab jetzt besaß die sowjetische Einheit eine Stärke von rund hundert Mann und war dem sowjetischen Militärgeheimdienst GRU (Glawnoje Raswedywatelnoje Uprawlenije) direkt unterstellt. Informationen über Militärbewegungen in ganz Westeuropa wurden von hier aus gesammelt, aufgezeichnet und weitergeleitet.

Lauschangriffe aus dem Osten