Wildwest-Roman – Unsterbliche Helden 7 - Hal Warner - E-Book

Wildwest-Roman – Unsterbliche Helden 7 E-Book

Hal Warner

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Beschreibung

Auf Old Jed Hawkins, den alten Totengräber, und seinen jungen Freund, den Halbapachen Jivaro, wartet der ungewöhnlichste Auftrag ihres Lebens. Sie sollen mit einem Sarg durch Mexiko. Es geht dabei nicht nur um die Einlösung eines Versprechens, sondern auch um 6000 Dollar. Und deshalb ziehen sie von Arizona aus über die Grenze nach Sonora.
Überall erregen die beiden ungleichen Männer großes Aufsehen. Es gibt Geier, die fette Beute wittern. Und die Rurales, die mexikanischen Grenzpolizisten, glauben auf die Spur eines teuflischen Geheimnisses gekommen zu sein. Bald geht es für Old Jed Hawkins und Jivaro nur noch ums nackte Überleben ...


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Seitenzahl: 148

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Inhalt

Cover

Mit einem Sarg durch Mexiko

Vorschau

Impressum

Mit einem Sargdurch Mexiko

Von Hal Warner

Von Arizona aus rollten sie mit einem klapprigen Frachtwagen und einem leeren Sarg als Ladung der mexikanischen Grenze entgegen. Der alte Totengräber Jed Hawkins und sein Freund, der Halbindianer Jivaro, hatten den wohl ungewöhnlichsten Auftrag ihres Lebens angenommen. Ein trauernder Vater hatte sie beauftragt, die in Mexiko verscharrten Gebeine seines Sohnes in die Heimat zurückzubringen. Sechstausend Dollar sollten sie dafür bekommen. Ein schönes Sümmchen, könnte man meinen, schließlich aber doch nur ein Hungerlohn für das, was die beiden Freunde in Mexiko erwartete ...

Das Zollhaus auf der mexikanischen Seite stand an einer Engstelle zwischen den Hügeln. Ein schenkeldicker Baumstamm, der in zwei Halterungen lag, versperrte die schmale Straße.

Jivaro zügelte vor dem Hindernis sein Pferd. Neben ihm hielt Jed Hawkins die beiden Wagengäule an.

»So, jetzt wären wir immerhin mal an der Grenze«, merkte der alte Totengräber an, indem er die Handbremse festkurbelte und die Zügelenden daran befestigte. »Wenn uns die Rurales nicht zu lange mit ihren dämlichen Formalitäten aufhalten, können wir bis zum Abend in El Coyote sein.«

Jivaro nahm seinen Hut ab, fuhr sich durch das dichte, schwarze Haar und nickte. »Ja, Old Jed. Aber wie ich die Greaser kenne, werden sie es nicht besonders eilig haben.«

Die beiden Männer schauten abwartend zu dem flachen Steingebäude hinüber, wo sich jedoch niemand zeigte. Und es rührte sich auch weiterhin nichts.

»Sind die blind und taub oder halten sie Siesta?«, brummte Hawkins, als nach zehn Minuten noch immer niemand zum Vorschein kam. »Man muss uns doch bemerkt haben.«

»Ich sehe mal nach«, erwiderte Jivaro und rutschte aus dem Sattel.

»Okay, mach das.« Der graubärtige Oldtimer, dessen faltiges Gesicht von einem zerdrückten Schlapphut beschattet wurde, stieg ebenfalls ab und blickte nach der Ladung. Es war eine längliche Kiste, die sich unter einer Plane abzeichnete.

Jivaro lenkte seine Schritte auf das Zollgebäude zu. »Hallo! Ist denn hier niemand?«, rief er dabei. Er bekam keine Antwort. Doch als er um die Ecke bog, bemerkte er die beiden Grenzwächter unter dem schattenspendenden Vordach. Der eine saß in einem Schaukelstuhl, der andere hockte an der Hauswand. Beiden war die Mütze tief in die Stirn gerutscht.

»Ach, hier ist jemand!«, stellte Jivaro fest. »Tut mir leid, dass ich euch stören muss.«

Daraufhin öffnete der Mexikaner im Schaukelstuhl die Augen. Ungehalten musterte er den jungen, sehnigen Mann, dessen Bronzehaut verriet, dass er einen Schuss Indianerblut in den Adern hatte. »Que pasa – was ist los?«, brummte er.

»Mein Freund und ich, wir wollen nach Mexiko einreisen«, antwortete Jivaro. »Vielleicht kommt jemand und öffnet uns den Schlagbaum, damit wir weiterkönnen.«

Der Posten gähnte und schob seine helmartige Kopfbedeckung zurecht. »Dass ihr Gringos es doch immer so eilig haben müsst! Könnt ihr eigentlich nicht mal ein bisschen Geduld aufbringen?«

Jivaro grinste. Das war vielleicht besser, als eine Entschuldigung zu finden.

Der Grenzwächter griff nach seinem Gewehr und stemmte sich hoch. Er rief seinem Gefährten etwas zu, worauf sich auch dieser zu regen begann. Sie verließen den Vorbau und gingen mit Jivaro zum Wagen.

»Warum wollt ihr ausgerechnet hier über die Grenze und nicht in Ciudad Juárez?«, fragte jener, der im Schaukelstuhl gesessen hatte. Es klang wie ein Vorwurf.

»Weil wir auf dieser Nebenstraße schneller nach El Coyote kommen«, erklärte ihm Jed Hawkins.

»Und was wollt ihr in El Coyote?«

»Wir holen dort einen Toten.«

Die beiden Grenzposten wechselten einen raschen Blick. »Dann ist es wohl ein Sarg, was ihr da auf dem Wagen habt?«, sagte dann ihr Wortführer.

»Ja, das ist richtig.« Der alte Totengräber nickte.

Die Plane wurde weggezogen. Ein schwarzgestrichener Sarg kam darunter zum Vorschein. Daneben lagen ein Pickel und ein Spaten.

»Mein Werkzeug«, erklärte Old Jed. »Der Sarg ist leer. Überzeugt euch nur davon.«

Das taten die Mexikaner auch. Der eine stieg auf den Wagen und öffnete den Sargdeckel, während der andere die beiden Weißen im Auge behielt. Als sie wussten, dass der Sarg wirklich leer war, ließ ihre Wachsamkeit deutlich nach. Sie beschränkten sich nun auf ein dienstliches Gehabe. »Einen Toten wollt ihr also holen? Besitzt ihr dafür eine Erlaubnis?«

»Sicher, haben wir alles dabei.« Hawkins fasste in die Tasche und brachte ein Stück Papier zum Vorschein. »Hier! Sie ist von der mexikanischen Regierung ausgestellt.«

Der Grenzwächter, der die Amtshandlung leitete, blickte mit gefurchter Stirn auf das Schreiben, konnte aber offenbar nicht lesen, denn er hielt es verkehrt herum. »Einen Augenblick, Señores«, warf er schließlich ein. »Ich muss das Papier meinem Teniente zeigen.«

Er stiefelte zum Zollgebäude und verschwand darin.

Der Teniente musste wohl erst geweckt werden. Als er endlich erschien, machte er noch einen reichlich verschlafenen Eindruck. Er war unrasiert, und sein Uniformrock stand offen. Aber er grinste freundlich und schien ein umgänglicher Mensch zu sein. »Buenos dias, Señores!«, grüßte er. »Ich habe gehört, ihr wollt in Mexiko einen Toten holen.«

»Ja, es handelt sich um die sterblichen Überreste eines gewissen Fred Williams«, antwortete Jivaro. »Sein Vater möchte, dass sie in Mesilla ordentlich bestattet werden.«

»Wurden sie denn in Mexiko nicht ordentlich bestattet?«

»Nein, ich glaube nicht. Der Mann ist auch gar nicht in Mexiko gestorben. Er wurde in Mesilla beim Kartenspiel erschossen.«

»Was Sie nicht sagen, Señor!«, entfuhr es dem Teniente. »Und wie kommt der Tote dann nach Mexiko?«

»Banditen haben die Leiche gestohlen und sind damit über die Grenze geflohen. Statt des Toten haben sie einen verwundeten Kumpan in der Stadt zurückgelassen, und jeder glaubte zunächst, auf dem einen Pferd hätte auch ein Lebender gesessen.«

»Ich verstehe.« Der Teniente lachte. »Die Kerle haben den Toten gebraucht, um die Verfolger wegen ihres verletzten Kumpans zu täuschen.«

»So ist es, Señor Teniente. Sie haben den Toten verschleppt und irgendwo in der Gegend von El Coyote verscharrt. Wir wollen das Grab nun suchen und den Leichnam nach Mesilla zurückbringen. Mein Freund hier ist Totengräber, der wird die Arbeit machen. Ich begleite ihn zu seinem Schutz. Also, das Papier ist doch in Ordnung?«

»Si, Señor. Aber der Sarg ...«

»Was ist damit?«

»Der ist nagelneu. Ihr müsst ihn verzollen.«

»Aber wir nehmen ihn doch auf dem Rückweg wieder mit.«

»Trotzdem müsst ihr ihn verzollen.« Der Teniente hob bedauernd die Schultern. »Leider bedeutet das eine Menge Schreibarbeit. Und das bei dieser Hitze! Ich wäre froh, wenn ich mir das ersparen könnte.«

Jivaro brachte einen Geldschein zum Vorschein und reichte ihn dem Teniente. »Wir wären auch froh, denn wir möchten wirklich weiter.«

Der Teniente grinste breit. Sofort ließ er das Geld in der Tasche verschwinden. »Gracias, Señor! Ich erledige die Schreibarbeit später.« Er gab das Erlaubnisschreiben zurück und befahl seinen Leuten, die beiden Amerikaner passieren zu lassen.

Der Balken wurde zur Seite gezerrt. Jivaro schwang sich auf seinen Cayusen, während Old Jed wieder auf den Wagen kletterte und Zügel und Bremse löste.

»Seht euch vor, dass ihr unterwegs nicht überfallen werdet!«, rief ihnen der Teniente noch zu. »Es treibt sich viel Gesindel herum.«

»Wir passen schon auf«, gab der alte Totengräber zurück.

Dann rumpelte der mit dem Sarg beladene Wagen weiter. Jivaro ritt nebenher.

Hätten die beiden Männer gewusst, was sie in Mexiko erwartete, wären sie wahrscheinlich auf der Stelle umgekehrt.

Vielleicht hatte man das Nest El Coyote genannt, weil sich hier die Coyoten gute Nacht sagten. Diesen Eindruck jedenfalls hatten Jivaro und der alte Totengräber, als sie die kleine Ortschaft bei Sonnenuntergang erreichten.

Es war eine armselige Ansammlung aus schmutzigen, baufälligen Adobe-Häusern. Ein paar struppige Bastard-Hunde umsprangen kläffend den Wagen. Dunkle Augenpaare spähten aus den Fensterlöchern, und da und dort zeigte sich eine Gestalt. In den braunen Gesichtern war Misstrauen zu erkennen. Fremde waren hier wohl nicht sehr beliebt.

Wie es schien, gab es in dem Kaff nur eine einzige Bodega, der jedoch eine Herberge und eine Schmiede angeschlossen waren.

»Hier ist wohl genau das Richtige für uns!«, rief Old Jed und zügelte vor dem verwahrlosten Gebäude die Pferde. »Ich denke, wir übernachten in diesem Luxushotel.«

Auch Jivaro hielt an. Er rutschte neben dem Pferdebalken aus dem Sattel und klopfte sich den Staub von der Hose.

Der Wirt erschien in der Tür. Es war ein sehr dicker Mann, der den ganzen Türrahmen ausfüllte.

»Buenas tardes, Señores!«, rief er mit einem schleimigen Grinsen. »Ich freue mich, dass Sie vor meinem bescheidenen Haus haltmachen.«

Jivaro und Old Jed erwiderten den Gruß und erkundigten sich gleich nach einem Quartier und einer Unterstellmöglichkeit für die Pferde und den Wagen.

»Könnt ihr alles haben. Das Zimmer ist sogar wanzenfrei«, versicherte der Bodegero. »Und falls ihr eine hübsche Señorita wollt ...«

»Eine ordentliche Mahlzeit wäre uns lieber«, unterbrach ihn Old Jed.

»Auch die könnt ihr haben. Meine Frau kocht gerade Frijoles. Außerdem habe ich den besten Pulque weit und breit. Die Señores werden sich in meinem Haus bestimmt wohlfühlen.« Der fette Wirt überschlug sich fast vor Freundlichkeit. Er hieß Fernando Lopez, wie auf dem Schild über der Tür zu lesen stand. »Wenn Sie den Wagen in den Hof fahren, zeige ich Ihnen anschließend gleich Ihr Zimmer«, wandte er sich an Jed Hawkins und watschelte voraus.

Der Oldtimer lenkte das Gespann durch den Torbogen und zügelte es auf dem gepflasterten, von einigen Nebengebäuden und einer Mauer umschlossenen Patio. Jivaro folgte mit dem Cayusen am Zügel.

»Den Wagen könnt ihr hier stehen lassen«, sagte Lopez in seinem höchst mangelhaften Englisch. »Samt allem, was ihr darauf geladen habt. Es wird hier nichts gestohlen.«

Jivaro grinste und gab auf Spanisch zurück: »Die Diebe würden bestimmt lange Gesichter machen. Außer einem Sarg ist hier nichts zu erbeuten.«

»Ein Sarg?« Der Bodegero verschluckte sich fast und blickte erschrocken auf die Kiste, die sich unter der Plane abzeichnete. »Ist das wirklich ein Sarg?«

Old Jed hob die Plane, damit Lopez den Sarg sehen konnte, und ließ sie wieder fallen.

Von diesem Moment an begegnete ihnen der Wirt mit einer gewissen Scheu, die sich darin auszeichnete, dass er noch um eine Spur höflicher war.

Nachdem Jivaro und Old Jed die Pferde versorgt und ihr Zimmer besichtigt hatten, das zu ebener Erde in einem Nebengebäude lag, betraten sie die verräucherte Bodega.

Es roch nach Knoblauch und frischgekochten Bohnen. An der Decke waren Maiskolben zum Trocknen aufgehängt. Ein paar zwielichtige Mexikaner in zerschlissenen Ponchos standen an der aus Adobe gemauerten Theke und warfen den beiden Gringos argwöhnische Blicke zu.

Jivaro und der Totengräber setzten sich an einen der schmuddeligen Tische – und zwar so, dass sie eine Wand im Rücken hatten und die Bodega gut überblicken konnten. Auf diese Weise war die Gefahr nicht so groß, ein Messer in den Rücken zu bekommen. Das konnte in Mexiko schneller geschehen, als mancher Mann bis drei zählen konnte.

»Esperanza, kümmere dich um unsere Gäste!«, rief der Bodegero in die Küche. »Sie haben Hunger und Durst, die beiden Americanos!«

Und da erschien sie auch schon, seine bessere Hälfte. Sie war noch fetter als er selbst. Ein schwabbelndes Doppelkinn verdeckte völlig ihren Hals, und ihr gewaltiger Busen drohte das Kleid zu sprengen, in das bestimmt drei andere Frauen hineingepasst hätten. Sie erinnerte mit ihrer Üppigkeit an ein Nilpferd auf zwei Beinen. Schnaufend wälzte sie sich heran. »Die Señores haben Frijoles bestellt«, sagte sie und stellte zwei dampfende Teller auf den Tisch. Die Löffel knallte sie daneben hin.

Ihr Mann brachte einen Krug Rotwein und zwei Gläser. Grinsend schenkte er ein. »Ich wünsche Ihnen guten Appetit. Señores!«

Jivaro und Old Jed begannen zu essen.

Draußen dunkelte es.

Als sie die Teller geleert hatten, kam der Wirt wieder herbei. »Hat es geschmeckt, Señores?«

»Ja«, antwortete Jivaro grinsend. »Ihre Frau kocht wirklich gut.«

Der Bodegero lächelte geschmeichelt. »Falls Sie jetzt gerne meinen Pulque probieren wollen ...«

»Nein, wir bleiben bei dem Rotwein. Übrigens möchten wir Sie etwas fragen.«

Das schweißglänzende Gesicht des Mexikaners nahm sofort einen verschlossenen Ausdruck an. »Was denn, Señor?«, erkundigte er sich vorsichtig.

Jivaro fischte erst eine zappelnde Fliege aus seinem Glas und schnippte sie über den Tisch. »Es geht um einen Toten«, sagte er. »Um ein Grab, das wir finden wollen.«

»Davon weiß ich gar nichts!«, rief Fernando Lopez.

»Sie haben mich auch noch nicht fertig angehört. Das Grab muss hier in der Gegend sein. Der Mann, der darin liegt, hieß Fred Williams. Das sagt Ihnen nichts, ich verstehe. Aber Sie werden sich vielleicht an vier Amerikaner erinnern, die vor etwa einem halben Jahr nach El Coyote kamen«, fuhr Jivaro fort, ohne den Bodegero zu Wort kommen zu lassen. »Wahrscheinlich waren sie sogar bei Ihnen zu Gast. Diese vier Männer haben den erwähnten Toten mit über die Grenze gebracht und hier in der Nähe irgendwo begraben. Leider wissen wir nicht genau, wo. Ich hoffte, Sie könnten uns über das Grab eine Auskunft geben.«

Als Lopez hörte, dass nur Weiße in die Sache verwickelt waren, wurde er wieder zugänglicher. »Vor einem halben Jahr soll das gewesen sein?«, fragte er.

»So ungefähr. Kann sein, dass es schon etwas länger her ist. Es waren, wie gesagt, vier weiße Männer, von denen inzwischen allerdings keiner mehr am Leben ist. So sind wir beide darauf angewiesen, hier etwas Genaues zu erfahren.« Jivaro verstummte und musterte den Wirt, der sich an die vier Kerle zu erinnern schien.

Die Mexikaner an der Theke blickten forschend zum Tisch herüber und spitzten die Ohren.

»Si, die vier Americanos könnten wirklich hier gewesen sein«, sagte nun Lopez. »Es wurde davon geredet, dass sie einen fünften Mann irgendwo beerdigt haben.«

»Wo?«, fragte Old Jed wie aus der Pistole geschossen.

»Das weiß ich nicht.« Der dicke Bodegero hob bedauernd die Schultern.

»Dann weiß es vielleicht einer von Ihren Gästen dort«, sagte Jivaro.

Lopez rief etwas auf Spanisch zu den Kerlen hinüber, erntete aber nur ein Kopfschütteln. »Nein, die wissen es auch nicht«, sagte er. »Fragt doch Luiz, den Schäfer. Vielleicht kann der euch helfen. Luiz weiß fast alles.«

»Und wo finden wir den Kerl?«

»In den Hügeln westlich von hier. Sagt ihm, dass ich euch geschickt habe. Si, er wird vielleicht wissen, wo das Grab ist, das ihr sucht.« Nach diesen Worten räumte der Wirt das Geschirr ab und entfernte sich.

»Das ist immerhin ein Lichtblick«, meinte Jivaro und schenkte sich Wein nach. »Was hältst du davon, wenn wir diesem Luiz gleich einen Besuch abstatten?«

»Noch heute? Nein, das gefällt mir gar nicht«, brummte Jed Hawkins. »Ich bin verdammt müde von der weiten Fahrt und möchte mich bald aufs Ohr legen.«

»Na schön, dann verschieben wir es auf morgen.« Jivaro hob sein Glas und trank. Beinahe hätte er den Wein verschüttet, denn er bekam einen leichten Stoß versetzt.

»Sieh dir den Kerl an, der vor der Tür steht!«, raunte Old Jed.

Jivaro blickte zum Eingang und sah gerade noch ein Gesicht verschwinden, ohne sich dieses jedoch einprägen zu können.

»Hast du ihn erkannt?«, fragte Old Jed.

»Wer soll das denn gewesen sein?«

»Feliz!«

»Feliz?« Jivaro wusste mit dem Namen nicht gleich etwas anzufangen.

»Einer aus El Sapos Bande«, flüsterte der alte Totengräber. »Du weißt doch, diese Halunken, die damals Mark Connery entführt haben.«

Daran erinnerte sich Jivaro sofort. El Sapo war ein übler mexikanischer Bandit, der mit seinen Kumpanen in New Mexico sein Unwesen trieb und in der Geisterstadt Tipula seinen Schlupfwinkel hatte. Dorthin hatten die Schufte einen Rancher verschleppt und wollten für seine Freilassung hohes Lösegeld erpressen. Doch Jivaro und Old Jed hatten den Mann aus den Händen der Bande befreit und diese zerschlagen. Nur ein paar wenige Bandoleros, darunter ein Kerl namens Feliz, hatten damals entkommen können.

»Und du bist dir sicher, dass es wirklich dieser Feliz war?«, fragte Jivaro leise.

»Ich gehe jede Wette ein! Und er hat uns erkannt, sonst wäre er jetzt doch reingekommen. Er war schon im Begriff. Aber da hat er uns gesehen, Jivaro. Das hat ihn abgehalten.«

Jivaro blickte unauffällig zur Theke hinüber und sah, wie die Kerle dort jetzt miteinander tuschelten. Kurz darauf verließ einer von ihnen durch die Tür zum Hof die Bodega.

»Ich schätze, der trifft sich jetzt draußen mit ihm«, flüsterte Old Jed. »Das sind bestimmt seine Freunde. Ich fürchte, wir werden Ärger bekommen.«

Luiz war ein lederhäutiger Halbindianer, von dem kein Mensch wusste, wie alt er war. Am wenigsten wusste er es selbst. Er konnte sechzig Jahre alt sein, ebenso gut aber schon über siebzig.

Misstrauisch blickte er den beiden Reitern entgegen, die an diesem Vormittag durch die Hügel kamen, in denen er seine Schafe weidete. Er stützte sich auf einen knorrigen Stock, und der Wind zauste an seinem Umhang aus Sackleinwand.

»Hallo, Alter!«, rief Jivaro, als er vor ihm seinen Cayusen zügelte. »Du bist doch Luiz, nicht wahr?«

Der Blick des alten Schäfers wurde noch misstrauischer. »Woher kennst du meinen Namen?«, fragte er.

»Durch Fernando Lopez, den Bodegero«, sagte Jivaro und stieg aus dem Sattel. »Er meint, du könntest uns ein Grab zeigen, in dem ein weißer Mann liegt, den vier andere vor mehr als einem halben Jahr beerdigt haben.«

Auch Jed Hawkins war abgestiegen. Er ritt eines von den beiden Wagenpferden. »Er hat doch recht?«, sagte er, als der Schäfer schwieg.

»Lopez ist ein verdammter Lügner!«, knurrte da Luiz. »Ich weiß gar nichts. Lasst mich in Ruhe!«

Er wandte sich um und ging zu einem auf vier Pfählen ruhenden Schutzdach, setzte sich darunter in den Schatten und zündete sich seelenruhig eine Maisblattzigarette an.

»Verfluchter Bursche!«, brummte Hawkins. »Der tut ja, als wären wir Luft für ihn. Willst du wetten, dass er doch etwas weiß?«

»Klar weiß er was. Aber um das zu erfahren, müssen wir uns die Sache einiges kosten lassen«, entgegnete Jivaro. »Hier in Mexiko sagen sie dir nicht mal die Uhrzeit, ohne vorher die Hand aufzuhalten.«

»Dann zeigen wir ihm doch mal, wie ein Dollar aussieht. Vielleicht wird er dann gesprächig.«

Sie zogen ihre Pferde durch die blökende Schafherde und hielten vor der Ramada. Jivaro holte einen Silberdollar hervor und hielt ihn hoch, dass er in der Sonne blinkte. »Hör zu, Luiz«, sagte er. »Wenn du uns sagen kannst, wo das Grab ist, soll es nicht dein Schaden sein. Denk mal nach, vielleicht fällt es dir ein.«