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kurzer, spritziger Ratgeber für Transfrauen auf dem Weg in ihr neues, schönes Leben. Themengebiete: Medizin, Psychologie, Schamanismus, BDSM, Notfälle, Selbstbestimmungsgesetz, Wer bin ich? Wer will ich sein? Was macht eine Frau so aus? Diagnose Autismus und Krebs.
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Seitenzahl: 106
Veröffentlichungsjahr: 2023
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für
Ella
Vorwort
Gratulation
Das Sein als solches an sich
Eigenschaften der Frau
Nützliche Fähigkeiten
In eigener Sache
Geist siegt über Materie
Grenzen überschreiten
Die Ambivalenz des Neides
Von Schamanen, Hackern und Dominas
Angst vor Allem
Stop!
Love is all you need
Innere Ruhe
Die Grenzen der Macht
Der Name der Rose
Musterfehler
Extreme Feministinnen – Liebe Deine Feindin!
Der lange Weg
Aktuelle Infos/Zeiträume/Kosten/Ablauf...
Ausblick – Das Selbstbestimmungsgesetz
Mein aktueller Istzustand
Was ich Dir noch auf den Weg mitgeben möchte
Literaturhinweise
Hallo! Ich wurde am 28.09.1982 als Sebastian Uwe Czech in der Poliklinik Mitte in Magdeburg geboren aber es stellte sich bald heraus, daß meine Mutter mit dem Namen Lydia, den ich als physisch erkennbares Mädchen erhalten hätte, eher an meinem wahren Kern gelegen hätte.
Ich merkte recht früh, daß ich irgendwie anders war. Bald auch, worin dieses Anderssein konkret bestand aber ließ mir richtig lange Zeit, den Weg zu gehen. Am Anfang, da die Informationslage richtig schlecht war, später, weil andere Sachen, wie z.B. das Studium im Vordergrund standen. Ich hangelte mich immer wieder von Plattform zu Plattform und verweilte dort eine Weile. Einmal mit dem Akzeptieren für mich selbst, daß ich halt Mädchensachen tragen möchte und dann heimlich damit anfing. Dann mit einem männlichen Alltag (allerdings zunehmend in androgyner Kleidung und langen Haaren) aber mit meinem alten, männlichen Namen. Später mit meinem weiblichen Namen für die Nacht und das Internet und „normal“ im Alltag, sprich in der Oberschule. Irgendwann war dann immer der Rand der Plattform erreicht und man sprang weiter, höher.
Dabei scheine ich eine der eher seltenen Transfrauen zu sein, die nicht konsequent an einem Moment anfangen und dann direkt, Schritt um Schritt in wenigen Jahren die gesamte Transition durchlaufen. Auch habe ich ein recht entspanntes Verhältnis zu meinem männlichen Genital gehabt, was absolut nicht typisch ist. Erst mit der Pubertät nervte es mich und eine dicke Beule läßt sich unter einem knackengen Abendkleid halt irgendwie schlecht verstecken. Kurz: Frustration. Weiterentwicklung.
Einige Zeit dachte ich, ich sei ein Crossdresser und mehr sei zu kompliziert, passe nicht zu mir. Aber je mehr Raum ich der Frau in mir ließ, desto freier und natürlicher fühlte ich mich, so daß ich am bisherigen Ende nun als glückliche Transfrau ohne OP stehe. Mal schauen, was noch kommt!
Meine Erfahrungen und Entwicklungsergebnisse des ganzen, fast drei Jahrzehnte währenden Prozesses möchte ich im Folgenden mit Dir teilen. Ich hoffe, es sind ein paar Ideen und nützliche Informationen für Dich dabei. Am Ende des Buches habe ich, in meinen Augen nützliche Literatur aufgelistet. Als Transfrau würde ich vor Allem das Buch von Ulrika Schöllner empfehlen. Ihre Informationen sind detailreich und gut recherchiert. Ich kann in meiner Arbeit nur Teile beziehungsweise andere Facetten ihrer Themen beleuchten.
Aufgrund persönlicher Entwicklungen wird es streckenweise um BDSM und Schamanismus gehen, was per se eigentlich nichts mit Transidentität zu tun hat. Wenn Du dazu keinen Zugang hast, überfliege nur die Absätze. Jedoch kann ich sagen, daß sie Methoden und philosophische Ansätze beinhalten, die auch für „normale“ Menschen nützlich sein können. Vielleicht kannst Du ja das Eine oder Andere doch gebrauchen.
Übrigens:
Als Frau dieses Leben zu führen war eine der besten Ideen meines Lebens.
Viel Freude beim Lesen!
Constanze Czech Halle (Saale), 12.10.2023
liebe Leserin, möglicherweise auch Leser. Du hast Dich für die starke Geschlechterseite entschieden. Auf Dich wartet ein rasantes Leben mit dem Komfort und der Leistung eines Oberklasse-Coupes. Ach, eines am Rande: Du hast Dich auch für ein Modell mit reichlich Tuning- und Instandhaltungsbedarf entschieden. Alle zwei Tage unters Auto legen und wenigstens alle vier Räder abmontieren ist Minimum!
Nun? Jeans und T-Shirt liegen noch neben Dir auf der Sessellehne. Noch kannst Du wie gewohnt schnell hinein springen und alles geht weiter. Es ist wie bei Neo in Matrix. Nun, meine neue, vielleicht mutige Leserin? Für welche Pille entscheidest Du Dich?
Soll sich überhaupt etwas ändern? Ist Dein Leben schön? Oder kaufst Du Bücher nach Farbe? Letzteres erscheint mir als völlig plausibler Grund. Als leichte Autistin (mit Schein) träume ich auch von einer eigenen Bibliothek mit raumhohen Bücherregalen an allen Wänden, sortiert nach Farbe, wie ein Regenbogen. Die Bibliothek, zumindest der Inhalt ist bereits vorhanden (und teilweise auch katalogisiert, aktuell höchste Laufnummer: 5500). Es fehlt nur der Raum, die Bücher ordentlich, und nicht dreireihig hintereinander, zu stellen. Einen Sklaven, der sie dann für mich hübsch sortiert, habe ich bereits.
Du runzelst die Stirn, oder? Dir scheint, ich wäre verrückt. Aber ich muß Dich enttäuschen. Überhaupt bin ich in meinen Worten stets der Wahrheit und allenthalben dem ironischen Witze verpflichtet.
Wie oft in den letzten vier Wochen hat Dir ein Fremder, wie etwa ein Passant in der Innenstadt oder die Fleischverkäuferin in der Kaufhalle (hatte ich heute erlebt) ein spontanes Kompliment gemacht? Liegt Deine Antwort jenseits der 10 kannst Du das Buch wohl wieder zurückgeben. Oder Du hältst es ob der Anekdoten als Schmöker. Sollte Deine Antwort hingegen unter 2 liegen, so reiche ich Dir hiermit die Hand. Die Weltherrschaft steht leider nicht mehr zur Disposition. Die ist insgeheim bereits zwischen mir, einer anderen Transfrau aus Halle und dem Sänger von Welle:Erdball aufgeteilt. Ich bin mir meines Anspruchs bewußt, nur im Moment zu stark durch andere, feine Dinge okkupiert, als daß ich nach ihr aktiv strebte. Wobei? Mit so einer weißen Katze auf dem Schoß...rhhhh!
Aber gern nun zu mir. Wie kommt denn eigentlich eine halbwegs erfolgreiche Frau mit mehreren Jobs und doppelt, wenn nicht dreimal so vielen Hobbys auf die Idee, sich dem Streß einer Autorenschaft zu verschreiben? Ich gebe zu, es ist nicht mein erstes Buch, wohl aber jenes, welches bisher am Besten zu lesen ist. Außerdem hoffe ich, daß ich einen Teil meiner Erfahrungen und Ideen mit Dir und anderen Leserinnen teilen kann. Ursächlich war der Impuls gewesen, daß mich regelmäßig Transfrauen um Rat baten oder sagten: „Ich wäre gern ein wenig so wie Du.“ Aber soviel gleich vorab. Jede von uns ist einzigartig und anders. So wie ich aus dem Scheunenfund, der ich früher war, einen Mitsubishi Starion, selten, schnell, kompliziert und unverkennbar ein Kind der 80er wurde, steckt in Dir vielleicht ein Lamborghini Miura oder eine Corvette C3 oder ein Mercedes 124CE – zeitlos elegant, ausreichend motorisiert, mit überschaubaren Schweißarbeiten zu einem echten Dauerläufer mit Wow-Effekt zu machen.
Die letzten dreizehn und insbesondere die letzten fünf Jahre meines Lebens, ich bin nun 41, brachten extrem starke Veränderungen in allen Ebenen mit sich. Die Transition vom Schein-Mann zur Frau ist dabei nur ein, wenn auch bedeutender Teil. Aber daneben hat sich meine Einstellung zur Liebe, zum Leben, zu den Menschen und anderen Wesenheiten, ja mein Verständnis vom Kosmos grundlegend gewandelt und entwickelt. Ich habe unsagbar viel gelernt, wofür ich sehr dankbar bin.
Vor über 20 Jahren gab es einen bedeutenden Wendepunkt in meinem Leben. Nach einigem Nachsinnen würde ich ihn zeitlich ins Jahr 1999 legen. Unsere Familie war gerade zwei Jahre zuvor in ein eigenes Haus gezogen, ich besuchte das Gymnasium, wo mir terroristische Mitschüler das Leben zur Hölle machten. Wir verfügten seit knapp drei Jahren über einen wackeligen und kostspieligen Einwahl-Modem-Internet-Zugang und ich hatte nicht nur viele Informationen zu Transidentität gefunden, die in den Bänden unserer Hauptbibliothek noch gar nicht angekommen waren, ich fand auch andere Menschen wie mich, zB. im „enfemme“-Forum, welches einige Jahre später von einem Tag auf den anderen aus dem Netz verschwand. Aber von „ich bin völlig allein, völlig krank (pervers) und kann mit niemandem reden“, was ich seit ca. meinem zehnten Lebensjahr formuliert hätte, wurde „ok, das ist gar nicht so schlimm. Nun brauche ich
Lösungen.“ Meine Recherche und die fortschreitende Vermännlichung meines Körpers deprimierte mich und machten mich ohnmächtig.
Bröckchen, die ich meinen Eltern hinwarf, um ein Gespräch zu initiieren, blieben liegen. Das Thema war kein Thema. Eines Abends platzte der Knoten und unter Tränen und mit Pudding in den Knien gestand ich ihnen, daß ich ein Mädchen bin und ab jetzt als solches auch leben muß, da sonst nur der Tod, ob langsam aus Gram oder Suizid, stünde. In der Folge ging ich Schritt für Schritt weiter, bis zum heutigen Tag.
Kannst Du Dir die Entwicklung vom Wesen, welches sich haßt, welches sich vom Universum verarscht vorkam und immer versteckt, weil es nicht es selbst sein kann, hin zu einem glücklichen, geselligen Menschen vorstellen, der seinen Körper liebt und seinen verblüfften Eltern eines Tages (Anfang 2022) sagte: „Vielen Dank, daß ihr so eine geniale Schmetterlingskatze gemacht habt! Ich bin so gut geworden. Danke, danke, danke.“
Einen Großteil der Sachen, die ich heute mache und viele Freunde, die ich habe, hätte ich nicht tun beziehungsweise haben können, wäre ich als Cis-Mensch geboren worden. Wir müssen den alten Gedanken ablegen, daß wir unrichtig und häßlich und nirgends dazu passend sind! Wir sind leuchtend helle Wesen, die bewundert werden. Hast Du Lust, mitzukommen? Oder hast Du nun glitzernde Drag Queens im Kopf und denkst nur „oh nein!“?
Soll ich Dir etwas verraten? Ich habe tatsächlich 4
Pailettenkleider, aber die Intention ist dann doch eher ein Auftritt ala Gal Gadot in Wonder Woman 1984 und nicht Olivia Jones. Ich mag Drag Queens und Travestiekünstler und bin regelmäßig sowohl von ihrem künstlerischen Können als auch von ihren Makeup-Fähigkeiten begeistert. Gegen diese Profis sieht mein Gesicht immer 08-15 aus. Aber der Unterschied markiert schon einen der wichtigsten Fundamentpfeiler von uns Transfrauen. Wir sind immer Frau. Im Bus, beim Einkaufen (ok, ich finde es durchaus witzig, auch in langem, schwarzen Latexkleid und Ledermantel nach der Arbeit noch Brötchen zu kaufen und freue mich über die Blicke), auf Arbeit, im grellen Sonnenlicht und vor allem: nach dem Abschminken und vorm ersten Kaffee am Morgen.
Aber wenn Du das geborene Showgirl bist und Las Vegas Dich bisher einfach übersehen hat: Es zeugt von Stolz und einem intakten Rückgrat, als greller Papagei morgens in der U-Bahn zu sitzen. Mir reicht es da, ganz in Ruhe in, wahlweise pink oder türkis auf geschlossen schwarzen EBM-Konzerten aufzutauchen. Beispielsweise habe ich zum vorletzten WGT in Leipzig das EBM-Warmup im Felsenkeller besucht. Die Band startete drei Stunden zu spät, es war sauheiß, die ganzen 2-Zentner-EBMer in Springerstiefeln haben reichlich Bier getrunken und trotzdem ließen sich mich sie zur Seite schieben, bis ich direkt vor der Bühne in der Mitte stand. Zitat einer befreundeten Transfrau, die dabei war: „Das hätte ich mir niemals getraut!“ Alles eine Frage der Haltung, der Schuhe und der Einstellung. Na gut. Und des Kleides. Bodenlages, nachtblaues Latex in Größe 34/36 mit seitlichen Schlitzen bis zum Po bei einer Gesamtgröße von fast 1,80 schüchtern kleine Jungs schon etwas ein. ;)
Ich war übrigens völlig ruhig dabei und freute mich total auf die Musik, die gleich starten sollte. Das ist verrückt, oder?
Wir gehen den Weg gemeinsam, Stück für Stück. Du wirst andere Schlüsselmomente haben als ich aber Du wirst Dich an meine Worte erinnern und immer souveräner werden.
Wer bist Du?
Das ist der Moment, wo Du mal kurz Deinen Kopf ausstellen und auf Dein Herz lauschen sollst. Die einfache Frage ist hochkomplex und die Antworten ein manigfaltiger Strauß an Vektoren, die auch noch über die Zeit variabel sein können. Laß Dir diese Zeit! Bei mir haben die einzelnen Schritte auch eine ganze Weile gebraucht. Geh spazieren oder setz Dich an einen ruhigen, aufgeräumten Ort. Laß Dich nicht ablenken und sollte dies doch passieren, fang nach einiger Zeit noch einmal an. Und dann noch einmal. Merkst Du langsam etwas? Vielleicht kommt der Moment, wo Du einen Spiegel vor Dich stellen magst und so in Angesicht mit Dir weiter sinnierst. (Ich beobachte mich nach wie vor manchmal im Badspiegel und überlege, was das für ein Wesen ist, was mich da anschaut.) Spiegel sind Tore in andere Welten.
Ich war etwas gemein zu Dir und habe Dir eine schwere Aufgabe direkt am Anfang gestellt. Viele von uns hat die Traurigkeit über das Verkehrtsein und das Falschsein betäubt. Sie fühlen nicht mehr oder emulieren gefühlsähnliche Regungen durch Verstand. Ich fühlte mich innerlich völlig tot. Mein Leben war mir eigentlich egal, da eh versaut. Hier saß ich, ich häßlicher Troll und doch hätte ich in diesem Märchen die Prinzessin sein sollen. (Mir fällt gerade ein: Vielleicht geht es der Prinzessin genauso und sie verzehrt sich danach, ein Troll zu sein?)
Die wichtigste Sache für den Anfang und auch späterhin ist, wieder fühlen zu lernen. Für den Anfang am Besten nur in und mit Dir allein. Dich selbst kannst Du kontrollieren und verstehen. In Dir selbst bist Du vollkommen sicher. Wie eine kleine Blume unter einer Glaskuppel dem Sandsturm draußen trotzt.