Selbstorganisation braucht Führung - Boris Gloger - E-Book

Selbstorganisation braucht Führung E-Book

Boris Gloger

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Beschreibung

Selbstorganisation braucht Führung //
- Erfahren Sie, warum agile Unternehmenskulturen mehr und vor allem echte Führung brauchen
- Schaffen Sie mit einfachen Werkzeugen die Rahmenbedingungen für die Selbstorganisation Ihres Teams
- Lernen Sie aus den Erfahrungen, Erfolgen und Misserfolgen der Autoren als Manager
- Nutzen Sie die Tipps und Übungen, um Ihr persönliches Führungsverständnis zu formen
- Neue Themen in der 3. Auflage: Legitimation, Mut, Remote-Führung und selbstbestimmte Gehälter
- Ihr exklusiver Vorteil: E-Book inside beim Kauf des gedruckten Buches

Durch die Herausforderungen der Digitalisierung ist das Thema »Agilität« an die Spitze der Management-Agenda gerückt. Waren selbstorganisierte Arbeitsweisen bis vor wenigen Jahren noch eine Grassroots-Bewegung, so kommen die Initiativen zur agilen Transformation ganzer Organisationen heute von oben, aus den Führungs- und Vorstandsetagen. Vielen Managern ist klargeworden, dass sie Agilität selbst leben müssen und durch ihr eigenes Verhalten maßgeblich fördern. Nur, wie geht das?

Führungskräfte müssen immer wieder auf das System einwirken, damit es die nächste Entwicklungsstufe der Selbstorganisation erreichen kann. Das funktioniert nicht durch Mikromanagement oder Delegation von Veränderung. Es bedeutet: konsequente Arbeit an der eigenen Haltung, Vorbild sein im Verhalten und die Wahrnehmung von Mitarbeitern als Menschen – nicht als Ressourcen.

Boris Gloger und Dieter Rösner entwerfen keine agile Führungslehre, sondern leiten zur Selbstreflexion an. Sie erzählen von eigenen und beobachteten Krisen, vom eigenen Scheitern und dem Erkennen, wie Selbstorganisation entsteht. Daraus leiten sie ein modernes Führungsverständnis für eine Kultur des Gelingens ab.

AUS DEM INHALT //
Warum Führen heute so schwierig ist/Wie Selbstorganisation funktioniert/Mensch, Modell, Manager: Agilität als Kultur des Gelingens/Welche Strukturen die Selbstorganisation anregen/Vom Anreizsystem zum Anerkennungssystem

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Stimmen zu diesem Buch

„Ich bin ein überzeugter Verfechter des agilen Managements und agiler Methoden in der Softwareentwicklung. Neben allen Vorteilen sehe ich täglich die Herausforderungen. Teams erfüllen die Erwartungen an die Selbstorganisation und Verantwortungsübernahme nicht so, wie erhofft. Aber was sind die konkreten Erwartungen? Wie viel Eigenverantwortung ermöglicht Wachstum und Innovation? Was kann und muss ich ändern? Boris Gloger und Dieter Rösner greifen ein Thema auf, über das jeder agile Manager nach den positiven Erfahrungen stolpert. Und sie diskutieren Fragen, mit denen wir uns nach dem Stolpern wieder fangen können.“

Christian Popp, Leiter IT, Geschäftsbereich Risk Management, arvato Financial Solutions, Baden-Baden

„Boris Gloger und Dieter Rösner gelingt es hervorragend, sowohl der Selbstorganisation also auch der Führung auf den Grund zu gehen. Sie beleuchten die Herausforderungen aus eigener Erfahrung und mit sprechenden Beispielen ihrer Kunden. Die Generation Y braucht vor allem Sinn, damit Selbstorganisation möglich wird. Unsere Aufgabe ist, dafür ideale Rahmenbedingungen zu schaffen und Sehnsucht zu wecken. Wie das funktioniert, beschreiben Boris Gloger und Dieter Rösner eloquent und kompetent. Lesenswert!

Harald R. Preyer, Geschäftsführer, EUCUSA GmbH

„Es gibt viele Bücher über Teamentwicklung, genauso wie über Scrum und Führung. In diesem Buch zeigen Boris Gloger und Dieter Rösner zum ersten Mal die Verbindungen und Abhängigkeiten zwischen diesen Elementen und beleuchten die Königsklasse: selbstorganisierte Teams. Jeder, der einmal in der Praxis versucht hat, ein solches Team zu erschaffen, wird sich wiederfinden und die Hintergründe verstehen. Jeder, der ein solches Team formen möchte, findet die notwendigen Grundlagen und praktischen Tipps.“

Tim Hageman, vormals Vice-President eBusiness Germany, CGI Deutschland

Boris GlogerDieter Rösner

Selbstorganisation braucht Führung

Die einfachen Geheimnisse agilen Managements

3., überarbeitete Auflage

Boris Gloger, WienKontakt: [email protected]

Dieter Rösner, FeuchtKontakt: [email protected]

Alle in diesem Buch enthaltenen Informationen, Verfahren und Darstellungen wurden nach bestem Wissen zusammengestellt und mit Sorgfalt getestet. Dennoch sind Fehler nicht ganz auszuschließen. Aus diesem Grund sind die im vorliegenden Buch enthaltenen Informationen mit keiner Verpflichtung oder Garantie irgendeiner Art verbunden. Autoren und Verlag übernehmen infolgedessen keine juristische Verantwortung und werden keine daraus folgende oder sonstige Haftung übernehmen, die auf irgendeine Art aus der Benutzung dieser Informationen – oder Teilen davon – entsteht.Ebenso übernehmen Autoren und Verlag keine Gewähr dafür, dass beschriebene Verfahren usw. frei von Schutzrechten Dritter sind. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Buch berechtigt deshalb auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt.Alle Rechte, auch die der Übersetzung, des Nachdruckes und der Vervielfältigung des Buches, oder Teilen daraus, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) – auch nicht für Zwecke der Unterrichtsgestaltung – reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

© 2022 Carl Hanser Verlag München, www.hanser-fachbuch.deLektorat: Brigitte Bauer-SchiewekCopy editing: Dolores Omann, TernitzUmschlagdesign: Marc Müller-Bremer, www.rebranding.de, MünchenUmschlagrealisation: Max KostopoulosGesamtherstellung: Eberl & Koesel GmbH & Co. KG, Altusried-KrugzellAusstattung patentrechtlich geschützt. Kösel FD 351, Patent-Nr. 0748702

Print-ISBN:        978-3-446-47269-3E-Book-ISBN:   978-3-446-47325-6E-Pub-ISBN:     978-3-446-47503-8

Inhalt

Titelei

Impressum

Inhalt

Vorwort zur 3. Auflage

Danke!

Die Autoren

1 Führen – warum ist das so schwer?

1.1 Die Dimensionen des Dilemmas

1.1.1 Die erste Dimension: die Effizienzfalle

1.1.2 Die zweite Dimension: Engagement

1.1.3 Die dritte Dimension: die demografische Struktur

1.1.4 Die vierte Dimension: sinnvolles Beteiligen oder verwöhnen?

1.2 Was das Führen heute sonst noch schwer macht

1.3 Selbstorganisation – ein Spiel mit Regeln

1.3.1 Merkmale selbstorganisierter Systeme

1.3.2 Lernebenen der Selbstorganisation

1.3.3 Grundordnungen in sozialen Systemen

1.3.4 Macht, Hierarchie und Legitimation

1.3.5 Schließen Sie Frieden mit der Komplexität

2 Führung – die Einladung zum Mitgestalten

2.1 Führung ist Selbstführung

2.2 Führung als Haltung

2.2.1 Modell sein

2.2.2 Mut zeigen und fördern

2.3 Das Setting bestimmen

2.4 Wie funktioniert Führung?

2.4.1 Anleiten in einem sich selbst organisierenden System

2.4.2 Neues Führen lernen

2.5 Selbstorganisation und Führung – die Integration

3 Die Kultur des Gelingens

3.1 Prinzip Nr. 1: Arbeit muss lustvoll sein

3.2 Prinzip Nr. 2: Wandlung zulassen

3.3 Prinzip Nr. 3: Jeder gibt immer sein Bestes

3.4 Prinzip Nr. 4: Jeder führt sich selbst in völliger Autonomie

3.5 Prinzip Nr. 5: Fragen sind mein Potenzial – Nichtwissen ist meine Ressource

3.6 Prinzip Nr. 6: Erfolgsgeschichten erzählen

3.7 Prinzip Nr. 7: Sei optimistisch!

3.8 Die Rolle und Ausformung des Sinns – Strategie

3.9 Führung vorleben

3.10 Führen mit Prinzipien und Werten – gar nicht so einfach

4 Strukturen schaffen

4.1 Meeting- und Gesprächsformate

4.1.1 Mit dem richtigen Setting den geeigneten Rahmen schaffen

4.1.2 Open-Space-Technologie

4.1.3 Appreciative Inquiry

4.1.4 Dynamic Facilitation

4.2 Teams remote führen

4.2.1 Fokus: Mache den Zweck klar und deutlich!

4.2.2 Das Microlevel – die Meetings selbst

4.3 Organisationsstrukturen

4.3.1 Talentmanagement

4.3.2 Entscheidungsstrukturen erzeugen und leben

4.4 Exkurs: Die fraktal skalierte Organisation

5 Anerkennungssysteme

5.1 Systematische Anerkennung

5.1.1 Commitment einfordern

5.1.2 An Lösungen mitarbeiten

5.1.3 Rituale leben

5.1.4 Das Thema Geld

5.2 Schädliche Anreizsysteme

5.3 Systematische Anerkennung durch die Gruppe

6 Die Erlaubnis zu versagen

Statt eines Schlussworts: Practice what you preach

Literatur

Vorwort zur 3. Auflage

Agiles Arbeiten, agiles Management, Design Thinking, DevOps, Scrum – ja, die großen agilen Transformationen bestimmen in vielen Unternehmen mittlerweile den Alltag von Managerinnen und Managern. Ständig wird von der VUCA-Welt und disruptiven Innovationen gesprochen, doch wir alle haben seit Februar 2020 am eigenen Leib erfahren, was das tatsächlich bedeutet. Das Wirtschafts- und Arbeitsleben hat sich schlagartig gewandelt. Während viele Unternehmen bereits erkennen, dass diese Veränderungen dauerhaft sind, wird in einigen anderen noch immer gehofft, dass sich das „New Normal“ nach der Pandemie irgendwie wieder verflüchtigt und wir zum „Old Normal“ zurückkehren werden. Tatsache ist: Durch die Pandemie hat sich gezeigt, dass Menschen durchaus in der Lage sind, selbstorganisiert zu arbeiten und ihre Leistung auch vom Küchentisch aus zu erbringen – sogar, wenn sie nebenbei ihre Kinder beaufsichtigen müssen. Den Kontrollfreaks unter den Managerinnen und Managern gehen damit allmählich die Argumente gegen das Homeoffice aus.

Wer in seiner Haltung als Führungskraft vor der Pandemie bereits unsicher war, war es während der Pandemie noch mehr. Doch ob traditionelle oder agile Führungskraft – allen hat sich in dieser speziellen Situation die Frage gestellt: Wie führt man Teams, ja ganze Organisationen remote? Was müssen Führungskräfte beherrschen, um für diese Form der Zusammenarbeit die richtige Balance zwischen Steuerung und Loslassen zu finden?

Unsere Erfahrung in den letzten beiden Jahren hat eindeutig gezeigt, dass selbstorganisierende Teams, die nach agilen Managementmethoden arbeiten, effektiver und mit weniger Reibungsverlusten durch die Pandemie und den Wirtschaftswandel gekommen sind. Doch wir haben auch gesehen, dass sich Whiteboard-Systeme wie Miro, Planungstools wie Trello oder MS Planner und selbst Videochat-Tools wie Zoom oder Webex nur dann effektiv einsetzen lassen, wenn die Führungskräfte auf die Energie, Motivation und Bereitschaft ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter setzen, statt sie in alte Managementmodelle zu zwängen, die im Homeoffice nicht mehr funktionieren. Der Reflex, Teams so schnell wie möglich wieder ins Büro zurückzubeordern, war schon vor der Pandemie kontraproduktiv, und jetzt ist er es erst recht.

Bei borisgloger consulting haben wir in den ersten Monaten der Pandemie selbst erlebt, was bei der Remote-Führung von Teams gut klappt und was nicht. Wir sind dankbar dafür, dass wir gestärkt aus dieser Zeit hervorgegangen sind. Ich nehme für uns in Anspruch, dass wir ein agiles Unternehmen sind, aber war es für uns deswegen ausschließlich ein Honiglecken? Diese dritte Auflage von „Selbstorganisation braucht Führung“ haben wir um unsere eigenen Erkenntnisse und Lösungen, die wir aus den Aufs und Abs im praktischen Remote-Versuch gewonnen haben, erweitert. Dieter Rösner spricht in diesem Zusammenhang das Thema „Mut“ an und ich gehe ausführlicher auf das Thema „Gehalt“ und den Umgang mit Minderleistung im Team ein.

Die Reaktionen auf unser Buch zeigten gerade in der heißen Phase der Pandemie, dass die Vorgehensweisen, die Dieter Rösner und ich in den ersten beiden Auflagen skizziert haben, tatsächlich funktionieren. Viele Führungskräfte haben mit diesem Buch einen Weg gefunden, wie sie in diesen spannenden Zeiten Organisationen und Teams führen und den Menschen damit Halt und Zuversicht geben können. Das nehmen wir mit besonderer Freude wahr.

Auch bei borisgloger consulting in Deutschland und bei borisgloger professionals in Wien konnten wir auf Basis der vielen Einsichten in diesem Buch eine Gemeinschaft von Menschen aufbauen, die sich gegenseitig unterstützen und allen die Möglichkeiten gibt, sich so zu entfalten, wie es für sie gut ist. Das ist, wie wir finden, die eigentliche Leistung, die Führungskräfte heute erbringen müssen: Orte zu schaffen, wo sich Menschen gerne einbringen und beim Tun etwas für sich mitnehmen. Einen Ort, der Menschen die psychologische Sicherheit und Zuversicht gibt, um die nächsten Herausforderungen zu meistern.

Boris Gloger

Moosbrunn bei Wien, Januar 2022

Danke!
Ein Dankeschön von Boris

Ausgeschrieben. Alles gesagt. Bis auf eines: Danke. Ein herzliches Dankeschön an die Menschen, die mit mir den Weg zur Selbstorganisation gegangen sind – ohne sie wäre dieses Buch nie möglich gewesen.

Alles begann mit meinem Freund Dieter Rösner. Wäre er nicht gewesen, hätte ich vor bald 30 Jahren nicht die Welt des Trainings und der Moderation betreten. Er hat mir gezeigt, wie man moderiert und Menschen bei Lernprozessen begleitet. Es erfüllt mich daher mit immenser Freude, dass „Selbstorganisation braucht Führung“, diese Bündelung unserer Erkenntnisse aus allen diesen gemeinsamen Jahren, bereits zum dritten Mal neu aufgelegt wird. Für die vielen Gespräche, das Vertrauen und Deine Zuneigung möchte ich mich ganz herzlich bei Dir bedanken.

Mein Coach und Freund Michael Rainer hat mir den Weg in die Welt der Gefühle und Emotionen geöffnet. Ohne seine seit vielen Jahren anhaltende Unterstützung wären viele meiner Erfolge – auch in der Führung von Menschen – nicht möglich gewesen. Dafür umarme ich Dich im Geiste und sage danke.

Für die vielen Fehler, die ich beim Führen meines eigenen Teams gemacht habe, möchte ich mich bei meinen Kolleginnen und Kollegen entschuldigen und mich gleichzeitig bei ihnen bedanken: Für eure Anregungen, euer Feedback und dafür, dass ihr das, woran wir glauben, jeden Tag ein bisschen mehr Wirklichkeit werden lasst.

Anton Jessner, Dir danke ich für Dein erstklassiges Feedback und deine Gedanken zu diesem Buch.

Besonders danke ich auch den Menschen hinter den Kommunikationslotsen: Holger Scholz, Nicole Hackenberg, Dirk Blumberg und Roswitha Vesper. Eure etwas andere, aber sehr klare Haltung zum Thema Facilitation und zum Umgang mit Menschen hat mich tief beeindruckt und mir die Chance gegeben, viele Bilder für dieses Buch in Begriffe zu fassen.

Wir stehen als Autoren immer auf den Schultern der vielen Menschen, die ihre Gedanken an anderer Stelle aufgeschrieben haben. Besonders möchte ich Simon Sinek und Jim Rough dafür danken, dass sie die Emotionen wieder zurück in die Führung gebracht haben. Ohne ihre Arbeiten wäre moderne Führung gar nicht möglich. Sie sind Pioniere und für ihre Mühe danke ich ihnen von Herzen.

Auch die dritte Auflage konnte nur rechtzeitig fertiggestellt werden, weil es viele Menschen gibt, die hinter den Kulissen für den Erfolg arbeiten. Allen voran Dolores Omann, meine Editorin und erste Kritikerin. Sie fragt unzählige Male nach, was ich eigentlich meine, und unterstützt mich dadurch, meine Gedanken so klar zu formulieren, dass sie bei Ihnen ankommen.

Das Team des Hanser Verlags: vielen Dank für die Unterstützung und das Vertrauen in meine Fähigkeiten als Autor! Brigitte Bauer-Schiewek, Irene Weilhart und Kristin Rothe, die sich fantastisch um die Produktion und Vermarktung des Buchs kümmern.

Meinen Kunden – von denen einige mittlerweile zu Freunden geworden sind – möchte ich an dieser Stelle ein ganz großes Dankeschön aussprechen. Ohne Euer Vertrauen in unsere Fähigkeiten wären viele unserer Erfahrungen gar nicht möglich gewesen. Vielen Dank dafür, für das Lesen von Probekapiteln und Euer Feedback: Dr. Christoph Pedain, Alexander Jakob, Peter Erni, Claudius Burkhardt, Dr. Carsten Bernhard, André Stark, Dirk Böhme, Christian Popp, Markus Theilen, Mario Feldkamp und viele mehr. Danke.

Ein unendlich großes Dankeschön geht an meine Frau Kathrin Gloger. Sie war in den letzten Jahren in jeder Führungskrise, bei jeder der vielen Erfahrungen, die ich machen durfte, für mich da. Sie hat darauf aufgepasst, dass ich auch beim Schreiben die Welt um mich herum, unsere Freunde und Familie nicht vergesse. Danke. Ich liebe Dich.

Ein Dankeschön von Dieter

Es ist geschafft. Vieles konnte ich beschreiben, das mir am Herzen liegt. Als leidenschaftlicher Teamplayer weiß ich, dass ich mich bei vielen Menschen bedanken kann, die mich in vielerlei Hinsicht berührt, beeindruckt und unterstützt haben.

Zu Beginn danke ich vor allem meinem langjährigen Freund, Partner und Kollegen Herbert Namokel. Er hat mir vor rund 30 Jahren den entscheidenden Anstoß gegeben, vom Dasein als Angestellter in die oft stürmischeren Gewässer der Selbstständigkeit als Trainer, Coach und Berater zu segeln. Er hat mich an der Gründung unseres Trainings- und Beratungsunternehmens CONTRAIN GmbH beteiligt und war mein geschätzter Partner als Geschäftsführer. Vieles von dem, was meine Professionalität noch heute ausmacht, hat er mir gezeigt, vorgezeigt und mit mir gemeinsam reflektiert. Vor allem war er mir ein Vorbild dafür, wie man als Dienstleister seine Kunden wertschätzt und sie in ihrer Selbstorganisation begleitet. Danke für die Herzlichkeit und den Humor, den ich immer sehr genossen habe.

Durch die erneute Begegnung mit Boris Gloger hat meine langjährige Profession ganz unerwartet eine neue und sehr lebendige Färbung bekommen. Danke dafür, Boris, dass ich Dich auf den spannenden Wegen Deines Unternehmens von Anfang an in vielfältigen Funktionen begleiten konnte – als Coach, Mentor, Kooperationspartner, Moderator, Trainer, mentaler Sparringpartner und als Freund. Und danke, dass Du als erfahrener Autor mich ermutigt hast, dieses Buch mit Dir zu verfassen – zu einem Thema, das mir und Dir sehr am Herzen liegt.

Danke allen Mitarbeiterinnen, Mitarbeitern, Kundinnen und Kunden von borisgloger consulting für das Vertrauen, für die positiven Resonanzen auf meine Ideen und für die erfrischende Kooperation.

Viele wertvolle Erfahrungen, die sich in meinem Beitrag zu diesem Buch wiederfinden, sind in gemeinsamen Projekten als Berater und Trainer mit den Kollegen des CONTRAIN Teams aus Hanau entstanden. Danke dafür an Matthias Mantz, Anja Burkhard, Gudrun Kreisl, Monika Görlitz-Kajser und Thomas Eggeling.

Eine entscheidende Station auf meinem Weg zum Coach war meine Ausbildung als Supervisor bei Astrid Schreyögg und Hilarion Petzold. Ich sage Danke dafür, erfahren zu haben, dass die Welt aus vielen verschiedenen Perspektiven zu betrachten ist. Hier habe ich Wesentliches dazugelernt, um mit vielfältigen Theorien, Methoden und Techniken die Prozesse der Selbstorganisation mitgestalten zu können. Und auch die Art, wie hier gelehrt wurde, war ein Modell für meine individuelle Selbstorganisation als Trainer und Coach.

Mit vielen meiner Kunden arbeite ich seit mehr als 15 Jahren zusammen. Ihnen gilt mein Dank für ihr Vertrauen und dafür, dass sie mir die Möglichkeit gaben und geben, immer wieder mit interessanten Themen zu arbeiten, wertvolle Menschen kennenzulernen und intensive Kontakte aufbauen zu können.

Viel von meiner Erdung, meinem Verständnis von Führung und der Bewältigung akuter Krisen in der Selbstorganisation verdanke ich den „schwierigen“ jungen Menschen aus dem Heim. Danke für die vielfältigen Widerstände und vor allem für die oft unbändige Lebensenergie. Sie hat abgefärbt.

Ohne Wenn und Aber gilt mein ganz besonderer Dank meiner wundervollen Frau Monika Rösner, die mich seit mehr als 45 Jahren in jeder meiner Lebens- und Arbeitsphasen unterstützt und motiviert. Ebenso danke ich meinen beiden tollen Kindern Nina und Nico, die mir immer wieder bewusst gemacht haben, wofür es sich lohnt, mit Lust zu arbeiten.

Last but not least möchten wir beide Ihnen, unseren Leserinnen und Lesern, für die großartige Unterstützung danken. Es ist toll zu wissen, dass Euch interessiert, was wir zu sagen haben. Danke und erzählt es weiter, wenn Euch gefallen hat, was ihr gelesen habt.

Lasst uns gemeinsam einem neuen Führungsverständnis den Weg bahnen!

Die Autoren

Boris Gloger – deutscher Unternehmensberater, Autor, Serial Entrepreneur und Keynote Speaker – zählt in der DACH-Region zu den Pionieren von Scrum und Agilität. Für ihn war „Agile“ immer mehr als reine Methodik: Schon zu Beginn der 2000er-Jahre hat er erkannt, dass darin die Kraft steckt, Organisationen von Grund auf fit für das 21. Jahrhundert zu machen. An seinen Ideen zu einem modernen, agilen Management orientieren sich heute viele nationale und internationale Unternehmen. Als Geschäftsführer der borisgloger consulting GmbH mit mehreren Standorten in Deutschland sowie der borisgloger professionals GmbH in Wien verfolgt Boris Gloger das Prinzip, selbst zu leben, was den Kunden empfohlen wird, und die eigene gesellschaftliche Verantwortung wahrzunehmen. So gelten in seinen Unternehmen das Freiwilligkeitsprinzip und Teamentscheidungen – sei es bei der Wahl der Projekte, der Weiterbildung oder dem Gehalt. Außerdem setzt borisgloger consulting Maßnahmen ein, die den CO2-Fußabdruck kontinuierlich verringern, und mit der Initiative „Scrum4Schools“ wird die Freude am selbstorganisierten Lernen unter Kindern und Jugendlichen gestärkt.

Von Boris Gloger sind im Carl Hanser Verlag folgende Bücher erschienen:

       Scrum Think big. Scrum für wirklich große Projekte, viele Teams und viele Kulturen (2017)

       Scrum. Produkte zuverlässig und schnell entwickeln (5. Auflage, 2016)

       Wie schätzt man in agilen Projekten – oder wieso Scrum-Projekte erfolgreicher sind. (2014)

       Der agile Festpreis. Leitfaden für wirklich erfolgreiche IT-Projekt-Verträge (2. Auflage, 2014)

       Erfolgreich mit Scrum: Einflussfaktor Personalmanagement. Finden und Binden von Mitarbeitern in agilen Unternehmen (2011)

Kontakt: [email protected]

Führen und geführt werden – Dieter Rösner fasziniert dieses Zusammenspiel seit beinahe 35 Jahren. Er ist ein profunder Kenner der Theorie, in erster Linie hat er sein Wissen und seine Erkenntnisse aber als Führungskraft und guter Beobachter praktisch erarbeitet. Führung hat für Dieter Rösner zwar mit Kompetenz, viel mehr aber mit Menschlichkeit, Begeisterungsfähigkeit und Charisma zu tun. Gerade wenn der Fokus auf Teamarbeit und Selbstorganisation liegt, ist bewusste und wahrnehmbare Führung nötig. Seine Faszination für das Thema hat er viele Jahre als Geschäftsführer des Beratungsunternehmens CONTRAIN GmbH sowie als Trainer und Coach für Führungskräfte gelebt. Aktuell arbeitet er in diesen Aufgabengebieten als Partner bei VECTIS Consulting in Nürnberg.

In seiner Coaching-Arbeit setzt Dieter Rösner auf eine Mischung aus individuellen Lösungsvarianten und stabilen Grundprinzipien. Führungskräften Mut zu ihrem eigenen Weg zu machen und an den Sinn von Führung zu glauben, ist ihm besonders wichtig.

Kontakt: [email protected]

1Führen – warum ist das so schwer?

Wir Manager waren erfolgreich: In den letzten Jahren haben wir Unternehmen in Paradiese verwandelt. Wir bieten bestens ausgebildeten Mitarbeitern spannende Aufgaben und bescheren den Shareholdern Gewinne in nie gekanntem Ausmaß. Wir können uns kostspielige Projekte leisten, weil wir unsere Unternehmen finanziell robust gemacht haben. Mit den Arbeitnehmervertretern haben wir flexible Arbeitszeiten ausgehandelt und setzen auf die Vertrauensarbeitszeit. Wir zahlen die Getränke, das Kantinenessen ist günstig bis gratis und ausgezeichnet. Weil wir moderne Manager sind, sitzen wir bei unseren Teams oder treffen sie in angenehmen Meetingräumen. Unseren Mitarbeitern haben wir so viel Verantwortung übertragen, wie wir es gerade noch aushalten, und die Prozesse haben wir so stark vereinfacht, standardisiert und automatisiert, dass jeder Einzelne genau weiß, was er zu tun hat. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen nicht mehr unbedingt anwesend sein – sie können von zu Hause aus arbeiten. Das System liefert trotzdem.

Wir arbeiten hart daran, uns überflüssig zu machen, und werden zum Dank mit Preisen für Mitarbeiterzufriedenheit ausgezeichnet. Die engen Kaffeeküchen sind großzügigen Lounges in lichtdurchfluteten Gebäuden gewichen. Wir zahlen uns und den Mitarbeitern großzügige Gehälter, Studienabsolventen verdienen mindestens doppelt so viel wie examinierte Krankenschwestern und können in wenigen Jahren leicht das Vier- bis Fünffache erzielen. Wir haben umgesetzt, was Peter Drucker und Fredmund Malik gefordert haben: Manager sind die gestaltende Kraft im Unternehmen und damit in der Gesellschaft. Manager lernen das Managen in MBA-Studiengängen. Es ist eine Profession geworden und unsere Arbeit unterscheidet uns völlig von dem, was die Mitarbeiter tun.

In dieser schönen neuen Arbeitswelt dürfte es eigentlich keinen Grund für den Drang nach agilem Management geben. Alles ist geregelt, der Mitarbeiter wird gefördert, es gibt für Wissensarbeiter die besten Arbeitsbedingungen, die man sich vorstellen kann, und die Unternehmen sind hochprofitabel. Wieso rufen die mittleren Manager und inzwischen auch Top Executives dieser profitablen Unternehmen bei uns an? Wollen sie nur noch mehr Geld verdienen und noch erfolgreicher sein – noch mehr Karriere machen?

Nein, sie wissen einfach nicht weiter. Sie befinden sich im Ausnahmezustand. Ihre Organisationen sind zwar hochprofitabel, aber sie zehren von dem, was sie einmal erreicht haben. Ein Bereichsleiter sagte zum Beispiel: „Wir sind mit unserem Produkt noch Marktführer, aber der Abstand zum Wettbewerb wird seit zehn Jahren geringer und geringer. Seit zehn Jahren gibt es keine nennenswerte Innovation in unserem Produkt.“

Viele mittlere Manager, die uns um Hilfe bitten, sagen unisono:

       Wir liefern nicht schnell genug.

       Die Mitarbeiter sind nicht motiviert.

       Wir kennen den Status der Projekte nicht.

       Die Qualität des Gelieferten reicht nicht.

       Die Zahl der Krankenstände ist extrem hoch.

       Wenn es wirklich darauf ankommt, sind Mitarbeiter nicht mehr bereit, abends länger zu bleiben.

Sieht ganz so aus, als wären wir am Ende unseres Managementlateins. Die Mitarbeiter lassen sich nicht mehr so einfach dirigieren, wie man es gerne hätte. Trotz der Erfolge und Errungenschaften stellt sich die Frage: „Wie gelingt Führung heute?“

Selbstorganisation braucht Führung

Die Manager, mit denen wir heute reden, spüren instinktiv: Etwas stimmt nicht. Ihre Unternehmen verdienen besser als je zuvor, das System ist optimiert und funktioniert. Und doch knirscht es irgendwo.

Die meisten Unternehmen haben sich verselbstständigt, sie sind zu Maschinen geworden und liefern – aber immer das Gleiche. Interne Prozesse werden nicht schlanker, sondern bürokratischer. Gleichzeitig verändert sich draußen der Markt. Für alle wird es spürbar anspruchsvoller: Die Kunden wollen immer schneller das Neueste und der Wettbewerbsdruck steigt. Das, was gerade noch genügte, um Kunden zufriedenzustellen, reicht bei weitem nicht mehr oder wird bald nicht mehr reichen. Dieses Gefühl kriecht wie ein Nebel unter die Haut und man versucht, sich warm anzuziehen. Die Furcht wächst, nicht mehr mithalten zu können. Einige Top-Manager beginnen, den internen Druck zu erhöhen, weil sie nach draußen schauen und bemerken: Da dreht sich was. Die Folge ist der neue und gleichzeitig alte Anspruch: Projekte sollen schneller fertig werden, schließlich besteht der Markt darauf. Das Thema heißt Beschleunigung.

Neben dem äußeren Druck lässt sich auch in den Unternehmen selbst ein Phänomen beobachten: Die Verantwortung, die an die Mitarbeiter delegiert wurde (Ken Blanchards berühmter Affe, den der Manager dem Mitarbeiter auf die Schulter gesetzt hat), wird immer wieder auf die Schultern des Managers zurückgesetzt (vgl. Blanchard, Oncken, Burrows 2002). Obwohl Manager nach den vielen einschlägigen Seminaren zu gläubigen Win-Win-Strategen geworden sind und das gebetsmühlenartig geforderte kollaborative Arbeiten gerne umsetzen würden, erleben sie, dass ihre Mitarbeiter diese Verantwortung gar nicht wollen. Am Ende soll doch wieder der Manager entscheiden, was und wie es gemacht wird. Dabei hieß es doch: Macht Betroffene zu Beteiligten, um ihr Potenzial richtig zu nutzen! Deshalb lassen Manager ihre Mitarbeiter ganz bewusst alleine und erwarten lediglich, dass sie ihre Arbeit tun. Doch das Resultat ist das Gegenteil von dem, was die Manager erwarten. Die Kollegen rufen nicht begeistert „Hier!“ und machen mit, sondern verabschieden sich mit Burnout in die Auszeit.

Vielleicht fragen Sie sich das auch: Woran liegt es, dass Projekte einfach nicht fertig werden? Und das, obwohl Teams großzügig planen, obwohl auf die geschätzten Aufwände ein stattlicher Puffer aufgeschlagen wird und obwohl man sich an alle Prozesse und Vorschriften hält. Immer wieder wird verschoben, ständig muss der Scope reduziert werden und gleichzeitig hat man nicht das Gefühl, dass sich die Mitarbeiter so richtig ins Zeug legen. Und so sitzt vielen Managern die Angst im Nacken, weil sie sehen, dass ihre Teams nicht auf voller Leistung laufen. Die Erwartungen, die an sie und ihre Teams gestellt werden, werden nicht mehr erfüllt und immer länger werden die Meetings, in denen sie sich dafür rechtfertigen müssen. Wir kennen viele Unternehmen, in denen die Verantwortlichen aus Marketing oder Sales lieber mit externen Zulieferern arbeiten als mit den eigenen Produktentwicklungsabteilungen. Nach dem Grund gefragt, heißt es dann: „Die liefern ja sowieso nie!“ Leider haben sie damit oft recht. In vielen Unternehmen ist es vor lauter Bürokratie nicht mehr möglich, von der internen IT die notwendigen Leistungen zu bekommen. Daher wird in manchen Projekten und Unternehmen bewusst an der eigenen IT vorbeientwickelt, damit endlich etwas fertig wird. Die Konsequenz: Das Vertrauen in die eigene Mannschaft sinkt. Es ist nicht die Angst vor dem Jobverlust, die Manager mürbe macht. Nein, der ständige Rechtfertigungszwang belastet das Gewissen. Warum sind Mitarbeiter nicht motiviert, sondern demotiviert und warum lehnen sie Verantwortung ab, statt sie zu übernehmen?

Meine eigene Erfahrung

Sogar in meinem eigenen Unternehmen, in dem jeder selbst darüber entscheiden darf, was, wie viel und wie lange er arbeitet, gingen einige Mitarbeiter zum Arzt, weil sie sich überfordert fühlten. Die Freiheit, die diese Menschen bekommen hatten, trieb sie zur Verzweiflung. Einerseits konnten sie alles tun, was sie wollten, und andererseits wollten sie so viel auf einmal, dass sie dabei vergaßen, auf sich aufzupassen. Sie konnten mit der Freiheit nicht umgehen.

Es ging so weit, dass mir im zweiten Lebensjahr meines Unternehmens sehr deutlich gesagt wurde: „Du musst uns mehr anerkennen.“ Ich war vor den Kopf gestoßen. Weil ich meine Leute so toll fand, war ich mit allen für eine Woche nach Mallorca geflogen. Dort wollte ich ihnen die Chance geben, die Zeit so zu gestalten, wie sie es für richtig hielten. Sie sollten in ungezwungener Atmosphäre das Unternehmen zum optimalen Arbeitsplatz für alle formen. Stattdessen hagelten Vorwürfe auf mich ein, auf die ich mir einfach keinen Reim machen konnte. Wenn es auch nicht die höchsten in der Branche waren, zahlte ich doch ziemlich gute Gehälter, bildete alle in Scrum aus und sagte ihnen ständig, wie toll sie waren. Wie sollte ich denn noch mehr zeigen, dass ich die Leistung meines Teams anerkannte? Warum reichte das nicht? Hatte nicht ich auch einen Deal mit ihnen? Ich kam meinen Verpflichtungen nach und eröffnete die Chance auf Mitbestimmung. Ich war kein despotischer, ungerechter Chef und hatte ich dafür nicht eine Gegenleistung in Form von Mitmachen verdient? Also das ständige Bestreben meiner Mitarbeiter, besser zu werden. Wieso brauchte es denn noch mehr: Anerkennung, Lob, Zuwendung und Bequemlichkeit?

Was hatte ich falsch gemacht? Ich hatte doch daran geglaubt, dass Kreativität und Leistung in einem einladenden Umfeld von selbst entstehen. Die Antwort war: Ich hatte zu sehr an die Kraft der Selbstorganisation geglaubt. Ich wusste nicht, dass Selbstorganisation ohne Führung zum Scheitern verurteilt ist.

Dieses Paradoxon trieb mich um. Ich fiel im Sturzflug ins Tal der Tränen. Heute, nachdem ich aus diesem Tal wieder herausgeklettert bin, stehe ich auf dem nächsten Berg, blicke in andere Unternehmen und sehe diese Paradoxie fast überall. Sie lässt Manager ohnmächtig mit ihren Teams allein. Welcher Sand ist da ins Getriebe geraten? Wieso funktionieren die Teams nicht, die in die Freiheit der Selbstorganisation entlassen wurden?

1.1Die Dimensionen des Dilemmas1.1.1Die erste Dimension: die Effizienzfalle

Meine einfache Antwort: Wir haben unsere Organisationen zu Ende optimiert. Sie sind durch die traditionellen Managementmethoden zu hocheffizienten Maschinen geworden, und diese Effizienz führt nun zu komplexen Problemen, die durch die traditionellen Managementmethoden nicht mehr gelöst werden können. Schauen wir uns die Verhältnismäßigkeiten, die Strukturen und Arbeitsbedingungen genauer an.

In vielen Großunternehmen müssen die Mitarbeiter Höchstleistungen liefern. Mit weniger Personal als je zuvor werden höhere Gewinne als je zuvor erzielt. Möglich ist das häufig nur, weil

1.      die eigentliche Produktion des ewig Gleichen in Billiglohnländern passiert und

2.      die Automatisierung das ewig Gleiche wesentlich effizienter abwickelt, als es menschliche Arbeitskräfte könnten.

Solange sich draußen a) nichts Gravierendes verändert und es b) für den Kunden keine wirklichen Produktalternativen gibt, geht alles gut. Doch die Gewinne fließen nur so lange, wie es dem Mitbewerber nicht gelingt, das Gleiche günstiger anzubieten. Wird es aber plötzlich eng am Markt, splittert beim weiteren Optimieren das Holz. Dann dreht sich die Schraube nur noch durch – egal wie kräftig man daran dreht. Mehr vom ständig Gleichen bewirkt in jedem System eine Sättigung. Weiteres Optimieren bringt keine weiteren Gewinne. Am Ende bleibt der Kollaps.

Ich übertreibe? Nokia war einmal der weltgrößte Hersteller von Mobiltelefonen, hatte die besten Handys der Welt und die Kunden liebten die Produkte. Nokia verdrängte Siemens vom Markt, Nokias Betriebssystem war einfacher und intuitiver. Und plötzlich schickte Steve Jobs mit dem iPhone aus dem Nichts eine völlig neue Kategorie von Mobiltelefonen ins Rennen. Apple fuhr gigantische Gewinne ein und schubste Nokia vom Markt. Google, Samsung und LG liefern dazu die Generika – mit einem anderen Betriebssystem, aber mit dem gleichen Nutzen. Heute ist Nokia ein Nischenanbieter und versucht sein Comeback mit Retrodesign.

Die Zeichen sind deutlich genug. Organisationen stehen vor der entscheidenden Herausforderung: Die Globalisierung bringt unzählige neue Spieler auf den Markt und Wettbewerbsvorteile schwinden schneller dahin, als man sie schaffen kann. „Commoditization“ ist dabei die eine Seite der Medaille. Das immer Gleiche wird vor allem von asiatischen Anbietern schneller und billiger angeboten. Viele Produkte werden heute ausschließlich und günstiger in China hergestellt. Wer einmal auf Alibaba eingekauft hat, sieht es sofort. Gleichzeitig werden viele westliche Unternehmen, die China einst als ihre Werkbank genutzt haben, von genau dieser Werkbank in puncto Innovation überholt – von den Solarpaneelen bis hin zur 5G-Infrastruktur. Ohne chinesische Infrastruktur, die besser und moderner als in Europa und den USA ist, kommen Projekte hierzulande nicht mehr an den Start. Das alles passiert so schnell, dass wir beim Verschwinden von Unternehmen zuschauen können. Das ist früher auch passiert, aber die Schlagzahl ist heute eine andere. Das erzeugt Druck und dieser Druck wird auf allen Ebenen spürbar. Die Konsequenz: Organisationen müssen schneller und flexibler reagieren können.

In vielen Chefetagen hat man das schon lange verstanden. Ein prominentes Beispiel ist Herbert Diess, Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG, der in einem Interview mit Gabor Steingart sagt, dass sein Vorbild für die Zukunft Elon Musk sei, nicht aber die Innovationskraft der deutschen Wettbewerber (Steingart 2021). Erst mit einiger Verzögerung kommen ähnliche Einsichten nun im mittleren Management an.

So ganz will es das mittlere Management dennoch nicht wahrhaben. Zu einem unserer Kunden wurden wir von einem Abteilungsleiter gerufen, weil die Chefetage forderte, das Unternehmen agil zu machen. Auf die Frage, warum denn das Unternehmen agil werden solle, war seine Antwort: „Damit sich die Time-to-Market verbessert.“ Sofort fügte er hinzu: „Es geht derzeit nur darum, sich allmählich damit zu beschäftigen, wie wir schneller liefern können – es ist noch nicht wirklich nötig.“ Als ich fragte: „Was soll schneller geliefert werden?“, kam die Antwort: „Das gleiche System, das schon funktioniert, aber es soll flexibler werden.“ Ich bohrte nach: „Warum muss schneller geliefert werden?“ Der Abteilungsleiter erwiderte: „Es gibt kleinere Unternehmen, die etwas Ähnliches machen. Nischenprodukte – da können wir nicht mithalten. Aber noch ist das keine Bedrohung.“ Ob das die Manager bei Nokia auch geglaubt haben?

Natürlich haben die Denker der renommierten Wirtschaftsschulen dieser Welt eine Antwort darauf: Unternehmen müssen noch schneller darin werden, ihre Mitarbeiter umzuschichten. Sie müssen sich darauf einstellen, Lieferantenbeziehungen, neue Technologien und neue Mitarbeiter schnell zu integrieren und wieder entlassen zu können – ein Unternehmen müsse sich permanent verändern und wandeln. Es gibt Ideen zu lose gekoppelten Netzwerken aus Freiberuflern, damit Organisationen immer so viele Leute haben, wie sie gerade brauchen. Das Bild dazu ist die vollkommen als Projekt gemanagte Organisation, die flexibel Wissensarbeiter dann einsetzt, wenn sie gebraucht werden. Warum? Weil das aktuelle Geflecht aus Wissensarbeitern, intern wie extern, niemals ständig passend auf die Anforderungen des Markts reagieren kann.

Diese Denkweise ist folgerichtig, wenn wir im industriellen Paradigma bleiben, das uns Alfred P. Sloan und Frederick Taylor hinterlassen haben: Nur Unternehmen, die auf Volllast laufen, produzieren profitabel. Dieses Mantra mussten wir uns 80 Jahre lang anhören. Dank Toyota haben Organisationen dann noch gelernt, wie sie sich mager – lean – hungern müssen, um noch profitabler zu sein. Sie haben sowohl ihre internen als auch externen Abläufe so optimiert, dass alles just-in-time funktioniert. Sie waren dabei so konsequent, dass jede Form von Speck eliminiert wurde. Sogar ihre Lieferantennetzwerke wurden auf Teufel komm raus optimiert. Jeder liefert so günstig und effizient wie möglich. Die Folge: Abhängigkeiten von den Dienstleistern, die nahe am Ausgeliefertsein sind. Zusätzlich reicht noch die Hand des Gesetzgebers bis in die Beziehungen zwischen Unternehmen und ihren Lieferanten hinein. Es sind lauter logische Ideen, die aber ein starres System erzeugen, das bestens funktioniert, solange es keine Änderungen gibt. In diesen Geflechten, in diesen Ökosystemen, sitzen Unternehmen aber genau dann in der Falle, wenn ein anderes Ökosystem ein neues, besseres Produkt anbieten kann. Sehen wir der Tatsache ins Auge: Organisationen sind optimal aufgestellt für das, was sie gerade tun – aber nicht für das, was sie morgen tun sollen.

Meistens sickert diese Nachricht, wenn die Gewinne geringer werden. Wenn dem mittleren Management langsam bewusst wird, dass dieses Netz angegriffen wird, werden die immer gleichen Methoden herangezogen: Die Kosten sollen noch weiter gesenkt werden, die Prozesse noch straffer gezogen und noch mehr geleistet werden. Doch die alten Muster sind falsch! Der Reflex des antrainierten und automatisierten Verhaltens ist nur in Situationen richtig, die sich wiederholen. Wenn vor mir der Löwe steht: erst schießen, dann denken. Reflexe sind geeignet, das eigene Leben zu verlängern und daher in bekannten Situationen adäquat. Doch wenn man sich in einer neuen, noch nie dagewesenen Lage befindet, sollte man diese Reflexe ausschalten und durch Bedachtsamkeit und Neuorientierung ersetzen, Panik durch kühle Überlegung, Reaktionsmuster durch das Vertrauen auf den eigenen Verstand und die eigene Intuition.

Wie kommt man raus aus der Effizienzfalle? Für den Ausweg müssten Manager eines verstehen: Kosten reduzieren, noch mehr sparen, noch schneller werden – das erzeugt keinen Durchbruch. Durch Effizienz allein entsteht weder ein neues Produkt noch ein neues Managementsystem. Erst die Überlegung, was eine Organisation wirklich braucht, was der gegenwärtige Trend am Markt ist, welche Bedürfnisse der Kunde hat und was zwar in der Vergangenheit erfolgreich war, es aber in Zukunft nicht mehr sein wird – das erzeugt die Chance auf Veränderung.

Dieses Denken braucht eine interne Kultur, die ständig wachsam ist. Gebraucht werden Managerinnen und Manager, die Entwicklungen im Auge behalten, statt weiter die Effizienz zu optimieren. Sie müssen neue Strukturen erschaffen, die

1.      gesellschaftliche Trends ins Unternehmen holen und die Mitarbeiter immer wieder über die Vorgänge in der Umwelt informieren.

2.      Anreizsysteme bereitstellen, in denen Mitarbeiter dafür anerkannt werden, wenn sie sich mit dem Geschehen am Markt beschäftigen. Ich werde später zeigen, dass es nicht um „Anreizsysteme“, sondern um Anerkennungssysteme gehen sollte.

3.      Dringlichkeit spürbar werden lassen.

Doch die Realität sieht anders aus. Während in den einen Unternehmen noch immer hinter verschlossenen Türen gearbeitet wird, erzeugen in anderen Unternehmen die lounge-ähnlichen Arbeitsplätze und ein falsch verstandenes „New Work“ eine gewisse Bequemlichkeit und das Gefühl von Sättigung und Wohlstand. Dermaßen eingelullt sieht niemand die Notwendigkeit, kreativ werden zu müssen. Überbequeme Arbeitsplätze schaffen eine Versorgungsmentalität.1

Das soll nicht heißen, dass wir die Arbeitsschutzbestimmungen oder die Errungenschaften der Gewerkschaften nach unten nivellieren und ignorieren müssen. Angenehme Arbeitsbedingungen sind hilfreich, auch fürs Denken. Aber wie kommen wir aus dem Paradoxon heraus? Wie schaffen wir eine Organisation, die flexibel auf den Markt reagiert und ihn sich selbst ständig neu erschafft, weil das Alte von den Mitbewerbern sofort kopiert und manchmal besser gemacht wird? Wie gelingt es, dass sich Mitarbeiter nach außen statt nach innen orientieren? Wie schaffen wir es, dass Mitarbeiter diese Herausforderungen als Chance und nicht als Belastung empfinden?

Diese Fragen versuchen wir in diesem Buch zu beantworten. Doch sehen wir uns zunächst die weiteren Dimensionen des Dilemmas an.

1.1.2Die zweite Dimension: Engagement

Möglicherweise teilen Sie unsere Beobachtung, dass viele Mitarbeiter ihre Ideen und Kenntnisse an der Eingangstür abgeben. In der Softwareentwicklung ist es am deutlichsten zu sehen: Viele Software-Ingenieure arbeiten ihre acht Stunden ab, erfüllen gezwungenermaßen ihren Job, sind davon aber nicht erfüllt und toben sich daher am Abend beim Schreiben eigener Software oder in einem Open-Source-Projekt aus. In ihrer Freizeit scheinen sie alles zu bekommen, was ihnen wichtig ist:

1.      Eine sinnvolle Aufgabe;

2.      die Chance, arbeiten zu können, wann und wie viel sie wollen und

3.      die Anerkennung der Community.

Dieser sogenannte „Cognitive Surplus“ (Al-Ani 2013) fließt nicht dem Unternehmen zu, in dem diese Software-Ingenieure angestellt sind, sondern er wird an anderer Stelle eingebracht. Das lässt sich so ähnlich auch in anderen Bereichen beobachten: Mein Suchmaschinenoptimierer arbeitet in seiner Freizeit für seine eigenen Kunden, obwohl er bei einer Marketing-Agentur angestellt ist. Er bietet einen Service an, den er im Grunde im Rahmen dieser Agentur anbieten könnte. Menschen recherchieren, schreiben und editieren stundenlang Texte für Wikipedia. Tausende Stunden unbezahlter Arbeit, nur um den eigenen Kopf zu benutzen, der nicht völlig ausgelastet ist. Die Menschen tragen in diesen Stunden etwas bei, was sie in ihren Jobs offenbar nicht beitragen können und es lässt sich auch nicht jedes Interesse am Arbeitsplatz befriedigen. Auch bei borisgloger consulting machen Kolleginnen und Kollegen neben ihrem Beruf noch andere Dinge. Das ist vollkommen in Ordnung, solange es sich dabei nicht genau um jene Aufgaben handelt, die eigentlich in unserem Unternehmen erledigt werden sollten.

Ich begann mit meinen Kolleginnen und Kollegen darüber zu reden, wie wir Bedingungen schaffen können, um diesen Impuls zu nutzen. Menschen werden nur gut in dem, was sie gerne tun, und sie werden auf lange Sicht nur tun, was sie gerne tun. Gerne tun Menschen aber nur das, worin sie eine Befriedigung finden. Gelingt es einer Führungskraft nicht, diese Bedingungen herzustellen, gehen Mitarbeiter im schlimmsten Fall in die innere Kündigung, nutzen ihr Potenzial im besten Fall an anderer Stelle oder werden krank. In jedem dieser Fälle ist für niemanden das Optimum erreicht.

Warum muss ich als Unternehmer so denken? Aus reiner Menschenfreundlichkeit? Wenn ich schwarz-weiß argumentieren würde, könnte ich sagen: „Naja, ich habe sie ausgebildet, das war teuer. Jetzt sind sie ein echtes Asset für die Firma. Diese Investition muss geschützt werden.“ Ja, da ist etwas Wahres dran. Unternehmen brauchen die Kreativität ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um am Markt bestehen zu können. Wenn sie ihre Kreativität nicht einbringen dürfen oder können, verlieren wir den Return on Assets an die Freizeit und manchmal entstehen dabei sogar Konkurrenzprodukte.

Es ist eine ernsthafte Bedrohung: Ausgebildet und bezahlt wurde und wird der Mitarbeiter vom Unternehmen, in dem er angestellt ist. Ayad Al-Ani ist der Meinung, dass Unternehmen in Zukunft ihre Projekte im Crowdsourcing-Modus abwickeln werden, in einem Netzwerk aus echten oder gezwungenermaßen Selbstständigen. Schon heute werde das zum Beispiel bei Procter & Gamble, Coca-Cola und einigen IT-Unternehmen so gehandhabt. Weil sie im normalen Arbeitsalltag nicht an die Kreativität ihrer Mitarbeiter kommen, zapfen sie diese eben in der Freizeit an. Laut Al-Ani würden die Menschen ihre eigenen CEOs werden (müssen). Auf die Frage, wer dann in den Unternehmen noch den Nachwuchs ausbilden würde, antwortet Al-Ani: „Die meisten Unternehmen können und wollen immer weniger langfristig Verantwortung für die Menschen übernehmen. Wenn ich mein eigener CEO bin, muss ich auch für meine Ausbildung sorgen.“ (Hergert 2014)

Es ist zu bezweifeln, dass es auf diese Weise wirklich funktionieren wird. Unternehmen wären dann darauf angewiesen, das zu produzieren, was die Crowd hergibt. Innovation wäre dem Zufall überlassen, wenn sich eben die passenden Ideen aggregieren lassen, und Unternehmen könnten nur schwer einen eigenen Kurs fahren. Mit solchen „Pop-up-Mitarbeitern“ lässt sich wohl kaum ein eigener Stil, geschweige denn eine eigene Kultur und Identität aufbauen.

Halten wir an dieser Stelle fest: Die Mitarbeiter, deren Potenzial die Organisation dringend benötigt, setzen ihre Energie außerhalb der Organisation ein. Warum tun sie das? Die Antwort liegt auf der Hand: Weil wir als Manager und Managerinnen scheinbar keine Bedingungen schaffen, in deren Rahmen sich Mitarbeiter mit demselben Engagement und derselben Kreativität einbringen können und wollen. Die Kreativität ist es aber, die wir von einem Wissensmitarbeiter – einer Ingenieurin, einem Designer oder einer Softwareentwicklerin – wollen. Stattdessen bekommen wir gelangweilte Mitarbeiter, die möglicherweise ihren Job verrichten, aber ihre eigentliche Leistungsfähigkeit nach Feierabend zeigen.

Sie werden jetzt vielleicht entgegenhalten: „Moment, sollen wir den Mitarbeiter über seine Arbeitszeit hinaus ausbeuten?“ So könnte man meine Schwarz-Weiß-Malerei verstehen. Nein, wir sollen sie natürlich nicht ausbeuten oder dazu zwingen, nur mehr im Rahmen ihres Angestelltenverhältnisses kreativ zu sein. Doch wir brauchen ihre Ideen für unsere Unternehmen. Es geht ganz und gar nicht um den Profit oder das eingesetzte Kapital. Vielmehr geht es darum, uns alle – Mitarbeiter, Management und Unternehmen – gesund zu halten!

1.      Arbeit macht einen großen Teil unseres Lebens aus. Studien zeigen, dass Langzeitarbeitslose ihr Selbstvertrauen verlieren, weil sie sich nicht gebraucht fühlen. Arbeit ist für Menschen, zumindest in unserer Gesellschaft, wichtig, um gesund zu bleiben. Sollten wir uns dann nicht auch in unseren Jobs gesund arbeiten? Sollten wir Arbeit nicht als lustvoll empfinden und uns dabei entfalten und selbst verwirklichen können? Ich denke schon. Wenn Menschen aber bereits innerlich gekündigt haben, also viele Stunden ihres Lebens sinnentleert und in größter Unzufriedenheit erleben, so ist das sich Ausleben in der Freizeit doch nichts weiter als ein Schutzmechanismus, um gesund zu bleiben. So ähnlich wie die Tatsache, dass wir viele Stunden unserer Freizeit in Fitnessstudios oder beim Joggen durch den Park verbringen, weil wir durch das ständige Sitzen und falsche Essen unserer Gesundheit schaden. Arbeit soll lustvoll sein, Freude bereiten und damit sowohl den Einzelnen als auch das Unternehmen weiterbringen. Die Arbeit sollte kein notwendiges Übel sein, sondern etwas, das der Einzelne im Idealfall liebt und als lustvoll erlebt. Etwas, wofür er genug Geld bekommt, um sein Leben erfolgreich bestreiten zu können. Wenn sich der Einzelne einbringen will und kann, wird daraus ein Miteinander für die Gemeinschaft des Unternehmens.

2.      Wenn diese Voraussetzung gegeben ist, wird der eigentliche Unternehmenszweck – die Problemlösung für den Kunden mithilfe der Kreativität der Mitarbeiter – für alle auch finanziell belohnt. Von Luft, Liebe und gutem Willen allein kann niemand leben. Es ist also ein Perpetuum mobile: Die Mitarbeiter eines Unternehmens schaffen aus sich heraus die Bedingungen, die wiederum dazu führen, dass sie bleiben können, indem sie das Überleben des Unternehmens sichern. Die Probleme, die in der Welt zu lösen sind, können nur durch Unternehmen und Unternehmertum gelöst werden. Deshalb brauchen wir Unternehmen, die sich erhalten können, weil sie immer wieder neue Probleme aufdecken und diese lösen.

1.1.3Die dritte Dimension: die demografische Struktur

Organisationen stehen vor einem entscheidenden Umbruch: Sie überaltern. Zahlenmäßig werden die jüngeren Mitarbeiter, die bereits in der vernetzten Welt aufgewachsen sind, nicht mehr lange unterlegen sein. Aus ihren Schul- und Unitagen haben die Vertreter der „Generation Y“ Freunde auf der ganzen Welt, Twitter, WhatsApp, Instagram und TikTok sind für sie selbstverständlich. Sie haben zwar neue Ideen und wollen anders arbeiten, aber gegen den Einfluss der alten Hasen, der „Boomer“, haben sie keine Chance. Sie stehen noch nicht auf den hierarchischen Stufen, von denen aus sie etwas fundamental verändern könnten. Gegen die Mentalität der „Generation Me“2 können sie noch nicht wirklich angehen.

Wie man auch bei der Bundestagswahl 2021 gesehen hat, wählen die Generationen unterschiedlich – sie haben andere Bedürfnisse. In China boomt die Silver Economy, also das Geschäft mit den Alten (siehe SCMP Research 2021).

War das früher denn anders? Wahrscheinlich schon, denn die Babyboomer waren bei gleichzeitigem Unternehmenswachstum den damaligen alten Hasen zahlenmäßig weit überlegen und haben Unternehmen in den 1990ern zu Versorgungsanstalten umgebaut, wie es Simon Sinek in „Leaders Eat Last“ darstellt (Sinek 2014). In den meisten Unternehmen unterstützen die bestehenden Strukturen derzeit noch die alternden Babyboomer in ihren Machtpositionen. Neue und kreative Impulse werden unter anderem deshalb nicht zugelassen, weil die Älteren die Möglichkeiten nicht verstehen, die im Befähigen der Mitarbeiter zur Eigenverantwortung und in der Zusammenarbeit stecken – sie empfinden es als Bedrohung ihrer Pfründe. Natürlich geraten damit die erarbeiteten Privilegien auf den Prüfstand. Gerade in Unternehmen, in denen agile Formen des Projektmanagements und der Produktentwicklung eingeführt werden sollen, ist der Widerstand des mittleren Managements groß. Denn diese Form der Arbeit stellt vollkommen neue Anforderungen an die Manager, denen sie nicht gewachsen sind und die ihre Machtpositionen angreifen.

Das Killerargument lautet dann meistens: „Die Neuen sollen erst einmal lernen, wie das Leben so ist.“ Die Trendexpertin Birgit Gebhardt stellte in einem Vortrag zum Thema „Drei Generationen im Büro – Konflikte, Vorurteile, Chancen“ fest, dass die junge, medienaffine Generation bereits die soziale Vernetzung praktiziert, die der Forderung der Unternehmen nach Informationstransparenz und Wissenswettbewerb entspricht. Diese Generation pralle aber auf zwei Generationen, die noch im Modus der Industrialisierung ausgebildet und unter starkem Wettbewerbsdruck am Arbeitsplatz sozialisiert worden seien. Sie äußerte die Befürchtung, dass die älteren Generationen erst die Unternehmen verlassen müssen, damit sich das neue Denken und die neuen Formen des Arbeitens durchsetzen können.

Als Manager aus der Generation Me stehen wir nun vor dem Dilemma, dass wir selbst oft gar nicht wissen, wie man diese neuen Impulse und das Potenzial dieser Generation nutzt. Flexible Organisationsformen oder Chatsysteme werden vom Management oft gar nicht zugelassen, weil sie gegen Richtlinien verstoßen könnten oder es Sicherheits- und Produktivitätsbedenken gibt. Doch die Überalterung hat noch eine weitere Dimension: Vor allem Großunternehmen werden in den nächsten Jahren viele ältere Mitarbeiter an den Ruhestand verlieren. Am anderen Ende fehlen die jungen Menschen, die nachrücken könnten. Es besteht die Gefahr, dass die wenigen Neuen ihre Jobs als Systemerhalter verrichten, wenn das einzig halbwegs Reizvolle an diesen Jobs das Gehalt bleibt und sich sonst nichts Grundlegendes ändert. Nur, wie verteilen wir die viele Arbeit auf immer weniger Köpfe? Noch mehr Automatisierung, noch effizientere IT-Systeme? Sicher eine Möglichkeit, aber dann tauschen wir wieder Kreativität gegen stupides Abarbeiten von Prozessen aus. Wenn es nur darum geht, die gleiche Arbeit effizienter zu machen, wird es wieder darauf hinauslaufen, dass wir mit den alten Mustern der Kostenoptimierung jede Form von kreativer Begeisterung im Keim ersticken.

Der Weg, der aus dem Dilemma hinausführt, kann nur quer dazu verlaufen. Das System mit den alten Methoden bei gleichzeitig weniger Kollegen weiterlaufen zu lassen, hat an irgendeinem Punkt seine Grenze. Das wissen wir aus der Sättigungskurve aller biologischen Systeme. Wenn wir die Kontexte, die Art der Arbeit, nicht ändern, werden wir auf keine neuen Ideen kommen. Optimierung schafft per se noch nichts Neues. IT-Systeme können nicht kreativ werden, keine neuen Prozesse erschaffen, keine neuen Abläufe kreieren und keine neuen Probleme der Kunden lösen. Dazu werden Menschen gebraucht, die sich immer wieder neu den Herausforderungen stellen können, die zusammenarbeiten und innovative Lösungen finden.

Wenn wir, die 1955 bis 1969 Geborenen, verlangen, dass die Menschen der Generation Y die Dinge genauso tun wie wir (also für den Schreibtisch leben und öde Jobs erhalten, um den Wohlstand der überalternden Gesellschaft zu sichern), dann werden wir verlieren, weil diese Generation niemals die Produktivitätssteigerungen erzielen kann, die wir für die Sicherung unseres Wohlstands brauchen. Wenn wir es in den kommenden Jahren mit weniger, aber besser ausgebildeten Menschen zu tun haben werden, müssen wir einige Dinge vollkommen anders anpacken. Uns Babyboom-Managern wird nichts anderes übrig bleiben, als über unseren Schatten zu springen und den jungen Kollegen dabei zu helfen, neue Wege zu finden und sie zu gehen.

1.1.4Die vierte Dimension: sinnvolles Beteiligen oder verwöhnen?

Die Generation Y fordert auch eine neue Form der Beteiligung an der Organisation. Ihre Vertreterinnen und Vertreter wollen anders arbeiten, denn sie sind nicht mehr ohne Weiteres bereit, ihre besten Jahre zwischen 25 und 40 auf der Karrierejagd zu verbringen. Diese Karotte funktioniert schon deshalb nicht mehr, weil diese Generation erlebt, wie wir, die Eltern und Verwandten, an Bore-out, Burnout, Herzinfarkt und Überfettung leiden. Geld kann das möglicherweise erträglicher machen, aber das müsste es nicht, wenn das Arbeiten selbst zu einem erfüllten Leben beitragen würde. Die jungen Menschen von heute wollen ein angenehmes Gleichgewicht zwischen Beruf und Privatleben. Sie wollen sich mehr um ihre Kinder kümmern und das Aufwachsen ihrer Kinder erleben. Karriere hat für sie nicht mehr unbedingt etwas mit imposanten Titeln zu tun. Karriere ist, wenn man sich in seinem Leben wohlfühlt und Spaß an seiner Arbeit hat. Das klingt zunächst einmal schön – bei genauerem Hinsehen zeigen sich aber einige Widersprüche.

In den letzten 20 Jahren ist das durchschnittliche Alter beim Eintritt in das Arbeitsleben deutlich gestiegen. Junge Menschen sind heute besser ausgebildet als jemals zuvor, denn ihre Eltern haben viel Geld und Zeit in sie investiert. Sie haben ihnen beigebracht, sich besser um sich selbst zu kümmern und selbstbewusste Forderungen zu stellen. Die Lebensumstände dieser Generation sehen völlig anders aus: Schon als Kinder haben viele von ihnen die Welt bereist. Ihre Hobbys werden von den Eltern gefördert und neue Technologien haben für sie nichts Erschreckendes oder Mysteriöses (wie noch für so manche Vertreter meiner Generation), sondern sind eine Selbstverständlichkeit. Über die sozialen Medien teilen sie allerdings Informationen über die Arbeitsbedingungen in Unternehmen. So wie Gäste ihre Urlaubshotels bewerten, werden heute Arbeitgeber für alle sichtbar bewertet. Headhunter haben es dank Xing und LinkedIn leichter als je zuvor, kompetente Menschen zu erreichen (das nennt sich dann Direktansprache) und aus ihren aktuellen Arbeitsverhältnissen zu locken. Sowie es am Arbeitsplatz knirscht, verwenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das dann durchaus als Druckmittel. Wenn man dem oder der Vorgesetzten einen Tiefschlag versetzen will, sind diese Portale das geeignete Mittel. Vielleicht unfair, aber Ausdruck der klaren Haltung: „Ich will schneller nach oben.“

Paradoxerweise wollen sie das tatsächlich – zumindest nach meiner Erfahrung. Bei allem Streben nach optimaler Work-Life-Balance sehen sie sich dennoch in gehobenen Positionen und wollen den Status erreichen, den ihnen ihre Eltern vorgelebt haben. Dazu trägt natürlich bei, dass die Instagram-Generation mit der überbordenden Bilderflut der schönen und ach so erfolgreichen Influencer aufwächst. Obwohl diese neue Generation vom harten Alltag noch nicht wirklich etwas weiß, zeigt sie wenig Bereitschaft, Anweisungen zu befolgen. Die Eltern, das Schulsystem und die Medien haben sie darauf getrimmt, immer das Beste für sich zu erreichen, sich zu allem selbst eine Meinung zu bilden und auch alles andere abzuwerten. So erzählte mir Robert Frasch, Gründer von Lehrlingspower.at, dass Teenager von ihren Eltern oft mit einer klaren Ansage ins Leben geschickt werden: „Bleib in der Schule und hab gute Noten, sonst musst du sofort arbeiten gehen.“ (Gloger 2021) Obwohl handwerkliche Berufe – auch finanziell – attraktive Alternativen sind, müssen sie von Regierungen, wie zum Beispiel in Österreich, teilweise zu Mangelberufen ausgerufen werden (Bundesministerium für Arbeit 2021). Krisensichere Alternativen zum Studium werden gebrandmarkt und als nicht erstrebenswert betrachtet. Frasch schildert in dem Interview auch noch ein anderes Phänomen: Es wird alles für die Kinder getan und gleichzeitig wird ihr Weg vorherbestimmt: „Du brauchst die beste Ausbildung, du musst ins Gymnasium gehen und du musst es dort schaffen.“ Die Eltern verweigern dem noch nicht volljährigen Nachwuchs die Chance, einen Ausbildungsberuf zu beginnen – nicht deshalb, weil sie nicht das Beste für ihre Kinder wollen, sondern weil es in ihren Augen das Beste ist.

Lässt sich dieses Paradoxon erklären? Einerseits dürfen Kinder also bei allem mitbestimmen – bei Urlauben, beim Spielzeug, beim Essen, beim Schlafengehen. Aber bei einer der wichtigsten Fragen ihres Lebens – „Wofür habe ich Talent und worin möchte ich sehr viel meiner Lebenszeit investieren?“ – wird von vielen Eltern hart durchgegriffen und der eigene Wille durchgesetzt. Die Freiheit, die diese jungen Menschen erfahren, darf sich nur innerhalb von fest umrissenen Bahnen bewegen, die sehr viel mit den bürgerlichen Vorstellungen und Ängsten ihrer Eltern zu tun haben. Ich behaupte, es gibt nur wenige Eltern, die ihre Kinder so ernst nehmen wie die Mutter von Marie-Helen Scharf. Antje Scharf ließ ihre Tochter selbst entscheiden, als diese die Schule verlassen wollte (https://disruptive-bildungsperspektiven.de/freilernen/). Die Mutter dachte zunächst auch, dass der Wunsch ihrer Tochter absurd sei, und gab erst nach einem Jahr nach – dann aber mit vollem Herzen und der ganzen Kraft und Konsequenz, zu der sie fähig war.

Dieses Paradoxon ist es, was uns beim Aufbau von selbstorganisierten Unternehmen so sehr hemmt. Einerseits gibt es die Erwartungshaltung, man solle sich verwirklichen, und andererseits schreibt uns die Gesellschaft noch immer Karriereziele vor, die aus dem letzten Jahrhundert stammen. Warum müssen wir denn alle an der Spitze irgendwelcher Hierarchien stehen oder mehr Geld verdienen als der ehemalige Mitschüler?

Zum Glück durften Kinder in den letzten drei Jahrzehnten ganz anders aufwachsen als vor 60 oder 70 Jahren und zum Glück ist es der Generation, die nun kurz vor der Rente steht, gelungen, selbstbewusste Menschen zu erziehen. Trotzdem huldigt auch die neue Generation im Grunde einem alten Bild: dem Bild des Entrepreneurs, der in seinen frühen Zwanzigern das eigene Unternehmen gründet (oder schon als Pubertierender mit genialen Ideen für Apps reich wird) und der so außergewöhnliche Erfolgsgeschichten schreibt wie zum Beispiel Runtastics-Gründer Florian Gschwandtner, der mit nur 30 Jahren sein boomendes Unternehmen an den Axel-Springer-Konzern verkaufen konnte. Das sind wunderbare Erfolge, doch sie sind gleichzeitig mit der Sichtweise unvereinbar, dass Menschen in einer Organisation dadurch wachsen, dass sie ihre Potenziale entfalten können und dann vielleicht nicht im klassischen Sinne aufsteigen, sondern andere Rollen übernehmen.

Die neue Freiheit hat also oft eine Kehrseite: die Übersteigerung. Zwischen großartigen, motivierenden Arbeitsbedingungen, die völlig zu Recht gefordert werden, und völlig überzogenen Ansprüchen ist es nur ein schmaler Grat. So ist die Generation Y möglicherweise äußerst leistungsorientiert, sie zeigt aber auch eine besonders geringe Frustrationstoleranz. Vielleicht liegt die Ursache dafür gar nicht in der Erziehung, sondern in der Tatsache, dass heute alles gleich und sofort für den eigenen Erfolg bereitgestellt werden muss. Warten können wir doch alle nicht mehr! E-Mails müssen sofort beantwortet werden, viele können einem Gespräch nicht mehr folgen, ohne gleichzeitig unter dem Tisch am Smartphone zu spielen und eine Nachricht nach der anderen zu posten oder zu teilen. Will man etwas haben, bestellt man es gleich online. Braucht man Software, geht man nicht am nächsten Tag in den Laden, sondern lädt sie runter. Wollte man früher ein bestimmtes Buch (so bald wie möglich) lesen, musste man in die Bibliothek, dort einen Zettel ausfüllen und dann zwei Tage später wiederkommen. Heute dauert das zehn Sekunden: Amazon, Buch aussuchen, 1-Click-Download und schon ist es auf dem Kindle.

Für einen Manager ist es also schwierig zu erkennen, wo ein motivierendes, humanes, forderndes und damit produktives Arbeitsklima aufhört und ein verlockend angenehmes, aber unproduktives Klima anfängt. Um nicht die übertriebene Forderung nach Beteiligung – dem „Alles-mitentscheiden-wollen“ – mit dem legitimen und notwendigen mitentscheiden Wollen und Müssen zu verwechseln, muss ein Manager in sich selbst die Balance und das richtige Maß finden. Fehler wird er dabei sicher machen. Zumal die hier beschriebene Situation neu ist und es noch keine Patentrezepte dafür gibt.

1.2Was das Führen heute sonst noch schwer macht

Finanzielle Unabhängigkeit. Als Manager kann man an den nachrückenden Generationen heute noch etwas Interessantes beobachten: hoher Ehrgeiz bei gleichzeitig hohen Verlustängsten. Den von Kindesbeinen an gewohnten Lebensstandard à la Mama und Papa wollen sie behalten. Sie wollen zwei Mal im Jahr in den Urlaub fahren und so bald wie möglich zumindest ein Auto und eine Eigentumswohnung besitzen. Wenn das nicht geht, dann gibt es immer noch Hotel Mama als Rückfallvariante. Der Unternehmer in mir sagt: „Super, dann kann ich ja die Karotte höher hängen. Viel Leistung für viel Geld.“ Leider stimmt das nicht.

Die 20- bis 30-jährigen Talente sind heute rundum abgesichert. Wenn Oma oder Opa bereits verstorben sind oder ins Pflegeheim gehen, erben die Enkel die Wohnung(en) oder das Haus (die Häuser). Weil sich Besitz akkumuliert hat, überschreiben viele Eltern schon zu Lebzeiten diverse Güter, weil sie selbst im eigenen Haus sitzen. Warum die Wohnungen an Fremde vermieten, wenn man die eigenen Kinder einziehen lassen kann. Und von ihnen Miete verlangen – wozu? In vielen ländlichen Gegenden kaufen die Eltern schon Grundstücke für ihre Kinder, wenn diese gerade erst Schreiben und Lesen lernen. Im Speckgürtel von Wien, wo ich wohne, ist das eine prima Investition, denn in 40 Jahren ist ein solches Grundstück ein Vermögen wert – die Kinder haben ausgesorgt.

Natürlich sind nicht alle jungen Menschen so gut abgesichert, aber wirkliche Sorgen müssen sich nur wenige machen: Wer einen der Mangelberufe wählt, Ingenieur wird, Informatik oder Medizin studiert hat, für den ist die Zukunft geritzt. Denn Fakt ist: Wir brauchen diese Absolventinnen und Absolventen. Damit sind Unternehmen aber umgekehrt der wachsenden Gefahr ausgesetzt, dass ihre Mitarbeiter jederzeit zur Konkurrenz wechseln könnten. Schließlich werden sie ja gebraucht – und wenn es ihnen in einem Unternehmen nicht mehr gefällt, gehen sie halt zum nächsten.

Aus der Ferne arbeiten. COVID-19 hat es uns allen sehr plastisch gezeigt: Die Zukunft liegt in der Remote-Arbeit. Erfolgreiche Unternehmen lassen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch nach der Pandemie zuhause arbeiten und garantieren oder finanzieren ihnen sogar das das Homeoffice. Im Wesentlichen hat das – wenn nicht gerade das Risiko einer Infektion besteht – zwei Gründe:

1.      Viele Unternehmen finden die Arbeitskräfte, die sie dringend benötigen, nicht mehr am eigenen Standort. Der beste Grafiker, der beste Ingenieur, der beste Softwareentwickler sitzt nicht immer um die Ecke. Genauso wenig können alle Unternehmen in München, London, Zürich, Wien, New York oder im Silicon Valley eine Niederlassung haben. Es gibt einige wenige Unternehmen, die so attraktiv sind, dass die Mitarbeiter ihren Lebensmittelpunkt an den Standort verlegen. Apple beispielsweise ist davon überzeugt, dass es wichtig ist, die Mitarbeiter im eigenen Gebäude zu haben. Andere wiederum, wie zum Beispiel Automattic, gehen einen ganz anderen Weg und haben keine Büros (Berkun 2013). Jason Fried und David Heinemeier Hansson, die Gründer von 37signals, propagieren diese Form des Arbeitens sogar in ihrem Buch „Remote“ (Fried, Hansson 2013). Als eine Begründung für die absolute Sinnhaftigkeit dieser neuen Organisationsform geben sie an, dass Remote-Worker nicht ständig von anderen Mitarbeitern gestört werden. Stimmt!

2.      Der zweite Grund ist viel profaner: Remote-Arbeit spart Milliarden Dollar und Euro. Microsoft in Wien hat in den vergangenen Jahren die Zahl der Mitarbeiter vergrößert, gleichzeitig aber ein „Arbeite, wo du willst“-System eingeführt und hat nun bei mehr Mitarbeitern weniger Platzbedarf im eigenen Office. Gleiches gilt für viele andere Unternehmen, wie man in der Auflistung von Fried und Hansson nachlesen kann. Der Trend zur Remote-Arbeit ist eine Folge der Verknappung der Ressource Wissensarbeiter. Die Technologie lässt heute Wirklichkeit werden, was vor 20 Jahren vollkommen undenkbar war. Video-Konferenzsysteme waren der reine Luxus – heute können sie relativ problemlos durch kostenfreie Services wie WhatsApp, Google Hangout, Slack oder Skype ersetzt werden. Selbst mit einem Smartphone kann man mit dem Kollegen am anderen Ende der Welt videotelefonieren. Möglicherweise ist die Verbindung nicht immer ideal, wenn man gerade auf der Terrasse sitzt, aber auch das wird sich noch ändern. Die Kommunikation über Grenzen hinweg hat sich für Menschen und Unternehmen dramatisch verbilligt.

Aber natürlich ist da gleich der unwillkürliche Managerreflex: Wie stelle ich sicher, dass der Mitarbeiter am anderen Ende der Leitung arbeitet und nicht im Café sitzt oder ständig im Internet surft? Tatsächlich haben einige Manager bei jedem Abschwächen einer COVID-Welle reflexartig ihre Leute zurück in die Büros geholt und damit wieder zum Stehen im Stau verdonnert. Die lapidare Antwort einiger Autoren lautet: „Man stellt es gar nicht sicher. Das ist nicht notwendig, die Menschen werden schon arbeiten, wenn sie wollen.“

Meiner Meinung nach greift diese Antwort allerdings zu kurz. Die Frage an sich ist unnötig. Sinnvoll ist sie nur noch im Kontext traditioneller Denkansätze. Fragen wir doch mal anders: Muss die Organisation, und damit der Manager, überhaupt sicherstellen, dass der Mitarbeiter arbeitet? Woran sieht man denn, dass der Wissensarbeiter arbeitet? Daran, dass er E-Mails liest?

Diese Frage verlangt eine neue Antwort. Diese Antwort ist aber sicher nicht in der Aussage des Mitarbeiters – „Ich habe zu tun!“ – zu finden. Wir können nicht sehen, ob er zu tun hat, und ein Wissensarbeiter kann gar nicht ständig zu tun haben. Es gibt in jedem Wissensprojekt Zeiten, in denen nicht viel passiert, denn Denken kann man nicht beschleunigen und kreativ ist man auch nicht auf Knopfdruck. Wissensarbeit ist kein kontinuierlicher Prozess, an dem man ständig arbeiten könnte. Ein Produktmanager oder ein Webdesigner sitzt nicht ständig am Rechner und arbeitet an seiner eigentlichen Aufgabe. Das Managen von Teams geschieht nicht dadurch, dass man ständig mit ihnen zusammen ist oder ununterbrochen in Meetings sitzt, nur um zu beweisen, dass man tatsächlich arbeitet. Als Unternehmer arbeitet man vielmehr unentwegt am Unternehmen, viele dieser Tätigkeiten werden aber nicht sichtbar. Das System, also das Unternehmen, kann ja nicht direkt erkennen, dass an ihm gearbeitet wird.

Was macht also die Arbeit des Wissensarbeiters aus? Es bleibt dabei: Seine oder ihre Arbeit kann leider in weiten Teilen nicht beobachtet und kontrolliert werden. Eine verkürzte Antwort an dieser Stelle: Der Manager wird ein System etablieren müssen, in dem der Mitarbeiter produktiv arbeiten kann, ohne von einem Manager oder einer Zeiterfassung kontrolliert zu werden. Daher wird er ein Auge darauf haben müssen, dass seine Mitarbeiter liefern.

Die Herausforderung und die Verantwortung.