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Das Halbblut Jivaro und sein Gefährte Old Jed, der ehemalige Totengräber, scheinen vom Schicksal dazu auserwählt worden zu sein, von einem gefährlichen Abenteuer ins nächste reiten zu müssen. Diesmal kehren sie nach einem langen, staubigen Ritt endlich heim - nur um bestürzt festzustellen, dass sich auf ihrer Ranch schmutziges Gesindel breitgemacht hat. Ihr Grund und Boden droht nun, zur Todesfalle für die beiden Freunde zu werden. Und was sie dann erleben, ist schlimmer, als es der fürchterlichste Albtraum hätte vorwegnehmen können ...
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Seitenzahl: 141
Veröffentlichungsjahr: 2024
Cover
Todesfalle für Jivaro
Vorschau
Impressum
Todesfalle für Jivaro
Von Hal Warner
Das Halbblut Jivaro und sein Gefährte Old Jed, der ehemalige Totengräber, scheinen vom Schicksal dazu auserwählt worden zu sein, von einem gefährlichen Abenteuer ins nächste reiten zu müssen. Diesmal kehren sie nach einem langen, staubigen Ritt endlich heim – nur um bestürzt festzustellen, dass sich auf ihrer Ranch schmutziges Gesindel breitgemacht hat. Ihr Grund und Boden droht nun, zur Todesfalle für die beiden Freunde zu werden. Und was sie dann erleben, ist schlimmer, als es der fürchterlichste Albtraum hätte vorwegnehmen können ...
Der Hufschlag verstummte am Rande des mit Unkraut überwucherten Hofes. Staub wehte im heißen Wind zu dem verwitterten Haus hinüber, vor dem mit angeschlagenen Gewehren drei Männer standen.
Wachsame Blicke richteten sich auf die drei Reiter, die ihre Pferde gezügelt hatten. Es waren zwei Männer und eine Frau – eine junge, bildhübsche Indianerin mit rabenschwarzem Haar, die ein fast schneeweißes, mit bunten Ornamenten besticktes Wildlederkleid trug. Sie hielt sich mit ihrem Mustang etwas im Hintergrund.
Ihre beiden Begleiter – ein graubärtiger Oldtimer und ein junger, sehniger Bursche, dem man deutlich ansah, dass es sich um ein Halbblut handelte – hielten ebenfalls ihre Gewehre in den Fäusten.
Mehrere Herzschläge lang belauerten sich die beiden Gruppen, wobei die Kerle vor dem Haus einen ziemlich nervösen Eindruck machten.
»He, was wollt ihr hier?«, rief dann der ältere von ihnen, ein stoppelbärtiger Mann mit engstehenden Augen und einer vorspringenden Hakennase.
»Genau diese Frage möchten wir von euch beantwortet haben«, sagte Jivaro, das Halbblut, ohne die drei Kerle aus den Augen zu lassen. »Und nur wir haben ein Recht dazu, sie auch zu stellen.«
»Wir sind nämlich die Besitzer dieser Ranch«, fügte der alte Graubart hinzu.
Die drei Kerle blickten sich an.
»So, so«, quetschte der Hakennasige zwischen tabakbraunen Zähnen hervor, »die Ranch gehört also euch? Wie heißt ihr denn, wenn man fragen darf?«
»Jed Hawkins ist mein Name«, gab der Oldtimer bereitwillig Auskunft. »Ehemaliger Totengräber von Mesilla. Vielleicht habt ihr schon von mir gehört? Der Mann neben mir ist Jivaro, mein bester Freund und Partner. Genügt euch das?«
Es schien den Kerlen zu genügen. Wieder tauschten sie untereinander Blicke aus. Und als der Anführer den Lauf seines Gewehrs sinken ließ, taten dies auch die anderen.
»Okay, wir glauben euch. Und wir wollen keinen Streit, weil wir friedfertige Leute sind. Sicher wollt ihr, dass wir jetzt von hier verschwinden?«
»Klar«, knurrte Old Jed. »Wer hat euch überhaupt erlaubt, in unser Haus einzudringen?«
»Niemand«, antwortete der Mann zur Rechten des Hakennasigen. Er grinste schief. »Wen hätten wir denn fragen sollen?«
»Wir dachten, das Haus sei unbewohnt«, sagte der dritte Kerl. »Ehrlich, Leute, das dachten wir. Und da wir nicht wussten, wo wir unterkommen sollten, haben wir uns hier einquartiert.«
»Ihr seid wohl schon länger hier?«, forschte Jivaro mit einem Blick auf die Pferde im Corral nach. Seine Haltung hatte sich ein wenig entspannt, obwohl er seine Winchester noch immer schussbereit hielt. Auch Old Jed blieb wachsam.
»Nur ein paar Tage«, antwortete der Mann mit der Hakennase. »Schade, dass wir nun wegmüssen. Wir wären gern noch ein wenig geblieben. Aber da ihr die Besitzer seid, machen wir euch natürlich Platz.«
»Was auch das Beste ist, was ihr tun könnt«, versetzte Jivaro. »Gegen ungebetene Besucher haben wir nämlich was. Ihr seid in ein verschlossenes Haus eingedrungen!«
»Stimmt nicht! Die Tür war offen! Meine Freunde können das bestätigen.«
Prompt nickten die anderen Kerle, wobei sie auch noch treuherzige, ausgesprochen harmlose Gesichter machten.
Jivaro und Old Jed ritten näher, hielten aber in der Hofmitte abermals an. Noch blieben sie jedoch in den Sätteln wie auch Sakawa, die blutjunge Tarahumare-Indianerin, die ihnen die kurze Strecke gefolgt war.
Jed Hawkins brummte: »Als wir vor einigen Monaten fortritten, hatten wir ein starkes Schloss vor die Tür gehängt. So ist es doch, Jivaro?«
»Ja, so ist es, Jed«, bestätigte der dunkelhaarige Halbindianer. »Von allein fällt das nicht herunter. Da muss schon jemand mit ein paar Schüssen nachgeholfen haben.«
»Wir waren das nicht!«, rief der Hakennasige beteuernd. »Ich sagte schon, die Tür war offen.«
Das ließ sich nicht widerlegen. Und die beiden Freunde, die nach vielen gefährlichen Abenteuern, die sie gemeinsam in Mexiko bestanden hatten, endlich heimgekehrt waren und sich nun wieder um ihre Ranch kümmern wollten, hatten auch nicht vor, der Sache unbedingt auf den Grund gehen zu wollen. Vor allem Jed Hawkins nicht, der mit seinem Alter naturgemäß der Besonnenere war.
Er warf Jivaro einen beschwichtigenden Blick zu und sagte dann brummend: »Na schön, lassen wir es dabei bewenden. Wir sind nicht kleinlich und drücken gern mal ein Auge zu. Hauptsache, die Bude steht noch. Aber jetzt macht, dass ihr wegkommt!«
»Nehmt die Beine über die Achsel und verschwindet!«, fügte Jivaro nicht ohne Schärfe hinzu. »In fünf Minuten will ich hier keinen von euch mehr sehen!«
Die drei Kerle verzogen ihre unrasierten Gesichter. Dieser Ton passte ihnen gar nicht. Doch sie murrten nicht, sondern zogen es vor, den Mund zu halten.
»Kommt, lasst uns unsere Sachen holen!«, knurrte der Hakennasige.
Er wandte sich um und wollte mit seinen Freunden ins Haus gehen.
»Halt!«, rief Jivaro. »Eure Kugelspritzen lasst ihr draußen! Die behindern euch nur.«
Der ironische Unterton in seiner Stimme war nicht zu überhören. Wortlos, wenn auch wütend, lehnten die Kerle ihre Gewehre an die Hauswand, ehe sie das Gebäude betraten.
Gleich darauf kamen sie nacheinander mit Sätteln und Packtaschen zurück. Jeder schleppte außerdem noch ein Deckenbündel mit sich.
Jivaro war in der Zwischenzeit vom Pferd geglitten und hatte den kleinen Vorbau betreten. Er stand seitlich der Tür und ließ die Männer an sich vorbei. Sie stiefelten zum Corral und sattelten ihre Pferde.
Wenig später holten sie ihre Gewehre. Jivaro und Old Jed ließen sie keine Sekunde aus den Augen.
»Und jetzt steigt auf und seht zu, dass ihr von unserem Land verschwindet!«, befahl Jivaro. »Lasst euch nie wieder hier blicken!«
Schweigend gingen der Hakennasige und seine Kumpane zu ihren Pferden zurück. Genauso schweigend schwangen sie sich in die Sättel.
Ihr letzter Blick galt der schönen Indianerin, die sie schon zuvor immer wieder angestarrt hatten.
Dann trieben sie ihre Pferde an und ritten vom Hof.
Aufwirbelnder Staub hüllte sie ein. Wachsam blickten die beiden Freunde ihnen nach, bis sie hinter einer Bodenwelle verschwanden.
Erst dann stieg Old Jed von seinem Braunen. Neben ihm sprang Sakawa gewandt vom Rücken ihres Mustangs.
»Keine guten Männer«, sagte sie an den Alten gewandt.
Hawkins nickte.
»Du hast recht, rote Prinzessin. Mir haben diese Galgenvögel auch nicht gefallen. Aber was soll's? Wir sind sie auf jeden Fall los, und das ist wohl das Wichtigste. Komm jetzt, Sakawa, und sieh dir dein neues Zuhause an!«
Jivaro wartete auf dem Vorbau auf sie. Lächelnd blickte er die Indianerin an.
»Ja, jetzt bist du zu Hause, mein Schatz. Es ist vielleicht nicht das, was du dir vorgestellt hast. Die Hütte, in der du bisher gelebt hast, sieht anders aus. Und auch das Land ist anders. Aber ich denke, dass du dich an deine neue Heimat gewöhnen wirst.«
Sakawa schmiegte sich an Jivaro und schaute ihm liebevoll in die Augen. Und damit drückte sie mehr aus, als sie mit Worten hätte sagen können. Es hieß nichts anderes, als dass sie Jivaro überallhin gefolgt wäre, und sei es ans Ende der Welt gewesen.
»Na, geht schon rein!«, brummte Old Jed. »Umarmen könnt ihr euch später, ihr beiden Turteltauben.« Er schob das verliebte Paar vorwärts.
Auch er war überzeugt, dass jetzt eine gute Zeit anbrechen würde. Eine bessere als hinter ihnen lag.
Sie konnten zu dieser Stunde noch nicht ahnen, dass nur Kummer auf sie wartete.
Was sie im Haus sahen, war alles andere als erbaulich. Die drei Fremden hatten darin wie die Wilden gehaust. Alles starrte vor Dreck, alles war ramponiert, angefangen bei den Möbeln, die Old Jed in mühsamer Kleinarbeit selbst hergestellt hatte. Der Boden war mit Abfällen bedeckt, überall lagen leere Whiskyflaschen und zerbrochenes Geschirr. Auch einige Fensterscheiben waren zerschlagen. Das ganze Haus bot ein Bild der Verwüstung.
»Diese Lumpenbande scheint hier ein Wettschießen veranstaltet zu haben!«, rief Old Jed ergrimmt. »Höllenfeuer, wie hat dieses Pack gewütet! Wenn ich das sofort gesehen hätte, wären sie mir nicht so gut weggekommen!«
Auch Jivaro überkam heißer Zorn. Er hatte in letzter Zeit viel an das kleine Ranchhaus südwestlich von Mesilla gedacht, und er hatte gehofft, dass sie alles so vorfinden würden, wie sie es verlassen hatten.
Doch das Haus mit seiner abgeschiedenen Lage hier draußen in der Wildnis war für solche Tramps und Strauchdiebe wohl zu verlockend gewesen.
»Eine gehörige Tracht Prügel hätten diese Halunken verdient«, ärgerte sich Jivaro. »Man sollte sie zwingen, hier sauberzumachen. Ich hätte gute Lust, sie zurückzuholen.«
»Das lässt du schön bleiben«, meinte Old Jed. »Seien wir lieber froh, dass sie ohne Mucken das Feld geräumt haben. Sie hätten auch mit heißem Blei antworten können. Wir waren eben zu lange fort, Jivaro.«
»Du hast recht. Wir hätten unseren Besitz nicht so lange aus den Augen lassen dürfen. Nein, wir brauchen uns wirklich nicht zu wundern, dass hier inzwischen alles auf den Kopf gestellt wurde. Es war höchste Zeit, endlich zurückzukommen.«
»Bald wird es hier wieder anders aussehen«, versicherte der alte Totengräber. »Wir sind ja jetzt zu dritt, und das macht genau sechs Hände, die hier tatkräftig zupacken können. Schon in wenigen Wochen wird das kein verludertes Anwesen mehr sein, sondern eine aufstrebende Ranch, die uns alle ernähren wird. Uns drei und jene, die noch nachkommen werden.«
»He, du spielst wohl auf baldigen Kindersegen an?«, rief Jivaro grinsend. »Hast du das gehört, Sakawa? Dieser Oldman will hier Großvater spielen!«
Die Indianerin lächelte nur. Sie erwartete gar nichts anderes, als dass sie früher oder später Nachwuchs bekommen würde.
Sie trat mit den beiden Männern wieder ins Freie. Die Tiere wurden abgesattelt und in den Corral gebracht.
Von den drei Fremden war nichts mehr zu sehen. Nur ein noch in der Luft hängender Staubschleier verriet, dass sie die eingeschlagene Richtung beibehalten hatten.
»Anscheinend wollen die Kerle nach Mesilla«, vermutete Jed Hawkins. »Weißt du, was ich glaube, Jivaro? Dass sie sich bedeutend länger als nur ein paar Tage hier aufgehalten haben.«
»Vergiss sie«, sagte Jivaro.
Er blieb auf dem Hof stehen und ließ seinen Blick über das Land schweifen, das von der westwärts wandernden Sonne vergoldet wurde.
Im Süden, nicht weit entfernt, begrenzte ein tief eingeschnittener Arroyo die Ranch. Weit im Westen ragten die Potrillo Mountains auf. Irgendwo im Osten, hinter den zahlreichen Hügelketten, verlief der breit und behäbig dahinfließende Rio Grande, der südlich von El Paso die Grenze zwischen Mexiko und den Vereinigten Staaten darstellte.
Im Norden war das Gebiet des Nachbarranchers, dessen Land bedeutend größer war, mit dem es aber nie Schwierigkeiten gegeben hatte. Ihm hatten Jivaro und Old Jed auch ihre letzten Rinder verkauft, ehe sie, teils von Abenteuerlust getrieben und teils aus Geldnot von hier fortgezogen waren.
Gefährliche Jobs hatten sie angenommen. Verrückte Aufträge, bei denen sie Kopf und Kragen riskierten, hatten sie bis in die Sierra Madre geführt.
Dort hatte Jivaro die schöne Sakawa kennengelernt, Enkelin eines indianischen Medizinmannes. In Stunden der Gefahr hatten sich die beiden verliebt, und so hatte Jivaro das Tarahumare-Mädchen schließlich nach New Mexico mitgenommen.
Jetzt wollten sie sich hier gemeinsam mit Old Jed eine neue Zukunft aufbauen.
Als sie ihr Gepäck ins Haus geschafft hatten, war der Abend nicht mehr fern. Old Jed machte Feuer im Herd, übernahm auch das Kochen.
»Nein, du ruhst dich aus«, sagte er zu Sakawa, als sie ihm zur Hand gehen wollte. »Du sorgst erst ab morgen für uns. Heute wirst du zur Abwechslung mal von mir bedient.«
Auch ihm lag daran, dass sich Sakawa auf der Ranch wohlfühlte. Er mochte sie ebenfalls, und er konnte sich gut vorstellen, dass das Verlassen ihres Stammes und ihrer gewohnten Umgebung eine gewaltige Umstellung für sie bedeutete. So wollte er alles tun, um ihr die Sache zu erleichtern.
Später saßen die beiden Freunde mit der jungen Indianerin noch beisammen und berieten, was nun als Erstes auf der Ranch zu tun war.
»Auf alle Fälle brauchen wir mal Vorräte«, sagte Old Jed, während er seine Pfeife paffte. »Die werde ich morgen in Mesilla besorgen. Ihr beide bleibt hier und macht ein wenig Ordnung. Verschiedenes muss dann erneuert, das Haus wahrscheinlich sogar vergrößert werden. Aber zu wild müssen wir es nicht gleicht anpacken. Wir können uns ruhig mal ein paar Tage erholen. Ich denke, das sind wir uns schuldig.«
Jivaro aber war bereits voller Tatendrang. Nur einmal gründlich ausschlafen wollte er sich und dann gleich voller Schwung die erforderlichen Arbeiten in Angriff nehmen.
Er machte eine wegwerfende Handbewegung und sagte: »Faulenzen ist nichts für mich. Das Haus müssen wir schnellstens vergrößern, Jed. Zuvor aber müssen wir uns noch Zuchtrinder anschaffen. Eine kleine Herde prächtiger Kühe und einige Bullen, die dafür sorgen, dass es starke Kälber gibt. Wo werden wir die wohl kaufen?«
»Das wird sich noch finden. Vielleicht bekomme ich morgen in der Stadt einen Tipp. Jetzt sollten wir uns aufs Ohr legen, schätze ich. Oder seid ihr zwei noch nicht müde?«
»Doch, Oldman. Natürlich wollen wir ins Bett«, antwortete Jivaro grinsend.
Er hob Sakawa mit seinen kräftigen Armen hoch und trug sie in die angrenzende Kammer.
Dort ließ sie ihr Wildlederkleid von ihren Schultern gleiten. Darunter trug die Indianerin nichts. Sie stand vor Jivaro, und er nahm sie fast ungestüm in die Arme.
»Bist du nicht müde, Jivaro?«, fragte sie leise.
»Nein, mein Schatz.« Er küsste sie auf die Schulter und streichelte sie.
»Aber du hast es doch deinem Freund gegenüber behauptet.«
»Da habe ich eben mit doppelter Zunge gesprochen.«
»Also bist du ein Lügner, Jivaro.«
»Nein, Sakawa. Dass ich mit dir ins Bett wollte, hat wirklich gestimmt.«
Nach diesen Worten verschloss er ihr mit seinen Lippen den Mund und spürte, wie die Indianerin in seinen Armen ganz weich und nachgiebig wurde.
»Hilf mir, den Wagen aus dem Schuppen zu schieben«, sagte Old Jed am nächsten Morgen nach dem Frühstück zu Jivaro.
»Gern, Alter. Hoffentlich ist er noch in Ordnung.«
»Ich muss vielleicht die Achsen schmieren. Wenn es sonst nichts ist, dann hab' ich das gleich.«
Während Hawkins dies sagte, stiefelten sie bereits über den Hof. Er wollte jetzt zur Stadt fahren und zu diesem Zweck seinen Braunen einspannen. Im Store wollte er alles besorgen, was sie für die nächsten Wochen brauchten, und das würde nicht gerade wenig sein. Auch ein kräftiges Zugpferd wollte er in Mesilla kaufen.
Jivaro schob das knarrende Tor auf. Zuerst hatte Old Jed den querliegenden Balken entfernt.
Doch als sie den Schuppen betreten wollten, prallten sie entsetzt zurück.
»Verflucht, was ist das für ein Gestank?«, entfuhr es dem wettergegerbten Oldtimer. Er hielt sich unwillkürlich die Nase zu.
Aus dem Schuppen strömte den beiden Freunden tatsächlich ein fürchterlicher Gestank entgegen. Kein Verwesungsgeruch – nein, es stank hier nach Exkrementen. Und zwar so penetrant, dass man es beim besten Willen nicht länger als drei Sekunden vor dem offenen Tor aushalten konnte.
Jivaro und Old Jed liefen ein Stück zur Seite.
»Diese Wildschweine!«, schimpfte der Alte ergrimmt. »Als ob es auf der Ranch nicht ein Aborthäuschen gäbe! Was sind das nur für Menschen?«
»Wahrscheinlich dachten sie, dass unser kleiner Extrabau die Speisekammer ist«, sagte Jivaro und spuckte angeekelt aus. »Oder sie besitzen ganz einfach keinen Anstand.«
»Das ist es!«, rief Old Jed und fluchte wieder. »Sie kennen nicht mal dieses Wort, diese Barbaren. Hat man denn so was schon erlebt? Pfui Teufel, mir wird übel!«
Sakawa, die vom Haus herüberkam, rümpfte ebenfalls die Nase. Sie ging auch nicht weiter, sondern blieb in der Nähe des ummauerten Ziehbrunnens stehen.
»Wo kommt dieser Gestank her?«, erkundigte sie sich.
»Hier aus dem Schuppen«, gab Jivaro Auskunft. »Bleib, wo du bist, wenn du nicht in Ohnmacht fallen willst.«
Sakawa gehorchte, schüttelte aber verwundert den Kopf.
»Ist es bei den weißen so Sitte, dass sie ihre Häuser beschmutzen? Die Tarahumares sind immer in den Wald gegangen.«
»Nein, es ist bei den Weißen nicht so Sitte!«, rief Old Jed und zündete sich seine eilig gestopfte Pfeife an, um einen anderen Geruch in die Nase zu bekommen. »Die drei Kerle, die wir gestern davongejagt haben, sind unrühmliche Ausnahmen.«
»Warum haben sie das gemacht?«, wollte die Indianerin wissen. »Wollten Sie euch ärgern?«
»Schon möglich. Muss aber nicht sein. Gutes Benehmen ist diesen Halunken eben fremd.«
»Verdammt, was sollen wir jetzt machen?«, fluchte Jivaro. »Wir wollten doch den Wagen ins Freie schieben.«
Jed Hawkins schüttelte den Kopf. »Da hinein bringen mich jetzt keine zehn Pferde. Ich würde ja glatt eine Gasvergiftung kriegen.«
Die drei Freunde gingen zum Haus zurück und warteten etwa eine Stunde. Danach näherten sie sich wieder vorsichtig dem Schuppen und stellten fest, dass sich inzwischen der ärgste Gestank verzogen hatte. So riskierten sie es, den Schuppen zu betreten, zogen aber zur Vorsicht ihre Halstücher über Mund und Nase hoch, sodass sie wie Banditen aussahen, die eine Bank überfallen wollten.