Skull-Ranch 125 - Hal Warner - E-Book

Skull-Ranch 125 E-Book

Hal Warner

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Beschreibung

Heiß brennt die Sonne über Colorado. Der Colt sitzt locker, und das Messer liegt leicht in der Hand. Die Saloon-Schlägereien nehmen zu.
Heiß hämmert dem Mann das Blut in den Adern, als er die schöne Jessie Dillon sieht. Sie fühlt sich unbeobachtet. Ein Rascheln lässt das junge Mädchen erschrocken herumfahren. Und dann sieht es ihn...
Als Jessie Dillons Leiche gefunden wird, scheinen die erhitzten Gemüter der Bewohner von Golden City zu explodieren. Lyncht die Bestie! Und keiner zweifelt daran, dass der vorbestrafte Skull-Ranch-Cowboy Mike Sheldon der Mörder ist...


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Inhalt

Cover

Gebrandmarkt

Vorschau

Impressum

Gebrandmarkt

von Hal Warner

Heiß brennt die Sonne über Colorado. Der Colt sitzt locker, und das Messer liegt leicht in der Hand. Die Saloon-Schlägereien nehmen zu.

Heiß hämmert dem Mann das Blut in den Adern, als er die schöne Jessie Dillon sieht. Sie fühlt sich unbeobachtet. Ein Rascheln lässt das junge Mädchen erschrocken herumfahren. Und dann sieht es ihn...

Als Jessie Dillons Leiche gefunden wird, scheinen die erhitzten Gemüter der Bewohner von Golden City zu explodieren. Lyncht die Bestie! Und keiner zweifelt daran, dass der vorbestrafte Skull-Ranch-Cowboy Mike Sheldon der Mörder ist...

»Wenn sich das Wetter nicht bald ändert, mache ich mir noch ernstliche Sorgen«, sagte John Morgan. »Wir hatten seit fast einem halben Jahr keinen Regen mehr. Sehen Sie sich den See an, George. So niedrig war der Wasserstand schon seit Jahren nicht mehr. Wenn es so weitergeht, wird der See noch austrocknen.«

Marshal Rockwell saß mit dem Boss der Skull-Ranch auf der Veranda und blickte in den grellen Sonnenglast hinaus, der die Augen schmerzen ließ.

»Ja«, entgegnete er ernst, »die lange Trockenheit ist wirklich ungewöhnlich. Hoffentlich regnet es bald. Diese Hitze ist ja kaum noch auszuhalten. Die Digger in Golden City klagen auch darüber. Viele sind in der letzten Zeit äußerst aggressiv, so dass ich schon wiederholt einschreiten und sogar welche festnehmen musste. Die verfluchte Hitze schlägt sich aufs Gemüt und reißt gar manchen zu etwas hin, was er normalerweise nie tun würde.«

Der Skull-Boss wollte etwas erwidern, schwieg aber, weil in diesem Augenblick Hufschlag erscholl.

Drei Reiter näherten sich. Es waren die Cowboys Jimmy Twodance, Clay Rodgers und der junge Mike Sheldon, der erst seit kurzem auf der Ranch war.

Wenig später erreichten sie den Hof, eingehüllt in wirbelnden Staub, der in der zitternden Luft flirrte. Der heiße Wind trieb die Wolke zum Haus hin. Jimmy und Clay winkten den Männern auf dem Vorbau zu und trieben ihre Pferde zum Korral hinüber. Sheldon folgte ihnen in kurzem Abstand.

»Hallo, Marshal!«, rief Sheldon und zeigte grinsend seine tadellosen Zähne. Er war nicht viel älter als zwanzig.

»Hallo, Mike!«, gab Rockwell zurück. Er wartete, bis der Bursche vorbei war, und wandte sich dann an den Rancher. »Wie macht er sich, John?«

»Ich bin sehr zufrieden mit ihm«, antwortete der Skull-Boss. »Zumindest, was seine Arbeit betrifft.«

Der Marshal furchte seine Augenbrauen.

»Soll das heißen, dass es etwas gibt, was Ihnen weniger gefällt?«

»Hm, seine Art. Er redet keine zehn Worte am Tag. Aber vielleicht ist sein Aufenthalt im Gefängnis daran schuld. Er wird eine Weile brauchen, um das zu vergessen.«

Mike Sheldon war bis vor einem Monat eingesperrt gewesen. Er war der Sohn eines Säufers, mit dem er in der Gegend von Colorado Springs eine kleine Farm bewirtschaftet hatte. Der Alte hatte sämtliches Geld vertrunken und am Kartentisch verspielt. Ohne Rücksicht auf seine kranke Frau, die teurer Medikamente bedurfte.

Mike wollte seine Mutter nicht sterben lassen, wollte Geld beschaffen und hatte daher einen Postreiter überfallen. Es war ein kläglicher Versuch. Aber er hatte Mike in die berüchtigte Strafanstalt Leavenworth gebracht.

Allerdings war er schon nach einem Jahr begnadigt worden. Seine gute Führung, die mildernden Tatumstände und seine Jugend hatten die vorzeitige Entlassung bewirkt.

In der Zwischenzeit war jedoch seine Mutter gestorben. Und der Vater hatte sich erhängt. Die Farm lag brach, der alte Sheldon hatte vor seinem Tod sogar noch die wenigen Haustiere verkauft, um den Erlös in Alkohol umzusetzen.

Was Mike nach seiner Rückkehr vorfand, war ein verlottertes Anwesen, mit dem er nichts anfangen konnte. Er musste einen Job finden.

Doch niemand wollte den Vorbestraften nehmen. So hatte sich Mike auf den Weg nach Golden City gemacht, als er von den Goldfunden hörte, war aber vom Glück enttäuscht worden. Schon nach wenigen Tagen war auch das wenige Geld, das er nach seiner Haftentlassung noch besessen hatte, verbraucht gewesen, ohne dass er auch nur ein einziges Nugget fand. Und geschenkt hatte ihm niemand etwas in Golden City, wo alle dem Dollar nachjagten.

Mike hätte wieder stehlen oder rauben müssen, um am Leben zu bleiben, hatte aber rechtzeitig begriffen, dass sein Weg dann erst recht in den Abgrund führen würde. Er war so vernünftig gewesen, sich an Marshal Rockwell zu wenden.

»Sperren Sie mich ein, Marshal«, hatte er zu ihm gesagt. »Nehmen Sie mich fest, bevor ich wieder ein krummes Ding drehe.«

Und dann hatte er ihm seine Lage geschildert, und Rockwell hatte ihm daraufhin Arbeit auf der Skull-Ranch verschafft. Der Marshal wollte damit verhindern, dass Mike Sheldon wieder auf die schiefe Bahn geriet.

John Morgan hatte es bisher nicht bereut, dass er den Burschen als Cowboy eingestellt hatte. Mike war fleißig und kam mit allen Leuten auf der Ranch gut aus.

Allerdings war er auffallend schweigsam und grübelte offenbar zu viel. Niemand wusste, was in ihm vorging.

»Hoffen wir, dass er keine Dummheit mehr macht«, sagte Rockwell, während er zu Mike hinüberblickte, der beim Korral abgestiegen war. Er erhob sich und griff nach seinem Hut. »Also, dann werde ich mich wieder auf den Weg machen.«

»Jetzt schon?« Der Rancher wirkte enttäuscht. »Ich dachte, Sie würden bis zum Abendessen bleiben.«

»Geht leider nicht, John. Vielleicht ein andermal. Aber ich muss in die Stadt zurück. Hoffentlich ist inzwischen nicht was passiert. Und wie gesagt, falls sich zwei verdächtige Kerle hierher verirren sollten, auf die meine Beschreibung passt, dann nehmt sie am besten gleich fest.«

»Werden wir machen«, versprach John Morgan und grinste. »Wir werden sie Ihnen gefesselt präsentieren. Oder ich lasse Ihnen Bescheid sagen, sollten die beiden irgendwo gesichtet werden.«

Es kam nicht selten vor, dass die Männer von der Skull-Ranch mit dem Gesetz zusammenarbeiteten. Und das war sogar notwendig, wenn sie sich in diesem Land, in dem alles noch in der Entwicklung lag, behaupten wollten. Wenn sie das behalten wollten, was sie der Natur durch harte Arbeit abgerungen hatten.

»Ist gut«, sagte der Marshal und reichte dem Rancher zum Abschied die Hand. »Lassen Sie Mary-Lou noch von mir grüßen!«

Dann ging er zu seinem am Holm angebundenen Pferd, machte es los und stieg in den Sattel, um die Ranch zu verlassen.

Ein weiter Weg lag vor ihm, den er noch vor der Dunkelheit schaffen wollte, auch wenn der Ritt bei dieser Hitze alles andere als ein Vergnügen war.

Heiß brannte die Sonne auf seine Schultern, als er sein Pferd über das verdorrende Land trieb. Das sonst so saftige Blaugras, dem John Morgans Tal seinen Namen verdankte, welkte von Tag zu Tag mehr dahin, und es bildeten sich bereits weite Sandinseln zwischen der früher so üppigen Vegetation.

Die nicht enden wollende Dürre und die damit verbundene Panikstimmung gefielen dem Marshal nicht. Er spürte, dass etwas Unheilvolles in der Luft lag. Etwas Schlimmes, das noch heute geschehen konnte, vielleicht erst morgen oder in einigen Tagen. Aber es würde geschehen, dessen war sich der Marshal völlig sicher.

Der nächste Tag versprach sogar noch heißer zu werden. Schon eine Stunde nach Sonnenaufgang flimmerte die Luft, und sie wurde heute nicht mal von einem Windhauch bewegt.

Die Glocke der kleinen Holzkirche in Golden City läutete noch, als Jessie Dillon neben dem Haus von Doc Finnegan in die Mainstreet einbog, einen kurzen Blick nach links und rechts warf und dann Mrs. Hennegan in ihrem Rollstuhl weiterschob.

Sara Hennegan war ein menschliches Wrack. Trotz ihrer erst zweiundvierzig Jahre. Aber ihrem Gesicht sah man noch an, dass sie früher eine sehr hübsche Frau gewesen war.

Ihr Mann besaß hier in Golden City einen Laden für Goldgräberausrüstung. So war wenigstens ihr finanzielles Fortkommen gesichert. Ansonsten jedoch konnte ihr das Leben nichts mehr bieten. Dennoch, oder vielleicht gerade deshalb war Sara Hennegan eine sehr religiöse Frau. Wie jeden Sonntag hatte sie auch heute unter Jessies Obhut den Gottesdienst besucht.

Die Straße war uneben, wies eine Menge Buckel und Schlaglöcher auf. Jessie Dillon musste tüchtig anschieben, um den Rollstuhl bei Tempo zu halten. Bei jedem Atemzug hoben und senkten sich ihre festen Brüste, über denen sich der Stoff ihrer Baumwollbluse spannte. Sie hatte dunkle Kirschenaugen und einen etwas zu üppigen Mund. Ihre Hüften waren rund, ihre Beine lang und wohlgeformt. Dabei war dieses aufregende Wesen erst knappe sechzehn Jahre alt.

Ihre Blicke lockten, ohne dass sie es wusste. Ungewollt zog sie die Aufmerksamkeit der Männer auf sich, weckte sie geheime Wünsche. Vielleicht hatte der Prediger sie gemeint, als er heute von den Versuchungen der Sünden sprach.

Aber auch das war dem hübschen Mädchen nicht bewusst. Jessie tat von sich aus nicht das Geringste, um ihre Reize zur Geltung zu bringen.

Die Straße war überquert. Jessie schwenkte den Rollstuhl an der Lehne herum und schob ihn weiter. Vorbei an einem Saloon, vor dem an einem Stützbalken des Vordaches ein junger, schlaksiger Mann rauchend lehnte.

»Noel Gilpin«, flüsterte das Mädchen Mrs. Hennegan zu. »Sehen Sie ihn, Madam?«

»Ja«, gab die Gelähmte ebenso leise zurück. »Aber wir wollen so tun, als bemerken wir ihn nicht.«

Der abgerissen und ungepflegt wirkende Bursche grinste hämisch und bedachte Jessie mit einem gierigen Blick. Gilpin hatte bis vor wenigen Tagen für Wilford Hennegan gearbeitet und war fristlos entlassen worden, weil er faul und aufsässig war und zu viel trank.

Mit abgewandten Gesichtern bewegten sich die Frau und das Mädchen an Noel Gilpin vorbei. Er spuckte hinter ihnen in den Staub, drehte sich dann um und betrat den Saloon.

Jessie Dillon fuhr die Gelähmte an der Poststation vorbei und erreichte wenige Häuser weiter den Goldgräberladen.

Milford Hennegan war zu Hause. Das heißt, er war gerade erst aus den Federn gekrochen. Er war ein fünfzigjähriger Mann, schwammig und beinahe kahl. Unter seinen farblosen Augen hingen schwere Tränensäcke.

»Na, wie war's in der Kirche?«, begrüßte er seine Frau.

»Wie immer«, sagte sie. »Schön und feierlich. Ich finde, du solltest auch mal wieder hingehen.«

Der Mann antwortete nicht, sondern blickte auf Jessie.

»Würdest du mir das Frühstück machen, Jessie?«

»Ja, gern, Mr. Hennegan«, antwortete sie.

Das blutjunge Mädchen besorgte hier seit dem Vorjahr den Haushalt. Vor allem aber kümmerte sie sich um Mrs. Hennegan, die ohne fremde Hilfe nicht mehr zurechtkam, seit diese heimtückische Krankheit sie an den Rollstuhl gefesselt hatte.

Jessie bemühte sich aufopfernd um sie. Dafür behandelte die Gelähmte das Mädchen, das aus einer armen Familie stammte, wie ihre eigene Tochter. Vor allem deshalb, weil ihr das Mutterglück versagt geblieben war. Jahrelang hatte sie darauf gehofft. Und dann, vor nunmehr drei Jahren, dachte sie, es wäre endlich soweit. Doch die Rückenschmerzen, die sie zu dieser Annahme brachten, hatten sich als heimtückisches Leiden entpuppt.

Es war mit der Zeit immer schlimmer geworden. Zuerst musste Sara Hennegan an Krücken humpeln, dann konnte sie überhaupt nicht mehr gehen. Nicht einmal Doc Finnegan, der bis weit über die Grenzen von Golden City hinaus geschätzte Arzt, konnte ihr helfen. Sie spürte das genau, denn die schlimmen Schmerzen stellten sich immer stärker und häufiger ein, dass sie oftmals zu verzweifeln drohte.

Nur Gebete hielten die Unglückliche noch aufrecht. Aber ohne Jessie hätte vielleicht auch das nichts genützt. Ihr Mann zeigte zwar viel Verständnis für ihr Los und ließ es an Fürsorge nicht mangeln, doch ohne das immer fröhliche und hilfsbereite Mädchen wäre sie kaum in der Lage gewesen, ihr hartes Schicksal zu meistern.

Jessie schob die Gelähmte zum Tisch. Dann ging sie zum Herd und hantierte dort flink und zielbewusst.

Wilford Hennegan stellte sich hinter seine Frau und legte seine Hände auf ihre Schultern. Seine Blicke jedoch folgten Jessie Dillon. Ein merkwürdiger Ausdruck war in seinen Augen.

»Du schwitzt«, sagte die Gelähmte, die die feuchten Hände des Mannes durch das Kleid verspürte.

»Es ist auch mächtig heiß«, murmelte der Besitzer des Goldgräberladens.

Doc Smoky war überzeugt, mit seinen Steaks eine neue Glanzleistung zu vollbringen. Noch nie war das Fleisch so saftig gewesen, noch nie so zart, und noch nie war ihm der als Nachspeise vorgesehene Plumpudding so gut gelungen.

Ja, er gab sich eine Menge Mühe, der gute, alte Smoky. Aber er war auch mächtig stolz auf sein Werk.

Obwohl es in den Töpfen und Pfannen brutzelte und zischte, hörte er nun draußen das Geräusch. Ein Rascheln war das, direkt vor dem Fenster des Küchenanbaus. Somit verdächtig genug, um unverzüglich Nachschau zu halten.

Der Ranchkoch bewegte sich zum Fenster und spähte ahnungsvoll hinaus.

Und was musste er sehen? Brazos, den hünenhaften Cowboy, wie er sich gerade an den so mühsam gezüchteten Tomaten vergriff! Dieser verflixte Kerl kniete seelenruhig in dem an der Hauswand angelegten Beet und füllte sich ungeniert den Wanst.

Das durfte nicht wahr sein!

»Du verdammter Hundesohn!«, schrie der alte Koch voller Grimm. »Wirst du wohl verschwinden, du Dieb!«

Dass er beim Räubern ertappt wurde, ging Brazos gegen den Strich. Aber er erholte sich schnell von seiner Überraschung und stellte sich auf die neue Sachlage ein.

»Mach doch nicht so viel Wind«, gab er unverfroren grinsend zurück. »Deine Tomaten sind ohnehin nicht viel wert. Aber vielleicht schmecken sie besser, wenn man Salz darauf streut. Würdest du mir...«

Weiter kam der Cowboy nicht. Der Ranchkoch hatte nach einer Kartoffel gegriffen, und feuerte sie Brazos an den Kopf.

Der Hüne fluchte. Mit ein paar raschen Sprüngen brachte er sich aus dem Gefahrenbereich, wobei er etliche Stauden zertrampelte. Doc Smoky traf bei diesem Anblick fast der Schlag.

Was sich Brazos erlaubte, war wohl der Gipfel an Unverschämtheit. Das Tomatenbeet war Smokys Heiligtum, und niemand außer Mary-Lou durfte es betreten. Und nun kam dieser ungehobelte Kerl daher und wütete darin wie ein Wildschwein. Einfach ungeheuerlich war das!

»Vielfraß!«, schrie der Koch. »Verkommener, rücksichtsloser Barbar! Dir werde ich...«

Gewaltig schimpfend griff er nach einer zweiten Kartoffel. Aber diesmal schoss er daneben, weil Brazos sich rechtzeitig duckte. Der riesige Cowboy erwischte gleichzeitig eine überreife Tomate, holte aus und warf sie nach dem Koch.

Platsch! Die Tomate traf Doc Smoky im Gesicht und löste sich dort in eine rote, geleeartige Masse auf.

Der Koch knurrte empört und zuckte unwillkürlich hoch, wobei er ungewollt den Fallhaken des halb in die Höhe geschobenen Küchenfensters löste. Das Fenster sauste herab und klemmte ihn an den Schultern ein. Nur sein Kopf und die Arme ragten ins Freie. An seiner Wange rann der Tomatenbrei herab.

So sah ihn Shorty, der gerade vom Bunkhaus herüberkam. Der kleine Cowboy verhielt unwillkürlich den Schritt und starrte Brazos missbilligend an.

»Einen alten Mann so zu behandeln ist eine Schande!«, krähte er. »Hast du denn nichts Besseres zu tun?«

»Sei bloß still, oder du bekommst auch eine Tomate verpasst!«, entgegnete der Hüne gereizt.

»Dann mal los, du zweibeiniges Riesenkalb!«, rief Shorty mit einem herausfordernden Grinsen.

Brazos ließ sich das nicht zweimal sagen. Schon hielt er eine Tomate in der Hand und schleuderte sie zielsicher nach Shorty.

Die Tomate zerplatzte auf Shortys blütenweißem Hemd, das er zur Feier des Tages angezogen hatte. Wütend sprang der Getroffene vorwärts und warf sich auf Brazos, ehe dieser noch eins von den Wurfgeschossen zu fassen bekam.

Im Nu war eine handfeste Rauferei im Gange. Brazos und Shorty vertrugen sich sonst ausgezeichnet, waren sogar die besten Freunde, doch jetzt gingen sie aufeinander los, als hätte zwischen ihnen ewige Feindschaft bestanden.

Schuld daran mochte die Hitze sein. Sie setzte auch diesen Männern schon wochenlang zu, machte sie gereizt, riss sie zu unüberlegten Handlungen hin.

Die längste Zeit schon hatte es den beiden in den Fingern gejuckt, hatten sie das Bedürfnis gehabt, mal tüchtig loszuschlagen. Es fehlte nur ein richtiger Grund.

Aber jetzt war es soweit. Die Sache mit Doc Smoky war der auslösende Moment. Jetzt entlud sich bei diesen zwei Cowboys die aufgestaute Aggressivität.

Shorty schlug auf Brazos mit den Fäusten ein, der zuerst überrascht knurrte, dann jedoch auch richtig wütend wurde, als der Kleine mit einem weiteren Hieb sein Nasenbein traf. Schimpfend packte er seinen Freund an den Haaren und gab ihm mit der anderen Hand eine schallende Ohrfeige.

Die Auseinandersetzung blieb nicht lange unbemerkt. Schon tauchten aus dem Bunkhaus die ersten Zuschauer auf und machten bedenkliche Mienen, als Brazos den heftig zappelnden Shorty in den Schwitzkasten nahm.

Kurz darauf erschienen John Morgan und Chet auf der Veranda. Hinter ihnen trat Mary-Lou aus dem Haus und rang erschrocken die Hände.

»Aufhören!«, rief sie. »Du erwürgst ihn ja, Brazos! Hört auf! Heute ist doch Sonntag!«

Aber erst John Morgan gelang es, die beiden Kampfhähne zu trennen.

»Ihr spinnt doch!«, knurrte er böse. »Habt wohl einen Sonnenstich, was?«

Doc Smoky hatte sich mittlerweile aus seiner unangenehmen Lage befreit. Er schimpfte und keifte, stieß heftige Verwünschungen aus, und fluchte im nächsten Moment noch mehr.

Stinkender Rauch quoll aus dem Küchenfenster. Die Steaks waren verbrannt!

Noch immer fluchend, kam Smoky aus der Küche, eine große Bratpfanne in der Hand. In komischer Verzweiflung schwang er die Pfanne und rannte dem fliehenden Brazos nach, ohne ihn jedoch einholen zu können.

»Der Kerl gehört gelyncht!«, rief er, als er keuchend von einer Runde um das Haus zurückkam. »Oh, meine schönen Steaks...!«

»Macht nichts«, tröstete ihn der Rancher. »Wir haben bei dieser Hitze sowieso keinen Hunger.«

Während Doc Smoky noch immer jammerte und einige Cowboys erregt durcheinanderredeten, klang drüben beim Korral Hufschlag auf.

Mike Sheldon verließ auf seinem Braunen die Ranch.

»Wo reitet er hin?«, fragte John Morgan.

»Nach Golden City, glaube ich«, antwortete Jimmy Twodance. »Wir haben ihn nicht gefragt.«