Sitz, Platz, Glück - Isabell Sommer - E-Book

Sitz, Platz, Glück E-Book

Isabell Sommer

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Beschreibung

Hund aufs Herz – der finale Band der Hundeglück-Reihe von Isabell Sommer Hunde sind Neles Leben. Kurzerhand hat sie ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht und sich mit einem eigenen Hundesalon einen Herzenswunsch erfüllt. Mit ihrer Collie-Hündin Poppy führt Nele ein ziemlich entspanntes Leben. Doch die Entspannung ist bald vorbei, als ein neuer Nachbar einzieht: Julian hat selbst einen Hund und arbeitet als Dogwalker, aber von Hundesalons hält er gar nichts. Die beiden geraten ständig aneinander. Die Lage scheint aussichtslos. Doch als sie sich eines Tages bei einem Spaziergang begegnen, zeigt Julian plötzlich eine ganz neue Seite. Ist er vielleicht doch nicht so stur und verbohrt, wie Nele anfangs dachte? Liebesglück auf vier Pfoten – die Hundeglück-Reihe:  Band 1: Sitz, Platz, Kuss Band 2: Sitz, Platz, Liebe Band 3: Sitz, Platz, Glück

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Seitenzahl: 272

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Isabell Sommer

Sitz, Platz, Glück

Hundeglück-Roman

 

 

Über dieses Buch

 

 

Neles Leben könnte so schön sein: ein eigener Hundesalon, eine nette Nachbarschaft, und Collie-Hündin Poppy – ihr Ein und Alles. Als ein neuer Nachbar in das Mehrfamilienhaus zieht, in dem sie auch ihren Salon betreibt, wird ihre Offenherzigkeit auf eine harte Probe gestellt. Julian bringt zwar selbst einen vierbeinigen Mitbewohner namens Yoda mit, doch von Hundesalons hält er so gar nichts. Die beiden geraten ständig aneinander, wenn sie sich sehen. Die Lage scheint aussichtslos. Aber ist sie das wirklich?

 

 

Weitere Informationen finden Sie auf www.fischerverlage.de

Biografie

 

 

Isabell Sommer ist das Pseudonym der österreichischen Autorin Isabell Leitner. Sie studierte Germanistik und Bibliothekswesen, angetrieben von ihrer Liebe zu Büchern. Seit 2014 widmet sie sich ganz ihrer Leidenschaft: dem Schreiben. Mit ihrem Partner und ihrer Collie-Hündin Skadi lebt sie in Nordrhein-Westfalen, in einem Dorf nahe der holländischen Grenze. Ihre süße Fellnase spielt eine Hauptrolle in ihrem Herzen und war der Antrieb für die Hundeglück-Reihe.

Impressum

 

 

Erschienen bei FISCHER E-Books

 

© 2024 S. Fischer Verlag GmbH, Hedderichstraße 114, D-60596 Frankfurt am Main

 

© 2024 Isabell Sommer

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Langenbuch & Weiß Literaturagentur.

 

Redaktion: Silke Reutler

 

Covergestaltung: www.bürosüd.de

Coverabbildung: www.bürosüd.de

ISBN 978-3-10-491807-5

 

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Inhalt

[Widmung]

[Kapitel]

Kapitel 1 Nele

Kapitel 2 Nele

Kapitel 3 Nele

Kapitel 4 Nele

Kapitel 5 Clara

Kapitel 6 Julian

Kapitel 7 Julian

Kapitel 8 Nele

Kapitel 9 Nele

Kapitel 10 Nele

Kapitel 11 Julian

Kapitel 12 Nele

Kapitel 13 Nele

Kapitel 14 Clara

Kapitel 15 Nele

Kapitel 16 Nele

Kapitel 17 Nele

Kapitel 18 Nele

Kapitel 19 Nele

Kapitel 20 Julian

Kapitel 21 Nele

Kapitel 22 Julian

Kapitel 23 Nele

Kapitel 24 Clara

Kapitel 25 Nele

Kapitel 26 Julian

Kapitel 27 Nele

Kapitel 28 Nele

Kapitel 29 Julian

Kapitel 30 Nele

Kapitel 31 Nele

Kapitel 32 Nele

Kapitel 33 Julian

Kapitel 34 Nele

Kapitel 35 Clara

Kapitel 36 Nele

Kapitel 37 Nele

Kapitel 38 Clara

Kapitel 39 Nele

Kapitel 40 Nele

Kapitel 41 Nele

Kapitel 42 Julian

Kapitel 43 Clara

Kapitel 44 Clara

Kapitel 45 Nele

Kapitel 46 Ron

Kapitel 47 Julian

Kapitel 48 Nele

Kapitel 49 Nele

Kapitel 50 Nele

Kapitel 51 Nele

Epilog Clara

Danksagung

Für meine Colliehündin Skadi, die Poppy als Modell dienen durfte. Wenn ihr denkt, Poppys Neurosen wären ganz und gar übertrieben, kennt ihr meine Skadi nicht.

Mama hat dich lieb, Frau Puschelpo!

Kapitel 1Nele

Mein Tipp Nummer eins? Wer mit Meditation nichts anfangen kann – so wie ich, die sich dabei einfach nur schrecklich langweilt, bis sie vor lauter Langeweile am liebsten aus der Haut fahren will –, sollte es mal mit dem Scheren von wollig weichem Pudelfell versuchen. Das gleichmäßige Surren der Schermaschine hat etwas unfassbar Beruhigendes. Mit jedem Löckchen, das zu Boden fällt, sinke ich in einen immer tieferen Zustand der Entspannung, von dem ich damals im Yin-Yoga-Kurs, zu dem ich Ron mal begleitet habe, nur träumen konnte. Yin Yoga – einmal und nie wieder.

Wendy, die Pudelhündin, lässt die Prozedur souverän über sich ergehen. Kein Wunder, schließlich ist sie ein Profi und wird von ihrem Frauchen regelmäßig in meinen Pfotensalon gebracht.

»Du bist so eine Feine«, gurre ich entzückt.

Erfreut über das Lob, tänzelt sie auf dem Frisiertisch herum. Gut, dass ich ihr die Schlinge angelegt habe, die auf makabre Weise an einen Galgen erinnert, aber eine reine Sicherheitsmaßnahme ist: Mit Hilfe dieser Stoffschlaufe, die an einem Gestell befestigt ist, kann ich meinen vierbeinigen Gast in Position halten, damit er nicht vor lauter Gezappel vom Tisch stürzt oder sich an der Maschine verletzt.

Poppy hebt den Kopf. Meine Colliehündin leistet mir bei der Arbeit im Salon eigentlich immer Gesellschaft, nur wenn ein sozial unverträglicher Gast zur Fellpflege angemeldet ist, muss sie in der Wohnung bleiben. Und das ist ganz unkompliziert möglich, denn unsere Wohnung befindet sich nur eine Tür weiter. Das ganze Erdgeschoss des vierstöckigen Mehrfamilienhauses ist mein und Poppys Revier. Jetzt liegt meine Hündin entspannt im Sonnenfleck vor dem Fenster – auf den harten Fliesen neben dem teuren Körbchen, das ich ihr extra gekauft habe – und scheint ebenfalls vom Geräusch der elektrischen Schermaschine in eine Art Trance gesurrt zu werden. Als sie meine Stimme hört, hebt sie den Kopf.

»Alles gut, Plüschkugel, schlaf weiter«, sage ich zu ihr. Sofort streckt sie sich wieder aus, und gleich darauf verraten ihre zuckenden Pfoten, dass sie in wilde Träume abgetaucht ist.

Gutgelaunt summe ich vor mich hin, während ich Wendy um einen Teil ihrer Lockenpracht erleichtere und ihr eine pflegeleichte Kurzhaarfrisur verpasse. Als hätte sie an der Tür gelauert, kommt Frau Engels genau in dem Moment herein, in dem ich die Schermaschine und den grobzinkigen Kamm beiseitelege.

»Mein Gott, schick sieht sie wieder aus«, jauchzt sie. »Glatt fünf Jahre jünger. Und so sportlich. Das war ja auch wirklich kein Zustand mehr, die Arme konnte kaum mehr aus den Augen gucken bei dem vielen Fell im Gesicht.«

Die Wiedersehensfreude zwischen der älteren Dame und dem Zwergpudel sind herzerwärmend. Man könnte meinen, die beiden hätten sich tagelang nicht gesehen.

»Ja, bei Wendy sprießen die Löckchen wie Unkraut«, stimme ich zu. »Bei so einem Haarwuchs kann man fast neidisch werden.«

Ich habe der Pudelhündin keine verrückte Frisur verpasst, keinen Löwenschnitt oder dergleichen, wie man es auf Ausstellungen oft sieht. Das schnell wachsende Fell habe ich einfach nur gleichmäßig gekürzt, damit Frau Engels die Pflege zu Hause alleine gut hinbekommt. Mit ihren von Arthrose geplagten Fingern tut sie sich nämlich beim Bürsten schwer.

»War sie denn brav?«, erkundigt sie sich wie jedes Mal.

»Der reinste Engel«, erwidere ich – und muss, ebenfalls wie jedes Mal, wegen des Wortwitzes grinsen. »Sie hat alles ganz lieb über sich ergehen lassen.«

Vor Stolz leuchten Frau Engels Augen, ihre Wangen färben sich rosig. »Ich sage ja immer, sie ist einfach die Beste.«

Seit Frau Engels’ Kinder erwachsen sind, eigene Familien gegründet haben und weggezogen sind, ist der kleine Pudel ihre größte Freude im Leben.

»Tja, das letzte Kind hat Fell«, hat sie mir mal mit einem verschmitzten Schmunzeln anvertraut.

Als ich Wendy behutsam vom Frisiertisch hebe, schnalzt Frau Engels tadelnd mit der Zunge. »Die ist doch viel zu schwer. Fräulein Roth, ich sage es nicht zum ersten und ganz sicher auch nicht zum letzten Mal, Sie brauchen einen Mann! Einen lieben, starken Mann, der Ihnen im Salon zur Hand geht. Es ist wirklich beachtlich, was Sie hier stemmen. Aber manchmal muss man sich halt doch unter die Arme greifen lassen.«

Ich kann nicht anders, ich muss einfach lachen. »Diese zierlichen fünf Kilo kann ich gut alleine stemmen. Was meinen Sie, wie oft ich meine Poppy hochheben muss, weil Madame sich nicht über Stufen traut oder sich einfach nicht die Pfoten schmutzig machen will?« Ich deute auf meinen Collie, der jetzt angemessen schuldbewusst dreinschaut. »Die wiegt um einiges mehr. Und das ist auch überhaupt kein Problem. Um mich müssen Sie sich wirklich keine Sorgen machen, Frau Engels, ich komme wunderbar zurecht.«

Ich muss immer noch über die Worte meiner Kundin schmunzeln, als ich die grauen Löckchen wegfege. Ist ja nicht so, als hätte ich, wenn mir der Traumtyp über den Weg laufen sollte, prinzipiell etwas gegen einen Mann in meinem Leben einzuwenden, aber um mir bei der Arbeit zu helfen, brauche ich ganz bestimmt keinen. Wenngleich ich mir jetzt unwillkürlich Rocky aus der Rocky Horror Picture Show vorstelle, den blonden Adonis in goldfarbener Unterhose, wie er als mein Lakai durch den Laden wuselt und für mich putzt und aufräumt. Nicht die übelste Vorstellung.

Lautstarkes Röcheln und Schnaufen kündigen an, dass Ron sich nähert. Nicht, dass er so röcheln und schnaufen würde, er ist beneidenswert fit – nein, es sind die beiden Möpse, die er aus dem Tierheim gerettet hat und die jetzt ihre runden Köpfe durch die Tür schieben und sich in die Leinen hängen, um geradewegs an mir vorbei auf das Glas mit den Hundekeksen zuzusteuern. Dann erscheint ein weiterer Kopf mit einem Man-Bun, hellbraunen Augen, die mich vergnügt anfunkeln, und einem breiten Grinsen. Mit den langen, blonden Haaren, dem Bart und der eindrucksvollen Statur hat Ron etwas von Thor. Von einem Thor in übergroßer, abgewetzter Jeansjacke und Chucks.

Poppy springt auf, wedelt wild mit der Rute und gibt fiepende Laute von sich, bis Ron sich erbarmt und sie hinter den Knickohren krault. Manchmal erschreckt sich dieser Hund vor seinem eigenen Schatten, und die ganze Welt scheint ihm Angst zu machen, aber wenn es um Menschen oder um andere Hunde geht, kennt seine Begeisterung keine Grenzen. Dann ist da keine Spur von Ängstlichkeit zu bemerken.

»Ron! Na, wie war es an der Uni?«

»Von Anfang bis Ende enttäuschend. Abgesehen vom heißen Chai Latte, den ich zwischendurch im Café um die Ecke geholt habe. Vielleicht muss ich so langsam einsehen, dass Theologie nichts für mich ist. Genauso wenig wie davor Philosophie. Hey, was meinst du, ob Germanistik wohl das Richtige für mich wäre?«

Er wirkt nicht geknickt, sondern hat sich mit seiner Rolle als Dauerstudent bestens arrangiert. Trotzdem habe ich das Bedürfnis, diesen großen, breitschultrigen Kerl, der ein paar Jahre älter ist als ich, zu bemuttern, ihn so gut ich kann zu bestärken: »Du findest schon noch deinen Weg.«

»Ich weiß, ich weiß. Ach, Nele. Solange ich den Weg zum Schnitzel-Eck finde, ist alles halb so wild.« Er wuschelt mir liebevoll durch die kupferroten Locken, was ich gar nicht leiden kann, denn während ich das Fell meiner vierbeinigen Kunden perfekt im Griff habe, führen meine Haare ein wildes Eigenleben und sind kaum zu bändigen. Als wären es die Schlangen auf Medusas Kopf, die da oben eine Rebellion starten. Jetzt sind sie wieder in ihrem Element.

»Hast du einen Moment Zeit für meine beiden Grazien, bevor dein nächster Kunde kommt?« Ron schenkt mir seinen schönsten Dackelblick.

»Na klar.« Ich schnappe mir Lisbeth und Rüdiger. Bis der nächste Kunde seinen Termin hat – ein junger Kerl mit einem seidenweichen Malteser –, dauert es noch ein paar Minuten. »Was soll denn gemacht werden? Oh, ich sehe schon. Die Tränenflecken, stimmt’s?«

Neben zahlreichen anderen gesundheitlichen Baustellen haben Rons Hunde ein Problem mit tränenden Augen. Mit einem weichen Tuch und sanftem Reiniger mildere ich ganz behutsam die Fellverfärbungen unter ihren Augen.

»Am besten jeden Morgen mit etwas Kochsalzlösung abwischen«, gebe ich ihm als Tipp mit auf den Weg, »und vielleicht sprichst du mit deinem Tierarzt über neue Augentropfen für die beiden.«

Ron zieht eine leidende Miene. »Die Tierarztbesuche machen mich noch ganz arm. So kann’s nicht weitergehen, sonst muss ich am Ende mein Fahrrad verpfänden.«

Aber ich weiß, dass ihm Lisbeth und Rüdiger das Liebste und Kostbarste auf der Welt sind. Ihm ist klar, worauf er sich eingelassen hat, als er zwei gesundheitlich so angeschlagenen Hunden ein neues Zuhause gegeben hat, und er bereut es keine Sekunde. Zum Glück gibt es da ja auch noch seine Eltern, die dem ewigen Studenten bereitwillig unter die Arme greifen, wann immer es nötig ist.

Ron schnappt sich die Möpse – einen links, einen rechts – und macht sich auf den Weg nach oben in seine Wohnung, die sich eine Etage über meiner und dem Pfotensalon befindet. Aber als er schon halb durch die Tür ist, wirft er mir noch einen schmachtenden Dackelblick zu: »Nele, liebste Nele, Sonnenschein meiner alten Tage, hast du vielleicht noch ein paar von diesen göttlichen Schokocupcakes, die du neulich gebacken hast?«

»Ich muss dich enttäuschen. Die habe ich gestern zu Clara in die HuTa mitgenommen, als wie uns zum Kaffeetrinken getroffen haben.«

Sein erschütterter Blick könnte Stein erweichen.

»Aber heute Abend wollte ich ohnehin noch mal backen. Ich habe da ein Rezept auf Insta gesehen, und es juckt mich in den Fingern, es auszuprobieren«, erlöse ich ihn von seinen Höllenqualen.

»Du bist die Beste. Und ich bin im Himmel«, trällert er, während er endgültig verschwindet und mich meinem nächsten Kunden überlässt.

Kapitel 2Nele

Der unwiderstehliche Duft von Zimt und geschmolzener Butter erfüllt meine kleine Küche. Obwohl mein Handy fein säuberlich in seiner Halterung am hinteren Rand der Arbeitsplatte steht, damit ich beim Backen das Rezept sehen kann, weist das Display mittlerweile fettige Fingerabdrücke und genau in der Mitte einen dicken Frischkäseklecks auf, um den ich herumlesen muss.

Zimtschneckenmuffins mit cremigem Frischkäsetopping. Wie viel besser kann es noch werden? Nicht viel.

Behutsam bestreiche ich den Hefeteig mit der Zimt-Zucker-Butter-Mischung und rolle ihn liebevoll zu Schnecken, die ich in die Vertiefungen des Muffinblechs lege. Draußen ist es längst dunkel, als ich die kleinen Kunstwerke in den Ofen schiebe. Es ist spät geworden im Salon, weil ich mich mit meinem letzten Kunden verquatscht habe – Kevin, der mit seiner Art zu sprechen, seinen riesigen Muskeln, der coolen Lederjacke und überhaupt seiner ganzen Attitüde ein ziemlich harter Kerl zu sein scheint, aber tatsächlich ein absoluter Softie ist, zumindest wenn es um seinen kleinen schneeweißen Malteser geht. Aber das Backen – eine meiner großen Leidenschaften – wollte ich mir trotzdem nicht nehmen lassen, also stehe ich jetzt eben nachts in der Küche.

Als ich vor dem Ofen hocke, durch die zugegebenermaßen nicht ganz saubere Glasscheibe den Muffins beim Wachsen zusehe und mein verschwommenes Spiegelbild im Glas bemerke, muss ich lachen. Meine Haare sehen so dermaßen wild aus! Ich habe die Locken auf meinem Kopf zu etwas aufgetürmt, das mit den Haaren anderer Frauen vielleicht wie ein lässiger Messy-Bun aussähe, bei meiner Mähne aber einem Nest gleicht, in dem sich ein Adler niederlassen könnte.

Aber ich sehe glücklich aus, und darauf kommt es an. Dass das nicht selbstverständlich ist, weiß ich, aber ich bin eben wirklich ein richtiges Glückskind. Ich spüre in mir eine tiefe Zufriedenheit, so als würde eine warme Sonne in meiner Brust scheinen.

Dass ich meine Leidenschaft zum Beruf machen und meinen Hundesalon eröffnen konnte, dass ich genau im richtigen Moment bezahlbare Räumlichkeiten gefunden habe, um diesen Traum in die Realität umzusetzen, dass meine Wohnung zudem noch im selben Gebäude und genau richtig für Poppy und mich ist – all das erfüllt mich mit einer tiefen Dankbarkeit.

Die Muffins brauchen nicht lange. Als ich sie aus dem Ofen hole und der süße Zimtduft noch stärker wird, kommt Poppy neugierig herangeschlurft. Die lange Nase der Colliehündin nähert sich von unten dem heißen Backblech. Ihre Nasenlöcher blähen sich, als sie aufgeregt schnuppert.

»Sorry, Madame.« Vorsichtshalber halte ich das Blech etwas höher, als ich es zur Arbeitsplatte balanciere, wo ich es zum Abkühlen platziere. »Nichts für Hunde. Auch nicht für die mit langen, neugierigen Nasen.«

Ein Protestlaut kommt aus Poppys Kehle, eine Art klägliches Gurren wie von einer kranken Taube. Die vielzitierte Gesprächigkeit der Collies – die Hunderasse ist dafür bekannt, rund um die Uhr in allen Tonlagen zu kommunizieren.

»Ist ja gut. Morgen backe ich dafür auch Hundekekse. Die guten mit Thunfisch. Ich habe Clara ohnehin noch eine Ladung für die HuTa versprochen. Ja, keine Sorge, da fällt auch was für dich ab.«

Als ich gerade mit Poppy rausgehen will – noch eine kurze Pipirunde vor dem Schlafengehen –, teilt mein Handy mir mit, dass eine neue Folge meiner liebsten Podcastreihe online ist: Hundert Pfoten für Julian. Ein Lächeln huscht über mein Gesicht. Ob beim Gassigehen oder beim Autofahren, ich liebe Podcasts, und den hier mag ich am allerliebsten.

Also packe ich mir meine großen Kopfhörer auf die Ohren, schnappe mir Poppys Leine und gebe ihr einen Wink. Geduldig wartet meine Hündin, als ich noch schnell die paar Stufen hochlaufe und eine Dose mit Zimtschneckenmuffins vor Rons Tür platziere. Auf dem Deckel klebt ein Zettelchen, auf das ich eine Sonne gemalt habe. Beim Gedanken daran, wie sehr er sich morgen früh freuen wird, wird mir warm ums Herz.

Während Poppy und ich Seite an Seite am Rhein entlangspazieren, habe ich Julians Stimme im Ohr. Lächelnd schaue ich übers Wasser und denke einmal mehr, was für ein Glückskind ich doch bin und wie wohl ich mich hier fühle.

»Ein Umzug mit Hund. Klingt harmlos? Das fand ich auch. Zumal Yoda recht unkompliziert alle kleinen und großen Alltagshürden überwindet, wenn er nicht gerade beschließt, sich in Mr. Grumpy-Face zu verwandeln. Ha! Freunde der Nacht, ich kann euch sagen, ich wurde eines Besseren belehrt.« Ich lausche Julians Stimme, zu der ich kein Gesicht kenne und die mir trotzdem so vertraut geworden ist, als wäre er ein Freund von mir.

Weit über hundert Folgen hat seine Podcastreihe mittlerweile, und jede einzelne habe ich im Laufe der letzten Jahre gehört. Begeistert folge ich seinen Ausführungen, wenn der Hundefreund und professionelle Dogwalker von seinem Alltag mit Yoda, seinem Rhodesian Ridgeback, und den zahlreichen Abenteuern erzählt, die er erlebt, wenn er mit einem Rudel Hunde an der Leine durch die Stadt zieht.

Seine Stimme begleitet mich noch, als ich mit Poppy zurückkomme, mir die Zähne putze, ins Bett gehe und schließlich in einen Schlaf voll schöner Träume gleite.

Kapitel 3Nele

Eine Weile hat die Wohnung im ersten Stock neben der von Ron leer gestanden. Nicht sonderlich lange, denn bezahlbare Wohnungen in direkter Rheinnähe sind heißbegehrt, aber lange genug, um uns Wetten abschließen zu lassen, wer wohl neben Ron und über mir einziehen würde: ein Schlagzeuger – Rons Tipp, eine verrückte Katzenlady – mein Tipp, oder doch jemand ganz anderes?

Ich komme gerade vom Einkaufen zurück, als ich den gemieteten Kastenwagen am Straßenrand und die halb auseinanderfallenden Umzugskartons auf dem Gehweg vor unserem Mehrfamilienhaus sehe, die so wirken, als hätten sie schon eine Menge Umzüge hinter sich. Vor Aufregung lasse ich beinahe die Einkaufstaschen fallen. Als ich eilig näher komme, liegt ein dickes Grinsen auf meinem Gesicht. Ich brenne darauf, Ron nachher zu erzählen, dass ich den neuen Nachbarn oder die neue Nachbarin als Erste erspäht habe, und ihn darüber zu informieren, wer denn da bei uns einzieht.

Aber da ist niemand.

Niemand zu sehen. Die Türen des Kastenwagens stehen offen, aber darin herrscht gähnende Leere. Was an sich weder merkwürdig noch abwegig ist. Der Nachbar oder die Nachbarin ist wohl gerade mit sämtlichen Umzugshelfern oben in der Wohnung, in die sie bereits etliche Kisten und alle Möbel geschleppt haben. Was mich wundert, ist nur, dass auf dem Bürgersteig gerade mal noch drei Kartons stehen. So lange war ich nun auch wieder nicht weg, und als ich losgegangen bin, war von einem Einzug noch gar nichts zu ahnen gewesen.

Sehr effizient, denke ich anerkennend. Offenbar ist es der mysteriösen unbekannten Person mit ihren vielen Helfer gelungen, sämtlichen Kram in Rekordgeschwindigkeit die Treppe hinaufzubefördern.

Die drei zerfledderten Kartons hier draußen üben eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf mich aus. In ihnen verbirgt sich sicherlich etwas, das Aufschluss darüber geben könnte, was für ein Mensch hier einzieht. Ein auseinandergebautes Schlagzeug wäre zum Beispiel ein Hinweis, oder ein Katzenkratzbaum.

Ob ich vielleicht …? Nur einen winzigen Blick …?

Verstohlen schaue ich mich um und spähe in den Hauseingang. Vor lauter Anspannung ragt meine Zungenspitze ein kleines Stück aus meinem Mund, als ich vorsichtig nach dem Deckel eines Umzugskartons greife und ihn anhebe.

»Da drin ist nichts, was sich zu stehlen lohnt«, ertönt eine Stimme hinter mir.

Das Blut schießt mir in die Wangen. Was entsetzlich unvorteilhaft ist, wie ich weiß – je mehr sich die Farbe meiner Haut an die meiner Haare annähert, desto weniger schmeichelhaft sieht es aus.

»Was? Nein! Ich wollte doch nicht …«, stammle ich, drehe mich um und taumle dabei so ungeschickt einen Schritt rückwärts, dass ich mit den Kniekehlen gegen einen Karton pralle. Shit. Es geht alles so schnell, dass ich gar nichts tun kann. Mit rudernden Armen kippe ich nach hinten. Die Pappe gibt unter meinem Po nach.

Bitte kein Geschirr, ist der einzige Gedanke, der durch meinen Kopf blitzt.

Kein Geschirr, Gott sei Dank, und auch sonst nichts Zerbrechliches. Kein lautes Klirren. Mit angehaltenem Atem und zutiefst beschämt sitze ich im Umzugskarton, und wünsche mir inständig, der Boden würde sich unter mir auftun.

Ein Mann steht vor mir, die Arme vor der Brust verschränkt, eine Augenbraue hochgezogen, und präsentiert ein regloses Pokerface. Nein, das stimmt nicht ganz. Jetzt sehe ich das amüsierte Zucken um seine Mundwinkel, als könnte er sich nur mühsam beherrschen, nicht loszulachen.

Als ich gerade das Gefühl habe, meine Wangen würden vor lauter Hitze explodieren, streckt er mir seinen Arm entgegen und hilft mir hoch. Trotz meiner Verlegenheit – ehrlich, mir war noch nie in meinen zweiunddreißig Lebensjahren etwas so dermaßen peinlich – fällt mir auf, wie angenehm warm und stark sich seine Hand anfühlt.

»O Gott. Es tut mir so leid. Das ist mir so peinlich.«

»Zu Recht.« Er scheint nicht vor zu haben, mich so schnell vom Haken zu lassen, und scheint zu genießen, wie ich mich winde.

»Also.« Ich atme ganz tief ein und versuche, mich zu sammeln. »Ich wohne hier. So wie es aussieht, sind wir jetzt Nachbarn. Und, na ja, da war ich einfach neugierig, wer da in unser Haus kommt. Könnte ja jeder sein. Vielleicht ein … Serienmörder.«

»Und als solchen hättest du mich zuverlässig identifiziert, indem du in meinen Kartons stöberst, weil ich … was genau darin gehabt hätte? Einen Haufen Messer? Oder ein Mörder-Kit wie bei Dexter?«

»Zum Beispiel. Was für mich echt unglücklich gewesen wäre. Weil, äh, ich mich dann jetzt womöglich bei meiner Bruchlandung aufgespießt hätte.«

Er schaut mich irritiert an, als sei er unsicher, ob ich scherze, oder total irre bin, was ich in dem Moment selber nicht so genau weiß. Ich weiß nur, dass das die peinlichste Situation meines Lebens ist.

»Und außerdem wollte ich natürlich, wie es sich für gute Nachbarn gehört, auf der Stelle behilflich sein.« Ich lasse meine schwach ausgeprägten Oberarmmuskeln spielen und deute dann mit großer Geste auf die Umzugskartons, von denen einer jetzt einen großen, eingedrückten Krater aufweist. Einen Krater in Pogröße. Und mein Po ist wirklich alles andere als klein. Mein Gott. Es wird von Sekunde zu Sekunde unangenehmer. Was ist nur los mit mir?

»Danke. Aber die drei Kartons schaffe ich noch gut alleine.«

Sein Grinsen ist umwerfend. Wenn ich mich schon blamieren muss, warum dann ausgerechnet vor dem viel zu heißen neuen Nachbarn? Erst jetzt nehme ich so richtig wahr, wie der Kerl aussieht, der mir gegenübersteht. Er ist bestimmt einen Kopf größer als ich, was nicht allzu schwer ist, und schlank, fast schlaksig. Die braunen Haare kringeln sich zu weichen Locken und fallen ihm in die Stirn, doch nur oben auf dem Kopf trägt er sie länger, seitlich sind die Haare kurz. Süß wirkt er auf den ersten Blick, finde ich. Die blauen Augen schauen unschuldig drein, könnte man meinen, aber meine Menschenkenntnis sagt mir sofort, dass er nicht so harmlos ist, wie es im ersten Moment scheint.

Ein Womanizer? Gut möglich, mit dem hübschen Gesicht hat er bestimmt leichtes Spiel. Ein Wolf im Schafspelz? Vielleicht.

Ich kratze mich am Kopf. Langsam finde ich meine innere Mitte wieder. Der Schreck wegen meines missglückten Nachforschungsversuchs und wegen des peinlichen Körperklaus-Sturzes in den Umzugskarton lässt nach. »Oh? Hast du deinen ganzen anderen Kram schon hochgetragen?« Ich schaue mich fragend um.

»Es gibt keinen anderen Kram.« Er zuckt mit seinen Schultern, die in einer oversized Jeansjacke stecken.

Ich reiße die Augen auf. »Was? Das ist alles?«

Bei einem Umzug nimmt man doch alles, was man hat, von A nach B mit. Sein ganzes Leben, verpackt in Kisten und Kartons. Und niemals, in keiner existierenden Welt, passt ein gesamtes Leben in drei Umzugskartons.

»Was ist das da eigentlich?« Er deutet auf das Schild meines Pfotensalons. Liebevoll gestaltet, in verschnörkelter Schrift, verziert mit einem übergroßen Pfotenabdruck. »Ist in unserem Haus ernsthaft so ein Hundefriseurladen?«

Meine Augen, gerade noch weit offen, verengen sich jetzt zu Schlitzen. »Sag bloß, du magst keine Hunde.«

»Doch, ganz im Gegenteil. Mit Menschen, die keine Hunde mögen, stimmt was nicht. Aber das da? So etwas ist doch unnötig. Meinst du nicht auch?« Irgendwie kommt er mir bekannt vor. Im ersten Moment ist mir das gar nicht aufgefallen, aber jetzt, als wir einander gegenüberstehen, wird das Gefühl immer stärker. Fieberhaft überlege ich, wann und wo ich ihn schon mal gesehen haben könnte, aber ich komme einfach nicht drauf.

Okay. Noch hat er nicht gecheckt, dass das mein Laden ist, den er gerade so abgeurteilt hat. »Unnötig? Wie kommst du denn darauf?«, frage ich lauernd und nur mühsam beherrscht, um ehrlich zu sein. Lästert dieser Kerl tatsächlich über mein Herzensprojekt? Der ist neu hier, der sollte kleine Brötchen backen!

Er schnaubt, als wäre das so klar, dass man es gar nicht zu erklären braucht, lässt sich dann aber zu einer Antwort herab: »Ich mag Hunde. Sagte ich ja. Und deswegen finde ich, sie sollten artgerecht gehalten werden. Ganz natürlich eben. Nicht vermenschlicht oder herausgeputzt wie Plüschtiere.«

Er greift nach dem ersten Karton und hebt ihn noch. Es ist der Karton, in dem mein Hintern eine gewaltige Delle hinterlassen hat. Als er damit ins Haus verschwinden will, stelle ich mich ihm mit verschränkten Armen in den Weg und funkle ihn an.

»Sag mal, geht’s noch?« Das war es dann wohl mit meiner Selbstbeherrschung. »Es geht doch nicht darum, Hunde herauszuputzen. Sondern schlicht und einfach um deren Pflege.«

»Einen Hund zu bürsten und alle Jubeljahre, wenn er sich in etwas Stinkendem gewälzt hat, zu baden, bekommen die meisten Hundebesitzer ja wohl noch selber hin.« Er zieht die Augenbrauen hoch. »Oh. Sag bloß, das ist dein Laden.«

Ich recke das Kinn vor. »Ja, das ist mein Pfotensalon. Und sorry, aber du hast keine Ahnung. Klar, manche Hunde haben pflegeleichtes Fell, da ist das alles kein Ding. Aber was ist mit den Hunden, die langes, flauschiges, feines Haar haben? Das verfilzt manchmal höllisch. Gerade hinter den Ohren. Oder unter den Achseln. Mal versucht, so einen Hund zu pflegen? Da muss man mit Bürste und Kamm ständig hinterher sein. Das kann und will eben nicht jeder Hundehalter selbst leisten.«

»Ja, mag sein. Wärst du so gut, mir aus dem Weg zu gehen? Das Ding hier wird langsam schwer.« Er guckt demonstrativ auf den Karton.

Fassungslos trete ich beiseite. Ist er nicht mal bereit, meine Argumente anzuhören, nur um nicht von seinen engstirnigen Vorurteilen abrücken zu müssen? »Und nicht jeder Hund lässt das ohne weiteres über sich ergehen! Ziept ja auch. Da tut sich der Profi leichter als der Hundehalter, der sich manchmal nicht so recht rantraut, aus Angst, seinem Vierbeiner weh zu tun. Und was ist mit der Krallenpflege! Hallo? Hundekrallen zu schneiden, traut sich auch nicht jeder zu! Mal gesehen, wie das bluten kann, wenn man zu tief schneidet? Hey!«, rufe ich ihm hinterher.

Er hört mich gar nicht mehr. Oder, was vielleicht wahrscheinlicher ist – er gibt vor, mich nicht zu hören. Ich sehe nur noch seinen Rücken, als er seinen Karton die Treppe hinaufträgt.

Fassungslos und wutschnaubend stapfe ich in meine Wohnung und knalle die Tür hinter mir zu.

Was gäbe ich jetzt dafür, wenn der neue Nachbar wirklich, wie ich gewettet hatte, eine verrückte Katzenlady wäre. Oder ein Drummer nach Rons Tipp. Meinetwegen auch eine schlagzeugspielende Katzenlady, die auf dem Balkon Gras anbaut und sonntags schon früh morgens auf Falschparker schimpft. Ganz egal, alles wäre mir lieber als dieser unfreundliche und unhöfliche Kerl, der sich ein Urteil über Dinge erlaubt, von denen er ganz offensichtlich keine Ahnung hat. Über Dinge, die mir am Herzen liegen.

Wenn mir nur einfallen würde, woher ich den Typen kenne!

Kapitel 4Nele

Die unerfreuliche Begegnung mit dem neuen Nachbarn lässt mir keine Ruhe. Nicht etwa, weil er mir so unsympathisch ist. Idioten gibt es überall auf der Welt, auch hier in unserer beschaulichen Stadt – das schockt mich nicht. Über so was stehe ich normalerweise drüber. Mit Idioten kann ich umgehen, mit denen komme ich klar, die können mir meine gute Laune nicht verhageln.

Poppy fiept leise. Sie lehnt sich an meine Beine, als ich in der Küche stehe und die Zutaten für die Thunfisch-Hafer-Hundekekse zusammenrühre. Die Masse klebt am Holzlöffel und lässt sich nur schwer zu einem glatten Teig verarbeiten.

»Sorry, meine süße Maus.« Seufzend setze ich mich zu ihr auf den Küchenboden, nehme ihr schmales Gesicht in beide Hände und kraule sie hinter den weichen Knickohren, die immer so lustig auf und ab wippen, wenn sie läuft.

Im Gesicht ist ihr Fell ganz kurz und seidig, doch gleich hinter den Ohren geht es los mit den Fellmassen. Um den Hals trägt sie einen dicken Kragen aus weißem Plüsch, am ganzen Körper ist ihr Fell dicht, flauschig und so weich wie Watte.

Genau genommen war es Poppy, die mich auf die Idee mit dem Pfotensalon gebracht hat. Seit meiner Kindheit habe ich immer einen Hund – ohne ist ein Leben für mich nicht vorstellbar. Aber Poppy ist mein erster Vierbeiner mit einem solchen Fell. Mein Traum war es immer schon, mit Hunden zu arbeiten, irgendetwas mit Hunden zu machen. Aber erst durch meinen Langhaarcollie ist mir klargeworden, was für ein komplexes Thema Fellpflege sein kann.

Angeblich sollen Collies pflegeleichter sein, als man bei ihrem Anblick erwartet – ha! Auf viele mag das sicherlich zutreffen, aber meine Maus ist eine Plüschwalze auf vier Pfoten, deren Pflege eine Wissenschaft für sich ist. Durch sie bin ich zum Profi mit Kamm und Bürste geworden, habe mich immer mehr in die Thematik vertieft und bin schließlich auf die Idee gekommen, eine Ausbildung in dem Bereich zu machen. Die Idee vom Pfotensalon war geboren.

Vielen Hundebesitzern und Vierbeinern habe ich seither geholfen. Es macht mir extrem viel Freude, verfilztes oder verknotetes Fell auszubürsten, zu scheren oder allzu dichte Unterwolle zu entfernen, weil ich weiß, wie viel besser sich die Tiere dann fühlen, wenn sie keinen ungepflegten Pelz mit sich herumschleppen müssen.

Und dann ballert mir so ein dahergelaufener Kerl einfach ungefragt haltlose Vorurteile um die Ohren.

Die lange Collienase nähert sich meinem Gesicht. Ich bin so in meine Grübeleien versunken, dass ich viel zu langsam reagiere, und schon leckt Poppys Zunge über meine Wange.

»Du Ekel«, protestiere ich kichernd.

Vor Begeisterung wedelt sie ganz wild mit dem puscheligen Schwänzchen. Ihre Augen, die in einem für Collies seltenen Eisblau strahlen – ähnlich wie bei Huskys oder manchen Australian Shepherds –, schauen mich treuherzig an.

»Du hast ja recht.« Ich glaube, es gibt keinen Menschen, der nicht mit seinem Hund redet, als könnte der jedes Wort verstehen. »Der Idiot kann uns ganz egal sein. Soll er doch da oben in seiner Wohnung hausen und jeden Tag am Salon vorbeilaufen. Was er davon hält, ist sein Problem, nicht unseres. Wir ignorieren ihn einfach.«

Ich schaue hoch zur Decke, über der mein neuer Nachbar wohnt, und Poppy tut es mir in stillem Einvernehmen gleich, als wüsste sie genau, worum es geht. Dass sie nicht die hellste Kerze auf der Torte ist, vergesse ich in solchen Momenten wie diesem gern.

Ganz still ist es dort oben. Ich habe Lärm vom Möbelrücken und -aufbauen erwartet. Als ich hier eingezogen bin, habe ich tagelang süßes Gebäck an alle Nachbarn verteilt, damit sie mir verzeihen, dass ich oft noch spät nachts gehämmert, gebohrt und geflucht habe, bis endlich all meine Ikea-Möbel standen.

Aber der Neue? Nichts. Hat er keine Möbel? Ist er überhaupt da?

Zwei Dinge lassen mir keine Ruhe.

Zum einen, dass er mich so aus der Fassung gebracht hat. So bin ich nicht, wirklich gar nicht. Ob nervige Mitmenschen, davonfahrende Busse, Mücken im Schlafzimmer, Regenschauer bei frisch geföhnten Haaren – normalerweise ärgert mich nichts so richtig. Meine gute Laune ist meine Superkraft. Aber jetzt nervt es mich, dass ich so genervt von meinem neuen Nachbarn bin, der es mit nur ein paar blöden, unsinnigen Sätzen geschafft hat, mich so dermaßen auf die Palme zu bringen.

Und zum anderen, dass ich nicht draufkomme, woher, verdammt nochmal, ich ihn kenne. Da ist etwas an ihm, das mir so unglaublich vertraut erscheint. Ist er jemand aus meiner Vergangenheit? Haben wir mal gemeinsam einen Kurs besucht? Sind wir uns bei irgendeiner Party über den Weg gelaufen? Kennt er jemanden, den ich kenne?