Selbstreflexion & Entspannung mit Pferden - Daniela Friedl - E-Book

Selbstreflexion & Entspannung mit Pferden E-Book

Daniela Friedl

4,8

Beschreibung

„Wahre Freundschaft braucht vieles, aber Dominanz gehört nicht dazu.“ (Daniela Friedl) Pferde spiegeln uns auf eine ganz besondere Weise, welche für unser persönliches Wachstum außergewöhnlich hilfreich sein kann. Ihr unmittelbares Feedback ist weder verletzend oder wertend noch manipulierend und genau deshalb schafft es Raum für echte Selbstreflektion und Entwicklung. Dieses Geschenk der Tiere an uns Menschen muss jedoch von Herzen kommen und freiwillig gegeben werden, denn erzwungen verliert es seinen Wert. Begib dich mit diesem Buch auf eine Reise der besonderen Art – fernab von Dominanz, Unterwerfung oder Druck – und lerne dabei, dich selbst und dein Pferd aus einem völlig neuen Blickwinkel zu betrachten. Das von der Autorin entwickelte pferdegestützte Konzept kombiniert gängige Entspannungsverfahren mit Yoga, Atemtechniken, Fantasiereisen sowie Auszügen aus der Chakren- und Aromatherapie und zielt auf Entspannung, Selbsterkenntnis sowie den Abbau von Ängsten ab.

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Die Autorin übernimmt für die Ausführung der Übungen und deren therapeutische Wirkung keine Haftung.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Allgemeines und Infos rund ums Pferd

Kein Überleben ohne Angst

Entspannungsverfahren im Kurzüberblick

Chakren – Energiezentren unseres Körpers

Die Geschichte einer besonderen Verbindung

Krafttier Pferd – Legenden, Sagen & Mystik

Grundvoraussetzungen für die Arbeit mit Pferden

Grundvoraussetzungen Pferd

Grundvoraussetzungen Mensch

Grundvoraussetzungen Infrastruktur

Handyfreie Zone

Philosophie

Freundschaft verpflichtet

Freiwilligkeit und Wertschätzung

Reiten – die natürlichste Sache der Welt?

Hufeisen – Glücksbringer oder Fluch?

Mehr Biss ohne Gebiss

Wer ist hier der Boss?

Ein schmaler Grat

Alles eine Frage des Respekts?

Was mich meine Pferde lehrten

Mein Weg

Mein Huzule Pandur

Mein Araber Salah ad Din

Praktischer Teil

Die erste Begegnung

Pferde als Spiegel

Dem Fluss des Lebens (wieder) vertrauen

Erwarte nichts und werde glücklich

Einfach sein dürfen

Neue Wege gehen

Sei realistisch – plane ein Wunder

Die Sehnsucht nach Nähe

Achtsame Sprache – weniger ist mehr

Das Leben nährt und liebt uns

Grenzen setzen – Grenzen wahrnehmen

Zufrieden durch Demut & Dankbarkeit

Vom Glück der wahren Freiheit

Pferde lügen nicht

Entscheidungen sicher treffen

Wer fliegen will, muss loslassen

Übermut tut manchmal gut

Der Zauber der Verletzlichkeit

Den inneren Kritiker zum Schweigen bringen

Sanftmut und Zärtlichkeit

Mit der Erde verbunden

Vergebung als Weg zur Erlösung

Abschied

Nachwort

Über die Autorin

Hilfreiche Links rund ums Pferd

Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

ich freue mich sehr, dass ich dich mit meinem Buch und meinen darin gesammelten Erfahrungen ein Stück auf deinem Lebensweg begleiten darf. Da wir zusammen einige sehr persönliche Themen bearbeiten werden, finde ich das Du als Anrede angebracht. Auf unserer gemeinsamen Reise werde ich dir Tipps und Tricks vermitteln, um nach und nach Anspannung abzubauen; du wirst lernen, dass auch Angst nur ein Gefühl ist und dass es der Stress eigentlich gut mir dir meint.

Seit dem Jahr 2011 habe ich gemeinsam mit meinen vierbeinigen Gefährten Pandur und Salah ad Din viele KlientInnen durch das pferdegestützte Entspannungstraining begleitet. Diese besondere Art der Selbstreflexion wäre ohne meine Tiere niemals möglich gewesen. Kaum ein Mensch ist in der Lage, solch ein ehrliches und unmittelbares Feedback zu geben, eine Art von Rückmeldung, welche wir wertfrei annehmen und an der wir wirklich wachsen können. Pferde wollen uns nicht verändern und gerade das schafft Raum für Veränderung, wohingegen ein verbaler Angriff (beispielsweise in Form von Kritik) durch einen Menschen eher einen Gegenangriff nach sich zieht und Schuldzuweisungen meist lediglich in Rückzug und Rechtfertigung enden. Gerade weil Pferde uns nicht kränken, nicht beschämen und nicht bloßstellen, schafft das Zusammensein mit ihnen so viele Möglichkeiten.

Dieses Buch bietet einen Einblick in unsere Arbeit, in die von mir entwickelte Methodik und meine Philosophie. Ein Zusammenspiel aus der Spiegelfunktion des Pferdes mit autogenem Training, Yoga, progressiver Muskelentspannung, Fantasiereisen, Atemtechniken und Auszügen aus der Chakren- und Aromatherapie – das macht unsere Hilfestellung aus. Wir bieten kein fertiges, starres Konzept, sondern unterstützen Menschen auf ihrem individuellen Weg zu sich selbst. Aufgrund der Themenvielfalt und der Komplexität der einzelnen Bereiche erhebt dieses Buch auch nicht den Anspruch, auf dem jeweiligen Gebiet die gesamte Tragweite zu umspannen. Dafür steht dir im Bedarfsfall zu den speziellen Themen eine Bandbreite an Fachliteratur aus der Psychologie und Lebenshilfe zur Verfügung.

Die vorgestellten Übungen dienen als Inspiration; entscheide selbst, welche für dich stimmig sind und welche nicht. Die Pferde spielen dabei eine Schlüsselrolle und ihr Wohlbefinden sowie ihr freier Wille stehen an erster Stelle. Ihr Beistand und ihr Mitwirken sind ein Geschenk. Geschenke müssen von Herzen kommen und freiwillig gegeben werden, damit sie wertvoll sind und bleiben.

Die Freiwilligkeit und Motivation der Pferde ist für mich das oberste Gebot in der Arbeit mit ihnen. Einer meiner absoluten Lieblingsfilme, „Der Fuchs und das Mädchen“, zeigt auf wunderschöne und pädagogisch wertvolle Art und Weise auf, wie schnell eine Freundschaft an Glanz verliert, wenn Zwang und Kontrolle hinzukommen. Die Erfahrung lehrte mich, dass es Kindern meist viel leichter fällt, das Pferd nicht uneingeschränkt zu nutzen, als uns leistungsorientierten Erwachsenen. Wir wollen eine Gegenleistung für das von uns bezahlte Geld und übersehen allzu oft, wie viel das Pferd bereit ist zu geben, ganz ohne Druck und Unterwerfung. Lasse dich ein auf eine Erfahrung der besonderen Art und lerne dich und das Pferd ganz neu kennen und schätzen.

Alles Liebe

Daniela

Das Pferd hat keinerlei Verpflichtung, den Menschen zu verstehen und ihm zu dienen. Trotzdem ist das Pferd bereit, den Menschen zu tragen und seine Lasten zu ziehen. Das ist ein großes Opfer, für das der Mensch dankbar sein muss. Am besten und schönsten ist das Pferd unter seinesgleichen. Großartig ist es, wenn der Mensch dies versteht und das Pferd so liebt wie es sein soll: Frei.

Frans Toivola

Allemeines und Infos rund

Ums Pferd

Kein Überleben ohne Angst

Angst ist nur ein Gefühl und dennoch kann sie sich sehr akut und bedrohlich anfühlen. Es ist nicht nur völlig normal, dass wir Stress und Angst empfinden, es ist sogar überlebenswichtig. Bei der Angst handelt es sich um eine entwicklungsgeschichtlich erlernte Reaktion; sie dient der Vorbereitung auf die Flucht oder den Kampf – je nachdem, was uns in der jeweiligen Situation klüger oder machbar erscheint.

Unabhängig davon, ob wirklich Gefahr droht oder ob es sich um reine Einbildung handelt, tritt das sympathische Nervensystem in Kraft. Unser Puls sowie unser Herzschlag erhöhen sich, gleichzeitig weiten sich die Herzkranzgefäße. Die Skelettmuskulatur wird stärker durchblutet, die Bronchien weiten sich, um die Atmung zu erleichtern, ebenso wie die Pupillen, damit sich das Sehfeld vergrößert. Um sich auf mögliche Verletzungen vorzubereiten, verdickt sich sogar unser Blut – das alles sind durchaus sinnvolle Maßnahmen, wenn es darum geht zu überleben. Ist die Situation überstanden, aktiviert sich das parasympathische Nervensystem, um zum Normalzustand zurückzukehren.

Wer diese biologischen Vorgänge versteht, kann sich selbst und die Reaktionen seines Körpers besser einschätzen und verfällt nicht automatisch in Panik. Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass es sich bei Angst um ein Gefühl handelt. Dieses Gefühl ist nicht immer berechtigt, deshalb versuche stes, die Situation zu reflektieren: Gibt es einen konkreten Anlass für Stress beziehungsweise Angst oder ist das Gefühl in Wahrheit „hausgemacht“ und irrational?

Angst und Entspannung können wir niemals gleichzeitig empfinden. Wenn wir uns entspannen, verschwindet die Angst; wenn wir Angst haben, können wir uns nicht entspannen.

Eine einfache Übung für den Alltag: Diese Übung bedarf lediglich dreier simpler Schritte und ist immer und überall umsetzbar.

(1) Bewusstes Einatmen, (2) bewusstes Ausatmen und (3) Lächeln.

Unabhängig davon, ob dieses „ehrlich“ oder „künstlich“ ist – Lächeln wirkt durch die freigesetzten Endorphine, es baut Ängste, Spannungen und Konflikte ab, wirkt über die Muskelketten aus dem Kiefergelenk bis ins Becken mobilisierend und fördert die Losgelassenheit.

Entspannungsverfahren im Kurzüberblick

Autogenes Training

Im Jahre 1920 wurde dieses Verfahren zur konzentrativen Selbstentspannung vom deutschen Psychiater Johannes Heinrich Schultz begründet, um psychische und vegetative Störungen wie Angstzustände, psychosomatische Krankheitssymptome, depressive Verstimmungen, Schlafstörungen, Verspannungen und Krampfzustände zu behandeln. Autogenes Training setzt eine gewisse Selbstdisziplin voraus, da es besonders wirksam ist, wenn es ausreichend oft und regelmäßig durchgeführt wird. Visualisiert werden Wärme, Kälte, Ruhe und Schwere, zudem werden die Atmung sowie der Herzschlag ganz bewusst beeinflusst.

Progressive Muskelentspannung

Entdeckt wurde diese Entspannungsmethode vom amerikanischen Arzt und Psychiater Edmund Jacobson Ende der 1930er-Jahre. Insgesamt sechzehn Muskelgruppen werden hierbei beabsichtigt angespannt, diese Anspannung wird für fünf bis acht Sekunden gehalten, um danach die wohltuende Entspannung zu fühlen. Das Verfahren steigert die Körperwahrnehmung und ist hilfreich bei Verspannungen, Migräne, Spannungskopfschmerz, Nervosität und innerer Unruhe.

Fantasiereisen

Schon als Kind konnten wir die wohltuende Wirkung von imaginativen Verfahren am eigenen Leib erfahren. Du erinnerst dich bestimmt noch daran, wie schön es war, wenn dir vorgelesen wurde, du deine Fantasie spielen lassen konntest und die Figuren sowie die Umgebung in deiner Vorstellung Gestalt annahmen. Wir Menschen fühlen uns zu Tagträumen, Bildern und Erzählungen hingezogen. Schon immer wurden Geschichten erzählt und selbst wenn wir schlafen, erzählen wir sie uns selbst in Form von Träumen. In entspannter Position und Atmosphäre wird die Fantasiereise langsam und mit sanfter Stimme geleitet. Dies führt zu einem herabgesenkten Muskeltonus und einem tiefen Erholungszustand. Dass Visualisierungen auch körperliche Auswirkungen haben, zeigt das Beispiel mit der Zitrone ganz deutlich: Wer sich intensiv vorstellt, in eine saftige, saure Zitrone zu beißen, wird erkennen, dass alleine diese Imagination den Speichel zum Fließen bringt.

Affirmation

Dieser Begriff kommt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie „Zustimmung“ oder „Bejahung“. Welche deiner täglich 50.000 gedachten Gedanken sind bejahend, positiv und wohlwollend? Und wie viele davon sind negativ, verurteilend und zweifelnd? Affirmationen sind sich wiederholende Gedankenmuster, welche wir uns immer wieder laut oder im Stillen sagen. Dies kann unsere negativen Gedankenspiralen durchbrechen und für Entspannung sorgen.

Yoga

Seit einigen Jahren liegt Yoga absolut im Trend und ist schon lange kein Fremdwort mehr. Die verschiedensten Arten von Yoga werden mittlerweile auch hierzulande gelehrt und immer mehr Menschen erkennen die positiven Effekte auf Körper, Geist und Seele. Yoga hilft dir, dich zu fokussieren, fördert die Konzentration, stärkt, dehnt und entspannt die Muskulatur und wirkt sich vorteilhaft auf deine körperliche wie auch geistige Haltung aus. Ebenso können mit Yoga die Motorik, die Disziplin und das Körperbewusstsein geschult werden.

Atemtechniken

Der Atem ist das Elixier unseres Lebens, reine Lebenskraft und Energie. Umso wichtiger ist es, ausreichend Sauerstoff aufzunehmen. Wer nicht tief und entspannt genug atmet, lässt sich mit einem blockierten, verstopften Ofen vergleichen – das Lebensfeuer kann nicht ordentlich brennen und wir fühlen uns ständig gehemmt. Die meisten von uns atmen unwillkürlich und schenken dem Vorgang kaum Beachtung. Dabei kann richtiges Atmen die Sauerstoffaufnahme um das Zehnfache erhöhen. Wir können durchaus bewusst Einfluss auf unsere Atmung nehmen. Sie wiederum wirkt sich auf unseren Herzschlag und die Reinigung der Lymphsysteme aus. Während du diese Zeilen liest, überlegst du bestimmt, wie tief du einatmest. Doch auch dem Ausatmen sollte man Bedeutung schenken. Wer nicht vollständig ausatmet, riskiert nämlich, dass CO2 sowie Giftstoffe in der Lunge verbleiben. Wenn diese ins Blut abgedrängt werden, fühlen wir uns müde, bekommen Kopfschmerzen und es fällt uns schwer, uns zu konzentrieren.

Chakren – Energiezentren unseres Körpers

Der Begriff „Chakra“ stammt aus dem altindischen Sanskrit und kann mit „Rad“ oder „Wirbel“ übersetzt werden. Es handelt sich um feinstoffliche Energiezentren, welche sowohl auf unsere Organe und das Hormonsystem als auch auf unsere Emotionen und Gedanken Einfluss haben. Über die Chakren können wir Energie aus unserem Umfeld aufnehmen.

Obwohl es über 88.000 dieser Energiezentren in unserem Körper sowie unzählige verbindende Energiebahnen gibt, beschränkt sich die klassische Lehre auf die sieben Hauptchakren. Wenn diese blockiert oder unterversorgt sind, können sie durch geeignete Farben, Edelsteine, Düfte, Asanas (Körperübungen) oder Naturerlebnisse wieder geöffnet beziehungsweise ausbalanciert werden.

Man kann die Funktion der einzelnen Chakren in einem persönlichen Gespräch oder mit Hilfe von kinesiologischen Tests, einem Pendel oder Tensor austesten. Wer wenig Erfahrung damit hat, wird sich bei einer disharmonischen Funktion aber auch von den Beschreibungen in den nachfolgenden Kapiteln im praktischen Teil des Buches angesprochen fühlen und sich selbst diesbezüglich wiedererkennen.

Die Harmonisierung der Energiezentren hat viele Vorteile. Auf körperlicher Ebene werden das Immunsystem, die Durchblutung sowie der Stoffwechsel und die Sauerstoffversorgung begünstigt. Zudem können Ängste abgebaut werden und Schlafstörungen, depressive Verstimmungen sowie negative Gedanken verschwinden. Durch die verbesserte Wahrnehmung und Kommunikation mit dir selbst sowie deinen Mitmenschen wird es dir leichter fallen, Ziele zu definieren und zu erreichen, deine Bestimmung zu finden, Vertrauen zu fassen und das tiefe Gefühl von Verbundenheit wiederzuentdecken.

Die Geschichte einer besonderen Verbindung

Vor mehr als 5.000 Jahren lernte der Mensch bereits, die Pferde und ihr Verhalten zu beobachten – damals noch, um besser Jagd auf ihr Fleisch machen zu können. Später wurden die Tiere gezähmt und als Lasten-, Zug- und Reittiere eingesetzt. Diese Entwicklung ist für die Geschichte der Menschheit zweifelsohne von ähnlicher Größe wie die Entdeckung des Feuers.

Die erste Selektion begann: Gezüchtet wurde nur mit besonders kooperativen und leistungsbereiten Tieren. Pferde, welche anatomisch nicht geeignet waren oder sich weigerten mitzuarbeiten, konnten nicht gebraucht werden. Der Mensch lebte in einer gewissen Abhängigkeit zum Pferd, in welcher eine Vielzahl seiner Bedürfnisse befriedigt wurde, und so entstanden die ersten (mehr oder weniger guten) Symbiosen. Speziell im Krieg und in der Eroberung neuer Länder kam das Pferd zum Einsatz.

Wenn der Mensch je eine große Eroberung gemacht hat, so ist es die, dass er sich das Pferd zum Freunde gewonnen hat.

(Comte de Buffon)

Bis heute bewegen uns Pferde – nicht nur körperlich von A nach B, sondern auch mental. Sie tragen nicht nur unsere Körper, sondern ertragen uns mit unseren sämtlichen Emotionen und Charaktereigenschaften sowie allem, was wir erleben und erlebt haben. Zudem können sie uns helfen, starre Denkmuster abzulegen, unsere Grenzen zu erforschen und flexibel zu bleiben. Schon seit Anbeginn unserer Verbindung verlieh uns das Pferd die Schnelligkeit, die uns fehlte. Noch heute ist die markanteste Antwort auf die Frage, warum Menschen reiten, die Freiheit – das Gefühl zu fliegen, alle Sorgen hinter sich zu lassen und den Kopf freizubekommen. Diese Sehnsucht lässt uns Pferde kaufen, als könnte man ein Lebewesen oder die Freiheit selbst wirklich für Geld erwerben, um sie anschließend einzusperren und für unsere Zwecke zu nutzen, auszubeuten und zu unterdrücken. Wir malträtieren sie mit sogenannten „Hilfsmitteln“, isolieren sie in Boxen und füttern sie krank, bis auch der letzte Funke in ihren Augen erloschen ist. Was für ein Irrtum. Nach all den Jahren ist es an der Zeit, das Wohl unserer vierbeinigen Freunde über unser eigenes zu stellen, ihre Bedürfnisse zu erkennen und sie nicht als Projektionsfläche für unsere Wünsche, Sehnsüchte und Ängste zu benutzen.

Wo immer Menschen ihre Fußspuren ließen, von Barbarei zu Zivilisation, meine Hufabdrücke findet man neben ihren.

(Robert Vavra, „Pferde der Sonne“)

Krafttier Pferd – Legenden, Sagen & Mystik

In vielen Kulturen wird das Pferd seiner Schönheit, Anmut, Schnelligkeit und Stärke wegen geachtet und verehrt. Unzählige Kunstwerke – von Höhlenmalereien bis hin zu prächtigen Statuen – sowie Legenden, Sagen und Mythen erzählen davon.

Bei den Schamanen spielt das Pferd seit jeher eine wichtige Rolle: Es steht für die Gabe, sich in die Lüfte zu begeben, ja – schenkt man den Erzählungen Glauben – sogar bis in den Himmel. Der Begriff „Windpferd“ verbildlicht die menschliche Seele. Dies zeigt auch die nordische Sage von Sleipnir, dem achtbeinigen Pferd des germanischen Gottes Odin. Die acht Beine stellen vermutlich einen Hinweis auf vier Menschen dar, welche in der Regel einen Sarg tragen. Man erzählte sich nämlich, dass Odin mit seinem achtbeinigen Pferd sogar in die Unterwelt reiten konnte. Diese Vorstellung verbreitete sich bis in die Mongolei: Auch hier ist die Rede von einem Fohlen, welches mit acht Beinen geboren wurde und die Fähigkeit zu fliegen besitzt. Und Siegfried, der Drachen tötende Held der Nibelungensage, ritt auf einem Pferd namens Grani, welches der Erzählung nach direkt von Odins Sleipnir abstammte.

Die Strähne eines Schimmels wird in verschiedenen Kulturen der nordamerikanischen Ureinwohner in Ritualen zur Heilung genutzt, und der von ihnen geprägte Spruch „Wer Pferde stiehlt, stiehlt Kraft“ lässt ebenfalls Rückschlüsse auf die ihnen zugeschriebene Energie zu. Die im siebzehnten Jahrhundert von Spaniern eingeführten Pferde veränderten das Leben der Plains-Indianer nachhaltig, sie bezeichneten sie sogar als „Geschenk des großen Geistes“. Pferde waren Nahrungsquelle, sicherten die Fortbewegung der Nomaden und waren die wichtigste Waffe in der Kriegsführung sowie eine große Unterstützung bei der Jagd. Sie ritten aber auch, um der Besetzung ihres Landes und dem Abschlachten der Bisons Einhalt zu gebieten. Die Pferde wurden bald schon zum Statussymbol und viele weitere Stämme auf dem gesamten Kontinent nannten die Tiere daraufhin ihr Eigen, perfektionierten ihre Reitkünste und widmeten sich der Auslese und Zucht.

Im alten Griechenland ging man davon aus, dass Poseidon das Pferd erschaffen hat, weshalb ihm zu Ehren Schimmel geopfert wurden. Mit Medusa zeugte er dann Pegasos, das beflügelte Pferd, welches für nicht weniger als die Unsterblichkeit selbst steht: Mit dem bloßen Aufstampfen seiner Hufe soll er es geschafft haben, lebensspendende Quellen zu erzeugen. Der Sonnengott Helios wurde von einem Gespann aus vier weißen Hengsten über den Himmel gezogen, während Hades, der Gott der Unterwelt, vier schwarze Hengste vorgespannt haben soll. Der Zentaur ist wohl das bekannteste Symbolbild für die erwünschte Verschmelzung von Pferd und Mensch.

Das Einhorn hat als unschuldiges Fabelwesen noch heute großen Einfluss auf uns und zieht viele Menschen in seinen Bann. Das Fell eines Einhornfohlens soll golden sein, später silbrig werden und dann in reinem Weiß wie Mondlicht erstrahlen. Gesehen werden kann es dem Mythos zufolge jedoch nur von Jungfrauen. Erwähnt wurde das Einhorn in diversen Schriften rund um den Erdball, unter anderem von Aristoteles, Hildegard von Bingen sowie im Alten Testament – wobei man heute weiß, dass es sich bei letzterem um die Beschreibung eines Auerochsen handelte. Bestätigt durch die Bibel sah Marco Polo selbst in einem gewöhnlichen Nashorn ein Einhorn und war äußerst überzeugt von dieser Begegnung. Man sprach dem Horn des Einhornes von jeher Heilkräfte und sogar die Fähigkeit, Tote auferstehen zu lassen sowie Gift zu neutralisieren, zu. Das silberne Blut des Tieres soll Menschen am Leben erhalten können, selbst wenn diese keine eigene Lebenskraft mehr haben.

Auch im Koran wird das Pferd wieder und wieder erwähnt, sein Rücken als „Ehrensitz“ und der Bauch der Stuten als „unerschöpflicher Schatz“ bezeichnet. Reinrassigkeit hatte bei den Beduinen einen so hohen Stellenwert, dass es den Besitzern von Hengsten verboten war, für die Paarung Geld zu verlangen, sofern beide Tiere reinen Blutes waren. Der Legende zufolge gründet die Araberzucht auf jenen fünf Stuten des Propheten Mohammed, welche im Jahre 622 nach Christus, nachdem sie in einen Sandsturm geraten waren und daraufhin erschöpft und durstig zum Brunnen eilten, seinem Pfiff folgten und unverzüglich umkehrten – ohne zu trinken. Man ging im arabischen Raum davon aus, dass „böse Geister“ ein Zelt, in dem sich ein Pferd reinen Blutes aufhielt, nicht betreten konnten.

Eine Überlieferungsstelle weist des Weiteren auf die reinigende und heilende Verbindung des Pferdes mit dem Wind hin, welcher durch Mähne und Schweif fährt und alle Sorgen und Nöte hinwegbläst:

Als Gott das Pferd schaffen wollte, sagte er zum Südwinde, ich will aus dir ein Geschöpf schaffen, zur Ehre meiner Heiligen, zur Erniedrigung meiner Feinde, aus Huld für die, so mir gehorsam. Der Südwind sprach: Erschaffe es, o Herr! Da nahm Gott vom Südwinde eine Handvoll und schuf daraus das Pferd; er sprach: Dein Name sei arabisch, das Gute sei gebunden an Deine Stirnhaare, die Beute an Deinen Rücken, Dir sei gegeben den Unterhalt des Lebens zu erweitern, ich habe Dich begünstigt vor anderen Lastthieren, ich habe Deinen Besitzer zu Deinem Freund gemacht, ich habe Dir die Kraft zum Fliegen verliehen ohne Flügel, sei es im Angriff, sei es im Rückzug; ich will auf Deinen Rücken Männer setzen, die mich preisen und loben und mir Halleluja singen. [...] Und als das Pferd mit seinen Füssen die Erde berührt hatte, sprach Gott: Erniedrige durch dein Wiehern die Götzendiener und fülle damit ihre Ohren, und fülle mit Schrecken ihre Herzen; und als Gott dem Adam alle Dinge gezeigt, die er erschaffen, sagte er: wähle Dir von meinen Geschöpfen was Du willst, und er erwählte das Pferd. Da sprach Gott der Herr: Du hast Deine Ehre erwählt und die Ehre Deiner Kinder, eine für immer dauernde durch Aionen und Aionen.

(Joseph von Hammer-Purgstall, „Das Pferd bei den Arabern“)

Grundvoraussetzungen für die Arbeit

Mit Pferden

Bevor die Übungen, welche in diesem Buch vorgestellt werden, ausgeführt werden können, müssen einige Grundvoraussetzungen für Mensch und Tier erfüllt werden. Bitte gehe diese sorgsam durch, bevor du beginnst.

Grundvoraussetzungen Pferd

artgerechte Haltung mit großzügigen Bewegungsmöglichkeiten, stabilen sozialen Kontakten zu anderen Pferden und ausreichend Futterangebot ohne lange Fresspausen

gelassenes, menschenfreundliches Wesen: Das Pferd muss nicht zwangsläufig einfach nur brav sein und funktionieren, sondern soll gerne selbstbewusst, mutig und eigenständig auftreten. Es darf kooperieren, sich aber ebenso abgrenzen. Pferde mit starker Persönlichkeit sind für die Selbstreflexion besonders wertvoll. Aus Sicherheitsgründen rate ich jedoch von der Arbeit mit Pferden ab, welche Verhaltensauffälligkeiten oder automatisierte Unarten (beispielsweise Beißen oder Treten) zeigen.

körperliche und mentale Gesundheit des Tieres

ausgeprägtes Vertrauensverhältnis zur Führperson

entspannte Atmosphäre für das Pferd (keine Bauarbeiten, keine tobende Herde nebenan oder ähnliche störende Faktoren)

Die Übungsdauer muss der Konzentrationsfähigkeit des Pferdes angepasst werden.

passende und angemessene Ausrüstung des Pferdes

Grundvoraussetzungen Mensch

respektvolle, aber nicht ängstliche Herangehensweise an das Pferd

Offenheit

Wertschätzung und Dankbarkeit dem Pferd gegenüber

keine konkrete Erwartungshaltung

Auch wenn auf den Fotos aufgrund der Ästhetik darauf verzichtet wird, empfehle ich unbedingt das Tragen eines passenden Reithelmes.

Grundvoraussetzungen Infrastruktur

ruhiger Ort ohne Zuseherinnen beziehungsweise Ablenkung

eingezäunter Bereich zur Sicherheit von Pferd und Mensch

genügend Platz und Ausweichmöglichkeiten für das Pferd

für Mensch und Pferd geeigneter, gefahrloser Untergrund

Handyfreie Zone

Wir greifen im Durchschnitt 150 Mal täglich zum Handy und sind fast rund um die Uhr erreichbar. Das schadet nicht nur unserer Psyche, sondern führt durch den ständig gesenkten Blick auch zu erheblichen Nackenschmerzen, Verspannungen und Unterdurchblutung. Ploppen, Klingeln und Vibrieren sind unsere dauerhaften Begleiter, egal was wir gerade tun. Es reißt uns aus der jeweiligen Situation heraus, lenkt uns ab und die Angst, etwas zu verpassen, schwebt immerwährend in der Luft. Immer wieder nehmen wir das Smartphone zur Hand, um zu sehen, „ob etwas los war“. Wir checken unterwegs, ja sogar in Anwesenheit von Freundinnen oder Familie unsere E-Mails, scrollen uns durch soziale Netzwerke und verschicken Bilder. Menschen sitzen sich in Cafés gegenüber und starren stumm auf das Display ihres Telefons – welch traurige Entwicklung. Die soziale Kompetenz im Umgang mit unseren Mitmenschen wird dadurch unter Umständen nicht unbedingt gefördert.

Die virtuelle Welt hat unsere völlige Aufmerksamkeit, während wir an den Wundern der realen Welt manchmal achtlos vorbeilaufen. Eine Bekannte hat Bilder von ihrer Australien-Rundfahrt gepostet, wir liken noch schnell die Fußballergebnisse und sehen uns online den Trailer des neuen Kinofilms an. Wir sind überall, aber nicht da, wo wir gerade sind. Wir überbrücken jede noch so kleine Pause mit unseren Handys, ob im Stau, im Wartezimmer oder an der Supermarktkasse. Es wirkt fast so, als würden wir den „Leerlauf“ nicht ertragen. Dabei ist gerade unverplante Zeit eines der größten Geschenke überhaupt, und das Leben beschert uns immer wieder kleine Pausen, Momente des süßen Nichtstuns, die wir nutzen sollten. Einfach einmal die warmen Sonnenstrahlen im Gesicht genießen, die Katze am Straßenrand streicheln und an Blumen riechen – ganz ohne Grund, nur so.