Sinnlicher Sommer in St. Tropez - Kathryn Ross - E-Book

Sinnlicher Sommer in St. Tropez E-Book

Kathryn Ross

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Beschreibung

Sinnliche Sommertage der Versuchung erlebt Libby in St. Tropez. In dem glamourösen Badeort an der französischen Mittelmeerküste versucht der fantastisch aussehende Künstleragent Marc Clayton, sie zu erobern. Am Swimmingpool in seinem romantischen Garten kann Libby ihm in einer sternklaren Nacht nicht mehr widerstehen. Doch schon wenig später zweifelt sie an Marcs Aufrichtigkeit: Er scheint mit falschen Karten zu spielen…

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Seitenzahl: 209

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IMPRESSUM

Sinnlicher Sommer in St. Tropez erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2005 by Kathryn Ross Originaltitel: „Mistress to a Rich Man" erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe ROMANABand 1641 - 2006 by CORA Verlag GmbH, Hamburg Übersetzung: Susann Rauhaus

Umschlagsmotive: GettyImages / alexandr_1958

Veröffentlicht im ePub Format in 09/2017 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733753108

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

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1. KAPITEL

Eine naturwissenschaftliche Theorie besagte, dass die weiblichen Vertreter einer Spezies meist gefährlicher waren als die männlichen. Libby konnte mit dieser Behauptung jedoch wenig anfangen, nachdem Simon zuerst ihr gesamtes Konto abgeräumt und dann ihr Herz gebrochen hatte.

Wie ihm Letzteres gelungen war, hätte sie nicht genau sagen können. Sie wusste nur, dass man nicht von einem Moment auf den anderen aufhören konnte, jemanden zu lieben. Auch nicht, wenn dieser Jemand beim Frühstückstisch wie nebenbei gesagt hatte: „Tut mir leid, ich fürchte, es funktioniert nicht mit uns.“ Um dann seinen bereits fertig gepackten Koffer aus dem Schrank im Flur zu holen und zu verschwinden.

Na gut, die Art, wie Simon mit ihr Schluss gemacht hatte, war brutal gewesen, und in ihrer Beziehung hatte er sich manchmal als ziemlicher Egoist erwiesen. Aber es hatte auch wunderbare Zeiten gegeben, an die Libby leider oft bis spät in die Nacht hinein denken musste. Warum konnte sie sich nicht an die dunklen Momente erinnern oder sich wenigstens die Tatsache ins Gedächtnis rufen, dass sie wegen Simon jetzt aus ihrer Wohnung ausziehen musste? Denn obwohl sie einen sehr guten Job in der Werbebranche hatte, konnte sie sich nun die monatliche Belastung für eine Wohnung in Merrion Terrace allein nicht mehr leisten, da Simon skrupellos auch weiterhin regen Gebrauch von ihrer Kreditkarte gemacht hatte.

„Die Karte gehört mir, aber wir haben ein gemeinsames Konto“, vertraute Libby ihrer besten Freundin Chloe an, mit der sie sich wie jeden Freitag nach der Arbeit in einer kleinen Bar traf. „Ich hätte sie natürlich sperren sollen, nachdem er mich verlassen hat. Aber ich hätte nie gedacht, dass er so etwas tun würde.“

„Hast du mit ihm darüber gesprochen?“

„Nein, noch nicht.“ Libby trank einen Schluck Wein, sie wirkte ziemlich erbost. „Ich erreiche ihn nicht auf seinem Handy. Aber nächste Woche habe ich ein bisschen Zeit, um mir eine neue Wohnung anzuschauen. Bis dahin erwische ich ihn hoffentlich.“

Obwohl es erst halb sechs war, wurde die Bar immer voller. Geschäftsleute strömten aus den umliegenden Büros herein, um sich einen Drink zu genehmigen, bevor sie nach Hause fuhren. Um acht würde es wieder ganz leer sein, wie immer am Freitag in diesem Teil von London.

Chloe lehnte sich nach vorn. „Schau nicht hin, aber es beobachtet dich ein Mann am Tisch nebenan. Er rückt immer näher, als ob er hören wollte, was du sagst.“

„Das interessiert mich nicht. Um ehrlich zu sein, ich glaube, ich habe von Männern für den Rest meines Lebens genug.“ Libby sah sich nicht einmal um.

„Unsinn! Du wirst jemand treffen und dich unsterblich verlieben.“

„Ich weiß nicht einmal, ob ich noch an die Liebe glaube.“ Sie trank ihren Wein aus und setzte das Glas wieder auf den Tisch. „Ich kann mir nicht vorstellen, mein Herz noch einmal jemandem zu öffnen. Beim nächsten Mal … falls es überhaupt ein nächstes Mal gibt … werde ich nur noch das tun, was mein Verstand mir rät – ich werde mir einen Mann suchen, der Geld wie Heu hat.“

Obwohl Libby sehr entschlossen klang, glaubte Chloe nicht einen Moment daran. Sie sah ihre Freundin an und lachte. „Ja, klar, und das sagt das Mädchen, das ihrem Freund ihren letzten Cent leiht und vergisst, ihn zurückzufordern.“

„Nun, dies ist mein neues Ich“, erklärte Libby entschieden. „Möchtest du noch einen Drink?“ Als sie sich in der Bar umsah, fiel ihr Blick zufällig auf den großen Fernsehschirm hinter dem Tresen. Gerade wurden die Nachrichten gezeigt, man sah einen Mann, der aus einer Stretchlimousine ausstieg. Als die Kameras auf ihn zoomten, spürte Libby, dass ihr der Atem stockte … die Leute in der Bar lösten sich auf wie in einem Nebel.

Dies war Carl Sheridan … ihr Vater! Aber wie war das möglich? Sie war gleichermaßen schockiert und verwirrt. Ihr Vater war tot … das hatte ihre Mutter jedenfalls vor vielen Jahren behauptet.

Sie starrte auf den Monitor und konnte ihren Augen nicht trauen. Obwohl sie bei ihrer letzten Begegnung erst sieben Jahre alt gewesen war, wusste sie genau, dass dies ihr Vater war. Er hatte sich nicht besonders verändert. Libby hatte das dunkle Haar und die strahlend blauen Augen von ihm geerbt. Aber was machte ihr Vater im Fernsehen? Wo war er all die Jahre geblieben? Und – was noch viel wichtiger war – warum hatte ihre Mutter behauptet, er wäre tot?

„Bist du okay?“ Chloes Stimme drang wie aus weiter Ferne an ihr Ohr.

„Nicht wirklich … nein.“ Sie schüttelte den Kopf und konnte den Blick kaum von der Mattscheibe wenden. „Das ist mein Vater.“

„Wer?“ Chloe folgte ihrem Blick.

„Dieser Mann dort … Carl Sheridan … Was sagen sie über ihn?“ Sie bemühte sich, den Kommentar zu hören, aber der Lärm in der Bar war zu groß.

„Das ist Carl Quinton … Er ist ein amerikanischer Filmstar.“

Libby sah ihre Freundin überrascht an. Chloe arbeitete für eine PR-Firma, sie war gut informiert über alles, was in den Medien passierte. Normalerweise wusste sie immer, um welchen Prominenten es sich handelte. Aber dieses Mal musste sie sich irren. „Ich sage dir, das ist mein Dad. Und er ist kein Amerikaner, sondern kommt aus London.“

Chloe runzelte die Stirn. „Jetzt kennt man ihn jedenfalls unter dem Namen Carl Quinton. Ich habe gerade erst einen Artikel über ihn gelesen.“

„Was stand denn in dem Artikel?“, fragte Libby wie betäubt.

„Dass er seine erste Rolle in einer Fernsehserie für einen Regionalsender in Kalifornien hatte, die wie eine Bombe eingeschlagen ist. Danach hat man ihm gleich eine Hauptrolle am Broadway angeboten. Seitdem ist er ein großer Star in den USA. Aber in Europa kennt man ihn bisher noch nicht. Das soll sich jetzt allerdings ändern, weil er neben Julia Hynes die männliche Hauptrolle in einem Film namens Family Values spielt, der in Cannes uraufgeführt werden soll.“

Was Chloe ihr da erzählte, überraschte Libby dermaßen, dass sie kaum wusste, was sie darauf erwidern sollte. „Bist du sicher, dass wir von derselben Person sprechen?“

„Ja, auf jeden Fall. Er ist eine ziemlich große Nummer in den Staaten, lebt in Beverly Hills und ist bereits drei Mal geschieden. Kinder wurden meines Wissens nach nicht erwähnt.“

„Ob man sie erwähnt hat oder nicht, ich bin jedenfalls seine Tochter“, erwiderte Libby. „Und sein richtiger Name ist Carl Sheridan.“ Sie sah erneut auf den Fernsehschirm, wo ihr Vater noch immer mit einem Reporter sprach. „Meine Mutter und er haben sich getrennt, als ich sieben war.“

„Entschuldigen Sie bitte!“ Der Mann vom Nebentisch zupfte Libby am Ärmel. „Habe ich richtig gehört? Sagten Sie, Carl Quinton wäre Ihr Vater?“ Sie betrachtete ihn. Er war etwa so alt wie sie, siebenundzwanzig, und hatte dichtes blondes Haar, ein blasses Gesicht und graue Augen, denen nichts zu entgehen schien. Irgendetwas störte sie an der Art, wie er ihr die Frage gestellt hatte.

„Nein.“ Sie schüttelte ärgerlich seine Hand ab.

Aber davon ließ er sich nicht beirren, sondern setzte sich unaufgefordert an ihren Tisch. „Mein Name ist John Wright, ich bin freischaffender Journalist. Es würde mich sehr interessieren, die wahre Geschichte über Carl Quintons Leben zu erfahren.“

„Ich kenne die wahre Geschichte über Carl Quintons Leben aber nicht.“

„Stimmt es, dass Sie Ihren Vater lange nicht mehr gesehen haben?“ Obwohl seine Stimme freundlich klang, hatte er etwas penetrant Aufdringliches.

„Bitte, lassen Sie mich in Ruhe und kümmern Sie sich um Ihre eigenen Angelegenheiten“, fuhr sie ihn an.

„Hören Sie, ich habe zufällig mitgehört, dass Sie finanziell im Moment ein wenig knapp sind. Ich würde Sie für diese Story natürlich bezahlen“, fuhr er ungerührt fort. „Sogar sehr gut bezahlen …“

„Ich will Ihr Geld nicht.“ Libby stand auf. „Chloe, ich muss sofort hier raus.“

Später konnte sie sich nicht mehr daran erinnern, wie sie aus der Bar gekommen war. Aber sie war froh, im Freien zu sein, obwohl es in Strömen regnete.

Als es ihnen schließlich gelang, ein Taxi zu erwischen, waren beide bis auf die Haut durchnässt. Schnell stiegen sie ein. „Was hat der Typ dir gegeben?“, fragte Chloe.

„Er hat mir überhaupt nichts gegeben“, erwiderte Libby.

„Oh doch!“ Chloe streckte ihr auffordernd die Hand entgegen.

Zu ihrer Überraschung merkte Libby, dass sie eine Karte in der Hand hielt. Darauf stand John Wright, Investigativer Journalist und eine Telefonnummer.

Sie zerknüllte die Karte und stopfte sie in ihre Tasche. „Er will einfach nur im Dreck wühlen“, sagte sie aufgebracht.

Dann lehnte sie sich erschöpft im Rücksitz des Taxis zurück und schloss die Augen. Sie zitterte am ganzen Körper, aber ob es der Schock oder die Kälte war, hätte sie nicht zu sagen vermocht.

Sie musste daran denken, wie sehr sie ihren Vater geliebt hatte und wie nahe sie sich einmal gewesen waren. Selbst jetzt noch konnte sie sich daran erinnern, wie er sie immer hochgenommen und durch die Luft gewirbelt hatte, bis sie haltlos gekichert hatte. Und wie er sie an manchen Abenden ins Bett gebracht, ihr eine Geschichte vorgelesen und sie geküsst hatte. Sogar den Geruch seines Eau de Toilette konnte sie noch heraufbeschwören. Doch am unauslöschlichsten war ihr der Tag im Gedächtnis geblieben, an dem er sie verlassen hatte.

„Ich muss gehen, Liebling, doch das bedeutet nicht, dass ich dich nicht liebe.“

Sie erinnerte sich daran, wie sie ihn unter Tränen angefleht hatte, zu bleiben.

„Ich muss, Darling. Aber ich komme wieder.“

Sie hatte sich an ihn geklammert, aber ihre Mutter hatte sie fortgezogen.

„Daddy … bitte … bitte …“ Schließlich hatte sie sich losreißen können und war ihm nachgelaufen, aber als sie die Tür erreichte, fiel sie bereits hinter ihm ins Schloss.

Noch jetzt bereitete ihr die Erinnerung an diesen Moment großen Kummer. Ihr Vater war nicht zurückgekehrt. Sie hatte seit jenem Tag nie wieder etwas von ihm gehört. An jedem Geburtstag und jedem Weihnachten hatte sie vergeblich auf ein Lebenszeichen von ihm gewartet …

Dann hatte ihre Mutter ihr kurz vor ihrem zehnten Geburtstag mitgeteilt, er wäre tot. Warum hat sie das getan? Leider konnte Libby sie nicht mehr fragen, da sie und ihr Stiefvater vor zwölf Monaten bei einem Zugunglück ums Leben gekommen waren.

Bis jetzt hatte Libby immer geglaubt, dass sie keine Familie mehr hätte.

„Was wirst du jetzt tun?“, fragte Chloe neugierig.

Libby öffnete die Augen. „Ich werde ihn aufsuchen, was sonst. Es gibt einige Fragen, die er mir beantworten soll. Ich muss ihn sehen.“

2. KAPITEL

Südfrankreich glitzerte in der hellen Nachmittagssonne. Kurz vor der Landung des Flugzeugs bot sich Libby ein wundervoller Blick auf bewaldete Hügel und eine Bucht, in der große Jachten im azurblauen Wasser des Mittelmeers kreuzten. Beim Näherkommen erblickte sie die Häuser von Nizza. Obwohl Libby ein ziemlich mulmiges Gefühl hatte, als sie an das bevorstehende Wiedersehen mit ihrem Vater dachte, war sie plötzlich sehr glücklich. Kein Wunder, der Himmel war so klar, das Meer unglaublich blau. Bestimmt wird alles gut werden, versuchte sie sich einzureden. Ihr Vater würde sie treffen und dann … ja, was dann? Würde der ganze zwanzigjährige Kummer über seinen Verlust einfach verschwinden? Nein, es war unrealistisch, davon auszugehen. Sie durfte nicht zu viel erwarten. Vielleicht wollte ihr Vater sie ja gar nicht sehen.

Es war viel schwieriger gewesen, mit ihm in Kontakt zu treten, als sie gedacht hatte. Zuerst hatte sie es über ein Filmstudio in Kalifornien versucht, aber dort war sie nur abgewimmelt worden. Niemand schien ihr zu glauben, dass sie Carl Quintons Tochter war. Wahrscheinlich hielten sie Libby für einen durchgedrehten Fan. Schließlich war es ihr mit Chloes Hilfe gelungen, den Agenten ihres Vaters ausfindig zu machen.

Sein Name war Marc Clayton, er war einer der einflussreichsten und mächtigsten Agenten in der gesamten Branche. Alles, was Rang und Namen hatte, wollte von ihm vertreten werden. Er konnte sich seine Klienten aus der Crème de la crème der Schauspielerelite aussuchen. Zwar hatte er den Ruf eines knallharten Geschäftsmanns, aber er schloss auch stets die besten Verträge für seine Klienten ab, und es gelang ihm immer wieder, Superstars zu erschaffen. Außerdem war er mit dreiunddreißig bereits Millionär und damit selbst so etwas wie eine Berühmtheit.

Libby kannte ihn aus dem Fernsehen und aus den Klatschspalten der Magazine. Sie konnte sich noch gut an seine Hochzeit mit der Filmschauspielerin Marietta erinnern. Wenige Monate danach war ihr gemeinsames Baby zur Welt gekommen. Aber die Ehe hatte nicht sehr lange gehalten, und nur ein Jahr später waren sie wieder geschieden. Keiner von beiden hatte erneut geheiratet. Während Marietta nach wie vor in Hollywood arbeitete, hatte Marc seine Aktivitäten auch nach Europa ausgedehnt und dort zwei Büros eröffnet.

Libby hatte ihm eine Mail mit einem Brief für ihren Vater geschickt. Dann hatte sie einen Flug nach Südfrankreich und ein Hotelzimmer für sieben Tage gebucht. Sie wusste, dass ihr Vater beim Filmfestival in Cannes anwesend sein würde, und sie war entschlossen, ihm dort persönlich gegenüberzutreten, auch wenn sie Tag und Nacht auf ihn warten müsste.

Als sie auf die erste Mail keine Antwort erhielt, versuchte sie es gleich noch einmal. Diesmal antwortete Marc sofort und teilte ihr mit, dass ihr Vater sich sehr freuen würde, sie wiederzusehen, dass er aber erst zwei Tage nach ihr in Cannes eintreffen würde. Würde sie ihm, Marc, trotzdem die Ehre erweisen, am Tag ihrer Ankunft mit ihm zu Abend zu essen?

In diesem Moment setzte das Flugzeug zur Landung an. Libby musste zugeben, dass sie enttäuscht darüber gewesen war, keine direkte Antwort von ihrem Vater zu bekommen. Noch mehr hatte sie allerdings die Einladung des Agenten verwirrt.

Als Libby durch den Zoll trat, erkannte Marc Clayton sie sofort. Seit ihrer Mail war ihm klar gewesen, dass sie ein Problem darstellen würde. Doch als er sie jetzt durch den Terminal gehen sah, wusste er, dass sie ihm in mehrfacher Hinsicht Schwierigkeiten bereiten konnte. Er hatte Erkundigungen über sie einziehen lassen, aber das Foto, das der Privatdetektiv ihm geschickt hatte, wurde ihr nicht gerecht. Libby Sheridan war eine Schönheit, und niemand hätte bezweifeln können, dass sie Carls Tochter war. Sie war schlank und hochgewachsen und wirkte sehr selbstsicher. Die engen Jeans und ihr knappes hellblaues T-Shirt brachten ihre gute Figur voll zur Geltung.

„Ms. Elizabeth Sheridan?“

Sie drehte sich um und sah ihn aus kristallblauen Augen erstaunt an. „Ja?“

„Ich bin Marc Clayton“, sagte er und streckte seine Hand aus. „Sie haben Kontakt mit mir aufgenommen.“

Libby ergriff die Hand und drückte sie. Plötzlich merkte sie, dass ihr Herz schneller schlug. Von den Fotos her wusste sie, dass Marc ausgesprochen attraktiv war. Aber sie hätte nicht gedacht, dass er so attraktiv war. Seine dunklen samtigen Augen wirkten sehr sexy. Er hatte das Haar nach hinten gekämmt, so dass seine markanten Gesichtszüge betont wurden. Und er war groß … sehr groß. Und sein Körper wirkte sehr athletisch. Doch es war vor allem die Aura der Macht, die er ausstrahlte und die Libby sehr aus der Fassung brachte.

„Ich dachte, da Ihr Vater noch nicht da ist, vertrete ich ihn so lange und bringe Sie zu Ihrem Hotel.“ Noch bevor sie reagieren konnte, hatte er sich bereits gebückt und griff nach ihrer Tasche.

„Das ist nett von Ihnen. Aber es ist wirklich nicht nötig.“ Libby war verdutzt. Sie wusste, wie kostbar Marcs Zeit war. Chloe hatte dies kurz vor ihrer Abreise noch einmal erwähnt. Bestimmt war sein Terminkalender zum Bersten gefüllt.

Warum wollte er sich dann jetzt um sie kümmern? In wenigen Tagen würde das Filmfestival beginnen. Es gab bestimmt viel wichtigere Leute, die er treffen musste.

Leider konnte sie ihn nicht danach fragen, denn er marschierte bereits zum Ausgang.

Sie gingen auf ein hellblaues Mercedes Cabrio zu. Marc öffnete den Kofferraum und verstaute Libbys Tasche darin. Dann hielt er ihr die Beifahrertür auf.

„Sie erwähnten in Ihrer Mail, dass Sie ein Zimmer im Hotel Rosette gebucht haben. Ich hoffe, es stört Sie nicht, aber ich habe mir erlaubt, die Buchung zu stornieren und ein Zimmer im Hotel Emporium für Sie zu reservieren. Das hielt ich für passender.“ Er klang so bestimmt, dass Libby einen Moment brauchte, bis ihr klar wurde, dass sie damit ganz und gar nicht einverstanden war.

„Warum haben Sie das getan?“, fragte sie und stieg noch nicht ein.

„Weil das Rosette nur zwei, das Emporium hingegen fünf Sterne hat. Es ist also wesentlich luxuriöser.“

Libby war darüber verärgert. Ihre Unabhängigkeit war ihr immer wichtig gewesen, und es widerstrebte ihr, so bevormundet zu werden. „Mr. Clayton, ich habe das Rosette gebucht, weil ich dort wohnen möchte.“ Sie erwähnte nicht, dass es auch aus Kostengründen geschehen war. Ein Fünf-Sterne-Hotel konnte sie sich im Moment nicht leisten, zumal ihr Exfreund ihr das Geld, das er ihr schuldete, noch immer nicht zurückgegeben hatte.

Marc Clayton sah sie amüsiert an. Er konnte sich wahrscheinlich nicht vorstellen, warum jemand es vorziehen würde, in einem Zweisternehotel zu übernachten. Das ärgerte sie noch mehr.

„Ich finde es nett von Ihnen, mich abzuholen“, fuhr sie wütend fort. „Aber ich kann Ihnen versichern, dass ich kein Kindermädchen brauche.“ Sie funkelte ihn an. Einen Moment lang war sie versucht, ihm zu erklären, dass ihr Vater sie im Stich gelassen hatte, als sie erst sieben Jahre alt gewesen war. Das Letzte, was sie brauchte, war die Hilfe eines Mannes. Aber aus einem ihr unerklärlichen Gefühl der Loyalität ihrem Vater gegenüber sagte sie nichts, denn es wäre ihr wie Verrat erschienen.

Als Marc sie ansah, erkannte er ihre Verletzbarkeit und die Trauer in ihren Augen. Er war überrascht, doch der Moment war so schnell wieder vorbei, wie er gekommen war.

„Wie dem auch sei, Mr. Clayton, ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mich in dem Hotel absetzen würden, das ich gebucht habe. Zum einen, weil es ein Hotel ist, das ich mir leisten kann, und zum anderen, weil ich meinen Freunden gesagt habe, dass ich dort übernachten werde.“

„Ich verstehe.“ Es hatte nicht lange gedauert, bis sie das Thema Geld erwähnte. Genau das hatte er auch von ihr erwartet.

Libby sah ihn überrascht an. Sein Ton klang sehr bedeutungsvoll. „Was verstehen Sie?“

„Wollen Sie nicht einsteigen?“, gab er zurück. „Wir können uns doch auch noch während der Fahrt unterhalten.“

„Wie Sie möchten.“ Als sie einstieg, fiel Marc erneut auf, wie sexy sie war. Diese Ablenkung brauchte er jetzt ganz gewiss nicht.

Der Ledersitz fühlte sich sehr heiß an, die Sonne brannte vom Himmel auf sie herunter. Libby kramte in ihrer Handtasche nach einer Spange und fasste ihr Haar dann zu einem Pferdeschwanz zusammen.

„Ich hätte nicht gedacht, dass es so heiß werden würde“, sagte sie.

„Nun, wir sind immerhin in Südfrankreich“, erwiderte er trocken.

„Ja, ich weiß, aber schließlich ist erst Mai. In England war es richtig kalt und ungemütlich.“ Sie wandte ihr Gesicht dem Himmel zu. „Das ist herrlich. Ich wünschte, ich könnte länger bleiben als nur eine Woche.“

„Das Wetter kann im Mai noch sehr wechselhaft sein“, bemerkte er. „Manchmal regnet es in Strömen.“ Er wollte auf gar keinen Fall, dass sie ihren Aufenthalt unnötig verlängerte. Schließlich musste er sich um die Promotion für Carls neuesten Film kümmern.

Ein Blick auf Libby überzeugte ihn davon, dass sie ausgesprochen hübsch war. Ihr ovales Gesicht, die hohen Wangenknochen, die leicht gebogene zierliche Nase und die makellos glatte Haut verfehlten ihre Wirkung auf ihn nicht. Mit dem Pferdeschwanz wirkte sie plötzlich wie ein Teenager, aufregend frisch und … Aber dann zwang er sich, wieder an den wirklichen Grund zu denken, aus dem sie hier war.

„Sie sind also momentan in finanziellen Schwierigkeiten. Sonst würden Sie doch sicher länger bleiben und in einem besseren Hotel übernachten.“

Was für eine unverschämte Bemerkung! „Ich kann nicht länger bleiben, weil ich arbeiten muss“, erklärte sie. „Und ich habe das Rosette gewählt, weil ich dort übernachten möchte, basta.“

„Sie wollen sagen, es kommt Ihnen im Moment gelegen, stimmt’s?“ Sein Ton verriet, dass er ihr nicht glaubte.

Libbys Wangen röteten sich vor Ärger. „Was wollen Sie damit sagen?“

„Ich möchte nur die Wahrheit wissen, Ms. Sheridan. Oder soll ich Sie Libby nennen?“

„Nur meine Freunde nennen mich so“, erwiderte sie kühl.

Er lächelte sie an. „Sie können jedenfalls gern Marc zu mir sagen.“ Er machte eine kleine Pause. „Wie Sie wissen, bin ich ein viel beschäftigter Mann … Libby …“

Ihr fiel auf, wie eigenartig er ihren Namen betonte.

„Ja, und?“

„Daher finde ich, wir sollten gleich zur Sache kommen.“

„Was wollen Sie damit sagen?“

„Wie viel wollen Sie?“

Sie verstand seine Frage nicht. „Was, bitte, bedeutet das?“

„Ist es nicht ein wenig merkwürdig, dass Sie sich all die Jahre geweigert haben, Kontakt zu Ihrem Vater aufzunehmen – obwohl er sich sehr darum bemüht hat?“

Sie sah ihn entgeistert an. Was meinte er nur damit? Sie hatte nichts mehr von ihrem Vater gehört, seit er sie vor zwanzig Jahren verlassen hatte.

„Jetzt, da Carl reich und berühmt ist, tauchen Sie plötzlich auf.“ Marc warf ihr einen abschätzigen Blick zu. „Sie können mich gern einen Zyniker nennen, aber das kann doch kein Zufall sein. Sie wollen mir doch nicht weismachen, dass es Ihnen nur um eine nette kleine Familienzusammenführung geht, oder?“

„Meine Beweggründe, Mr. Clayton, gehen Sie überhaupt nichts an.“ Ihre Stimme zitterte vor Wut. „Wie können Sie mir so etwas Widerliches unterstellen? Sie kennen mich doch gar nicht … Sie wissen nichts über meine Beziehung zu meinem Vater.“

„Ich weiß, was Ihr Vater mir erzählt hat.“

Libby war immer schockierter. „Was hat er Ihnen denn gesagt?“

Marc warf ihr einen Seitenblick zu. Ihre Augen waren weit geöffnet, auf ihren Wangen brannten zwei rote Flecken. „Ich finde, Sie sollten Schauspielerin werden“, sagte er ruhig. „Sie haben auf jeden Fall Potenzial.“

„Vielleicht liegt das ja in der Familie“, gab sie wütend zurück.

„Ja, vielleicht.“

„Was hat mein Vater Ihnen gesagt?“ Plötzlich merkte sie, dass ihr übel wurde. Es war schlimm genug, dass sie nie wieder etwas von ihrem Vater gehört hatte. Aber jetzt auch erfahren zu müssen, dass er deswegen log, war mehr, als sie ertragen konnte. Warum tut er das nur?

„Er hat mir erzählt, er hätte Ihnen all die Jahre unzählige Briefe, Karten, Geld und teure Geschenke geschickt. Die Briefe und die Karten kamen alle wieder zurück, aber die Geschenke und das Geld haben Sie behalten.“

„Ich kann es nicht fassen, dass er das zu Ihnen gesagt hat.“

„Aber es ist doch die Wahrheit! An Ihrem achtzehnten Geburtstag hat er anscheinend versucht, mit Ihnen in Kontakt zu treten. Er ist auf Ihrer Geburtstagsfeier aufgetaucht, doch Sie haben ihm die Tür vor der Nase zugeschlagen. Sie haben ihm gesagt, Sie würden ihn hassen und würden ihn nie wieder sehen wollen.“

Libby öffnete den Mund und schloss ihn dann wieder. Sie hätte Marc nur zu gern gesagt, dass dies nichts als Lügen waren, verdammte Lügen … aber ihren Vater diesem Fremden gegenüber einen Lügner zu nennen, hätte sie nicht übers Herz gebracht. „Das … das geht Sie nichts an“, erwiderte sie stattdessen mit bebender Stimme. „Ich habe meinen Vater geliebt.“

„Geliebt?“ Marc sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Aber Sie wählen bewusst die Vergangenheitsform?“

Sie schluckte. „Ich liebe ihn immer noch.“ Ja, es stimmte, sie liebte ihn noch immer. Er musste seine Gründe haben für das, was er seinem Agenten gegenüber behauptet hatte. Plötzlich merkte sie, wie sehr sie sich danach sehnte, von ihrem Vater in die Arme genommen und geküsst zu werden. Sie hatte ihn so sehr vermisst.

Libby kämpfte mit den Tränen und wandte sich ab, um diesem arroganten Marc Clayton nicht die Genugtuung zu geben, sie weinen zu sehen.

„Wie dem auch sei, ich hatte gehofft, wir beide würden zu einer Einigung kommen, bevor die Presse sich auf den Fall stürzt“, sagte er.

„Was für eine Einigung?“, fragte sie ärgerlich.

Marc stellte den Wagen vor einem Parkautomaten ab, holte ein paar Münzen aus seiner Hosentasche und ließ sie in seiner Hand klimpern. „An diese Art von Einigung dachte ich“, sagte er trocken.

„Ich will Ihr verdammtes Geld nicht!“

„Nur das Geld Ihres Vaters? Oder hatten Sie etwa vor, Ihre Story an die Presse zu verkaufen und der Liebling der Talkshows zu werden?“

„Zur Hölle mit Ihnen!“

„Aber wir müssen das klären, wir …“